Bundesgerichtshof Beschluss, 12. Dez. 2007 - XII ZB 158/05

bei uns veröffentlicht am12.12.2007
vorgehend
Amtsgericht Hamburg-Harburg, 631 F 88/03, 21.05.2004
Hanseatisches Oberlandesgericht, 10 UF 42/04, 28.07.2005

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 158/05
vom
12. Dezember 2007
in der Familiensache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Zur Aufhebung der gemeinsamen elterlichen Sorge, wenn der die Alleinsorge
begehrende Elternteil für die völlige Zerrüttung der sozialen Beziehungen zwischen
den Eltern (haupt-)verantwortlich ist.
BGH, Beschluss vom 12. Dezember 2007 - XII ZB 158/05 - OLG Hamburg
AG Hamburg-Harburg
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 12. Dezember 2007 durch
die Vorsitzende Richterin Dr. Hahne und die Richter Sprick, Weber-Monecke,
Fuchs und Dose

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 1. Familiensenats des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg vom 28. Juli 2005 wird auf Kosten des Antragsgegners zurückgewiesen. Beschwerdewert: 3.000 €.

Gründe:

I.

1
Die Antragstellerin (Mutter) und der Antragsgegner (Vater) streiten um die elterliche Sorge für ihre beiden gemeinsamen Kinder.
2
Die Mutter hatte mit dem Vater eine langjährige nichteheliche Beziehung; aus dieser Beziehung gingen die im Jahre 1996 geborene Tochter F. und der im Jahre 2001 geborene Sohn M. hervor. Die Eltern haben durch Erklärungen gegenüber dem Jugendamt die gemeinsame elterliche Sorge für die beiden Kinder erlangt, welche von Geburt an durchgehend im Haushalt der Mutter lebten. Der verheiratete Vater lebte auch während der Beziehung zur Mutter mit seiner Ehefrau zusammen, mit der er zwei bereits erwachsene Kinder hat. Im Frühjahr 2002 endete die Beziehung der Eltern. Die Mutter lebt seit mehreren Jahren mit einem neuen Partner zusammen, den sie zwischenzeitlich geheiratet hat.
3
Die Kinder hatten zunächst weiterhin Kontakt zu ihrem Vater, bis die Mutter im Februar 2003 jeden Umgang mit der Begründung unterband, die Ehefrau des Vaters habe ihr von dessen angeblicher Pädophilie berichtet; es bestehe auch der konkrete Verdacht des sexuellen Missbrauchs der Tochter F. durch den Vater. In einem anschließenden Umgangsrechtsverfahren wurde ein psychologisches Sachverständigengutachten eingeholt, welches den Verdacht auf sexuellen Missbrauch der Tochter F. durch den Vater nicht bestätigte. Die in dem seit März 2004 rechtskräftig abgeschlossenen Umgangsrechtsrechtsverfahren angeordnete Durchführung von zehn beschützten Umgangskontakten zwischen dem Vater und den Kindern fand durch Vermittlung des Deutschen Kinderschutzbundes e.V. zwischen April 2004 und Januar 2005 statt. Einem daran anschließenden unbegleiteten Umgang widersetzte sich die Mutter. Sie machte im Januar 2005 ein neues Umgangsrechtsverfahren anhängig mit dem Ziel, den Umgang der Kinder mit ihrem Vater für die Dauer von drei Jahren auszuschließen.
4
Im vorliegenden Sorgerechtsverfahren hat die Mutter den Antrag gestellt, die elterliche Sorge für die beiden Kinder auf sie allein zu übertragen. Der Vater ist dem Antrag entgegengetreten. Er hat sich für eine Fortdauer der gemeinsamen elterlichen Sorge ausgesprochen und hilfsweise die Übertragung der Alleinsorge auf sich begehrt. Das Amtsgericht - Familiengericht - hat die elterliche Sorge auf die Mutter übertragen. Die hiergegen gerichtete Beschwerde des Vaters ist von dem Oberlandesgericht zurückgewiesen worden. Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt der Vater sein Begehren weiter.

II.

