Bundesgerichtshof Beschluss, 20. Mai 2008 - VIII ZB 92/07

bei uns veröffentlicht am20.05.2008
vorgehend
Landgericht Ulm, 4 O 437/06, 25.04.2007
Oberlandesgericht Stuttgart, 8 W 388/07, 02.10.2007

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VIII ZB 92/07
vom
20. Mai 2008
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Es ist für sich allein kein ausreichender Grund, einen weder am Sitz des Prozessgerichts
noch der Prozesspartei niedergelassenen Rechtsanwalt mit der Prozessvertretung
zu beauftragen, wenn eine zu einer Unternehmensgruppe gehörende Handelsgesellschaft
den an einem dritten Ort niedergelassenen Rechtsanwalt nur deshalb
wählt, weil dieser mit den Gesellschaftern der zur Unternehmensgruppe gehörenden
Gesellschaften durch eine langjährige vertrauensvolle Zusammenarbeit verbunden
ist und daher für alle Gesellschaften dieser Gruppe tätig wird.
BGH, Beschluss vom 20. Mai 2008 - VIII ZB 92/07 - OLG Stuttgart
LG Ulm
Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 20. Mai 2008 durch den
Vorsitzenden Richter Ball, den Richter Wiechers, die Richterinnen Hermanns
und Dr. Hessel und den Richter Dr. Achilles

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde der Beklagten gegen den Beschluss des 8. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 2. Oktober 2007 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen. Streitwert: 512,70 €.

Gründe:

I.

1
Die im Kfz-Handel tätige Beklagte verkaufte dem Kläger im Jahre 2005 an ihrem Geschäftssitz U. einen Pkw. In einem anschließend vor dem Landgericht U. geführten Rechtsstreit, in dem der Kläger wegen eines Mangels die Rückabwicklung begehrte, ließ sich die Beklagte, die über keine eigene Rechtsabteilung verfügt, durch einen in W. ansässigen Prozessbevollmächtigten und einen am Prozessgericht in U. zugelassenen Unterbevollmächtigten vertreten.
2
Nach kostenpflichtiger Abweisung der Klage hat die Beklagte unter anderem die Festsetzung einer 1,3 - Verfahrensgebühr für ihren Prozessbevollmächtigten und die Festsetzung einer 0,65 - Verfahrensgebühr für ihre am Prozessgericht aufgetretenen Unterbevollmächtigten, und zwar jeweils nebst Auslagenpauschalen , beantragt. Das Landgericht hat die 0,65 - Verfahrensgebühr nebst Auslagenpauschale abgesetzt. Das Beschwerdegericht hat die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde der Beklagten zurückgewiesen.

II.

3
Die vom Beschwerdegericht zugelassene Rechtsbeschwerde der Beklagten hat keinen Erfolg.
4
1. Das Beschwerdegericht hat ausgeführt, dass die Beklagte als juristische Person mit Sitz in U. und dortiger Geschäftstätigkeit verpflichtet gewesen sei, sich im vorliegenden Rechtsstreit durch einen in U. ansässigen Prozessbevollmächtigten als Hauptbevollmächtigten vertreten zu lassen. Auch wenn sie als eines von mehreren selbständigen Unternehmen ihrer Gesellschafter zu einer bundesweit tätigen Unternehmensgruppe gehöre, könne die sogenannte Outsourcing-Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, die auf ein überörtlich tätiges Unternehmen mit rechtlich selbständigen Zweigniederlassungen bezogen sei, keine Anwendung finden. Vor allem könne die Entscheidung der zu dieser Unternehmensgruppe gehörenden Unternehmen, sich von einem gemeinsamen Anwalt vertreten zu lassen, nicht zu Lasten des Kunden gehen, der im konkreten Fall nicht habe erkennen können, dass ein wirtschaftlicher , nicht aber rechtlich wirksamer Zusammenschluss mehrerer selbständiger Unternehmen vorgelegen habe. Denn hier gehe es um nicht erstattungsfähige Kosten eines Anwalts am dritten Ort.
5
2. Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Nachprüfung stand.
6
a) Die nach § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO zu beurteilende Erstattungsfähigkeit von Kosten eines Unterbevollmächtigten am Sitz des Prozessgerichts hängt davon ab, ob für die am Ort des Prozessgerichts ansässige Beklagte die Zuzie- hung eines auswärtigen Hauptbevollmächtigten im Sinne von § 91 Abs. 2 Satz 1 ZPO zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung notwendig war (BGH, Beschluss vom 28. Juni 2006 - IV ZB 44/05, NJW 2006, 3008, Tz. 7 f.). In denjenigen Fällen, in denen die Partei an ihrem eigenen Gerichtsstand klagt oder verklagt wird, kann die Beauftragung eines auswärtigen Rechtsanwalts, der vor dem Prozessgericht auftreten kann, dort aber nicht zugelassen ist, grundsätzlich nicht mehr als zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig angesehen werden, es sei denn, besondere Umstände lassen die Einschaltung des auswärtigen Rechtsanwalts geboten erscheinen (BGH, Beschlüsse vom 12. Dezember 2002 - I ZB 29/02, NJW 2003, 901, unter II 2 b bb; vom 22. Februar 2007 - VII ZB 93/06, NJW-RR 2007, 1071, Tz. 10).
7
Solche besonderen Umstände können nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs namentlich dann gegeben sein, wenn die dem Rechtsstreit vorangegangene unternehmensinterne Bearbeitung der Sache an einem Ort stattgefunden hat, an dem das Unternehmen weder seinen Hauptsitz noch eine Zweigniederlassung unterhält. Genauso wie die Hinzuziehung eines in der Nähe ihres Wohn- oder Geschäftssitzes ansässigen Rechtsanwalts durch eine an einem auswärtigen Gericht verklagte Partei nach der Rechtsprechung des Senats grundsätzlich eine Maßnahme zweckentsprechender Rechtsverfolgung darstellt (Beschluss vom 16. Oktober 2002 - VIII ZB 30/02, NJW 2003, 898, unter II 2 b bb (1); ferner BGH, Beschlüsse vom 11. November 2003 - VI ZB 41/03, NJW-RR 2004, 430, unter B II 2 b bb (a); vom 21. Januar 2004 - IV ZB 32/03, RuS 2005, 91, unter 1), kann ein Unternehmen grundsätzlich einen Prozessbevollmächtigten auch an dem Ort beauftragen, an dem die dem Rechtsstreit vorangegangene unternehmensinterne Bearbeitung der Sache erfolgt ist, selbst wenn das Unternehmen an diesem Ort weder seinen Hauptsitz noch eine Zweigniederlassung unterhält. Bei Vorliegen dieser Voraussetzungen sind die Reisekosten, die dem Unternehmen durch die Beauftragung eines am Ort der Bearbeitung ansässigen Rechtsanwalts entstanden sind, nach denselben Grundsätzen zu erstatten wie sonst im Falle der Beauftragung eines am Sitz des Unternehmens ansässigen Rechtsanwalts. Denn im Rahmen der Kostenerstattung kommt es auf die tatsächliche Organisation eines an einem Rechtsstreit beteiligten Unternehmens und nicht darauf an, welche Unternehmensorganisation unter Erstattungsgesichtspunkten zweckmäßiger oder günstiger gewesen wäre (BGH, Beschlüsse vom 23. Januar 2007 - I ZB 42/06, GRUR 2007, 726, Tz. 14; vom 28. Juni 2006, aaO, Tz. 11).
8
Dementsprechend hat der Bundesgerichtshof es nach der gewählten Betriebsorganisation als Maßnahme zweckentsprechender Rechtsverfolgung gebilligt , wenn ein Versicherer bei streitig werdenden Leistungsablehnungen die Sache nicht mehr im eigenen Unternehmen weiterbearbeitet, sondern sie zur selbständigen Bearbeitung an einen externen Rechtsanwalt übergibt, der bei Fehlschlagen einer außergerichtlichen Klärung auch die Prozessführung wahrnimmt (BGH, Beschluss vom 28. Juni 2006, aaO, Tz. 9 ff.). Dagegen ist es für sich allein noch nicht als ausreichender Grund zur Beauftragung eines auswärtigen Prozessbevollmächtigten angesehen worden, wenn eine am Sitz oder in der Nähe des Sitzes des Prozessgerichts ansässige Partei einen auswärtigen Rechtsanwalt nur deshalb wählt, weil sie mit ihm durch eine langjährige vertrauensvolle Zusammenarbeit verbunden ist. Anderes kann allenfalls dann gelten , wenn Besonderheiten in der Sache selbst und ihrer Bearbeitung die Annahme rechtfertigen, dass am Ort des Prozessgerichts oder am Sitz der Partei keine zur sachangemessenen Prozessvertretung geeigneten Rechtsanwälte zugelassen sind (BGH, Beschluss vom 22. Februar 2007, aaO, Tz. 11 und 13 f.).
9
b) Solche Besonderheiten, die in der Betriebsorganisation oder der zu vertretenden Sache selbst begründet sind, liegen hier nicht vor. Nach den Feststellungen des Beschwerdegerichts beruht die Wahl des in W. ansässigen Prozessbevollmächtigten auf einer Entscheidung der Gesellschafter der Unternehmensgruppe , sich von einem gemeinsamen Rechtsanwalt vertreten zu lassen. Weitere Umstände für diese Auswahl sind nicht festgestellt. Insoweit erhebt die Rechtsbeschwerde auch keine Rüge.
10
Zu Unrecht will die Rechtsbeschwerde diese Fallgestaltung derjenigen gleichsetzen, wie sie der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 28. Juni 2006 (aaO) zugrunde gelegen hat, weil es keinen Unterschied mache, ob sich ein bundesweit tätiger Versicherer selbständig durch einen externen Hausanwalt vertreten lasse, oder ob es sich um ein Mitglied einer von denselben Personen vertretenen, überregional tätigen Gruppe lediglich formal selbständiger Unternehmen handelt, die alle von einem Ort aus anwaltlich betreut und vertreten würden. Denn den maßgeblichen Grund für die kostenrechtliche Billigung der Vertretung des Versicherers durch einen externen Rechtsanwalt hat der Bundesgerichtshof darin gesehen, dass diesem anstelle sonst vom Versicherer einzustellender Mitarbeiter bei allen streitig werdenden Leistungsablehnungen die Mitgliedsakten regelmäßig ohne weitere Instruktionen zur selbständigen Weiterbearbeitung der Sache nach den ihm bekannten Geschäftsgrundsätzen seines Auftraggebers überlassen worden sind. Eine vergleichbare Betrauung des Prozessbevollmächtigten der Beklagten mit einer vorprozessualen Betreuung und Aufbereitung der Sachen, wie sie sonst üblicherweise in Rechtsabteilungen vorgenommen werden, hat das Beschwerdegericht nicht festgestellt. Die an ihrem Sitz gerichtlich in Anspruch genommene Beklagte war daher kosten- rechtlich gehalten, einen an diesem Ort zugelassenen Prozessbevollmächtigten zu beauftragen. Ball Wiechers Hermanns Hessel Achilles
Vorinstanzen:
LG Ulm, Entscheidung vom 25.04.2007 - 4 O 437/06 -
OLG Stuttgart, Entscheidung vom 02.10.2007 - 8 W 388/07 -

