Bundesgerichtshof Beschluss, 28. Feb. 2012 - VIII ZR 124/11

bei uns veröffentlicht am28.02.2012
vorgehend
Amtsgericht Schöneberg, 109 C 38/09, 17.09.2009
Landgericht Berlin, 63 S 568/09, 11.03.2011

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VIII ZR 124/11
vom
28. Februar 2012
in dem Rechtsstreit
Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 28. Februar 2012 durch den
Vorsitzenden Richter Ball, die Richterinnen Dr. Milger, Dr. Hessel und
Dr. Fetzer sowie den Richter Dr. Bünger

beschlossen:
Auf die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin wird das Urteil der Zivilkammer 63 des Landgerichts Berlin vom 11. März 2011 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Nichtzulassungsbeschwerde, an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Der Streitwert für das Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren wird auf 44.098,92 € festgesetzt.

Gründe:

1
Die Nichtzulassungsbeschwerde ist zulässig, insbesondere ist der Beschwerdewert nach § 544 ZPO, § 26 Nr. 8 EGZPO erreicht. Sie hat auch in der Sache Erfolg und führt gemäß § 544 Abs. 7 ZPO zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. Die angefochtene Entscheidung verletzt in entscheidungserheblicher Weise den Anspruch der Klägerin auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG).
2
1. Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung, soweit für das Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde von Interesse, im Wesentlichen ausgeführt:
3
Der Klägerin als Insolvenzverwalterin der früheren Mieterin stehe kein Anspruch auf Entschädigung für Investitionen in die Mietsache zu. Ein Anspruch aus der Vereinbarung vom 19. Februar 1996 scheitere schon deshalb, weil die Klägerin nicht ausreichend dargelegt habe, dass die in die Mietsache getätigten Investitionen aus dem Vermögen der Mieterin stammten. Die Klägerin habe lediglich vorgetragen, dass der Vater der Mieterin die von ihr vorgelegten Rechnungen für die in der Mietwohnung durchgeführten Sanierungsarbeiten aus deren von ihm verwalteten Vermögen bezahlt habe.
4
Zur Herkunft des Vermögens der Mieterin habe die Klägerin zwar vorgetragen , dass das Geld unter anderem aus der Lebensversicherung der 1985 verstorbenen Mutter der Mieterin stamme; außerdem habe die Mieterin aus der Veräußerung des Wohnungseigentums der Mutter in der G. straße 3 in Z. 125.000 DM und von ihrer Großmutter M. W. 60.000 DM aus der Veräußerung einer Immobilie in B. -K. erhalten. Es sei aber unklar, wie und ob der Vater der Klägerin überhaupt zwischen den Vermögensmassen habe trennen können und ob er nicht doch Investitionen aus eigenem Vermögen beglichen habe. Wie, wann und unter welchen Umständen der Vater der Mieterin zu Lasten ihres Vermögens gehandelt haben will, sei auch nach dem konkretisierten Vortrag der Klägerin unklar. Eine Vernehmung des Zeugen W. liefe unter diesen Umständen auf einen unzulässigen Ausforschungsbeweis hinaus.
5
2. Mit Erfolg macht die Nichtzulassungsbeschwerde geltend, dass das Berufungsgericht den Anspruch der Klägerin auf Gewährung rechtlichen Ge- hörs (Art. 103 Abs. 1 GG) verletzt hat, weil es die Substantiierungsanforderungen offenkundig überspannt und es dadurch versäumt hat, den entscheidungserheblichen Sachvortrag der Klägerin in der nach Art. 103 Abs. 1 GG gebotenen Weise zur Kenntnis zu nehmen und die angebotenen Beweise zu erheben (vgl. auch BGH, Beschlüsse vom 1. Juni 2005 - XII ZR 275/02, NJW 2005, 2710 unter II 2; vom 2. Juni 2008 - II ZR 121/07, NJW-RR 2008, 1311 Rn. 2; vom 19. Juni 2008 - VII ZR 127/06, NZBau 2008, 644 Rn. 7 f.; vom 20. Mai 2010 - V ZR 201/09, juris Rn. 6).
6
a) Ein Sachvortrag zur Begründung eines Anspruchs ist dann schlüssig und erheblich, wenn die Partei Tatsachen vorträgt, die in Verbindung mit einem Rechtssatz geeignet und erforderlich sind, das geltend gemachte Recht als in der Person der Partei entstanden erscheinen zu lassen. Die Angabe näherer Einzelheiten ist nicht erforderlich, soweit diese für die Rechtsfolgen nicht von Bedeutung sind (vgl. Senatsbeschluss vom 25. Oktober 2011 - VIII ZR 125/11, NJW 2012, 382 Rn. 14; BGH, Urteile vom 12. Juli 1984 - VII ZR 123/83, NJW 1984, 2888 unter II 1 a; vom 21. Januar 1999 - VII ZR 398/97, NJW 1999, 1859 unter II 2 a mwN; Beschlüsse vom 1. Juni 2005 - XII ZR 275/02, aaO unter II 2 a; vom 21. Mai 2007 - II ZR 266/04, NJW-RR 2007, 1409 Rn. 8; vom 12. Juni 2008 - V ZR 223/07, juris Rn. 6 f.). Das Gericht muss nur in die Lage versetzt werden, aufgrund des tatsächlichen Vorbringens der Partei zu entscheiden , ob die gesetzlichen Voraussetzungen für das Bestehen des geltend gemachten Rechts vorliegen (BGH, Urteile vom 12. Juli 1984 - VII ZR 123/83, aaO mwN; vom 13. Dezember 2002 - V ZR 359/01, NJW-RR 2003, 491 unter II 2 a). Sind diese Anforderungen erfüllt, ist es Sache des Tatrichters, in die Beweisaufnahme einzutreten und dabei gegebenenfalls die benannten Zeugen oder die zu vernehmende Partei nach weiteren Einzelheiten zu befragen oder einem Sachverständigen die beweiserheblichen Streitfragen zu unterbreiten (vgl. BGH, Urteile vom 12. Juli 1984 - VII ZR 123/83, aaO unter II 1 b; vom 21. Januar 1999 - VII ZR 398/97, aaO unter II 2 b; Beschlüsse vom 21. Mai 2007 - II ZR 266/04, aaO; vom 12. Juni 2008 - V ZR 223/07, aaO Rn. 7).
7
b) Den beschriebenen Anforderungen wird das Vorbringen der Klägerin gerecht. Die Klägerin hat unter Berufung auf die Vernehmung des Vaters der Mieterin, des Zeugen W. , behauptet, dass die aus den vorgelegten Rechnungen ersichtlichen Investitionen aus dem Vermögen der Mieterin getätigt worden seien, indem der Zeuge die Rechnungsbeträge absprachegemäß aus dem von ihm verwalteten Vermögen seiner Tochter beglichen habe. Damit hat die Klägerin schlüssig vorgetragen, dass die Mieterin Investitionen in der geltend gemachten Höhe erbracht habe, so dass der von ihr angebotene Beweis zu erheben war. Die gegenteilige Beurteilung des Berufungsgerichts beruht auf einem gravierenden Fehlverständnis der Substantiierungslast der Klägerin. Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung ist der Grad der Wahrscheinlichkeit der Sachverhaltsschilderung für den Umfang der Darlegungslast regelmäßig ohne Bedeutung (vgl. BGH, Urteile vom 13. Dezember 2002 - V ZR 359/01, aaO; vom 12. Juni 2008 - V ZR 223/07, aaO Rn. 7; jeweils mwN). Es kommt daher insoweit nicht darauf an, ob die Ausstellung der Rechnungen auf den Zeugen W. Zweifel an der Darstellung der Klägerin begründet und ob weitere Umstände dafür sprechen könnten, dass die Investitionen nicht von der Mieterin , sondern von der damaligen Vermieterin, der W. Grundstücksverwaltungs - und -verwertungs GmbH, erbracht worden waren, für die der Zeuge W. zeichnungsberechtigt war. Derartige Umstände mögen im Rahmen der Beweiswürdigung nach Durchführung der Beweisaufnahme von Bedeutung sein, rechtfertigen es aber nicht, von der Vernehmung des benannten Zeugen abzusehen und das Vorbringen der Klägerin auf diese Weise von vornherein beiseite zu schieben.
8
3. Da nicht ausgeschlossen werden kann, dass das Berufungsgericht bei Berücksichtigung des Vorbringens des Beklagten zur Erbringung der Investitionen durch die Mieterin und Erhebung der dafür angebotenen Beweise zu einer anderen Beurteilung des Falles gekommen wäre, ist das Urteil aufzuheben und die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Ball Dr. Milger Dr. Hessel Dr. Fetzer Dr. Bünger
Vorinstanzen:
AG Berlin-Schöneberg, Entscheidung vom 17.09.2009 - 109 C 38/09 -
LG Berlin, Entscheidung vom 11.03.2011 - 63 S 568/09 -

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 28. Feb. 2012 - VIII ZR 124/11

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(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör. (2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde. (3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafge

Zivilprozessordnung - ZPO | § 544 Nichtzulassungsbeschwerde


(1) Die Nichtzulassung der Revision durch das Berufungsgericht unterliegt der Beschwerde (Nichtzulassungsbeschwerde). (2) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist nur zulässig, wenn1.der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20 000 Eur
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Referenzen

(1) Die Nichtzulassung der Revision durch das Berufungsgericht unterliegt der Beschwerde (Nichtzulassungsbeschwerde).

