Bundesgerichtshof Beschluss, 18. Okt. 2005 - VI ZB 81/04

bei uns veröffentlicht am18.10.2005
vorgehend
Landgericht Berlin, 6 O 133/02, 19.06.2003
Kammergericht, 20 U 188/03, 29.11.2004

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VI ZB 81/04
vom
18. Oktober 2005
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Auch nach neuem Recht (§ 520 Abs. 3 Nr. 2 ZPO n.F.) muss, wenn das Erstgericht
die Abweisung der Klage hinsichtlich eines prozessualen Anspruchs auf mehrere
voneinander unabhängige, selbständig tragende rechtliche Erwägungen gestützt
hat, die Berufungsbegründung das Urteil in allen diesen Punkten angreifen und daher
für jede der mehreren Erwägungen darlegen, warum sie die Entscheidung nicht
trägt; andernfalls ist das Rechtsmittel unzulässig.
BGH, Beschluss vom 18. Oktober 2005 - VI ZB 81/04 - Kammergericht
LG Berlin
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 18. Oktober 2005 durch die
Vizepräsidentin Dr. Müller, den Richter Wellner, die Richterin Diederichsen sowie
die Richter Stöhr und Zoll

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 20. Zivilsenats des Kammergerichts vom 29. November 2004 wird auf Kosten des Klägers verworfen. Beschwerdewert: 445.000 €

Gründe:

I.

1
Der Kläger hat mit der vorliegenden Klage die Beklagte, die eine Klinik betreibt, nach zwei Operationen an der Lendenwirbelsäule unter dem Gesichtspunkt der Arzthaftung auf Ersatz materiellen und immateriellen Schadens in Anspruch genommen. Das Landgericht hat die Klage nach Einholung eines Sachverständigengutachtens abgewiesen. Es hat sowohl einen Behandlungsfehler als auch ein Aufklärungsverschulden verneint, ferner die Kausalität etwaiger Fehler für das Leiden des Klägers. Dagegen hat der Kläger Berufung eingelegt und diese mit Schriftsatz vom 16. Oktober 2003 begründet. Der Schriftsatz enthält keinen Berufungsantrag. Er befasst sich mit der Indikation für den vorgenommenen Eingriff und mit der behaupteten Verletzung der Aufklärungspflicht.
2
Das Berufungsgericht hat die Berufung durch den angefochtenen Beschluss als unzulässig verworfen. Dagegen richtet sich die Rechtsbeschwerde des Klägers.

II.