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 20. Mai 2008 - VIII ZB 92/07

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(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung um
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(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IV ZB 44/05
vom
28. Juni 2006
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
_____________________
Überlässt ein bundesweit tätiger Versicherer nach endgültiger Leistungsablehnung
seine Akten einem Rechtsanwalt, der aufgrund ständiger Geschäftsbeziehungen
derartige Verfahren weiter bearbeitet ("Hausanwalt"), hat der
unterliegende Prozessgegner diese Betriebsorganisation hinzunehmen und
etwaige fiktive Reisekosten des bevollmächtigten Hausanwalts als notwendige
Kosten des Rechtsstreits zu tragen (Fortführung von Senatsbeschluss vom
21. Januar 2004 - IV ZB 32/03 - RuS 2005, 91).
BGH, Beschluss vom 28. Juni 2006 - IV ZB 44/05 - OLG Stuttgart
LG Stuttgart
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch den Vorsitzenden
Richter Terno, die Richter Dr. Schlichting, Wendt, Felsch und
Dr. Franke
am 28. Juni 2006

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde des Beklagten wird der Beschluss des 8. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 28. Oktober 2005 aufgehoben.
Die sofortige Beschwerde des Klägers gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts Stuttgart vom 9. September 2005 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerde- und des Rechtsbeschwerdeverfahrens.
Der Gegenstandswert der Rechtsbeschwerde wird auf 1.046,78 € festgesetzt.

Gründe:


1
I. Der Rechtsbeschwerdeführer verlangt im Kostenfestsetzungsverfahren Erstattung fiktiver Reisekosten seines Hauptprozessbevollmächtigten.
2
Ausgangsrechtsstreit Im stritt der Kläger vor dem Landgericht Stuttgart mit seinem bundesweit tätigen Krankenversicherer um die Erstattungsfähigkeit entstandener Arztkosten. Der Beklagte, der seinen Sitz in L. hat, beauftragte mit der Prozessvertretung einen in B. ansässigen Rechtsanwalt, dem er alle seine Fälle, bei denen es nach endgültiger Leistungsablehnung zum Rechtsstreit kommt, zur weiteren weitgehend eigenständigen Bearbeitung überlässt. Die Parteien schlossen nach drei Verhandlungsterminen einen Vergleich, wonach der Kläger 4/5, der Beklagte 1/5 der Kosten des Rechtsstreits zu tragen hat. Die Verhandlungstermine hatten für den Beklagten Unterbevollmächtigte aus T. wahrgenommen.
3
Deren Kosten in Höhe von 1.996,36 € setzte der Prozessbevollmächtigte des Beklagten in seinem Kostenfestsetzungsantrag an, hilfsweise seine eigenen fiktiven Reisekosten von L. nach Stuttgart in Höhe von 1.308,48 €. Die Rechtspflegerin des Landgerichts erkannte nur letztere als erstattungsfähig an. Auf die hiergegen vom Kläger eingelegte sofortige Beschwerde hob das Beschwerdegericht den Kostenfestsetzungsbeschluss auf und setzte die zu erstattenden Kosten des Beklagten unter Abzug (auch) dieser fiktiven Reisekosten fest. Mit seiner vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt der Beklagte die Kostenerstattung unter Berücksichtigung fiktiver Reisekosten weiter.


4
II. Die nach § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO und auch im Übrigen zulässige Rechtsbeschwerde ist begründet.
5
1. Nach Ansicht des Beschwerdegerichts hätte der Beklagte einen Rechtsanwalt am Ort des Prozessgerichts bevollmächtigen müssen. Dieser hätte durch die qualifizierten Mitarbeiter des Beklagten schriftlich instruiert werden können, da der Ausgangsrechtsstreit - was unstreitig ist - in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht keine Schwierigkeiten geboten habe. Der Beklagte könne sich nicht darauf berufen, dass sein Prozessbevollmächtigter besonders sachkundig gewesen sei, da es bei Wahrnehmung der rechtlichen Interessen weniger auf juristisches, als vielmehr auf medizinisches Wissen angekommen sei. Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes zum so genannten "Outsourcing" (BGH, Beschlüsse vom 11. November 2003 - VI ZB 41/03 - VersR 2004, 352; vom 2. Dezember 2004 - I ZB 4/04 - BB 2005, 294) sei nicht einschlägig, da es nicht um rechtliche Schwierigkeiten des Prozesses gehe, sondern um die Information und Instruktion eines Rechtsanwalts in einer Rechtsangelegenheit , die zum eigentlichen Unternehmensgegenstand des Beklagten gehöre. Der Beklagte verlagere mithin typische Sachbearbeiteraufgaben auf seinen Hausanwalt, um so Personal einzusparen. Allgemeiner Aufwand bei der Bearbeitung eines Prozesses begründe jedoch keinen Kostenerstattungsanspruch.
6
2. Das hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.

