Bundesgerichtshof Beschluss, 31. Mai 2016 - VI ZR 139/15

bei uns veröffentlicht am31.05.2016

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VI ZR 139/15
vom
31. Mai 2016
in dem Rechtsstreit
ECLI:DE:BGH:2016:310516BVIZR139.15.0

Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 31. Mai 2016 durch den Vorsitzenden Richter Galke, die Richter Wellner und Stöhr, die Richterinnen von Pentz und Dr. Oehler
beschlossen:
1. Der Antrag der Beklagten auf Berichtigung des Tatbestandes des Urteils des Senats vom 8. Dezember 2015 wird zurückgewiesen.
2. Die Anhörungsrüge der Beklagten zu 1 vom 15. Februar 2016 gegen das Urteil des Senats vom 8. Dezember 2015 wird auf Kosten der Beklagten zu 1 zurückgewiesen.

Gründe:

I.

1
Mit dem beanstandeten Urteil vom 8. Dezember 2015 hat der Senat die Revision der Beklagten zu 2 gegen das Urteil des 15. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 21. Januar 2015 zurückgewiesen und die Revision der Beklagten zu 1 gegen das vorbezeichnete Urteil als unzulässig verworfen. Das Berufungsgericht hat die Revision nur für die Beklagte zu 2 zugelassen. Das Urteil des Berufungsgerichts ist der Beklagten am 27. Januar 2015 zugestellt worden. Mit Schriftsatz vom 17. Februar 2015, bei Gericht eingegangen am 18. Februar 2015, hat die Prozessbevollmächtigte der Beklagten namens und im Auftrag der Beklagten zu 2 gegen das Berufungsurteil die - zugelassene - Revision eingelegt und namens der Beklagten zu 1 gegen die Nichtzulassung der Revision im Berufungsurteil Nichtzulassungsbeschwerde erhoben.
2
Mit Schriftsatz vom 27. Mai 2015 hat sie beantragt, 1. die Revision - auch der Erstbeklagten - gegen das Berufungsurteil zuzulassen , 2. auf die Revisionen der Beklagten das Berufungsurteil aufzuheben und nach den Schlussanträgen II. Instanz zu erkennen, hilfsweise das Berufungsurteil aufzuheben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
3
In der Verhandlung vom 8. Dezember 2015 hat der Vorsitzende des Senats im Protokoll festgestellt, dass die Formalien geprüft seien und Beanstandungen sich nicht ergeben hätten. Die Prozessbevollmächtigte der Revisionskläger stellte - abweichend von ihrem angekündigten Antrag - zunächst den Antrag zu 2 und hilfsweise den Antrag zu 1 aus dem Schriftsatz vom 27. Mai 2015. Danach zog sich der Senat zur Beratung zurück. Nach Beratung über die Nichtzulassungsbeschwerde der Beklagten zu 1 hat der Senat diese auf Kosten der Beklagten zu 1 zurückgewiesen. Dieser Beschluss ist der Prozessbevollmächtigten am 8. Januar 2016 zugestellt worden. Nach weiterer Beratung hat der Senat am 8. Dezember 2015 das beanstandete Urteil verkündet, das der Prozessbevollmächtigten am 2. Februar 2016 zugestellt worden ist.
4
Die Prozessbevollmächtigte der Beklagten hat mit Schriftsatz vom 15. Februar 2016, bei Gericht eingegangen am 16. Februar 2016, beantragt, 1. den Tatbestand des Senatsurteils im am Rand mit der Ziffer 4 gekennzeichneten Absatz, der in der zugestellten Urteilsausfertigung auf Seite 4 abgedruckt ist, wie nachfolgend ausgeführt zu berichtigen und 2. auf die Anhörungsrüge der Erstbeklagten das Verfahren fortzusetzen und über deren in der Revisionsverhandlung gestellten Revisionsantrag aus dem Schriftsatz vom 27. Mai 2015 in der Sache zu entscheiden.