3
Die Rechtsbeschwerde ist statthaft (§ 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO). Sie ist aber nicht zulässig. Die Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor.
4
1. Das Berufungsgericht hat ausgeführt:
5
Ob die Berufungsbegründung die nach § 520 Abs. 3 Nr. 1 ZPO erforderlichen Anträge mit der gebotenen Deutlichkeit enthalte, könne dahinstehen. Grundsätzlich sei davon auszugehen, dass der Berufungsführer mit seiner Berufung den erstinstanzlich gestellten Sachantrag weiterverfolge. Über die entsprechende Rüge der Beklagten müsse indes nicht entschieden werden, denn die Berufung sei bereits deshalb unzulässig, weil es an der nach § 520 Abs. 3 Nr. 2 ZPO erforderlichen Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergäben, fehle. Das Landgericht habe unter Verwertung des schriftlichen Gutachtens ausgeführt , dass es nicht darauf ankomme, ob die Beklagte ihre Aufklärungspflicht verletzt habe, denn eine fehlende Aufklärung habe sich deshalb nicht ausgewirkt, weil es gerade nicht zu einer Nervläsion gekommen sei und die Schäden des Klägers aller Voraussicht nach auf einer so genannten Konversionsneurose beruhten , die bereits präoperativ mehrfach Ausdruck gefunden habe.
6
Diese Ausführungen habe der Kläger nicht ansatzweise angegriffen. Hierzu habe er bereits durch die Urteilsausführungen deutlichen Anlass gehabt. Das Landgericht habe die Klageabweisung immerhin auf zwei Gründe gestützt, nämlich zum einen auf die erfolgte Aufklärung des Klägers über mögliche Schadensfolgen der Operationen durch den Zeugen Dr. S., zum anderen auf die fehlende Ursächlichkeit zwischen den Operationen, deren sachgemäße Durchführung nicht mehr in Frage stehe, und den Schadensfolgen. In einem solchen Fall liege eine hinreichende Berufungsbegründung nur vor, wenn beide Abweisungsgründe in für sich ausreichender Weise angegriffen würden; stelle der Berufungsführer nur einen der beiden Gründe in Frage, sei sein Rechtsmittel unzulässig. So liege der Fall hier. Mithin komme es auch nicht darauf an, ob andere Behandlungsvarianten möglich gewesen wären. Auch wenn dies so wäre , ändere das nichts daran, dass die Operation die bei dem Kläger eingetretenen Schadensfolgen nicht verursacht habe, wovon mangels Berufungsangriffs weiterhin auszugehen sei, so dass die Klage und somit auch die Berufung - unabhängig von der mangelnden Berufungsbegründung - auch aus diesem Grund keinen Erfolg haben könnten.
7
2. Diese Ausführungen werfen, entgegen der in der Rechtsbeschwerdebegründung geäußerten Auffassung, keine Frage von grundsätzlicher Bedeutung auf (§ 574 Abs. 2 Nr. 1 ZPO).
8
Der Bundesgerichtshof hat bereits zu § 519 Abs. 3 Nr. 2 ZPO a.F. entschieden , dass dann, wenn das Erstgericht die Abweisung der Klage hinsichtlich eines prozessualen Anspruchs auf mehrere voneinander unabhängige, selbständig tragende rechtliche Erwägungen gestützt hat, die Berufungsbegründung das Urteil in allen diesen Punkten angreifen muss und daher für jede der mehreren Erwägungen darzulegen hat, warum sie die Entscheidung nicht trägt; andernfalls ist das Rechtsmittel unzulässig (BGHZ 143, 169, 171; Senats- urteil vom 13. November 2001 - VI ZR 414/00 - VersR 2002, 999, 1000 f.; BGH, Urteil vom 27. November 2003 - IX ZR 250/00 - NJW-RR 2004, 641 ff., jew. m.w.N.). Der Grund dafür liegt darin, dass in derartigen Fällen jede der gleichwertigen Begründungen des Erstgerichts seine Entscheidung trägt. Selbst wenn die gegen einen Grund vorgebrachten Angriffe durchgreifen, ändert sich nichts daran, dass die Klage aus dem anderen Grund weiterhin abweisungsreif ist.
9
Die Rechtsbeschwerde zeigt nicht auf, dass sich insoweit für den Anwendungsbereich des § 520 Abs. 3 Nr. 2 ZPO n.F. abweichende Rechtsmaßstäbe ergeben könnten. Dafür ist auch nichts ersichtlich. Dass der Rechtsmittelführer nicht zu allen für ihn nachteilig beurteilten Punkten in seiner Berufungsbegründung Stellung nehmen muss, es vielmehr genügt, wenn die Berufungsgründe sich mit einem einzelnen, den ganzen Streitgegenstand betreffenden Streitpunkt befassen und diesen in ausreichendem Maße behandeln, um das angefochtene Urteil insgesamt in Frage zu stellen, entspricht der Rechtsprechung des Senats (Senatsurteil aaO), ändert aber nichts daran, dass jeder von mehreren Klageabweisungsgründen angegriffen werden muss.
10
3. Im vorliegenden Fall erfordert auch nicht die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO; eine Rechtsfortbildung scheidet erkennbar aus).
11
a) Die Ausführungen des Berufungsgerichts lassen keinen insoweit relevanten Rechtsfehler erkennen. Der Hinweis der Rechtsbeschwerde, dass ein ohne genügende Aufklärung vorgenommener medizinischer Eingriff rechtswidrig sei, hilft hier nicht weiter. Das Berufungsgericht versteht die Ausführungen in dem Urteil des Landgerichts dahin, dass ein Kausalzusammenhang zwischen etwaigen Aufklärungsversäumnissen und den Leiden, die Grundlage der Klage- forderung sind, nicht bestehe. Die Nichtzulassungsbeschwerde zeigt nicht auf, inwiefern dies rechtsfehlerhaft sein könnte.
12
b) Angesichts dessen erfordern die Ausführungen des Berufungsgerichts eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts auch nicht unter dem Gesichtspunkt eines wirkungsvollen Rechtsschutzes und der Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör. Entgegen den Ausführungen der Rechtsbeschwerde hat das Berufungsgericht die Tatsache, dass der Kläger Fehler so- wohl bei der Aufklärung über Behandlungsalternativen als auch bei der Aufklärung über das Risiko des Eingriffs behauptet, in Erwägung gezogen; es hält diesen Vortrag aber im Hinblick auf die Kausalitätszweifel für nicht durchgreifend.
Müller Wellner Diederichsen Stöhr Zoll