7
a) Die Erstattungsfähigkeit der Kosten eines Unterbevollmächtigten richtet sich nach § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO (BGH, Beschlüsse vom 9. September 2004 - I ZB 5/04 - VersR 2005, 1454 unter 2; vom 11. November 2003 aaO unter 2 a; vom 16. Oktober 2002 - VIII ZB 30/02 - NJW 2003, 898 unter B II 1). Um dem Bedarf an persönlichem Kontakt und dem Vertrauensverhältnis zwischen Partei und Anwalt Rechnung zu tragen , kann eine Partei grundsätzlich die Kosten ihres Prozessbevollmächtigten auch dann erstattet verlangen, wenn dieser bei dem Prozessgericht nicht zugelassen und am Gerichtsort nicht ansässig ist (vgl. BGH, Beschlüsse vom 6. Mai 2004 - I ZB 27/03 - NJW-RR 2004, 1500 unter II; vom 18. Dezember 2003 - I ZB 18/03 - NJW-RR 2004, 856 unter II 1). Die - dann ggf. zusätzlich entstehenden - Kosten eines Unterbevollmächtigten sind zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung aber nur notwendig - also erstattungsfähig -, soweit sie die durch die Tätigkeit des Unterbevollmächtigten ersparten, erstattungsfähigen Reisekosten des Hauptbevollmächtigten nicht wesentlich übersteigen (Senatsbeschluss vom 21. September 2005 - IV ZB 11/04 - VersR 2006, 136 unter 2 a aa; BGH, Beschlüsse vom 2. Dezember 2004 aaO unter II 2; vom 14. September 2004 - VI ZB 37/04 - NJW-RR 2005, 707 unter II 1; vom 16. Oktober 2002 aaO unter B II 2 a).
8
Maßstab für die Erstattungsfähigkeit von Reisekosten des Hauptbevollmächtigten wiederum ist § 91 Abs. 2 Satz 1 Halbs. 2 ZPO (Senatsbeschluss vom 21. Januar 2004 - IV ZB 32/03 - RuS 2005, 91 unter 1; BGH, Beschluss vom 11. November 2003 aaO unter 2 b bb). Danach ist die Beauftragung des Hauptbevollmächtigten nicht erforderlich, wenn ein am Ort des Prozessgerichts ansässiger Rechtsanwalt als Hauptbevollmächtigter hätte beauftragt werden müssen (BGH, Beschlüsse vom 2. Dezember 2004 aaO unter II 2; vom 9. September 2004 aaO unter 2 a; vom 13. Mai 2004 - I ZB 3/04 - NJW-RR 2004, 1212 unter 1). Dies ist (u.a.) dann der Fall, wenn bereits zum Zeitpunkt der Beauftragung des Hauptbevollmächtigten feststeht, dass ein eingehendes Mandantengespräch nicht erforderlich sein wird (BGH, Beschlüsse vom 3. März 2005 - I ZB 24/04 - NJW-RR 2005, 922 unter II 2 c; vom 2. Dezember 2004 aaO unter II 3 b; vom 9. September 2004 aaO unter 3 b; vom 23. März 2004 - VIII ZB 145/03 - FamRZ 2004, 866 unter 2; vom 11. November 2003 aaO unter 2 b bb (b)), wie beispielsweise bei einem Unternehmen, das über eine eigene, die Sache bearbeitende Rechtsabteilung verfügt (Senatsbeschluss vom 21. Januar 2004 aaO unter 2 a; BGH, Beschlüsse vom 13. Mai 2004 aaO unter 1; vom 6. Mai 2004 aaO unter II; vom 16. Oktober 2002 - VIII ZB 30/02 - NJW 2003, 898 unter B II 2 b bb (2)).
9
b) Nach diesen Grundsätzen war der Beklagte nicht gehalten, einen Bevollmächtigten am Gerichtsort zu beauftragen.
10
Unstreitig aa) verfügt er zwar über qualifiziertes Personal, das auch zur schriftlichen Instruktion auswärtiger Rechtsanwälte in der Lage ist. Allerdings erforderte eine solche Bearbeitung der jährlich anfallenden 120-150 Gerichtsverfahren seinen Angaben zufolge die Einstellung weiterer Mitarbeiter. Aus diesem - vom Kläger bestrittenen - Grunde beauftragt der Beklagte in allen Fällen streitig werdender Leistungsablehnungen den auch hier mandatierten Hauptprozessbevollmächtigten, indem er ihm regelmäßig ohne weitere Instruktionen lediglich die Mitgliedsakten zur selbstständigen Bearbeitung nach den ihm bekannten Geschäftsgrundsätzen seines Auftragsgebers überlässt. Diese interne betriebliche Organisation der Abwicklung derartiger Prozessfälle hat der Kläger hin- zunehmen, ohne dass es auf die vorgenannte Frage vorhandener Personalkapazität für schriftliche Instruktionen anstelle nicht erforderlicher Mandantengespräche ankommt.
11
bb) Der Beklagte muss sich nicht so behandeln lassen, als sei seine Betriebsorganisation auf nicht-mündliche Unterrichtungen wechselnder Rechtsanwälte am jeweiligen Gerichtssitz eingerichtet. Im Rahmen der Kostenerstattung kommt es auf die tatsächliche Organisation des Unternehmens der Partei an und nicht darauf, welche Organisation als zweckmäßiger anzusehen sein könnte (st. Rspr. Senatsbeschlüsse vom 21. September 2005 - IV ZB 11/04 - VersR 2006, 136 unter 2 b aa; vom 21. Januar 2004 aaO unter 2 a mit zahlreichen w.N.). Der Prozessgegner hat es hinzunehmen, dass er die erforderlichen Kosten eines als Hauptbevollmächtigten eingeschalteten Rechtsanwalts regelmäßig zu tragen hat, während etwa die Kosten einer Rechtsabteilung bzw. besonders qualifizierter Fachabteilungen nicht auf ihn abgewälzt werden könnten (BGH, Beschlüsse vom 2. Dezember 2004 aaO unter II 3 b bb m.w.N.; vom 9. September 2004 aaO unter 3 a bb; vom 13. Mai 2004 aaO unter 2). Es besteht keine Obliegenheit oder gar Verpflichtung, durch eine unternehmerische Entscheidung, deren Kosten nicht absehbar sind und hier zu Lasten der Versichertengemeinschaft gehen müsste, eine entsprechende interne Organisation vorzusehen bzw. vorzuhalten.
12
cc) Die vom Beklagten gewählte Organisationsform wird von seinem berechtigten Interesse getragen, sich durch den Rechtsanwalt seines Vertrauens auch vor auswärtigen Gerichten vertreten zu lassen; ein solcher Bedarf ist ebenso gewichtig wie ein etwaiger Bedarf an persönlichem Kontakt zwischen Partei und Anwalt (vgl. BGH, Beschlüsse vom 2. Dezember 2004 aaO unter II 3 a; vgl. auch Beschlüsse vom 14. September 2004 - VI ZB 37/04 - NJW-RR 2005, 707 unter II 2; vom 9. September 2004 aaO unter 3 a; vom 11. März 2004 - VII ZB 27/03 - NJW-RR 2004, 858 unter II 2 a). Das Vertrauensverhältnis zwischen Anwalt und Mandant dient der Funktionsfähigkeit der Rechtspflege (BGH, Urteil vom 4. April 2005 - AnwZ (B) 19/04 - NJW 2005, 1711 unter II zu Fachanwaltsbezeichnungen) und war ein entscheidender Grund für die Änderung des Lokalisationsprinzips und der Singularzulassung (vgl. BTDrucks. 12/4993, S. 43 und 53; BVerfGE 103, 1, 16; BGH, Beschlüsse vom 11. März 2004 aaO; vom 16. Oktober 2002 - VIII ZB 30/02 - NJW 2003, 898 unter B II 2 b bb (1)). Dem muss auch im Rahmen der Kostenerstattung Rechnung getragen werden (BGH, Beschluss vom 11. März 2004 aaO).
13
dd) Entgegen der Ansicht des Beschwerdegerichts lässt sich der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes zum so genannten "Outsourcing" (Beschluss vom 11. November 2003 aaO) nichts anderes entnehmen. Zu Recht weist die Beschwerde daraufhin, dass die vom Beschwerdegericht daraus abgeleitete Sonderbehandlung rechtlich minder schwerer Fälle erhebliche Abgrenzungsprobleme mit sich brächte. Dies wäre bereits mit der im Kostenrecht gebotenen typisierenden Betrachtungsweise nicht zu vereinbaren (BGH, Beschlüsse vom 12. Dezember 2002 - I ZB 29/02 - VersR 2004, 666 unter 2 b aa; vom 2. Dezember 2004 aaO unter II 2; vom 9. September 2004 aaO unter 2 b; vgl. auch Wolst in Musielak, ZPO 4. Aufl. § 91 Rdn. 27).
14
Ob c) gegebenenfalls auch höhere Kosten infolge der Beauftragung eines - wie hier - an einem dritten Ort ansässigen Prozessbevoll- mächtigten erstattungsfähig sein können, bedarf keiner Entscheidung (vgl. BGH, Beschlüsse vom 14. September 2004 aaO unter II 2 c; vom 11. März 2004 aaO unter II 2 b (2)). Der Beklagte begehrt lediglich die Festsetzung der fiktiven Reisekosten des Prozessbevollmächtigten vom Unternehmenssitz zum Gerichtsort.
Terno Dr. Schlichting Wendt
Felsch Dr. Franke
Vorinstanzen:
LG Stuttgart, Entscheidung vom 09.09.2005 - 22 O 340/03 -
OLG Stuttgart, Entscheidung vom 28.10.2005 - 8 W 479/05 -

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
vom
12. Dezember 2002
I ZB 29/02
in der Rechtsbeschwerdesache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ : nein
BGHR : ja
Beauftragt eine Partei, die im eigenen Gerichtsstand klagt oder verklagt wird, mit
ihrer Vertretung einen auswärtigen Rechtsanwalt, der beim Prozeßgericht zwar
postulationsfähig, aber nicht zugelassen ist, handelt es sich bei dem dadurch anfallenden
Mehraufwand regelmäßig nicht um Kosten, die für eine zweckentsprechende
Rechtsverfolgung oder -verteidigung notwendig sind. Dies gilt auch dann,
wenn der auswärtige Anwalt bereits vorprozessual in derselben Angelegenheit tätig
war.
BGH, Beschl. v. 12. Dezember 2002 – I ZB 29/02 – OLG Karlsruhe
LG Karlsruhe
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 12. Dezember 2002 durch
den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Ullmann und die Richter Dr. v. Ungern-Sternberg
, Prof. Starck, Prof. Dr. Bornkamm und Dr. Schaffert

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluß des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 8. Juli 2002 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
Der Gegenstandswert der Rechtsbeschwerde wird auf 83,18 esetzt.

Gründe:


I. Die bis Juli 2000 in Pfinztal-Söllingen im Landgerichtsbezirk Karlsruhe und danach in Eisenach ansässige Beklagte wurde vor dem Landgericht Karlsruhe mit Klage vom 5. Januar 2000 auf Unterlassung in Anspruch genommen. Mit ihrer Vertretung beauftragte sie die Rechtsanwälte einer u.a. in Stuttgart ansässigen überörtlichen Sozietät, die sie ständig vertreten und auch in dieser Sache bereits außergerichtlich für sie tätig geworden waren. Die beiden Verhandlungstermine vor dem Landgericht Karlsruhe nahm für sie ein Stuttgarter Rechtsanwalt dieser Sozietät wahr, der beim Landgericht Karlsruhe nicht zugelassen ist. Nach dem rechtskräftigen Urteil des Landgerichts Karlsruhe hat die Klägerin die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Die Beklagte hat u.a. die Festsetzung folgender Kosten für die Wahrnehmung der beiden Verhandlungstermine vor dem Landgericht Karlsruhe durch ihre Prozeßbevollmächtigten begehrt:
Termin vom 18.10.2000: Fahrtkosten gemäß § 28 Abs. 2 Satz 1 BRAGO (142 km × 0,52 DM) 73,84 DM Parkgebühren gemäß § 28 Abs. 2 Satz 1 BRAGO 8,00 DM Abwesenheitsgeld gemäß § 28 Abs. 3 BRAGO 60,00 DM Termin vom 2.5.2001: Fahrtkosten gemäß § 28 Abs. 2 Satz 1 BRAGO (142 km × 0,52 DM) 73,84 DM Abwesenheitsgeld gemäß § 28 Abs. 3 BRAGO 30,00 DM Summe 245,68 DM
Hiervon hat das Landgericht lediglich einen Betrag in Höhe von 42,44 83 DM) zuerkannt. Dies entspricht den Kosten, die der Beklagten im Falle der Beauftragung eines Karlsruher Rechtsanwalts für eine Informationsreise entstanden wären (Fahrtkosten: 20 km × 0,40 DM/km + Verdienstausfall: 3 St. × 25 DM/St.).
Das Oberlandesgericht hat die sofortige Beschwerde der Beklagten zurückgewiesen.
Hiergegen richtet sich die – vom Beschwerdegericht zugelassene – Rechtsbeschwerde der Beklagten, mit der sie ihren Kostenfestsetzungsantrag hinsichtlich der nicht zuerkannten Reisekosten in Höhe von 83,18 162,68 DM) nebst Zinsen weiterverfolgt.
II. Die Rechtsbeschwerde ist zulässig, aber nicht begründet.
1. Das Beschwerdegericht hat die Mehrkosten, die im Streitfall durch die Beauftragung eines Stuttgarter statt eines Karlsruher Rechtsanwalts entstanden sind, als nicht erstattungsfähig angesehen. Zur Begründung hat es ausgeführt: Auch wenn seit dem 1. Januar 2000 nach § 78 Abs. 1 ZPO jeder bei einem Land-
gericht zugelassene Rechtsanwalt bei jedem anderen Landgericht postulationsfä- hig sei, seien nur die Kosten zu erstatten, die zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung notwendig gewesen seien. Denn die Erweiterung des örtlichen Tätigkeitsbereichs der Rechtsanwälte habe nichts daran geändert, daß Prozeßkosten nach § 91 Abs. 1 ZPO grundsätzlich nur im Rahmen des Notwendigen zu erstatten seien. Die Zuziehung eines in Stuttgart ansässigen statt eines Karlsruher Rechtsanwalts sei in diesem Sinne nicht notwendig gewesen. Daran ändere auch der Umstand nichts, daß die mit der Prozeßvertretung beauftragten Rechtsanwälte schon außergerichtlich für die Beklagte tätig gewesen seien.
2. Diese Beurteilung hält den Angriffen der Rechtsbeschwerde stand.

