Bundesgerichtshof Beschluss, 11. Feb. 2003 - XI ZR 153/02

bei uns veröffentlicht am11.02.2003

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XI ZR 153/02
vom
11. Februar 2003
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
_____________________

a) Eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör stellt nur dann einen Revisionszulassungsgrund
dar, wenn das Berufungsurteil darauf beruht. Macht der
Beschwerdeführer geltend, sein Anspruch auf rechtliches Gehör sei durch gerichtliche
Versäumnisse im Zusammenhang mit der richterlichen Hinweispflicht
verletzt worden, so muß er darlegen, was er im Falle der Gelegenheit zur Äußerung
auf einen richterlichen Hinweis vorgetragen hätte. Dabei ist der zunächst
unterbliebene Vortrag so vollständig nachzuholen, daß er nunmehr schlüssig
ist.

b) Die Frage, ob es in Fällen, in denen ein Zeuge einer Partei vernommen
wird, zur Wahrung der Chancengleichheit der Parteien geboten sein
kann, die zeugenlose Gegenseite als Partei zu vernehmen, stellt sich jedenfalls
dann nicht, wenn das Gericht seine Überzeugung von der Wahrheit
oder Unwahrheit streitiger Parteibehauptungen nicht allein auf die
Bekundungen des Zeugen stützt.
BGH, Beschluß vom 11. Februar 2003 - XI ZR 153/02 - OLG Bamberg
LG Hof
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch den Vorsitzenden
Richter Nobbe, die Richter Dr. Bungeroth, Dr. Joeres, die Richterin
Mayen und den Richter Dr. Appl
am 11. Februar 2003

beschlossen:
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des 8. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Bamberg vom 6. März 2002 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren beträgt 162.079,53

Gründe:


Revisionszulassungsgründe im Sinne des § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO lassen sich dem Vorbringen des Klägers nicht entnehmen.
1. Soweit der Kläger geltend macht, das Berufungsgericht habe sein Grundrecht auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) verletzt, indem es ihn zwar in der mündlichen Verhandlung auf die fehlende Sub-
stantiierung seines Vorbringens zu den behaupteten Pflichtverletzungen der Beklagten, zu deren Ursächlichkeit für die Verluste und zur Höhe des dadurch entstandenen Schadens hingewiesen, ihm sodann aber die erbetene Schriftsatzfrist zur Nachholung des Versäumten nicht eingeräumt habe, fehlt es bereits an der Darlegung, daß das Berufungsurteil auf der angeblichen Grundrechtsverletzung beruht. Diese Darlegung, die für die Geltendmachung einer die Voraussetzungen des Revisionszulassungsgrundes der grundsätzlichen Bedeutung (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO) erfüllenden Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör unverzichtbar ist (Senatsbeschluß vom 1. Oktober 2002 - XI ZR 71/02, WM 2002, 2344, 2347; zum Abdruck in BGHZ vorgesehen), erfordert dann, wenn es, wie hier, um angebliche gerichtliche Versäumnisse im Zusammenhang mit der richterlichen Hinweispflicht geht, die Darstellung dessen, was der Beschwerdeführer im Falle der Gelegenheit zur Äußerung auf einen richterlichen Hinweis vorgetragen hätte. Dabei ist der zunächst unterbliebene Vortrag so vollständig nachzuholen, daß er nunmehr schlüssig ist. In diesem Zusammenhang müssen die gleichen Anforderungen gelten, wie sie die ständige höchstrichterliche Rechtsprechung für eine ordnungsgemäße Verfahrensrüge nach § 554 Abs. 3 Nr. 3 Buchstabe b ZPO a.F. aufgestellt hat (vgl. dazu BGH, Urteil vom 8. Oktober 1987 - VII ZR 45/87, WM 1988, 197, 199 m.w.Nachw.; Urteil vom 13. März 1996 - VIII ZR 99/94, NJW-RR 1996, 949, 950). Diesen Anforderungen ist der Kläger nicht gerecht geworden, weil er zu der Frage, was er im Falle der Einräumung der begehrten Schriftsatzfrist vorgebracht hätte, nichts vorgetragen hat.
2. Die Nichtzulassungsbeschwerde kann auch insoweit keinen Erfolg haben, als der Kläger sich darauf beruft, die Verwertung der Aussa-
ge eines Zeugen der Gegenseite ohne gleichzeitige Zulassung des Klä- gers zur Parteivernehmung durch das Berufungsgericht werfe die Grundsatzfrage im Sinne des § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO auf, ob ein Gericht in Fällen, in denen nur eine Seite einen Zeugen präsentieren kann, zur Wahrung der Chancengleichheit verpflichtet ist, den Gegner als Partei zu vernehmen.

a) Soweit es um einen Schadensersatzanspruch des Klägers wegen angeblich pflichtwidriger Versäumnisse der Beklagten im Zusammenhang mit einem angeblichen Vermögensverwaltungsvertrag oder ihr aus anderen Gründen obliegenden Überwachungs- oder Beratungspflichten geht, kommt der vom Kläger geltend gemachten Grundsatzfrage schon deshalb keine Bedeutung zu, weil sie insoweit nicht entscheidungserheblich ist. Derartige Schadensersatzansprüche hat das Berufungsgericht nämlich bereits wegen mangelnder Substantiierung des Sachvortrags des Klägers verneint, wogegen er in seiner Beschwerdebegründung , wie oben gezeigt wurde, nichts Durchgreifendes vorgebracht hat.