Vorinstanzen:
LG Berlin, Entscheidung vom 19.06.2003 - 6 O 133/02 -
KG Berlin, Entscheidung vom 29.11.2004 - 20 U 188/03 -

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 18. Okt. 2005 - VI ZB 81/04

Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Beschluss, 18. Okt. 2005 - VI ZB 81/04

Referenzen - Gesetze

Zivilprozessordnung - ZPO | § 574 Rechtsbeschwerde; Anschlussrechtsbeschwerde


(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn1.dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder2.das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.§ 542 Ab

Zivilprozessordnung - ZPO | § 522 Zulässigkeitsprüfung; Zurückweisungsbeschluss


(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwer

Zivilprozessordnung - ZPO | § 520 Berufungsbegründung


(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen. (2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der

Zivilprozessordnung - ZPO | § 519 Berufungsschrift


(1) Die Berufung wird durch Einreichung der Berufungsschrift bei dem Berufungsgericht eingelegt. (2) Die Berufungsschrift muss enthalten:1.die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird;2.die Erklärung, dass gegen dieses Urtei
Bundesgerichtshof Beschluss, 18. Okt. 2005 - VI ZB 81/04 zitiert 5 §§.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 574 Rechtsbeschwerde; Anschlussrechtsbeschwerde


(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn1.dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder2.das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.§ 542 Ab

Zivilprozessordnung - ZPO | § 522 Zulässigkeitsprüfung; Zurückweisungsbeschluss


(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwer

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(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen. (2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der

Zivilprozessordnung - ZPO | § 519 Berufungsschrift


(1) Die Berufung wird durch Einreichung der Berufungsschrift bei dem Berufungsgericht eingelegt. (2) Die Berufungsschrift muss enthalten:1.die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird;2.die Erklärung, dass gegen dieses Urtei

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Referenzen

(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen.

(2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Frist kann auf Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden, wenn der Gegner einwilligt. Ohne Einwilligung kann die Frist um bis zu einem Monat verlängert werden, wenn nach freier Überzeugung des Vorsitzenden der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn der Berufungskläger erhebliche Gründe darlegt.

(3) Die Berufungsbegründung ist, sofern sie nicht bereits in der Berufungsschrift enthalten ist, in einem Schriftsatz bei dem Berufungsgericht einzureichen. Die Berufungsbegründung muss enthalten:

1.
die Erklärung, inwieweit das Urteil angefochten wird und welche Abänderungen des Urteils beantragt werden (Berufungsanträge);
2.
die Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt;
3.
die Bezeichnung konkreter Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Tatsachenfeststellungen im angefochtenen Urteil begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
4.
die Bezeichnung der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel sowie der Tatsachen, auf Grund derer die neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel nach § 531 Abs. 2 zuzulassen sind.

(4) Die Berufungsbegründung soll ferner enthalten:

1.
die Angabe des Wertes des nicht in einer bestimmten Geldsumme bestehenden Beschwerdegegenstandes, wenn von ihm die Zulässigkeit der Berufung abhängt;
2.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.

(5) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsbegründung anzuwenden.

(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluss ergehen. Gegen den Beschluss findet die Rechtsbeschwerde statt.

(2) Das Berufungsgericht soll die Berufung durch Beschluss unverzüglich zurückweisen, wenn es einstimmig davon überzeugt ist, dass

1.
die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat,
2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat,
3.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und
4.
eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
Das Berufungsgericht oder der Vorsitzende hat zuvor die Parteien auf die beabsichtigte Zurückweisung der Berufung und die Gründe hierfür hinzuweisen und dem Berufungsführer binnen einer zu bestimmenden Frist Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Der Beschluss nach Satz 1 ist zu begründen, soweit die Gründe für die Zurückweisung nicht bereits in dem Hinweis nach Satz 2 enthalten sind. Ein anfechtbarer Beschluss hat darüber hinaus eine Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen zu enthalten.