5
Der Tatbestand des Urteils verfälsche und verschweige entscheidungserhebliche Tatsachen. Korrekt und vollständig müsse es dort heißen: "Das Oberlandesgericht hat die Berufungen der Beklagten zurückgewiesen ; die Revision der Beklagten zu 2 hat es zugelassen, die Revision der Beklagten zu 1 nicht. Dagegen richten sich die unter Vorlage des Urteils, gegen das Revision eingelegt werden sollte, eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde der Beklagten zu 1, mit der sie Zulassung der Revision auch zu ihren Gunsten erstrebt, und die - die Beschränkung der Revision für unwirksam erachtenden - Revisionen der Beklagten, mit der sie ihr Ziel der Klageabweisung insgesamt weiterverfolgen. Ferner hat die Beklagte zu 1 in der Revisionsverhandlung zusätzlich zum gemeinsam mit der Beklagten zu 2 gestellten Antrag zu 2 aus der Nichtzulassungsbeschwerde - und Revisionsbegründung vom 27. Mai 2015 hilfsweise den Antrag zu 1 aus der Nichtzulassungsbeschwerde- und Revisionsbegründung vom 27. Mai 2015 gestellt, die Revision - auch - der Beklagten zu 1 zuzulassen. Am 14. Juli 2015 war "In Sachen J. E. , Inh. V. F. u.a. gegen D. u.a." Termin zur mündlichen Verhandlung auf 8.12.2015 anberaumt und dieser als Sache "J. E. , Inh. V. F. u.a. gegen D. u.a." aufgerufen worden. Bevor die Anwältin der Revisionskläger für beide Beklagte den Antrag zu 2 aus der Nichtzulassungsbeschwerde- und Revisionsbegründung vom 27. Mai 2015 stellte, war festgestellt und im Protokoll niedergelegt worden, dass die Formalien geprüft sind und sich Beanstandungen nicht ergeben haben.
Ein Beschluss, der über den Antrag der Beklagten zu 1 aus der Nichtzulassungsbeschwerde - und Revisionsbegründung vom 27. Mai 2015 entschied , die Revision - auch - zu ihren Gunsten zuzulassen, war bei Antragstellung in der Revisionsverhandlung nicht erlassen. Über ihn entschieden wurde auch in deren weiteren Verlauf nicht, weder im am Schluss der Revisionsverhandlung verkündeten Urteil noch in einem gesondert verkündeten Beschluss."
6
Mit seinen Unrichtigkeiten und Lücken suggeriere der Tatbestand der Aktenlage zuwider, von der Erstbeklagten sei die Einlegung eines gegen das Berufungsurteil zulässigen Rechtsmittels versäumt worden. Auf der Basis der durch das BGH-Heft belegten wahren Fakten habe eine Revision der Beklagten zu 1, die sich als nach § 548 ZPO als verfristet habe verwerfen lassen, nicht existiert.
7
Dass das am 8. Dezember 2015 verkündete Senatsurteil die Revision der Erstbeklagten als unzulässig verworfen habe, noch bevor eine Entscheidung über ihre Nichtzulassungsbeschwerde ergangen sei, sei der Prototyp einer durch Art. 103 Abs. 1 GG verbotenen Überraschungsentscheidung. Indem der Senat den Termin als Revisionssache aufgerufen und nach Aufruf festgestellt habe, dass sich zu den Formalien Beanstandungen nicht ergeben hätten, um deren Revision, der noch nicht beschiedenen Nichtzulassungsbeschwerde ungeachtet, sodann als schon verfristet zu verwerfen, sei der Erstbeklagten der Zugang zur Revisionsinstanz in einer Weise abgeschnitten, die in der Zivilprozessordnung nicht vorgesehen sei. Darin liege ein Verstoß gegen die Rechtsweggarantie.