(2) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist nur zulässig, wenn

1.
der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20 000 Euro übersteigt oder
2.
das Berufungsgericht die Berufung als unzulässig verworfen hat.

(3) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber bis zum Ablauf von sechs Monaten nach der Verkündung des Urteils bei dem Revisionsgericht einzulegen. Mit der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des Urteils, gegen das die Revision eingelegt werden soll, vorgelegt werden.

(4) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber bis zum Ablauf von sieben Monaten nach der Verkündung des Urteils zu begründen. § 551 Abs. 2 Satz 5 und 6 gilt entsprechend. In der Begründung müssen die Zulassungsgründe (§ 543 Abs. 2) dargelegt werden.

(5) Das Revisionsgericht gibt dem Gegner des Beschwerdeführers Gelegenheit zur Stellungnahme.

(6) Das Revisionsgericht entscheidet über die Beschwerde durch Beschluss. Der Beschluss soll kurz begründet werden; von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist, oder wenn der Beschwerde stattgegeben wird. Die Entscheidung über die Beschwerde ist den Parteien zuzustellen.

(7) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils. § 719 Abs. 2 und 3 ist entsprechend anzuwenden. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch das Revisionsgericht wird das Urteil rechtskräftig.

(8) Wird der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision stattgegeben, so wird das Beschwerdeverfahren als Revisionsverfahren fortgesetzt. In diesem Fall gilt die form- und fristgerechte Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde als Einlegung der Revision. Mit der Zustellung der Entscheidung beginnt die Revisionsbegründungsfrist.

(9) Hat das Berufungsgericht den Anspruch des Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt, so kann das Revisionsgericht abweichend von Absatz 8 in dem der Beschwerde stattgebenden Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und den Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverweisen.

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZR 275/02
vom
1. Juni 2005
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
ZPO §§ 286 E, 544 Abs. 7

a) Erweist sich die in einer Nichtzulassungsbeschwerde erhobene Rüge der
Verletzung des rechtlichen Gehörs als begründet, kann das Revisionsgericht
in dem der Nichtzulassungsbeschwerde stattgebenden Beschluß, mit dem
die Revision zugelassen wird, das Berufungsurteil aufheben und den
Rechtsstreit an das Berufungsgericht zurückverweisen.

b) Zu den Anforderungen an die Pflicht zur Substantiierung des unter Beweis
gestellten Parteivorbringens.

c) Zur Verletzung von Verfahrensgrundrechten durch ein Übergehen von substantiiertem
Sachvortrag mit Beweisangebot.
BGH, Beschluß vom 1. Juni 2005 - XII ZR 275/02 - OLG Schleswig
LG Lübeck
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 1. Juni 2005 durch die Vorsitzende
Richterin Dr. Hahne, die Richter Fuchs und Dr. Ahlt, die Richterin
Dr. Vézina und den Richter Dose

beschlossen:
Auf die Nichtzulassungsbeschwerde der Beklagten wird die Revision gegen das Urteil des 4. Zivilsenats des SchleswigHolsteinischen Oberlandesgerichts in Schleswig vom 23. September 2002 zugelassen. Auf die Revision der Beklagten wird das vorgenannte Urteil aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Oberlandesgericht zurückverwiesen. Streitwert: 40.611 €.

Gründe:

I.

Der Kläger begehrt Herausgabe und Schadensersatz wegen unterschlagenen Wohnmobiliars. Mit Vertrag vom 14. April 1993 vermietete der Kläger sein zuvor selbst bewohntes Einfamilienhaus an die Beklagten. Bei seinem Auszug ließ er Teile seines eigenen Hausrats zurück, die sodann von den Beklagten genutzt wur-
den. Nachdem die Beklagten die Mietzinszahlungen ab April 1994 eingestellt hatten, kündigte der Kläger das Mietverhältnis fristlos und erstritt ein Versäumnisurteil auf Räumung und Mietzinszahlung. Im Rahmen der Zwangsvollstrekkung wurde am 27. März 1995 festgestellt, daß die Beklagten bereits ausgezogen waren und keinerlei Hausrat zurückgelassen hatten. Die Beklagten haben zunächst bestritten, alle vom Kläger behaupteten Hausratsgegenstände in Besitz genommen zu haben. Die übernommenen Gegenstände seien teilweise defekt gewesen und deswegen auf Veranlassung des Klägers entsorgt worden, teilweise seien sie von ihm nach D. geholt, teilweise Dritten überlassen und von diesen abgeholt sowie teilweise den Beklagten zum Ausgleich einer Darlehensschuld übereignet worden. Dabei handle es sich um zehn noch vorhandene Hausratsgegenstände, deren vom Kläger angegebener Wert von den Beklagten zugleich bestritten wird. Das Landgericht hatte die Beklagten zunächst verurteilt, an den Kläger 86.090 DM nebst Zinsen zu zahlen. Auf die Berufung der Beklagten hatte das Oberlandesgericht dieses Urteil aufgehoben und den Rechtsstreit an das Landgericht zurückverwiesen, weil die Schadenshöhe ohne hinreichend greifbare Anhaltspunkte ermittelt worden sei. Daraufhin hat das Landgericht den Parteien aufgegeben, ergänzend zum Zeitwert der betreffenden Gegenstände Stellung zu nehmen. Auf der Grundlage des weiteren klägerischen Vortrags hat es die Beklagten erneut verurteilt, an den Kläger 86.090 DM nebst Zinsen zu zahlen. Die erneute Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht im wesentlichen zurückgewiesen; es hat lediglich den Urteilstenor dahingehend umgestellt, daß die Beklagten verurteilt werden, an den Kläger die zehn noch vorhandenen Hausratsgegenstände herauszugeben, ersatzweise an ihn 15.000 € nebst Zinsen zu zahlen sowie an den Kläger weitere 26.610,61 € nebst Zinsen zu zahlen. Die Revision hat das Berufungsgericht nicht zugelassen. Dagegen richtet sich
die Nichtzulassungsbeschwerde der Beklagten, mit der sie die Zulassung der Revision und im Ergebnis weiterhin Klagabweisung begehren.

II.

