Bundesgerichtshof Beschluss, 31. Aug. 2010 - VIII ZR 231/09

bei uns veröffentlicht am31.08.2010
vorgehend
Amtsgericht Wiesbaden, 92 C 9061/08, 16.03.2009
Landgericht Wiesbaden, 2 S 36/09, 23.07.2009

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VIII ZR 231/09
vom
31. August 2010
in dem Rechtsstreit
Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 31. August 2010 durch den
Vorsitzenden Richter Ball, den Richter Dr. Frellesen, die Richterin Dr. Hessel
sowie die Richter Dr. Achilles und Dr. Schneider

beschlossen:
Der Senat beabsichtigt, die Revision des Beklagten gemäß § 552a ZPO zurückzuweisen.

Gründe:

1
Ein Grund für die Zulassung der Revision liegt nicht vor (§ 552a Satz 1, § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1, Nr. 2 ZPO). Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch ist eine Entscheidung des Revisionsgerichts zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich. Die Revision hat auch keine Aussicht auf Erfolg.
2
1. Der Senat hat bereits entschieden, dass ein Mieterhöhungsverlangen regelmäßig auch dann den Anforderungen des § 558a BGB genügt, wenn der Mietspiegel, auf den in dem Erhöhungsverlangen Bezug genommen wird, nicht beigefügt ist, sofern der Mietspiegel allgemein zugänglich ist (Senatsurteil vom 12. Dezember 2007 - VIII ZR 11/07, NJW 2008, 573 Rn. 15). Allgemein zugänglich ist der Mietspiegel auch dann, wenn er gegen eine geringe Schutzgebühr von privaten Vereinigungen an jedermann abgegeben wird (Senatsbeschluss vom 28. April 2009 - VIII ZB 7/08, NJW-RR 2009, 1021 Rn. 6; Senatsurteil vom 30. September 2009 - VIII ZR 276/06, NZM 2010, 40 Rn. 10 f.).
3
So ist es hier. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts wird der Mietspiegel der Stadt Wiesbaden von dem Mieterschutzverein e.V. und der Vereinigung der Haus-, Wohnungs- und Grundstückseigentümer gegen eine Schutzgebühr von 3 € an jedermann abgegeben.
4
Entgegen der Auffassung der Revision bedarf es grundsätzlich keines Hinweises in dem Mieterhöhungsverlangen auf die Stellen, bei denen der Mietspiegel erhältlich ist. Denn die Existenz von Mietervereinigungen und Grundstückseigentümerverbänden ist allgemein bekannt. Die Adresse und die Öffnungszeiten der Geschäftsstellen der genannten Vereinigungen zu ermitteln, ist dem Mieter regelmäßig zumutbar. Ob dies - wie die Revision meint - anders zu sehen wäre, wenn es in der Person des Mieters liegende Gründe (Alter /Krankheit) verhinderten, dass dieser sich die erforderlichen Informationen zum Erhalt des Mietspiegels verschafft, ist eine der Bewertung des Tatrichters obliegende Frage des Einzelfalls, die sich einer generellen Betrachtung entzieht. Im Streitfall sind derartige in der Person des Beklagten liegende Hinderungsgründe weder vom Berufungsgericht festgestellt noch vorgetragen worden.
5
2. Es besteht Gelegenheit zur Stellungnahme innerhalb von drei Wochen nach Zustellung dieses Beschlusses. Ball Dr. Frellesen Dr. Hessel Dr. Achilles Dr. Schneider Hinweis: Das Revisionsverfahren ist durch Revisionsrücknahme erledigt worden.
Vorinstanzen:
AG Wiesbaden, Entscheidung vom 16.03.2009 - 92 C 9061/08-82 -
LG Wiesbaden, Entscheidung vom 23.07.2009 - 2 S 36/09 -

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Mieterhöhungsverlangen: Keine Hinweispflicht, wo Mietspiegel erhältlich ist

03.12.2010

Anwalt für Mietrecht und Wohnungseigentumsrecht (WEG) - BSP Bierbach, Streifler & Partner PartGmbB
Mieterhöhung
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03.12.2010

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Mieterhöhung

Referenzen - Gesetze

Zivilprozessordnung - ZPO | § 543 Zulassungsrevision


(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie1.das Berufungsgericht in dem Urteil oder2.das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassungzugelassen hat. (2) Die Revision ist zuzulassen, wenn1.die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat

Zivilprozessordnung - ZPO | § 552a Zurückweisungsbeschluss


Das Revisionsgericht weist die von dem Berufungsgericht zugelassene Revision durch einstimmigen Beschluss zurück, wenn es davon überzeugt ist, dass die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nicht vorliegen und die Revision keine Aussicht auf

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 558a Form und Begründung der Mieterhöhung


(1) Das Mieterhöhungsverlangen nach § 558 ist dem Mieter in Textform zu erklären und zu begründen. (2) Zur Begründung kann insbesondere Bezug genommen werden auf1.einen Mietspiegel (§§ 558c, 558d),2.eine Auskunft aus einer Mietdatenbank (§ 558e),
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Zivilprozessordnung - ZPO | § 543 Zulassungsrevision


(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie1.das Berufungsgericht in dem Urteil oder2.das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassungzugelassen hat. (2) Die Revision ist zuzulassen, wenn1.die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat

Zivilprozessordnung - ZPO | § 552a Zurückweisungsbeschluss


Das Revisionsgericht weist die von dem Berufungsgericht zugelassene Revision durch einstimmigen Beschluss zurück, wenn es davon überzeugt ist, dass die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nicht vorliegen und die Revision keine Aussicht auf

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 558a Form und Begründung der Mieterhöhung