(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 2 Satz 1 steht dem Berufungsführer das Rechtsmittel zu, das bei einer Entscheidung durch Urteil zulässig wäre.

(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn

1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder
2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
§ 542 Abs. 2 gilt entsprechend.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.

(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen.

(2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Frist kann auf Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden, wenn der Gegner einwilligt. Ohne Einwilligung kann die Frist um bis zu einem Monat verlängert werden, wenn nach freier Überzeugung des Vorsitzenden der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn der Berufungskläger erhebliche Gründe darlegt.

(3) Die Berufungsbegründung ist, sofern sie nicht bereits in der Berufungsschrift enthalten ist, in einem Schriftsatz bei dem Berufungsgericht einzureichen. Die Berufungsbegründung muss enthalten:

1.
die Erklärung, inwieweit das Urteil angefochten wird und welche Abänderungen des Urteils beantragt werden (Berufungsanträge);
2.
die Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt;
3.
die Bezeichnung konkreter Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Tatsachenfeststellungen im angefochtenen Urteil begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
4.
die Bezeichnung der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel sowie der Tatsachen, auf Grund derer die neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel nach § 531 Abs. 2 zuzulassen sind.

(4) Die Berufungsbegründung soll ferner enthalten:

1.
die Angabe des Wertes des nicht in einer bestimmten Geldsumme bestehenden Beschwerdegegenstandes, wenn von ihm die Zulässigkeit der Berufung abhängt;
2.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.

(5) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsbegründung anzuwenden.

(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn

1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder
2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
§ 542 Abs. 2 gilt entsprechend.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.

(1) Die Berufung wird durch Einreichung der Berufungsschrift bei dem Berufungsgericht eingelegt.

(2) Die Berufungsschrift muss enthalten:

1.
die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird;
2.
die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde.

(3) Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.

(4) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsschrift anzuwenden.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IX ZR 250/00
Verkündet am:
27. November 2003
Bürk
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
Hat das Erstgericht die Abweisung der Klage hinsichtlich eines prozessualen
Anspruchs auf mehrere voneinander unabhängige, selbständig tragende rechtliche
Erwägungen gestützt, muß die Berufungsbegründung das Urteil in allen
diesen Punkten angreifen. Sie hat daher für jede der Erwägungen darzulegen,
warum sie die Entscheidung nicht trägt; andernfalls ist das Rechtsmittel unzulässig
(ständige Rechtsprechung).
BGH, Urteil vom 27. November 2003 - IX ZR 250/00 - OLG Düsseldorf
LG Düsseldorf
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 27. November 2003 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Kreft und die
Richter Dr. Ganter, Raebel, Kayser und Dr. Bergmann

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 24. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 6. Juni 2000 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Beklagten zu 1 bis 3 bildeten zusammen mit dem verstorbenen Rechtsanwalt K. , dessen Rechtsnachfolger die Beklagten zu 4 und 5 sind, eine Rechtsanwaltssozietät. Die Klägerin, die die Sozietät mit der Vertretung ihrer Interessen in einem Rechtsstreit über die Zahlung von nachehelichem Unterhalt beauftragt hatte, nimmt die Beklagten auf Schadensersatz mit der Begründung in Anspruch, Rechtsanwalt K. habe in diesem Verfahren ohne ihre Zustimmung einen Vergleich abgeschlossen. Mit ihrer Klage hat sie Zahlung der Differenz zwischen den ausgehandelten und den ihrer Meinung nach geschuldeten Unterhaltsbeträgen für einen bestimmten Zeitraum sowie Erstattung der Kosten des Unterhaltsrechtsstreits begehrt. Ferner verlangt sie Zahlung eines Betrages von 280.000 DM mit der Begründung, ihr hätten in dieser Höhe gegen ihren geschiedenen Ehemann Ansprüche auf Nutzungsentschädigung gemäß § 745 BGB wegen des gemeinsamen Hausgrundstücks zugestan-
den, die wegen des von Rechtsanwalt K. geschlossenen Vergleichs nicht mehr geltend gemacht werden könnten.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung der Klägerin hat das Oberlandesgericht als unzulässig verworfen, soweit das Landgericht einen Schadensersatzanspruch der Klägerin wegen entgangener Nutzungsentschädigungsansprüche verneint hat. Insoweit fehle es an einer ordnungsgemäßen Berufungsbegründung innerhalb der Begründungsfrist. Im übrigen hat es eine anwaltliche Pflichtverletzung verneint und die Berufung als unbegründet zurückgewiesen. Die dagegen gerichtete Revision der Klägerin hat der Senat nicht angenommen.

