Bundesgerichtshof Beschluss, 26. Juli 2017 - XII ZB 143/17

ECLI:ECLI:DE:BGH:2017:260717BXIIZB143.17.0
bei uns veröffentlicht am26.07.2017
vorgehend
Amtsgericht Fulda, 87 XVII 694/15, 15.12.2016
Landgericht Fulda, 5 T 6/17, 03.03.2017

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 143/17
vom
26. Juli 2017
in der Betreuungssache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Ist die Vorsorgebevollmächtigte als Erbin mit einem zugunsten des Betroffenen
ausgesetzten Vermächtnis belastet, können die daraus entstehenden Interessenkonflikte
die Einrichtung einer Kontrollbetreuung rechtfertigen (im Anschluss
an Senatsbeschluss vom 16. Juli 2014 - XII ZB 142/14 - FamRZ 2014, 1693).
BGH, Beschluss vom 26. Juli 2017 - XII ZB 143/17 - LG Fulda
AG Fulda
ECLI:DE:BGH:2017:260717BXIIZB143.17.0

Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 26. Juli 2017 durch den Vorsitzenden Richter Dose, die Richter Prof. Dr. Klinkhammer, Dr. Günter und Dr. Nedden-Boeger und die Richterin Dr. Krüger
beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 5. Zivilkammer des Landgerichts Fulda vom 3. März 2017 wird zurückgewiesen. Das Verfahren der Rechtsbeschwerde ist gerichtskostenfrei. Beschwerdewert: 5.000 €

Gründe:

I.

1
Der 79jährige Betroffene leidet an einer Demenz, wegen derer er seine Angelegenheiten nicht mehr selbst erledigen kann. Er hatte einer seiner Töchter , der Beteiligten zu 1 (im Folgenden: Bevollmächtigte), am 15. Juli 2009 Generalvollmacht erteilt.
2
Die Bevollmächtigte ist testamentarische Alleinerbin nach ihrer am 4. September 2015 verstorbenen Mutter, der Ehefrau des Betroffenen. Das Erbe ist mit einem Wohnrechtsvermächtnis zugunsten des Betroffenen an den von ihm bisher genutzten Räumen belastet, auflösend bedingt für den Fall, dass der Betroffene einen Heimpflegevertrag auf unbestimmte Dauer abschließt.
3
Am 22. August 2015 hatten der Betroffene und seine Ehefrau ein Schriftstück unterzeichnet, demzufolge die Bevollmächtigte "per Vermächtnis ... für die Pflege von mir und meinem Ehemann und für die Hilfe in unserem Haus und Garten" das gesamte Barvermögen mit einem Wert per 5. August 2015 von über 70.000 € und der Sohn der Bevollmächtigten eine Zuwendung von 3.500 € erhalten sollte.
4
Auf Anregung der Geschwister der Bevollmächtigten hat das Amtsgericht eine Kontrollbetreuung eingerichtet und die Beteiligte zu 2 als Berufsbetreuerin bestimmt. Dagegen hat die Bevollmächtigte Beschwerde eingelegt, die das Landgericht zurückgewiesen hat. Hiergegen richtet sich die Rechtsbeschwerde der Bevollmächtigten.

II.

