Bundesgerichtshof Beschluss, 29. Nov. 2006 - XII ZB 9/04

bei uns veröffentlicht am29.11.2006
vorgehend
Landgericht Berlin, , 23 O 74/99
Kammergericht, 20 U 9691/99, 15.12.2003

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 9/04
vom
29. November 2006
in dem Rechtsstreit
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 29. November 2006 durch
die Vorsitzende Richterin Dr. Hahne, die Richter Fuchs, Dr. Ahlt, die Richterin
Dr. Vézina und den Richter Dose

beschlossen:
Die Anhörungsrügen der Klägerinnen gegen den Senatsbeschluss vom 28. Juni 2006 werden auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Gründe:

1
Die Anhörungsrügen sind zulässig, aber nicht begründet.

2
I. Anhörungsrüge der Klägerin zu 1:
3
1. Die Klägerin zu 1 beanstandet, der Senat habe ihr Vorbringen im Rechtsbeschwerdeverfahren nicht vollständig zur Kenntnis genommen und dadurch einen Gehörsverstoß des Berufungsgerichts perpetuiert. Sie sei in ihrem Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs verletzt, weil das Kammergericht entgegen seiner Ankündigung nicht mündlich verhandelt habe. Der Senat gehe zu Unrecht davon aus, die angegriffene Entscheidung beruhe nicht auf diesem Verstoß. Wenn ein Gericht unter Verletzung von Art. 103 Abs. 1 GG keine mündliche Verhandlung durchgeführt habe, müsse mit der Rechtsbeschwerde nicht dargelegt werden, was in einer mündlichen Verhandlung über das schriftliche Vorbringen hinaus noch vorgetragen worden wäre. Der Vortrag einer Partei hänge maßgeblich vom Verlauf der Verhandlung und den Äußerungen des Gerichts ab. Bei einer derartigen Fallgestaltung müssten deshalb nur die objektiven Voraussetzungen für einen Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG dargelegt werden. Diese Auffassung entspreche den Entscheidungen des Bundesgerichtshofs vom 19. Januar 2006 (- I ZB 77/05 - MarkenR 2006, 346, 347) und vom 14. Oktober 1999 (- I ZB 15/97 -1 GRUR 2000, 512, 513).
4
2. Der Senat hat bei seiner Entscheidung den mit der Anhörungsrüge vorgetragenen Angriff bereits in vollem Umfang geprüft, aber für nicht durchgreifend erachtet.
5
a) Ein Widerspruch zu der zitierten Rechtsprechung des I. Zivilsenats liegt nicht vor. Den Entscheidungen lag jeweils ein Verstoß des Bundespatentgerichts gegen § 69 Nr. 1 MarkenG zugrunde, nach dem auf Antrag eines Beteiligten im Beschwerdeverfahren mündlich zu verhandeln ist. Habe nach den maßgeblichen Verfahrensvorschriften eine mündliche Verhandlung stattzufinden , begründe der Anspruch auf rechtliches Gehör das Recht einer beteiligten Partei, sich in dieser Verhandlung zu äußern (BGH Beschluss vom 14. Oktober 1999 aaO S. 513).
6
b) Vorliegend hatte das Berufungsgericht jedoch zivilprozessual nicht die Pflicht, mündlich zu verhandeln. Vielmehr konnte es durch Beschluss vom 15. Dezember 2003 das Rechtsmittel nach § 519 b Abs. 2 ZPO a.F. als unzulässig verwerfen, weil eine Verhandlung über die Zulässigkeit der Berufung der Klägerin zu 1 noch nicht stattgefunden hatte, über die nach dem Parteiwechsel allein zu entscheiden war. Der Hinweisbeschluss vom 11. August 2003, der u.a. einen "neuen Termin von Amts wegen" ankündigte, enthielt insoweit lediglich eine nicht bindende Anordnung gemäß § 329 Abs. 1 ZPO, von der das Kammergericht jederzeit wieder Abstand nehmen konnte. Der Verstoß des Beru- fungsgerichts gegen Art. 103 Abs. 1 GG liegt deshalb nicht im Unterlassen einer gebotenen mündlichen Verhandlung, sondern im Unterlassen eines Hinweises , nun doch eine Entscheidung ohne mündliche Verhandlung zu beabsichtigen. Bei einer Verletzung der richterlichen Hinweispflicht ist mit der Rechtsbeschwerde aber darzulegen, was im Falle der Gelegenheit zur Äußerung auf einen ordnungsgemäßen richterlichen Hinweis vorgetragen worden wäre (vgl. BGH Beschluss vom 11. Februar 2003 - XI ZR 153/02 - NJW-RR 2003, 1003, 1004). Die angegriffene Entscheidung des Oberlandesgerichts beruhte nicht auf dem Gehörsverstoß, weil die Rechtsbeschwerde ein schriftsätzliches Vorbringen der Klägerin zu 1 nicht dargelegt hat, das dem Kammergericht überhaupt Veranlassung zu einer mündlichen Verhandlung gegeben hätte.
7
3. Auch die weitere Rüge der Klägerin zu 1 hat keinen Erfolg. Sie behauptet , der Senat habe nicht zur Kenntnis genommen, dass sie in erster Instanz keinen Parteiwechsel erklärt habe. Sie sei vielmehr davon ausgegangen, bereits die Vorschriften des Umwandlungsgesetzes hätten zu einem Übergang des Prozessrechtsverhältnisses geführt. In seiner Entscheidung vom 28. Juni 2006 hat der Senat bei der objektiven Auslegung der im Schriftsatz vom 14. September 1999 enthaltenen prozessualen Erklärungen der Klägerinnen auch dieses Vorbringen in vollem Umfang überprüft, jedoch nicht für durchgreifend erachtet. Von einer näheren Begründung wird in entsprechender Anwendung von § 577 Abs. 6 Satz 3 ZPO abgesehen.
8
II. Anhörungsrüge der Klägerin zu 2:
9
Die Anhörungsrüge der Klägerin zu 2 hat ebenfalls keinen Erfolg. Sie enthält kein Vorbringen, dass der Senat nicht bereits bei seiner Entscheidung über die Rechtsbeschwerde berücksichtigt hat. Die Klägerin zu 2 ist durch den im Berufungsverfahren erklärten Parteiwechsel auf die Klägerin zu 1 aus dem Rechtsstreit ausgeschieden. Ihre Rechtsbeschwerde war damit unzulässig. Der Senat sieht auch hier von einer näheren Begründung entsprechend § 577 Abs. 6 Satz 3 ZPO ab.
Hahne Fuchs Ahlt Vézina Dose