5
Die Rechtsbeschwerde hat keinen Erfolg.
6
1. Das Oberlandesgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt: Bei Abwägung aller Umstände entspreche die Aufhebung der gemeinsamen elterlichen Sorge und die Übertragung des alleinigen Sorgerechts auf die Mutter dem Wohl der Kinder am besten. Aus der seit Februar 2003 unvermindert anhaltenden Auseinandersetzung der Eltern lasse sich nur der Schluss ziehen, dass gegenwärtig keine Basis für die Ausübung der gemeinsamen elterlichen Sorge bestehe. Es fehle vor allem an einem Mindestmaß an Übereinstimmung zwischen den Elternteilen. Die Mutter habe seit Februar 2003 sämtliche Entscheidungen, welche die wesentlichen Belange der Kinder (Einschulung der Tochter, Kindergartenbesuch des Sohnes) berührten, nach Möglichkeit ohne Einbindung des Vaters und unter eigenmächtiger Abänderung zuvor zustande gekommener Vereinbarungen selbst getroffen, so dass dem - grundsätzlich zur Kooperation bereiten - Vater nichts übrig geblieben sei, als diese Maßnahmen im nachhinein zu billigen, weil sie ohne nachteilige Auswirkungen auf das Wohl der Kinder nicht mehr zu ändern gewesen seien. Auch hinsichtlich der wohl wichtigsten zur Entscheidung anstehenden Frage, der Auswahl eines Therapeuten für die verhaltensauffällig gewordene Tochter F., sei eine Übereinstimmung nicht zu erzielen gewesen, wobei es nicht darauf ankomme , ob die Einigungsunfähigkeit der Eltern ihre Ursache in den unterschiedlichen Vorstellungen über die Person des Therapeuten, das Ziel der Therapie oder die Übernahme der Kosten gehabt habe. Die Unfähigkeit, ein Mindestmaß an Übereinstimmung zu erzielen, zeige sich insbesondere in der Frage des Umgangsrechts. Die Mutter verstoße gravierend gegen ihre Verpflichtung, einen persönlichen Umgang zwischen dem Vater und den Kindern zu gewährleisten. Auch wenn diese totale Verweigerungshaltung nicht durch objektive Um- stände nachvollziehbar und demzufolge auch nicht billigenswert sei, bestehe keine andere Möglichkeit, als die gemeinsame elterliche Sorge aufzuheben. Insoweit sei vorrangig darauf abzustellen, dass aufgrund der mangelnden Kooperationsbereitschaft der Mutter nicht ausgeschlossen werden könne, dass bereits Anzeichen einer nachteiligen Auswirkung der gemeinsamen elterlichen Sorge auf die Entwicklung der Tochter F. gegeben seien.
7
Weniger einschneidende Maßnahmen kämen nicht in Betracht. Angesichts der Befürchtung der Mutter, dass sich der Vater über das Mitspracherecht in Erziehungsfragen in ihre gegenwärtige Familie drängen wolle, sei auch mit Rücksicht auf die bisherige Entwicklung nicht zu erwarten, dass die Mutter in absehbarer Zeit wieder zu einer Kooperationsbereitschaft zurückfände. In dieser Situation könne nur die Übertragung der alleinigen elterlichen Sorge dem Kindeswohl am besten dienen. Die Kinder hätten ihren Lebensmittelpunkt seit jeher bei der Mutter gehabt und fühlten sich auch nur dort wirklich zu Hause. Eine Herausnahme der Kinder aus dem mütterlichen Haushalt käme unter keinen Umständen in Betracht, da die Kinder für ihre weitere Entwicklung die absolute Gewissheit benötigten, dass die Mutter auch in Zukunft jederzeit für sie da sei.
8
Auch eine Teilentscheidung, wie sie das Bundesverfassungsgericht in den Fällen erwäge, in denen nach Maßgabe der Verhältnismäßigkeit dieses mildere Mittel genügt, um dem Kindeswohl gerecht zu werden, müsse hier ausscheiden. Aus der Alleinsorge könne der Bereich „Umgangsrecht“ nicht herausgelöst und insoweit eine Pflegschaft eingerichtet werden, um den persönlichen Umgang des Vaters mit den Kindern sicherzustellen. Denn dies würde dem laufenden Verfahren vorgreifen, in dem die Eltern über eine Abänderung des bereits geregelten Umgangsrechts stritten.
9
2. Diese Ausführungen halten jedenfalls im Ergebnis rechtlicher Überprüfung stand.
10
a) Leben die gemeinsam sorgeberechtigten Eltern - wie hier - nicht nur vorübergehend getrennt, ist gemäß § 1671 Abs. 2 Nr. 2 BGB einem Elternteil auf seinen Antrag auch ohne Zustimmung des anderen Elternteils die elterliche Sorge allein zu übertragen, wenn dies dem Kindeswohl am besten entspricht. Der Senat hat unter Hinweis auf die Gesetzesmaterialien (vgl. BT-Drucks. 13/4899, S. 63) bereits mehrfach entschieden, dass allein aus der normtechnischen Gestaltung dieser Regelung kein Regel-/Ausnahmeverhältnis zugunsten des Fortbestandes der gemeinsamen elterlichen Sorge hergeleitet werden kann. Ebenso wenig besteht eine gesetzliche Vermutung dafür, dass die gemeinsame elterliche Sorge nach der Trennung der Eltern im Zweifel die für das Kind beste Form der Wahrnehmung elterlicher Verantwortung ist (Senatsbeschlüsse vom 29. September 1999 - XII ZB 3/99 - FamRZ 1999, 1646, 1647 und vom 11. Mai 2005 - XII ZB 33/04 - FamRZ 2005, 1167; vgl. auch BVerfG FamRZ 2004, 354, 355). Daran hält der Senat fest. Für die allgemein gehaltene Aussage, dass eine gemeinsame elterliche Sorge nach der Trennung der Eltern dem Kindeswohl prinzipiell förderlicher sei als die Alleinsorge eines Elternteils, besteht in der kinderpsychologischen und familiensoziologischen Forschung auch weiterhin keine empirisch gesicherte Grundlage (vgl. Staudinger/Coester, BGB [2004] § 1671 Rdn. 112 f., zugleich mit Nachweisen zum Forschungsstand