II.

8
1. Der Antrag auf Berichtigung des Tatbestandes ist unzulässig. Der Tatbestand eines Revisionsurteils unterliegt grundsätzlich nicht der Tatbestandsbe- richtigung gemäß § 320 ZPO, weil die in ihm enthaltene gekürzte Wiedergabe des Parteivorbringens keine urkundliche Beweiskraft besitzt (vgl. BGH, Urteil vom 27. Juni 1956 - IV ZR 317/55, NJW 1956, 1480; BGH, Beschluss vom 22. Februar 1990 - IX ZR 257/88, BGHR ZPO § 320 Revisionsurteil 1; BGH, Beschluss vom 9. November 1994 - IV ZR 294/03, BGHRZ Nr. 15611 Revisionsurteil 2; BGH, Beschluss vom 17. Dezember 1998 - V ZR 224/97, NJW 1999, 796; Musielak in Musielak/Voit, ZPO, 12. Aufl., § 320 Rn. 3; BeckOK ZPO/Elzer, Stand: 1.12.2015, ZPO § 314 Rn. 11). Dies gilt auch für die verkürzte Darstellung des Revisionsbegehrens. Ausnahmsweise kann etwas anderes gelten, wenn der unrichtige Teil nach einer Zurückweisung für das weitere Verfahren wie z.B. bei einer in der Revisionsverhandlung abgegebenen Parteierklärung urkundliche Beweiskraft nach § 314 ZPO hat (vgl. nur BGH, Beschluss vom 9. November 1994 - IV ZR 294/93, BGHRZ Nr. 15611 Revisionsurteil 2 mwN). Ein solcher Ausnahmefall liegt hier nicht vor.
9
2. Die gemäß § 321a ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige Anhörungsrüge ist unbegründet.
10
a) Die Bestimmung des Art. 103 Abs. 1 GG garantiert den Beteiligten eines gerichtlichen Verfahrens, dass sie Gelegenheit erhalten, sich zu dem einer gerichtlichen Entscheidung zugrunde liegenden Sachverhalt vor Erlass der Entscheidung zu äußern, und dass das Gericht das Vorbringen zur Kenntnis nimmt und bei seiner Entscheidung in Erwägung zieht. Auf einen Gesichtspunkt, mit dem ein gewissenhafter und kundiger Prozessbeteiligter nicht zu rechnen braucht, darf das Gericht ohne vorherigen Hinweis oder Erörterung mit den Parteien nicht abstellen. Das Gericht ist nach Art. 103 Abs. 1 GG allerdings grundsätzlich nicht verpflichtet, vor einer Entscheidung auf seine Rechtsauffassung hinzuweisen. Die Partei hat auch keinen Anspruch darauf, dass das Gericht sich in dem von ihr für richtig erachteten Sinn mit ihrem Vorbringen befasst (vgl.
BGH, Beschluss vom 30. Juli 2015 - I ZB 61/13, juris mwN; BGH, Beschluss vom 18. Dezember 2014 - I ZR 228/12, juris mwN).
11
b) Eine Verletzung des Anspruchs der Beklagten zu 1 auf Gewährung rechtlichen Gehörs liegt gemessen daran nicht vor, insbesondere stellt das Senatsurteil vom 8. Dezember 2015 keine gehörswidrige Überraschungsentscheidung dar. Die Feststellung des Senatsvorsitzenden, dass die Formalien geprüft worden seien und Beanstandungen sich nicht ergeben hätten, erfolgte vor der Antragstellung im Termin. Sie konnte sich - wenn man auch den Inhalt der Anträge als Formalie verstehen wollte - lediglich auf die angekündigten Anträge der Beklagten zu 1 im Schriftsatz vom 27. Mai 2015 beziehen. Diese Anträge hat die Prozessbevollmächtigte der Beklagten im Termin danach aber umgestellt und auch für die Beklagte zu 1 beantragt, auf die Revision das angegriffene Urteil aufzuheben. Diesem Antrag hat der Senat Rechnung getragen und diese Revision als verfristet zurückgewiesen, da eine Zulassung auf die Nichtzulassungsbeschwerde der Beklagten zu 1 nicht erfolgt war. Da der Senatsvorsitzende vor Stellung der Anträge mitgeteilt hatte, dass der Senat über die Nichtzulassungsbeschwerde noch nicht vorberaten habe, wusste die Prozessbevollmächtigte der Beklagten zu 1, dass auch eine Entscheidung über die Nichtzulassungsbeschwerde noch nicht ergangen war. Dem hätte sie durch die angekündigten Anträge Rechnung tragen können. Nachdem der Senat die Nichtzulassungsbeschwerde der Beklagten zu 1 zurückgewiesen hat und in dem beanstandeten Urteil sich auch mit den für begründet erachteten Schadensersatzansprüchen gegen die Beklagte zu 1 auseinandergesetzt hat, ist nicht ersichtlich, dass das rechtliche Gehör der Beklagten zu 1 verletzt worden oder ihr der Zugang zur Revisionsinstanz ohne Rechtsgrundlage abgeschnitten worden wäre. Galke Wellner Stöhr von Pentz Oehler
Vorinstanzen:
LG München II, Entscheidung vom 06.05.2014 - 5 O 7209/06 -
OLG München, Entscheidung vom 21.01.2015 - 15 U 2296/14 -

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 31. Mai 2016 - VI ZR 139/15

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Referenzen - Gesetze

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 103


(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör. (2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde. (3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafge

Zivilprozessordnung - ZPO | § 321a Abhilfe bei Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör


(1) Auf die Rüge der durch die Entscheidung beschwerten Partei ist das Verfahren fortzuführen, wenn1.ein Rechtsmittel oder ein anderer Rechtsbehelf gegen die Entscheidung nicht gegeben ist und2.das Gericht den Anspruch dieser Partei auf rechtliches G

Zivilprozessordnung - ZPO | § 314 Beweiskraft des Tatbestandes


Der Tatbestand des Urteils liefert Beweis für das mündliche Parteivorbringen. Der Beweis kann nur durch das Sitzungsprotokoll entkräftet werden.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 320 Berichtigung des Tatbestandes


(1) Enthält der Tatbestand des Urteils Unrichtigkeiten, die nicht unter die Vorschriften des vorstehenden Paragraphen fallen, Auslassungen, Dunkelheiten oder Widersprüche, so kann die Berichtigung binnen einer zweiwöchigen Frist durch Einreichung ein
Bundesgerichtshof Beschluss, 31. Mai 2016 - VI ZR 139/15 zitiert 6 §§.