Vorinstanzen:
LG Berlin, Entscheidung vom 22.09.1999 - 23 O 74/99 -
KG Berlin, Entscheidung vom 15.12.2003 - 20 U 9691/99 -

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 29. Nov. 2006 - XII ZB 9/04

Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Beschluss, 29. Nov. 2006 - XII ZB 9/04

Referenzen - Gesetze

Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 103


(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör. (2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde. (3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafge

Zivilprozessordnung - ZPO | § 577 Prüfung und Entscheidung der Rechtsbeschwerde


(1) Das Rechtsbeschwerdegericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Rechtsbeschwerde an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Rechtsbeschwerde a
Bundesgerichtshof Beschluss, 29. Nov. 2006 - XII ZB 9/04 zitiert 7 §§.

Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 103


(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör. (2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde. (3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafge

Zivilprozessordnung - ZPO | § 577 Prüfung und Entscheidung der Rechtsbeschwerde


(1) Das Rechtsbeschwerdegericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Rechtsbeschwerde an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Rechtsbeschwerde a

Zivilprozessordnung - ZPO | § 329 Beschlüsse und Verfügungen


(1) Die auf Grund einer mündlichen Verhandlung ergehenden Beschlüsse des Gerichts müssen verkündet werden. Die Vorschriften der §§ 309, 310 Abs. 1 und des § 311 Abs. 4 sind auf Beschlüsse des Gerichts, die Vorschriften des § 312 und des § 317 Abs. 2

Markengesetz - MarkenG | § 69 Mündliche Verhandlung


Eine mündliche Verhandlung findet statt, wenn 1. einer der Beteiligten sie beantragt,2. vor dem Bundespatentgericht Beweis erhoben wird (§ 74 Abs. 1) oder3. das Bundespatentgericht sie für sachdienlich erachtet.

Referenzen - Urteile

Bundesgerichtshof Beschluss, 29. Nov. 2006 - XII ZB 9/04 zitiert oder wird zitiert von 4 Urteil(en).

Bundesgerichtshof Beschluss, 29. Nov. 2006 - XII ZB 9/04 zitiert 2 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesgerichtshof Beschluss, 19. Jan. 2006 - I ZB 77/05

bei uns veröffentlicht am 19.01.2006

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS I ZB 77/05 vom 19. Januar 2006 in der Rechtsbeschwerdesache betreffend die IR-Marke 758 255 Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 19. Januar 2006 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Ullma

Bundesgerichtshof Beschluss, 11. Feb. 2003 - XI ZR 153/02

bei uns veröffentlicht am 11.02.2003

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS XI ZR 153/02 vom 11. Februar 2003 in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein _____________________ ZPO §§ 448, 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1, § 544 Abs. 2 Satz 3; GG Art. 103 Abs. 1 a) Eine Verletzung des Anspruchs au
2 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Bundesgerichtshof Beschluss, 29. Nov. 2006 - XII ZB 9/04.

Bundesgerichtshof Urteil, 04. Dez. 2014 - VII ZR 4/13

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BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL VII ZR 4/13 Verkündet am: 4. Dezember 2014 Seelinger-Schardt, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: ne

Oberlandesgericht Köln Urteil, 06. Feb. 2014 - 18 U 89/08

bei uns veröffentlicht am 06.02.2014

Tenor Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 18.01.2008 - 3 O 7/07 - wird zurückgewiesen. Die Kosten des Berufungsverfahrens werden der Klägerin auferlegt. Das vorliegende Urteil und die angefochtene

Referenzen

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
I ZB 77/05 vom
19. Januar 2006
in der Rechtsbeschwerdesache
betreffend die IR-Marke 758 255
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 19. Januar 2006 durch den
Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Ullmann und die Richter Dr. v. Ungern-Sternberg,
Prof. Dr. Bornkamm, Pokrant und Dr. Schaffert

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde der Widersprechenden wird der Beschluss des 27. Senats (Marken-Beschwerdesenats) des Bundespatentgerichts vom 24. Mai 2005 aufgehoben, soweit zum Nachteil der Widersprechenden entschieden worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Bundespatentgericht zurückverwiesen.
Der Gegenstandswert der Rechtsbeschwerde wird auf 50.000 € festgesetzt.

Gründe:


1
I. Die Widersprechende ist Inhaberin der für „Bekleidungsstücke und Schuhe“ eingetragenen nationalen Marke 396 30 087 Rossi Auf ihren Widerspruch hat das Deutsche Patent- und Markenamt der prioritätsjüngeren , u.a. für classe 18: Cuir et imitations du cuir, produits en ces matières non compris dans d’autres classes; sacs à main; malles et valises; parapluies , parasols et cannes. classe 25: Vêtements, chaussures, chapellerie.
international registrierten Bildmarke 758 255 ROSSI den Schutz für „Vêtements, chaussures, chapellerie“ versagt. Hinsichtlich der Waren der Klasse 18 hat das Amt eine Verwechslungsgefahr verneint.
2
Hiergegen hat sich die Widersprechende mit der Beschwerde gewandt, mit der sie die Schutzversagung der angegriffenen Marke auch für die Waren der Klasse 18 sowie die Rückzahlung der Beschwerdegebühr begehrt hat. Hilfsweise hat sie beantragt, mündliche Verhandlung anzuberaumen. Auf Rückfrage des Berichterstatters , ob der Hilfsantrag sich auch auf den Antrag auf Rückzahlung der Beschwerdegebühr beziehe – sei dies der Fall, müsse mündlich verhandelt werden , auch wenn die Beschwerde in der Sache Erfolg habe –, hat die Widersprechende den Hilfsantrag in der Weise eingeschränkt, dass er sich nicht auf den Antrag auf Rückzahlung der Beschwerdegebühr beziehe.
3
Mit Beschluss vom 24. Mai 2005 hat das Bundespatentgericht der Beschwerde teilweise stattgegeben und der angegriffenen Marke auch für die Waren „Cuir et imitations du cuir, produits en ces matières non compris dans d’autres classes; sacs à main; malles et valises“ den Schutz versagt. Die weitergehende Beschwerde, mit der die Widersprechende die Schutzversagung auch für die Waren „parapluies, parasols et cannes“ begehrt hatte, hat das Bundespatentgericht zurückgewiesen; den Antrag auf Rückzahlung der Beschwerdegebühr hat es abgewiesen.
4
Gegen diesen Beschluss richtet sich die – vom Bundespatentgericht nicht zugelassene – Rechtsbeschwerde der Widersprechenden.
5
II. Die Rechtsbeschwerde hat Erfolg.
6
1. Die form- und fristgerecht eingelegte Rechtsbeschwerde ist statthaft. Das Bundespatentgericht hat sie zwar nicht zugelassen. Ihre Statthaftigkeit folgt jedoch daraus, dass die Widersprechende insoweit einen im Gesetz aufgeführten, die zulassungsfreie Rechtsbeschwerde eröffnenden Verfahrensmangel – die Versagung des rechtlichen Gehörs (§ 83 Abs. 3 Nr. 3 MarkenG) – gerügt hat (vgl. BGH, Beschl. v. 2.10.2002 – I ZB 27/00, GRUR 2003, 546 = WRP 2003, 655 – TURBOTABS , m.w.N.). Dies hat sie im Einzelnen begründet.
7
2. Die Rechtsbeschwerde ist begründet. Das Verfahren vor dem Bundespatentgericht verletzt die Widersprechende in ihrem Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG, § 83 Abs. 3 Nr. 3 MarkenG).
8