b) Soweit der Kläger einen Schadensersatzanspruch auf angeblich eigenmächtiges Handeln eines Mitarbeiters der Beklagten gründet, hat das Berufungsgericht seine Überzeugung, daß der frühere Mitarbeiter der Beklagten, der Zeuge R., nicht eigenmächtig gehandelt habe, nicht allein auf die Bekundungen dieses Zeugen, sondern auf eine umfassende Würdigung aller Umstände gestützt, darunter auch auf die eigenen Aussagen des Klägers im strafrechtlichen Ermittlungsverfahren gegen den Zeugen sowie auf die auffällige Tatsache, daß der Kläger die angeblichen Eigenmächtigkeiten des Zeugen nicht zeitnah, sondern erst mehr
als ein Jahr später nach der Kreditkündigung der Beklagten bemängelt hat. Die vom Kläger geltend gemachte Grundsatzfrage, die sich ernsthaft allenfalls dann stellen kann, wenn der Tatrichter seine Überzeugung von der Wahrheit oder Unwahrheit streitiger Parteibehauptungen allein auf die Bekundungen eines Zeugen der einen Seite stützt, spielt daher auch in diesem Zusammenhang keine Rolle.
Nobbe Bungeroth Joeres
Mayen Appl

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 11. Feb. 2003 - XI ZR 153/02

Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Beschluss, 11. Feb. 2003 - XI ZR 153/02

Referenzen - Gesetze

Zivilprozessordnung - ZPO | § 543 Zulassungsrevision


(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie1.das Berufungsgericht in dem Urteil oder2.das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassungzugelassen hat. (2) Die Revision ist zuzulassen, wenn1.die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 103


(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör. (2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde. (3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafge

Zivilprozessordnung - ZPO | § 544 Nichtzulassungsbeschwerde


(1) Die Nichtzulassung der Revision durch das Berufungsgericht unterliegt der Beschwerde (Nichtzulassungsbeschwerde). (2) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist nur zulässig, wenn1.der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20 000 Eur
Bundesgerichtshof Beschluss, 11. Feb. 2003 - XI ZR 153/02 zitiert 6 §§.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 543 Zulassungsrevision


(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie1.das Berufungsgericht in dem Urteil oder2.das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassungzugelassen hat. (2) Die Revision ist zuzulassen, wenn1.die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 103


(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör. (2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde. (3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafge

Zivilprozessordnung - ZPO | § 544 Nichtzulassungsbeschwerde


(1) Die Nichtzulassung der Revision durch das Berufungsgericht unterliegt der Beschwerde (Nichtzulassungsbeschwerde). (2) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist nur zulässig, wenn1.der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20 000 Eur

Zivilprozessordnung - ZPO | § 448 Vernehmung von Amts wegen


Auch ohne Antrag einer Partei und ohne Rücksicht auf die Beweislast kann das Gericht, wenn das Ergebnis der Verhandlungen und einer etwaigen Beweisaufnahme nicht ausreicht, um seine Überzeugung von der Wahrheit oder Unwahrheit einer zu erweisenden Ta

Referenzen - Urteile

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Referenzen

Auch ohne Antrag einer Partei und ohne Rücksicht auf die Beweislast kann das Gericht, wenn das Ergebnis der Verhandlungen und einer etwaigen Beweisaufnahme nicht ausreicht, um seine Überzeugung von der Wahrheit oder Unwahrheit einer zu erweisenden Tatsache zu begründen, die Vernehmung einer Partei oder beider Parteien über die Tatsache anordnen.

(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie

1.
das Berufungsgericht in dem Urteil oder
2.
das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung
zugelassen hat.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.
Das Revisionsgericht ist an die Zulassung durch das Berufungsgericht gebunden.

(1) Die Nichtzulassung der Revision durch das Berufungsgericht unterliegt der Beschwerde (Nichtzulassungsbeschwerde).

(2) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist nur zulässig, wenn

1.
der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20 000 Euro übersteigt oder
2.
das Berufungsgericht die Berufung als unzulässig verworfen hat.

(3) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber bis zum Ablauf von sechs Monaten nach der Verkündung des Urteils bei dem Revisionsgericht einzulegen. Mit der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des Urteils, gegen das die Revision eingelegt werden soll, vorgelegt werden.

(4) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber bis zum Ablauf von sieben Monaten nach der Verkündung des Urteils zu begründen. § 551 Abs. 2 Satz 5 und 6 gilt entsprechend. In der Begründung müssen die Zulassungsgründe (§ 543 Abs. 2) dargelegt werden.

(5) Das Revisionsgericht gibt dem Gegner des Beschwerdeführers Gelegenheit zur Stellungnahme.

(6) Das Revisionsgericht entscheidet über die Beschwerde durch Beschluss. Der Beschluss soll kurz begründet werden; von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist, oder wenn der Beschwerde stattgegeben wird. Die Entscheidung über die Beschwerde ist den Parteien zuzustellen.

(7) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils. § 719 Abs. 2 und 3 ist entsprechend anzuwenden. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch das Revisionsgericht wird das Urteil rechtskräftig.

(8) Wird der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision stattgegeben, so wird das Beschwerdeverfahren als Revisionsverfahren fortgesetzt. In diesem Fall gilt die form- und fristgerechte Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde als Einlegung der Revision. Mit der Zustellung der Entscheidung beginnt die Revisionsbegründungsfrist.

(9) Hat das Berufungsgericht den Anspruch des Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt, so kann das Revisionsgericht abweichend von Absatz 8 in dem der Beschwerde stattgebenden Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und den Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverweisen.