Die Nichtzulassungsbeschwerde ist zulässig und begründet. 1. Die Nichtzulassungsbeschwerde ist statthaft und auch im übrigen zulässig (§§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2, 544 ZPO; § 26 Nr. 8 EGZPO). Sie ist auch begründet, weil das Berufungsgericht bei seiner Entscheidung Teile des unter Beweis gestellten Sachvortrags der Beklagten übergangen und damit deren rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) verletzt hat. Zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung ist deswegen eine Entscheidung des Revisionsgerichts erforderlich (zur Zulassung der Revision vgl. BGH Beschlüsse vom 18. Januar 2005 - XI ZR 340/03 - unveröffentlicht, vom 15. Februar 2005 - XI ZR 21/04 - unveröffentlicht, vom 15. Februar 2005 - XI ZR 144/03 - insoweit in FamRZ 2005, 700 nicht abgedruckt, vom 24. Februar 2005 - VII ZR 340/03 - BauR 2005, 908, vom 21. April 2005 - I ZR 88/04 - unveröffentlicht und vom 25. Mai 2005 - III ZR 380/04 - unveröffentlicht; Zöller/Gummer ZPO 25. Aufl. § 544 Rdn. 19; vgl. auch die Gesetzesbegründung BT-Drucksache 15/3706 S. 17, wonach der Bundesgerichtshof in den Fällen entscheidungserheblicher Verletzung des rechtlichen Gehörs in der Berufungsinstanz einer hierauf gestützten Nichtzulassungsbeschwerde stattzugeben hat und § 544 Abs. 7 ZPO ihm zur Beschleunigung des Verfahrens und zur Entlastung die Möglichkeit einräumen soll, "in dem der (Nichtzulassungs-) Beschwerde stattgebenden Beschluß" das angefochtene Urteil aufzuheben und den Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen). Wegen des Verstoßes gegen den Anspruch auf rechtliches Gehör kann das Revisionsge-
richt nach der am 1. Januar 2005 in Kraft getretenen Vorschrift des § 544 Abs. 7 ZPO - eingeführt durch Art. 1 des Gesetzes über die Rechtsbehelfe bei Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör (Anhörungsrügengesetz) vom 9. Dezember 2004 (BGBl. I S. 3220) - das angefochtene Urteil zugleich aufheben und den Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverweisen (so im Ergebnis auch in den die Zurückverweisung tragenden Gründen BGH Beschlüsse vom 5. April 2005 - VIII ZR 160/04 - BB 2005, 1248, vom 14. April 2005 - V ZR 152/04 - unveröffentlicht, vom 3. Mai 2005 - VI ZR 206/04 - unveröffentlicht und vom 31. Mai 2005 - XI ZR 90/04 - unveröffentlicht). 2. Die Beklagten rügen zu Recht eine Verletzung ihres Anspruchs auf rechtliches Gehör durch das Verfahren des Berufungsgerichts. Das Berufungsgericht hat es bewußt abgelehnt, zu mehreren Behauptungen der Beklagten den dafür angebotenen Beweis zu erheben, weil der Sachvortrag nicht hinreichend schlüssig sei. Das verletzt die Verfahrensgrundrechte der Beklagten, weil ihr Beweisvortrag erheblich und hinreichend substantiiert ist.
a) Ein Sachvortrag zur Begründung eines Klaganspruchs ist dann schlüssig und erheblich, wenn der Kläger Tatsachen vorträgt, die in Verbindung mit einem Rechtssatz geeignet und erforderlich sind, das geltend gemachte Recht als in der Person des Klägers entstanden erscheinen zu lassen. Die Angabe näherer Einzelheiten, die den Zeitpunkt und den Vorgang bestimmter Ereignisse betreffen, ist nicht erforderlich, soweit diese Einzelheiten für die Rechtsfolgen nicht von Bedeutung sind. Solches kann allenfalls dann bedeutsam werden , wenn der Gegenvortrag dazu Anlaß bietet. Das bedeutet aber entgegen der Annahme des Berufungsgerichts nicht, daß derjenige, der ein Recht beansprucht , schon deshalb, weil der Gegner bestreitet, gezwungen ist, den behaupteten Sachverhalt in allen Einzelheiten wiederzugeben. Dem Grundsatz, daß
der Umfang der Darlegungslast sich nach der Einlassung des Gegners richtet, liegt nicht etwa der Gedanke zugrunde, ein Kläger sei zur Förderung der Wahrheitsermittlung und zur Prozeßbeschleunigung verpflichtet, den Gegner in die Lage zu versetzen, sich möglichst eingehend auf die Klagebehauptungen einzulassen. Der Grundsatz besagt vielmehr nur, daß dann, wenn infolge der Einlassung des Gegners der Tatsachenvortrag unklar wird und nicht mehr den Schluß auf die Entstehung des geltend gemachten Rechts zuläßt, er der Ergänzung bedarf (BGH Urteil vom 12. Juli 1984 - VII ZR 123/83 - NJW 1984, 2888). Die Ablehnung eines für eine beweiserhebliche Tatsache angetretenen Zeugenbeweises ist darüber hinaus nur dann zulässig, wenn die unter Beweis gestellten Tatsachen so ungenau bezeichnet sind, daß ihre Erheblichkeit nicht beurteilt werden kann, oder wenn sie zwar in das Gewand einer bestimmt aufgestellten Behauptung gekleidet, aber aufs Geratewohl gemacht, gleichsam "ins Blaue hinein" aufgestellt, mit anderen Worten, aus der Luft gegriffen sind und sich deshalb als Rechtsmißbrauch darstellen. Zu einer näheren Darstellung kann eine Partei allerdings dann gezwungen sein, wenn die Gegenpartei ihre Darstellung substantiiert angreift. Denn der Umfang der jeweils erforderlichen Substantiierung des Sachvortrags bestimmt sich aus dem Wechselspiel von Vortrag und Gegenvortrag, wobei die Ergänzung und Aufgliederung des Sachvortrags bei hinreichendem Gegenvortrag immer zunächst Sache der darlegungs- und beweispflichtigen Partei ist (BGH Urteil vom 21. Januar 1999 - VII ZR 398/97 - NJW 1999, 1859).
b) Gegen diese Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs hat das Berufungsgericht in mehreren Punkten verstoßen. Das gilt insbesondere für den folgenden Vortrag:
aa) Die Beklagten haben vorgetragen, der Kläger habe ihnen die im Haus zurückgelassenen Gegenstände "zur Schuldentilgung" überlassen, also wohl übereignet. Dazu haben die Beklagten im einzelnen unter Beweisantritt Zahlungen für den Kläger vorgetragen und zwar an dessen namentlich benannten Steuerberater, an die Gemeindewerke H., an die Vollstreckungsstelle des Finanzamts H. und an das Finanzamt E. Während sich der Vortrag der Beklagten hinsichtlich der Zahlungen an die Landesbezirkskasse I. durch dessen Auskunft vom 29. Juli 1998 als unzutreffend herausgestellt hat, ist das Berufungsgericht den weiteren Beweisangeboten nicht nachgegangen. Indem es dieses Vorgehen damit begründet, es fehle den angeblichen Zahlungen jegliche Konkretisierung , hat es den Vortrag der Beklagten nicht hinreichend ausgeschöpft. Die weitere Begründung, der Vortrag lasse "insbesondere einschlägige Belege vermissen", kann das Absehen von der Beweisaufnahme schon deswegen nicht begründen, weil es sich dabei nicht um die Schlüssigkeit des Vortrags, sondern um zusätzliche Beweisanzeichen handelt. Die von den Beklagten behaupteten Zahlungen auf Verbindlichkeiten des Klägers sind wiederum nicht unerhebliche Indizien für die behauptete Eigentumsübertragung. bb) Hinsichtlich der nach ihrem Vortrag nicht mehr vorhandenen Gegenstände haben die Beklagten unter Beweisantritt behauptet, der Kläger habe die - jeweils konkret benannten - Gegenstände selbst abgeholt bzw. entsorgt, an Dritte übereignet, die diese dann abgeholt hätten, und die Beklagten angewiesen , beschädigte und unbrauchbare Gegenstände zu entsorgen. Weitere konkret benannte Gegenstände seien im Haus zurückgeblieben bzw. stünden ohnehin nicht im Eigentum des Klägers, sondern der P. Beteiligungs- und Vermögensverwaltungs GmbH (Schriftsatz vom 8. Oktober 2001 S. 5 ff.). Dieser Vortrag ist entgegen den Ausführungen des Berufungsgerichts hinreichend individualisiert. Daß dieser neue Vortrag der Beklagten teilweise ihrem früheren Vortrag widerspricht, kann zwar einen nicht unwesentlichen Gesichtspunkt im Rah-
men der Beweiswürdigung bilden. Es käme aber einer vorweggenommenen Beweiswürdigung gleich, die von den Beklagten angebotenen Beweise im Hinblick darauf nicht zu erheben. Die Beklagten hatten nämlich schon im dem Schriftsatz vom 8. Juni 2000 behauptet, die von ihnen benannten Zeugen seien bei den "Abholaktionen" zugegen gewesen und hätten "jeweils mit angepackt". Soweit das Berufungsgericht gleichwohl "jeglichen Aufschluß" dazu vermißt, inwieweit die vier benannten Zeugen zu den behaupteten diversen Vorgängen etwas bekunden können, hat es diesen Vortrag offensichtlich übergangen. cc) Letztlich hat das Berufungsgericht auch die Höhe des zugesprochenen Schadensersatzes nicht ohne Rechtsverstoß ermittelt. Bei der Wertermittlung hat es sich im wesentlichen auf die vom Kläger gefertigte Aufstellung der entwendeten Gegenstände gestützt, die mit einem Gesamtwert von 86.590 DM abschließt, weil diese "erheblich realistischer" sei, als die später erteilte Inventarliste mit einem Zeitwert von insgesamt 135.280 DM. Schon die bloße Anknüpfung an den bestrittenen Vortrag des Klägers bildet trotz der Beweiserleichterung nach § 287 ZPO keine hinreichende Grundlage für die Wertermittlung durch das Berufungsgericht. Im übrigen hat das Berufungsgericht auch insoweit den unter Sachverständigenbeweis gestellten Vortrag der Beklagten übergangen, die Wertansätze des Klägers seien durchgehend weit übersetzt und mit weit weniger als der Hälfte der angesetzten Beträge zu bemessen. Jedenfalls die noch vorhandenen Gegenstände könnten durch einen Sachverständigen begutachtet werden.
3. Der Senat kann den Rechtsstreit nicht abschließend entscheiden, weil das Berufungsgericht entscheidungserheblichen Vortrag der Beklagten übergangen hat und es deswegen weiterer tatsächlicher Feststellungen bedarf. Das Berufungsgericht wird deswegen den unter Beweis gestellten Behauptungen der Beklagten weiter nachgehen müssen.
Hahne Fuchs Ahlt Vézina Dose
2
1. Das Berufungsgericht hat den Anspruch der Beklagten auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) in entscheidungserheblicher Weise dadurch verletzt , dass es den unter Sachverständigenbeweis gestellten Vortrag der Beklagten zu einer Werterhöhung durch Ausbaumaßnahmen und zum Niederschlag dieser Werterhöhung im Versteigerungserlös als unschlüssig behandelt hat. Es hat sich durch die verfahrensfehlerhafte Würdigung der lediglich zur Untermauerung des Parteivortrags vorgelegten Gutachten zum Grundstückswert den Blick darauf verstellt, dass nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung eine Partei ihrer Darlegungslast bereits genügt, wenn sie Tatsachen vorträgt, die in Verbindung mit einem Rechtssatz geeignet sind, das geltend gemachte Recht als in ihrer Person entstanden erscheinen zu lassen. Genügt das Parteivorbringen diesen Anforderungen an die Substantiierung, so kann der Vortrag weiterer Einzeltatsachen nicht verlangt werden (vgl. Sen.Beschl. v. 21. Mai 2007 - II ZR 266/04, ZIP 2007, 1524; Sen.Urt. v. 25. Juli 2005 - II ZR 199/03, ZIP 2005, 1738). Die Anforderungen an die Substantiierung erhöhen sich nicht, wenn die Partei - wie hier durch die Vorlage von Gutachten aus anderen Verfahren - über das Notwendige hinaus weitere Einzelheiten vorträgt. Der Tatrichter muss vielmehr in die Beweisaufnahme eintreten und Zeugen oder Sachverständige zu den ungeklärten Punkten befragen.
6
1. Die Nichtberücksichtigung eines erheblichen Beweisangebots verstößt gegen Art. 103 Abs. 1 GG, wenn sie im Prozessrecht keine Stütze mehr findet (BVerfG NJW 2003, 1655). Das ist unter anderem dann der Fall, wenn ein Gericht die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs missachtet, wonach die Ablehnung eines Beweises für eine erhebliche Tatsache nur zulässig ist, wenn diese so ungenau bezeichnet ist, dass ihre Erheblichkeit nicht beurteilt werden kann oder wenn sie ins Blaue hinein aufgestellt worden ist (vgl. BVerfG ZIP 1996, 1761, 1762; Senat, Beschl. v. 2. April 2009, V ZR 177/08, NJW-RR 2009, 1236; Urt. v. 13. Dezember 2002, V ZR 359/01, NJW-RR 2003, 491). Da die Handhabung der Substantiierungsanforderungen dieselben einschneidenden Folgen hat wie die Anwendung von Präklusionsvorschriften, verletzt sie Art. 103 Abs. 1 GG, wenn sie offenkundig unrichtig ist (Senat, Beschl. v. 12. Juni 2008, V ZR 221/07, WM 2008, 2068; vgl. auch BVerfG NJW 2001, 1565).
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a) Ein Sachvortrag zur Begründung eines Anspruchs ist dann schlüssig und erheblich, wenn die Partei Tatsachen vorträgt, die in Verbindung mit einem Rechtssatz geeignet und erforderlich sind, das geltend gemachte Recht als in der Person der Partei entstanden erscheinen zu lassen. Die Angabe näherer Einzelheiten ist nicht erforderlich, soweit diese für die Rechtsfolgen nicht von Bedeutung sind (vgl. BGH, Urteile vom 12. Juli 1984 - VII ZR 123/83, NJW 1984, 2888 unter II 1 a; vom 21. Januar 1999 - VII ZR 398/97, NJW 1999, 1859 unter II 2 a mwN; Beschlüsse vom 1. Juni 2005 - XII ZR 275/02, aaO unter II 2 a; vom 21. Mai 2007 - II ZR 266/04, NJW-RR 2007, 1409 Rn. 8; vom 12. Juni 2008 - V ZR 223/07, juris Rn. 6 f.). Das Gericht muss nur in die Lage versetzt werden, aufgrund des tatsächlichen Vorbringens der Partei zu entscheiden , ob die gesetzlichen Voraussetzungen für das Bestehen des geltend gemachten Rechts vorliegen (BGH, Urteile vom 12. Juli 1984 - VII ZR 123/83, aaO mwN; vom 13. Dezember 2002 - V ZR 359/01, NJW-RR 2003, 491 unter II 2 a). Sind diese Anforderungen erfüllt, ist es Sache des Tatrichters, in die Beweisaufnahme einzutreten und dabei gegebenenfalls die benannten Zeugen oder die zu vernehmende Partei nach weiteren Einzelheiten zu befragen oder einem Sachverständigen die beweiserheblichen Streitfragen zu unterbreiten (vgl. BGH, Urteile vom 12. Juli 1984 - VII ZR 123/83, aaO unter II 1 b; vom 21. Januar 1999 - VII ZR 398/97, aaO unter II 2 b; Beschlüsse vom 21. Mai 2007 - II ZR 266/04, aaO; vom 12. Juni 2008 - V ZR 223/07, aaO Rn. 7).