a) Nach § 69 Nr. 1 MarkenG findet eine mündliche Verhandlung über die Beschwerde statt, wenn sie von einem Beteiligten beantragt worden ist. Im Streitfall hat die Widersprechende einen solchen Antrag (hilfsweise) gestellt. Dass das Bundespatentgericht ohne mündliche Verhandlung zum Nachteil der Widersprechenden entschieden hat, ist mit dem Verfahrensrecht nicht in Einklang zu bringen.
9
In diesem Verfahrensverstoß liegt auch eine Versagung des rechtlichen Gehörs. Denn die Widersprechende konnte – nicht zuletzt aufgrund der Verfügung des Berichterstatters – davon ausgehen, dass zu ihrem Nachteil in der Sache keine Entscheidung ohne mündliche Verhandlung ergehen würde. Sie konnte annehmen , dass sie vor einer für sie nachteiligen Entscheidung in der Sache vor oder spätestens in der mündlichen Verhandlung hinreichend Gelegenheit haben werde, ergänzend vorzutragen und Rechtsausführungen zu machen. Darin, dass ihr diese Möglichkeit abgeschnitten worden ist, liegt eine Verletzung ihres Anspruchs auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG; vgl. BGH, Beschl. v. 28.8.2003 – I ZB 5/00, GRUR 2003, 1067, 1068 – BachBlüten Ohrkerze , m.w.N.).
10
b) Die angefochtene Entscheidung des Bundespatentgerichts beruht auch auf der Versagung des rechtlichen Gehörs (vgl. dazu BGH, Beschl. v. 30.1.1997 – I ZB 3/95, GRUR 1997, 637, 638 f. = WRP 1997, 762 – Top Selection), auch wenn die Widersprechende in ihrer Rechtsbeschwerde nicht dargelegt hat, was sie im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem Bundespatentgericht über ihr Vorbringen in der schriftlichen Beschwerdebegründung hinaus noch vorgetragen hätte. Der Ablauf einer mündlichen Verhandlung lässt sich nicht im Einzelnen vorhersehen. Der Vortrag eines Verfahrensbeteiligten hängt vielmehr maßgeblich vom Verlauf der Verhandlung, insbesondere von Äußerungen von Seiten der Richterbank , ab. In einem derartigen Fall braucht derjenige, der sich auf die Versagung rechtlichen Gehörs beruft, nicht darzulegen, was er im Einzelnen vor oder in der mündlichen Verhandlung zur weiteren Begründung seines Schutzversagungsantrags vorgetragen hätte (vgl. BGH, Beschl. v. 14.10.1999 – I ZB 15/97, GRUR 2000, 512, 514 = WRP 2000, 542 – COMPUTER ASSOCIATES).
11
III. Die Begründetheit der Rüge nach § 83 Abs. 3 Nr. 3 MarkenG führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses, soweit das Beschwerdegericht zum Nachteil der Widersprechenden entschieden hat, und in diesem Umfang zur Zurückverweisung der Sache an das Bundespatentgericht (§ 89 Abs. 4 MarkenG).
Ullmann HerrDr.v.Ungern-Sternberg Bornkamm ist in Urlaub und an der Unterschriftverhindert. Ullmann
Pokrant Schaffert
Vorinstanz:
Bundespatentgericht, Entscheidung vom 24.05.2005 - 27 W(pat) 242/04 -