a) Die Erstattungsfähigkeit der im Streit befindlichen Reisekosten hängt allein davon ab, ob es für die Beklagte notwendig war, einen Rechtsanwalt mit der Prozeßvertretung zu beauftragen, der nicht am Ort des Prozeßgerichts, sondern in Stuttgart ansässig ist (§ 91 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 2 ZPO). Die Bestimmung des § 91 Abs. 2 Satz 2 ZPO, nach der die Reisekosten des beim Prozeßgericht zugelassenen , aber nicht am Ort des Prozeßgerichts ansässigen Rechtsanwalts generell nicht zu erstatten sind, findet im Streitfall – entgegen einer in der Rechtsprechung und im Schrifttum vertretenen Ansicht (vgl. OLG Hamburg OLG-Rep 2001, 96, 97; OLG Zweibrücken NJW-RR 2001, 1001, 1002; Musielak/Wolst, ZPO, 3. Aufl., § 91 Rdn. 18; Bischof, MDR 2000, 1357, 1359) – keine Anwendung. Wie der Bundesgerichtshof durch Beschluß vom 16. Oktober 2002 (VIII ZB 30/02, Umdruck S. 7 ff.) entschieden hat, steht der Wortlaut des § 91 Abs. 2 Satz 2 ZPO einer unmittelbaren Anwendung, das Fehlen einer Regelungslücke einer entsprechenden Anwendung entgegen.

b) Für die Frage, ob die Zuziehung eines nicht beim Prozeßgericht zugelassenen Rechtsanwalts im Sinne von § 91 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 2 ZPO als zur
zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig anzusehen ist, sind drei Fallkonstellationen zu unterscheiden. Der Streitfall zeichnet sich dadurch aus, daß die Beklagte im eigenen Gerichtsstand in Karlsruhe verklagt worden ist, mit ihrer Vertretung jedoch einen auswärtigen Rechtsanwalt beauftragt hat, der zwar vor dem Landgericht Karlsruhe auftreten konnte (§ 78 Abs. 1 ZPO), dort aber nicht zugelassen war. Hiervon zu unterscheiden sind die Fälle, in denen eine Partei bei einem auswärtigen Gericht klagt oder verklagt wird, mit ihrer Vertretung jedoch einen am Wohn- oder Geschäftsort ansässigen Rechtsanwalt beauftragt. Die dritte Kategorie betrifft die Fälle, in denen eine Partei bei einem auswärtigen Gericht klagt oder verklagt wird und mit ihrer Vertretung einen Rechtsanwalt beauftragt, der an einem dritten Ort – also weder am Wohn- oder Geschäftsort der Partei noch im Bezirk des Prozeßgerichts – ansässig ist.
Für die zweite Fallkonstellation hat der Bundesgerichtshof bereits entschieden, daß die Zuziehung eines am Wohn- oder Geschäftsort der auswärtigen Partei ansässigen Rechtsanwalts regelmäßig zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig ist (Beschl. v. 16.10.2002 – VIII ZB 30/02, Umdruck S. 10 ff.). Diese Entscheidung sagt indessen nichts darüber aus, ob regelmäßig auch die Beauftragung eines auswärtigen, also nicht am Wohn- oder Geschäftssitz der Partei ansässigen Rechtsanwalts als notwendig angesehen werden kann. Diese Frage ist jedenfalls für die hier allein zu entscheidende erste Konstellation zu verneinen, in der die Partei – wie vorliegend – im eigenen Gerichtsstand klagt oder verklagt wird (ebenso OLG Frankfurt a.M. OLG-Rep 2000, 301, 302; OLG Koblenz JurBüro 2002, 202).
aa) Bei der Prüfung, ob eine bestimmte Rechtsverfolgungs- oder Rechtsverteidigungsmaßnahme notwendig ist i.S. von § 91 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 2 ZPO, ist eine typisierende Betrachtungsweise geboten. Denn der Gerechtigkeitsgewinn, der bei einer übermäßig differenzierenden Betrachtung im Einzelfall zu erzielen ist,
steht in keinem Verhältnis zu den sich einstellenden Nachteilen, wenn in nahezu jedem Einzelfall mit Fug darüber gestritten werden kann, ob die Kosten einer bestimmten Rechtsverfolgungs- oder Rechtsverteidigungsmaßnahme zu erstatten sind oder nicht.
bb) Als Regelfall kann davon ausgegangen werden, daß eine vernünftige, kostenbewußte Partei, die im Anwaltsprozeß am eigenen Sitz klagen möchte oder am eigenen Sitz verklagt wird, einen beim Prozeßgericht zugelassenen Rechtsanwalt mit ihrer Vertretung beauftragt.
In der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist anerkannt, daß die Beauftragung eines Rechtsanwalts, der seine Kanzlei in der Nähe des Wohn- oder Geschäftsortes der Partei hat, in der Regel als notwendige Maßnahme der Rechtsverfolgung oder -verteidigung anzuerkennen ist (vgl. BGH, Beschl. v. 16.10.2002 – VIII ZB 30/02, Umdruck S. 10 f.). Dies ist ausgesprochen worden für diejenigen Fälle, in denen eine Partei vor einem auswärtigen Gericht klagen möchte oder verklagt wird, gilt aber um so mehr für eine Partei, die einen Prozeß im eigenen Gerichtsstand führen möchte oder führen muß. Die Beauftragung eines beim Prozeßgericht zugelassenen Rechtsanwalts empfiehlt sich hier in aller Regel nicht nur wegen der geringeren Kosten, sondern auch im Hinblick auf die einfacheren Möglichkeiten der persönlichen Unterrichtung und Beratung.
cc) Von der Regel, daß im allgemeinen allein die Beauftragung eines beim Prozeßgericht zugelassenen, in seinem Bezirk ansässigen Rechtsanwalts notwendig ist, kann es Ausnahmen geben. Im Streitfall liegt eine solche Ausnahme aber nicht vor.
Die Beauftragung eines spezialisierten auswärtigen Rechtsanwalts erscheint dann als notwendig, wenn ein vergleichbarer ortsansässiger Rechtsanwalt nicht
beauftragt werden kann (vgl. MünchKomm.ZPO/Belz, 2. Aufl., § 91 Rdn. 27; Zöller /Herget, ZPO, 23. Aufl., § 91 Rdn. 13 Stichwort „Reisekosten des Anwalts“ m.w.N.). Dagegen rechtfertigt der Umstand, daß die Partei ständig mit dem beauftragten auswärtigen Rechtsanwalt zusammenarbeitet, kein Abweichen von der Regel. Dabei ist auch zu berücksichtigen, daß die Einschätzung der Notwendigkeit in diesen Fällen stets subjektiv geprägt ist. Für eine Partei mögen die zusätzlichen Reisekosten unerheblich erscheinen, solange sie nur den Anwalt ihres Vertrauens beauftragen kann. Doch muß sie in diesem Fall bereit sein, diese Zusatzkosten auch dann selbst zu tragen, wenn dem Gegner die Prozeßkosten auferlegt worden sind.
Der Umstand, daß der mit der Prozeßvertretung beauftragte auswärtige Rechtsanwalt bereits für die Partei in derselben Angelegenheit vorprozessual tätig war, stellt ebenfalls keinen Grund dar, von der beschriebenen Regel abzuweichen (a.A. OLG Düsseldorf NJW-RR 2001, 998; NJW-RR 2001, 998, 999). Zwar ist der Rechtsbeschwerde einzuräumen, daß es im allgemeinen immer dann, wenn bereits ein auswärtiger Anwalt eingeschaltet ist, kostengünstiger ist, diesen Rechtsanwalt auch mit der Prozeßvertretung zu beauftragen. Denn die bereits entstandene Geschäftsgebühr nach § 118 Abs. 1 Nr. 1 BRAGO wird auf die im gerichtlichen Verfahren entstehende Prozeßgebühr nach § 31 Abs. 1 Nr. 1 BRAGO angerechnet (§ 118 Abs. 2 Satz 1 BRAGO), während bei Beauftragung eines anderen Anwalts beide Gebühren nebeneinander geschuldet werden. Doch ist für die Frage , ob eine bestimmte Rechtsverfolgungs- oder Rechtsverteidigungsmaßnahme notwendig ist, nicht erst auf den Zeitpunkt abzustellen, in dem der auswärtige Rechtsanwalt bereits vorprozessual tätig geworden ist. Vielmehr empfiehlt es sich aus der Sicht der vernünftigen und kostenorientierten Partei, schon vorprozessual einen in ihrer Nähe befindlichen Rechtsanwalt einzuschalten (vgl. OLG Frankfurt a.M. OLG-Rep 2000, 301, 302). Im übrigen ist für die Frage der Notwendigkeit be-
stimmter Rechtsverfolgungs- oder Rechtsverteidigungsmaßnahmen auch auf die Sicht der Gegenseite abzustellen, die diese Kosten ganz oder teilweise zu tragen hat. Aus deren Sicht gibt es keine Kostenersparnis durch Beauftragung eines auswärtigen, bereits vorprozessual tätig gewesenen Anwalts, weil diese Kosten nicht zu den Kosten des Rechtsstreits gehören und daher in keinem Fall erstattungsfähig sind.
III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Ullmann v. Ungern-Sternberg Starck
Bornkamm Schaffert

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VI ZB 41/03
vom
11. November 2003
in dem Kostenfestsetzungsverfahren
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
Die Zuziehung eines am Wohn- oder Geschäftsort der auswärtigen Partei ansässigen
Rechtsanwalts ist auch dann regelmäßig als zur zweckentsprechenden
Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig im Sinne von § 91
Abs. 2 Satz 1 2. Halbsatz ZPO anzusehen, wenn ein Haftpflichtversicherer
Partei ist, der keine eigene Rechtsabteilung unterhält, sondern bei rechtlichen
Schwierigkeiten einen Hausanwalt an seinem Geschäftsort beauftragt (sog.
"Outsourcing").
BGH, Beschluß vom 11. November 2003 - VI ZB 41/03 - LG Dortmund
AG Unna
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 11. November 2003 durch die
Vorsitzende Richterin Dr. Müller und die Richter Dr. Greiner, Wellner, Pauge
und Stöhr

beschlossen:
Die Anschlußrechtsbeschwerde des Klägers wird zurückgewiesen.
Auf die Rechtsbeschwerde der Beklagten wird der Beschluß der 9. Zivilkammer des Landgerichts Dortmund vom 11. April 2003 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil der Beklagten entschieden worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur erneuten Entscheidung , auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens , an das Landgericht zurückverwiesen.
Gegenstandswert: 140,07 G r ü n d e :

I.