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Der Tatbestand des Urteils liefert Beweis für das mündliche Parteivorbringen. Der Beweis kann nur durch das Sitzungsprotokoll entkräftet werden.

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Zivilprozessordnung - ZPO | § 548 Revisionsfrist


Die Frist für die Einlegung der Revision (Revisionsfrist) beträgt einen Monat; sie ist eine Notfrist und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Berufungsurteils, spätestens aber mit dem Ablauf von fünf Monaten nach der Verkü

Referenzen - Urteile

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Die Frist für die Einlegung der Revision (Revisionsfrist) beträgt einen Monat; sie ist eine Notfrist und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Berufungsurteils, spätestens aber mit dem Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung.

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

(1) Enthält der Tatbestand des Urteils Unrichtigkeiten, die nicht unter die Vorschriften des vorstehenden Paragraphen fallen, Auslassungen, Dunkelheiten oder Widersprüche, so kann die Berichtigung binnen einer zweiwöchigen Frist durch Einreichung eines Schriftsatzes beantragt werden.

(2) Die Frist beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils. Der Antrag kann schon vor dem Beginn der Frist gestellt werden. Die Berichtigung des Tatbestandes ist ausgeschlossen, wenn sie nicht binnen drei Monaten seit der Verkündung des Urteils beantragt wird.

(3) Das Gericht entscheidet ohne Beweisaufnahme. Bei der Entscheidung wirken nur diejenigen Richter mit, die bei dem Urteil mitgewirkt haben. Ist ein Richter verhindert, so gibt bei Stimmengleichheit die Stimme des Vorsitzenden und bei dessen Verhinderung die Stimme des ältesten Richters den Ausschlag. Eine Anfechtung des Beschlusses findet nicht statt. Der Beschluss, der eine Berichtigung ausspricht, wird auf dem Urteil und den Ausfertigungen vermerkt. Erfolgt der Berichtigungsbeschluss in der Form des § 130b, ist er in einem gesonderten elektronischen Dokument festzuhalten. Das Dokument ist mit dem Urteil untrennbar zu verbinden.

(4) Die Berichtigung des Tatbestandes hat eine Änderung des übrigen Teils des Urteils nicht zur Folge.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IV ZR 294/03
vom
24. November 2004
in dem Rechtsstreit
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 24. November 2004 durch den
Vorsitzenden Richter Terno, die Richter Dr. Schlichting, Seiffert, Wendt und die Richterin
Dr. Kessal-Wulf

beschlossen:
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des 20. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 17. Oktober 2003 wird zurückgewiesen.
Die von der Beschwerde aufgezeigten Rechtsfragen im Zusammenhang mit dem Leistungsausschluß in § 2 IV AUB 94 für krankhafte Störungen infolge psychischer Reaktionen sind durch das Urteil des Senats vom 23. Juni 2004 - IV ZR 130/03 - VersR 2004, 1039 ff., auch für BGHZ vorgesehen - geklärt. Das Berufungsgericht hat die darin behandelten Rechtsfragen nicht abweichend entschieden. Weitere Zulassungsgründe sind weder dargetan noch sonst ersichtlich. Für die Revision besteht im Endergebnis auch unter keinem anderen Gesichtspunkt Aussicht auf Erfolg (vgl. Senatsbeschluß vom 27. Oktober 2004 - IV ZR 386/02 - zur Veröffentlichung vorgesehen).

Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens (§ 97 Abs. 1 ZPO).
Streitwert: 71.580,86 € Terno Dr. Schlichting Seiffert Wendt Dr. Kessal-Wulf

Der Tatbestand des Urteils liefert Beweis für das mündliche Parteivorbringen. Der Beweis kann nur durch das Sitzungsprotokoll entkräftet werden.

(1) Auf die Rüge der durch die Entscheidung beschwerten Partei ist das Verfahren fortzuführen, wenn

1.
ein Rechtsmittel oder ein anderer Rechtsbehelf gegen die Entscheidung nicht gegeben ist und
2.
das Gericht den Anspruch dieser Partei auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat.
Gegen eine der Endentscheidung vorausgehende Entscheidung findet die Rüge nicht statt.

(2) Die Rüge ist innerhalb einer Notfrist von zwei Wochen nach Kenntnis von der Verletzung des rechtlichen Gehörs zu erheben; der Zeitpunkt der Kenntniserlangung ist glaubhaft zu machen. Nach Ablauf eines Jahres seit Bekanntgabe der angegriffenen Entscheidung kann die Rüge nicht mehr erhoben werden. Formlos mitgeteilte Entscheidungen gelten mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gegeben. Die Rüge ist schriftlich bei dem Gericht zu erheben, dessen Entscheidung angegriffen wird. Die Rüge muss die angegriffene Entscheidung bezeichnen und das Vorliegen der in Absatz 1 Satz 1 Nr. 2 genannten Voraussetzungen darlegen.

