Bundesgerichtshof Beschluss, 13. Apr. 2011 - XII ZB 122/09

bei uns veröffentlicht am13.04.2011
vorgehend
Amtsgericht Böblingen, 15 F 1811/08, 16.02.2009
Oberlandesgericht Stuttgart, 15 UF 59/09, 15.06.2009

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 122/09
vom
13. April 2011
in der Familiensache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
VAHRG § 3 a
Enthält eine Versorgungsordnung die Regelung, dass ein Anspruch auf Hinterbliebenenversorgung
wegfällt, wenn der Witwer oder die Witwe wieder heiratet
(sog. Wiederverheiratungsklausel), kann ein geschiedener, wieder verheirateter
Ehegatte von dem Träger der Versorgung auch dann nicht die Zahlung einer
Ausgleichsrente im Wege des verlängerten schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs
verlangen, wenn die zweite Ehe nach dem Tod des früheren Ehemannes
, aber vor Eintritt in das Rentenbezugsalter geschlossen wird (im Anschluss
an Senatsbeschluss vom 7. Dezember 2005 - XII ZB 39/01 - FamRZ 2006,
326).
BGH, Beschluss vom 13. April 2011 - XII ZB 122/09 - OLG Stuttgart
AG Böblingen
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 13. April 2011 durch die
Richter Dose, Weber-Monecke, Schilling, Dr. Günter und Dr. Nedden-Boeger

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 15. Zivilsenats - Familiensenat - des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 15. Juni 2009 wird auf Kosten der Antragstellerin zurückgewiesen. Beschwerdewert: 1.000 €

Gründe:

I.

1
Die Antragstellerin nimmt die Antragsgegnerin im Wege des verlängerten schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs auf Zahlung einer Ausgleichsrente in Anspruch.
2
Sie war mit einem früheren Werksangehörigen der Antragsgegnerin verheiratet. Die Ehe wurde durch Verbundurteil des Familiengerichts vom 24. Januar 1985 geschieden; dabei blieb der Ausgleich der betrieblichen Altersversorgung des Ehemanns bei der Antragsgegnerin dem schuldrechtlichen Versorgungsausgleich vorbehalten.
3
Am 5. Mai 1986 verstarb der frühere Ehemann der Antragstellerin; am 4. Dezember 1992 heiratete diese erneut. Nach der Satzung (im Folgenden: Versorgungsordnung) der Antragsgegnerin steht der Witwe eines Versicherten eine Witwenrente zu. Gemäß § 32 lit. b der Versorgungsordnung wird die Witwenrente mit dem Ablauf des Monats der Wiederverheiratung eingestellt, wenn die Witwe sich wiederverheiratet. Gemäß § 33 der Versorgungsordnung erhält die wieder heiratende Witwe - sofern der Ehegatte als aktiver Mitarbeiter oder Invalide gestorben ist - 36 Monatsrenten als Abfindung; die wieder heiratende Witwe eines Pensionärs erhält 24 Monatsrenten als Abfindung.
4
Das Amtsgericht hat die Antragsgegnerin verpflichtet, an die Antragstellerin eine monatliche Ausgleichsrente von 619,71 € zu zahlen. Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin hat das Beschwerdegericht den Beschluss des Amtsgerichts abgeändert und den Antrag auf Durchführung des verlängerten schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die zugelassene Rechtsbeschwerde der Antragstellerin, mit der sie die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung, jedenfalls aber eine Abfindung erstrebt.

II.

5
Das zulässige Rechtsmittel hat in der Sache keinen Erfolg.
6
Auf das Verfahren ist gemäß Art. 111 Abs. 1, 4 FGG-RG, § 48 Abs. 1, 2 VersAusglG noch das bis August 2009 geltende Verfahrensrecht und materielle Recht anzuwenden, weil das Verfahren vor diesem Zeitpunkt eingeleitet worden ist und weil es weder am 1. September 2009 noch danach abgetrennt oder ausgesetzt und das Ruhen nicht angeordnet war (vgl. Senatsbeschluss vom 3. November 2010 - XII ZB 197/10 - FamRZ 2011, 100).
7
1. Das Oberlandesgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt : § 3 a Abs. 1 Satz 1 VAHRG sehe nur dann einen Leistungsanspruch vor, wenn der Ausgleichsberechtigte bei angenommenem Fortbestehen der Ehe von dem Träger der Versorgung eine Hinterbliebenenversorgung als Witwe oder Witwer erhielte. Eine verlängerte schuldrechtliche Ausgleichsrente komme dann nicht in Betracht, wenn der Versorgungsträger die Gewährung einer Hinterbliebenenversorgung an zusätzliche Voraussetzungen geknüpft habe und diese Voraussetzungen in der Person des geschiedenen ausgleichsberechtigten Ehegatten nicht vorlägen. Dies gelte insbesondere in Fällen, in denen eine Wiederverheiratungsklausel Bestandteil der Versorgungsordnung sei. Die geschiedene Frau eines später verstorbenen Mannes sei als "Witwe" im Sinne der Versorgungsordnung zu behandeln. Auch eine Abfindung nach § 33 der Versorgungsordnung stehe der Antragstellerin nicht zu, da diese voraussetze, dass der Anspruch auf Witwenrente zunächst entstand und erst infolge von Wiederheirat weggefallen sei.
8
2. Diese Ausführungen des Beschwerdegerichts halten der rechtlichen Nachprüfung stand.
9
a) Nach § 3 a Abs. 1 Satz 1 VAHRG kann der geschiedene ausgleichsberechtigte Ehegatte in den Fällen des schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs von dem Träger der auszugleichenden Versorgung, von dem er, wenn die Ehe bis zum Tod des ausgleichspflichtigen Ehegatten fortbestanden hätte, eine Hinterbliebenenversorgung erhielte, bis zur Höhe dieser Hinterbliebenenversorgung die Ausgleichsrente nach § 1587 g BGB verlangen, und zwar auch dann, wenn der ausgleichspflichtige Ehegatte noch keine Versorgung erlangt hatte. Durch die Verpflichtung, auch dem geschiedenen ausgleichsberechtigten Ehegatten des Versicherten in Form des verlängerten schuldrechtlichen Ver- sorgungsausgleichs eine Versorgung zu gewähren, wird der Versorgungsträger mit einem zusätzlichen Risiko belastet. Diese zusätzliche Belastung erschien dem Gesetzgeber nur hinnehmbar, wenn und soweit der Versorgungsträger dem geschiedenen ausgleichsberechtigten Ehegatten für den Fall, dass die Ehe mit dem Versicherten bis zu dessen Tod fortbestanden hätte, zur Zahlung einer (Hinterbliebenen-)Versorgung verpflichtet gewesen wäre. Daran fehlt es nicht nur dann, wenn der Versorgungsträger seinem Versicherten überhaupt keine Hinterbliebenenversorgung zugesagt hat. Eine verlängerte schuldrechtliche Ausgleichsrente kommt vielmehr auch dann nicht in Betracht, wenn der Versorgungsträger die Gewährung einer Hinterbliebenenversorgung an zusätzliche Voraussetzungen geknüpft hat und diese Voraussetzungen in der Person des geschiedenen ausgleichsberechtigten Ehegatten nicht vorliegen (Senatsbeschluss vom 17. November 2004 - XII ZB 46/01 - FamRZ 2005, 189, 190).
10
Das ist hier der Fall: Die Antragsgegnerin hat in ihrer Versorgungsordnung zwar eine Hinterbliebenenversorgung zugesagt. Die Gewährung dieser Hinterbliebenenversorgung steht jedoch unter der auflösenden Bedingung, dass der hinterbliebene Ehegatte erneut heiratet. Da § 3 a VAHRG die Antragstellerin nicht besser stellen will als sie stünde, wenn ihre Ehe durch den Tod ihres (ersten) Ehemannes aufgelöst worden wäre, schließt diese Wiederverheiratungsklausel einen Anspruch der wieder verheirateten Antragstellerin auf verlängerten schuldrechtlichen Versorgungsausgleich unabhängig davon aus, ob die zweite Ehe vor oder nach dem Tod des geschiedenen Ehemannes geschlossen worden ist.
11
b) Soweit mit der Rechtsbeschwerde die Rechtswirksamkeit der in der Versorgungsordnung der Antragsgegnerin vorgesehenen Wiederverheiratungsklausel in Zweifel gezogen wird, vermag der Senat dem nicht zu folgen.
12
aa) Wiederverheiratungsklauseln beruhen auf der Vorstellung, dass der hinterbliebene Ehegatte, der sich erneut verheiratet, in dem Zusammenleben mit dem neuen Ehegatten eine angemessene Versorgung findet und auf eine Versorgung nach seinem verstorbenen Ehegatten nicht länger angewiesen ist. Diese Vorstellung hat für die gesetzliche Rentenversicherung in § 107 SGB VI, der in der Versorgungsordnung der Antragsgegnerin nachgebildet ist, ihren Niederschlag gefunden. Die Überlegung rechtfertigt es, auch den Anspruch des geschiedenen Ehegatten auf verlängerten schuldrechtlichen Versorgungsausgleich auszuschließen (Senatsbeschluss vom 17. November 2004 - XII ZB 46/01 - FamRZ 2005, 189, 190).
13
Ob und unter welchen Voraussetzungen eine Hinterbliebenenversorgung zugesagt wird und welchen Umfang diese hat, kann der Versorgungsträger frei bestimmen. Enthält eine Versorgungsordnung die Regelung, dass ein Anspruch auf Hinterbliebenenversorgung nicht (mehr) besteht, so entfällt mithin auch eine Zahlungspflicht des Versorgungsträgers nach § 3 a VAHRG. Andererseits kann ein Anspruch nach § 3 a VAHRG nicht isoliert durch eine Bestimmung der Versorgungsordnung ausgeschlossen werden, etwa indem festgelegt wird, dass die Witwenrente nur im Fall des Fortbestehens der Ehe bis zum Tod des Ehemannes gezahlt wird. Denn durch eine solche Regelung würde die zwingende Vorschrift des § 3 a VAHRG umgangen, nach der eine vorgesehene Hinterbliebenenversorgung auch dem - geschiedenen - ausgleichsberechtigten Ehegatten zugutekommen muss. Hingegen stellt eine Wiederverheiratungsklausel, nach der im Fall der Wiederheirat des hinterbliebenen Ehegatten der Anspruch auf Hinterbliebenenrente ruht oder wegfällt, eine Regelung dar, durch die die Versorgung eines Hinterbliebenen unabhängig davon beschränkt wird, ob der Wiederverheiratung eine Ehescheidung oder das Vorversterben des Versicherten in bestehender Ehe vorausgeht. Sie enthält daher - anders als eine Schei- dungsklausel - keine Umgehung der Regelung des § 3 a VAHRG (vgl. bereits Senatsbeschluss vom 7. Dezember 2005 - XII ZB 39/01 - FamRZ 2006, 326, 327).
14
bb) Die Wiederverheiratungsklausel verstößt auch nicht gegen Art. 14 Abs. 1 GG, weil der Anspruch auf Hinterbliebenenrente aus der Zusatzversorgung dem Schutzbereich dieses Grundrechts nicht unterfällt (vgl. für die Hinterbliebenenversorgung in der gesetzlichen Rentenversicherung: BVerfGE 97, 271, 283 ff.; für die Zusatzversorgung im öffentlichen Dienst: BGH Urteil vom 24. Februar 2010 - IV ZR 7/09 - NVwZ-RR 2010, 689, 692). Zwar können zu den von Art. 14 Abs. 1 GG geschützten Rechtspositionen auch Ansprüche und Anwartschaften auf Rentenleistungen gehören, wenn es sich um vermögensrechtliche Rechtspositionen handelt, die nach Art eines Ausschließlichkeitsrechts dem Rechtsträger als privatnützig zugeordnet sind, auf dessen nicht unerheblichen Eigenleistungen beruhen und seiner Existenzsicherung dienen. Es fehlt hier aber bereits die Anknüpfung des Rentenanspruchs an eine individuell zurechenbare Eigenleistung des Rentenberechtigten, denn ähnlich wie bei der gesetzlichen Rente wird die Hinterbliebenenrente als Element des sozialen Ausgleichs dem Rentenempfänger ohne eigene Beitragsleistung und ohne eine gegenüber unverheirateten Versicherten erhöhte Beitragslast gewährt (BVerfGE 97, 271, 283 ff.).
15
cc) Entgegen dem von der Rechtsbeschwerde eingenommenen Standpunkt liegt in der Wiederverheiratungsklausel auch keine Benachteiligung gegenüber dem Falle einer im Ausland geschlossenen und als rechtswirksam zu behandelnden Mehrehe. Denn eine vor dem Tode des verstorbenen Versicherten geschlossene Zweitehe des hinterbliebenen Ehegatten stünde seiner Wiederverheiratung gleich und schlösse einen Witwer- und Witwenrentenanspruch ebenfalls aus. Das gilt in der betrieblichen Altersversorgung ebenso wie in der gesetzlichen Rentenversicherung (vgl. Hessisches Landessozialgericht, Urteil vom 29. Juni 2004 - L 2 RA 429/03 - Juris; Zweng/Scheerer/Buschmann/Dörr, Handbuch der Rentenversicherung, Teil II - SGB VI, Stand November 2005, § 46 Rn. 21). Daher schließt auch die in § 3 a Abs. 1 Satz 1 VAHRG enthaltene Fiktion des Fortbestandes der Erstehe es nicht aus, eine nach der Scheidung rechtswirksam erfolgte Wiederverheiratung in die Prüfung der satzungsgemäßen Anspruchsvoraussetzungen der Hinterbliebenenversorgung einzubeziehen.
16
c) Die Antragstellerin kann auch nicht deshalb eine verlängerte schuldrechtliche Ausgleichsrente von der Antragsgegnerin verlangen, weil in deren Versorgungsordnung einer (echten) Witwe oder einem (echten) Witwer für den Fall der Wiederverheiratung eine Abfindung zugesagt wird. Die Abfindung setzt nämlich stets voraus, dass der Anspruch auf Witwenrente zunächst entstanden ist, dann infolge der Wiederverheiratung eingestellt (§ 32 der Versorgungsordnung ) und deshalb durch die Abfindung surrogiert wird (Senatsbeschluss vom 17. November 2004 - XII ZB 46/01 - FamRZ 2005, 189, 191).
17
So liegen die Dinge im vorliegenden Fall aber nicht: Hier hat die Antragstellerin , die nach dem Tod ihres (ersten) Ehemannes und noch vor dem Eintritt in das Rentenalter erneut geheiratet hat, schon keinen Anspruch auf verlängerten schuldrechtlichen Versorgungsausgleich gegen die Antragsgegnerin erworben. Ein solcher Anspruch konnte deshalb von vornherein auch nicht durch Zahlung eines bestimmten Betrages abgefunden werden. Darin liegt ebenfalls keine Umgehung der Vorschrift des § 3 a VAHRG, denn auch der Anspruch auf die Abfindung knüpft nicht an das Bestehen der Ehe im Renteneintrittszeitpunkt an, sondern daran, ob die Wiederverheiratung vor oder nach dem Eintritt in das Rentenbezugsalter erfolgt. Ein geschiedener Ehegatte, der sich erst nach dem Eintritt in das Rentenbezugsalter wiederverheiratete, erhielte die Abfindung.

Dose Weber-Monecke Schilling
Günter Nedden-Boeger
Vorinstanzen:
AG Böblingen, Entscheidung vom 16.02.2009 - 15 F 1811/08 -
OLG Stuttgart, Entscheidung vom 15.06.2009 - 15 UF 59/09 -

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 13. Apr. 2011 - XII ZB 122/09

Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Beschluss, 13. Apr. 2011 - XII ZB 122/09

Referenzen - Gesetze

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 14


(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt. (2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen. (3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der All

FGG-Reformgesetz - FGG-RG | Art 111 Übergangsvorschrift


(1) Auf Verfahren, die bis zum Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit eingeleitet worden sind oder deren Einleitung bis zum Inkrafttreten des Gesetzes zur Ref

Versorgungsausgleichsgesetz - VersAusglG | § 48 Allgemeine Übergangsvorschrift


(1) In Verfahren über den Versorgungsausgleich, die vor dem 1. September 2009 eingeleitet worden sind, ist das bis dahin geltende materielle Recht und Verfahrensrecht weiterhin anzuwenden. (2) Abweichend von Absatz 1 ist das ab dem 1. September 2
Bundesgerichtshof Beschluss, 13. Apr. 2011 - XII ZB 122/09 zitiert 6 §§.