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie

1.
das Berufungsgericht in dem Urteil oder
2.
das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung
zugelassen hat.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.
Das Revisionsgericht ist an die Zulassung durch das Berufungsgericht gebunden.

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie

1.
das Berufungsgericht in dem Urteil oder
2.
das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung
zugelassen hat.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.
Das Revisionsgericht ist an die Zulassung durch das Berufungsgericht gebunden.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XI ZR 71/02
vom
1. Oktober 2002
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
_____________________

a) Zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 543 Abs. 2 Satz 1
Nr. 2 Alt. 2 ZPO) ist die Revision nur in Fällen der Divergenz sowie der
Wiederholungs- oder Nachahmungsgefahr zuzulassen. Darüber hinaus
werden Rechtsfehler im Einzelfall von diesem Zulassungsgrund auch
dann nicht erfaßt, wenn sie offensichtlich oder besonders schwerwiegend
sind oder einen Verstoß gegen Verfahrensgrundrechte enthalten.

b) Grundsätzliche Bedeutung (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO) kann einer
Sache zukommen, wenn sie Rechtsfragen aufwirft, die in einer unbestimmten
Vielzahl von Fällen auftreten können, oder wenn andere Auswirkungen
des Rechtsstreits auf die Allgemeinheit deren Interessen in
besonderem Maße berühren. Darüber hinaus begründen Rechtsfehler im
Einzelfall ausnahmsweise dann eine grundsätzliche Bedeutung der Sache
, wenn offenkundig ist, daß die angefochtene Entscheidung sich als
objektiv willkürlich darstellt oder Verfahrensgrundrechte des Beschwerdeführers
verletzt, und wenn jeweils nicht zweifelhaft erscheint, daß das
Bundesverfassungsgericht sie auf eine Verfassungsbeschwerde hin aufheben
würde.

c) Eine ordnungsgemäße Darlegung (§ 544 Abs. 2 Satz 3 ZPO) setzt vor-
aus, daß der Beschwerdeführer die Zulassungsgründe, auf die er die Beschwerde
stützt, benennt und zu deren Voraussetzungen so substantiiert
vorträgt, daß das Revisionsgericht allein anhand der Lektüre der Beschwerdebegründung
und des Berufungsurteils die Voraussetzungen der
Zulassung prüfen kann.
BGH, Beschluß vom 1. Oktober 2002 - XI ZR 71/02 - OLG Stuttgart
LG Stuttgart
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch den Vorsitzenden
Richter Nobbe, die Richter Dr. Bungeroth, Dr. Müller, Dr. Wassermann
und die Richterin Mayen
am 1. Oktober 2002

beschlossen:
Die Beschwerde der Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 11. Februar 2002 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren beträgt 409.033,50

Gründe:


I.


Die Klägerin nimmt die Beklagten aus einer gepfändeten und ihr zur Einziehung überwiesenen Darlehensforderung in Anspruch.
Mit schriftlichem Vertrag vom 15. November 1992 gewährte die P. GmbH, später unfirmiert in V. für I. GmbH, den Beklagten ein verzinsliches Darlehen in Höhe von 800.000 DM. Der Darlehensvertrag wurde für die Darlehensgeberin von dem Beklagten zu 1) unterzeichnet, der
zum damaligen Zeitpunkt und noch bis Ende Juni 1998 allein vertre- tungsberechtigter und von den Beschränkungen des § 181 BGB befreiter Geschäftsführer der P. GmbH war. Gemäß Ziffer 4 des Darlehensvertrages sollte die Rückzahlung des Darlehens durch Verrechnung der Guthaben des Beklagten zu 1) auf dem Gesellschafterverrechnungskonto erfolgen. Die Darlehenssumme wurde im November 1992 und Februar 1993 ausgezahlt. Für die V. für I. GmbH wurde im Juli 1998 Konkursantrag gestellt; dieser wurde mangels Masse abgewiesen.
Mit Pfändungs- und Überweisungsbeschluß vom 28. September 1999 wurde die Darlehensforderung der V. für I. GmbH gegen die Beklagten gepfändet und der Klägerin zur Einziehung überwiesen.
Die Beklagten berufen sich auf Erfüllung. Sie wenden, gestützt auf vorgelegte Ablichtungen des Buchungsjournals von 1993, auf von dem Beklagten zu 1) für die P. GmbH unterzeichnete Verrechnungsbestätigungen und auf einen in Ablichtung vorgelegten, mit dem Datum 3. März 1997 versehenen und von dem Beklagten zu 1) abgezeichneten "erledigt" -Stempel auf dem Darlehensvertrag, ein, die Darlehensschuld sei durch Verrechnung mit Guthaben des Beklagten zu 1) auf dem Gesellschafterverrechnungskonto erloschen.
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben, die Berufung der Beklagten wurde zurückgewiesen. Das Berufungsgericht hat zur Begründung ausgeführt, die Beklagten hätten den ihnen obliegenden Beweis der Erfüllung der Darlehensschuld nicht geführt. Es hat die Revision nicht zugelassen.
Hiergegen richtet sich die Nichtzulassungsbeschwerde der Beklagten , mit der diese geltend machen, eine Entscheidung des Revisionsgerichts sei zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfor- derlich; der Sache komme darüber hinaus grundsätzliche Bedeutung zu. Die Beklagten begründen ihren Antrag mit einem Verstoß gegen Verfahrensgrundrechte , insbesondere gegen den Anspruch auf rechtliches Gehör. Sie meinen, eine einheitliche Rechtsprechung sei nicht mehr gesichert , wenn einem Darlehensnehmer deswegen, weil er von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit gewesen sei, der Beweiswert von Urkunden abgesprochen werde und diese als "schlichte Parteierklärungen" gewürdigt würden. § 181 BGB, von dem im Rechtsverkehr durchweg Gebrauch gemacht werde, werde dadurch unterlaufen. Das Berufungsgericht habe im übrigen Beweisantritte der Beklagten auf Einholung eines betriebswirtschaftlichen Sachverständigengutachtens zum Beweis der Richtigkeit des vorgelegten Buchungsjournals und auf Vernehmung von Zeugen übergangen und dadurch das Recht der Beweisführung für einen Darlehensnehmer für die Rückzahlung des Darlehens in einer weit über den Einzelfall hinausgehenden Bedeutung eingeschränkt.

