Bundesgerichtshof Beschluss, 15. Juli 2015 - XII ZB 123/14
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Gründe:
- 1
- Die Rechtsbeschwerde des Beteiligten zu 1 (Staatskasse), mit der er eine Festsetzung der Betreuervergütung mit einem Stundensatz von 27 € statt eines erhöhten Stundensatzes von 33,50 € begehrt, führt zur Aufhebung der Beschwerdeentscheidung und Zurückverweisung der Sache an das Beschwerdegericht.
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- 1. Die Beurteilung des Beschwerdegerichts, wonach die Betreuerin durch ihre im Jahr 1995 abgeschlossene Ausbildung zur Kauffrau im Einzelhandel für die Betreuung nutzbare Kenntnisse i.S.v. § 4 Abs. 1 Satz 2 VBVG erworben habe, hält rechtlicher Überprüfung nicht stand. Das Beschwerdegericht hat die maßgeblichen Tatsachen nicht vollständig ermittelt und bei der Würdigung einen falschen Maßstab zugrunde gelegt.
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- a) Das Beschwerdegericht hat den Inhalt der Ausbildung fehlerhaft ermittelt , indem es die Verordnung über die Berufsausbildung im Einzelhandel in den Ausbildungsberufen Verkäufer/Verkäuferin und Kaufmann im Einzelhandel/ Kauffrau im Einzelhandel vom 16. Juli 2004 (BGBl. I S. 1806; im Folgenden: EzHdlAusbV 2004) seiner Entscheidung zugrunde gelegt hat. Denn für die 1995 abgeschlossene Ausbildung der Betreuerin war die Verordnung über die Berufsausbildung zum Kaufmann im Einzelhandel/zur Kauffrau im Einzelhandel vom 14. Januar 1987 (BGBl. I S. 153; im Folgenden: EzHdlKfmAusbV 1987) die maßgebliche Ausbildungsordnung. Da diese den Prüfungs- und Ausbildungsinhalt , insbesondere auch in Bezug auf die vom Beschwerdegericht als für die Betreuung nutzbar bewerteten Inhalte, in nicht unerheblicher Weise anders regelt als die EzHdlAusbV 2004, beruht die Tatsachenfeststellung auf diesem Fehler. Dies gilt auch in Anbetracht der erfolgten Anhörung der Betreuerin, deren Ergebnis keine hinreichende Grundlage für die Feststellung bietet, dass die Ausbildung einen anderen Inhalt hatte, als in der maßgeblichen Ausbildungsordnung festgelegt war.
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- b) Im Ansatz zutreffend geht das Beschwerdegericht davon aus, dass ein erhöhter Stundensatz nach § 4 Abs. 1 Satz 2 VBVG nicht schon dann gerechtfertigt ist, wenn die Ausbildung gleichsam am Rande auch die Vermittlung betreuungsrelevanter Kenntnisse zum Inhalt hat, sondern dass vielmehr erforderlich ist, dass sie in ihrem Kernbereich hierauf ausgerichtet ist (Senatsbeschlüsse vom 25. März 2015 - XII ZB 558/14 - juris Rn. 4 und vom 16. Januar 2014 - XII ZB 525/13 - FamRZ 2014, 471 Rn. 4 mwN).
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- Rechtlich zu beanstanden ist jedoch die Annahme, es sei ausreichend, dass die vermittelten, für die Betreuung nutzbaren Kenntnisse für den erlernten Beruf prägend seien. Erforderlich ist vielmehr die Feststellung, dass ein erheblicher Teil der Ausbildung auf die Vermittlung solchen Wissens gerichtet ist und dass das dadurch erworbene Wissen über ein Grundwissen deutlich hinausgeht (Senatsbeschlüsse vom 25. März 2015 - XII ZB 558/14 - juris Rn. 4 und vom 16. Januar 2014 - XII ZB 525/13 - FamRZ 2014, 471 Rn. 4 mwN). Allein daraus, dass bestimmte Kenntnisse für die Berufsausübung von erheblicher Bedeutung sind, kann jedoch nicht darauf geschlossen werden, dass diese auch einen erheblichen Teil der Ausbildung darstellen. Solches Wissen kann nämlich auch durch Lebenserfahrung, Fortbildungen oder Berufspraxis erworben werden, was nicht zu einer erhöhten Vergütung nach § 4 Abs. 1 Satz 2 VBVG führt (Senatsbeschluss vom 4. April 2012 - XII ZB 447/11 - NJW-RR 2012, 774 Rn. 22). Bei der Entscheidung über eine erhöhte Vergütung nach § 4 Abs. 1 Satz 2 VBVG muss das Gericht eine konkrete Betrachtung des tatsächlichen Inhalts der Ausbildung vornehmen, insbesondere den Umfang der für die Betreuung nutzbaren Ausbildungsinhalte bzw. deren Anteil an derGesamtausbildungszeit feststellen und in die Würdigung einbeziehen, inwieweit diese Kenntnisse selbständiger und maßgeblicher Teil der Abschlussprüfung sind (vgl. Senatsbeschlüsse vom 4. Dezember 2013 - XII ZB 252/13 - FamRZ 2014, 471 Rn. 5 und vom 23. Oktober 2013 - XII ZB 429/13 - FamRZ 2014, 116 Rn. 19). Der Umfang bzw. Anteil der Vermittlung für die Betreuung nutzbarer Kenntnisse muss dabei nicht so genau festgestellt werden, dass ein exakter Prozentanteil angegeben werden kann. Es genügt, wenn aufgrund des erkennbaren zeitlichen Aufwands oder anderer Anhaltspunkte feststeht, dass ein erheblicher Teil der Ausbildungszeit auf die Vermittlung solchen Wissens fällt.