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZR 275/02
vom
1. Juni 2005
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
ZPO §§ 286 E, 544 Abs. 7

a) Erweist sich die in einer Nichtzulassungsbeschwerde erhobene Rüge der
Verletzung des rechtlichen Gehörs als begründet, kann das Revisionsgericht
in dem der Nichtzulassungsbeschwerde stattgebenden Beschluß, mit dem
die Revision zugelassen wird, das Berufungsurteil aufheben und den
Rechtsstreit an das Berufungsgericht zurückverweisen.

b) Zu den Anforderungen an die Pflicht zur Substantiierung des unter Beweis
gestellten Parteivorbringens.

c) Zur Verletzung von Verfahrensgrundrechten durch ein Übergehen von substantiiertem
Sachvortrag mit Beweisangebot.
BGH, Beschluß vom 1. Juni 2005 - XII ZR 275/02 - OLG Schleswig
LG Lübeck
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 1. Juni 2005 durch die Vorsitzende
Richterin Dr. Hahne, die Richter Fuchs und Dr. Ahlt, die Richterin
Dr. Vézina und den Richter Dose

beschlossen:
Auf die Nichtzulassungsbeschwerde der Beklagten wird die Revision gegen das Urteil des 4. Zivilsenats des SchleswigHolsteinischen Oberlandesgerichts in Schleswig vom 23. September 2002 zugelassen. Auf die Revision der Beklagten wird das vorgenannte Urteil aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Oberlandesgericht zurückverwiesen. Streitwert: 40.611 €.

Gründe:

I.

Der Kläger begehrt Herausgabe und Schadensersatz wegen unterschlagenen Wohnmobiliars. Mit Vertrag vom 14. April 1993 vermietete der Kläger sein zuvor selbst bewohntes Einfamilienhaus an die Beklagten. Bei seinem Auszug ließ er Teile seines eigenen Hausrats zurück, die sodann von den Beklagten genutzt wur-
den. Nachdem die Beklagten die Mietzinszahlungen ab April 1994 eingestellt hatten, kündigte der Kläger das Mietverhältnis fristlos und erstritt ein Versäumnisurteil auf Räumung und Mietzinszahlung. Im Rahmen der Zwangsvollstrekkung wurde am 27. März 1995 festgestellt, daß die Beklagten bereits ausgezogen waren und keinerlei Hausrat zurückgelassen hatten. Die Beklagten haben zunächst bestritten, alle vom Kläger behaupteten Hausratsgegenstände in Besitz genommen zu haben. Die übernommenen Gegenstände seien teilweise defekt gewesen und deswegen auf Veranlassung des Klägers entsorgt worden, teilweise seien sie von ihm nach D. geholt, teilweise Dritten überlassen und von diesen abgeholt sowie teilweise den Beklagten zum Ausgleich einer Darlehensschuld übereignet worden. Dabei handle es sich um zehn noch vorhandene Hausratsgegenstände, deren vom Kläger angegebener Wert von den Beklagten zugleich bestritten wird. Das Landgericht hatte die Beklagten zunächst verurteilt, an den Kläger 86.090 DM nebst Zinsen zu zahlen. Auf die Berufung der Beklagten hatte das Oberlandesgericht dieses Urteil aufgehoben und den Rechtsstreit an das Landgericht zurückverwiesen, weil die Schadenshöhe ohne hinreichend greifbare Anhaltspunkte ermittelt worden sei. Daraufhin hat das Landgericht den Parteien aufgegeben, ergänzend zum Zeitwert der betreffenden Gegenstände Stellung zu nehmen. Auf der Grundlage des weiteren klägerischen Vortrags hat es die Beklagten erneut verurteilt, an den Kläger 86.090 DM nebst Zinsen zu zahlen. Die erneute Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht im wesentlichen zurückgewiesen; es hat lediglich den Urteilstenor dahingehend umgestellt, daß die Beklagten verurteilt werden, an den Kläger die zehn noch vorhandenen Hausratsgegenstände herauszugeben, ersatzweise an ihn 15.000 € nebst Zinsen zu zahlen sowie an den Kläger weitere 26.610,61 € nebst Zinsen zu zahlen. Die Revision hat das Berufungsgericht nicht zugelassen. Dagegen richtet sich
die Nichtzulassungsbeschwerde der Beklagten, mit der sie die Zulassung der Revision und im Ergebnis weiterhin Klagabweisung begehren.

II.