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 14


(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt. (2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen. (3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der All

FGG-Reformgesetz - FGG-RG | Art 111 Übergangsvorschrift


(1) Auf Verfahren, die bis zum Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit eingeleitet worden sind oder deren Einleitung bis zum Inkrafttreten des Gesetzes zur Ref

Versorgungsausgleichsgesetz - VersAusglG | § 48 Allgemeine Übergangsvorschrift


(1) In Verfahren über den Versorgungsausgleich, die vor dem 1. September 2009 eingeleitet worden sind, ist das bis dahin geltende materielle Recht und Verfahrensrecht weiterhin anzuwenden. (2) Abweichend von Absatz 1 ist das ab dem 1. September 2

Sozialgesetzbuch (SGB) Sechstes Buch (VI) - Gesetzliche Rentenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 18. Dezember 1989, BGBl. I S. 2261, 1990 I S. 1337) - SGB 6 | § 107 Rentenabfindung


(1) Witwenrenten oder Witwerrenten werden bei der ersten Wiederheirat der Berechtigten mit dem 24fachen Monatsbetrag abgefunden. Für die Ermittlung anderer Witwenrenten oder Witwerrenten aus derselben Rentenanwartschaft wird bis zum Ablauf des 24. Ka

Referenzen - Urteile

Bundesgerichtshof Beschluss, 13. Apr. 2011 - XII ZB 122/09 zitiert oder wird zitiert von 5 Urteil(en).

Bundesgerichtshof Beschluss, 13. Apr. 2011 - XII ZB 122/09 zitiert 4 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesgerichtshof Beschluss, 03. Nov. 2010 - XII ZB 197/10

bei uns veröffentlicht am 03.11.2010

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS XII ZB 197/10 vom 3. November 2010 in der Familiensache Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja ZPO §§ 233 Ga, 85; FGG-RG Art. 111 a) Verfahren im Sinne des Art. 111 Abs. 1 Satz 1 FGG-RG ist nicht nur das

Bundesgerichtshof Urteil, 24. Feb. 2010 - IV ZR 7/09

bei uns veröffentlicht am 24.02.2010

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL IV ZR 7/09 Verkündetam: 24.Februar2010 Fritz Justizangestellte alsUrkundsbeamtin derGeschäftsstelle in dem Rechtsstreit IV. Zivilsenat Der des Bundesgerich

Bundesgerichtshof Beschluss, 17. Nov. 2004 - XII ZB 46/01

bei uns veröffentlicht am 17.11.2004

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS XII ZB 46/01 vom 17. November 2004 in der Familiensache Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja VAHRG § 3 a Im Falle der Wiederverheiratung des geschiedenen Ehegatten besteht kein Anspruch auf eine verlängerte

Bundesgerichtshof Beschluss, 07. Dez. 2005 - XII ZB 39/01

bei uns veröffentlicht am 07.12.2005

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS XII ZB 39/01 vom 7. Dezember 2005 in der Familiensache Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja VAHRG § 3 a Enthält eine Versorgungsordnung die Regelung, dass ein Anspruch auf Hinterbliebenenversorgung wegfällt,
1 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Bundesgerichtshof Beschluss, 13. Apr. 2011 - XII ZB 122/09.

Landgericht Karlsruhe Urteil, 04. Juni 2012 - 6 S 3/11

bei uns veröffentlicht am 04.06.2012

Tenor 1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Amtsgerichts Karlsruhe vom 26.04.2011, Az. 2 C 100/11, wird zurückgewiesen. 2. Die Klägerin trägt die Kosten der Berufung. 3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf d

Referenzen

(1) Auf Verfahren, die bis zum Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit eingeleitet worden sind oder deren Einleitung bis zum Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit beantragt wurde, sind weiter die vor Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit geltenden Vorschriften anzuwenden. Auf Abänderungs-, Verlängerungs- und Aufhebungsverfahren finden die vor Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit geltenden Vorschriften Anwendung, wenn die Abänderungs-, Verlängerungs- und Aufhebungsverfahren bis zum Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit eingeleitet worden sind oder deren Einleitung bis zum Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit beantragt wurde.

(2) Jedes gerichtliche Verfahren, das mit einer Endentscheidung abgeschlossen wird, ist ein selbständiges Verfahren im Sinne des Absatzes 1 Satz 1.

(3) Abweichend von Absatz 1 Satz 1 sind auf Verfahren in Familiensachen, die am 1. September 2009 ausgesetzt sind oder nach dem 1. September 2009 ausgesetzt werden oder deren Ruhen am 1. September 2009 angeordnet ist oder nach dem 1. September 2009 angeordnet wird, die nach Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit geltenden Vorschriften anzuwenden.

(4) Abweichend von Absatz 1 Satz 1 sind auf Verfahren über den Versorgungsausgleich, die am 1. September 2009 vom Verbund abgetrennt sind oder nach dem 1. September 2009 abgetrennt werden, die nach Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit geltenden Vorschriften anzuwenden. Alle vom Verbund abgetrennten Folgesachen werden im Fall des Satzes 1 als selbständige Familiensachen fortgeführt.

(5) Abweichend von Absatz 1 Satz 1 sind auf Verfahren über den Versorgungsausgleich, in denen am 31. August 2010 im ersten Rechtszug noch keine Endentscheidung erlassen wurde, sowie auf die mit solchen Verfahren im Verbund stehenden Scheidungs- und Folgesachen ab dem 1. September 2010 die nach Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit geltenden Vorschriften anzuwenden.

(1) In Verfahren über den Versorgungsausgleich, die vor dem 1. September 2009 eingeleitet worden sind, ist das bis dahin geltende materielle Recht und Verfahrensrecht weiterhin anzuwenden.

(2) Abweichend von Absatz 1 ist das ab dem 1. September 2009 geltende materielle Recht und Verfahrensrecht anzuwenden in Verfahren, die

1.
am 1. September 2009 abgetrennt oder ausgesetzt sind oder deren Ruhen angeordnet ist oder
2.
nach dem 1. September 2009 abgetrennt oder ausgesetzt werden oder deren Ruhen angeordnet wird.

(3) Abweichend von Absatz 1 ist in Verfahren, in denen am 31. August 2010 im ersten Rechtszug noch keine Endentscheidung erlassen wurde, ab dem 1. September 2010 das ab dem 1. September 2009 geltende materielle Recht und Verfahrensrecht anzuwenden.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 197/10
vom
3. November 2010
in der Familiensache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Verfahren im Sinne des Art. 111 Abs. 1 Satz 1 FGG-RG ist nicht nur das Verfahren
bis zum Abschluss einer Instanz, sondern bei Einlegung eines
Rechtsmittels auch die mehrere Instanzen umfassende gerichtliche Tätigkeit
in einer Sache (im Anschluss an BGH Beschluss vom 1. März 2010
- II ZB 1/10 - FamRZ 2010, 639 sowie Senatsurteil vom 25. November 2009
- XII ZR 8/08 - FamRZ 2010, 192).

b) Auch bei einer in zulässiger Weise erhobenen Widerklage richtet sich das
nach Art. 111 Abs. 1 FGG-RG anwendbare Verfahrensrecht einheitlich nach
dem durch die Klage eingeleiteten Verfahren.

c) Der Rechtsirrtum eines Rechtsanwalts über das nach dem FGGReformgesetz
in Übergangsfällen anwendbare Verfahrensrecht ist jedenfalls
dann nicht unverschuldet, wenn er entgegen einer von der Mehrheit in der Literatur
und einer ersten veröffentlichten Entscheidung eines Oberlandesgerichts
vertretenen Rechtsansicht von der Anwendbarkeit des neuen Rechts
ausgeht.
BGH, Beschluss vom 3. November 2010 - XII ZB 197/10 - OLG Nürnberg
AG Nürnberg
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 3. November 2010 durch die
Vorsitzende Richterin Dr. Hahne und die Richter Weber-Monecke,
Dr. Klinkhammer, Schilling und Dr. Günter

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 7. Zivilsenats und Senats für Familiensachen des Oberlandesgerichts Nürnberg vom 11. Januar 2010 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen. Wert: 6.918 €

Gründe:


I.

1
Die Parteien sind getrenntlebende Eheleute. Der Kläger hat vor dem Amtsgericht Klage auf Abänderung (Herabsetzung) von Jugendamtsurkunden erhoben, die für den Unterhalt der gemeinsamen Kinder in Höhe von monatlich 61,2 % des Mindestunterhalts errichtet wurden. Die Beklagte hat als Prozessstandschafterin der Kinder Widerklage auf Zahlung von 100 % des Mindestunterhalts monatlich erhoben.
2
Das Amtsgericht hat durch das dem Kläger am 19. Oktober 2009 zugestellte Urteil die Klage abgewiesen und der Widerklage stattgegeben. Dagegen hat der Kläger "Beschwerde" eingelegt, die er beim Amtsgericht eingereicht hat. Das Rechtsmittel ist am 19. November 2009 (16.41 Uhr) beim Amtsgericht per Fax eingegangen und von diesem durch Verfügung vom 20. November 2009 an das Oberlandesgericht zuständigkeitshalber weitergeleitet worden, wo es am 24. November 2009 eingegangen ist.
3
Mit Verfügung vom 1. Dezember 2009 hat das Oberlandesgericht die Rechtsanwältin des Klägers auf die Statthaftigkeit der Berufung (statt der Beschwerde ) und die Versäumung der Berufungsfrist hingewiesen. Die auf den Hinweis zunächst gewährte Stellungnahmefrist hat es später bis zum 30. Dezember 2009 verlängert. Der Kläger hat sodann die Auffassung vertreten, dass das Rechtsmittelverfahren ein eigenständiges Verfahren sei und darauf das seit dem 1. September 2009 geltende neue Verfahrensrecht Anwendung finde. Das statthafte Rechtsmittel sei daher die Beschwerde, die rechtzeitig beim Amtsgericht eingelegt worden sei.
4
Das Oberlandesgericht hat das als Berufung umgedeutete Rechtsmittel des Klägers als unzulässig verworfen und eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand abgelehnt. Dagegen richtet sich die vom Kläger eingelegte Rechtsbeschwerde.

II.