(3) Dem Gegner ist, soweit erforderlich, Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben.

(4) Das Gericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Rüge an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist erhoben ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Rüge als unzulässig zu verwerfen. Ist die Rüge unbegründet, weist das Gericht sie zurück. Die Entscheidung ergeht durch unanfechtbaren Beschluss. Der Beschluss soll kurz begründet werden.

(5) Ist die Rüge begründet, so hilft ihr das Gericht ab, indem es das Verfahren fortführt, soweit dies auf Grund der Rüge geboten ist. Das Verfahren wird in die Lage zurückversetzt, in der es sich vor dem Schluss der mündlichen Verhandlung befand. § 343 gilt entsprechend. In schriftlichen Verfahren tritt an die Stelle des Schlusses der mündlichen Verhandlung der Zeitpunkt, bis zu dem Schriftsätze eingereicht werden können.

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
I Z B 6 1 / 1 3
vom
30. Juli 2015
in der Rechtsbeschwerdesache
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 30. Juli 2015 durch den
Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Büscher, die Richter Prof. Dr. Schaffert,
Dr. Kirchhoff, die Richterin Dr. Schwonke und den Richter Feddersen

beschlossen:
Die Anhörungsrüge gegen den Senatsbeschluss vom 23. Oktober 2014 wird auf Kosten der Antragstellerin zurückgewiesen.

Gründe:


1
Die gemäß § 321a ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige Anhörungsrüge hat in der Sache keinen Erfolg.
2
I. Die Bestimmung des Art. 103 Abs. 1 GG garantiert den Beteiligten eines gerichtlichen Verfahrens, dass sie Gelegenheit erhalten, sich zu dem einer gerichtlichen Entscheidung zugrundeliegenden Sachverhalt vor Erlass der Entscheidung zu äußern, und dass das Gericht das Vorbringen zur Kenntnis nimmt und bei seiner Entscheidung in Erwägung zieht (BVerfGE 86, 133, 144; BVerfG, NJW-RR 2004, 1710, 1712). Auf einen Gesichtspunkt, mit dem ein gewissenhafter und kundiger Prozessbeteiligter nicht zu rechnen braucht, darf das Gericht ohne vorherigen Hinweis oder Erörterung mit den Parteien nicht abstellen (BVerfGE 86, 133, 144; BVerfGE 98, 218, 263). Das Gericht ist nach Art. 103 Abs. 1 GG allerdings grundsätzlich nicht verpflichtet, vor einer Entscheidung auf seine Rechtsauffassung hinzuweisen (BVerfGE 74, 1, 6; 84, 188, 190). Die Partei hat auch keinen Anspruch darauf, dass das Gericht sich in dem von ihr für richtig erachteten Sinn mit ihrem Vorbringen befasst (BGH, Beschluss vom 3. April 2014 - I ZR 237/12, MarkenR 2014, 343 Rn. 2 - BAVARIA; Beschluss vom 18. Dezember 2014 - I ZR 228/12, juris Rn. 2).
3
II. Der Anspruch der Antragstellerin auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) ist durch den Senatsbeschluss vom 23. Oktober 2014 nicht verletzt.
4
1. Die Anhörungsrüge rügt als überraschend die Auffassung des Senats, die Annahme der Verkehrsdurchsetzung der angegriffenen Farbmarke im Jahr 2009 könne ausnahmsweise auf den Tag der Anmeldung im Jahr 1996 zurückbezogen werden. Die Anhörungsrüge wendet sich mit derselben Begründung gegen die Annahme des Senats, es komme für die Bejahung der kennzeichenmäßigen Verwendung einer Farbe nicht auf besondere Werbemaßnahmen an, die sich gerade auf die Wahrnehmung der Farbe als Marke beziehen. Schließlich wertet die Anhörungsrüge die Feststellung des Senates als gehörswidrige Überraschungsentscheidung, dass die gelbe Farbe der Markeninhaberin nicht durch herkömmliche Herkunftshinweise in den Hintergrund gedrängt wird.
5
2. Der Senatsbeschluss vom 23. Oktober 2014 stellt keine gehörswidrige Überraschungsentscheidung dar.
6
a) In der von der Rechtsbeschwerde angegriffenen Entscheidung hat das Bundespatentgericht sich mit diesen zentralen Rechtsfragen des Verfahrens befasst. Es hat angenommen, zwar werde eine auf den Anmeldetag rückbezogene Feststellung der Verkehrsdurchsetzung abgelehnt, wenn die Durchsetzung erst mehrere Jahre nach der Anmeldung nachgewiesen werde. Allerdings seien auch Fallgestaltungen denkbar, in denen konkrete Anhaltspunkte rückblickende Schätzungen für die Vergangenheit ermöglichten. So liege es im Streitfall ; die in dem demoskopischen Gutachten von 2009 festgestellte Bekanntheit habe auch im Zeitpunkt der Anmeldung im Jahr 1996 bereits bestanden. Zwar setze die Verkehrsdurchsetzung voraus, dass die Farbe isoliert für sich als Marke dem Publikum in der Wahrnehmung näher gebracht worden sei. Es seien jedoch die Besonderheiten in dem jeweiligen Warengebiet zu berücksichtigen. Das Warensegment der Wörterbücher zeichne sich durch besondere Kennzeichnungsgewohnheiten aus. Das angesprochene Publikum sei bei Druckereierzeugnissen an die gleichzeitige Verwendung mehrerer Zeichen gewöhnt und könne die Farbe als selbständige Marke erkennen. In dieser Branche könne keine isolierte markenmäßige Benutzung der Farbe Gelb verlangt werden.
7
b) Ein kundiger Prozessbeteiligter musste im Rechtsbeschwerdeverfahren zu diesen Rechtsfragen Stellung nehmen. Die Anhörungsrüge macht nicht geltend, dass die Antragstellerin hierzu vor der Entscheidung durch den Senat keine Gelegenheit gehabt hätte. Sie verweist vielmehr darauf, dass die Antragstellerin sowohl in der Rechtsbeschwerdebegründung als auch in der Replik auf die Beschwerdeerwiderung zur rückbezogenen Feststellung der Verkehrsdurchsetzung vorgetragen habe. Sie weist weiter darauf hin, dass sie in der Rechtsbeschwerdebegründung auf den von ihr für eine markenmäßige Verwendung des angegriffenen gelben Farbtons für notwendig gehaltenen Hinweis in Werbemaßnahmen auf die Bedeutung der Farbe als Marke hingewiesen habe. Soweit es um die Auffassung des Senates geht, dass die gelbe Farbe der Markeninhaberin nicht durch herkömmliche Herkunftshinweise in den Hintergrund gedrängt wird, wendet sich die Anhörungsrüge dagegen, dass sie sich zu dieser Auffassung nicht "nochmals" habe äußern können. Schon aus diesem Grund ist die Anhörungsrüge unbegründet.