Die Nichtzulassungsbeschwerde ist zulässig und begründet. 1. Die Nichtzulassungsbeschwerde ist statthaft und auch im übrigen zulässig (§§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2, 544 ZPO; § 26 Nr. 8 EGZPO). Sie ist auch begründet, weil das Berufungsgericht bei seiner Entscheidung Teile des unter Beweis gestellten Sachvortrags der Beklagten übergangen und damit deren rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) verletzt hat. Zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung ist deswegen eine Entscheidung des Revisionsgerichts erforderlich (zur Zulassung der Revision vgl. BGH Beschlüsse vom 18. Januar 2005 - XI ZR 340/03 - unveröffentlicht, vom 15. Februar 2005 - XI ZR 21/04 - unveröffentlicht, vom 15. Februar 2005 - XI ZR 144/03 - insoweit in FamRZ 2005, 700 nicht abgedruckt, vom 24. Februar 2005 - VII ZR 340/03 - BauR 2005, 908, vom 21. April 2005 - I ZR 88/04 - unveröffentlicht und vom 25. Mai 2005 - III ZR 380/04 - unveröffentlicht; Zöller/Gummer ZPO 25. Aufl. § 544 Rdn. 19; vgl. auch die Gesetzesbegründung BT-Drucksache 15/3706 S. 17, wonach der Bundesgerichtshof in den Fällen entscheidungserheblicher Verletzung des rechtlichen Gehörs in der Berufungsinstanz einer hierauf gestützten Nichtzulassungsbeschwerde stattzugeben hat und § 544 Abs. 7 ZPO ihm zur Beschleunigung des Verfahrens und zur Entlastung die Möglichkeit einräumen soll, "in dem der (Nichtzulassungs-) Beschwerde stattgebenden Beschluß" das angefochtene Urteil aufzuheben und den Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen). Wegen des Verstoßes gegen den Anspruch auf rechtliches Gehör kann das Revisionsge-
richt nach der am 1. Januar 2005 in Kraft getretenen Vorschrift des § 544 Abs. 7 ZPO - eingeführt durch Art. 1 des Gesetzes über die Rechtsbehelfe bei Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör (Anhörungsrügengesetz) vom 9. Dezember 2004 (BGBl. I S. 3220) - das angefochtene Urteil zugleich aufheben und den Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverweisen (so im Ergebnis auch in den die Zurückverweisung tragenden Gründen BGH Beschlüsse vom 5. April 2005 - VIII ZR 160/04 - BB 2005, 1248, vom 14. April 2005 - V ZR 152/04 - unveröffentlicht, vom 3. Mai 2005 - VI ZR 206/04 - unveröffentlicht und vom 31. Mai 2005 - XI ZR 90/04 - unveröffentlicht). 2. Die Beklagten rügen zu Recht eine Verletzung ihres Anspruchs auf rechtliches Gehör durch das Verfahren des Berufungsgerichts. Das Berufungsgericht hat es bewußt abgelehnt, zu mehreren Behauptungen der Beklagten den dafür angebotenen Beweis zu erheben, weil der Sachvortrag nicht hinreichend schlüssig sei. Das verletzt die Verfahrensgrundrechte der Beklagten, weil ihr Beweisvortrag erheblich und hinreichend substantiiert ist.
a) Ein Sachvortrag zur Begründung eines Klaganspruchs ist dann schlüssig und erheblich, wenn der Kläger Tatsachen vorträgt, die in Verbindung mit einem Rechtssatz geeignet und erforderlich sind, das geltend gemachte Recht als in der Person des Klägers entstanden erscheinen zu lassen. Die Angabe näherer Einzelheiten, die den Zeitpunkt und den Vorgang bestimmter Ereignisse betreffen, ist nicht erforderlich, soweit diese Einzelheiten für die Rechtsfolgen nicht von Bedeutung sind. Solches kann allenfalls dann bedeutsam werden , wenn der Gegenvortrag dazu Anlaß bietet. Das bedeutet aber entgegen der Annahme des Berufungsgerichts nicht, daß derjenige, der ein Recht beansprucht , schon deshalb, weil der Gegner bestreitet, gezwungen ist, den behaupteten Sachverhalt in allen Einzelheiten wiederzugeben. Dem Grundsatz, daß
der Umfang der Darlegungslast sich nach der Einlassung des Gegners richtet, liegt nicht etwa der Gedanke zugrunde, ein Kläger sei zur Förderung der Wahrheitsermittlung und zur Prozeßbeschleunigung verpflichtet, den Gegner in die Lage zu versetzen, sich möglichst eingehend auf die Klagebehauptungen einzulassen. Der Grundsatz besagt vielmehr nur, daß dann, wenn infolge der Einlassung des Gegners der Tatsachenvortrag unklar wird und nicht mehr den Schluß auf die Entstehung des geltend gemachten Rechts zuläßt, er der Ergänzung bedarf (BGH Urteil vom 12. Juli 1984 - VII ZR 123/83 - NJW 1984, 2888). Die Ablehnung eines für eine beweiserhebliche Tatsache angetretenen Zeugenbeweises ist darüber hinaus nur dann zulässig, wenn die unter Beweis gestellten Tatsachen so ungenau bezeichnet sind, daß ihre Erheblichkeit nicht beurteilt werden kann, oder wenn sie zwar in das Gewand einer bestimmt aufgestellten Behauptung gekleidet, aber aufs Geratewohl gemacht, gleichsam "ins Blaue hinein" aufgestellt, mit anderen Worten, aus der Luft gegriffen sind und sich deshalb als Rechtsmißbrauch darstellen. Zu einer näheren Darstellung kann eine Partei allerdings dann gezwungen sein, wenn die Gegenpartei ihre Darstellung substantiiert angreift. Denn der Umfang der jeweils erforderlichen Substantiierung des Sachvortrags bestimmt sich aus dem Wechselspiel von Vortrag und Gegenvortrag, wobei die Ergänzung und Aufgliederung des Sachvortrags bei hinreichendem Gegenvortrag immer zunächst Sache der darlegungs- und beweispflichtigen Partei ist (BGH Urteil vom 21. Januar 1999 - VII ZR 398/97 - NJW 1999, 1859).
b) Gegen diese Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs hat das Berufungsgericht in mehreren Punkten verstoßen. Das gilt insbesondere für den folgenden Vortrag:
aa) Die Beklagten haben vorgetragen, der Kläger habe ihnen die im Haus zurückgelassenen Gegenstände "zur Schuldentilgung" überlassen, also wohl übereignet. Dazu haben die Beklagten im einzelnen unter Beweisantritt Zahlungen für den Kläger vorgetragen und zwar an dessen namentlich benannten Steuerberater, an die Gemeindewerke H., an die Vollstreckungsstelle des Finanzamts H. und an das Finanzamt E. Während sich der Vortrag der Beklagten hinsichtlich der Zahlungen an die Landesbezirkskasse I. durch dessen Auskunft vom 29. Juli 1998 als unzutreffend herausgestellt hat, ist das Berufungsgericht den weiteren Beweisangeboten nicht nachgegangen. Indem es dieses Vorgehen damit begründet, es fehle den angeblichen Zahlungen jegliche Konkretisierung , hat es den Vortrag der Beklagten nicht hinreichend ausgeschöpft. Die weitere Begründung, der Vortrag lasse "insbesondere einschlägige Belege vermissen", kann das Absehen von der Beweisaufnahme schon deswegen nicht begründen, weil es sich dabei nicht um die Schlüssigkeit des Vortrags, sondern um zusätzliche Beweisanzeichen handelt. Die von den Beklagten behaupteten Zahlungen auf Verbindlichkeiten des Klägers sind wiederum nicht unerhebliche Indizien für die behauptete Eigentumsübertragung. bb) Hinsichtlich der nach ihrem Vortrag nicht mehr vorhandenen Gegenstände haben die Beklagten unter Beweisantritt behauptet, der Kläger habe die - jeweils konkret benannten - Gegenstände selbst abgeholt bzw. entsorgt, an Dritte übereignet, die diese dann abgeholt hätten, und die Beklagten angewiesen , beschädigte und unbrauchbare Gegenstände zu entsorgen. Weitere konkret benannte Gegenstände seien im Haus zurückgeblieben bzw. stünden ohnehin nicht im Eigentum des Klägers, sondern der P. Beteiligungs- und Vermögensverwaltungs GmbH (Schriftsatz vom 8. Oktober 2001 S. 5 ff.). Dieser Vortrag ist entgegen den Ausführungen des Berufungsgerichts hinreichend individualisiert. Daß dieser neue Vortrag der Beklagten teilweise ihrem früheren Vortrag widerspricht, kann zwar einen nicht unwesentlichen Gesichtspunkt im Rah-
men der Beweiswürdigung bilden. Es käme aber einer vorweggenommenen Beweiswürdigung gleich, die von den Beklagten angebotenen Beweise im Hinblick darauf nicht zu erheben. Die Beklagten hatten nämlich schon im dem Schriftsatz vom 8. Juni 2000 behauptet, die von ihnen benannten Zeugen seien bei den "Abholaktionen" zugegen gewesen und hätten "jeweils mit angepackt". Soweit das Berufungsgericht gleichwohl "jeglichen Aufschluß" dazu vermißt, inwieweit die vier benannten Zeugen zu den behaupteten diversen Vorgängen etwas bekunden können, hat es diesen Vortrag offensichtlich übergangen. cc) Letztlich hat das Berufungsgericht auch die Höhe des zugesprochenen Schadensersatzes nicht ohne Rechtsverstoß ermittelt. Bei der Wertermittlung hat es sich im wesentlichen auf die vom Kläger gefertigte Aufstellung der entwendeten Gegenstände gestützt, die mit einem Gesamtwert von 86.590 DM abschließt, weil diese "erheblich realistischer" sei, als die später erteilte Inventarliste mit einem Zeitwert von insgesamt 135.280 DM. Schon die bloße Anknüpfung an den bestrittenen Vortrag des Klägers bildet trotz der Beweiserleichterung nach § 287 ZPO keine hinreichende Grundlage für die Wertermittlung durch das Berufungsgericht. Im übrigen hat das Berufungsgericht auch insoweit den unter Sachverständigenbeweis gestellten Vortrag der Beklagten übergangen, die Wertansätze des Klägers seien durchgehend weit übersetzt und mit weit weniger als der Hälfte der angesetzten Beträge zu bemessen. Jedenfalls die noch vorhandenen Gegenstände könnten durch einen Sachverständigen begutachtet werden.
3. Der Senat kann den Rechtsstreit nicht abschließend entscheiden, weil das Berufungsgericht entscheidungserheblichen Vortrag der Beklagten übergangen hat und es deswegen weiterer tatsächlicher Feststellungen bedarf. Das Berufungsgericht wird deswegen den unter Beweis gestellten Behauptungen der Beklagten weiter nachgehen müssen.
Hahne Fuchs Ahlt Vézina Dose
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b) Damit hat sich das Berufungsgericht der Erkenntnis verschlossen, dass nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung eine Partei ihrer Darlegungslast genügt, wenn sie Tatsachen vorträgt, die in Verbindung mit einem Rechtssatz geeignet sind, das geltend gemachte Recht als in ihrer Person entstanden erscheinen zu lassen. Genügt das Parteivorbringen diesen Anforderungen an die Substantiierung, so kann der Vortrag weiterer Einzeltatsachen nicht verlangt werden (vgl. nur: Sen.Urt. v. 25. Juli 2005 - II ZR 199/03, ZIP 2005, 1738, 1740 m.w.Nachw.). Es ist vielmehr Sache des Tatrichters, in die Beweisaufnahme einzutreten, dabei ggf. Zeugen nach weiteren Einzelheiten zu befragen oder - sofern es, wie hier bei der Unternehmensbewertung, auf spezifische Fachkunde ankommt - einem Sachverständigen die beweiserheblichen Streitfragen zu unterbreiten.
6
b) Das Berufungsgericht hätte den von den Klägern angebotenen Beweis zu den Gesprächen erheben müssen, die vor dem Verkauf des V. Quartiers zwischen dem Insolvenzverwalter und der Beklagten im Hinblick auf die Regelung in Ziffer II § 6 des Vertrages geführt worden sein sollen. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs genügt eine Partei ihrer Darlegungslast , wenn die vorgetragenen Tatsachen in Verbindung mit einem Rechtssatz geeignet sind, das geltend gemachte Recht zu begründen (vgl. z.B.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
VERSÄUMNISURTEIL
V ZR 359/01 Verkündet am:
13. Dezember 2002
K a n i k ,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 13. Dezember 2002 durch den Vizepräsidenten des Bundesgerichtshofes
Dr. Wenzel und die Richter Tropf, Dr. Klein, Dr. Lemke und Dr. SchmidtRäntsch