II.


Die Nichtzulassungsbeschwerde der Beklagten ist unzulässig, jedenfalls aber unbegründet, weil es an einer den Anforderungen der § 543 Abs. 2 Satz 1, § 544 Abs. 2 Satz 3 ZPO entsprechenden Beschwerdebegründung fehlt. Es kann daher offenbleiben, ob die Beklagten auch dem aus § 26 Nr. 8 EGZPO sich ergebenden Erfordernis der Darlegung einer mit der beabsichtigten Revision erstrebten Abänderung des Berufungs-
urteils in einem die Wertgrenze von 20.000 (vgl. BGH, Beschluß vom 27. Juni 2002 - V ZR 148/02, NJW 2002, 2720, 2721) mangels ausdrücklicher Angaben zu diesem Punkt nicht nachgekommen sind.
Gemäß § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO ist die Revision zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert. Diese Zulassungsgründe müssen gemäß § 544 Abs. 2 Satz 3 ZPO in der Beschwerdebegründung dargelegt werden. "Darlegen" bedeutet schon nach allgemeinem Sprachgebrauch mehr als nur einen allgemeinen Hinweis; "etwas darlegen" bedeutet vielmehr soviel wie "erläutern", "erklären" oder "näher auf etwas eingehen" (so BVerwG 13, 90, 91; BVerwG, Beschluß vom 23. November 1995 - 9 B 362/95, NJW 1996, 1554 zu § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO). Die bloße Behauptung eines Zulassungsgrunds reicht dazu nicht aus (BFH, Beschlüsse vom 14. August 2001 - XI B 57/01, BFH/NV 2002, 51, 52 und vom 21. Februar 2002 - XI B 39/01, BFH/NV 2002, 1035 zu § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO). Der Beschwerdeführer hat die Zulassungsgründe, auf die er die Beschwerde stützt, zu benennen und zu deren Voraussetzungen substantiiert vorzutragen (vgl. Musielak /Ball, 3. Aufl. ZPO § 544 Rdn. 17). Das Revisionsgericht muß dadurch in die Lage versetzt werden, allein anhand der Lektüre der Beschwerdebegründung und des Berufungsurteils die Voraussetzungen für die Zulassung zu prüfen. Es soll davon entlastet werden, die Voraussetzungen der Zulassung anhand der Akten ermitteln zu müssen (so auch BFH, Beschluß vom 17. Oktober 2001 - III B 97/01, BFH/NV 2002, 366, 367 zu § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO). In inhaltlicher Hinsicht richten sich die
an den Vortrag zu stellenden Anforderungen nach dem jeweils geltend gemachten Zulassungsgrund.
Die Beklagten haben die Voraussetzungen der von ihnen geltend gemachten Zulassungsgründe in der Begründung ihrer Nichtzulassungsbeschwerde nicht ordnungsgemäß vorgetragen.
1. Das gilt zum einen für den von den Beklagten geltend gemachten Zulassungsgrund der Erforderlichkeit einer Entscheidung des Revisionsgerichts zur Sicherung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Alt. 2 ZPO).
Zur Sicherung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung ist eine Entscheidung des Revisionsgerichts erforderlich, wenn nur so zu vermeiden ist, daß schwer erträgliche Unterschiede in der Rechtsprechung entstehen oder fortbestehen, wobei es darauf ankommt, welche Bedeutung die angefochtene Entscheidung für die Rechtsprechung im ganzen hat (BegrRegE ZPO-RG, BT-Drucks. 14/4722, S. 104; BGHSt 24, 15, 22 zu § 80 Abs. 1 Nr 2 OWiG).

a) Das kommt zunächst in Betracht bei Divergenz, d.h. wenn in der angefochtenen Entscheidung ein abstrakter Rechtssatz aufgestellt wird, der von einem in anderen Entscheidungen eines höheren oder eines gleichgeordneten Gerichts aufgestellten abstrakten Rechtssatz abweicht (BGH, Beschluß vom 4. Juli 2002 - V ZR 75/02, WM 2002, 1811, 1812; Beschluß vom 25. Juli 2002 - V ZR 118/02, WM 2002, 1899, 1900; zu dem gleichlautenden § 574 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 ZPO: BGH, Beschluß vom 29. Mai 2002 - V ZB 11/02, WM 2002, 1567, 1568 m.w.Nachw., zum Ab-
druck in BGHZ vorgesehen; Beschluß vom 4. Juli 2002 - V ZB 16/02, WM 2002, 1896, 1898 m.w.Nachw., zum Abdruck in BGHZ vorgesehen). Um eine Divergenz ordnungsgemäß darzulegen, ist es erforderlich, die Vorentscheidung, zu der die Divergenz geltend gemacht wird, konkret zu benennen und zu zitieren, die angeblich divergierenden entscheidungserheblichen abstrakten Rechtssätze aus dieser Vorentscheidung und aus der angefochtenen Entscheidung herauszustellen sowie vorzutragen, inwiefern diese nicht übereinstimmen (so zu § 116 Abs. 3 Satz 3, § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO BFH, Beschluß vom 5. Dezember 2001 - IX B 85/01, BFH/NV 2002, 529 m.w.Nachw.).
Diesem Erfordernis sind die Beklagten nicht gerecht geworden. Sie haben nicht einmal konkrete Entscheidungen anderer Gerichte benannt, von denen das Berufungsurteil abweichen könnte. Erst recht fehlt es an der Herausstellung abstrakter Rechtssätze im Berufungsurteil einerseits und in anderen Entscheidungen andererseits, zwischen denen eine Divergenz bestehen könnte.