5
Die zulässige Rechtsbeschwerde ist nicht begründet.
6
1. Die Rechtsbeschwerde ist zulassungsfrei statthaft. Die Bevollmächtigte ist zur Einlegung der Rechtsbeschwerde im eigenen Namen sowohl nach § 303 Abs. 2 Nr. 1 und 2 FamFG als auch nach § 303 Abs. 4 FamFG befugt.
7
2. Das Landgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt: Einer Regelbetreuung für den Betroffenen bedürfe es aufgrund der wirksam erteilten Vorsorgevollmacht nicht. Jedoch ergebe sich aus bestehenden Interessenkonflikten ein Bedürfnis für eine Kontrollbetreuung. So sei die Bevollmächtigte nicht nur Generalbevollmächtigte des Betroffenen, sondern gleichzeitig Alleinerbin nach ihrer verstorbenen Mutter, der Ehefrau des Betroffenen. In ihrer Eigenschaft als Bevollmächtigte des Betroffenen habe sie für ihn bestimmte Wahlmöglichkeiten auszuüben, die ihren eigenen Interessen zuwiderlaufen könnten, namentlich die Ausschlagung des Wohnungsvermächtnisses, um entweder den großen Pflichtteil oder den Zugewinnausgleich mit kleinem Pflichtteil zu verlangen, oder ein Belassen des Vermächtnisses unter Geltendmachung des Pflichtteilsergänzungsanspruchs.
8
Ein ähnlicher Interessenkonflikt drohe auch hinsichtlich des Barvermögens des Betroffenen und seiner verstorbenen Ehefrau. Dieses sei aufgrund des "Vermächtnisses" vom 22. August 2015 vollständig auf die Bevollmächtigte übertragen worden. Auch im Hinblick darauf drohe ein Interessenkonflikt bei der möglichen Geltendmachung des Pflichtteils des Betroffenen, insbesondere bei der Frage, ob es sich hier um eine Anstandsschenkung im Sinne von § 2330 BGB handele.
9
3. Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Nachprüfung stand.
10
a) Nach § 1896 Abs. 3 BGB kann ein Betreuer auch zur Geltendmachung von Rechten des Betreuten gegenüber seinem Bevollmächtigten bestellt werden. Mit dieser so genannten Kontrollbetreuung kann im Falle einer wirksam erteilten Vorsorgevollmacht für eine Kontrolle des Bevollmächtigten gesorgt werden, wenn der Vollmachtgeber aufgrund einer psychischen Krankheit oder einer körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung nicht mehr in der Lage ist, den Bevollmächtigten zu überwachen.
11
Das Vorliegen dieser Voraussetzungen hat das Landgericht rechtsfehlerfrei auf der Grundlage eines ärztlichen Zeugnisses (§ 281 Abs. 1 Nr. 2 FamFG) festgestellt; dagegen erinnert auch die Rechtsbeschwerde nichts.
12
b) Eine Kontrollbetreuung darf jedoch wie jede andere Betreuung (vgl. § 1896 Abs. 2 Satz 1 BGB) nur dann eingerichtet werden, wenn sie erforderlich ist. Da der Vollmachtgeber die Vorsorgevollmacht gerade für den Fall bestellt hat, dass er seine Angelegenheiten nicht mehr selbst regeln kann, um eine gerichtlich angeordnete Betreuung zu vermeiden, kann das Bedürfnis nach einer Kontrollbetreuung nicht allein damit begründet werden, dass der Vollmachtgeber aufgrund seiner Erkrankung nicht mehr selbst in der Lage ist, den Bevollmächtigten zu überwachen. Denn der Wille des Vollmachtgebers ist auch bei der Frage der Errichtung einer Kontrollbetreuung zu beachten (vgl. § 1896 Abs. 1a BGB). Daher müssen weitere Umstände hinzutreten, die die Errichtung einer Kontrollbetreuung erforderlich machen. Notwendig ist der konkrete, d.h. durch hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte untermauerte Verdacht, dass mit der Vollmacht dem Betreuungsbedarf nicht Genüge getan wird (vgl. Senatsbeschluss vom 16. Juli 2014 - XII ZB 142/14 - FamRZ 2014, 1693 Rn. 11).
13
Dies kann der Fall sein, wenn nach den üblichen Maßstäben aus der Sicht eines vernünftigen Vollmachtgebers unter Berücksichtigung des in den Bevollmächtigten gesetzten Vertrauens eine ständige Kontrolle schon deshalb geboten ist, weil Anzeichen dafür sprechen, dass der Bevollmächtigte mit dem Umfang und der Schwierigkeit der vorzunehmenden Geschäfte überfordert ist, oder wenn gegen die Redlichkeit oder die Tauglichkeit des Bevollmächtigten Bedenken bestehen. Ein Missbrauch der Vollmacht oder ein entsprechender Verdacht ist nicht erforderlich. Ausreichend sind konkrete Anhaltspunkte dafür, dass der Bevollmächtigte nicht mehr entsprechend der Vereinbarung und dem Interesse des Vollmachtgebers handelt (vgl. Senatsbeschluss vom 16. Juli 2014 - XII ZB 142/14 - FamRZ 2014, 1693 Rn. 12 mwN).
14
c) Ausgehend von diesen Grundsätzen hat das Landgericht die Beschwerde gegen die Bestellung der Beteiligten zu 2 zur Kontrollbetreuerin zu Recht zurückgewiesen. Da der Betroffene für die Behandlung seines Vermächtnisses , seines Pflichtteils und seines Zugewinnausgleichsanspruchs keine Weisungen erteilt hatte, ist die Bevollmächtigte diesbezüglich seinem wohlverstandenen Interesse verpflichtet (vgl. Schwab FamRZ 2014, 888, 890). Sie hat im Interesse des Betroffenen Gestaltungen abzuwägen und Rechte auszu- üben, denen sie selbst als Alleinerbin und somit Anspruchsgegnerin wirtschaftlich gegenübersteht. Daraus resultieren Interessenkonflikte, die es rechtfertigen, ihre Vollmachtausübung jedenfalls während der Dauer der erbrechtlichen Abwicklung unter Kontrollbetreuung zu stellen. Die Kontrollbetreuung ist insoweit erforderlich, um Rechenschaft einzufordern (§ 666 BGB) und erforderlichenfalls unter Beachtung der Wünsche des Betroffenen (§ 1901 Abs. 3 BGB) auftragsmäßige Weisungen für ihn zu erteilen (vgl. Palandt/Sprau BGB 76. Aufl. § 665 Rn. 2; Staudinger/Martinek/Omlor BGB [2017] § 665 Rn. 6).
15
Von einer weiteren Begründung der Entscheidung wird abgesehen, weil sie nicht geeignet wäre, zur Klärung von Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung , zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung beizutragen (§ 74 Abs. 7 FamFG).
Dose Klinkhammer Günter Nedden-Boeger Krüger
Vorinstanzen:
AG Fulda, Entscheidung vom 15.12.2016 - 87 XVII 694/15 -
LG Fulda, Entscheidung vom 03.03.2017 - 5 T 6/17 -