Entscheidungsgründe:


Die Revision ist gemäß § 547 ZPO a.F. unbeschränkt statthaft, soweit das Berufungsgericht die Berufung der Klägerin als unzulässig verworfen hat. Sie ist aber nicht begründet.

I.


Das Berufungsgericht hat ausgeführt, das Landgericht habe die Klage hinsichtlich des auf entgangene Nutzungsentschädigung gestützten Schadensersatzanspruchs aus zwei unabhängig voneinander bestehenden Gründen abgewiesen : Zum einen sei nicht dargelegt, daß der Klägerin unter Berücksichtigung der Belastungen des Grundstücks, die von ihrem Ehemann allein getragen würden, eine Nutzungsentschädigung gemäß § 745 Abs. 2 BGB zugestan-
den habe. Zum anderen sei eine Nutzungsentschädigung durch den von Rechtsanwalt K. abgeschlossenen Vergleich nicht geregelt und damit auch nicht ausgeschlossen worden. Die Berufungsbegründung der Klägerin bemerke dazu lediglich im Anschluß an eine kurze Darlegung zu einer Pflichtverletzung : "Weitere Ausführungen zur Höhe des Ausgleichsanspruchs der Klägerin , außer den bereits im ersten Rechtszug vorgetragenen, behalten wir uns deshalb vor und bitten den Senat um einen richterlichen Hinweis, sollte ein solcher ergänzender Sachvortrag für erforderlich oder wünschenswert gehalten werden". Dies reiche nicht aus. Der erst nach Ablauf der Berufungsbegründungsfrist eingegangene Schriftsatz vom 18. Januar 2000 könne das Versäumnis einer ausreichenden Begründung nicht mehr heilen.

II.


Das hält rechtlicher Nachprüfung stand.
1. Nach § 519 Abs. 3 Nr. 2 ZPO a.F. muß die Berufungsbegründung die bestimmte Bezeichnung der im einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe) sowie der neuen Tatsachen (Beweismittel und Beweiseinreden ) enthalten, die die Partei zur Rechtfertigung ihrer Berufung anzuführen hat. Der Begründungszwang soll erreichen, daß der Rechtsstreit für die Berufungsinstanz ausreichend vorbereitet wird. Deshalb hat der Berufungsführer die Beurteilung des Streitfalls durch den Erstrichter zu überprüfen und darauf hinzuweisen , in welchen Punkten und mit welchen Gründen er das angefochtene Urteil für unrichtig hält. Dadurch soll eine Zusammenfassung und Beschränkung des Rechtsstoffs erreicht werden. Gericht und Gegner sollen schnell und sicher erfahren, wie der Berufungsführer den Streitfall beurteilt wissen will, damit sie
sich auf die Angriffe erschöpfend vorbereiten können. Die Berufungsbegründung muß daher jeweils auf den Streitfall zugeschnitten sein und die einzelnen Punkte tatsächlicher oder rechtlicher Art deutlich machen, auf die sich die Angriffe erstrecken sollen. Es reicht nicht aus, die Würdigung durch den Erstrichter mit formelhaften Wendungen zu rügen oder lediglich auf das Vorbringen in erster Instanz zu verweisen (BGH, Urt. v. 18. Juni 1998 - IX ZR 389/97, NJW 1998, 3126; Urt. v. 18. September 2001 - X ZR 196/99, NJW-RR 2002, 209, 210 m.w.N.). Hat das Erstgericht die Abweisung der Klage hinsichtlich eines prozessualen Anspruchs auf mehrere voneinander unabhängige, selbständig tragende rechtliche Erwägungen gestützt, muß die Berufungsbegründung das Urteil in allen diesen Punkten angreifen. Sie hat daher für jede der mehreren Erwägungen darzulegen, warum sie die Entscheidung nicht trägt; andernfalls ist das Rechtsmittel unzulässig (BGHZ 143, 169, 171; BGH, Urt. v. 13. November 2001 - VI ZR 414/00, NJW 2002, 682, 683 m.w.N.).
2. Das Berufungsgericht hat zu Recht angenommen, daß bezüglich des vom Landgericht verneinten Anspruchs auf Schadensersatz wegen entgangener Nutzungsentschädigung die Berufungsbegründung der Klägerin den Anforderungen des § 519 Abs. 3 Nr. 2 ZPO a.F. nicht genügt.