Der Kläger hat die Beklagten nach einem Verkehrsunfall auf Schadensersatz in Anspruch genommen. Der Beklagte zu 1) ist der Fahrer des am Unfall beteiligten weiteren Fahrzeugs. Die Beklagte zu 2), sein Haftpflichtversicherer,
unterhält keine eigene Rechtsabteilung. Sie hat einem an ihrem Geschäftssitz K. ansässigen Rechtsanwalt Hauptvollmacht erteilt. Den Termin zur mündlichen Verhandlung des Rechtsstreits vor dem Amtsgericht U. hat ein dort ansässiger Rechtsanwalt in Untervollmacht wahrgenommen. Nachdem der Kläger mit der Klage in vollem Umfang unterlegen war, haben die Beklagten Antrag auf Kostenfestsetzung gestellt und u.a. die Kosten ihres Unterbevollmächtigten geltend gemacht. Die Rechtspflegerin des Amtsgerichts hat diese Kosten in ihrem Kostenfestsetzungsbeschluß vom 22. Januar 2003 antragsgemäß in Höhe von ! " $#% &(') *% ,+-&/. 01 140,07 Januar 2003 zugestellt worden. Er hat am 13. Februar 2003 sofortige Beschwerde eingelegt, weil die Kosten des Unterbevollmächtigten nicht erstattungsfähig seien. Mit Beschluß vom 11. April 2003 hat das Landgericht den angefochtenen Kostenfestsetzungsbeschluß abgeändert; die geltend gemachten Kosten des Unterbevollmächtigten seien nicht erstattungsfähig, soweit sie ersparte Informationsko- 2 3 " 3 2 4 657 % 3 % 48 9 : ; 9 <# >=9? &@ AB 3# % C 9 sten von 20,- zugelassene Rechtsbeschwerde der Beklagten. Der Kläger hat Anschluß- # 2 3 rechtsbeschwerde eingelegt, mit der er sich gegen den Ansatz der 20,- das Beschwerdegericht wendet. Insoweit seien gewöhnliche Geschäftsunkosten betroffen, die nicht erstattungsfähig seien.

II.

1. Das Beschwerdegericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im wesentlichen ausgeführt, die Kosten eines Unterbevollmächtigten seien zwar zu erstatten, soweit sie die durch seine Tätigkeit ersparten Reisekosten des Prozeßbevollmächtigten nicht wesentlich überstiegen. Voraussetzung dafür sei
aber, daß die Reisekosten des Hauptbevollmächtigten im Falle einer Terminswahrnehmung zu erstatten seien. Davon sei hier nicht auszugehen. Die Beklagte zu 2) benötige als Haftpflichtversicherer ausreichend geschultes Personal. Es könne ihr nicht erlaubt werden, den Aufwand für dieses Personal auf den Prozeßgegner abzuwälzen, indem sie sich ihrer Hausanwälte bediene und deren Kosten als Verkehrsanwälte erstattet verlange. Sie hätte bei solchem Personal ohne vorherige anwaltliche Beratung einen Anwalt beim Prozeßgericht beauftragen und unterrichten können. Die Beklagten seien deshalb so zu behandeln , als unterhalte die Beklagte zu 2) eine Rechtsabteilung. Die Berücksichtigung weitergehender Kosten eines Verkehrsanwalts komme nicht in Betracht ; sie seien nicht zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig. Fiktive Reisekosten könnten nicht anerkannt werden. Der hier gegebene Routinefall aus dem alltäglichen Geschäftsbereich eines Haftpflichtversicherers habe keiner Begründung eines persönlichen Vertrauensverhältnisses durch persönliche Kontaktaufnahme mit einem Rechtsanwalt bedurft. Besondere Umstände, die eine Erstattungsfähigkeit der Kosten eines Hausanwaltes ausnahmsweise rechtfertigen könnten, seien nicht zu erkennen. 2. Diese Erwägungen halten einer Überprüfung nicht stand.
a) Das Beschwerdegericht ist allerdings von dem zutreffenden rechtlichen Ansatz ausgegangen, daß sich die Erstattung von Kosten, die einer Partei durch die Beauftragung eines unterbevollmächtigten Rechtsanwalts entstanden sind, der an Stelle des Hauptbevollmächtigten (§ 53 BRAGO) die Vertretung in der mündlichen Verhandlung übernommen hat, nach der allgemeinen Vorschrift des § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO und nicht nach § 91 Abs. 2 Satz 1 ZPO und auch nicht nach § 91 Abs. 2 Satz 3 ZPO beurteilt (vgl. BGH, Beschluß vom 16. Oktober 2002 - VIII ZB 30/02 - NJW 2003, 898, 899).