8
c) Die Antragstellerin hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat Gelegenheit gehabt, zu diesen Rechtsfragen Stellung zu nehmen. Der Senatsvorsitzende hat sie im Übrigen bei der Einführung in den Sach- und Streitstand in der mündlichen Verhandlung angesprochen. Die Verfahrensbeteiligten haben im Anschluss daran Gelegenheit erhalten, sich hierzu zu äußern und haben hiervon Gebrauch gemacht.
9
d) Der Umstand, dass der Senat im Hinblick auf die von der Anhörungsrüge angesprochenen Rechtsfragen die Rechtsauffassung des Bundespatentgerichts bestätigt hat, stellt vor diesem Hintergrund keine den Anspruch der Antragstellerin auf Gewährung rechtlichen Gehörs verletzende Überraschungsentscheidung dar. Dass das Rechtsmittelgericht einzelne Elemente der Begründung der angefochtenen Entscheidung oder deren Begründung insgesamt billigt , ist ein Umstand, mit dem ein rechtskundiger Prozessbeteiligter immer rechnen muss. Im Ergebnis macht die Anhörungsrüge geltend, der Senat seiihrer Rechtsauffassung zu den genannten Rechtsfragen zu Unrecht nicht gefolgt. Mit diesem Anliegen kann sie im Anhörungsrügeverfahren keinen Erfolg haben, das nicht dazu dient, die Senatsentscheidung nochmals inhaltlich zur Überprüfung zu stellen.
Büscher Schaffert Kirchhoff
Schwonke Feddersen
Vorinstanz:
Bundespatentgericht, Entscheidung vom 05.08.2013 - 29 W(pat) 90/12 -

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
I ZR 228/12
vom
18. Dezember 2014
in dem Rechtsstreit
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 18. Dezember 2014 durch
den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Büscher, die Richter Prof. Dr. Schaffert,
Dr. Koch, Dr. Löffler und die Richterin Dr. Schwonke

beschlossen:
Die Anhörungsrüge gegen das Senatsurteil vom 18. September 2014 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.