5
Die statthafte und wegen Grundsätzlichkeit zulässige Rechtsbeschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.
6
1. Das Oberlandesgericht hat die Auffassung vertreten, auf das Rechtsmittel sei nach Art. 111 Abs. 1 FGG-RG das bis August 2009 geltende Verfahrensrecht anzuwenden. Das richtige Rechtsmittel sei die Berufung gewesen und habe beim Oberlandesgericht eingelegt werden müssen. Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand könne nicht bewilligt werden, weil die sie begrün- denden Tatsachen weder akten- oder offenkundig noch innerhalb der Frist des § 234 Abs. 1 ZPO dargelegt worden seien. Allein die Tatsache, dass das Rechtsmittel falsch bezeichnet und beim falschen Gericht eingereicht worden sei, reiche hierfür noch nicht aus.
7
2. Das hält hinsichtlich der Verwerfung der Berufung in vollem Umfang und im Hinblick auf die abgelehnte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand im Ergebnis der rechtlichen Nachprüfung stand.
8
a) Das Rechtsmittel war nur als Berufung statthaft und ist beim Oberlandesgericht erst nach Ablauf der Berufungsfrist gemäß § 517 ZPO eingegangen.
9
Auf das Rechtsmittel findet das bis zum 31. August 2009 geltende Verfahrensrecht Anwendung, was die Rechtsbeschwerde nicht verkennt. Für ein vor Inkrafttreten des FamFG am 1. September 2009 eingeleitetes Verfahren ist nach Art. 111 Abs. 1 FGG-RG auf das gesamte Verfahren bis zu seinem rechtskräftigen Abschluss das seinerzeit geltende Verfahrensrecht anzuwenden. Aus der Sondervorschrift des Art. 111 Abs. 2 FGG-RG ergibt sich nichts Abweichendes (BGH Beschluss vom 1. März 2010 - II ZB 1/10 - FamRZ 2010, 639 Rn. 8 mwN; ständige Senatsrechtsprechung, vgl. Senatsurteil vom 25. November 2009 - XII ZR 8/08 - FamRZ 2010, 192 Rn. 5 mwN).
10
aa) Verfahren im Sinne des Art. 111 Abs. 1 Satz 1 FGG-RG ist nicht nur das Verfahren bis zum Abschluss einer Instanz. Vielmehr bezeichnet der Begriff die gesamte, bei Einlegung entsprechender Rechtsmittel auch mehrere Instanzen umfassende gerichtliche Tätigkeit in einer Sache (BGH Beschluss vom 1. März 2010 - II ZB 1/10 - FamRZ 2010, 639 Rn. 8). Zwar könnte der Wortlaut des Art. 111 Abs. 2 FGG-RG, der auf das Vorhandensein einer Endentscheidung verweist, zu der Fehldeutung verleiten, gerichtliches Verfahren im Sinne des Art. 111 Abs. 1 Satz 1 FGG-RG sei das Verfahren innerhalb eines Rechts- zugs, nicht das gerichtliche Verfahren über den Instanzenzug hinweg, weil nach der Legaldefinition in § 38 Abs. 1 Satz 1 FamFG die Endentscheidung als instanzbeendende Entscheidung konzipiert sei. Dass der Gesetzgeber das Verfahren jedoch instanzübergreifend verstanden hat, ergibt sich eindeutig sowohl aus der Entstehungsgeschichte der Gesetzesvorschrift als auch aus deren Sinn und Zweck, während die Regelung in Art. 111 Abs. 2 FGG-RG nur der Klarstellung in Bestandsverfahren wie Betreuung oder Vormundschaft dienen sollte (BGH Beschluss vom 1. März 2010 - II ZB 1/10 - FamRZ 2010, 639 Rn. 9 ff. mwN).
11
bb) Der von der Rechtsbeschwerde geltend gemachte Umstand, dass die Widerklage erst nach dem 31. August 2009 rechtshängig geworden ist, steht dem nicht entgegen. Denn durch die Widerklage ist zwar der Streitgegenstand des Verfahrens geändert worden. Dadurch ändert sich die Rechtsnatur des bereits durch die Klage eingeleiteten Verfahrens aber nicht. Das Verfahren ist einheitlich zu behandeln und kann insbesondere im Hinblick auf Rechtsmittel nicht sinnvoll in Klage- und Widerklage-Verfahren aufgeteilt werden (ebenso OLG Frankfurt - 4. Zivilsenat - FamRZ 2010, 1581; aA für den Fall der Klageerweiterung OLG Frankfurt - 19. Zivilsenat - FamRZ 2010, 481). Entsprechend hat das Familiengericht die Widerklage auch als solche bezeichnet, nicht etwa als Widerantrag (vgl. § 113 Abs. 5 FamFG), und seine Entscheidung als - einheitliches - Urteil erlassen. Auf die von der Rechtsbeschwerde aufgeworfene Frage, ob für die Verfahrenseinleitung auf die Einreichung des Prozesskostenhilfe -Antrags oder auf die Anhängigkeit oder Rechtshängigkeit des Hauptsacheantrags abzustellen ist, kommt es demnach hier nicht an.
12
b) Das Oberlandesgericht hat über die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zutreffend von Amts wegen entschieden und diese im Ergebnis zu Recht abgelehnt.
13
aa) Allerdings kann dem Oberlandesgericht nicht darin gefolgt werden, dass die Wiedereinsetzung bereits aus formellen Gründen scheitere, weil die die Fristversäumung begründenden Tatsachen nicht innerhalb der Frist des § 234 Abs. 1 Satz 1 ZPO glaubhaft gemacht worden seien. Denn das Oberlandesgericht war gehalten, ihm bereits bekannte und offenkundige Tatsachen in die Würdigung einzubeziehen und dem Kläger bei einer lückenhaften und ersichtlich ergänzungsbedürftigen Glaubhaftmachung Gelegenheit zu weiterem Sachvortrag zu geben (vgl. Senatsbeschluss vom 13. Juni 2007 - XII ZB 232/06 - NJW 2007, 3212).
14
Dass die Verspätung auf einem Rechtsirrtum der Rechtsanwältin des Klägers beruhte, war bereits bei Einlegung der Beschwerde offenkundig. Es kommt demnach darauf an, ob es sich um einen verschuldeten oder - ausnahmsweise - unverschuldeten Rechtsirrtum handelt. Zwar ist es richtig, dass hierfür konkrete Umstände dargelegt werden müssen, weil der Rechtsirrtum für einen Rechtsanwalt nur in Ausnahmefällen unverschuldet ist. Es ist zunächst auch nicht ohne weiteres klar geworden, worauf der Rechtsirrtum beruhte und wie die Rechtsanwältin zu der Ansicht gekommen war, das richtige Rechtsmittel sei die beim Amtsgericht einzulegende Beschwerde. Hinzu kommt allerdings der wiederum offenkundige Umstand, dass zum 1. September 2009 mit dem FamFG neues Verfahrensrecht in Kraft getreten ist und bei Anwendung des neuen Rechts (§§ 58, 63 Abs. 1, 64 Abs. 1 FamFG) das vom Kläger eingelegte Rechtsmittel das richtige gewesen wäre. Daher liegt es nahe, dass die Rechtsanwältin sich auf die Geltung des neuen Verfahrensrechts verlassen und die Übergangsregelung des Art. 111 Abs. 1, Abs. 2 FGG-RG missverstanden hatte.
15
Unter diesen besonderen Umständen war dem Kläger im Hinblick auf die bei Nachholung der versäumten Prozesshandlung gemäß § 236 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 2 ZPO von Amts wegen zu prüfende Frage der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand Gelegenheit zur Ergänzung der die Wiedereinsetzung begründenden Tatsachen zu geben. Dem hat die vom Oberlandesgericht gewährte und verlängerte Stellungnahmefrist auch Rechnung getragen. Die Fristverlängerung hatte vorwiegend im Hinblick auf eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand Bedeutung, weil zur Einlegung des Rechtsmittels und Wahrung der Rechtsmittelfrist die wesentlichen Umstände offenkundig waren. Die Fristverlängerung war aber jedenfalls geboten, um dem Kläger zur Begründung einer unverschuldeten Fristversäumung infolge des Rechtsirrtums eine ergänzende Stellungnahme zu ermöglichen.
16
Der Kläger hat sich zwar auch in seiner innerhalb der verlängerten Frist abgegebenen Stellungnahme nicht auf eine Wiedereinsetzung berufen, sondern die Ansicht vertreten, die Frist gewahrt und mit der Beschwerde das richtige Rechtsmittel eingelegt zu haben. Die für seine Rechtsansicht vom Kläger gegebene Begründung hätte das Oberlandesgericht aber im Hinblick auf die von Amts wegen zu prüfende Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ebenfalls berücksichtigen müssen, soweit sich daraus eine unverschuldete Fristversäumung ergeben konnte.
17
bb) Die Entscheidung des Oberlandesgerichts erweist sich jedoch aus anderen Gründen als richtig (§ 577 Abs. 3 ZPO). Die Beurteilung, ob die Fristversäumung unverschuldet ist, kann wegen des insoweit erschöpfend aufgeklärten Sachverhalts vom Senat nachgeholt werden. Sie führt zu dem Ergebnis, dass der Rechtsirrtum nicht unverschuldet war. Der Kläger muss sich ein Verschulden seiner Prozessbevollmächtigten nach § 85 Abs. 2 ZPO zurechnen lassen.
18
Der Kläger hat sich für seine Rechtsansicht auf die Regelung in Art. 111 Abs. 2 FGG-RG berufen, wonach jedes gerichtliche Verfahren, das mit einer Endentscheidung abgeschlossen wird, ein selbständiges Verfahren im Sinne des Art. 111 Abs. 1 Satz 1 FGG-RG ist. Seine Rechtsanwältin hat das Rechtsmittelverfahren als eigenständiges Verfahren angesehen, nachdem das erstinstanzliche Verfahren durch Endurteil abgeschlossen worden sei. Wie oben (II.2.a) ausgeführt worden ist, ist diese Auffassung rechtsirrig.
19
Der Rechtsirrtum eines Rechtsanwalts ist regelmäßig nicht unverschuldet. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs muss ein Rechtsanwalt die Gesetze kennen, die in einer Anwaltspraxis gewöhnlich zur Anwendung kommen. Eine irrige Auslegung des Verfahrensrechts kann als Entschuldigungsgrund nur dann in Betracht kommen, wenn der Prozessbevollmächtigte die volle, von einem Rechtsanwalt zu fordernde Sorgfalt aufgewendet hat, um zu einer richtigen Rechtsauffassung zu gelangen. Hierbei ist ein strenger Maßstab anzulegen, denn die Partei, die dem Anwalt die Prozessführung überträgt, vertraut zu Recht darauf, dass er dieser als Fachmann gewachsen ist (BGH Beschluss vom 9. Juli 1993 - V ZB 20/93 - NJW 1993, 2538, 2539). Wenn die Rechtslage zweifelhaft ist, muss der bevollmächtigte Anwalt den sicheren Weg wählen (BGH Beschluss vom 9. Juli 1993 - V ZB 20/93 - NJW 1993, 2538, 2539 mwN). Von einem Rechtsanwalt ist zu verlangen, dass er sich anhand einschlägiger Fachliteratur (vor allem Fachzeitschriften und Kommentare) über den aktuellen Stand der Rechtsprechung informiert. Dazu besteht umso mehr Veranlassung , wenn es sich um eine vor kurzem geänderte Gesetzeslage handelt, die ein erhöhtes Maß an Aufmerksamkeit verlangt.
20
Nach diesen Maßstäben hätte die Rechtsanwältin des Klägers bei sorgfältiger Auswertung der vorliegenden Rechtsprechung und Literatur - zumindest auch - eine fristwahrende Berufung beim Oberlandesgericht einlegen müssen.
21
Allerdings haben einzelne Autoren die Auffassung vertreten, dass auf ein nach dem 1. September 2009 eingeleitetes Rechtsmittelverfahren das neue Verfahrensrecht Anwendung finde (Prütting in Prütting/Helms FamFG Art. 111 FGG-RG Rn. 5; Geimer in Zöller ZPO 28. Aufl. FamFG Einl. Rn. 54; ders. FamRB 2009, 386). Hierbei handelte es sich aber selbst in der früh veröffentlichten Literatur zum neuen Verfahrensrecht um eine Minderheit. Die weit überwiegende Auffassung der Literatur zum Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG) und zum FGG-Reformgesetz (vgl. Hüßtege in Thomas/Putzo ZPO 30. Aufl. vor § 606 Rn. 3; Bork/Jacoby/Schwab/Zorn FamFG vor § 151 Rn. 19; Schlünder/ Nickel Das familiengerichtliche Verfahren Rn. 840; Horndasch in Horndasch/ Viefhues FamFG Art. 111 FGG-RG Rn. 3) hat zutreffend herausgestellt, dass es auf die Einleitung des Verfahrens in erster Instanz ankommt und das alte Verfahrensrecht auch in den weiteren Instanzen fortgilt.
22
Die Rechtsanwältin des Klägers hatte überdies schon im Hinblick auf die von ihr zur Begründung ihrer Auffassung angeführte Kommentarstelle (Geimer in Zöller aaO) Anlass zu einer näheren rechtlichen Nachprüfung. Denn dort befindet sich nicht nur ein Hinweis darauf, dass die Frage streitig sei, sondern ist insbesondere auch eine - bei Kommentierung noch nicht veröffentlichte - Entscheidung des Oberlandesgerichts Köln vom 21. September 2009 zitiert, die von der Fortgeltung des alten Verfahrensrechts ausgegangen ist. Abgesehen davon, dass jedenfalls dieser Hinweis die Rechtsanwältin hätte veranlassen müssen, nähere Informationen zu der Entscheidung einzuholen, ist die Entscheidung des Oberlandesgerichts Köln im Heft 21 der Zeitschrift für das gesamte Familienrecht (FamRZ) veröffentlicht worden (FamRZ 2009, 1852). Dieses Heft erschien Anfang November 2009 und somit rund zwei Wochen vor dem Ablauf der Rechtsmittelfrist. In den Entscheidungsgründen ist nicht nur auf die weitaus überwiegende Literaturansicht hingewiesen, sondern auch auf eine übereinstimmende weitere Entscheidung des Oberlandesgerichts Köln. Außerdem sind der Entscheidung ergänzende Hinweise der Zeitschriftenredaktion angefügt, mit denen auf weitere Literaturstimmen aufmerksam gemacht worden ist, die ebenfalls mit der Auffassung des Oberlandesgerichts Köln übereinstimmen. Demnach konnte die Rechtsanwältin sich nicht darauf verlassen, dass das richtige Rechtsmittel die beim Amtsgericht einzulegende Beschwerde sei.
23
Der Bundesgerichtshof hat den Rechtsirrtum eines Rechtsanwalts zwar in einem Ausnahmefall als unverschuldet angesehen, wenn dessen fehlerhafte Rechtsansicht (zur Berechnung der Berufungsbegründungsfrist) mit der veröffentlichten Entscheidung eines Oberlandesgerichts übereinstimmte, der sich die gängigen Handkommentare zur Zivilprozessordnung angeschlossen hatten (BGH Beschluss vom 18. Oktober 1984 - III ZB 22/84 - NJW 1985, 495, 496). Damit ist der vorliegende Fall indessen nicht vergleichbar, weil sowohl die Mehrheit der veröffentlichten Literatur als auch erste obergerichtliche Entscheidungen der vereinzelt gebliebenen Rechtsauffassung der genannten Autoren - mit überzeugenden Gründen - widersprachen. Schließlich bedarf die anderslautende Entscheidung des Oberlandesgerichts Stuttgart (OLGR 2009, 872) keiner Erörterung, weil diese für einen Fall ergangen ist, in dem noch keine veröffentlichte obergerichtliche Rechtsprechung vorlag.
Hahne Weber-Monecke Klinkhammer Schilling Günter
Vorinstanzen:
AG Nürnberg, Entscheidung vom 15.10.2009 - 105 F 1568/09 -
OLG Nürnberg, Entscheidung vom 11.01.2010 - 7 UF 1471/09 -

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 46/01
vom
17. November 2004
in der Familiensache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
VAHRG § 3 a
Im Falle der Wiederverheiratung des geschiedenen Ehegatten besteht kein Anspruch
auf eine verlängerte schuldrechtliche Ausgleichsrente (§ 3 a VAHRG), wenn die vom
Träger der schuldrechtlich auszugleichenden Versorgung zugesagte Hinterbliebenenversorgung
mit der Wiederverheiratung der Witwe/des Witwers entfällt.
Ist für den Fall der Wiederverheiratung der Witwe/dem Witwer eine Abfindung zugesagt
, so kommt ein Anspruch auf eine verlängerte schuldrechtliche Ausgleichsrente
jedenfalls dann nicht in Betracht, wenn der ausgleichsberechtigte geschiedene Ehegatte
im Zeitpunkt des Todes seines früheren Ehegatten bereits wiederverheiratet ist.
BGH, Beschluß vom 17. November 2004 - XII ZB 46/01 - OLG Frankfurt a.M.
AG Fürth/Odw.
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 17. November 2004 durch
die Vorsitzende Richterin Dr. Hahne und die Richter Sprick, Weber-Monecke,
Prof. Dr. Wagenitz und Dose

beschlossen:
Die weitere Beschwerde gegen den Beschluß des 6. Senats für Familiensachen des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main mit Sitz in Darmstadt vom 5. Januar 2001 wird auf Kosten der Antragstellerin zurückgewiesen. Beschwerdewert: 511 € (= 1.000 DM).

Gründe:

I.

Die Antragstellerin begehrt von der Antragsgegnerin im Wege des verlängerten schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs die Zahlung einer Ausgleichsrente. Die 1963 geschlossene Ehe der Antragstellerin mit K. R. wurde 1987 geschieden. In der Ehezeit (1. September 1963 bis 30. September 1986, § 1587 Abs. 2 BGB) hatten beide Ehegatten Versorgungsanrechte in der gesetzlichen Rentenversicherung bei der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) erworben; für den Ehemann bestanden daneben Anrechte auf betriebliche Altersversorgung bei der Antragsgegnerin. Zum Ausgleich der Anrechte bei der BfA hat das Amtsgericht den Versorgungsausgleich dahin ge-
regelt, daß es im Wege des Rentensplittings nach § 1587 b Abs. 1 BGB Rentenanwartschaften des Ehemannes bei der BfA auf das Versicherungskonto der Ehefrau bei der BfA übertragen hat. Den Ausgleich der dem Ehemann zustehenden Anrechte auf betriebliche Altersversorgung bei der Antragsgegnerin hat das Amtsgericht dem schuldrechtlichen Versorgungsausgleich vorbehalten. Die Antragstellerin ist seit 1987 erneut verheiratet. Ihr früherer Ehemann ist am 7. Januar 1996 verstorben. Die Antragstellerin beansprucht von der Antragsgegnerin aus den bei dieser für ihren früheren Ehemann bestehenden betrieblichen Altersversorgung eine verlängerte schuldrechtliche Ausgleichsrente. Nach der Pensionsordnung der Antragsgegnerin erhält der überlebende Ehegatte eines Mitarbeiters eine Witwen-/Witwerpension, wenn die Ehe mindestens drei Monate und bis zum Tode des Mitarbeiters bestanden hat. Die Witwen-/ Witwerpension erlischt mit dem Ablauf des Monats, in dem die Witwe/der Witwer sich wieder verheiratet. Im Falle der Wiederheirat der Witwe/des Witwers wird dieser/diesem eine Abfindung in Höhe der zweifachen Witwen-/WitwerJahrespension gewährt. Das Amtsgericht hat festgestellt, daß der Antragstellerin gegenüber der Antragsgegnerin ein verlängerter schuldrechtlicher Versorgungsausgleichsanspruch gemäß § 3 a VAHRG dem Grunde nach zusteht. Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin hat das Oberlandesgericht den Antrag auf Durchführung des verlängerten schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs zurückgewiesen. Mit der zugelassenen weiteren Beschwerde erstrebt die Antragstellerin die Wiederherstellung des amtsgerichtlichen Beschlusses.

II.