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- Hier hat das Beschwerdegericht keine Feststellungen zum Umfang und Anteil der Vermittlung für die Betreuung nutzbaren Wissens an der Gesamtausbildung der Betreuerin getroffen. Die vorgenommene Schätzung im Rahmen der Kontrollüberlegung hat insoweit keine hinreichende Tatsachengrundlage.
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- 2. Die Entscheidung des Beschwerdegerichts ist daher aufzuheben. Da die erforderlichen Feststellungen noch zu treffen sind, ist dem Senat eine abschließende Entscheidung in der Sache verwehrt. Die Sache ist zur anderweitigen Behandlung und Entscheidung an das Beschwerdegericht zurückzuverweisen (§ 74 Abs. 6 S. 2 FamFG).
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- Bei der erneuten Entscheidung wird das Beschwerdegericht nicht nur die EzHdlKfmAusbV 1987 und die Anhörung der Betreuerin zu würdigen, sondern - wie die Rechtsbeschwerde zu Recht vorbringt - auch den Ausbildungsrahmenplan (Anlage 1 zu § 4 EzHdlKfmAusbV 1987), der dieAusbildungsinhalte und den Zeitpunkt, wann sie zu vermitteln sind, genauer beschreibt, zu berücksichtigen und sich mit den Ausführungen der Rechtsbeschwerde hierzu auseinanderzusetzen haben.
Vorinstanzen:
AG Bautzen, Entscheidung vom 23.09.2013 - 33 XVII 569/12 -
LG Görlitz, Entscheidung vom 11.02.2014 - 4 T 89/13 -
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(1) Die dem Betreuer nach § 1 Absatz 2 zu bewilligende Vergütung bestimmt sich nach monatlichen Fallpauschalen, die in den Vergütungstabellen A bis C der Anlage festgelegt sind.
(2) Die Vergütung des Betreuers richtet sich nach Vergütungstabelle A, sofern der Betreuer über keine besonderen Kenntnisse verfügt, die für die Führung der Betreuung nutzbar sind.
(3) Verfügt der Betreuer über besondere Kenntnisse, die für die Führung der Betreuung nutzbar sind, so richtet sich die Vergütung
- 1.
nach Vergütungstabelle B, wenn diese Kenntnisse durch eine abgeschlossene Lehre oder eine vergleichbare abgeschlossene Ausbildung erworben sind; - 2.
nach Vergütungstabelle C, wenn diese Kenntnisse durch eine abgeschlossene Ausbildung an einer Hochschule oder durch eine vergleichbare abgeschlossene Ausbildung erworben sind.
(4) § 3 Absatz 2 gilt entsprechend. § 1 Absatz 1 Satz 2 Nummer 2 findet keine Anwendung.
(1) Das Rechtsbeschwerdegericht hat zu prüfen, ob die Rechtsbeschwerde an sich statthaft ist und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, ist die Rechtsbeschwerde als unzulässig zu verwerfen.
(2) Ergibt die Begründung des angefochtenen Beschlusses zwar eine Rechtsverletzung, stellt sich die Entscheidung aber aus anderen Gründen als richtig dar, ist die Rechtsbeschwerde zurückzuweisen.
(3) Der Prüfung des Rechtsbeschwerdegerichts unterliegen nur die von den Beteiligten gestellten Anträge. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die geltend gemachten Rechtsbeschwerdegründe nicht gebunden. Auf Verfahrensmängel, die nicht von Amts wegen zu berücksichtigen sind, darf die angefochtene Entscheidung nur geprüft werden, wenn die Mängel nach § 71 Abs. 3 und § 73 Satz 2 gerügt worden sind. Die §§ 559, 564 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend.
(4) Auf das weitere Verfahren sind, soweit sich nicht Abweichungen aus den Vorschriften dieses Unterabschnitts ergeben, die im ersten Rechtszug geltenden Vorschriften entsprechend anzuwenden.
(5) Soweit die Rechtsbeschwerde begründet ist, ist der angefochtene Beschluss aufzuheben.
(6) Das Rechtsbeschwerdegericht entscheidet in der Sache selbst, wenn diese zur Endentscheidung reif ist. Andernfalls verweist es die Sache unter Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und des Verfahrens zur anderweitigen Behandlung und Entscheidung an das Beschwerdegericht oder, wenn dies aus besonderen Gründen geboten erscheint, an das Gericht des ersten Rechtszugs zurück. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Gerichts erfolgen, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat. Das Gericht, an das die Sache zurückverwiesen ist, hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde liegt, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.
(7) Von einer Begründung der Entscheidung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet wäre, zur Klärung von Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung, zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung beizutragen.