a) Das Landgericht hat einen Schadensersatzanspruch der Klägerin insoweit mit dreifacher Begründung verneint: Ein Schaden durch den Verlust des Anspruchs gegen den Ehemann auf Nutzungsentschädigung könne nur entstanden sein, wenn die Klägerin gegen den Ehemann einen entsprechenden Anspruch gehabt hätte; einen solchen Anspruch habe sie nicht substantiiert dargelegt. Selbst wenn sie jedoch den Anspruch gehabt haben sollte, sei dieser nicht durch eine Pflichtwidrigkeit von Rechtsanwalt K. erloschen. Durch den Vergleich sei der Anspruch nicht ausgeschlossen worden; denn der Ver-
gleich habe diesen nicht erfaßt. Schließlich hat das Landgericht durch Verweis auf seine Erwägungen zur Abweisung eines Schadensersatzanspruchs wegen entgangenen nachehelichen Unterhalts weiter ausgeführt, es sei bereits zweifelhaft , ob die Klägerin hinreichend substantiiert dargelegt habe, daß Rechtsanwalt K. den Vergleich ohne Zustimmung der Klägerin oder ohne ausreichende Beratung über die Vor- und Nachteile des Vergleichs abgeschlossen habe. Jedenfalls sei sie dafür beweisfällig geblieben.