Eine mündliche Verhandlung findet statt, wenn

1.
einer der Beteiligten sie beantragt,
2.
vor dem Bundespatentgericht Beweis erhoben wird (§ 74 Abs. 1) oder
3.
das Bundespatentgericht sie für sachdienlich erachtet.

(1) Die auf Grund einer mündlichen Verhandlung ergehenden Beschlüsse des Gerichts müssen verkündet werden. Die Vorschriften der §§ 309, 310 Abs. 1 und des § 311 Abs. 4 sind auf Beschlüsse des Gerichts, die Vorschriften des § 312 und des § 317 Abs. 2 Satz 1, 2, Absatz 3 und 4 auf Beschlüsse des Gerichts und auf Verfügungen des Vorsitzenden sowie eines beauftragten oder ersuchten Richters entsprechend anzuwenden.

(2) Nicht verkündete Beschlüsse des Gerichts und nicht verkündete Verfügungen des Vorsitzenden oder eines beauftragten oder ersuchten Richters sind den Parteien formlos mitzuteilen. Enthält die Entscheidung eine Terminsbestimmung oder setzt sie eine Frist in Lauf, so ist sie zuzustellen.

(3) Entscheidungen, die einen Vollstreckungstitel bilden oder die der sofortigen Beschwerde oder der Erinnerung nach § 573 Abs. 1 unterliegen, sind zuzustellen.