).

11
b) Zutreffend ist das Oberlandesgericht davon ausgegangen, dass eine dem Kindeswohl entsprechende gemeinsame Ausübung der Elternverantwortung ein Mindestmaß an Übereinstimmung in wesentlichen Bereichen der elterlichen Sorge und insgesamt eine tragfähige soziale Beziehung zwischen den Eltern voraussetzt (BVerfG FamRZ 2004, 354, 355; BVerfG FamRZ 2004, 1015, 1016). Die Überprüfung dieser Voraussetzungen muss anhand konkreter tatrichterlicher Feststellungen erfolgen und darf sich nicht auf formelhafte Wendungen beschränken (Senatsbeschluss vom 11. Mai 2005 - XII ZB 33/04 - FamRZ 2005, 1167).
12
aa) Zu den wesentlichen Bereichen der elterlichen Sorge, für die ein Mindestmaß an Verständigungsmöglichkeiten zur Aufrechterhaltung der gemeinsamen elterlichen Sorge getrennt lebender Eltern gefordert werden muss, gehören jedenfalls die Grundentscheidungen über den persönlichen Umgang des Kindes mit dem nicht betreuenden Elternteil (vgl. Senatsbeschluss vom 29. September 1999 - XII ZB 3/99 - FamRZ 1999, 1646, 1647; Bamberger/Roth/ Veit BGB § 1671 Rdn. 29), die gleichzeitig zu den Angelegenheiten von erheblicher Bedeutung im Sinne von § 1687 Abs. 1 Satz 1 BGB zählen (vgl. hierzu Palandt/Diederichsen BGB 67. Auflage § 1687 BGB Rdn. 7; MünchKomm /Finger BGB 4. Aufl. § 1687 Rdn. 9; Schwab FamRZ 1998, 457, 469).
13
Hierzu hat das Oberlandesgericht im Einzelnen ausgeführt, dass die Mutter bei der Durchführung der gerichtlichen Umgangsregelung jede positive Mitwirkung verweigere. Sie lasse zudem nichts unversucht, um eine Abänderung bestehender gerichtlicher Umgangsregelungen zu erreichen und nehme auch die Verhängung von Zwangsgeldern in Kauf. Diese Feststellungen führen zu der Schlussfolgerung, dass bezüglich der grundsätzlichen Entscheidungen zum Umgangsrecht der Kinder mit dem Vater - auch und insbesondere zu der Frage, ob ein beschützter oder unbegleiteter Umgang stattfinden soll – nicht nur Abstimmungsprobleme zwischen den Eltern bestehen, sondern dass in dieser Angelegenheit keinerlei Übereinstimmung zwischen ihnen herzustellen ist. Auch für eine günstige Prognose dahingehend, dass sich die derzeit fehlende Verständigungsmöglichkeit unter dem „Druck“ der gemeinsamen elterlichen Sorge in absehbarer Zeit wiederherstellen ließe, konnten sich für das Oberlandesge- http://rsw.beck.de/bib/bin/reference.asp?Y=300&Z=ZfJ&B=2000&S=368 [Link] http://rsw.beck.de/bib/bin/reference.asp?Y=300&Z=ZfJ&B=2000&S=368&I=369 - 8 - richt keine tragfähigen Anhaltspunkte ergeben. Dies wird insbesondere durch den Abschlussbericht des Deutschen Kinderschutzbundes e.V. vom 24. Januar 2005 über die Durchführung der beschützten Umgangskontakte verdeutlicht, wonach es von Seiten der Eltern über den Vollzug der gerichtlich angeordneten Umgangskontakte hinaus zu keiner eigenverantwortlichen Absprache oder Perspektiventwicklung bezüglich des zukünftigen Umgangs der Kinder mit dem Vater gekommen sei.
14