b) Zu Unrecht meint das Beschwerdegericht jedoch, die den Beklagten durch die Beauftragung des Unterbevollmächtigten nach §§ 53, 26 BRAGO entstandenen Kosten seien schon deshalb zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung nicht notwendig gewesen, weil die Beklagte sich als Haftpflichtversicherer so behandeln lassen müsse, als ob sie eine eigene Rechtsabteilung hätte; dann hätte sie sich zur Geringhaltung der Prozeßkosten eines beim Prozeßgericht in U. ansässigen Rechtsanwalts als Hauptbevollmächtigten bedienen müssen. Sie könne deshalb neben den Kosten eines Rechtsanwalts am Sitz des Prozeßgerichts nur die für eine (fiktive) Ratserteilung seitens eines am Geschäftsort der Beklagten ansässigen Rechtsanwalts entstehenden Kosten in =9 E 9F Höhe von 20,- D 20 Abs. 1 BRAGO) erstattet verlangen. aa) Wie das Beschwerdegericht im Ausgangspunkt nicht verkennt, sind die Kosten eines - hier tatsächlich eingeschalteten - Unterbevollmächtigten, der für den am Wohn- oder Geschäftsort der Partei ansässigen Rechtsanwalt Termine beim Prozeßgericht wahrnimmt, nur dann notwendige Kosten der Rechtsverteidigung im Sinne von § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO, soweit durch die Tätigkeit des Unterbevollmächtigten erstattungsfähige Reisekosten des Hauptbevollmächtigten nach § 28 BRAGO erspart werden, die ansonsten bei der Wahrnehmung des Termins durch den Hauptbevollmächtigten entstanden wären (vgl. BGH aaO; zustimmend u.a. Schütt MDR 2003, 236; Madert BGHReport 2003, 154, 155; Enders JurBüro 2003, 169 ff.). bb) Notwendige Voraussetzung für die Erstattung von Kosten des Unterbevollmächtigten ist demnach zunächst, daß die dem Hauptbevollmächtigten im Falle eigener Terminswahrnehmung zustehenden Reisekosten dem Grunde nach zu erstatten sind. Das hat das Beschwerdegericht rechtsfehlerhaft verneint.
Die Beauftragung des in K. ansässigen Hauptbevollmächtigten durch die Beklagten stellte eine Maßnahme zweckentsprechender Rechtsverteidigung im Sinne von § 91 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 2 ZPO dar. Zu Unrecht meint das Beschwerdegericht , die Beklagten hätten sich zur Kostenersparnis eines am Ort des Prozeßgerichts in U. residierenden Rechtsanwalts als Hauptbevollmächtigten bedienen müssen. Die Beurteilung der Frage, ob aufgewendete Prozeßkosten zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung notwendig waren, hat sich daran auszurichten , ob eine verständige und wirtschaftlich vernünftige Partei die die Kosten auslösende Maßnahme im damaligen Zeitpunkt (ex ante) als sachdienlich ansehen durfte. Dabei darf die Partei ihr berechtigtes Interesse verfolgen und die zur vollen Wahrnehmung ihrer Belange erforderlichen Schritte tun. Sie trifft lediglich die Obliegenheit, unter mehreren gleich gearteten Maßnahmen die kostengünstigere auszuwählen (vgl. BGH aaO 900). (a) Wie der Bundesgerichtshof (aaO) bereits näher dargelegt hat, stellt die Hinzuziehung eines in der Nähe ihres Wohn- oder Geschäftsorts ansässigen Rechtsanwalts durch eine an einem auswärtigen Gericht verklagte Partei grundsätzlich eine Maßnahme zweckentsprechender Rechtsverteidigung dar. (b) Eine Ausnahme von diesem Grundsatz kann nach der Rechtsprechung allerdings dann eingreifen, wenn bereits zum Zeitpunkt der Beauftragung des Hauptbevollmächtigten feststeht, daß ein eingehendes Mandantengespräch für die Rechtsverteidigung nicht erforderlich sein wird. Auf diese Ausnahme will das Beschwerdegericht zurückgreifen, wenn es meint, der Beklagten zu 2) sei es zumutbar, eine eigene Rechtsabteilung zur Beurteilung der Aussichten der Rechtsverteidigung zu unterhalten. Die Voraussetzungen einer solchen Ausnahme liegen hier jedoch nicht vor. Wie der Bun-
desgerichtshof in der mehrfach erwähnten Entscheidung bereits näher dargelegt hat (aaO 901), kommt es u.a. bei gewerblichen Unternehmen mit einer eigenen Rechtsabteilung, die die Sache bearbeitet hat, in Betracht, daß ein eingehendes Mandantengespräch für die Prozeßführung nicht erforderlich wird. Demgegenüber unterhält die Beklagte zu 2) unstreitig keine eigene Rechtsabteilung , sondern überträgt deren Aufgaben zumindest zum Teil auf den auch hier als Hauptbevollmächtigten eingeschalteten Rechtsanwalt ("Outsourcing") und im übrigen auf ihre juristisch nicht geschulten Sachbearbeiter. Entgegen der Auffassung des Beschwerdegerichts muß sich die Beklagte nicht so behandeln lassen, als ob sie eine eigene Rechtsabteilung hätte. Wenn das Beschwerdegericht meint, daß die Einrichtung einer solchen Abteilung bei Haftpflichtversicherern üblich und auch der Beklagten zu 2) zumutbar wäre, verkennt es, daß es im Rahmen des Kostenerstattungsrechts auf die tatsächliche Organisation eines Versicherers ankommt und nicht darauf, welche Organisation das Gericht für zweckmäßig hält. Für die gegenteilige Ansicht des Beschwerdegerichts enthält das Gesetz keine Ansatzpunkte. Wie der Bundesgerichtshof in der mehrfach angesprochenen Entscheidung dargelegt hat, ist die Beauftragung eines in der Nähe des Wohn- oder Geschäftsortes seiner Partei ansässigen Hauptbevollmächtigten nur dann keine Maßnahme der zweckentsprechenden Rechtsverteidigung, wenn bei seiner Beauftragung feststeht , daß ein eingehendes Mandantengespräch für die Prozeßführung nicht erforderlich sein wird. Diese Ausnahme von dem gesetzlich geregelten Grundsatz ist bewußt eng gefaßt und läßt eine Ausweitung – wie sie das Beschwerdegericht vornehmen will – schon im Ansatz nicht zu. Bei dieser Sachlage kann es nicht darauf ankommen, daß die Kosten einer Rechtsabteilung nicht auf den unterliegenden Gegner abgewälzt werden können, während dieser die anderenfalls erforderlichen Kosten eines Rechts-
anwalts regelmäßig zu tragen hat. Das ist eine Folge der Organisation der Beklagten zu 2), die der Prozeßgegner hinzunehmen hat. Daß der Beklagte zu 1) als Privatperson ohnehin nicht verpflichtet war, einen Anwalt am Ort des Prozeßgerichts zu beauftragen, mag richtig sein. Solange die Beklagte zu 2) jedoch für den Beklagten zu 1) den Rechtsstreit betreibt , hat das Beschwerdegericht zu Recht auf deren Verhältnisse abgestellt (vgl. § 10 Abs. 5 AKB). 3. Das Beschwerdegericht hat, von seinem Standpunkt aus folgerichtig, keine Feststellungen zur Höhe der dem Hauptbevollmächtigten der Beklagten im Falle der Wahrnehmung des Termins beim Amtsgericht U. zustehenden Reisekosten getroffen. Im Rechtsbeschwerdeverfahren können diese Feststellungen nicht nachgeholt werden (§ 577 Abs. 2 Satz 4 ZPO i.V.m. § 559 ZPO). Der angefochtene Beschluß ist deshalb aufzuheben, soweit er zum Nachteil der Beklagten ergangen ist. Die Sache ist zur erneuten Entscheidung an das Beschwerdegericht zurückzuverweisen, um den Beklagten die Möglichkeit zu eröffnen , die Höhe der ersparten Reisekosten des Hauptbevollmächtigten glaubhaft zu machen (§ 577 Abs. 4 Satz 1, Abs. 5 ZPO). 4. Die Anschlußrechtsbeschwerde des Klägers ist statthaft und zulässig (§ 574 Abs. 4 Satz 1, 2 ZPO); einen Mindestwert des Gegenstands der Anschlußrechtsbeschwerde sieht das Gesetz nicht vor (vgl. für die Rechtsbeschwerde BGH, Beschlüsse vom 28. Mai 2003 - XII ZB 165/02 - NJW 2003, 2531 und vom 21. Mai 2003 - VIII ZB 133/02 – MDR 2003, 1130, jeweils m.w.N.). In der Sache kann die Anschlußrechtsbeschwerde nach den obigen Ausführungen zur Rechtsbeschwerde keinen Erfolg haben. Allerdings ist der Ansatz einer Ratsgebühr durch das Beschwerdegericht nicht gerechtfertigt. Wenn die erforderliche erneute Überprüfung durch das Be-
schwerdegericht ergibt, daß die Höhe der erstattungsfähigen ersparten Reisekosten des Hauptbevollmächtigten der Beklagten die Kosten des Unterbevollmächtigten der Beklagten nicht erreicht, war eine Terminsvertretung durch den Hauptbevollmächtigten die kostengünstigere Maßnahme. Eine Ratsgebühr wäre bei dieser Fallgestaltung nicht entstanden. Soweit die Einschaltung eines Unterbevollmächtigten kostengünstiger war, war eine gesondert abzurechnende Beratung durch den Hauptbevollmächtigten gleichfalls nicht veranlaßt (vgl. §§ 20 Abs. 1 Satz 1, 31 Abs. 1 Nr. 1 BRAGO). In beiden Fällen übersteigen die erstattungsfähigen Kosten jedoch die G 7 IH 4 1 : : vom Beschwerdegericht in Ansatz gebrachten 20,- eschwerde bleibt deshalb ohne Erfolg und ist zurückzuweisen.
Müller Greiner Wellner Pauge Stöhr

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IV ZB 32/03
vom
21. Januar 2004
in dem Rechtsstreit
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch den Vorsitzenden
Richter Terno, die Richter Seiffert und Wendt, die
Richterin Dr. Kessal-Wulf und den Richter Felsch
am 21. Januar 2004

beschlossen :
1. Auf die Rechtsbeschwerde der Klägerin werden
a) der Beschluß der 9. Zivilkammer des Landgerichts Dortmund vom 2. Mai 2003 aufgehoben,
b) der Kostenfestsetzungsbeschluß des Amtsgerichts Dortmund vom 31. Juli 2002 auf die sofortige Beschwerde der Klägerin dahingehend abgeändert, daß der Beklagte der Klägerin weitere 66,13 nsen hierauf in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB seit dem 17. Juli 2002 zu erstatten hat.
2. Der Beklagte trägt die Kosten des Beschwerde- und des Rechtsbeschwerdeverfahrens.
Gegenstandswert : 46,13

Gründe :


I. Die Klägerin und Beschwerdeführerin wendet sich dagegen, daß ihr im Kostenfestsetzungsverfahren die Erstattung von Reisekosten, Tage - und Abwesenheitsgeld für ihren Rechtsanwalt in Höhe von insgesamt "!# $ % $ &' ( ) +* , )- !/. ,& 0 1 32 57,01
Die Klägerin, ein Versicherungsunternehmen mit Sitz in K. , hat durch ihre in D. ansässigen Prozeßbevollmächtigten, welche als "Hausanwälte" in ständiger Geschäftsbeziehung zu ihr stehen, den Beklagten an dessen Wohnsitz, beim Amtsgericht Dortmund, auf Zahlung rückständiger Versicherungsprämien aus einem Krankenversicherungsvertrag verklagt. Der vom Beklagten erhobene Einwand, er sei von dem Vertrag wirksam zurückgetreten, war nach der vom Amtsgericht am 14. Juni 2002 durchgeführten Beweisaufnahme, zu der ein Prozeßbevollmächtigter der Klägerin aus D. angereist war, nicht erfolgreich. Mit Urteil vom 14. Juni 2002 wurde der Beklagte zur Prämienzahlung und Kostentragung verurteilt.
Im Kostenfestsetzungsverfahren hat die Klägerin unter anderem beantragt, den Beklagten zur Erstattung der Fahrtkosten (42,01 465 o- : ( , <; % )- =!/- wie des Tage- und Abwesenheitsgeldes (15,- 4879 (zuzüglich 16% Mehrwertsteuer und Zinsen gem. § 104 Abs. 1 Satz 2 ZPO) zu verpflichten. Das Amtsgericht hat die Kostenfestsetzung insoweit abgelehnt, weil diese Kosten nicht angefallen wären, wenn die Klägerin einen Dortmunder Rechtsanwalt beauftragt hätte. Auf die sofortige Beschwerde der Klägerin hat das Landgericht ihr neben den vom Amts- > ,. & gericht festgesetzten Kosten lediglich weitere 20 5 bei Einschaltung eines Dortmunder Rechtsanwalts als angemessene Informationskosten entstanden wären.
Demgegenüber verfolgt die Klägerin mit der vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde ihr ursprüngliches Festsetzungsbegehren weiter. Das Rechtsmittel hat Erfolg.
II. Das Beschwerdegericht hat ausgeführt:
Im Rahmen ihrer Verpflichtung, die Verfahrenskosten möglichst niedrig zu halten, habe die Klägerin von vornherein einen beim Prozeßgericht in Dortmund ansässigen Rechtsanwalt beauftragen müssen. Aus der neueren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, wonach die Zuziehung eines am Wohn- oder Geschäftsort der auswärtigen Partei ansässigen Rechtsanwalts regelmäßig als zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig im Sinne von § 91 Abs. 2 Satz 1 Halbs. 2 ZPO anzusehen sei (BGH, Beschluß vom 16. Oktober 2002 - VIII ZB 30/02 - NJW 2003, 898 unter B II 2 b, bb (1) m.w.N.), ergebe sich nichts anderes. Der Bundesgerichtshof mache nämlich von dem vorgenannten Grundsatz dann eine Ausnahme, wenn schon im Zeitpunkt der Beauftragung des Rechtsanwalts ein eingehendes Mandantengespräch erkennbar entbehrlich sei. Das komme insbesondere dann in Betracht, wenn ein gewerbliches Unternehmen eine eigene Rechtsabteilung unterhalte, die den Streitfall bearbeitet habe. Die Klägerin verfüge nach eigenem Vortrag über eine Rechtsabteilung. Daß in ihr - wie die Klägerin weiter