Das Rechtsmittel ist nicht begründet. 1. Nach Auffassung des Oberlandesgerichts kann die Antragstellerin keine schuldrechtliche Ausgleichsrente nach § 3 a VAHRG beanspruchen. Eine solche Ausgleichsrente stünde der Antragstellerin nur zu, wenn sie für den Fall, daß ihre (erste) Ehe bis zum Tode ihres (ersten) Ehemannes fortbestanden hätte , von der Antragsgegnerin eine Hinterbliebenenversorgung verlangen könnte. Dies sei jedoch nicht der Fall. Nach Abschnitt VIII Nr. 3 der Pensionsordnung der Antragsgegnerin erlösche ein Anspruch auf Hinterbliebenenversorgung, wenn die Witwe sich wieder verheirate. Da die Antragstellerin unmittelbar nach der Scheidung von ihrem (ersten) Ehemann wieder geheiratet habe, lägen die Voraussetzungen, unter denen nach der Pensionsordnung der (echten) Witwe eine Hinterbliebenenversorgung geschuldet werde, in der Person der Antragstellerin nicht vor. Damit sei aber auch ein Anspruch der Antragstellerin auf verlängerten schuldrechtlichen Versorgungsausgleich ausgeschlossen. Der Umstand , daß die Pensionsordnung der (echten) Witwe für den Fall der Wiederverheiratung einen Abfindungsanspruch zugestehe, ändere daran nichts. Die - in der Literatur umstrittene - Frage, ob dem geschiedenen ausgleichsberechtigten Ehegatten in Fällen, in denen die Pensionsordnung des Arbeitgebers für den Fall der Wiederverheiratung eine Abfindung vorsehe, eine verlängerte schuldrechtliche Ausgleichsrente bis zur Höhe der Abfindung zustehe, erscheine zweifelhaft. Sie sei jedenfalls dann zu verneinen, wenn der geschiedene Ehegatte - wie hier - bei Eintritt der Voraussetzungen des § 3 a Abs. 1 VAHRG bereits wieder verheiratet sei. Die Wiederverheiratungsklausel in der Pensionsordnung der Antragsgegnerin sei ersichtlich dem § 107 Abs. 1 Satz 1 SGB VI nachgebildet. Die dort vorgesehene Abfindung sei nicht als Kapitalisierung von Rentenleistungen zu verstehen, die der Versorgungsträger "an sich" - also auch
nach einer Wiederverheiratung - schulde. Es handele sich vielmehr um eine Prämie, die der Witwe/dem Witwer den Start in eine neue Ehe erleichtern und einen Anreiz für die Aufgabe nichtehelicher Lebensgemeinschaften bieten solle. Die in der Pensionsordnung der Antragsgegnerin vorgesehene Abfindung verfolge ersichtlich denselben Zweck. Dieser Zweck erfordere die Zahlung einer Ausgleichsrente an den geschiedenen Ehegatten dann nicht, wenn er im Zeitpunkt des Todes seines früheren Ehegatten bereits wiederverheiratet sei. 2. Diese Ausführungen sind frei von Rechtsirrtum.
a) Nach § 3 a VAHRG kann der geschiedene ausgleichsberechtigte Ehegatte in den Fällen des schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs von dem Träger der auszugleichenden Versorgung, von dem er, wenn die Ehe bis zum Tod des ausgleichspflichtigen Ehegatten fortbestanden hätte, eine Hinterbliebenenversorgung erhielte, bis zur Höhe dieser Hinterbliebenenversorgung die Ausgleichsrente nach § 1587 g BGB verlangen - und zwar auch dann, wenn der ausgleichspflichtige Ehegatte noch keine Versorgung erlangt hatte. Durch die Verpflichtung, auch dem geschiedenen ausgleichsberechtigten Ehegatten des Versicherten in Form des verlängerten schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs eine Versorgung zu gewähren, wird der Versorgungsträger mit einem zusätzlichen Risiko belastet. Diese zusätzliche Belastung erschien dem Gesetzgeber nur hinnehmbar, wenn und soweit der Versorgungsträger dem geschiedenen ausgleichsberechtigten Ehegatten für den Fall, daß die Ehe mit dem Versicherten bis zu dessen Tod fortbestanden hätte, zur Zahlung einer (Hinterbliebenen-) Versorgung verpflichtet gewesen wäre. Daran fehlt es nicht nur dann, wenn der Versorgungsträger seinem Versicherten überhaupt keine Hinterbliebenenversorgung zugesagt hat. Eine verlängerte schuldrechtliche Ausgleichsrente kommt vielmehr auch dann nicht in Betracht, wenn der Versorgungsträger die Gewährung einer Hinterbliebenenversorgung an zusätzliche
Voraussetzungen geknüpft hat und diese Voraussetzungen in der Person des geschiedenen ausgleichsberechtigten Ehegatten nicht vorliegen. Das ist hier der Fall: Die Antragsgegnerin hat in ihrer Pensionsordnung zwar eine Hinterbliebenenversorgung zugesagt. Die Gewährung dieser Hinterbliebenenversorgung steht jedoch unter der auflösenden Bedingung, daß der hinterbliebene Ehegatte erneut heiratet. Da § 3 a VAHRG die Antragstellerin nicht besser stellen will als sie stünde, wenn ihre Ehe durch den Tod ihres (ersten) Ehemannes aufgelöst worden wäre, schließt diese Wiederverheiratungsklausel einen Anspruch der wieder verheirateten Antragstellerin auf verlängerten schuldrechtlichen Versorgungsausgleich aus. Soweit die weitere Beschwerde die in der Pensionsordnung der Antragsgegnerin vorgesehene Wiederverheiratungsklausel "bei unbefangener Betrachtung" für "befremdlich" hält, vermag der Senat dieser Einschätzung nicht zu folgen. Wiederverheiratungsklauseln beruhen auf der Vorstellung, daß der hinterbliebene Ehegatte, der sich erneut verheiratet, in dem Zusammenleben mit dem neuen Ehegatten eine angemessene Versorgung findet und auf eine Versorgung nach seinem verstorbenen Ehegatten nicht länger angewiesen ist. Diese Vorstellung hat für die gesetzliche Rentenversicherung in § 107 SGB VI, der in der Pensionsordnung der Antragsgegnerin nachgebildet ist, ihren Niederschlag gefunden. Sie rechtfertigt es, auch den Anspruch des geschiedenen Ehegatten auf verlängerten schuldrechtlichen Versorgungsausgleich auszuschließen (vgl. etwa Johannsen/Henrich/Hahne Eherecht 4. Aufl. § 3 a VAHRG Rdn. 12). Der weiteren Beschwerde ist zwar zuzugeben, daß der Versorgungsausgleich dem geschiedenen ausgleichsberechtigten Ehegatten grundsätzlich eine eigenständige Versorgung verschaffen will, die ihm durch spätere Ereignisse nicht mehr genommen werden kann. Dieser Grundsatz gilt indes nur für den öffentlichrechtlichen Versorgungsausgleich, der zur Übertragung oder Begründung eigener Anrechte für den ausgleichsberechtigten Ehegatten bei gleichzeitiger Kür-
zung der Anrechte des ausgleichspflichtigen Ehegatten führt. Die dem schuldrechtlichen Versorgungsausgleich unterfallenden Anrechte folgen diesem auf dem Versicherungsprinzip aufbauenden Mechanismus aber gerade nicht. Deshalb ist der verlängerte schuldrechtliche Versorgungsausgleich als eine Ausnahme konzipiert, die nach Voraussetzungen und Höhe durch die vom Versorgungsträger zugesagte Hinterbliebenenversorgung - mithin auch durch eine dort vorgesehene Wiederverheiratungsklausel - limitiert wird.
b) Die Antragstellerin kann auch nicht deshalb eine verlängerte schuldrechtliche Ausgleichsrente von der Antragsgegnerin verlangen, weil in deren Pensionsordnung der (echten) Witwe/dem (echten) Witwer für den Fall der Wiederverheiratung eine Abfindung zugesagt wird. In der Literatur wird zum Teil angenommen, daß auch eine als Hinterbliebenenversorgung zugesagte Kapitalleistung Grundlage eines verlängerten schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs sein kann; mit der Berücksichtigung auch solcher Todes-Kapitalleistungen werde dem Schutzbedürfnis des ausgleichsberechtigten Ehegatten Rechnung getragen und Versuchen entgegengewirkt , die Rechtsfolgen des § 3 a VAHRG zu umgehen (Johannsen/Henrich/ Hahne aaO; MünchKomm/Glockner BGB 4. Aufl. § 3 a VAHRG Rdn. 8). Daraus ist z.T. gefolgert worden, daß ein ausgleichsberechtigter Ehegatte in Fällen, in denen für den Fall der Wiederverheiratung anstelle der bisherigen Witwen-/ Witwerrente eine Kapitalabfindung zugesagt sei, bis zur Ausschöpfung dieses Abfindungsbetrages eine verlängerte schuldrechtliche Ausgleichsrente beanspruchen könne (Wagenitz FamRZ 1987, 1, 6). Es kann dahinstehen, ob diese Folgerung, die mit den in den Gesetzesmaterialen ausgewiesenen Zielen des § 3 a VAHRG nicht in Einklang steht (vgl. Begründung des Regierungsentwurfs eines Gesetzes über weitere Maßnahmen
auf dem Gebiet des Versorgungsausgleichs BT-Drucks. 10/5447 S. 11) zwingend ist. Jedenfalls kann diese Folgerung für den hier vorliegenden Fall, in dem der ausgleichsberechtigte Ehegatte bereits vor dem Tod des ausgleichspflichtigen Ehegatten wieder geheiratet hat, keine Geltung beanspruchen. Das ergibt sich bereits aus dem System der Hinterbliebenenversorgung, wie es auch in der Pensionsordnung der Antragsgegnerin Niederschlag gefunden hat. Danach erlischt mit der Wiederverheiratung des überlebenden Ehegatten dessen Witwen-/ Witwerrente; an ihre Stelle tritt eine Abfindung. Die Abfindung setzt mithin stets voraus, daß der Anspruch auf Witwenrente zunächst entstanden ist, dann infolge der Wiederverheiratung in Wegfall gerät und deshalb durch die Abfindung surrogiert wird. So liegen die Dinge im vorliegenden Fall aber gerade nicht: Hier hat die Antragstellerin, die vor dem Tod ihres (ersten) Ehemannes erneut geheiratet hat, schon keinen Anspruch auf verlängerten schuldrechtlichen Versorgungsausgleich gegen die Antragsgegnerin erworben. Ein solcher Anspruch konnte deshalb von vornherein auch nicht durch Zahlung eines Kapitalbetrags abgefunden werden. Ein an der Abfindung der (echten) Witwe/des (echten) Witwers orientierter Ausgleichsanspruch wäre auch mit Sinn und Zweck der Abfindungsregelung nicht zu vereinbaren. Die Abfindungsregelung will, worauf das Oberlandesgericht zu Recht hingewiesen hat, dem überlebenden Ehegatten eine Startchance für dessen neue Ehe bieten; zugleich will sie einer Umgehung der Wiederverheiratungsklausel durch nichteheliche Lebensgemeinschaften begegnen. Beide Zwecke werden nicht erreicht, wenn der geschiedene Ehegatte - wie hier - nach der Ehescheidung erneut heiratet und der einen Anspruch auf verlängerten schuldrechtlichen Versorgungsausgleich begründende
Tod des früheren Ehegatten erst nach der Wiederverheiratung des ausgleichsberechtigten Ehegatten eintritt.
Hahne Sprick Weber-Monecke Wagenitz Dose

(1) Witwenrenten oder Witwerrenten werden bei der ersten Wiederheirat der Berechtigten mit dem 24fachen Monatsbetrag abgefunden. Für die Ermittlung anderer Witwenrenten oder Witwerrenten aus derselben Rentenanwartschaft wird bis zum Ablauf des 24. Kalendermonats nach Ablauf des Kalendermonats der Wiederheirat unterstellt, dass ein Anspruch auf Witwenrente oder Witwerrente besteht. Bei kleinen Witwenrenten oder kleinen Witwerrenten vermindert sich das 24fache des abzufindenden Monatsbetrags um die Anzahl an Kalendermonaten, für die eine kleine Witwenrente oder kleine Witwerrente geleistet wurde. Entsprechend vermindert sich die Anzahl an Kalendermonaten nach Satz 2.

(2) Monatsbetrag ist der Durchschnitt der für die letzten zwölf Kalendermonate geleisteten Witwenrente oder Witwerrente. Bei Wiederheirat vor Ablauf des 15. Kalendermonats nach dem Tod des Versicherten ist Monatsbetrag der Durchschnittsbetrag der Witwenrente oder Witwerrente, die nach Ablauf des dritten auf den Sterbemonat folgenden Kalendermonats zu leisten war. Bei Wiederheirat vor Ablauf dieses Kalendermonats ist Monatsbetrag der Betrag der Witwenrente oder Witwerrente, der für den vierten auf den Sterbemonat folgenden Kalendermonat zu leisten wäre.

(3) Für eine Rentenabfindung gelten als erste Wiederheirat auch die erste Wiederbegründung einer Lebenspartnerschaft, die erste Heirat nach einer Lebenspartnerschaft sowie die erste Begründung einer Lebenspartnerschaft nach einer Ehe.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 46/01
vom
17. November 2004
in der Familiensache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
VAHRG § 3 a
Im Falle der Wiederverheiratung des geschiedenen Ehegatten besteht kein Anspruch
auf eine verlängerte schuldrechtliche Ausgleichsrente (§ 3 a VAHRG), wenn die vom
Träger der schuldrechtlich auszugleichenden Versorgung zugesagte Hinterbliebenenversorgung
mit der Wiederverheiratung der Witwe/des Witwers entfällt.
Ist für den Fall der Wiederverheiratung der Witwe/dem Witwer eine Abfindung zugesagt
, so kommt ein Anspruch auf eine verlängerte schuldrechtliche Ausgleichsrente
jedenfalls dann nicht in Betracht, wenn der ausgleichsberechtigte geschiedene Ehegatte
im Zeitpunkt des Todes seines früheren Ehegatten bereits wiederverheiratet ist.
BGH, Beschluß vom 17. November 2004 - XII ZB 46/01 - OLG Frankfurt a.M.
AG Fürth/Odw.
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 17. November 2004 durch
die Vorsitzende Richterin Dr. Hahne und die Richter Sprick, Weber-Monecke,
Prof. Dr. Wagenitz und Dose

beschlossen:
Die weitere Beschwerde gegen den Beschluß des 6. Senats für Familiensachen des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main mit Sitz in Darmstadt vom 5. Januar 2001 wird auf Kosten der Antragstellerin zurückgewiesen. Beschwerdewert: 511 € (= 1.000 DM).

Gründe:

I.

Die Antragstellerin begehrt von der Antragsgegnerin im Wege des verlängerten schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs die Zahlung einer Ausgleichsrente. Die 1963 geschlossene Ehe der Antragstellerin mit K. R. wurde 1987 geschieden. In der Ehezeit (1. September 1963 bis 30. September 1986, § 1587 Abs. 2 BGB) hatten beide Ehegatten Versorgungsanrechte in der gesetzlichen Rentenversicherung bei der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) erworben; für den Ehemann bestanden daneben Anrechte auf betriebliche Altersversorgung bei der Antragsgegnerin. Zum Ausgleich der Anrechte bei der BfA hat das Amtsgericht den Versorgungsausgleich dahin ge-
regelt, daß es im Wege des Rentensplittings nach § 1587 b Abs. 1 BGB Rentenanwartschaften des Ehemannes bei der BfA auf das Versicherungskonto der Ehefrau bei der BfA übertragen hat. Den Ausgleich der dem Ehemann zustehenden Anrechte auf betriebliche Altersversorgung bei der Antragsgegnerin hat das Amtsgericht dem schuldrechtlichen Versorgungsausgleich vorbehalten. Die Antragstellerin ist seit 1987 erneut verheiratet. Ihr früherer Ehemann ist am 7. Januar 1996 verstorben. Die Antragstellerin beansprucht von der Antragsgegnerin aus den bei dieser für ihren früheren Ehemann bestehenden betrieblichen Altersversorgung eine verlängerte schuldrechtliche Ausgleichsrente. Nach der Pensionsordnung der Antragsgegnerin erhält der überlebende Ehegatte eines Mitarbeiters eine Witwen-/Witwerpension, wenn die Ehe mindestens drei Monate und bis zum Tode des Mitarbeiters bestanden hat. Die Witwen-/ Witwerpension erlischt mit dem Ablauf des Monats, in dem die Witwe/der Witwer sich wieder verheiratet. Im Falle der Wiederheirat der Witwe/des Witwers wird dieser/diesem eine Abfindung in Höhe der zweifachen Witwen-/WitwerJahrespension gewährt. Das Amtsgericht hat festgestellt, daß der Antragstellerin gegenüber der Antragsgegnerin ein verlängerter schuldrechtlicher Versorgungsausgleichsanspruch gemäß § 3 a VAHRG dem Grunde nach zusteht. Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin hat das Oberlandesgericht den Antrag auf Durchführung des verlängerten schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs zurückgewiesen. Mit der zugelassenen weiteren Beschwerde erstrebt die Antragstellerin die Wiederherstellung des amtsgerichtlichen Beschlusses.

II.