Soweit die Rechtsbeschwerde dagegen einwendet, dass die für die fehlenden Verständigungsmöglichkeiten der Eltern - auch nach der Einschätzung des Oberlandesgerichts - allein verantwortliche Verweigerungshaltung der Mutter mangels einer nachvollziehbaren oder billigenswerten Motivation unbeachtlich sei und ihre Haltung deshalb nicht ausreichen könne, um das gemeinsame Sorgerecht aufzuheben, vermag der Senat dem nicht ohne weiteres zu folgen. Zwar ist schon aufgrund des „ethischen Vorrangs“, der dem Idealbild einer von beiden Elterteilen auch nach ihrer Trennung verantwortungsbewusst im Kindesinteresse ausgeübten gemeinschaftlichen elterlichen Sorge einzuräumen ist, eine Verpflichtung der Eltern zum Konsens nicht zu bestreiten. Die bloße Pflicht zur Konsensfindung vermag indessen eine tatsächlich nicht bestehende Verständigungsmöglichkeit nicht zu ersetzen. Denn nicht schon das Bestehen der Pflicht allein ist dem Kindeswohl dienlich, sondern erst die tatsächliche Pflichterfüllung , die sich in der Realität eben nicht verordnen lässt (vgl. KG FamRZ 2000, 504, 505 und NJW-FER 2000, 197, 198; Johannsen/Henrich/Jaeger Eherecht 4. Auflage § 1671 Rdn. 36c; Staudinger/Coester aaO Rdn. 137; Bamberger /Roth/Veit aaO Rdn. 29; Prütting/Wegen/Weinreich/Ziegler BGB 2. Auflage § 1671 Rdn. 21 f.; Oelkers FuR 1999, 349, 351 und MDR 2000, 32 f.; Sittig /Störr ZfJ 2000, 368, 369 f.; Born FamRZ 2000, 396, 399).
15
Die Gegenauffassung (vgl. OLG Dresden FamRZ 2000, 109, 110; OLG Karlsruhe FamRZ 2002, 1209, 1210; Erman/Michalski BGB 11. Auflage § 1671 Rdn. 23; Haase/Kloster-Harz FamRZ 2000, 1003, 1005; Kaiser FPR 2003, 573, 577) läuft im Ergebnis (auch) darauf hinaus, das pflichtwidrige Verhalten des nicht kooperierenden Elternteils mit einer ihm aufgezwungenen gemeinsamen elterlichen Sorge sanktionieren zu wollen, um auf diese Weise den Elternrechten des anderen, kooperationsfähigen und –willigen Elternteils Geltung zu verschaffen. Die am Kindeswohl auszurichtende rechtliche Organisationsform der Elternsorge ist dafür jedoch grundsätzlich kein geeignetes Instrument. Dem steht schon die verfassungsrechtliche Wertung entgegen, dass sich die Elterninteressen in jedem Falle dem Kindeswohl unterzuordnen haben (vgl. hierzu BVerfGE 79, 203, 210 f.; BVerfG FamRZ 1996, 1267). Wenn angesichts der Entwicklungen in der Vergangenheit die begründete Besorgnis besteht, dass die Eltern auch in Zukunft nicht in der Lage sein werden, ihre Streitigkeiten in wesentlichen Bereichen der elterlichen Sorge konstruktiv und ohne gerichtliche Auseinandersetzungen beizulegen, ist die erzwungene Aufrechterhaltung der gemeinsamen elterlichen Sorge dem Kindeswohl aber nicht zuträglich. Denn ein fortgesetzter destruktiver Elternstreit führt für ein Kind zwangsläufig zu erheblichen Belastungen (vgl. hierzu Gödde ZfJ 2004, 201, 207), und zwar unabhängig davon, welcher Elternteil die Verantwortung für die fehlende Verständigungsmöglichkeit trägt.
16