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 26. Juli 2017 - XII ZB 143/17

Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Beschluss, 26. Juli 2017 - XII ZB 143/17

Referenzen - Gesetze

Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit - FamFG | § 74 Entscheidung über die Rechtsbeschwerde


(1) Das Rechtsbeschwerdegericht hat zu prüfen, ob die Rechtsbeschwerde an sich statthaft ist und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, ist die Rechtsbeschwerde als unzulässig

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 666 Auskunfts- und Rechenschaftspflicht


Der Beauftragte ist verpflichtet, dem Auftraggeber die erforderlichen Nachrichten zu geben, auf Verlangen über den Stand des Geschäfts Auskunft zu erteilen und nach der Ausführung des Auftrags Rechenschaft abzulegen.

Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit - FamFG | § 303 Ergänzende Vorschriften über die Beschwerde


(1) Das Recht der Beschwerde steht der zuständigen Behörde gegen Entscheidungen über1.die Bestellung eines Betreuers oder die Anordnung eines Einwilligungsvorbehalts,2.Umfang, Inhalt oder Bestand einer in Nummer 1 genannten Maßnahmezu. (2) Das Re

Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit - FamFG | § 281 Ärztliches Zeugnis; Entbehrlichkeit eines Gutachtens


(1) Anstelle eines Sachverständigengutachtens nach § 280 genügt ein ärztliches Zeugnis, wenn der Betroffene die Bestellung eines Betreuers beantragt und auf die Begutachtung verzichtet hat und die Einholung des Gutachtens insbesondere im Hinblick auf
Bundesgerichtshof Beschluss, 26. Juli 2017 - XII ZB 143/17 zitiert 6 §§.

Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit - FamFG | § 74 Entscheidung über die Rechtsbeschwerde


(1) Das Rechtsbeschwerdegericht hat zu prüfen, ob die Rechtsbeschwerde an sich statthaft ist und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, ist die Rechtsbeschwerde als unzulässig

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Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 2330 Anstandsschenkungen


Die Vorschriften der §§ 2325 bis 2329 finden keine Anwendung auf Schenkungen, durch die einer sittlichen Pflicht oder einer auf den Anstand zu nehmenden Rücksicht entsprochen wird.

Referenzen - Urteile

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Referenzen

(1) Das Recht der Beschwerde steht der zuständigen Behörde gegen Entscheidungen über

1.
die Bestellung eines Betreuers oder die Anordnung eines Einwilligungsvorbehalts,
2.
Umfang, Inhalt oder Bestand einer in Nummer 1 genannten Maßnahme
zu.