Das Rechtsmittel ist nicht begründet. 1. Nach Auffassung des Oberlandesgerichts kann die Antragstellerin keine schuldrechtliche Ausgleichsrente nach § 3 a VAHRG beanspruchen. Eine solche Ausgleichsrente stünde der Antragstellerin nur zu, wenn sie für den Fall, daß ihre (erste) Ehe bis zum Tode ihres (ersten) Ehemannes fortbestanden hätte , von der Antragsgegnerin eine Hinterbliebenenversorgung verlangen könnte. Dies sei jedoch nicht der Fall. Nach Abschnitt VIII Nr. 3 der Pensionsordnung der Antragsgegnerin erlösche ein Anspruch auf Hinterbliebenenversorgung, wenn die Witwe sich wieder verheirate. Da die Antragstellerin unmittelbar nach der Scheidung von ihrem (ersten) Ehemann wieder geheiratet habe, lägen die Voraussetzungen, unter denen nach der Pensionsordnung der (echten) Witwe eine Hinterbliebenenversorgung geschuldet werde, in der Person der Antragstellerin nicht vor. Damit sei aber auch ein Anspruch der Antragstellerin auf verlängerten schuldrechtlichen Versorgungsausgleich ausgeschlossen. Der Umstand , daß die Pensionsordnung der (echten) Witwe für den Fall der Wiederverheiratung einen Abfindungsanspruch zugestehe, ändere daran nichts. Die - in der Literatur umstrittene - Frage, ob dem geschiedenen ausgleichsberechtigten Ehegatten in Fällen, in denen die Pensionsordnung des Arbeitgebers für den Fall der Wiederverheiratung eine Abfindung vorsehe, eine verlängerte schuldrechtliche Ausgleichsrente bis zur Höhe der Abfindung zustehe, erscheine zweifelhaft. Sie sei jedenfalls dann zu verneinen, wenn der geschiedene Ehegatte - wie hier - bei Eintritt der Voraussetzungen des § 3 a Abs. 1 VAHRG bereits wieder verheiratet sei. Die Wiederverheiratungsklausel in der Pensionsordnung der Antragsgegnerin sei ersichtlich dem § 107 Abs. 1 Satz 1 SGB VI nachgebildet. Die dort vorgesehene Abfindung sei nicht als Kapitalisierung von Rentenleistungen zu verstehen, die der Versorgungsträger "an sich" - also auch
nach einer Wiederverheiratung - schulde. Es handele sich vielmehr um eine Prämie, die der Witwe/dem Witwer den Start in eine neue Ehe erleichtern und einen Anreiz für die Aufgabe nichtehelicher Lebensgemeinschaften bieten solle. Die in der Pensionsordnung der Antragsgegnerin vorgesehene Abfindung verfolge ersichtlich denselben Zweck. Dieser Zweck erfordere die Zahlung einer Ausgleichsrente an den geschiedenen Ehegatten dann nicht, wenn er im Zeitpunkt des Todes seines früheren Ehegatten bereits wiederverheiratet sei. 2. Diese Ausführungen sind frei von Rechtsirrtum.
a) Nach § 3 a VAHRG kann der geschiedene ausgleichsberechtigte Ehegatte in den Fällen des schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs von dem Träger der auszugleichenden Versorgung, von dem er, wenn die Ehe bis zum Tod des ausgleichspflichtigen Ehegatten fortbestanden hätte, eine Hinterbliebenenversorgung erhielte, bis zur Höhe dieser Hinterbliebenenversorgung die Ausgleichsrente nach § 1587 g BGB verlangen - und zwar auch dann, wenn der ausgleichspflichtige Ehegatte noch keine Versorgung erlangt hatte. Durch die Verpflichtung, auch dem geschiedenen ausgleichsberechtigten Ehegatten des Versicherten in Form des verlängerten schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs eine Versorgung zu gewähren, wird der Versorgungsträger mit einem zusätzlichen Risiko belastet. Diese zusätzliche Belastung erschien dem Gesetzgeber nur hinnehmbar, wenn und soweit der Versorgungsträger dem geschiedenen ausgleichsberechtigten Ehegatten für den Fall, daß die Ehe mit dem Versicherten bis zu dessen Tod fortbestanden hätte, zur Zahlung einer (Hinterbliebenen-) Versorgung verpflichtet gewesen wäre. Daran fehlt es nicht nur dann, wenn der Versorgungsträger seinem Versicherten überhaupt keine Hinterbliebenenversorgung zugesagt hat. Eine verlängerte schuldrechtliche Ausgleichsrente kommt vielmehr auch dann nicht in Betracht, wenn der Versorgungsträger die Gewährung einer Hinterbliebenenversorgung an zusätzliche
Voraussetzungen geknüpft hat und diese Voraussetzungen in der Person des geschiedenen ausgleichsberechtigten Ehegatten nicht vorliegen. Das ist hier der Fall: Die Antragsgegnerin hat in ihrer Pensionsordnung zwar eine Hinterbliebenenversorgung zugesagt. Die Gewährung dieser Hinterbliebenenversorgung steht jedoch unter der auflösenden Bedingung, daß der hinterbliebene Ehegatte erneut heiratet. Da § 3 a VAHRG die Antragstellerin nicht besser stellen will als sie stünde, wenn ihre Ehe durch den Tod ihres (ersten) Ehemannes aufgelöst worden wäre, schließt diese Wiederverheiratungsklausel einen Anspruch der wieder verheirateten Antragstellerin auf verlängerten schuldrechtlichen Versorgungsausgleich aus. Soweit die weitere Beschwerde die in der Pensionsordnung der Antragsgegnerin vorgesehene Wiederverheiratungsklausel "bei unbefangener Betrachtung" für "befremdlich" hält, vermag der Senat dieser Einschätzung nicht zu folgen. Wiederverheiratungsklauseln beruhen auf der Vorstellung, daß der hinterbliebene Ehegatte, der sich erneut verheiratet, in dem Zusammenleben mit dem neuen Ehegatten eine angemessene Versorgung findet und auf eine Versorgung nach seinem verstorbenen Ehegatten nicht länger angewiesen ist. Diese Vorstellung hat für die gesetzliche Rentenversicherung in § 107 SGB VI, der in der Pensionsordnung der Antragsgegnerin nachgebildet ist, ihren Niederschlag gefunden. Sie rechtfertigt es, auch den Anspruch des geschiedenen Ehegatten auf verlängerten schuldrechtlichen Versorgungsausgleich auszuschließen (vgl. etwa Johannsen/Henrich/Hahne Eherecht 4. Aufl. § 3 a VAHRG Rdn. 12). Der weiteren Beschwerde ist zwar zuzugeben, daß der Versorgungsausgleich dem geschiedenen ausgleichsberechtigten Ehegatten grundsätzlich eine eigenständige Versorgung verschaffen will, die ihm durch spätere Ereignisse nicht mehr genommen werden kann. Dieser Grundsatz gilt indes nur für den öffentlichrechtlichen Versorgungsausgleich, der zur Übertragung oder Begründung eigener Anrechte für den ausgleichsberechtigten Ehegatten bei gleichzeitiger Kür-
zung der Anrechte des ausgleichspflichtigen Ehegatten führt. Die dem schuldrechtlichen Versorgungsausgleich unterfallenden Anrechte folgen diesem auf dem Versicherungsprinzip aufbauenden Mechanismus aber gerade nicht. Deshalb ist der verlängerte schuldrechtliche Versorgungsausgleich als eine Ausnahme konzipiert, die nach Voraussetzungen und Höhe durch die vom Versorgungsträger zugesagte Hinterbliebenenversorgung - mithin auch durch eine dort vorgesehene Wiederverheiratungsklausel - limitiert wird.
b) Die Antragstellerin kann auch nicht deshalb eine verlängerte schuldrechtliche Ausgleichsrente von der Antragsgegnerin verlangen, weil in deren Pensionsordnung der (echten) Witwe/dem (echten) Witwer für den Fall der Wiederverheiratung eine Abfindung zugesagt wird. In der Literatur wird zum Teil angenommen, daß auch eine als Hinterbliebenenversorgung zugesagte Kapitalleistung Grundlage eines verlängerten schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs sein kann; mit der Berücksichtigung auch solcher Todes-Kapitalleistungen werde dem Schutzbedürfnis des ausgleichsberechtigten Ehegatten Rechnung getragen und Versuchen entgegengewirkt , die Rechtsfolgen des § 3 a VAHRG zu umgehen (Johannsen/Henrich/ Hahne aaO; MünchKomm/Glockner BGB 4. Aufl. § 3 a VAHRG Rdn. 8). Daraus ist z.T. gefolgert worden, daß ein ausgleichsberechtigter Ehegatte in Fällen, in denen für den Fall der Wiederverheiratung anstelle der bisherigen Witwen-/ Witwerrente eine Kapitalabfindung zugesagt sei, bis zur Ausschöpfung dieses Abfindungsbetrages eine verlängerte schuldrechtliche Ausgleichsrente beanspruchen könne (Wagenitz FamRZ 1987, 1, 6). Es kann dahinstehen, ob diese Folgerung, die mit den in den Gesetzesmaterialen ausgewiesenen Zielen des § 3 a VAHRG nicht in Einklang steht (vgl. Begründung des Regierungsentwurfs eines Gesetzes über weitere Maßnahmen
auf dem Gebiet des Versorgungsausgleichs BT-Drucks. 10/5447 S. 11) zwingend ist. Jedenfalls kann diese Folgerung für den hier vorliegenden Fall, in dem der ausgleichsberechtigte Ehegatte bereits vor dem Tod des ausgleichspflichtigen Ehegatten wieder geheiratet hat, keine Geltung beanspruchen. Das ergibt sich bereits aus dem System der Hinterbliebenenversorgung, wie es auch in der Pensionsordnung der Antragsgegnerin Niederschlag gefunden hat. Danach erlischt mit der Wiederverheiratung des überlebenden Ehegatten dessen Witwen-/ Witwerrente; an ihre Stelle tritt eine Abfindung. Die Abfindung setzt mithin stets voraus, daß der Anspruch auf Witwenrente zunächst entstanden ist, dann infolge der Wiederverheiratung in Wegfall gerät und deshalb durch die Abfindung surrogiert wird. So liegen die Dinge im vorliegenden Fall aber gerade nicht: Hier hat die Antragstellerin, die vor dem Tod ihres (ersten) Ehemannes erneut geheiratet hat, schon keinen Anspruch auf verlängerten schuldrechtlichen Versorgungsausgleich gegen die Antragsgegnerin erworben. Ein solcher Anspruch konnte deshalb von vornherein auch nicht durch Zahlung eines Kapitalbetrags abgefunden werden. Ein an der Abfindung der (echten) Witwe/des (echten) Witwers orientierter Ausgleichsanspruch wäre auch mit Sinn und Zweck der Abfindungsregelung nicht zu vereinbaren. Die Abfindungsregelung will, worauf das Oberlandesgericht zu Recht hingewiesen hat, dem überlebenden Ehegatten eine Startchance für dessen neue Ehe bieten; zugleich will sie einer Umgehung der Wiederverheiratungsklausel durch nichteheliche Lebensgemeinschaften begegnen. Beide Zwecke werden nicht erreicht, wenn der geschiedene Ehegatte - wie hier - nach der Ehescheidung erneut heiratet und der einen Anspruch auf verlängerten schuldrechtlichen Versorgungsausgleich begründende
Tod des früheren Ehegatten erst nach der Wiederverheiratung des ausgleichsberechtigten Ehegatten eintritt.
Hahne Sprick Weber-Monecke Wagenitz Dose

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 39/01
vom
7. Dezember 2005
in der Familiensache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
VAHRG § 3 a
Enthält eine Versorgungsordnung die Regelung, dass ein Anspruch auf Hinterbliebenenversorgung
wegfällt, wenn der Witwer oder die Witwe wieder heiratet
(sog. Wiederverheiratungsklausel), kann ein geschiedener, wieder verheirateter
Ehegatte von dem Träger der Versorgung nicht die Zahlung einer Ausgleichsrente
im Wege des verlängerten schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs gemäß
§ 3 a VAHRG verlangen (hier: Versorgungsordnung der Volkswagen AG).
BGH, Beschluss vom 7. Dezember 2005 - XII ZB 39/01 - OLG Braunschweig
AG Wolfsburg
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 7. Dezember 2005 durch die
Vorsitzende Richterin Dr. Hahne und die Richter Sprick, Weber-Monecke,
Dr. Ahlt und Dose

beschlossen:
Die weitere Beschwerde gegen den Beschluss des 2. Senats für Familiensachen des Oberlandesgerichts Braunschweig vom 4. Januar 2001 wird auf Kosten der Antragstellerin zurückgewiesen. Beschwerdewert: 1.826 € (= 3.571,56 DM).

Gründe:


I.

1
Die Antragstellerin nimmt die Antragsgegnerin im Wege des verlängerten schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs auf Zahlung einer Ausgleichsrente in Anspruch.
2
Sie war mit einem früheren Werksangehörigen der Antragsgegnerin verheiratet. Die Ehe wurde durch Urteil des Amtsgerichts - Familiengericht - vom 2. Februar 1984 geschieden. Mit Beschluss vom 26. Februar 1986 wurde der Versorgungsausgleich geregelt; dabei blieb der Ausgleich der betrieblichen Altersversorgung des Ehemannes bei der Antragsgegnerin dem schuldrechtlichen Versorgungsausgleich vorbehalten.
3
Nach dem Renteneintritt der geschiedenen Ehegatten hat das Amtsgericht auf Antrag der Antragstellerin dem Ehemann aufgegeben, im Wege des schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs eine monatliche Ausgleichsrente in Höhe von 297,63 DM ab 1. Januar 1998 zu zahlen.
4
Die Antragstellerin hat im Jahre 1990 wieder geheiratet; ihr zweiter Ehemann ist am 16. September 1999 verstorben. Auch der erste Ehemann ist eine zweite Ehe eingegangen; er ist am 14. Juni 1999 verstorben.
5
Im vorliegenden Verfahren hat die Antragstellerin beantragt, gemäß § 3 a VAHRG anzuordnen, dass die Antragsgegnerin als Trägerin der auszugleichenden Versorgung aus der Hinterbliebenenversorgung einen Betrag von monatlich 297,63 DM an sie zu zahlen habe. Die Versorgungsordnung der Antragsgegnerin enthält insofern folgende Regelung: § 5 VW.-Hinterbliebenenrente (1) VW.-Hinterbliebenenrente wird im Falle des Todes von Werksangehörigen (= vorzeitiger Versorgungsfall) oder im Falle des Todes von Beziehern einer VW.-Rente (= Versorgungsfall) gezahlt, im ersten Fall jedoch nur, wenn die Wartezeit (§ 2) erfüllt ist. (2) Hinterbliebene sind die Witwe oder der Witwer … (3) … (4) … (5) VW.-Hinterbliebenenrente für eine Witwe oder einen Witwer wird bei Wiederverheiratung letztmals für den Monat der Wiederverheiratung gezahlt. (6) Lebt für eine Witwe oder einen Witwer die Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung nach Nichtigkeitserklärung oder Auflösung der nachfolgenden Ehe durch Tod des Ehegatten oder Scheidung wieder auf, so gilt dies auch für die VW.-Hinterbliebenenrente. (7) …
6
Das Amtsgericht hat den Antrag abgewiesen, da nach der Versorgungsordnung der Antragsgegnerin für den Fall der Wiederverheiratung kein Anspruch einer Witwe auf Hinterbliebenenversorgung bestehe. Die hiergegen gerichtete Beschwerde der Antragstellerin blieb erfolglos. Mit der - zugelassenen - weiteren Beschwerde verfolgt sie ihr Begehren auf Zahlung einer Ausgleichsrente weiter.

II.