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 19. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 14. September 2001 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand:


Der Kläger war an dem Erwerb von Immobilien zum Zweck der Kapitalanlage interessiert. Über den anderweit verklagten Vermittler B. erlangte er Kenntnis von Immobilien im Wohnpark B. -A. . Er schloß im Oktober und November 1998 mit der Beklagten notarielle Kaufverträge über die Wohnung Nr. 6 zum Preis von 200.000 DM und die Wohnung Nr. 21 zum Preis von 410.000 DM. Den Kaufpreis für die Wohnung Nr. 21 zahlte der Kläger. Im Februar 1999 wurde er als Eigentümer der Wohnung Nr. 21 in das Grundbuch eingetragen. Den Kaufpreis für die Wohnung Nr. 6 zahlte der Kläger nicht.

Mit Schreiben vom 26. November 1999 erklärte der Kläger die Anfechtung der Kaufverträge wegen arglistiger Täuschung. Er strebt die Rückabwicklung des Kaufvertrags über die Wohnung Nr. 21 und die Feststellung der Unwirksamkeit des Kaufvertrags über die Wohnung Nr. 6 an. Er hat behauptet, daß die beiden Wohnungen überteuert verkauft worden seien. Sämtliche Berechnungs - und Bewertungsgrundlagen hätten sich als falsch erwiesen. Die Wohnung Nr. 21 sei in Wirklichkeit nur 100.000 DM wert gewesen, die Wohnung Nr. 6 nur 60.000 DM. Die Wohnungen seien in erheblichem Umfang renovierungsbedürftig , während ihm versichert worden sei, die Wohnungen seien gerade renoviert worden. Auch seien derzeit noch verschiedene Verwalter tätig, was die Hausgelder verteure. Dies alles hätten die Geschäftsführer der Beklagten auch gewußt.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung ist ohne Erfolg geblieben. Mit seiner Revision verfolgt er seinen Klageanspruch weiter.

Entscheidungsgründe:


I.


Das Berufungsgericht verneint die Nichtigkeit der Kaufverträge nach § 138 BGB. Der Kläger habe schon nicht schlüssig dargetan, daß die beiden Wohnungen weit über Wert verkauft worden seien. Seine Behauptungen seien aus der Luft gegriffen. Der Kläger habe nicht dargelegt, weshalb ein hierzu von
der Beklagten vorgelegtes Gutachten unrichtig sein solle. Dies habe im einzel- nen dargelegt werden müssen.

II.


Das hält revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht stand.
1. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes kann ein Rechtsgeschäft gegen die guten Sitten verstoßen und damit nach § 138 Abs. 1 BGB nichtig sein, wenn ein auffälliges Mißverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung besteht und weitere Umstände hinzutreten, insbesondere der Begünstigte aus verwerflicher Gesinnung gehandelt hat. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn der begünstigte Vertragspartner die schwächere Lage des anderen Teils bewußt zu seinem Vorteil ausnutzt oder wenn er sich leichtfertig der Einsicht verschließt, daß sich der andere nur in Unkenntnis der wahren Verhältnisse auf den ungünstigen Vertrag einläßt. Ist das Mißverhältnis besonders grob, so ist allein deswegen der Schluß auf bewußte oder grob fahrlässige Ausnutzung irgendeines den Vertragspartner in seiner Entscheidungsfreiheit beeinträchtigenden Umstandes und damit auf eine verwerfliche Gesinnung zulässig. Von einem besonders groben Mißverhältnis ist auszugehen , wenn der Wert der Leistung knapp doppelt so hoch ist wie der Wert der Gegenleistung des Begünstigten (vgl. nur Senat, BGHZ 146, 298, 301, 302 m. w. N.; Senatsurt. v. 5. Oktober 2001, V ZR 237/00, NJW 2002, 429, 430 f.). Die tatsächliche Vermutung kann aber durch besondere Umstände erschüttert sein und damit nicht die Schlußfolgerung auf eine verwerfliche Gesinnung eröffnen. Solche Umstände können sich namentlich aus sachgerechten, eine Übervorteilung regelmäßig ausschließenden Bemühungen zur Ermittlung eines den
Umständen nach angemessenen Leistungsverhältnisses ergeben, wie etwa bei einem (fehlerhaften) Verkehrswertgutachten als Grundlage der Kaufpreisbemessung (Senat, BGHZ 146, 298, 305; Senatsurt. v. 21. März 1997, V ZR 355/95, WM 1997, 1155, 1156 und v. 19. Juli 2002, V ZR 240/01, NJW 2002, 3165, 3166).
2. Diese Grundsätze hat das Berufungsgericht nicht angewendet, weil der Kläger schon das grobe Mißverhältnis von Kaufpreis und Grundstückswert nicht schlüssig dargelegt habe. Damit hat das Berufungsgericht aber, wie die Revision mit Erfolg rügt, die Anforderungen an die Substantiierung des Klagevortrags überspannt.

a) Wie auch das Berufungsgericht im Ansatz nicht verkennt, ist ein Sachvortrag zur Begründung eines Klageanspruchs schlüssig und damit als Prozeßstoff erheblich, wenn der Kläger Tatsachen vorträgt, die in Verbindung mit einem Rechtssatz geeignet sind, das mit der Klage geltend gemachte Recht als in der Person des Klägers entstanden erscheinen zu lassen. Die Angabe näherer Einzelheiten ist nur dann erforderlich, wenn diese für die Rechtsfolgen von Bedeutung sind. Das Gericht muß in der Lage sein, auf Grund des tatsächlichen Vorbringens zu entscheiden, ob die gesetzlichen Voraussetzungen für das Bestehen des geltend gemachten Anspruchs vorliegen. Der Sachvortrag bedarf im Hinblick auf die Erwiderung des Gegners nur dann der Ergänzung, wenn er infolge dieser Einlassung unklar wird und nicht mehr den Schluß auf die Entstehung des geltend gemachten Rechts zuläßt. Eine Beweisaufnahme zu einem bestrittenen erheblichen Vorbringen darf nicht abgelehnt werden, wenn die Behauptung konkret genug ist, um eine Stellungnahme des Gegners zu ermöglichen und die Erheblichkeit des Vorbringens zu
beurteilen (Senatsurt. v. 22. November 1996, V ZR 196/95, NJW-RR 1997, 270 und v. 20. September 2002, V ZR 170/01, NJW-RR 2003, 69, jeweils m. w. N.). Für den Umfang der Darlegungslast ist der Grad der Wahrscheinlichkeit der Sachverhaltsschilderung ohne Bedeutung (Senatsurt. v. 8. Mai 1992, V ZR 95/91, NJW 1992, 3106; und v. 14. Juni 1996, V ZR 150/95, NJW-RR 1996, 1402 jew. m.w.N.).

b) Richtig ist zwar der rechtliche Ansatz des Berufungsgerichts, wonach es im Zivilprozeß wegen Rechtsmißbrauchs unzulässig ist, eine Behauptung ohne greifbare Anhaltspunkte für das Vorliegen eines bestimmten Sachverhalts willkürlich aufs Geratewohl, gleichsam "ins Blaue hinein" aufzustellen (vgl. BGH, Urt. v. 8. November 1995, VIII ZR 227/94, NJW 1996, 394; Urt. v. 13. März 1996, VIII ZR 186/94, NJW 1996, 1541, 1542; Urt. v. 1. Juli 1999, VII ZR 202/98, NJW-RR 2000, 208). Bei der Annahme eines solch mißbräuchlichen Verhaltens ist aber Zurückhaltung geboten; denn oftmals wird es einer Partei nicht erspart bleiben, in einem Zivilprozeß Tatsachen zu behaupten, über die sie keine genauen Kenntnisse haben kann, die sie nach Lage der Dinge aber für wahrscheinlich hält (BGH, Urt. v. 25. April 1995, VI ZR 178/94, NJW 1995, 2111, 2112). In der Regel wird nur das Fehlen jeglicher tatsächlicher Anhaltspunkte den Vorwurf einer Behauptung "ins Blaue hinein" rechtfertigen können (BGH, Urt. v. 25. April 1995, aaO).