b) Eine Revisionszulassung unter dem Gesichtspunkt der Sicherung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung kommt ferner in Betracht, wenn einem Gericht bei der Anwendung von Rechtsnormen des revisiblen Rechts (§ 545 ZPO) Fehler unterlaufen, die die Wiederholung durch dasselbe Gericht oder die Nachahmung durch andere Gerichte erwarten lassen, und wenn dadurch so schwer erträgliche Unterschiede in der Rechtsprechung zu entstehen oder fortzubestehen drohen, daß eine höchstrichterliche Leitentscheidung notwendig ist. Das kann insbesondere dann der Fall sein, wenn das Berufungsgericht - auch ohne daß sich dem angefochtenen Urteil ein divergierender abstrakter Rechtssatz (vgl.
dazu oben unter a) entnehmen ließe - in ständiger Praxis oder in einer Weise, die Wiederholungen oder Nachahmungen besorgen läßt, eine höchstrichterliche Rechtsprechung nicht berücksichtigt (so zu § 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO BGH, Beschluß vom 29. Mai 2002 aaO; zu § 80 Abs. 1 Nr. 2 OWiG BGHSt 24, 15, 22). Diese Erfordernisse lassen sich dahin zusammenfassen, daß ein Rechtsfehler des Berufungsgerichts mit "symptomatischer Bedeutung" die Zulassung der Revision unter dem Gesichtspunkt der Sicherung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung zu rechtfertigen vermag (so zu § 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO BGH, Beschluß vom 29. Mai 2002 aaO).
Um die Voraussetzungen einer Revisionszulassung unter diesem Gesichtspunkt ordnungsgemäß darzulegen, muß der Beschwerdeführer nicht nur einen Rechtsfehler des Berufungsgerichts benennen, sondern darüber hinaus auch konkrete Angaben zur symptomatischen Bedeutung des Fehlers machen. Dabei ist darzulegen und zu belegen, daß es sich bereits um eine ständige Praxis des Berufungsgerichts handelt, oder darzulegen, daß und warum eine Wiederholung oder Nachahmung konkret zu besorgen ist. Gegebenenfalls muß auch die geltend gemachte Nichtbeachtung einer höchstrichterlichen Rechtsprechung mit entsprechenden Entscheidungszitaten konkret dargelegt werden.
Auch diese Erfordernisse haben die Beklagten nicht erfüllt. Zur symptomatischen Bedeutung der von ihnen geltend gemachten angeblichen Rechtsfehler des Berufungsgerichts haben sie nichts vorgetragen.

c) Keinen Grund für die Zulassung der Revision zur Sicherung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung bieten dagegen - unabhängig von
Gewicht und Evidenz sowie davon, ob es sich um materielle oder Verfahrensfehler handelt - Rechtsfehler im Einzelfall, die weder eine Divergenz in der Rechtsprechung hervortreten lassen (vgl. dazu oben unter 1. a) noch eine Wiederholungsgefahr oder Nachahmungsgefahr begründen (vgl. dazu oben unter 1. b).
aa) Die Schwere und die Evidenz eines Rechts- oder Verfahrensfehlers , den ein Urteil in einem Einzelfall aufweist, sind nach dem Wortlaut des § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Alt. 2 ZPO, aus dem sich der maßgebliche objektivierte Wille des Gesetzgebers ergibt (BVerfGE 11, 126, 130), ohne jede Bedeutung.
(1) Eine Differenzierung nach dem Gewicht des Fehlers, den ein in einem Einzelfall ergangenes Urteil aufweist, ist mit dem Wortlaut des § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Alt. 2 ZPO, der auf die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung abstellt, unvereinbar. Der Wortlaut erfaßt auch einfache Rechtsfehler, wenn zusätzlich die Voraussetzungen der Divergenz oder der Wiederholungs- oder Nachahmungsgefahr gegeben sind. Ein Zusammenhang zwischen dem Gewicht des Rechtsfehlers und seiner Auswirkung auf die Einheitlichkeit der Rechtsprechung besteht nicht. Insbesondere läßt sich nicht feststellen, daß ein schwerwiegender Rechtsfehler eher wiederholt wird oder Nachahmung findet als ein leichter. Nach der Lebenserfahrung kann eher vom Gegenteil ausgegangen werden. Auch der Rang der verletzten Norm ist insoweit ohne jede Bedeutung (so zu § 80 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 2 OWiG: Steindorf, in: Karlsruher Kommentar zum OWiG 2. Aufl. § 80 Rdn. 26). Ebensowenig läßt sich dem Wortlaut eine Differenzierung nach materiellen oder Verfahrensfehlern entnehmen.