7
Das Rechtsmittel ist nicht begründet. Der Antragstellerin steht gegen die Antragsgegnerin kein Anspruch auf Zahlung einer Ausgleichsrente im Wege des verlängerten schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs gemäß § 3 a VAHRG zu.
8
1. a) Nach der vorgenannten Bestimmung kann der Berechtigte nach dem Tod des Verpflichteten in den Fällen des schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs von dem Träger der auszugleichenden Versorgung, von dem er, wenn die Ehe bis zum Tode des Verpflichteten fortbestanden hätte, eine Hinterbliebenenversorgung erhielte, die Ausgleichsrente nach § 1587 g Abs. 1 Satz 2 BGB verlangen. § 3 a Abs. 1 Satz 1 VAHRG sieht demnach nur dann einen Leistungsanspruch vor, wenn bei - angenommenem - Fortbestehen der Ehe der Ausgleichsberechtigte von dem Träger der Versorgung eine Hinterbliebenenversorgung als Witwe oder Witwer erhielte.
9
b) Diese Voraussetzung hat das Oberlandesgericht als nicht erfüllt angesehen. Zur Begründung hat es ausgeführt: In § 5 Abs. 5 der insofern maßgebenden Versorgungsordnung der Antragsgegnerin sei bestimmt, dass die Hinterbliebenenrente für eine Witwe bei Wiederverheiratung letztmals für den Monat der Wiederverheiratung gezahlt werde. Eine derartige allgemeine Beschränkung der Hinterbliebenenversorgung durch die jeweilige Versorgungsordnung des Versorgungsträgers in Form einer so genannten Wiederverheiratungsklausel sei zulässig. Sie wirke sich auch zu Lasten des geschiedenen Ausgleichsberechtigten aus und berühre demnach auch den verlängerten schuldrechtlichen Versorgungsausgleich. Infolge der im Jahre 1990 erfolgten Wiederverheiratung der Antragstellerin sei demnach ein Anspruch auf Durchführung des verlängerten schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs nach dem Tode des geschiedenen Ehemannes nicht gegeben. Daran ändere auch der Umstand, dass der zweite Ehemann der Antragstellerin am 16. September 1999 verstorben sei, nichts. Gemäß § 5 Abs. 6 der Versorgungsordnung lebe zwar die betriebliche Hinterbliebenenrente nach Auflösung der nachfolgenden Ehe u.a. durch Tod des Ehegatten wieder auf, dies jedoch nur, wenn auch die Rente für eine Witwe oder einen Witwer aus der gesetzlichen Rentenversicherung wieder auflebe. Das sei vorliegend mit Rücksicht auf die Durchführung des öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleichs nach der Scheidung von dem früheren Ehemann aber nicht der Fall.
10
Diese Auffassung ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.
11
2. Die Ausgestaltung der Hinterbliebenenregelung in § 5 Abs. 5 und 6 der Versorgungsordnung der Antragsgegnerin steht einem Anspruch der Antragstellerin auf Fortzahlung der schuldrechtlichen Ausgleichsrente entgegen.
12
a) Die Regelung des § 3 a VAHRG soll die schwache Stellung des aufgrund schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs ausgleichsberechtigten Ehegatten durch die Möglichkeit der Inanspruchnahme des Trägers der schuldrechtlich auszugleichenden Versorgung so weit wie möglich beseitigen. Mit dem Tod des Verpflichteten erlischt der Anspruch auf die schuldrechtliche Ausgleichsrente nach § 1587 g Abs. 1 BGB. Da dieser Anspruch auch nicht als Nachlassverbindlichkeit auf die Erben übergeht, bleibt der Berechtigte in diesem Fall unversorgt. Zweck der Regelung des § 3 a VAHRG ist es, diese Versorgungslücke zu schließen (vgl. BT-Drucks. 10/5447 S. 10 f.).
13
b) Der gegen den Versorgungsträger gerichtete Anspruch ist von dem Bestehen einer Hinterbliebenenversorgung abhängig. Der schuldrechtlich Ausgleichsberechtigte hat nach dem Tod des Ausgleichspflichtigen nur dann einen Zahlungsanspruch gegen den Versorgungsträger, wenn er im Falle des Fortbestehens der Ehe als Witwer oder Witwe von diesem eine Hinterbliebenenversorgung verlangen könnte. Bei der zugesagten - generellen - Hinterbliebenenversorgung muss es sich um eine Witwen- oder Witwerversorgung handeln (Johannsen/Henrich/Hahne Eherecht 4. Aufl. § 3 a VAHRG Rdn. 12; MünchKomm/Glockner 4. Aufl. § 3 a VAHRG Rdn. 5; Soergel/Häußermann BGB 13. Aufl. § 3 a VAHRG Rdn. 5; RGRK/Wick 12. Aufl. § 3 a VAHRG Rdn. 7; Borth Versorgungsausgleich 3. Aufl. Rdn. 692; Grün FPR 2000, 332, 333 f.).
14
Ob und unter welchen Voraussetzungen eine Hinterbliebenenversorgung zugesagt wird und welchen Umfang diese hat, kann der Versorgungsträger frei bestimmen. Enthält eine Versorgungsordnung die Regelung, dass ein Anspruch auf Hinterbliebenenversorgung nicht (mehr) besteht, so entfällt mithin auch eine Zahlungspflicht des Versorgungsträgers nach § 3 a VAHRG. Andererseits kann ein Anspruch nach § 3 a VAHRG nicht isoliert durch eine Bestimmung der Versorgungsordnung ausgeschlossen werden, etwa indem festgelegt wird, dass die Witwenrente nur im Fall des Fortbestehens der Ehe bis zum Tod des Ehemannes gezahlt wird. Denn durch eine solche Regelung würde die zwingende Vorschrift des § 3 a VAHRG umgangen, nach der eine vorgesehene Hinterbliebenenversorgung auch dem - geschiedenen - ausgleichsberechtigten Ehegatten zugute kommen muss (Johannsen/Henrich/Hahne aaO § 3 a VAHRG Rdn. 12; Soergel/Häußermann aaO § 3 a VAHRG Rdn. 5; Borth aaO Rdn. 692; RGRK/Wick aaO § 3 a VAHRG Rdn. 7; MünchKomm/Glockner aaO § 3 a VAHRG Rdn. 5; Grün aaO S. 334 f.; Wagenitz FamRZ 1987, 1, 5 f.; OLG Karlsruhe FamRZ 1988, 1290, 1291; OLG Stuttgart NJW-RR 1996, 259, 260; vgl. auch BT-Drucks. 10/5447 S. 11).
15
c) Eine Regelung, durch die der verlängerte schuldrechtliche Versorgungsausgleich allgemein beschränkt wird, stellt auch eine sog. Wiederverheiratungsklausel dar, nach der im Fall der Wiederheirat des hinterbliebenen Ehegatten der Anspruch auf Hinterbliebenenrente ruht oder wegfällt. Solche Regelungen führen im Fall des verlängerten schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs dazu, dass ein Anspruch entfällt, wenn der ausgleichsberechtigte geschiedene Ehegatte eine neue Ehe eingeht. Denn eine solche Regelung enthält - anders als eine Scheidungsklausel - keine Umgehung der Regelung des § 3 a VAHRG. Die dieser Bestimmung zugrunde liegende Fiktion des Fortbestehens der Ehe würde sich in einem solchen Fall darüber hinwegsetzen, dass bei fiktivem Fortbestand der früheren Ehe eine neue Ehe nicht hätte geschlossen werden können (im Ergebnis ebenso: MünchKomm/Glockner aaO § 3 a VAHRG Rdn. 9; Soergel/Häußermann aaO § 3 a VAHRG Rdn. 5; RGRK/Wick aaO § 3 a VAHRG Rdn. 7; Staudinger/Rehme BGB <2004> § 3 a VAHRG Rdn. 9; Erman /Klattenhoff BGB 11. Aufl. § 3 a VAHRG Rdn. 2; Johannsen/Henrich/Hahne aaO § 3 a VAHRG Rdn. 12; Grün aaO S. 334; OLG Frankfurt EzFamR aktuell 2001, 188, 189; vgl. auch BT-Drucks. 10/5447 S. 11).
16
3. Danach begegnet die Annahme des Oberlandesgerichts, § 5 Abs. 5 der Versorgungsordnung wirke sich zulasten der Antragstellerin aus, keinen rechtlichen Bedenken. Aufgrund der eine Wiederverheiratungsklausel enthaltenen Regelung ruht der Anspruch der wiederverheirateten Witwe auf Hinterbliebenenversorgung. Er lebt nach Abs. 6 der Regelung nur dann wieder auf, wenn für einen Witwer oder eine Witwe auch die Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung u.a. nach Auflösung der nachfolgenden Ehe durch Tod eines Ehegatten wieder auflebt. Das ist, wie das Oberlandesgericht ebenfalls zu Recht angenommen hat, hier nicht der Fall.
17
Durch das 1. Gesetz zur Reform des Ehe- und Familienrechts vom 14. Juni 1976 (BGBl I, S. 1421) ist mit dem Rechtsinstitut des Versorgungsausgleichs vielmehr die abgeleitete Hinterbliebenenversorgung durch eine eigenständige Versorgung des ausgleichsberechtigten Ehegatten ersetzt worden (Kreikebohm/Jörg SGB VI § 243 Rdn. 3; vgl. auch BVerfG SozR 2200 § 1265 Nr. 78). Ein geschiedener, wieder verheirateter Ehegatte hat - entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde - deshalb auch nach § 46 Abs. 3 SGB VI keinen Anspruch auf Hinterbliebenenversorgung nach dem vorletzten Ehegatten. Die genannte Bestimmung gewährt einen solchen Anspruch nur dem überlebenden (also verwitweten), wieder verheirateten Ehegatten, wenn die erneute Ehe aufgelöst oder für nichtig erklärt ist. Für einen geschiedenen, wieder verheirateten Ehegatten ergibt sich zwar aus der Übergangsregelung des § 243 Abs. 4 SGB VI ein Anspruch auf Witwen/Witwer-Rente, wenn die neue Ehe aufgelöst oder für nichtig erklärt ist. Dies setzt jedoch voraus, dass die erste Ehe vor dem 1. Juli 1977 geschieden wurde, was hier nicht der Fall ist.

Hahne Sprick Weber-Monecke Ahlt Dose

Vorinstanzen:
AG Wolfsburg, Entscheidung vom 24.03.2000 - 18 F 1419/99 -
OLG Braunschweig, Entscheidung vom 04.01.2001 - 2 UF 68/00 -

(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.

(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.

(3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IV ZR 7/09 Verkündetam:
24.Februar2010
Fritz
Justizangestellte
alsUrkundsbeamtin
derGeschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
IV. Zivilsenat Der des Bundesgerichtshofes hat im schriftlichen
Verfahren gemäß § 128 Abs. 2 ZPO mit Schriftsatzfrist bis zum 19. Februar
2010 durch den Vorsitzenden Richter Terno, die Richter Seiffert,
Wendt, die Richterin Dr. Kessal-Wulf und den Richter Felsch

für Recht erkannt:
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des 12. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 16. Dezember 2008 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.
Streitwert: bis 5.000 € Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Kläger Der begehrt die Feststellung, dass die beklagte Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (VBL) ihm eine Witwerrente ohne Anwendung der Ruhensbestimmung des § 41 Abs. 5 ihrer Satzung (VBLS) gewähren müsse.
2
1. Die Beklagte hat die Aufgabe, Angestellten und Arbeitern der an ihr beteiligten Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes im Wege privatrechtlicher Versicherung eine zusätzliche Alters-, Erwerbsminderungs- und Hinterbliebenenversorgung zu gewähren. Die Voraussetzungen für die Gewährung einer Hinterbliebenenrente ergeben sich aus § 38 VBLS. Er- http://www.juris.de/jportal/portal/t/o0n/## [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/o0n/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=2&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR122610989BJNE020104308&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint - 3 - gänzend verweist § 41 Abs. 5 VBLS (als so genannte Ruhensbestimmung ) für die Anrechnung eigenen Einkommens des rentenberechtigten Hinterbliebenen auf die für die gesetzliche Rentenversicherung geltenden Bestimmungen. Damit wird auf §§ 89 ff. SGB VI und insbesondere § 97 SGB VI verwiesen, der (u.a.) die Einkommensanrechnung auf Hinterbliebenenrenten regelt.
3
§ 41 Abs. 5 in der zum 1. Januar 2001 neu gefassten Satzung der Beklagten lautete: "Für Hinterbliebene gelten die Vorschriften der gesetzlichen Rentenversicherung über das Zusammentreffen von Rente und Einkommen entsprechend mit der Maßgabe , dass eventuelle Freibeträge sowie das Einkommen , das auf die Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung angerechnet wird, unberücksichtigt bleibt."
4
Urteil Mit vom 20. September 2006 (IV ZR 304/04 - BGHZ 169, 122) hat der Senat diese Satzungsbestimmung für unwirksam erklärt.
5
Daraufhin einigten sich die Tarifvertragsparteien des öffentlichen Dienstes am 22. Juni 2007 im Änderungstarifvertrag Nr. 4 zum Tarifvertrag Altersversorgung vom 1. März 2002 (ATV) auf eine Neufassung des § 41 Abs. 5 VBLS, welche mit Beschluss des Verwaltungsrates der Beklagten vom 23. November 2007 rückwirkend zum 1. Januar 2007 in Kraft gesetzt wurde. Diese 11. Änderung der neuen Satzung der Beklagten wurde vom Bundesministerium der Finanzen als zuständiger Aufsichtsbehörde am 14. Januar 2008 genehmigt und anschließend im Bundesanzeiger Nr. 25 vom 14. Februar 2008 veröffentlicht (BAnz 2008,

503).


6
§ 41 Abs. 5 VBLS lautet nunmehr: "Für Hinterbliebene gelten die Vorschriften der gesetzlichen Rentenversicherung über das Zusammentreffen von Rente und Einkommen entsprechend mit folgenden Maßgaben :
a) Eventuelle Freibeträge sowie das Einkommen, das auf die Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung angerechnet wird, bleiben unberücksichtigt.
b) Der/dem Hinterbliebenen werden mindestens 35 Prozent der ihr/ihm nach § 38 zustehenden Betriebsrente gezahlt."
7
2. Die am 31. März 1955 geborene frühere Ehefrau des Klägers ist am 22. Oktober 2006 verstorben. Sie war als Beschäftige im öffentlichen Dienst seit dem 1. Oktober 1978 bei der Beklagten pflichtversichert.
8
Nach dem Tode der Versicherten setzte die Beklagte mit Schreiben vom 8. Februar 2007 die Witwerrente des Klägers für die Zeit vom 22. Oktober 2006 bis zum 31. Januar 2007 (das so genannte Sterbevierteljahr ) auf monatlich 211 € fest. In der Folgezeit erbrachte sie unter Berufung auf § 41 Abs. 5 VBLS in der vom Senat beanstandeten Fassung zunächst keine Rentenzahlungen mehr. Erst nach der Neufassung der Ruhensbestimmung gewährte sie dem Kläger rückwirkend ab dem 1. Februar 2007 mit monatlich 73,85 € den Mindestbetrag von 35% der Witwerrente. Seit 1. Juli 2007 hat sich dieser Betrag auf monatlich 74,59 € erhöht.
9
3. Der Kläger wendet sich gegen die Anwendung des § 41 Abs. 5 VBLS, dessen frühere Fassung im Zeitpunkt des Todes seiner Frau nicht wirksam gewesen sei und dessen Neufassung jedenfalls nicht rückwirkend zum 1. Januar 2007 habe in Kraft gesetzt werden dürfen.
10
Vorinstanzen Die haben die Klage insoweit abgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Kläger sein Begehren weiter.

Entscheidungsgründe:


11
DasRechtsmittel hat keinen Erfolg.
12
Das I. Berufungsgericht hat ausgeführt, der Kläger habe keinen Anspruch darauf, dass die Ruhensvorschrift des § 41 Abs. 5 VBLS auf seine Witwerrente nicht angewendet werde. In ihrer Neufassung, nach der den Hinterbliebenen mindestens 35% der nach § 38 VBLS ermittelten Betriebsrente erhalten blieben, sei die Satzungsbestimmung wirksam. Sie schließe es nunmehr aus, dass Hinterbliebenenrenten durch die Ruhensregelung vollständig aufgezehrt würden. Die Neuregelung beruhe auf einer Grundentscheidung der Tarifvertragsparteien des öffentlichen Dienstes und überschreite nicht deren Gestaltungsspielraum, weshalb auch der Satzungsgeber insoweit weitgehende Gestaltungsfreiheit genieße. Mit höherrangigem Recht sei § 41 Abs. 5 VBLS n.F. vereinbar. Im Hinblick auf Art. 3 Abs. 1 GG genüge die Bestimmung den Voraussetzungen , die der Senat in der Entscheidung BGHZ 169, 122 aufgestellt habe. Im Ergebnis führe die neue Ruhensregelung dazu, dass dem Hinterbliebenen ca. 20% der Rente erhalten blieben, die der verstorbene Versicherte selbst im Zeitpunkt seines Todes hätte beanspruchen können. Das entspreche im Wesentlichen der Rechtslage für die Beamten- versorgung nach § 53 BeamtVG. Eine völlige Entwertung des vom verstorbenen Ehegatten verdienten Versorgungsanspruchs werde nunmehr ausgeschlossen. Auch Art. 14 Abs. 1 Satz 1 und Art. 20 Abs. 3 GG würden durch die Neuregelung nicht verletzt.
13
Schließlich sei es aus Verfassungsgründen auch nicht zu beanstanden , dass die Neufassung des § 41 Abs. 5 VBLS rückwirkend zum 1. Januar 2007 in Kraft gesetzt worden sei. Seit dem Senatsurteil vom 20. September 2006 (BGHZ 169, 122), mit dem die frühere Fassung des § 41 Abs. 5 VBLS für unwirksam erklärt worden war, hätten die Versicherten zwar auf eine verfassungskonforme, ihnen günstigere Neuregelung vertrauen können, nicht jedoch darauf, dass diese erst später - nach Einigung der Tarifvertragsparteien - in Kraft treten würde. Vielmehr habe schon mit Ablauf des Jahres 2006 kein geschütztes Vertrauen darauf bestanden , dass es nicht alsbald zur Neuregelung käme.
14
II. Das hält rechtlicher Nachprüfung stand.
15
1. Den rechtlichen Maßstab, anhand dessen § 41 Abs. 5 VBLS in seiner ab dem 1. Januar 2007 in Kraft gesetzten Fassung von den Gerichten zu kontrollieren ist, hat das Berufungsgericht zutreffend bestimmt (vgl. dazu Senatsurteil vom 14. November 2007 - IV ZR 74/06 - BGHZ 174, 127 Tz. 28-38). Ein Vergleich von § 1 Ziffer 4 des Änderungstarifvertrages Nr. 4 vom 22. Juni 2007 mit der wortgleichen Regelung in § 41 Abs. 5 VBLS n.F. zeigt, dass die Neufassung der Ruhensbestimmung auf einer maßgeblichen Grundentscheidung der Tarifvertragsparteien beruht. Sie haben es sich im Anschluss an die Senatsentscheidung vom 20. September 2006 (BGHZ 169, 122) vorbehalten, einvernehmlich fest- zulegen, in welchem Umfang eine Hinterbliebenenrente dem Berechtigten trotz eigener Einkünfte erhalten und insbesondere welcher Mindestbetrag von einer Anrechnung dieser Einkünfte unberührt bleiben soll. Diese Entscheidung entspringt dem Kernbereich der von Art. 9 Abs. 3 Satz 1 GG geschützten Tarifautonomie. Der Grundrechtsschutz ist nicht für alle koalitionsmäßigen Betätigungen gleich intensiv. Die Wirkkraft des Grundrechts nimmt vielmehr in dem Maße zu, in dem eine Materie aus Sachgründen am besten von den Tarifvertragsparteien geregelt werden kann, weil sie nach der dem Art. 9 Abs. 3 GG zugrunde liegenden Vorstellung des Verfassungsgebers die gegenseitigen Interessen angemessener zum Ausgleich bringen können als der Staat. Das gilt vor allem für die Festsetzung der Löhne und der anderen materiellen Arbeitsbedingungen (BVerfGE 94, 268, 284 f.). Auch die Zusatzversorgung im öffentlichen Dienst hat Entgeltcharakter, zählt mithin im weiteren Sinne zum Bereich der Löhne und materiellen Arbeitsbedingungen. Die Gewährung (auch) einer Hinterbliebenenversorgung wiederum ist wesentlicher Teil des den über die Beklagte versicherten Beschäftigten des öffentlichen Dienstes gegebenen Leistungsversprechens. Vor diesem Hintergrund betrifft die Festlegung genereller Kriterien für die Bestimmung der Höhe von Hinterbliebenenrenten nicht lediglich einen peripheren Regelungsgegenstand , sondern einen wesentlichen Teil der Versorgungszusage. Die dieser tarifvertraglichen Vorgabe folgende Satzungsbestimmung des § 41 Abs. 5 VBLS n.F. ist deshalb der Inhaltskontrolle nach den AGBrechtlichen Bestimmungen des Bürgerlichen Gesetzbuches entzogen (BGHZ 174 aaO Tz. 32 m.w.N.). Bei der Umsetzung und inhaltlichen Ausgestaltung solcher Entscheidungen der Tarifvertragsparteien genießt auch der Satzungsgeber eine weitgehende Gestaltungsfreiheit, die die Gerichte grundsätzlich zu respektieren haben (BGHZ 174 aaO m.w.N.). Insoweit wirkt der Schutz der Tarifautonomie fort, die den Tarifvertrags- parteien besondere Beurteilungs-, Bewertungs- und Gestaltungsspielräume eröffnet.
16
Da andererseits die Beklagte als Anstalt des öffentlichen Rechts (§ 1 Satz 1 VBLS) eine öffentliche Aufgabe wahrnimmt, ist die gerichtliche Kontrolle ihrer Satzungsbestimmungen nach ständiger Rechtsprechung neben der Prüfung, ob die Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft beachtet sind, jedenfalls darauf zu erstrecken, ob ein Verstoß gegen das Grundgesetz vorliegt (vgl. BGHZ 174 aaO Tz. 33 f. m.w.N.). Da die Rechtssetzung durch Tarifvertrag in Ausübung eines Grundrechts der Tarifvertragsparteien (Art. 9 Abs. 3 GG) erfolgt, es sich um eine privatautonome Gestaltung auf kollektiver Ebene handelt und dabei die auf der einzelvertraglichen Ebene bestehenden Vertragsparitätsdefizite typischerweise ausgeglichen werden, sind den Tarifvertragsparteien allerdings größere Freiheiten einzuräumen als dem Gesetzgeber. Ihre größere Sachnähe eröffnet ihnen Gestaltungsmöglichkeiten, die dem Gesetzgeber verschlossen sind (vgl. dazu BGHZ 174 aaO Tz. 36; BAGE 69, 257, 269 f. unter Hinweis auf BVerfGE 82, 126, 154).
17
Die durch Art. 9 Abs. 3 GG geschützte Koalitionsfreiheit und die sich daraus ergebende Tarifautonomie werden durch kollidierendes Verfassungsrecht eingeschränkt (vgl. u.a. BVerfGE 100, 271, 283 f.; 103, 293, 306 ff.; BAGE 99, 112, 118 ff.). Entgegenstehende, verfassungsrechtlich begründete Positionen können sich insbesondere aus den Grundrechten der beteiligten Arbeitgeber und Arbeitnehmer ergeben. Das Grundrecht des Art. 9 Abs. 3 GG und die Grundrechte der vom Tarifvertrag erfassten Personen begrenzen sich mithin wechselseitig. Die Grenzen sind durch einen möglichst schonenden Ausgleich zu ermitteln, wobei der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu beachten ist. Diese Maßstäbe sind auch bei der Überprüfung der Satzungsregelungen der Beklagten heranzuziehen (BGHZ 174 aaO Tz. 38).
18
2. Gemessen daran hält die Neuregelung des § 41 Abs. 5 VBLS der gerichtlichen Kontrolle stand.
19
a) Im Urteil vom 20. September 2006 (BGHZ 169, 122 Tz. 18, 19) hat der Senat ausgesprochen, dass die Hinterbliebenenrente in der betrieblichen Altersversorgung der Beklagten vor allem Entgeltcharakter hat und es sich deshalb mit Blick auf Art. 3 Abs. 1 GG verbietet, sie wie eine Hinterbliebenenrente in der gesetzlichen Rentenversicherung - oder andere ausschließlich fürsorgerisch motivierte Leistungen (etwa die Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung - §§ 1, 2, 8 Nr. 2, 19 Abs. 2, 41 ff. SGB XII - oder die Hilfe zum Lebensunterhalt - §§ 1, 2, 8 Nr. 1, 19 Abs. 1, 27 ff. SGB XII) - durch eine Einkommensanrechnung auf Dauer vollständig zum Ruhen zu bringen und damit aufzuzehren. Auch die neue Satzung der Beklagten umfasst weiterhin Leistungen zugunsten von Hinterbliebenen (vgl. §§ 2 Abs. 1, 25 Nr. 1 c und 2 c VBLS), die als Anspruch ausgestaltet und durch Betriebstreue des Verstorbenen mit erdient worden sind (BGHZ 169 aaO, vgl. auch BAG VersR 1979, 1158, 1159). Insoweit besteht von je her ein wesentlicher Unterschied zwischen einem Privatversicherungsverhältnis und dem gesetzlichen Rentenversicherungsverhältnis (vgl. BVerfGE 70, 101, 111; 58, 81, 110; BSGE 90, 279, 280, 284; 85, 161, 170), der durch die Umstellung der Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes von einer aus dem Alimentationsgedanken entwickelten betrieblichen Altersversorgung (vgl. BVerfG FamRZ 1996, 1067 zu § 65 VBLS a.F.) auf ein auf einem Punktemodell beruhendes Betriebsrentensystem eher bekräftigt als beseitigt worden ist.