bb) Im rechtlichen Ausgangspunkt zutreffend hat das Oberlandesgericht ferner in seine Prüfung einbezogen, ob es sich nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit - als milderes Mittel - mit einer Teilentscheidung bezüglich derjenigen Angelegenheiten der elterlichen Sorge begnügen konnte, für die ein Mindestmaß an Übereinstimmung nicht festgestellt werden kann (BVerfG FamRZ 2004, 1015, 1016; Senatsbeschluss vom 11. Mai 2005 - XII ZB 33/04 - FamRZ 2005, 1167, 1168). Die Fragestellung, die sich daran anschließen muss, geht aber auf dieser Prüfungsebene entgegen den Ausführungen des Oberlandesgerichts nicht dahin, ob bestimmte streitige Teilbereiche der elterlichen Sorge aus der Alleinsorge herauszulösen und auf einen Pfleger zu übertragen sind, sondern dahin, ob sich die Aufhebung der gemeinsamen elterlichen Sorge auf diese streitigen Punkte beschränken kann. Dies kommt im vorliegenden Fall - soweit es den Umgang des Vaters mit den Kindern betrifft - indessen nicht in Betracht. Zwar wäre es grundsätzlich möglich, die gemeinsame elterliche Sorge nur bezüglich der Grundentscheidungen über den persönlichen Umgang der Kinder mit dem Vater gegebenenfalls in Verbindung mit dem Aufenthaltsbestimmungsrecht aufzuheben und der Mutter zur alleinigen Ausübung zu übertragen. Dies erscheint hier aber schon deshalb zur Konfliktbereinigung wenig sinnvoll, weil § 1684 BGB gegenüber etwaigen, den Umgang einschränkenden Bestimmungen des Alleinsorgeberechtigten vorrangig ist (vgl. OLG Zweibrücken FamRZ 2000, 1042, 1043; MünchKomm/Finger aaO § 1687 Rdn. 9).
17
cc) Ob die Feststellungen des Oberlandesgerichts die Annahme rechtfertigen , dass das erforderliche Mindestmaß an Übereinstimmung zwischen den Eltern auch in anderen wichtigen Teilbereichen der elterlichen Sorge (etwa der Gesundheitssorge oder der Schulwahl) nicht besteht, oder ob es sich - wie die Rechtsbeschwerde meint - überwiegend nur um Abstimmungsprobleme handelt , die durch das eigenmächtige Verhalten der Mutter hervorgerufen worden seien, kann im Ergebnis dahinstehen. Denn jedenfalls die Einschätzung, dass zwischen den Eltern eine tragfähige soziale Beziehung zur Ausübung der gemeinsamen elterlichen Sorge derzeit nicht besteht, ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Sie wird bereits maßgeblich dadurch getragen, dass die Mutter den Verdacht, der Vater habe die Tochter F. sexuell missbraucht, nicht als ausgeräumt ansehen will und weiterhin unverändert an diesem Vorwurf festhält. Solche Vorwürfe sind regelmäßig Ausdruck einer völligen Zerrüttung der persönlichen Beziehung zwischen den Eltern, so dass eine soziale Basis für eine künftige Kooperation zwischen ihnen regelmäßig nicht bestehen wird. Dem entspricht letztlich das gesamte vom Oberlandesgericht festgestellte und insoweit zutreffend gewürdigte Verhalten der Mutter in Bezug auf den von ihr betriebenen Ausschluss des Vaters von allen die Kindesbelange berührenden wichtigen Entscheidungen. Für die Annahme, dass die Mutter in absehbarer Zeit ihr Verhalten gegenüber dem Vater zu ändern vermag, ergeben sich keine tragfähigen Anhaltspunkte.
18