(2) Auch eine Differenzierung nach der Evidenz eines Rechtsfeh- lers findet im Wortlaut des § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Alt. 2 ZPO keine Stütze. Daß ein in einem Einzelfall ergangenes evident unrichtiges Urteil die Einheitlichkeit der Rechtsprechung stärker gefährdet als ein nicht offensichtlich unrichtiges, ist nicht ersichtlich. Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat dementsprechend zum gleichlautenden Tatbestandsmerkmal der "Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung" in § 80 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 2 OWiG entschieden, daß eine Fehlentscheidung in einem Einzelfall die Zulassung der Rechtsbeschwerde nicht rechtfertigt, auch wenn der Rechtsfehler offensichtlich ist (BGHSt 24, 15, 22). Nichts spricht dafür, daß die insoweit wörtlich gleichlautende Bestimmung des § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Alt. 2 ZPO anders auszulegen wäre.
bb) Insbesondere geben die Materialien des Gesetzes zur Reform des Zivilprozesses dazu keinen Anlaß. In der Begründung des Regierungsentwurfs heißt es an einer Stelle zwar, materielle oder formelle Fehler bei der Auslegung oder Anwendung revisiblen Rechts berührten über den Einzelfall hinaus allgemeine Interessen nachhaltig, wenn sie von erheblichem Gewicht und geeignet seien, das Vertrauen in die Rechtsprechung zu beschädigen. Dazu gehörten vor allem die Fälle, in denen Verfahrensgrundrechte, namentlich die Grundrechte auf Gewährung des rechtlichen Gehörs und auf ein objektiv willkürfreies Verfahren, verletzt seien (BT-Drucks. 14/4722, S. 104). Diese Ansicht des Regierungsentwurfs hat aber im Wortlaut des § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Alt. 2 ZPO ("Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung") keinen Ausdruck gefunden und ist deshalb für dessen Auslegung unbeachtlich (vgl. BVerfGE 11, 126, 129 f.; 54, 277, 298). Insbesondere stellt § 543 Abs. 2
Satz 1 Nr. 2 Alt. 2 ZPO nicht auf das in der Gesetzesbegründung er- wähnte Vertrauen in die Rechtsprechung ab, sondern auf die davon zu unterscheidende Einheitlichkeit der Rechtsprechung. Das Vertrauen der Allgemeinheit in die Rechtsprechung ist vielmehr, wie unten noch darzulegen ist, nur bei der Auslegung des Zulassungsgrundes der grundsätzlichen Bedeutung von Belang.
cc) Soweit der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs demgegenüber in zwei Beschlüssen vom 4. Juli 2002 (V ZB 16/02, WM 2002, 1896, 1898 und V ZB 75/02, WM 2002, 1811, 1812) sowie in einem weiteren Beschluß vom 25. Juli 2002 (V ZR 118/02, WM 2002, 1899, 1900) die Ansicht vertreten hat, schwerwiegende offensichtliche Fehler bei der Anwendung revisiblen Rechts, insbesondere eine offensichtliche Verletzung von Verfahrensgrundrechten, machten zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung die Zulassung der Revision bzw. einer Rechtsbeschwerde erforderlich, weil dadurch über die Einzelfallentscheidung hinaus die Interessen der Allgemeinheit nachhaltig berührt würden, vermag der XI. Zivilsenat dem nicht zu folgen. In Fällen einer offensichtlichen Verletzung von Verfahrensgrundrechten oder eines ebensolchen Verstoßes gegen das Willkürverbot kommt vielmehr ohne eine Divergenz oder Wiederholungs- oder Nachahmungsgefahr nur die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung in Betracht.
Anlaß für ein Verfahren nach § 132 Abs. 2 und 3 oder 4 GVG besteht nicht, weil sich die Abweichung in allen entschiedenen Fällen auf die Begründung beschränkt und den von der hier vertretenen Ansicht abweichenden Erwägungen des V. Zivilsenats zur Reichweite des Zulassungsgrundes der Sicherung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung kei-
ne tragende Bedeutung zukam; in allen drei genannten Entscheidungen hat der V. Zivilsenat jeweils die Nichtzulassungsbeschwerde zurückge- wiesen bzw. die Rechtsbeschwerde als unzulässig verworfen.
2. Für den von den Beklagten geltend gemachten Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO) fehlt ebenfalls der erforderliche substantiierte Vortrag.
Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache, wenn sie eine entscheidungserhebliche, klärungsbedürftige und klärungsfähige Rechtsfrage aufwirft, die über den Einzelfall hinaus Bedeutung für die Allgemeinheit hat (BGH, Beschlüsse vom 4. Juli 2002 - V ZR 75/02, WM 2002, 1811 und V ZB 16/02, WM 2002, 1896, 1897; jeweils m.w.Nachw.). Dies entspricht im Grundsatz dem Wortverständnis, das dem bereits in § 546 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1, § 554 b Abs. 1 ZPO a.F. sowie in zahlreichen Vorschriften über die Zulassung der Revision in anderen Verfahrensordnungen (§ 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG, § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO, § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG, § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO, § 219 Abs. 2 Nr. 1 BEG, § 83 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG, § 100 Abs. 2 Nr. 1 PatentG, § 74 Abs. 2 Nr. 1 GWB) enthaltenen Begriff der grundsätzlichen Bedeutung durch die höchstrichterliche Rechtsprechung beigemessen worden ist (vgl. BGHZ 2, 396, 397; BAG, Beschluß vom 5. Dezember 1979 - 4 AZN 41/79, NJW 1980, 1812, 1813; BVerwGE 13, 90, 91 f.; BVerwG, Beschluß vom 19. August 1997 - 7 B 261/97, NJW 1997, 3328; BFH, u.a. Beschlüsse vom 11. November 1997 - VII B 265/96, BFH/NV 1998, 753, 754, vom 18. Februar 1998 - VII B 253/97, BFH/NV 1998, 990 und vom 30. Juli 1998 - VII B 73/98, BFH/NV 1999, 204). Die Systematik des § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO weicht allerdings darin von derjenigen des § 546 Abs. 1 Satz 2 ZPO a.F., § 72
Abs. 2 ArbGG, § 132 Abs. 2 VwGO, § 160 Abs. 1 SGG ab, daß sie die grundsätzliche Bedeutung als eigenen Zulassungsgrund neben die weiteren Zulassungsgründe der Fortbildung des Rechts und der Sicherung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung stellt. Daraus ergibt sich, daß als Kriterien für die Beurteilung der allgemeinen Bedeutung einer Rechtssache nicht lediglich die Gesichtspunkte der Rechtsfortbildung und der Erhaltung der Rechtseinheit, sondern auch weitere Gesichtspunkte in Betracht kommen (Musielak/Ball, 3. Aufl. ZPO § 543 Rdn. 4).