20
b) Mit der zum 1. Januar 2007 in Kraft gesetzten Neuregelung des § 41 Abs. 5 VBLS und der darin festgeschriebenen Mindestquote von 35% der nach § 38 VBLS zu ermittelnden Hinterbliebenenrente, welche dem Hinterbliebenen ungeachtet der Anrechnung eigener Einkünfte in jedem Falle verbleibt, haben die Tarifvertragsparteien - und ihnen folgend der Satzungsgeber - den vorgenannten verfassungsrechtlichen Bedenken insoweit ausreichend Rechnung getragen, als es nun nicht mehr zu einem vollständigen Aufzehren der Hinterbliebenenrente kommen kann.
21
c) Soweit die Revision beanstandet, die verbleibende Mindestquote von 35% der Hinterbliebenenrente genüge quantitativ noch nicht den Anforderungen, die sich aus Art. 3 Abs. 1 GG ergäben, weil auch diese Kappung der Anrechnung große Teile der Rente aufzehre, ist dem nicht zu folgen.
22
aa) Es ist im Grundsatz nicht zu beanstanden, dass die Satzung der Beklagten die Höhe der Hinterbliebenenversorgung mit Rücksicht auf eigenes Einkommen des versorgungsberechtigten Hinterbliebenen kürzt. Aus dem Umstand, dass die Hinterbliebenenversorgung vom verstorbenen Versicherten als Einkommen erdient worden ist, folgt aus Verfassungsgründen kein Anspruch des Hinterbliebenen auf eine ungekürzte Auszahlung derjenigen Rente, die dem verstorbenen Versicherten zugestanden hätte. Vielmehr ist die Beklagte als Versicherer im Rahmen der Privatautonomie zunächst frei darin, ihr Leistungsversprechen insoweit einzuschränken. Das ergibt sich schon daraus, dass auch die Hinterbliebenenrente in der Zusatzversorgung der Beklagten - insoweit vergleichbar mit der Hinterbliebenenrente in der gesetzlichen Rentenversiche- rung - ohne eigene Beitragsleistung des Rentenempfängers und ohne erhöhte Beitragsleistung des Versicherten gewährt wird (vgl. insoweit für die gesetzliche Rentenversicherung: BVerfGE 97, 271, 285). Aus dem Gleichbehandlungsgebot des Art. 3 Abs. 1 GG lässt sich mithin lediglich ableiten, dass wegen des Entgeltcharakters der Versicherungsleistung dem Hinterbliebenen selbst dann, wenn er über ausreichende eigene Einkünfte verfügt, ein nennenswerter Rest des vom Verstorbenen erdienten Rentenanspruchs verbleiben muss (Senatsurteile vom 27. März 1985 - IVa ZR 192/82 - VersR 1985, 759 unter 2 und BGHZ 169, 122 Tz. 18,

19).


23
bb) Soweit sich die Tarifvertragsparteien bei der Ruhensregelung auf eine Mindesthinterbliebenenrente von 35% geeinigt haben, hält das der gerichtlichen Kontrolle stand. Insoweit haben sie - wie das Berufungsgericht zutreffend angenommen hat - von ihrem weiten Gestaltungsspielraum in zulässiger Weise Gebrauch gemacht. Mit dem Erhalt von zumindest mehr als einem Drittel der Hinterbliebenenrente für den Rentenempfänger ist dem Gebot, dass die Rente nicht "aufgezehrt" werden dürfe, ausreichend Genüge getan (zum Begriff der "völligen Entwertung" im Rahmen des § 53 BeamtVG vgl. auch BVerwGE 120, 154, 165). Die Tarifvertragsparteien waren nicht verpflichtet, die zweckmäßigste, vernünftigste oder gerechteste Lösung zu wählen (vgl. BGHZ 174, 127 Tz. 35). Ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG liegt auch nicht darin, dass sich - worauf das Berufungsurteil verweist - die Höhe der maximalen Anrechnung eigenen Einkommens im Ergebnis nicht sehr von der Regelung in § 53 Abs. 5 BeamtVG unterscheidet. Denn daraus kann nicht entnommen werden, dass sich die Tarifvertragsparteien in Verkennung der Unterschiede zwischen Beamten- und Zusatzversorgung fehlerhaft an den Vorgaben des Beamtenversorgungsrechts orientiert hätten. Vielmehr ha- ben sie in § 41 Abs. 5 VBLS eine eigenständige Regelung getroffen. Insofern ist es auch nicht von Belang, ob - wie die Revisionserwiderung meint - die von § 53 Abs. 5 BeamtVG vorgesehenen Anrechnungsmaßstäbe für die Zusatzversorgung der Beklagten nicht unterschritten werden dürfen. Maßstab für die gerichtliche Kontrolle war hier allein, ob die Neuregelung des § 41 Abs. 5 VBLS ein vollständiges Aufzehren der Betriebsrente der Verstorbenen ausreichend vermeidet.
24
cc) Die Neuregelung verstößt schon deshalb nicht gegen Art. 14 Abs. 1 GG, weil der Anspruch auf Hinterbliebenenrente aus der Zusatzversorgung dem Schutzbereich dieses Grundrechts nicht unterfällt (vgl. für die Hinterbliebenenversorgung in der gesetzlichen Rentenversicherung BVerfGE 97, 271, 283 ff.). Zwar können zu den von Art. 14 Abs. 1 GG geschützten Rechtspositionen auch Ansprüche und Anwartschaften auf Rentenleistungen gehören, wenn es sich um vermögensrechtliche Rechtspositionen handelt, die nach Art eines Ausschließlichkeitsrechts dem Rechtsträger als privatnützig zugeordnet sind, auf dessen nicht unerheblichen Eigenleistungen beruhen und seiner Existenzsicherung dienen (BVerfG aaO m.w.N.). Es fehlt hier aber bereits an einer ausschließlichen , privatnützigen Zuordnung, denn die Hinterbliebenenleistung aus der Zusatzversicherung der Beklagten erstarkt nicht schon nach Ablauf einer Wartezeit und Eintritt des Versicherungsfalles zum Vollrecht, sondern ist von weiteren Voraussetzungen abhängig. So kann eine Witwerrente nur beansprucht werden, wenn der Versicherte im Todeszeitpunkt mit dem Anspruchsteller in gültiger Ehe gelebt hat. Der Anspruch erlischt sowohl bei Vorversterben wie auch bei Wiederheirat des Anspruchstellers. Es fehlt weiter die Anknüpfung des Rentenanspruchs an eine individuell zurechenbare Eigenleistung des Rentenberechtigten, denn ähnlich wie bei der gesetzlichen Rente wird die Hinterbliebenenrente als Element des sozialen Ausgleichs dem Rentenempfänger ohne eigene Beitragsleistung und ohne erhöhte Beitragslast für den Versicherten gewährt (BVerfGE aaO).
25
Auch dd) aus den von der Revision ins Feld geführten europarechtlichen Vorgaben folgt nichts anderes. Dass der Europäische Gerichtshof Leistungen aus einer berufsständischen Versorgung als Entgelt im Sinne der Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 (ABl. EG Nr. L 303 vom 2. Dezember 2000 S. 16 ff.) sowie der Antidiskriminierungsbestimmung in Art. 141 des EG-Vertrages eingestuft hat (EuGH, Urteil vom 1. April 2008 - C-267/06 - Slg. 2008 Seite I-0175701816 ), steht nicht in Widerspruch zur Senatsrechtsprechung, welche das Verbot des Aufzehrens solcher Rentenleistungen durch Ruhensbestimmungen ebenfalls aus diesem Entgeltcharakter ableitet (BGHZ 169, 122 Tz. 17). Für die Höhe der zulässigen Kürzung einer Hinterbliebenenrente mit Blick auf eigene Einkünfte des Rentenberechtigten ergeben sich daraus jedoch keine konkreten Vorgaben.
26
d) Die rückwirkende Inkraftsetzung der erst am 23. November 2007 vom Verwaltungsrat der Beklagten beschlossenen Neuregelung des § 41 Abs. 5 VBLS zum 1. Januar 2007 verletzt nicht das aus dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) abgeleitete Gebot des Vertrauensschutzes.
27
aa) Allerdings gebietet die Rechtssicherheit als wesentliches Element der Rechtsstaatlichkeit, dass der rechtsunterworfene Bürger nicht durch die rückwirkende Beseitigung erworbener Rechte über die Verlässlichkeit einer Norm getäuscht wird. Eine verschlechternde Rückwirkung ist deshalb grundsätzlich unvereinbar mit dem insoweit gewährleisteten Vertrauensschutz. Nur in Ausnahmefällen ist eine nachträgliche Verschlechterung der Rechtslage zulässig. Die dazu vom Bundesverfassungsgericht für den Gesetzgeber entwickelten Maßstäbe (BVerfGE 18, 429, 439; 24, 75, 98) sind auch von den Tarifvertragsparteien zu beachten (BGHZ 174, 127 Tz. 53; BAG NZA 2006, 1285, 1288 m.w.N.).
28
bb) Eine Rückwirkung von Rechtsfolgen liegt dann vor, wenn der Beginn des zeitlichen Anwendungsbereichs einer Bestimmung und der Eintritt ihrer Rechtsfolge auf einen Zeitpunkt festgelegt sind, die vor demjenigen liegt, zu dem die Bestimmung gültig geworden ist, so dass mit ihr nachträglich ändernd in einen bereits abgeschlossenen Sachverhalt eingegriffen wird (vgl. dazu BVerfGE 25, 371, 404; BVerwG, Urteil vom 28. Mai 2009 - 2 C 23/07 - veröffentlicht in juris Tz. 44).
29
Ob ein solcher abgeschlossener Sachverhalt hier bereits gegeben war, obwohl die Beklagte seit dem 1. Februar 2007 unter fortdauernder Berufung auf § 41 Abs. 5 VBLS in der vom Senat als unwirksam beanstandeten früheren Fassung keine Rentenzahlungen geleistet hat, kann offen bleiben. Denn jedenfalls ist selbst eine echte Rückwirkung der Neufassung des § 41 Abs. 5 VBLS ausnahmsweise deshalb zulässig, weil sie insoweit voraussehbar war, als die Bezieher von Hinterbliebenenrenten der Beklagten zu Beginn des Jahres 2007 bereits damit rechnen mussten (vgl. dazu BVerfGE 13, 261, 272; 15, 313, 324 f.; 18, 429, 439; 25, 371, 404), dass es zu einer Neuregelung der Ruhensbestimmung käme, die zwar den Beanstandungen des Senats aus der Entscheidung BGHZ 169, 122 Rechnung tragen, nicht aber auf eine Anrechnung eigenen Einkommens der rentenberechtigten Hinterbliebenen auf die Hinterbliebenenrenten vollständig verzichtete. Der Senat (aaO) hatte am 20. September 2006 die frühere Ruhensbestimmung des § 41 Abs. 5 VBLS lediglich deshalb für unwirksam erklärt, weil sie infolge der unbegrenzten Anrechnungsmöglichkeit dazu führen konnte, dass eine vom verstorbenen Versicherten erdiente Hinterbliebenenrente vollständig aufgezehrt wurde. Die Einkommensanrechnung als solche hatte der Senat im Grundsatz aber nicht beanstandet. Danach lag es nahe, dass die Tarifvertragsparteien und die Beklagte alsbald im Rahmen einer Neuregelung der Satzung bestrebt sein würden, diesen verfassungsrechtlichen Bedenken durch eine den Rentenempfängern zwar günstigere Anrechnung eigenen Einkommens Rechnung zu tragen, bei der es nicht mehr zur vollständigen Rentenkürzung kommen konnte. Demgegenüber sprach nichts dafür, dass die Beklagte künftig auf jegliche Anrechnung eigenen Einkommens der Hinterbliebenenrentenberechtigten verzichten würde. Insoweit hatte die Senatsentscheidung vom 20. September 2006 lediglich vorübergehend dazu geführt, dass die Satzung der Beklagten für Hinterbliebenenrenten keine wirksame Ruhensbestimmung mehr enthielt.
30
Wie cc) das Berufungsgericht zutreffend angenommen hat, bestand spätestens mit Ablauf des Jahres 2006 auch kein geschütztes Vertrauen der Rentenberechtigten mehr darauf, dass dieser vorübergehende Rechtszustand weiterhin fortbestünde.
31
Im Falle des Klägers galt dies im Übrigen auch deshalb, weil die Beklagte die Hinterbliebenenrente nach Ablauf des Sterbevierteljahres ab dem 1. Februar 2007 unter Berufung auf die vom Senat für unwirksam erklärte Ruhensbestimmung nicht auszahlte. Ungeachtet dessen, dass dieses Verhalten zunächst nicht mehr der aktuellen Satzungslage entsprach , konnte der Kläger daraus entnehmen, dass die Beklagte plante, die Ruhensbestimmung binnen kurzer Zeit durch eine verfassungskon- forme Neuregelung zu ersetzen und dabei im Grundsatz an einer Einkommensanrechnung festzuhalten.
Terno Seiffert Wendt
Dr. Kessal-Wulf Felsch

Vorinstanzen:
LG Karlsruhe, Entscheidung vom 27.06.2008 - 6 O 232/07 -
OLG Karlsruhe, Entscheidung vom 16.12.2008 - 12 U 208/08 -

(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.