Es steht dabei außer Frage, dass der unbegründete Vorwurf sexuellen Missbrauchs, soweit dieser von einem Elternteil besonders leichtfertig oder gar wider besseres Wissen erhoben worden ist, ein schwerwiegendes Indiz gegen dessen Erziehungseignung darstellt und diesem Gesichtspunkt bei der Prüfung der Frage, ob diesem Elternteil nach Auflösung der gemeinsamen elterlichen Sorge die Alleinsorge übertragen werden kann, ein ganz erhebliches und in vielen Fällen entscheidendes Gewicht zukommt. Von einer erzwungenen Aufrechterhaltung der gemeinsamen elterlichen Sorge kann allerdings unabhängig vom Wahrheitsgehalt des Missbrauchsvorwurfes für das Kindeswohl „nichts Gutes erwartet“ werden (so Staudinger/Coester aaO Rdn. 140; vgl. auch Rauscher Familienrecht Rdn. 1003). Dass dies im vorliegenden Fall nicht anders ist, verdeutlicht insbesondere die lang anhaltende und auch zum Gegenstand des Sorgerechtsverfahrens gemachte Auseinandersetzung der Eltern wegen der Auswahl eines Einzeltherapeuten für die verhaltensauffällige Tochter F. In diesem Zusammenhang spielte es für die Eltern eine erhebliche Rolle, mit welcher (Vor-) Einstellung ein Therapeut dem Missbrauchsvorwurf gegenübertrat. Dieser Konflikt konnte zwischen den Eltern nicht gelöst werden, so dass über Monate hinweg die von allen Beteiligten für notwendig angesehene Einzeltherapie überhaupt nicht eingeleitet wurde, was letztlich für das Kind die am meisten schädliche Alternative gewesen sein dürfte.
19
c) Entspricht danach die Aufhebung der gemeinsamen elterlichen Sorge ganz oder in Teilbereichen dem Kindeswohl, so hat das Gericht auf der zweiten Prüfungsebene zu beurteilen, ob die Übertragung der elterlichen Sorge (gerade ) auf den Antragsteller dem Kindeswohl am besten dient. Das Oberlandesgericht hat die für diese Beurteilung maßgeblichen Kindeswohlkriterien rechtlich zutreffend erkannt. Es hat in tatrichterlicher Verantwortung der besonderen emotionalen Bindung der Kinder an die Mutter und dem Gedanken der Erziehungskontinuität im Haushalt der Mutter unter den hier obwaltenden Umständen ein so hohes Gewicht beigemessen, dass diese Gesichtspunkte das vom Oberlandesgericht - zu Recht - festgestellte erzieherische Versagen der Mutter in Teilbereichen, nämlich unter anderem in Bezug auf die Herstellung und Erhaltung der Bindungen zum Vater, in der wertenden Gesamtschau doch noch überwiegen. Die darauf gegründete Schlussfolgerung, dass die Übertragung der Alleinsorge auf die Mutter dem Kindeswohl - auch gegenüber der Übertragung der Alleinsorge auf den Vater - (relativ) noch am besten entspricht, lässt schon angesichts der außergewöhnlichen Familienkonstellation des vorliegenden Einzelfalles ebenfalls keine offensichtlichen Rechtsfehler erkennen. Auch der Vater selbst, der in der Vergangenheit noch nie über einen längeren Zeitraum mit seinen Kindern in häuslicher Gemeinschaft gelebt hat, kann - was schon angesichts seines hohen Lebensalters verständlich ist - für die Ausgestaltung der künftigen Betreuung und Pflege letztlich keine anderen realistischen Perspektiven aufzeigen, als die Kinder in der Obhut ihrer Mutter zu belassen. Hahne Sprick Weber-Monecke Fuchs Dose
Vorinstanzen:
AG Hamburg-Harburg, Entscheidung vom 21.05.2004 - 631 F 88/03 -
OLG Hamburg, Entscheidung vom 28.07.2005 - 10 UF 42/04 -