c) Hieran gemessen überspannt das Berufungsgericht die Anforderungen an das Vorbringen des Klägers. Ihm ist zwar einzuräumen, daß der Kläger in erster Instanz ein objektiv bestehendes grobes Mißverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung in beiden Verträgen zwar behauptet, aber nicht näher erläutert hat. In zweiter Instanz hat er indessen vorgetragen, daß die
Wohnung Nr. 21 bei einem Kaufpreis von 410.000 DM nur 100.000 DM und die Wohnung Nr. 6 bei einem Kaufpreis von 200.000 DM nur 60.000 DM wert und dieser Umstand den Organen der Beklagten auch bekannt gewesen sei. Diese Behauptung wäre nur dann unbeachtlich, wenn diese Angaben ersichtlich aus der Luft gegriffen wären. Das ist, worauf die Revision mit Recht hinweist , nicht der Fall. Der Kläger hat sich in seiner Berufungsbegründung mit dem von Beklagtenseite vorgelegten Gutachten U. auseinandergesetzt und dargelegt, worin er dessen Fehler sieht. Sie sollen, was auch näher erläutert wird, in dem angesetzten Boden- und Ertragswert und vor allem darin liegen, daß in dem Gutachten ein guter Erhaltungszustand vorausgesetzt werde , wohingegen in Wirklichkeit erheblicher Sanierungsbedarf bestehe. Der Vortrag wird in das Wissen von Zeugen gestellt, die als Geschäftsführer der Fa. K. Grundbesitz-Verwaltungs-GmbH, welche die Wohnanlage „I. W. “ in B. verwaltet und betreut, Sachkenntnis haben sollen. Außerdem wird Augenscheins- und Sachverständigenbeweis angeboten. Entgegen der Annahme des Berufungsgerichts brauchte sich der Kläger nicht noch intensiver mit den Einzelheiten des der Preisbildung zugrundeliegenden Wertgutachtens auseinanderzusetzen. Dieses Gutachten ist nicht sonderlich ausführlich und bietet kaum mehr Ansatzpunkte für eine sachliche Auseinandersetzung , als sie der Kläger auch genutzt hat. Auch deshalb genügte es, wenn sich der Kläger mit den aus seiner Sicht wesentlichen Einwänden auseinandersetzte und dieses als Kaufanreiz qualifizierte. Dem Kläger kann auch nicht entgegengehalten werden, daß sein Vortrag wegen der unterschiedlichen Kaufpreise der zudem unterschiedlichen Wohnungen unstimmig sei. Denn der Kläger will gerade geltend machen, daß sie jetzt wegen des Erhaltungszustands wertmäßig nahezu gleichwertig geworden sind. Dem Vorbringen des Klägers läßt sich auch nicht entgegenhalten, daß es ihm nur um eine Geldan-
lage gegangen sei. Denn dies steht der Annahme der Sittenwidrigkeit nicht von vornherein entgegen. Dies gilt auch für die Bereitschaft des Klägers, dem Vergleichsvorschlag des Landgerichts zu folgen. Die Bereitschaft einer Partei zur Annahme eines Vergleichsvorschlags des Gerichts hängt entscheidend davon ab, wie die Partei angesichts des Vorschlags ihre Prozeßaussichten beurteilt. Rückschlüsse darauf, wie der Wert der Wohnungen vor und bei Abschluß eines streitig gewordenen Kaufvertrags war, läßt eine solche Bereitschaft nicht zu.
3. Da das Berufungsgericht verfahrensfehlerhaft die Durchführung einer Beweisaufnahme über die Höhe des von dem Kläger behaupteten Verkehrswertes unterlassen hat, ist das Berufungsurteil aufzuheben und die Sache zur Nachholung der erforderlichen Feststellungen an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
Wenzel Tropf Klein Lemke Schmidt-Räntsch
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b) Damit hat sich das Berufungsgericht der Erkenntnis verschlossen, dass nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung eine Partei ihrer Darlegungslast genügt, wenn sie Tatsachen vorträgt, die in Verbindung mit einem Rechtssatz geeignet sind, das geltend gemachte Recht als in ihrer Person entstanden erscheinen zu lassen. Genügt das Parteivorbringen diesen Anforderungen an die Substantiierung, so kann der Vortrag weiterer Einzeltatsachen nicht verlangt werden (vgl. nur: Sen.Urt. v. 25. Juli 2005 - II ZR 199/03, ZIP 2005, 1738, 1740 m.w.Nachw.). Es ist vielmehr Sache des Tatrichters, in die Beweisaufnahme einzutreten, dabei ggf. Zeugen nach weiteren Einzelheiten zu befragen oder - sofern es, wie hier bei der Unternehmensbewertung, auf spezifische Fachkunde ankommt - einem Sachverständigen die beweiserheblichen Streitfragen zu unterbreiten.
6
b) Das Berufungsgericht hätte den von den Klägern angebotenen Beweis zu den Gesprächen erheben müssen, die vor dem Verkauf des V. Quartiers zwischen dem Insolvenzverwalter und der Beklagten im Hinblick auf die Regelung in Ziffer II § 6 des Vertrages geführt worden sein sollen. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs genügt eine Partei ihrer Darlegungslast , wenn die vorgetragenen Tatsachen in Verbindung mit einem Rechtssatz geeignet sind, das geltend gemachte Recht zu begründen (vgl. z.B.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
VERSÄUMNISURTEIL
V ZR 359/01 Verkündet am:
13. Dezember 2002
K a n i k ,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 13. Dezember 2002 durch den Vizepräsidenten des Bundesgerichtshofes
Dr. Wenzel und die Richter Tropf, Dr. Klein, Dr. Lemke und Dr. SchmidtRäntsch

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 19. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 14. September 2001 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand:


Der Kläger war an dem Erwerb von Immobilien zum Zweck der Kapitalanlage interessiert. Über den anderweit verklagten Vermittler B. erlangte er Kenntnis von Immobilien im Wohnpark B. -A. . Er schloß im Oktober und November 1998 mit der Beklagten notarielle Kaufverträge über die Wohnung Nr. 6 zum Preis von 200.000 DM und die Wohnung Nr. 21 zum Preis von 410.000 DM. Den Kaufpreis für die Wohnung Nr. 21 zahlte der Kläger. Im Februar 1999 wurde er als Eigentümer der Wohnung Nr. 21 in das Grundbuch eingetragen. Den Kaufpreis für die Wohnung Nr. 6 zahlte der Kläger nicht.

Mit Schreiben vom 26. November 1999 erklärte der Kläger die Anfechtung der Kaufverträge wegen arglistiger Täuschung. Er strebt die Rückabwicklung des Kaufvertrags über die Wohnung Nr. 21 und die Feststellung der Unwirksamkeit des Kaufvertrags über die Wohnung Nr. 6 an. Er hat behauptet, daß die beiden Wohnungen überteuert verkauft worden seien. Sämtliche Berechnungs - und Bewertungsgrundlagen hätten sich als falsch erwiesen. Die Wohnung Nr. 21 sei in Wirklichkeit nur 100.000 DM wert gewesen, die Wohnung Nr. 6 nur 60.000 DM. Die Wohnungen seien in erheblichem Umfang renovierungsbedürftig , während ihm versichert worden sei, die Wohnungen seien gerade renoviert worden. Auch seien derzeit noch verschiedene Verwalter tätig, was die Hausgelder verteure. Dies alles hätten die Geschäftsführer der Beklagten auch gewußt.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung ist ohne Erfolg geblieben. Mit seiner Revision verfolgt er seinen Klageanspruch weiter.

Entscheidungsgründe:


I.


Das Berufungsgericht verneint die Nichtigkeit der Kaufverträge nach § 138 BGB. Der Kläger habe schon nicht schlüssig dargetan, daß die beiden Wohnungen weit über Wert verkauft worden seien. Seine Behauptungen seien aus der Luft gegriffen. Der Kläger habe nicht dargelegt, weshalb ein hierzu von
der Beklagten vorgelegtes Gutachten unrichtig sein solle. Dies habe im einzel- nen dargelegt werden müssen.

II.