(2) Das Recht der Beschwerde gegen eine von Amts wegen ergangene Entscheidung steht im Interesse des Betroffenen

1.
dessen Ehegatten oder Lebenspartner, wenn die Ehegatten oder Lebenspartner nicht dauernd getrennt leben, sowie den Eltern, Großeltern, Pflegeeltern, Abkömmlingen und Geschwistern des Betroffenen sowie
2.
einer Person seines Vertrauens
zu, wenn sie im ersten Rechtszug beteiligt worden sind.

(3) Das Recht der Beschwerde steht dem Verfahrenspfleger zu.

(4) Der Betreuer oder der Vorsorgebevollmächtigte kann gegen eine Entscheidung, die seinen Aufgabenkreis betrifft, auch im Namen des Betroffenen Beschwerde einlegen. Führen mehrere Betreuer oder Vorsorgebevollmächtigte ihr Amt gemeinschaftlich, kann jeder von ihnen für den Betroffenen selbständig Beschwerde einlegen.

Die Vorschriften der §§ 2325 bis 2329 finden keine Anwendung auf Schenkungen, durch die einer sittlichen Pflicht oder einer auf den Anstand zu nehmenden Rücksicht entsprochen wird.

(1) Anstelle eines Sachverständigengutachtens nach § 280 genügt ein ärztliches Zeugnis, wenn der Betroffene die Bestellung eines Betreuers beantragt und auf die Begutachtung verzichtet hat und die Einholung des Gutachtens insbesondere im Hinblick auf den Umfang des Aufgabenkreises des Betreuers unverhältnismäßig wäre.

(2) § 280 Abs. 2 gilt entsprechend.

Tenor

Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 13. Zivilkammer des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 13. Februar 2014 wird zurückgewiesen.

Das Verfahren der Rechtsbeschwerde ist gerichtsgebührenfrei.

Beschwerdewert: 5.000 €

Gründe

I.

1

Die 89jährige Betroffene leidet an einer senilen Demenz vom Typ Alzheimer, wegen derer sie ihre Angelegenheiten nicht mehr selbst erledigen kann. In den Jahren 1992 und 2000 erteilte sie einem ihrer Söhne, dem Beteiligten zu 2 (im Folgenden: Bevollmächtigter), notarielle General- und Vorsorgevollmacht, deren Wirksamkeit nicht in Zweifel steht.

2

Die Betroffene ist Eigentümerin eines mit einem leerstehenden Einzelhandelsgeschäft bebauten Grundstücks, das aufgrund starker Sanierungsbedürftigkeit im derzeitigen Zustand nicht vermietbar ist. Der Bodenwert ist mit 643.300 € angegeben. Weiterhin ist die Betroffene Eigentümerin einer vermieteten Eigentumswohnung im Wert von rund 80.000 € sowie Inhaberin eines Nießbrauchs für ihre zuletzt bewohnte Wohnung, welche sie im Jahre 2000 an den Bevollmächtigten veräußert hatte.

3

Auf Anregung eines anderen Sohnes der Betroffenen - des Beteiligten zu 1 - hat das Amtsgericht erstmals am 16. Februar 2011 eine Rechtsanwältin zur Berufsbetreuerin mit dem Aufgabenkreis der Überwachung des Bevollmächtigten, Geltendmachung von Rechten der Betreuten gegenüber ihrem Bevollmächtigten und gegebenenfalls Widerruf erteilter Vollmachten bestellt, weil von Angehörigen der Vorwurf des Vollmachtmissbrauchs erhoben worden sei, eine einvernehmliche Lösung nicht habe herbeigeführt werden können und die Betroffene nicht mehr in der Lage sei, den Bevollmächtigten zu überwachen. Auf die Beschwerde der Betroffenen und des Bevollmächtigten hat das Landgericht den Beschluss aufgehoben und die Sache zur erneuten Behandlung und Entscheidung an das Amtsgericht zurückverwiesen.

4

Mit Beschluss vom 23. Januar 2013 hat das Amtsgericht die Betreuung erneut mit dem Aufgabenkreis der Geltendmachung von Rechten der Betreuten gegenüber ihrem Bevollmächtigten angeordnet, weil Zweifel an der Eignung des Bevollmächtigten bestünden, das Immobilienvermögen der Betroffenen zu deren Vorteil zu verwalten, und nunmehr den Beteiligten zu 4 - einen als Insolvenzverwalter ausgewiesenen Fachanwalt - zum Berufsbetreuer bestellt. Dagegen haben erneut die Betroffene und der Bevollmächtigte Beschwerde eingelegt, die das Landgericht zurückgewiesen hat. Hiergegen richtet sich die Rechtsbeschwerde der Betroffenen.