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 12. Dez. 2007 - XII ZB 158/05

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1.
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2.
zu erwarten ist, dass die Aufhebung der gemeinsamen Sorge und die Übertragung auf den Antragsteller dem Wohl des Kindes am besten entspricht.

(2) Leben Eltern nicht nur vorübergehend getrennt und steht die elterliche Sorge nach § 1626a Absatz 3 der Mutter zu, so kann der Vater beantragen, dass ihm das Familiengericht die elterliche Sorge oder einen Teil der elterlichen Sorge allein überträgt. Dem Antrag ist stattzugeben, soweit

1.
die Mutter zustimmt, es sei denn, die Übertragung widerspricht dem Wohl des Kindes oder das Kind hat das 14. Lebensjahr vollendet und widerspricht der Übertragung, oder
2.
eine gemeinsame Sorge nicht in Betracht kommt und zu erwarten ist, dass die Übertragung auf den Vater dem Wohl des Kindes am besten entspricht.

(3) Ruht die elterliche Sorge der Mutter nach § 1751 Absatz 1 Satz 1, so gilt der Antrag des Vaters auf Übertragung der gemeinsamen elterlichen Sorge nach § 1626a Absatz 2 als Antrag nach Absatz 2. Dem Antrag ist stattzugeben, soweit die Übertragung der elterlichen Sorge auf den Vater dem Wohl des Kindes nicht widerspricht.

(4) Den Anträgen nach den Absätzen 1 und 2 ist nicht stattzugeben, soweit die elterliche Sorge auf Grund anderer Vorschriften abweichend geregelt werden muss.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 33/04
vom
11. Mai 2005
in der Familiensache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Zur Frage, inwieweit die Uneinigkeit der Eltern über die religiöse Erziehung des
Kindes die Übertragung der elterlichen Sorge auf einen Elternteil allein rechtfertigt.
BGH, Beschluß vom 11. Mai 2005 - XII ZB 33/04 - OLG Bamberg
AG Forchheim
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 11. Mai 2005 durch die
Vorsitzende Richterin Dr. Hahne und die Richter Sprick, Weber-Monecke,
Prof. Dr. Wagenitz und Dose

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde des Antragsgegners wird der Beschluß des 2. Zivilsenats - Familiensenat - des Oberlandesgerichts Bamberg vom 14. Januar 2004 aufgehoben. Die Sache wird zu erneuter Behandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens - an das Oberlandesgericht zurückverwiesen. Wert: 3.000 €

Gründe:

I.

Die Parteien streiten um die elterliche Sorge für ihren gemeinsamen Sohn Mani Sandro Habib H. , geboren am 12. April 2002. Die Mutter (Antragstellerin) ist deutsche Staatsangehörige und katholisch ; der Vater (Antragsgegner) ist pakistanischer Staatsangehöriger und dem Islam zugehörig. Das Amtsgericht hat durch Verbundurteil vom 17. Juli 2003 die Ehe der Parteien geschieden (insoweit rechtskräftig) und die elterliche Sorge für das Kind der Mutter übertragen. Die hiergegen gerichtete Beschwerde hat das
Oberlandesgericht zurückgewiesen. Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt der Vater sein Begehren, es bei der gemeinsamen Sorge für das Kind zu belassen, weiter.

II.