behauptet - keine juristisch ausgebildeten Mitarbeiter beschäftigt seien, sei für das Ergebnis ohne Bedeutung. Denn der Klägerin als großem Versicherungsunternehmen sei die Einrichtung einer ausreichend qualifizierten Rechtsabteilung jedenfalls zuzumuten. Es könne ihr nicht erlaubt werden, statt dessen den ersparten Personalaufwand auf ihre jeweiligen Prozeßgegner abzuwälzen, indem sie sich sogenannter Hausanwälte bediene und deren Kosten als Verkehrsanwaltskosten erstattet verlange. Die Hinzuziehung eines Verkehrsanwalts sei hier ebensowenig notwendig gewesen wie die Heranziehung eines Unterbevollmächtigten, dessen Kosten nur dann erstattungsfähig seien, wenn anderenfalls dem Hauptbevollmächtigten Reisekosten zu erstatten gewesen wären. Das sei hier aber gerade nicht der Fall.
III. Das hält einer Überprüfung durch das Rechtsbeschwerdegericht nicht stand.
1. Das Beschwerdegericht hat im Ansatz zutreffend erkannt, daß die Erstattungsfähigkeit der Kosten eines nicht am Prozeßgericht zugelassenen und dort auch nicht wohnenden Rechtsanwalts für Reisen zum Gerichtsort sich seit der zum 1. Januar 2000 in Kraft getretenen Neufassung des § 78 Abs. 1 ZPO allein danach richtet, ob die Beauftragung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig war. Maßstab ist insoweit allein die Regelung des § 91 Abs. 2 Satz 1 Halbs. 2 ZPO. Eine - auch nur entsprechende - Anwendung des § 91 Abs. 2 Satz 2 ZPO auf diesen Fall scheidet aus (BGH, Beschluß vom 16. Oktober 2002 aaO unter B II 1 und 2 b, aa; Beschluß vom 12. Dezember 2002 - I ZB 29/02 -

NJW 2003, 901 unter II 2 a m.w.N.). Weiter legt das Beschwerdegericht zutreffend zugrunde, daß für eine bei einem auswärtigen Gericht klagende oder verklagte Partei im Regelfall die Zuziehung eines in der Nähe ihres Wohn- oder Geschäftsortes ansässigen Rechtsanwalts eine Maßnahme zweckentsprechender Rechtsverfolgung oder -verteidigung im Sinne von § 91 Abs. 2 Satz 1 Halbs. 2 ZPO darstellt (BGH, Beschluß vom 16. Oktober 2002 aaO unter B II 2 b, bb (1); Beschluß vom 12. Dezember 2002 aaO unter II 2 b, bb; OLG Frankfurt am Main, MDR 2000, 1215, 1216; OLG Düsseldorf NJW-RR 2001, 1000, 1001; KG NJW-RR 2001, 1002, 1003).
2. Im weiteren kann dem Beschwerdegericht aber nicht mehr gefolgt werden.

a) Zwar hat der Bundesgerichtshof (Beschluß vom 16. Oktober 2002 aaO unter B II 2 b , bb (2)) Ausnahmen von dem vorgenannten Grundsatz für möglich gehalten und als Beispiel den Fall eines gewerblichen Unternehmens genannt, dessen Rechtsabteilung einen Fall so gründlich vorbereitet hat, daß sich schon bei Beauftragung des Rechtsanwalts ein eingehendes Mandantengespräch erübrigt. In einem solchen Fall mag es der auswärtigen Partei im Einzelfall zugemutet werden können , zur Vermeidung von Reisekosten einen beim Gerichtsort ansässigen Rechtsanwalt zu beauftragen und ihm die nötigen Informationen mittels moderner Telekommunikationsmittel zukommen zu lassen. Gleiches kann dann gelten, wenn ein Fall keine tatsächlichen und rechtlichen Probleme aufwirft und zudem abzusehen ist, daß sich die Gegenseite nicht verteidigen wird (BGH aaO.).

Aus dieser beispielhaft angeführten Ausnahmesituationen folgt indes keine Obliegenheit oder gar Verpflichtung für gewerbliche Unternehmen , eine entsprechende Rechtsabteilung aufzubauen, um so mittels einer unternehmerischen Entscheidung, deren Kosten nicht absehbar sind und hier zu Lasten der Versichertengemeinschaft, d.h. letztlich auch des zur Prämienzahlung verpflichteten Beklagten, gehen müßten, erst die Voraussetzungen für die genannte Ausnahmesituation zu schaffen. Es hieße die Tragweite der Kostenregelungen der Zivilprozeßordnung zu überspannen, wollte man daraus einen so weitgehenden Eingriff in die wirtschaftliche Entscheidungsfreiheit von Unternehmen ableiten (vgl. dazu auch BGH, Beschluß vom 11. November 2003 - VI ZB 41/03 - zur Veröffentlichung bestimmt unter II 2 b bb (b)) Vielmehr ist davon auszugehen , daß nach dem unwidersprochenen Vortrag der Klägerin die genannte Ausnahmesituation nicht gegeben ist, weil ihre Rechtsabteilung personell und organisatorisch nicht in der Lage ist, Einzelfälle von Leistungsstörungen in Versicherungsverträgen zu bearbeiten, sie deshalb auch im vorliegenden Fall nicht vorbereitend tätig geworden ist.

b) Wegen seines anderen Lösungsansatzes hat das Beschwerdegericht konsequenterweise nicht geprüft, ob sich die Beauftragung der Prozeßbevollmächtigten der Klägerin deshalb als nicht notwendige Maßnahme der Rechtsverfolgung im Sinne von § 91 Abs. 2 Satz 1 Halbs. 2 ZPO darstellt, weil die Prozeßbevollmächtigten ihren Sitz in D. , mithin nicht am Geschäftssitz der Klägerin in K. , haben. Die Frage ist aber schon deshalb zu verneinen, weil einerseits - möglicherweise infolge der regelmäßigen Befassung der Rechtsanwälte ("Hauanwälte")

mit vergleichbaren Fällen - besondere Kosten für die Information der Rechtsanwälte nicht angefallen sind, während demgegenüber die Reisekosten sogar geringer ausgefallen sind als bei Beauftragung K. Anwälte, die einen deutlich weiteren Anreiseweg zum Gerichtsort in Dortmund gehabt hätten. Zwar hat es der Bundesgerichtshof abgelehnt, einem Kläger auch dann Reisekosten für auswärtige Anwälte zuzubilligen , wenn er im eigenen Gerichtsstand klagt (Beschluß vom 12. Dezember 2002 aaO unter II 2). Der dort entschiedene Fall ist aber mit dem vorliegenden nicht vergleichbar, weil hier durch die Beauftragung der in D. ansässigen Prozeßbevollmächtigten keine Mehrkosten gegenüber der Beauftragung eines am Geschäftsort der Klägerin ansässigen Anwalts entstanden sind.
IV. Die geltend gemachten Geschäftsreisekosten sind auch der Höhe nach erstattungsfähig. Nach § 28 Abs. 2 Nr. 1 BRAGO sind für die unstreitig vom Rechtsanwalt der Klägerin (mit dem Pkw) zurückgelegten ? @2BAC- D ( E F & 158 km je 0,27 5 5 Klägerin fordert 2+AG H& -. ,& $ % I )J - L &NMG =!/ ) lediglich 42,01 7 K nheitsgeld entsprechen dem Mindestsatz des § 28 Abs. 3 BRAGO für eine Geschäftsreise von bis zu vier Stunden. Da die Klägerin nicht zum

Vorsteuerabzug berechtigt ist, entfallen auf beide Beträge 16% Mehrwertsteuer. Die Zinsforderung ergibt sich aus § 104 Abs. 1 Satz 2 ZPO. Der Kostenfestsetzungsantrag ist am 17. Juli 2002 bei Gericht eingegangen.
Terno Seiffert Wendt
Dr. Kessal-Wulf Felsch

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
I ZB 42/06
vom
23. Januar 2007
in der Rechtsbeschwerdesache
Berichtigung des Leitsatzes
Das Stichwort des Leitsatzes zum Beschluss vom 23. Januar 2007
- I ZB 42/06 - wird dahingehend berichtigt, dass es richtig "Auswärtiger Rechtsanwalt
VI" (nicht "Auswärtiger Rechtsanwalt V") lautet.

Bundesgerichtshof

Geschäftsstelle des I. Zivilsenats
Karlsruhe, den 22. August 2007
Nachschlagewerk: ja
BGHZ : nein
BGHR : ja
AuswärtigerRechtsanwaltV
Beauftragt ein Unternehmen zur Führung eines Prozesses bei einem auswärtigen
Gericht einen Rechtsanwalt an dem Ort, an dem sich zwar nicht der Sitz
des Unternehmens befindet, an dem die Sache aber nach der unternehmensinternen
Organisation vorprozessual bearbeitet worden ist, sind die Reisekosten
dieses Anwalts nach denselben Grundsätzen zu erstatten wie im Falle der Beauftragung
eines am Sitz des Unternehmens ansässigen Rechtsanwalts.
BGH, Beschl. v. 23. Januar 2007 - I ZB 42/06 - OLG Köln
LG Köln
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 23. Januar 2007 durch
den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Bornkamm und die Richter Dr. Büscher,
Dr. Schaffert, Dr. Bergmann und Dr. Kirchhoff

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde der Klägerin wird der Beschluss des 17. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 24. Mai 2006 aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Beschwerdegericht zurückverwiesen.
Der Gegenstandswert der Rechtsbeschwerde wird auf 218,76 € festgesetzt.