II.

5

Die Rechtsbeschwerde ist nicht begründet.

6

1. Das Landgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt: Die Betroffene sei auf Grund einer psychischen Krankheit nicht mehr in der Lage, den Bevollmächtigten selbst zu überwachen. Ob Bedenken gegen die Redlichkeit des Bevollmächtigten bestünden, könne dahinstehen, da eine Kontrolle jedenfalls deshalb geboten sei, weil die zu besorgenden Geschäfte von besonderer Schwierigkeit und besonderem Umfang seien. Der Bevollmächtigte selbst habe fortlaufend über Schwierigkeiten bei der Vermietung der Gewerbeimmobilie berichtet.

7

Nach einem Bericht des Kontrollbetreuers vom 5. August 2013 stünden monatlichen Einkünften der Betroffenen in Höhe von 1.565,04 € monatliche Ausgaben in Höhe von 3.619,32 € gegenüber, die überwiegend kreditfinanziert würden. Dennoch und trotz des Verfalls der Gewerbeimmobilie habe der Bevollmächtigte nicht in Betracht gezogen, diese zu veräußern, um aus dem Verkaufserlös die monatlichen Ausgaben der Betroffenen ohne Kreditaufnahme zu bestreiten. Auch habe er keine Maßnahmen ergriffen, um die Vermietbarkeit der Wohnung herzustellen, an der die Betroffene den Nießbrauch hat. Dies sei auch insoweit bedenklich, als der Bevollmächtigte selbst Eigentümer der Wohnung sei.

8

2. Die angefochtene Entscheidung hält einer rechtlichen Nachprüfung stand.

9

a) Nach § 1896 Abs. 3 BGB kann ein Betreuer zur Geltendmachung von Rechten des Betreuten gegenüber seinem Bevollmächtigten bestellt werden. Mit dieser so genannten Kontrollbetreuung kann im Falle einer wirksam erteilten Vorsorgevollmacht für eine Kontrolle des Bevollmächtigten gesorgt werden, wenn der Vollmachtgeber aufgrund einer psychischen Krankheit oder einer körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung nicht mehr in der Lage ist, den Bevollmächtigten zu überwachen.

10

Das Vorliegen dieser Voraussetzungen hat das Landgericht rechtsfehlerfrei auf der Grundlage eines ärztlichen Zeugnisses (§ 281 Abs. 1 Nr. 2 FamFG) festgestellt; dagegen erinnert auch die Rechtsbeschwerde nichts.

11

b) Eine Kontrollbetreuung darf jedoch wie jede andere Betreuung (vgl. § 1896 Abs. 2 Satz 1 BGB) nur dann eingerichtet werden, wenn sie erforderlich ist. Da der Vollmachtgeber die Vorsorgevollmacht gerade für den Fall bestellt hat, dass er seine Angelegenheiten nicht mehr selbst regeln kann, um eine gerichtlich angeordnete Betreuung zu vermeiden, kann das Bedürfnis nach einer Kontrollbetreuung nicht allein damit begründet werden, dass der Vollmachtgeber aufgrund seiner Erkrankung nicht mehr selbst in der Lage ist, den Bevollmächtigten zu überwachen. Denn der Wille des Vollmachtgebers ist auch bei der Frage der Errichtung einer Kontrollbetreuung zu beachten (vgl. § 1896 Abs. 1 a BGB). Daher müssen weitere Umstände hinzutreten, die die Errichtung einer Kontrollbetreuung erforderlich machen. Notwendig ist der konkrete, d.h. durch hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte untermauerte Verdacht, dass mit der Vollmacht dem Betreuungsbedarf nicht Genüge getan wird.