Gründe:


1
Die gemäß § 321a ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige Anhörungsrüge der Beklagten ist nicht begründet. Zu Unrecht meint die Anhörungsrüge , das Senatsurteil stelle sich als eine das rechtliche Gehör der Beklagten verletzende Überraschungsentscheidung dar.
2
I. Der Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) gewährleistet das Recht der Verfahrensbeteiligten, vor einer gerichtlichen Entscheidung, die ihre Rechte betrifft, zu Wort zu kommen, um Einfluss auf das Verfahren und sein Ergebnis nehmen zu können (BVerfGE 84, 188, 190). Auf einen Gesichtspunkt , mit dem ein gewissenhafter und kundiger Prozessbeteiligter nach dem bisherigen Prozessverlauf nicht zu rechnen braucht, darf das Gericht ohne vorherigen Hinweis oder Erörterung mit den Parteien nicht abstellen (BVerfGE 86, 133, 144; BVerfGE 98, 218, 263). Das Gericht ist nach Art. 103 Abs. 1 GG allerdings grundsätzlich nicht verpflichtet, vor einer Entscheidung auf seine Rechtsauffassung hinzuweisen (BVerfGE 74, 1, 6; 84, 188, 190). Die Partei hat auch keinen Anspruch darauf, dass das Gericht sich in dem von ihr für richtig erachteten Sinn mit ihrem Vorbringen befasst (BGH, Beschluss vom 3. April 2014 - I ZR 237/12, MarkenR 2014, 343 Rn. 2 - BAVARIA).
3
II. Eine Verletzung des Anspruchs der Beklagten auf Gewährung rechtlichen Gehörs liegt nicht vor.
4
1. Entgegen der Meinung der Anhörungsrüge liegt keine das rechtliche Gehör der Beklagten verletzende Überraschungsentscheidung darin, dass der Senat zu der Auffassung gelangt ist, eine gesteigerte Kennzeichnungskraft einer abstrakten Farbmarke sei nicht notwendige Voraussetzung für die Annahme einer markenmäßigen Verwendung des angegriffenen Farbtons. Für einen gewissenhaften und kundigen Prozessbeteiligten war erkennbar, dass es sich bei der Frage der markenmäßigen Verwendung um eine der zentralen Rechtsfragen des Verfahrens handelte. Hierzu haben sich die Parteien im gesamten Rechtsstreit umfassend geäußert. Der Senat war deshalb nicht gehalten , die Beklagte auf diesen Gesichtspunkt und die Bedeutung einer normalen Kennzeichnungskraft der Klagemarke für die Annahme einer markenmäßigen Benutzung der beanstandeten Benutzungsformen ausdrücklich hinzuweisen.
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a) Das Berufungsgericht hat die Farbmarke Gelb der Klägerin als jedenfalls normal kennzeichnungskräftig angesehen. Auf der Grundlage normaler Kennzeichnungskraft der Klagemarke hat es eine markenmäßige Verwendung der gelben Farbe in den angegriffenen Verwendungsformen der Beklagten bejaht. Dabei hat es maßgeblich auf die Verkehrsauffassung abgestellt, die durch die Kennzeichnungsgewohnheiten auf dem in Rede stehenden Markt der Sprachlernprodukte und die Verwendung des gelben Farbtons durch die Beklagte in Art einer Hausfarbe bestimmt wird. Dem Umstand, dass es keine gesteigerte Kennzeichnungskraft der Klagemarke festgestellt hat, hat das Beru- fungsgericht dagegen keine streitentscheidende Bedeutung beigemessen. Danach musste die Beklagte im Revisionsverfahren von sich aus in die Beurteilung einbeziehen, dass auch ohne gesteigerte Kennzeichnungskraft der Klagemarke eine markenmäßige Verwendung der angegriffenen Benutzungsformen in Betracht kam. Für dieses Ergebnis spricht weiter, dass die Frage der Maßgeblichkeit der Verkehrsauffassung und der sie beeinflussenden Kennzeichnungsgewohnheiten auf dem in Rede stehenden Markt für die Beurteilung der markenmäßigen Verwendung aufgrund der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union und des Senats zu den maßgeblichen Grundsätzen gehört (vgl. EuGH, Urteil vom 25. Januar 2007 - C-48/05, GRUR 2007, 318 Rn. 23 = WRP 2007, 299 - Opel/Autec; vgl. zu Art. 3 Abs. 3 auch EuGH, Urteil vom 6. Mai 2003 - C-104/01, Slg. 2003, I-3793 = GRUR 2003, 604 Rn. 62 - Libertel; BGH, Urteil vom 4. September 2003 - I ZR 23/01, BGHZ 156, 126, 136 f. - Farbmarkenverletzung I), die die Beteiligten eines Rechtsstreits von sich aus in ihre Beurteilung einbeziehen müssen. Hiervon ausgehend haben die Parteien im Nichtzulassungsbeschwerde- und Revisionsverfahren zu der Bedeutung der Kennzeichnungskraft der abstrakten Farbmarke im Zusammenhang mit der Frage der markenmäßigen Verwendung des angegriffenen Farbtons kontrovers vorgetragen. Die Beklagte konnte angesichts der bisherigen Rechtsprechung des Senats nicht sicher davon ausgehen, dass eine markenmäßige Verwendung der angegriffenen Farbe nur in Betracht kommt, wenn die Klagemarke über gesteigerte Kennzeichnungskraft verfügt.