Das hält revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht stand.
1. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes kann ein Rechtsgeschäft gegen die guten Sitten verstoßen und damit nach § 138 Abs. 1 BGB nichtig sein, wenn ein auffälliges Mißverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung besteht und weitere Umstände hinzutreten, insbesondere der Begünstigte aus verwerflicher Gesinnung gehandelt hat. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn der begünstigte Vertragspartner die schwächere Lage des anderen Teils bewußt zu seinem Vorteil ausnutzt oder wenn er sich leichtfertig der Einsicht verschließt, daß sich der andere nur in Unkenntnis der wahren Verhältnisse auf den ungünstigen Vertrag einläßt. Ist das Mißverhältnis besonders grob, so ist allein deswegen der Schluß auf bewußte oder grob fahrlässige Ausnutzung irgendeines den Vertragspartner in seiner Entscheidungsfreiheit beeinträchtigenden Umstandes und damit auf eine verwerfliche Gesinnung zulässig. Von einem besonders groben Mißverhältnis ist auszugehen , wenn der Wert der Leistung knapp doppelt so hoch ist wie der Wert der Gegenleistung des Begünstigten (vgl. nur Senat, BGHZ 146, 298, 301, 302 m. w. N.; Senatsurt. v. 5. Oktober 2001, V ZR 237/00, NJW 2002, 429, 430 f.). Die tatsächliche Vermutung kann aber durch besondere Umstände erschüttert sein und damit nicht die Schlußfolgerung auf eine verwerfliche Gesinnung eröffnen. Solche Umstände können sich namentlich aus sachgerechten, eine Übervorteilung regelmäßig ausschließenden Bemühungen zur Ermittlung eines den
Umständen nach angemessenen Leistungsverhältnisses ergeben, wie etwa bei einem (fehlerhaften) Verkehrswertgutachten als Grundlage der Kaufpreisbemessung (Senat, BGHZ 146, 298, 305; Senatsurt. v. 21. März 1997, V ZR 355/95, WM 1997, 1155, 1156 und v. 19. Juli 2002, V ZR 240/01, NJW 2002, 3165, 3166).
2. Diese Grundsätze hat das Berufungsgericht nicht angewendet, weil der Kläger schon das grobe Mißverhältnis von Kaufpreis und Grundstückswert nicht schlüssig dargelegt habe. Damit hat das Berufungsgericht aber, wie die Revision mit Erfolg rügt, die Anforderungen an die Substantiierung des Klagevortrags überspannt.

a) Wie auch das Berufungsgericht im Ansatz nicht verkennt, ist ein Sachvortrag zur Begründung eines Klageanspruchs schlüssig und damit als Prozeßstoff erheblich, wenn der Kläger Tatsachen vorträgt, die in Verbindung mit einem Rechtssatz geeignet sind, das mit der Klage geltend gemachte Recht als in der Person des Klägers entstanden erscheinen zu lassen. Die Angabe näherer Einzelheiten ist nur dann erforderlich, wenn diese für die Rechtsfolgen von Bedeutung sind. Das Gericht muß in der Lage sein, auf Grund des tatsächlichen Vorbringens zu entscheiden, ob die gesetzlichen Voraussetzungen für das Bestehen des geltend gemachten Anspruchs vorliegen. Der Sachvortrag bedarf im Hinblick auf die Erwiderung des Gegners nur dann der Ergänzung, wenn er infolge dieser Einlassung unklar wird und nicht mehr den Schluß auf die Entstehung des geltend gemachten Rechts zuläßt. Eine Beweisaufnahme zu einem bestrittenen erheblichen Vorbringen darf nicht abgelehnt werden, wenn die Behauptung konkret genug ist, um eine Stellungnahme des Gegners zu ermöglichen und die Erheblichkeit des Vorbringens zu
beurteilen (Senatsurt. v. 22. November 1996, V ZR 196/95, NJW-RR 1997, 270 und v. 20. September 2002, V ZR 170/01, NJW-RR 2003, 69, jeweils m. w. N.). Für den Umfang der Darlegungslast ist der Grad der Wahrscheinlichkeit der Sachverhaltsschilderung ohne Bedeutung (Senatsurt. v. 8. Mai 1992, V ZR 95/91, NJW 1992, 3106; und v. 14. Juni 1996, V ZR 150/95, NJW-RR 1996, 1402 jew. m.w.N.).

b) Richtig ist zwar der rechtliche Ansatz des Berufungsgerichts, wonach es im Zivilprozeß wegen Rechtsmißbrauchs unzulässig ist, eine Behauptung ohne greifbare Anhaltspunkte für das Vorliegen eines bestimmten Sachverhalts willkürlich aufs Geratewohl, gleichsam "ins Blaue hinein" aufzustellen (vgl. BGH, Urt. v. 8. November 1995, VIII ZR 227/94, NJW 1996, 394; Urt. v. 13. März 1996, VIII ZR 186/94, NJW 1996, 1541, 1542; Urt. v. 1. Juli 1999, VII ZR 202/98, NJW-RR 2000, 208). Bei der Annahme eines solch mißbräuchlichen Verhaltens ist aber Zurückhaltung geboten; denn oftmals wird es einer Partei nicht erspart bleiben, in einem Zivilprozeß Tatsachen zu behaupten, über die sie keine genauen Kenntnisse haben kann, die sie nach Lage der Dinge aber für wahrscheinlich hält (BGH, Urt. v. 25. April 1995, VI ZR 178/94, NJW 1995, 2111, 2112). In der Regel wird nur das Fehlen jeglicher tatsächlicher Anhaltspunkte den Vorwurf einer Behauptung "ins Blaue hinein" rechtfertigen können (BGH, Urt. v. 25. April 1995, aaO).

c) Hieran gemessen überspannt das Berufungsgericht die Anforderungen an das Vorbringen des Klägers. Ihm ist zwar einzuräumen, daß der Kläger in erster Instanz ein objektiv bestehendes grobes Mißverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung in beiden Verträgen zwar behauptet, aber nicht näher erläutert hat. In zweiter Instanz hat er indessen vorgetragen, daß die
Wohnung Nr. 21 bei einem Kaufpreis von 410.000 DM nur 100.000 DM und die Wohnung Nr. 6 bei einem Kaufpreis von 200.000 DM nur 60.000 DM wert und dieser Umstand den Organen der Beklagten auch bekannt gewesen sei. Diese Behauptung wäre nur dann unbeachtlich, wenn diese Angaben ersichtlich aus der Luft gegriffen wären. Das ist, worauf die Revision mit Recht hinweist , nicht der Fall. Der Kläger hat sich in seiner Berufungsbegründung mit dem von Beklagtenseite vorgelegten Gutachten U. auseinandergesetzt und dargelegt, worin er dessen Fehler sieht. Sie sollen, was auch näher erläutert wird, in dem angesetzten Boden- und Ertragswert und vor allem darin liegen, daß in dem Gutachten ein guter Erhaltungszustand vorausgesetzt werde , wohingegen in Wirklichkeit erheblicher Sanierungsbedarf bestehe. Der Vortrag wird in das Wissen von Zeugen gestellt, die als Geschäftsführer der Fa. K. Grundbesitz-Verwaltungs-GmbH, welche die Wohnanlage „I. W. “ in B. verwaltet und betreut, Sachkenntnis haben sollen. Außerdem wird Augenscheins- und Sachverständigenbeweis angeboten. Entgegen der Annahme des Berufungsgerichts brauchte sich der Kläger nicht noch intensiver mit den Einzelheiten des der Preisbildung zugrundeliegenden Wertgutachtens auseinanderzusetzen. Dieses Gutachten ist nicht sonderlich ausführlich und bietet kaum mehr Ansatzpunkte für eine sachliche Auseinandersetzung , als sie der Kläger auch genutzt hat. Auch deshalb genügte es, wenn sich der Kläger mit den aus seiner Sicht wesentlichen Einwänden auseinandersetzte und dieses als Kaufanreiz qualifizierte. Dem Kläger kann auch nicht entgegengehalten werden, daß sein Vortrag wegen der unterschiedlichen Kaufpreise der zudem unterschiedlichen Wohnungen unstimmig sei. Denn der Kläger will gerade geltend machen, daß sie jetzt wegen des Erhaltungszustands wertmäßig nahezu gleichwertig geworden sind. Dem Vorbringen des Klägers läßt sich auch nicht entgegenhalten, daß es ihm nur um eine Geldan-
lage gegangen sei. Denn dies steht der Annahme der Sittenwidrigkeit nicht von vornherein entgegen. Dies gilt auch für die Bereitschaft des Klägers, dem Vergleichsvorschlag des Landgerichts zu folgen. Die Bereitschaft einer Partei zur Annahme eines Vergleichsvorschlags des Gerichts hängt entscheidend davon ab, wie die Partei angesichts des Vorschlags ihre Prozeßaussichten beurteilt. Rückschlüsse darauf, wie der Wert der Wohnungen vor und bei Abschluß eines streitig gewordenen Kaufvertrags war, läßt eine solche Bereitschaft nicht zu.
3. Da das Berufungsgericht verfahrensfehlerhaft die Durchführung einer Beweisaufnahme über die Höhe des von dem Kläger behaupteten Verkehrswertes unterlassen hat, ist das Berufungsurteil aufzuheben und die Sache zur Nachholung der erforderlichen Feststellungen an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
Wenzel Tropf Klein Lemke Schmidt-Räntsch
6
b) Das Berufungsgericht hätte den von den Klägern angebotenen Beweis zu den Gesprächen erheben müssen, die vor dem Verkauf des V. Quartiers zwischen dem Insolvenzverwalter und der Beklagten im Hinblick auf die Regelung in Ziffer II § 6 des Vertrages geführt worden sein sollen. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs genügt eine Partei ihrer Darlegungslast , wenn die vorgetragenen Tatsachen in Verbindung mit einem Rechtssatz geeignet sind, das geltend gemachte Recht zu begründen (vgl. z.B.