12

Dies kann der Fall sein, wenn nach den üblichen Maßstäben aus der Sicht eines vernünftigen Vollmachtgebers unter Berücksichtigung des in den Bevollmächtigten gesetzten Vertrauens eine ständige Kontrolle schon deshalb geboten ist, weil Anzeichen dafür sprechen, dass der Bevollmächtigte mit dem Umfang und der Schwierigkeit der vorzunehmenden Geschäfte überfordert ist, oder wenn gegen die Redlichkeit oder die Tauglichkeit des Bevollmächtigten Bedenken bestehen. Ein Missbrauch der Vollmacht oder ein entsprechender Verdacht ist nicht erforderlich. Ausreichend sind konkrete Anhaltspunkte dafür, dass der Bevollmächtigte nicht mehr entsprechend der Vereinbarung und dem Interesse des Vollmachtgebers handelt (vgl. Senatsbeschlüsse vom 21. März 2012 - XII ZB 666/11 - FamRZ 2012, 871 Rn. 11 f. und vom 30. März 2011 - XII ZB 537/10 - FamRZ 2011, 1047 Rn. 10 mwN).

13

c) Ausgehend von diesen Grundsätzen hat das Landgericht die Beschwerde gegen die Bestellung des Beteiligten zu 4 zum Kontrollbetreuer zu Recht zurückgewiesen. Nach Einschätzung des in der Verwertung erfahrenen Kontrollbetreuers ist der zeitnahe Verkauf des Anwesens sinnvoll. Nach den Feststellungen des Landgerichts hat der Bevollmächtigte dies jedoch bisher nicht ernsthaft verfolgt. Im Zusammenhang damit hat der Kontrollbetreuer auf eine zwischen der Betroffenen und dem Bevollmächtigten getroffene Vergütungsvereinbarung für die Verwaltung des Einzelhandelsgeschäfts hingewiesen, welche einzelne, die Betroffene stark benachteiligende Klauseln enthalte, die nach Auffassung des Kontrollbetreuers nichtig seien. Danach erscheint möglich, dass eine Veräußerung des Grundstücks erhebliche Auswirkungen auf Vergütungsansprüche des Bevollmächtigten gegenüber der Betroffenen hätte. Allein die daraus zu besorgenden Interessenkonflikte bei der Verwertung des Grundstücks wie auch die Verfolgung der Rechte der Betroffenen aus der Vergütungsvereinbarung rechtfertigen die Kontrollbetreuung.

Dose                             Schilling                             Günter

           Nedden-Boeger                               Botur

Der Beauftragte ist verpflichtet, dem Auftraggeber die erforderlichen Nachrichten zu geben, auf Verlangen über den Stand des Geschäfts Auskunft zu erteilen und nach der Ausführung des Auftrags Rechenschaft abzulegen.

(1) Das Rechtsbeschwerdegericht hat zu prüfen, ob die Rechtsbeschwerde an sich statthaft ist und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, ist die Rechtsbeschwerde als unzulässig zu verwerfen.

(2) Ergibt die Begründung des angefochtenen Beschlusses zwar eine Rechtsverletzung, stellt sich die Entscheidung aber aus anderen Gründen als richtig dar, ist die Rechtsbeschwerde zurückzuweisen.

(3) Der Prüfung des Rechtsbeschwerdegerichts unterliegen nur die von den Beteiligten gestellten Anträge. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die geltend gemachten Rechtsbeschwerdegründe nicht gebunden. Auf Verfahrensmängel, die nicht von Amts wegen zu berücksichtigen sind, darf die angefochtene Entscheidung nur geprüft werden, wenn die Mängel nach § 71 Abs. 3 und § 73 Satz 2 gerügt worden sind. Die §§ 559, 564 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend.

(4) Auf das weitere Verfahren sind, soweit sich nicht Abweichungen aus den Vorschriften dieses Unterabschnitts ergeben, die im ersten Rechtszug geltenden Vorschriften entsprechend anzuwenden.

(5) Soweit die Rechtsbeschwerde begründet ist, ist der angefochtene Beschluss aufzuheben.

(6) Das Rechtsbeschwerdegericht entscheidet in der Sache selbst, wenn diese zur Endentscheidung reif ist. Andernfalls verweist es die Sache unter Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und des Verfahrens zur anderweitigen Behandlung und Entscheidung an das Beschwerdegericht oder, wenn dies aus besonderen Gründen geboten erscheint, an das Gericht des ersten Rechtszugs zurück. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Gerichts erfolgen, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat. Das Gericht, an das die Sache zurückverwiesen ist, hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde liegt, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(7) Von einer Begründung der Entscheidung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet wäre, zur Klärung von Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung, zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung beizutragen.