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XI ZR 153/02
vom
11. Februar 2003
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
_____________________

a) Eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör stellt nur dann einen Revisionszulassungsgrund
dar, wenn das Berufungsurteil darauf beruht. Macht der
Beschwerdeführer geltend, sein Anspruch auf rechtliches Gehör sei durch gerichtliche
Versäumnisse im Zusammenhang mit der richterlichen Hinweispflicht
verletzt worden, so muß er darlegen, was er im Falle der Gelegenheit zur Äußerung
auf einen richterlichen Hinweis vorgetragen hätte. Dabei ist der zunächst
unterbliebene Vortrag so vollständig nachzuholen, daß er nunmehr schlüssig
ist.

b) Die Frage, ob es in Fällen, in denen ein Zeuge einer Partei vernommen
wird, zur Wahrung der Chancengleichheit der Parteien geboten sein
kann, die zeugenlose Gegenseite als Partei zu vernehmen, stellt sich jedenfalls
dann nicht, wenn das Gericht seine Überzeugung von der Wahrheit
oder Unwahrheit streitiger Parteibehauptungen nicht allein auf die
Bekundungen des Zeugen stützt.
BGH, Beschluß vom 11. Februar 2003 - XI ZR 153/02 - OLG Bamberg
LG Hof
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch den Vorsitzenden
Richter Nobbe, die Richter Dr. Bungeroth, Dr. Joeres, die Richterin
Mayen und den Richter Dr. Appl
am 11. Februar 2003

beschlossen:
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des 8. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Bamberg vom 6. März 2002 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren beträgt 162.079,53

Gründe:


Revisionszulassungsgründe im Sinne des § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO lassen sich dem Vorbringen des Klägers nicht entnehmen.
1. Soweit der Kläger geltend macht, das Berufungsgericht habe sein Grundrecht auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) verletzt, indem es ihn zwar in der mündlichen Verhandlung auf die fehlende Sub-
stantiierung seines Vorbringens zu den behaupteten Pflichtverletzungen der Beklagten, zu deren Ursächlichkeit für die Verluste und zur Höhe des dadurch entstandenen Schadens hingewiesen, ihm sodann aber die erbetene Schriftsatzfrist zur Nachholung des Versäumten nicht eingeräumt habe, fehlt es bereits an der Darlegung, daß das Berufungsurteil auf der angeblichen Grundrechtsverletzung beruht. Diese Darlegung, die für die Geltendmachung einer die Voraussetzungen des Revisionszulassungsgrundes der grundsätzlichen Bedeutung (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO) erfüllenden Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör unverzichtbar ist (Senatsbeschluß vom 1. Oktober 2002 - XI ZR 71/02, WM 2002, 2344, 2347; zum Abdruck in BGHZ vorgesehen), erfordert dann, wenn es, wie hier, um angebliche gerichtliche Versäumnisse im Zusammenhang mit der richterlichen Hinweispflicht geht, die Darstellung dessen, was der Beschwerdeführer im Falle der Gelegenheit zur Äußerung auf einen richterlichen Hinweis vorgetragen hätte. Dabei ist der zunächst unterbliebene Vortrag so vollständig nachzuholen, daß er nunmehr schlüssig ist. In diesem Zusammenhang müssen die gleichen Anforderungen gelten, wie sie die ständige höchstrichterliche Rechtsprechung für eine ordnungsgemäße Verfahrensrüge nach § 554 Abs. 3 Nr. 3 Buchstabe b ZPO a.F. aufgestellt hat (vgl. dazu BGH, Urteil vom 8. Oktober 1987 - VII ZR 45/87, WM 1988, 197, 199 m.w.Nachw.; Urteil vom 13. März 1996 - VIII ZR 99/94, NJW-RR 1996, 949, 950). Diesen Anforderungen ist der Kläger nicht gerecht geworden, weil er zu der Frage, was er im Falle der Einräumung der begehrten Schriftsatzfrist vorgebracht hätte, nichts vorgetragen hat.
2. Die Nichtzulassungsbeschwerde kann auch insoweit keinen Erfolg haben, als der Kläger sich darauf beruft, die Verwertung der Aussa-
ge eines Zeugen der Gegenseite ohne gleichzeitige Zulassung des Klä- gers zur Parteivernehmung durch das Berufungsgericht werfe die Grundsatzfrage im Sinne des § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO auf, ob ein Gericht in Fällen, in denen nur eine Seite einen Zeugen präsentieren kann, zur Wahrung der Chancengleichheit verpflichtet ist, den Gegner als Partei zu vernehmen.