a) Grundsätzliche Bedeutung kann einer Rechtssache zum einen dann zukommen, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die nicht nur entscheidungserheblich , klärungsbedürftig und klärungsfähig ist, sondern darüber hinaus auch in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen auftreten kann (BGH, Beschluß vom 4. Juli 2002 - V ZB 16/02, WM 2002, 1896, 1897). Das kann insbesondere bei Musterprozessen und Verfahren, in denen die Auslegung typischer Vertragsbestimmungen, Tarife, Formularverträge oder allgemeiner Geschäftsbedingungen erforderlich wird, aber auch in sonstigen Fällen, in denen Leitentscheidungen des Revisionsgerichts notwendig erscheinen, der Fall sein (Büttner MDR 2001, 1201, 1203).
Um unter diesem Gesichtspunkt die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache ordnungsgemäß darzulegen, ist es erforderlich, die durch das Berufungsurteil aufgeworfene Rechtsfrage konkret zu benennen sowie ihre Klärungsbedürftigkeit und ihre Bedeutung für eine unbestimmte Vielzahl von Fällen im einzelnen aufzuzeigen (BVerwGE 13, 90, 91; BFH, Beschluß vom 30. August 2001 - IV B 79, 80/01, DB 2001, 2429, 2431; Beschluß vom 13. September 2001 - IV B 87/01, BFH/NV 2002, 352,
353). Dabei müssen insbesondere auch Ausführungen darüber gemacht werden, aus welchen Gründen, in welchem Umfang und von welcher Seite die Rechtsfrage umstritten ist (BFH, Beschluß vom 30. August 2001 aaO).
Auch diesen Anforderungen genügt die Beschwerdebegründung der Beklagten nicht. Die Beklagten haben zwar verschiedene angebliche Rechtsfehler des Berufungsurteils geltend gemacht, aber weder eine durch das Urteil aufgeworfene konkrete Rechtsfrage herausgearbeitet noch Ausführungen zu ihrer Klärungsbedürftigkeit, insbesondere zu einem sie betreffenden Meinungsstreit, gemacht.

b) Grundsätzliche, über den Einzelfall hinausreichende Bedeutung kann eine Rechtssache auch dann haben, wenn es zwar nicht um die Klärung einer für eine Vielzahl von Fällen bedeutsamen Rechtsfrage geht, aber andere Auswirkungen des Rechtsstreits auf die Allgemeinheit deren Interessen in besonderem Maße berühren und ein Tätigwerden des Revisionsgerichts erforderlich machen. Dies kann sich insbesondere aus dem tatsächlichen oder wirtschaftlichen Gewicht der Sache für den Rechtsverkehr ergeben (BGHZ 2, 396, 397; BAGE 2, 26, 30; BegrRegE ZPO-RG, BT-Drucks. 14/4722 S. 105).
Die ordnungsgemäße Darlegung einer grundsätzlichen Bedeutung unter diesem Gesichtspunkt setzt voraus, daß die tatsächlichen oder wirtschaftlichen Auswirkungen des Rechtsstreits auf die Allgemeinheit konkret dargestellt werden. Darüber hinaus sind Ausführungen darüber erforderlich, warum das Interesse der Allgemeinheit ein korrigierendes Eingreifen des Revisionsgerichts erforderlich macht.