Gründe:


1
I. Die Klägerin ist eine international tätige Versicherungsgesellschaft. Ihre Niederlassung für Deutschland befindet sich in Düsseldorf. Sie hat das beklagte Transportunternehmen wegen eines Transportschadens aus übergegangenem und abgetretenem Recht vor dem Landgericht Köln auf Schadensersatz in Anspruch genommen, wobei sie sich von einem Hamburger Rechtsanwalt hat vertreten lassen.
2
Im Kostenfestsetzungsverfahren hat die Klägerin u.a. die Reisekosten ihres Prozessbevollmächtigten von Hamburg nach Köln in Höhe von 252,70 € sowie Tage- und Abwesenheitsgeld in Höhe von 168 € zur Kostenausgleichung angemeldet. Sie hat hierzu ausgeführt, die Angelegenheit sei von ihrer in Hamburg ansässigen Zweigstelle bearbeitet worden.
3
Das Landgericht hat nur diejenigen Reisekosten nebst Tage- und Abwesenheitsgeld für erstattungsfähig erachtet, die der Klägerin im Falle der Beauftragung eines in Düsseldorf ansässigen Rechtsanwalts entstanden wären. Es hat hierfür 108,18 € in Ansatz gebracht und daher bei der Kostenausgleichung unter Berücksichtigung der Kostengrundentscheidung, nach der die Beklagte 70% der Kosten des Rechtsstreits zu tragen hat, einen Betrag von 75,73 € zugunsten der Klägerin in Ansatz gebracht.
4
Die von der Klägerin hiergegen erhobene, auf Berücksichtigung des Unterschiedsbetrags gerichtete sofortige Beschwerde ist ohne Erfolg geblieben (OLG Köln, Beschl. v. 24.5.2006 - 17 W 77/06, in juris dokumentiert).
5
Mit ihrer zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt die Klägerin ihr in den Vorinstanzen erfolgloses Kostenfestsetzungsbegehren weiter.
6
Die Beklagte hat sich im Rechtsbeschwerdeverfahren nicht geäußert.
7
II. Die Rechtsbeschwerde ist aufgrund ihrer Zulassung statthaft (§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO) und auch ansonsten zulässig. In der Sache führt sie zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Zurückverweisung der Sache an das Beschwerdegericht.
8
1. Das Beschwerdegericht hat seine Entscheidung wie folgt begründet:
9
Zutreffend sei das Landgericht davon ausgegangen, dass lediglich die Kosten eines Prozessbevollmächtigten am Geschäftssitz der Klägerin erstattungsfähig seien. Der Geschäftssitz der Partei sei nach rein objektiven Maßstäben und im Einklang mit den Vorschriften über den Gerichtsstand zu ermitteln; er befinde sich bei der Klägerin unstreitig in Düsseldorf. Der Umstand, dass die Klägerin Regressansprüche nach ihrem Vortrag nicht dort, sondern in ihrer Regressabteilung in Hamburg bearbeite, müsse unberücksichtigt bleiben, da sonst für den Gegner die von ihm im Falle seines Unterliegens zu erstattenden Kosten völlig unkalkulierbar wären. Zwar komme es in Bezug auf das Vorhandensein einer Rechtsabteilung und die Bearbeitung der Schadensangelegenheit durch diese auf die tatsächliche Organisationsstruktur und -handhabung und nicht darauf an, was nach Ansicht des Gerichts zweckmäßig sei. Hieraus folge aber lediglich, dass ein Unternehmen nicht darauf verwiesen werden dürfe, es hätte eine Rechtsabteilung unterhalten oder die betreffende Angelegenheit durch die vorhandene Rechtsabteilung bearbeiten lassen müssen.
10
Die Klägerin könne sich auch nicht darauf berufen, sie betraue ständig Hamburger Prozessbevollmächtigte mit ihrer Vertretung. Eine Partei, die an ihrem allgemeinen Gerichtsstand klage oder verklagt werde, sei unter Erstattungsgesichtspunkten gehalten, einen örtlichen Rechtsanwalt zum Prozessbevollmächtigten zu bestellen. Die durch die Beauftragung eines auswärtigen Anwalts entstandenen Mehrkosten seien auch dann nicht erstattungsfähig, wenn es sich bei diesem Anwalt um den Vertrauensanwalt der Partei handele, der für sie in derselben Angelegenheit schon vorprozessual tätig gewesen sei und mit dem sie auch sonst ständig zusammenarbeite.
11
2. Die Rechtsbeschwerde hat Erfolg. Das Beschwerdegericht hat die Reisekosten sowie das Tage- und Abwesenheitsgeld des von der Klägerin beauftragten auswärtigen Rechtsanwalts zu Unrecht nur in dem Umfang für erstattungsfähig erachtet, in dem diese Kosten bei Beauftragung eines am Sitz der Klägerin in Düsseldorf ansässigen Rechtsanwalts entstanden wären.
12
a) Das Beschwerdegericht hat bei seinen Erwägungen allerdings zutreffend vorausgesetzt, dass bei einem Unternehmen, das - wie die Klägerin - über keine eigene Rechtsabteilung verfügt, die Beauftragung eines an seinem Sitz ansässigen Rechtsanwalts mit der Führung eines Rechtsstreits bei einem auswärtigen Gericht nur dann nicht zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung erforderlich ist, wenn bereits im Zeitpunkt der Auftragserteilung feststeht, dass dafür kein eingehendes Mandantengespräch erforderlich sein wird (vgl. BGH, Beschl. v. 2.12.2004 - I ZB 4/04, GRUR 2005, 271 = WRP 2005, 224 - Unterbevollmächtigter III; Beschl. v. 3.3.2005 - I ZB 24/04, NJW-RR 2005, 922 f. = WRP 2005, 753 - Zweigniederlassung; Beschl. v. 13.6.2006 - IX ZB 44/04, ZIP 2006, 1416 Tz 15, jeweils m.w.N.).
13
b) Im Grundsatz ebenfalls zutreffend ist die Beurteilung des Beschwerdegerichts , dass die Reisekosten eines Rechtsanwalts, der eine Partei vertritt, die bei einem auswärtigen Gericht klagt, und der weder am Gerichtsort noch am Wohn- oder Geschäftsort der Partei ansässig ist ("Rechtsanwalt am dritten Ort"), regelmäßig nur bis zur Höhe der fiktiven Reisekosten eines am Wohnoder Geschäftsort der Partei ansässigen Rechtsanwalts zu erstatten sind (vgl. BGH, Beschl. v. 18.12.2003 - I ZB 21/03, NJW-RR 2004, 855, 856 - Auswärtiger Rechtsanwalt III; Beschl. v. 11.3.2004 - VII ZB 27/03, NJW-RR 2004, 858 f.; Musielak/Wolst, ZPO, 5. Aufl., § 91 Rdn. 17; Zöller/Herget, ZPO, 26. Aufl., § 91 Rdn. 13 "Reisekosten des Anwalts", m.w.N.).
14
c) Eine von dem vorstehend unter b) wiedergegebenen Grundsatz abweichende Beurteilung ist jedoch dann geboten, wenn es sich - wie im Streitfall - um eine Sache handelt, deren vorangegangene unternehmensinterne Bearbeitung an einem Ort erfolgt ist, an dem das Unternehmen weder seinen Hauptsitz noch eine Zweigniederlassung unterhält. In einem solchen Fall sind die Reisekosten, die dem Unternehmen durch die Beauftragung eines an diesem Ort ansässigen Rechtsanwalts entstanden sind, nach denselben Grundsätzen zu erstatten wie sonst im Falle der Beauftragung eines am Sitz des Unternehmens ansässigen Rechtsanwalts.
15
aa) Im Rahmen des Kostenerstattungsrechts kommt es auf die tatsächliche Organisation eines an einem Rechtsstreit beteiligten Unternehmens und nicht darauf an, welche Organisation das Gericht für zweckmäßig hält. Dementsprechend braucht sich ein Unternehmen, das über keine Rechtsabteilung verfügt , nicht so behandeln zu lassen, als ob es eine eigene Rechtsabteilung hätte (BGH, Beschl. v. 11.11.2003 - VI ZB 41/03, NJW-RR 2004, 430, 431; BGH GRUR 2005, 271 - Unterbevollmächtigter III, m.w.N.; BGH, Beschl. v. 28.6.2006 - IV ZB 44/05, NJW 2006, 3008 Tz 11 m.w.N.). Ebenso wenig kann es danach aber auch darauf ankommen, ob sich der Sitz des Unternehmens oder immerhin eine Zweigniederlassung an dem Ort befindet, an dem die Sache zunächst unternehmensintern bearbeitet worden ist und, sofern im Weiteren die Einschaltung eines Anwalts und die Anrufung des Gerichts notwendig wird, dann der Bedarf für ein Mandantengespräch entsteht.
16
bb) Nicht zu überzeugen vermag die vom Beschwerdegericht zur Begründung seiner Auffassung angestellte Überlegung, die vorgenommene Be- grenzung der Kostenerstattung sei notwendig, weil sich der Prozessgegner ansonsten im Falle seines Unterliegens unkalkulierbaren Kostenerstattungsansprüchen gegenübersähe. Das Gesetz schützt die Parteien auch sonst nicht davor, dass sich ihr im Falle eines Rechtsstreits bestehendes Kostenrisiko durch in der Sphäre des Gegners liegende Umstände wie etwa durch eine von ihm vorgenommene Abtretung des streitigen Anspruchs oder durch eine Verlegung seines Wohn- oder Geschäftssitzes erhöht. Die - im Streitfall nicht in Rede stehende - Gefahr von Manipulationen kann vernachlässigt werden, da sich der Ort, an dem die Sache unternehmensintern bearbeitet worden ist, regelmäßig anhand der vorprozessual geführten Korrespondenz feststellen lassen wird.
17
III. Der angefochtene Beschluss ist daher aufzuheben. Die Sache ist an das Beschwerdegericht zurückzuverweisen, damit dieses die noch erforderlichen Feststellungen trifft.
Bornkamm Büscher Schaffert
Bergmann Kirchhoff
Vorinstanzen:
LG Köln, Entscheidung vom 31.01.2006 - 83 O 21/05 -
OLG Köln, Entscheidung vom 24.05.2006 - 17 W 77/06 -