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b) Im Übrigen ist die Frage, ob die kennzeichenmäßige Verwendung der Farbe Gelb in den beanstandeten Verwendungsformen eine gesteigerte Kennzeichnungskraft voraussetzt, Gegenstand der Erörterung in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat gewesen. Der Senatsvorsitzende hat bei der Einführung in den Sach- und Streitstand in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat die Frage aufgeworfen, ob die Annahme einer markenmäßigen Verwen- dung des angegriffenen gelben Farbtons zwingend voraussetzt, dass die Klagemarke über gesteigerte Kennzeichnungskraft verfügt, oder ob die tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts zu den Kennzeichnungsgewohnheiten auf dem betroffenen Warensektor auch bei durchschnittlicher Kennzeichnungskraft die Annahme einer markenmäßigen Verwendung der Farbe Gelb auf Seiten der Beklagten rechtfertigen können. Dabei sind auch Gegenstand der Erörterung die tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts gewesen, die Verkehrsgewohnheiten bei zweisprachigen Wörterbüchern strahlten auf den Markt der Sprachlernsoftware aus und die Beklagte habe die Farbe Gelb als Wiedererkennungszeichen verwendet. Hierzu haben sich die Parteien in der mündlichen Verhandlung äußern können und haben dies auch getan.
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2. Die Anhörungsrüge macht ohne Erfolg geltend, auch die Entscheidung , das markenrechtliche Verletzungsverfahren nicht bis zum Abschluss des beim Senat anhängigen Löschungsverfahrens (I ZB 61/13) auszusetzen, sei überraschend und verletze den Anspruch der Beklagten auf Gewährung rechtlichen Gehörs.
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a) Die mit dem Ziel der Fortführung des Verfahrens eingelegte Anhörungsrüge kann mit dieser Begründung schon deshalb keinen Erfolg haben, weil damit eine Entscheidung des Senates herbeigeführt werden soll, mit der das vorliegende Verfahren gemäß § 148 ZPO bis zur Erledigung des Löschungsverfahrens ausgesetzt wird. Das Löschungsverfahren ist zwischenzeitlich durch den die Rechtsbeschwerde der Beklagten zurückweisenden Beschluss des Senates vom 23. Oktober 2014 (I ZB 61/13 - Langenscheidt Gelb) beendet worden. Damit fehlt es an einem anderen anhängigen Verfahren, das Voraussetzung für eine Aussetzungsanordnung im vorliegenden Rechtsstreit wäre.
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b) Im Übrigen liegt ein entscheidungserheblicher Gehörsverstoß nicht darin , dass der Senat die Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union "Sparkassen-Rot" (Urteil vom 19. Juni 2014 - C-217/13 und C-218/13, GRUR 2014, 776 = WRP 2014, 940 - Deutscher Sparkassen- und Giroverband/Banco Santander) nicht zum Anlass genommen hat, den vorliegenden Rechtsstreit bis zur rechtskräftigen Entscheidung über den Löschungsantrag auszusetzen.
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Voraussetzung für eine Verfahrensaussetzung nach § 148 ZPO ist, dass eine gewisse Wahrscheinlichkeit für die Löschung der Marke im registerrechtlichen Verfahren besteht, die die mit der Aussetzung verbundene Prozessverzögerung rechtfertigt (vgl. BGH, Urteil vom 28. August 2003 - I ZR 257/00, BGHZ 156, 112, 119 - Kinder I). Eine solche überwiegende Wahrscheinlichkeit für eine Löschungsentscheidung hat der Senat nicht feststellen können. Darauf, dass die Beklagte insoweit einen anderen Rechtsstandpunkt vertritt, kommt es nicht an. Das Verfahren der Anhörungsrüge nach § 321a ZPO dient nicht dazu, die Senatsentscheidung nochmals inhaltlich zur Überprüfung zu stellen oder einer Partei die Möglichkeit zu eröffnen, mit dem Senat nach dessen Entscheidung ihren gegenteiligen Rechtsstandpunkt zu diskutieren.
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Vorinstanzen:
LG Köln, Entscheidung vom 19.01.2012 - 31 O 352/11 -
OLG Köln, Entscheidung vom 09.11.2012 - 6 U 38/12 -