An den danach erforderlichen konkreten Angaben fehlt es im vorliegenden Fall. Die pauschale Behauptung der Beklagten, die berufungsgerichtliche Handhabung der Darlegungs- und Beweislast unterlaufe die Vorschrift des § 181 BGB, von der in der Rechtswirklichkeit viel Gebrauch gemacht werde, genügt nicht. Sie vermag die fehlende konkrete Darstellung der angeblichen tatsächlichen oder wirtschaftlichen Auswirkungen des Rechtsstreits auf die Allgemeinheit nicht zu ersetzen.

c) Grundsätzliche, über den Einzelfall hinausreichende Bedeutung hat eine Rechtssache schließlich auch dann, wenn die angefochtene Entscheidung sich als objektiv willkürlich darstellt oder Verfahrensgrundrechte des Beschwerdeführers verletzt und jeweils nicht zweifelhaft erscheint , daß das Bundesverfassungsgericht sie auf eine Verfassungsbeschwerde hin aufheben würde. Daß eine Entscheidung in sonstiger Weise rechtsfehlerhaft ist, genügt allein nicht, auch wenn es sich um einen schwerwiegenden Rechtsfehler handelt.
Wie oben dargelegt, folgt aus der anders gestalteten Systematik des § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO im Vergleich zu der von § 546 Abs. 1 Satz 2 ZPO a.F. sowie des § 72 Abs. 2 ArbGG, § 132 Abs. 2 VwGO, § 160 Abs. 1 SGG, daß der Begriff der grundsätzlichen Bedeutung eine gewisse Ausweitung erfahren hat und die Gesichtspunkte der Fortbildung des Rechts und der Sicherung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung ihn nicht ausschöpfen. Dieser Begriff erfaßt nunmehr über die herkömmliche, oben unter 2. a) und b) dargelegte Bedeutung hinaus auch andere Fälle, in denen nicht nur die unterlegene Prozeßpartei, sondern auch die All-
gemeinheit ein unabweisbares Interesse an einer Korrektur des Berufungsurteils hat (vgl. Musielak/Ball, ZPO 3. Aufl. § 543 Rdn. 4).
Für eine solche Auslegung sprechen auch die Gesetzesmaterialien. Danach soll mit der Erweiterung der Zulassungsgründe und dem damit verbundenen erweiterten Verständnis der "grundsätzlichen Bedeutung einer Rechtssache" künftig auch die Zulassung von Revisionen in Betracht kommen, wenn eine Ergebniskorrektur wegen offensichtlicher Unrichtigkeit oder wegen der Verletzung eines Verfahrensgrundrechts geboten erscheint (BegrRegE ZPO-RG, BT-Drucks. 14/4722 S. 67).
Das danach unverzichtbare Interesse der Allgemeinheit an einem korrigierenden Eingreifen des Revisionsgerichts kann in der Praxis nur in seltenen Ausnahmefällen bejaht werden. In aller Regel hat die Allgemeinheit an der Entscheidung eines gewöhnlichen Zivilrechtsstreits kein Interesse. Belange der Allgemeinheit werden auch dann nicht nachhaltig berührt, wenn dieser Streit unrichtig entschieden wurde. Daran ändert sich grundsätzlich auch dann nichts, wenn dem Gericht bei einer Einzelfallentscheidung schwerwiegende Rechtsfehler unterlaufen sind. Nicht offenkundige Fehler sind von vornherein nicht geeignet, das Vertrauen der Allgemeinheit in die Rechtsprechung als Ganzes zu erschüttern. Erst ein Urteil, das zweifelsfrei objektiv gegen das Willkürverbot des Art. 3 Abs. 1 GG verstößt oder Verfahrensgrundrechte verletzt und darauf beruht , kann das Vertrauen in die Rechtsprechung insgesamt beschädigen.
Offenkundig ist ein solcher Fehler nur dann, wenn die Grundrechtsverletzung sich geradezu aufdrängt. Das ist nur bei Rechtsfehlern der Fall, die in wenigen Sätzen zweifelsfrei aufgezeigt werden können.
Eine ordnungsgemäße Darlegung einer grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache unter diesem Gesichtspunkt setzt dabei voraus, daß der Beschwerdeführer angibt, welches Grundrecht verletzt sein soll, in welchem Verhalten des Berufungsgerichts die Verletzung liegen soll, daß die angefochtene Entscheidung darauf beruht und daß unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nicht zweifelhaft sein kann, daß das angegriffene Urteil einer Nachprüfung durch das Bundesverfassungsgericht nicht standhalten würde (so für den in § 80 Abs. 1 Nr. 2 OWiG ausdrücklich geregelten Rechtsbeschwerdezulassungsgrund der Versagung des rechtlichen Gehörs: BVerfG NJW 1992, 2811, 2812; Göhler/König/Seitz, OWiG 13. Aufl. § 80 Rdn. 16 a; Rebmann/Roth/Herrmann, OWiG 3. Aufl. § 80 Rdn. 8; jeweils m.w.Nachw.).
Diesen Anforderungen wird die Beschwerdebegründung hier ersichtlich nicht gerecht. Die Beklagten behaupten zwar, das Berufungsgericht habe Beweisantritte übergangen. Das genügt zur Darlegung einer Verletzung des Anspruchs auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) aber nicht. Voraussetzung einer solchen Rechtsverletzung wäre vielmehr weiter, daß die Beweisantritte rechtswidrig übergangen worden wären. Art. 103 Abs. 1 GG verwehrt es den Gerichten nämlich nicht, das Vorbringen eines Verfahrensbeteiligten aus Gründen des formellen oder materiellen Rechts außer Betracht zu lassen (BVerfGE 60, 96, 100; 60, 305, 310; 63, 80, 85; 70, 288, 294). Das Übergehen von Beweisantritten kann einen Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG daher nur
dann begründen, wenn die Beweisantritte nach der rechtlichen Lösung des Berufungsgerichts entscheidungserheblich gewesen wären. Dazu haben die Beklagten nichts vorgetragen.
Nobbe Bungeroth Müller
Wassermann Mayen

(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie

1.
das Berufungsgericht in dem Urteil oder
2.
das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung
zugelassen hat.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.
Das Revisionsgericht ist an die Zulassung durch das Berufungsgericht gebunden.