a) Soweit es um einen Schadensersatzanspruch des Klägers wegen angeblich pflichtwidriger Versäumnisse der Beklagten im Zusammenhang mit einem angeblichen Vermögensverwaltungsvertrag oder ihr aus anderen Gründen obliegenden Überwachungs- oder Beratungspflichten geht, kommt der vom Kläger geltend gemachten Grundsatzfrage schon deshalb keine Bedeutung zu, weil sie insoweit nicht entscheidungserheblich ist. Derartige Schadensersatzansprüche hat das Berufungsgericht nämlich bereits wegen mangelnder Substantiierung des Sachvortrags des Klägers verneint, wogegen er in seiner Beschwerdebegründung , wie oben gezeigt wurde, nichts Durchgreifendes vorgebracht hat.

b) Soweit der Kläger einen Schadensersatzanspruch auf angeblich eigenmächtiges Handeln eines Mitarbeiters der Beklagten gründet, hat das Berufungsgericht seine Überzeugung, daß der frühere Mitarbeiter der Beklagten, der Zeuge R., nicht eigenmächtig gehandelt habe, nicht allein auf die Bekundungen dieses Zeugen, sondern auf eine umfassende Würdigung aller Umstände gestützt, darunter auch auf die eigenen Aussagen des Klägers im strafrechtlichen Ermittlungsverfahren gegen den Zeugen sowie auf die auffällige Tatsache, daß der Kläger die angeblichen Eigenmächtigkeiten des Zeugen nicht zeitnah, sondern erst mehr
als ein Jahr später nach der Kreditkündigung der Beklagten bemängelt hat. Die vom Kläger geltend gemachte Grundsatzfrage, die sich ernsthaft allenfalls dann stellen kann, wenn der Tatrichter seine Überzeugung von der Wahrheit oder Unwahrheit streitiger Parteibehauptungen allein auf die Bekundungen eines Zeugen der einen Seite stützt, spielt daher auch in diesem Zusammenhang keine Rolle.
Nobbe Bungeroth Joeres
Mayen Appl

(1) Das Rechtsbeschwerdegericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Rechtsbeschwerde an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Rechtsbeschwerde als unzulässig zu verwerfen.

(2) Der Prüfung des Rechtsbeschwerdegerichts unterliegen nur die von den Parteien gestellten Anträge. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die geltend gemachten Rechtsbeschwerdegründe nicht gebunden. Auf Verfahrensmängel, die nicht von Amts wegen zu berücksichtigen sind, darf die angefochtene Entscheidung nur geprüft werden, wenn die Mängel nach § 575 Abs. 3 und § 574 Abs. 4 Satz 2 gerügt worden sind. § 559 gilt entsprechend.

(3) Ergibt die Begründung der angefochtenen Entscheidung zwar eine Rechtsverletzung, stellt die Entscheidung selbst aber aus anderen Gründen sich als richtig dar, so ist die Rechtsbeschwerde zurückzuweisen.

(4) Wird die Rechtsbeschwerde für begründet erachtet, ist die angefochtene Entscheidung aufzuheben und die Sache zur erneuten Entscheidung zurückzuverweisen. § 562 Abs. 2 gilt entsprechend. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Gerichts erfolgen, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat. Das Gericht, an das die Sache zurückverwiesen ist, hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde liegt, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(5) Das Rechtsbeschwerdegericht hat in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Aufhebung der Entscheidung nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Rechts auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist. § 563 Abs. 4 gilt entsprechend.

(6) Die Entscheidung über die Rechtsbeschwerde ergeht durch Beschluss. § 564 gilt entsprechend. Im Übrigen kann von einer Begründung abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet wäre, zur Klärung von Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung, zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung beizutragen.