(1) Das Mieterhöhungsverlangen nach § 558 ist dem Mieter in Textform zu erklären und zu begründen. (2) Zur Begründung kann insbesondere Bezug genommen werden auf1.einen Mietspiegel (§§ 558c, 558d),2.eine Auskunft aus einer Mietdatenbank (§ 558e),

Referenzen - Urteile

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Bundesgerichtshof Urteil, 12. Dez. 2007 - VIII ZR 11/07

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Landgericht Freiburg Urteil, 04. Dez. 2014 - 3 S 114/14

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Tenor 1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Amtsgerichts Freiburg vom 30.04.2014 - 3 C 3594/13 - wird zurückgewiesen. 2. Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens. 3. Das Urteil ist - ebenso wie das angefoch

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Das Revisionsgericht weist die von dem Berufungsgericht zugelassene Revision durch einstimmigen Beschluss zurück, wenn es davon überzeugt ist, dass die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nicht vorliegen und die Revision keine Aussicht auf Erfolg hat. § 522 Abs. 2 Satz 2 und 3 gilt entsprechend.

(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie

1.
das Berufungsgericht in dem Urteil oder
2.
das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung
zugelassen hat.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.
Das Revisionsgericht ist an die Zulassung durch das Berufungsgericht gebunden.

(1) Das Mieterhöhungsverlangen nach § 558 ist dem Mieter in Textform zu erklären und zu begründen.

(2) Zur Begründung kann insbesondere Bezug genommen werden auf

1.
einen Mietspiegel (§§ 558c, 558d),
2.
eine Auskunft aus einer Mietdatenbank (§ 558e),
3.
ein mit Gründen versehenes Gutachten eines öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen,
4.
entsprechende Entgelte für einzelne vergleichbare Wohnungen; hierbei genügt die Benennung von drei Wohnungen.

(3) Enthält ein qualifizierter Mietspiegel (§ 558d Abs. 1), bei dem die Vorschrift des § 558d Abs. 2 eingehalten ist, Angaben für die Wohnung, so hat der Vermieter in seinem Mieterhöhungsverlangen diese Angaben auch dann mitzuteilen, wenn er die Mieterhöhung auf ein anderes Begründungsmittel nach Absatz 2 stützt.

(4) Bei der Bezugnahme auf einen Mietspiegel, der Spannen enthält, reicht es aus, wenn die verlangte Miete innerhalb der Spanne liegt. Ist in dem Zeitpunkt, in dem der Vermieter seine Erklärung abgibt, kein Mietspiegel vorhanden, bei dem § 558c Abs. 3 oder § 558d Abs. 2 eingehalten ist, so kann auch ein anderer, insbesondere ein veralteter Mietspiegel oder ein Mietspiegel einer vergleichbaren Gemeinde verwendet werden.

(5) Eine zum Nachteil des Mieters abweichende Vereinbarung ist unwirksam.

15
a) Bei der hier maßgeblichen Berliner Mietspiegeltabelle 2003 für die westlichen Bezirke handelt es sich um einen qualifizierten Mietspiegel, der ein Raster aus mit Buchstaben und Ziffern bezeichneten Feldern enthält, in denen für bestimmte Kategorien von Wohnungen (gegliedert nach Größenordnung, Zeitraum der Bezugsfertigkeit, Wohnlage und Ausstattung) jeweils eine bestimmte Mietspanne ausgewiesen ist. In einem solchen Fall einer eindeutigen Zuordnung tatsächlicher Gegebenheiten einer Wohnung zu einer bestimmten Spanne in einem genau bezeichneten Feld des Mietspiegels ist im Erhöhungsverlangen die Mitteilung des konkreten Mietspiegelfeldes, das hinsichtlich Größe , Alter, Wohnlage und Ausstattung nach der Auffassung des Vermieters für die gemietete Wohnung einschlägig ist, ausreichend, um den Mieter auf die im Mietspiegel enthaltenen Angaben für die Wohnung, insbesondere die dort angegebene Spanne, hinzuweisen. Der Mietspiegel selbst muss dem Erhöhungsverlangen nicht beigefügt werden, wenn es sich - wie im vorliegenden Fall - um einen im Amtsblatt veröffentlichten und damit allgemein zugänglichen Mietspiegel handelt (vgl. MünchKommBGB/Artz, aaO, Rdnr. 18 m.w.N.; Schmidt- Futterer/Börstinghaus, Mietrecht, 9. Aufl., § 558a Rdnr. 34; Staudinger/ Emmerich, aaO, Rdnr. 25).
6
Die angefochtene Kostenentscheidung ist rechtsfehlerhaft. Entgegen der Auffassung des Beschwerdegerichts ist die Beifügung eines Mietspiegels regelmäßig nicht erforderlich, damit ein Mieterhöhungsverlangen die formellen Voraussetzungen des § 558a BGB erfüllt. Wie der Senat bereits entschieden hat, bedarf es einer Beifügung des Mietspiegels jedenfalls dann nicht, wenn dieser allgemein zugänglich ist (Senatsurteil vom 12. Dezember 2007 - VIII ZR 11/07, NJW 2008, 573 Tz. 15). Da der Mietspiegel für Wiesbaden nach den Feststellungen des Amtsgerichts, auf die das Beschwerdegericht Bezug nimmt, in Wiesbaden durch die Interessenverbände der Mieter und Vermieter gegen Zahlung eines geringen Betrages von 3 € abgegeben wird und er zudem, wie den Ausführungen des Beschwerdegerichts zu entnehmen ist, (vollständig) im Internet veröffentlicht wird, ist der Mietspiegel im vorgenannten Sinne allgemein zugänglich.