(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.

(3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 46/01
vom
17. November 2004
in der Familiensache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
VAHRG § 3 a
Im Falle der Wiederverheiratung des geschiedenen Ehegatten besteht kein Anspruch
auf eine verlängerte schuldrechtliche Ausgleichsrente (§ 3 a VAHRG), wenn die vom
Träger der schuldrechtlich auszugleichenden Versorgung zugesagte Hinterbliebenenversorgung
mit der Wiederverheiratung der Witwe/des Witwers entfällt.
Ist für den Fall der Wiederverheiratung der Witwe/dem Witwer eine Abfindung zugesagt
, so kommt ein Anspruch auf eine verlängerte schuldrechtliche Ausgleichsrente
jedenfalls dann nicht in Betracht, wenn der ausgleichsberechtigte geschiedene Ehegatte
im Zeitpunkt des Todes seines früheren Ehegatten bereits wiederverheiratet ist.
BGH, Beschluß vom 17. November 2004 - XII ZB 46/01 - OLG Frankfurt a.M.
AG Fürth/Odw.
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 17. November 2004 durch
die Vorsitzende Richterin Dr. Hahne und die Richter Sprick, Weber-Monecke,
Prof. Dr. Wagenitz und Dose

beschlossen:
Die weitere Beschwerde gegen den Beschluß des 6. Senats für Familiensachen des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main mit Sitz in Darmstadt vom 5. Januar 2001 wird auf Kosten der Antragstellerin zurückgewiesen. Beschwerdewert: 511 € (= 1.000 DM).

Gründe:

I.

Die Antragstellerin begehrt von der Antragsgegnerin im Wege des verlängerten schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs die Zahlung einer Ausgleichsrente. Die 1963 geschlossene Ehe der Antragstellerin mit K. R. wurde 1987 geschieden. In der Ehezeit (1. September 1963 bis 30. September 1986, § 1587 Abs. 2 BGB) hatten beide Ehegatten Versorgungsanrechte in der gesetzlichen Rentenversicherung bei der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) erworben; für den Ehemann bestanden daneben Anrechte auf betriebliche Altersversorgung bei der Antragsgegnerin. Zum Ausgleich der Anrechte bei der BfA hat das Amtsgericht den Versorgungsausgleich dahin ge-
regelt, daß es im Wege des Rentensplittings nach § 1587 b Abs. 1 BGB Rentenanwartschaften des Ehemannes bei der BfA auf das Versicherungskonto der Ehefrau bei der BfA übertragen hat. Den Ausgleich der dem Ehemann zustehenden Anrechte auf betriebliche Altersversorgung bei der Antragsgegnerin hat das Amtsgericht dem schuldrechtlichen Versorgungsausgleich vorbehalten. Die Antragstellerin ist seit 1987 erneut verheiratet. Ihr früherer Ehemann ist am 7. Januar 1996 verstorben. Die Antragstellerin beansprucht von der Antragsgegnerin aus den bei dieser für ihren früheren Ehemann bestehenden betrieblichen Altersversorgung eine verlängerte schuldrechtliche Ausgleichsrente. Nach der Pensionsordnung der Antragsgegnerin erhält der überlebende Ehegatte eines Mitarbeiters eine Witwen-/Witwerpension, wenn die Ehe mindestens drei Monate und bis zum Tode des Mitarbeiters bestanden hat. Die Witwen-/ Witwerpension erlischt mit dem Ablauf des Monats, in dem die Witwe/der Witwer sich wieder verheiratet. Im Falle der Wiederheirat der Witwe/des Witwers wird dieser/diesem eine Abfindung in Höhe der zweifachen Witwen-/WitwerJahrespension gewährt. Das Amtsgericht hat festgestellt, daß der Antragstellerin gegenüber der Antragsgegnerin ein verlängerter schuldrechtlicher Versorgungsausgleichsanspruch gemäß § 3 a VAHRG dem Grunde nach zusteht. Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin hat das Oberlandesgericht den Antrag auf Durchführung des verlängerten schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs zurückgewiesen. Mit der zugelassenen weiteren Beschwerde erstrebt die Antragstellerin die Wiederherstellung des amtsgerichtlichen Beschlusses.

II.

Das Rechtsmittel ist nicht begründet. 1. Nach Auffassung des Oberlandesgerichts kann die Antragstellerin keine schuldrechtliche Ausgleichsrente nach § 3 a VAHRG beanspruchen. Eine solche Ausgleichsrente stünde der Antragstellerin nur zu, wenn sie für den Fall, daß ihre (erste) Ehe bis zum Tode ihres (ersten) Ehemannes fortbestanden hätte , von der Antragsgegnerin eine Hinterbliebenenversorgung verlangen könnte. Dies sei jedoch nicht der Fall. Nach Abschnitt VIII Nr. 3 der Pensionsordnung der Antragsgegnerin erlösche ein Anspruch auf Hinterbliebenenversorgung, wenn die Witwe sich wieder verheirate. Da die Antragstellerin unmittelbar nach der Scheidung von ihrem (ersten) Ehemann wieder geheiratet habe, lägen die Voraussetzungen, unter denen nach der Pensionsordnung der (echten) Witwe eine Hinterbliebenenversorgung geschuldet werde, in der Person der Antragstellerin nicht vor. Damit sei aber auch ein Anspruch der Antragstellerin auf verlängerten schuldrechtlichen Versorgungsausgleich ausgeschlossen. Der Umstand , daß die Pensionsordnung der (echten) Witwe für den Fall der Wiederverheiratung einen Abfindungsanspruch zugestehe, ändere daran nichts. Die - in der Literatur umstrittene - Frage, ob dem geschiedenen ausgleichsberechtigten Ehegatten in Fällen, in denen die Pensionsordnung des Arbeitgebers für den Fall der Wiederverheiratung eine Abfindung vorsehe, eine verlängerte schuldrechtliche Ausgleichsrente bis zur Höhe der Abfindung zustehe, erscheine zweifelhaft. Sie sei jedenfalls dann zu verneinen, wenn der geschiedene Ehegatte - wie hier - bei Eintritt der Voraussetzungen des § 3 a Abs. 1 VAHRG bereits wieder verheiratet sei. Die Wiederverheiratungsklausel in der Pensionsordnung der Antragsgegnerin sei ersichtlich dem § 107 Abs. 1 Satz 1 SGB VI nachgebildet. Die dort vorgesehene Abfindung sei nicht als Kapitalisierung von Rentenleistungen zu verstehen, die der Versorgungsträger "an sich" - also auch
nach einer Wiederverheiratung - schulde. Es handele sich vielmehr um eine Prämie, die der Witwe/dem Witwer den Start in eine neue Ehe erleichtern und einen Anreiz für die Aufgabe nichtehelicher Lebensgemeinschaften bieten solle. Die in der Pensionsordnung der Antragsgegnerin vorgesehene Abfindung verfolge ersichtlich denselben Zweck. Dieser Zweck erfordere die Zahlung einer Ausgleichsrente an den geschiedenen Ehegatten dann nicht, wenn er im Zeitpunkt des Todes seines früheren Ehegatten bereits wiederverheiratet sei. 2. Diese Ausführungen sind frei von Rechtsirrtum.
a) Nach § 3 a VAHRG kann der geschiedene ausgleichsberechtigte Ehegatte in den Fällen des schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs von dem Träger der auszugleichenden Versorgung, von dem er, wenn die Ehe bis zum Tod des ausgleichspflichtigen Ehegatten fortbestanden hätte, eine Hinterbliebenenversorgung erhielte, bis zur Höhe dieser Hinterbliebenenversorgung die Ausgleichsrente nach § 1587 g BGB verlangen - und zwar auch dann, wenn der ausgleichspflichtige Ehegatte noch keine Versorgung erlangt hatte. Durch die Verpflichtung, auch dem geschiedenen ausgleichsberechtigten Ehegatten des Versicherten in Form des verlängerten schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs eine Versorgung zu gewähren, wird der Versorgungsträger mit einem zusätzlichen Risiko belastet. Diese zusätzliche Belastung erschien dem Gesetzgeber nur hinnehmbar, wenn und soweit der Versorgungsträger dem geschiedenen ausgleichsberechtigten Ehegatten für den Fall, daß die Ehe mit dem Versicherten bis zu dessen Tod fortbestanden hätte, zur Zahlung einer (Hinterbliebenen-) Versorgung verpflichtet gewesen wäre. Daran fehlt es nicht nur dann, wenn der Versorgungsträger seinem Versicherten überhaupt keine Hinterbliebenenversorgung zugesagt hat. Eine verlängerte schuldrechtliche Ausgleichsrente kommt vielmehr auch dann nicht in Betracht, wenn der Versorgungsträger die Gewährung einer Hinterbliebenenversorgung an zusätzliche
Voraussetzungen geknüpft hat und diese Voraussetzungen in der Person des geschiedenen ausgleichsberechtigten Ehegatten nicht vorliegen. Das ist hier der Fall: Die Antragsgegnerin hat in ihrer Pensionsordnung zwar eine Hinterbliebenenversorgung zugesagt. Die Gewährung dieser Hinterbliebenenversorgung steht jedoch unter der auflösenden Bedingung, daß der hinterbliebene Ehegatte erneut heiratet. Da § 3 a VAHRG die Antragstellerin nicht besser stellen will als sie stünde, wenn ihre Ehe durch den Tod ihres (ersten) Ehemannes aufgelöst worden wäre, schließt diese Wiederverheiratungsklausel einen Anspruch der wieder verheirateten Antragstellerin auf verlängerten schuldrechtlichen Versorgungsausgleich aus. Soweit die weitere Beschwerde die in der Pensionsordnung der Antragsgegnerin vorgesehene Wiederverheiratungsklausel "bei unbefangener Betrachtung" für "befremdlich" hält, vermag der Senat dieser Einschätzung nicht zu folgen. Wiederverheiratungsklauseln beruhen auf der Vorstellung, daß der hinterbliebene Ehegatte, der sich erneut verheiratet, in dem Zusammenleben mit dem neuen Ehegatten eine angemessene Versorgung findet und auf eine Versorgung nach seinem verstorbenen Ehegatten nicht länger angewiesen ist. Diese Vorstellung hat für die gesetzliche Rentenversicherung in § 107 SGB VI, der in der Pensionsordnung der Antragsgegnerin nachgebildet ist, ihren Niederschlag gefunden. Sie rechtfertigt es, auch den Anspruch des geschiedenen Ehegatten auf verlängerten schuldrechtlichen Versorgungsausgleich auszuschließen (vgl. etwa Johannsen/Henrich/Hahne Eherecht 4. Aufl. § 3 a VAHRG Rdn. 12). Der weiteren Beschwerde ist zwar zuzugeben, daß der Versorgungsausgleich dem geschiedenen ausgleichsberechtigten Ehegatten grundsätzlich eine eigenständige Versorgung verschaffen will, die ihm durch spätere Ereignisse nicht mehr genommen werden kann. Dieser Grundsatz gilt indes nur für den öffentlichrechtlichen Versorgungsausgleich, der zur Übertragung oder Begründung eigener Anrechte für den ausgleichsberechtigten Ehegatten bei gleichzeitiger Kür-
zung der Anrechte des ausgleichspflichtigen Ehegatten führt. Die dem schuldrechtlichen Versorgungsausgleich unterfallenden Anrechte folgen diesem auf dem Versicherungsprinzip aufbauenden Mechanismus aber gerade nicht. Deshalb ist der verlängerte schuldrechtliche Versorgungsausgleich als eine Ausnahme konzipiert, die nach Voraussetzungen und Höhe durch die vom Versorgungsträger zugesagte Hinterbliebenenversorgung - mithin auch durch eine dort vorgesehene Wiederverheiratungsklausel - limitiert wird.
b) Die Antragstellerin kann auch nicht deshalb eine verlängerte schuldrechtliche Ausgleichsrente von der Antragsgegnerin verlangen, weil in deren Pensionsordnung der (echten) Witwe/dem (echten) Witwer für den Fall der Wiederverheiratung eine Abfindung zugesagt wird. In der Literatur wird zum Teil angenommen, daß auch eine als Hinterbliebenenversorgung zugesagte Kapitalleistung Grundlage eines verlängerten schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs sein kann; mit der Berücksichtigung auch solcher Todes-Kapitalleistungen werde dem Schutzbedürfnis des ausgleichsberechtigten Ehegatten Rechnung getragen und Versuchen entgegengewirkt , die Rechtsfolgen des § 3 a VAHRG zu umgehen (Johannsen/Henrich/ Hahne aaO; MünchKomm/Glockner BGB 4. Aufl. § 3 a VAHRG Rdn. 8). Daraus ist z.T. gefolgert worden, daß ein ausgleichsberechtigter Ehegatte in Fällen, in denen für den Fall der Wiederverheiratung anstelle der bisherigen Witwen-/ Witwerrente eine Kapitalabfindung zugesagt sei, bis zur Ausschöpfung dieses Abfindungsbetrages eine verlängerte schuldrechtliche Ausgleichsrente beanspruchen könne (Wagenitz FamRZ 1987, 1, 6). Es kann dahinstehen, ob diese Folgerung, die mit den in den Gesetzesmaterialen ausgewiesenen Zielen des § 3 a VAHRG nicht in Einklang steht (vgl. Begründung des Regierungsentwurfs eines Gesetzes über weitere Maßnahmen
auf dem Gebiet des Versorgungsausgleichs BT-Drucks. 10/5447 S. 11) zwingend ist. Jedenfalls kann diese Folgerung für den hier vorliegenden Fall, in dem der ausgleichsberechtigte Ehegatte bereits vor dem Tod des ausgleichspflichtigen Ehegatten wieder geheiratet hat, keine Geltung beanspruchen. Das ergibt sich bereits aus dem System der Hinterbliebenenversorgung, wie es auch in der Pensionsordnung der Antragsgegnerin Niederschlag gefunden hat. Danach erlischt mit der Wiederverheiratung des überlebenden Ehegatten dessen Witwen-/ Witwerrente; an ihre Stelle tritt eine Abfindung. Die Abfindung setzt mithin stets voraus, daß der Anspruch auf Witwenrente zunächst entstanden ist, dann infolge der Wiederverheiratung in Wegfall gerät und deshalb durch die Abfindung surrogiert wird. So liegen die Dinge im vorliegenden Fall aber gerade nicht: Hier hat die Antragstellerin, die vor dem Tod ihres (ersten) Ehemannes erneut geheiratet hat, schon keinen Anspruch auf verlängerten schuldrechtlichen Versorgungsausgleich gegen die Antragsgegnerin erworben. Ein solcher Anspruch konnte deshalb von vornherein auch nicht durch Zahlung eines Kapitalbetrags abgefunden werden. Ein an der Abfindung der (echten) Witwe/des (echten) Witwers orientierter Ausgleichsanspruch wäre auch mit Sinn und Zweck der Abfindungsregelung nicht zu vereinbaren. Die Abfindungsregelung will, worauf das Oberlandesgericht zu Recht hingewiesen hat, dem überlebenden Ehegatten eine Startchance für dessen neue Ehe bieten; zugleich will sie einer Umgehung der Wiederverheiratungsklausel durch nichteheliche Lebensgemeinschaften begegnen. Beide Zwecke werden nicht erreicht, wenn der geschiedene Ehegatte - wie hier - nach der Ehescheidung erneut heiratet und der einen Anspruch auf verlängerten schuldrechtlichen Versorgungsausgleich begründende
Tod des früheren Ehegatten erst nach der Wiederverheiratung des ausgleichsberechtigten Ehegatten eintritt.
Hahne Sprick Weber-Monecke Wagenitz Dose