b) Die Berufungsbegründung befaßt sich zwar in dem Abschnitt "Nachehelicher Unterhalt" hinreichend mit der Auffassung des Landgerichts, die Klägerin habe nicht substantiiert dargelegt und keinen hinreichenden Beweis dafür angetreten, daß Rechtsanwalt K. den Vergleich ohne ihre Zustimmung abgeschlossen habe. Hinsichtlich der beiden anderen das klageabweisende landgerichtliche Urteil insoweit tragenden Begründungen (kein Nutzungsentschädigungsanspruch der Klägerin gegen ihren Ehegatten, keine Einbeziehung eines eventuellen Anspruchs in den Vergleich) fehlt es jedoch an einer den Anforderungen des § 519 Abs. 3 Nr. 2 ZPO a.F. genügenden Bezeichnung von Berufungsgründen.
aa) Unter der Überschrift "Nutzungsentschädigung" wird auf Seite 7 der Berufungsbegründung der Klägerin einleitend ausgeführt, das Landgericht verneine einen Schadensersatzanspruch der Klägerin aus mehreren Gründen, von denen vorgreiflich, weil den Grund des Anspruchs betreffend, die Erwägung sei, daß der Anspruch des Gemeinschafters gemäß § 745 BGB durch den Unterhaltsvergleich schon deshalb nicht erloschen sei, weil sich dieser Vergleich hierauf gar nicht erstreckt habe. Sodann heißt es dort: "Diese Rechtsauffassung wird zur Überprüfung durch den Senat gestellt und damit zugleich mit der gleichzeitig mit der Berufungsbegründung ausgebrachten Streitverkündung dem
Streitverkündeten Gelegenheit gegeben, diese - seine - Rechtsmeinung durch Tatsachen und Beweismittel zu untermauern." In dem am selben Tage wie die Berufungsbegründung beim Oberlandesgericht eingegangenen Schriftsatz, mit dem dem Ehemann der Klägerin der Streit verkündet wurde, ist zur Begründung der Streitverkündung lediglich ausgeführt, mit ihrer Klage habe sich die Klägerin der Rechtsmeinung des Streitverkündeten angeschlossen, daß ihre Ansprüche gemäß § 745 Abs. 2 BGB durch den abgeschlossenen Vergleich mit erledigt worden seien. Das Landgericht teile diese Rechtsauffassung nicht mit der Folge , daß die Klägerin, falls es bei dieser Entscheidung auch über die Berufungsinstanz hinaus verbleiben sollte, diese Ansprüche gegen den Streitverkündeten richten müsse.
Diese Ausführungen in der Berufungsbegründung enthalten - auch in Verbindung mit der Streitverkündungsschrift - keine hinreichend bestimmten Angriffe gegen die Feststellung des Landgerichts; in dem von Rechtsanwalt K. abgeschlossenen Vergleich über den nachehelichen Unterhalt sei die Nutzungsentschädigung für das gemeinsame Haus nicht aufgenommen und damit auch nicht ausgeschlossen worden. Das Landgericht hat sich unter Berücksichtigung der Prozeßgeschichte und des mündlich vereinbarten Vergleichstextes näher mit dem Inhalt des Vergleichs befaßt. Mit den Erwägungen des Landgerichts setzt sich die Berufungsbegründung der Klägerin nicht auseinander , sondern sie beschränkt sich auf die pauschale Angabe, die Rechtsauffassung des Landgerichts werde zur Überprüfung gestellt. Das genügt den Anforderungen des § 519 Abs. 3 Nr. 2 ZPO a.F. nicht.
bb) Die anschließende Darstellung in der Berufungsbegründung, soweit das Landgericht eine Aufforderung der Klägerin zum Zwecke der Nutzungsänderung vermisse, falle auch dies in den Verantwortungsbereich von Rechtsan-
walt K. , der auch in dieser Angelegenheit von der Klägerin von Anfang an mandatiert gewesen sei, läßt nicht erkennen, auf welche Erwägungen des Landgerichts sie sich beziehen soll. Das Landgericht hat keine "Aufforderung der Klägerin zum Zwecke der Nutzungsänderung" vermißt. Es hat zu einem Anspruch gemäß § 745 Abs. 2 BGB lediglich ausgeführt, nach dieser Vorschrift könne der weichende Ehegatte mit seinem Auszug eine Neuregelung der Verwaltung und der Nutzung des gemeinsamen Hauses fordern. Unter Umständen ergebe sich daraus auch ein Anspruch auf Zahlung einer Nutzungsentschädigung , allerdings erst ab dem Zeitpunkt des Verlangens einer Neuregelung. Die begehrte Neuregelung müsse gemäß § 745 Abs. 2 BGB billigem Ermessen entsprechen. So könne z.B. eine Ausgleichspflicht entfallen, wenn der nutzende Ehegatte statt einer Nutzungsentschädigung die Pflicht zur Zins- und Tilgungszahlung übernehme. Im folgenden hat das Landgericht aber nicht etwa das Verlangen einer Neuregelung durch die Klägerin vermißt, sondern es hat auf das Fehlen jeglichen Vortrags der Klägerin "dazu, aufgrund dessen beurteilt werden kann, ob die von ihr begehrte Regelung - Zahlung einer Nutzungsentschädigung - der Billigkeit entspricht", abgestellt. Insbesondere hat es die Behauptungen der Klägerin zur Tragung der laufenden Belastungen für das gemeinsame Haus und zu den Einkommensverhältnissen ihres geschiedenen Ehemannes als unsubstantiiert angesehen. Darauf geht die Berufungsbegründung überhaupt nicht ein.
cc) Entgegen der Auffassung der Revision läßt sich der Berufungsbegründung auch nicht entnehmen, daß die Klägerin weiterhin den Standpunkt einnehme, ihr stehe die Nutzungsentschädigung entsprechend ihrem erstinstanzlichen Vortrag zu diesem Punkt zu, und damit stehe fest, inwieweit das landgerichtliche Urteil unter tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkten angegriffen werde. Die Grundsätze, die die Rechtsprechung zur Berücksichtigung
erstinstanzlichen Vorbringens entwickelt hat, auf das in der Berufungsinstanz Bezug genommen wird (vgl. BVerfG NJW 1992, 495), sind auf die Beurteilung der Ordnungsmäßigkeit einer Berufungsbegründung nicht anwendbar (BGH, Urt. v. 18. Juni 1998 - IX ZR 389/97, NJW 1998, 3126). Entscheidend ist vielmehr , ob die Berufungsbegründung eine Auseinandersetzung mit den Erwägungen des landgerichtlichen Urteils enthält. Daran fehlt es hier schon deshalb, weil in der Berufungsbegründung nicht, wie die Revision meint, eine konkrete Bezugnahme auf erstinstanzlichen Vortrag zur Frage der Nutzungsentschädigung in bestimmt bezeichneten Schriftsätzen erfolgt ist. Neben der an den Anfang der Berufungsbegründung gestellten pauschalen Bezugnahme ("Unter Wiederholung des gesamten erstinstanzlichen Vorbringens und der Beweiserbieten" ) ist auf erstinstanzlichen Vortrag in dem die Nutzungsentschädigung betreffenden Teil der Berufungsbegründung lediglich hinsichtlich der Höhe des Ausgleichsanspruchs der Klägerin verwiesen. Die Wendung "Weitere Ausführungen zur Höhe des Ausgleichsanspruchs der Klägerin, außer den bereits im ersten Rechtszug vorgetragenen, behalten wir uns deshalb vor" läßt schon nicht erkennen, auf welchen konkreten erstinstanzlichen Vortrag Bezug genommen werden soll. Es wird daher nicht dargelegt, welche tatsächlichen Behauptungen entgegen der Auffassung des Landgerichts eine hinreichend substantiierte Darlegung eines Anspruchs der Klägerin gegen ihren Ehemann auf Nutzungsentschädigung enthalten sollen. Die Bitte um einen vorsorglichen gerichtlichen Hinweis vermag diesen Mangel der Berufungsbegründung ebensowenig zu heilen wie der Vortrag in dem nach Ablauf der Berufungsbegründungsfrist eingegangenen Schriftsatz vom 18. Januar 2000. Die Berufung muß innerhalb der Begründungsfrist gemäß § 519 Abs. 2 Satz 2 und 3 ZPO a.F. in einer den Anforderungen des § 519 Abs. 3 Nr. 2 ZPO a.F. genügenden Form begründet werden. Die von der Revision angeführte Entscheidung des VIII. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs vom 5. Oktober 1983 - VIII ZR 224/82 (NJW 1984, 177)
betraf den Fall, daß der Beklagte den Klageanspruch in erster Instanz erfolglos dem Grunde nach sowie mit der Einrede der Verjährung bekämpft und seine Berufung innerhalb der Begründungsfrist nur mit den Erfordernissen des § 519 Abs. 3 Nr. 2 ZPO genügenden Ausführungen zur Verjährung begründet hatte. Eine solche Fallgestaltung ist hier nicht gegeben.
Kreft Ganter Raebel
Kayser Bergmann

(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen.

(2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Frist kann auf Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden, wenn der Gegner einwilligt. Ohne Einwilligung kann die Frist um bis zu einem Monat verlängert werden, wenn nach freier Überzeugung des Vorsitzenden der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn der Berufungskläger erhebliche Gründe darlegt.

(3) Die Berufungsbegründung ist, sofern sie nicht bereits in der Berufungsschrift enthalten ist, in einem Schriftsatz bei dem Berufungsgericht einzureichen. Die Berufungsbegründung muss enthalten:

1.
die Erklärung, inwieweit das Urteil angefochten wird und welche Abänderungen des Urteils beantragt werden (Berufungsanträge);
2.
die Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt;
3.
die Bezeichnung konkreter Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Tatsachenfeststellungen im angefochtenen Urteil begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
4.
die Bezeichnung der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel sowie der Tatsachen, auf Grund derer die neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel nach § 531 Abs. 2 zuzulassen sind.

(4) Die Berufungsbegründung soll ferner enthalten:

1.
die Angabe des Wertes des nicht in einer bestimmten Geldsumme bestehenden Beschwerdegegenstandes, wenn von ihm die Zulässigkeit der Berufung abhängt;
2.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.

(5) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsbegründung anzuwenden.

(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn

1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder
2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
§ 542 Abs. 2 gilt entsprechend.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.