Das Rechtsmittel hat Erfolg. Es führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Oberlandesgericht. 1. Nach Auffassung des Oberlandesgerichts entspricht die Übertragung des alleinigen Sorgerechts auf die Mutter dem Wohl des Kindes am besten. Das Oberlandesgericht stützt sich dabei auf die tatsächlichen Feststellungen des Amtsgerichts, die unverändert fortgelten würden. Die Parteien seien heftig zerstritten; eine Kommunikation finde zwischen ihnen nicht mehr statt. Insbesondere seien die Parteien über die religiöse Erziehung des Kindes uneins. Während die Mutter das Kind taufen lassen und im christlich-katholischen Glauben erziehen möchte, wolle der Vater diese Entscheidung zu einem späteren Zeitpunkt dem Kind vorbehalten. Solange könne indes nicht zugewartet werden; denn die Vermittlung einer glaubensmäßigen Grundeinstellung sei eine der grundlegenden Erziehungsaufgaben der Eltern. Ethische Wertvorstellungen trügen wesentlich zur charakterlichen Entwicklung eines Kindes, insbesondere zu seinem Sozialverhalten, bei. Schon dies mache es notwendig, daß das Kind in diesem Bereich eine feste Orientierung erhalte. Deshalb sei es erforderlich, der Mutter das alleinige Sorgerecht zu übertragen, damit sie über die Religionszugehörigkeit des Kindes abschließend entscheiden könne. Insoweit sei zu beachten , daß das Kind Mani in einem christlich geprägten Umfeld aufwachse und auch das Kind aus erster Ehe der Mutter, zu dem Mani aufgrund eines von der
Mutter an den Wochenenden ausgeübten Umgangsrechts Kontakt habe, katholisch erzogen werde. 2. Diese Ausführungen halten rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
a) Leben die gemeinsam sorgeberechtigten Eltern, wie hier, nicht nur vorübergehend getrennt, ist gemäß § 1671 Abs. 2 Nr. 2 BGB einem Elternteil auf seinen Antrag - auch ohne Zustimmung des anderen Elternteils - die elterliche Sorge allein zu übertragen, wenn dies dem Kindeswohl am besten entspricht. Diese Regelung bedeutet nicht, daß dem Fortbestand der gemeinsamen Sorge ein Vorrang vor der Alleinsorge eines Elternteils eingeräumt wird. Ebensowenig besteht eine gesetzliche Vermutung dafür, daß die gemeinsame Sorge im Zweifel die beste Form der Wahrnehmung der elterlichen Verantwortung ist. Einer solchen Regelung stünde, wie der Senat dargelegt hat, bereits entgegen, daß sich elterliche Gemeinsamkeit in der Realität nicht verordnen läßt (Senatsbeschluß vom 29. September 1999 - XII ZB 3/99 - FamRZ 1999, 1646, 1647). Wenn sich die Eltern bei Fortbestehen der gemeinsamen Sorge fortwährend über die das Kind betreffenden Angelegenheiten streiten, kann dies zu Belastungen führen, die mit dem Wohl des Kindes nicht vereinbar sind. In solchen Fällen, in denen die gemeinsame elterliche Sorge praktisch nicht "funktioniert" und es den Eltern nicht gelingt, zu Entscheidungen im Interesse des Kindes zu gelangen, ist, wie der Senat (aaO) weiter ausgeführt hat, der Alleinsorge eines Elternteils gegenüber dem Fortbestand der gemeinsamen Sorge der Vorzug zu geben. Die Übertragung der Alleinsorge setzt allerdings konkrete tatrichterliche Feststellungen voraus, aus denen sich ergibt, daß diese Voraussetzung vorliegt und die Übertragung der Alleinsorge auf einen Elternteil erfordert. Formelhafte Wendungen, nach denen den Eltern die Kontakt- und Kooperationsbereitschaft fehlt, können das Ergebnis solcher Feststellungen zwar zusammenfassen; sie können aber solche Feststellungen nicht ersetzen. Ebenso wenig entheben sie
den Tatrichter der gebotenen Prüfung, ob dem Wohl des Kindes nicht in gleicher oder vergleichbarer Weise auch durch Maßnahmen Rechnung getragen werden kann, die weniger in das Elternrecht einschneiden als der mit der Übertragung der Alleinsorge auf den einen Elternteil einhergehende Entzug des Sorgerechts des anderen Elternteils.
b) Das Oberlandsgericht hat keine konkreten Tatsachen festgestellt, aus denen sich ergibt, daß die Übertragung der Alleinsorge auf die Mutter im vorliegenden Fall geboten ist. Der vom Amtsgericht angeführte Umstand, daß die Parteien "tief zerstritten" seien, besagt noch nichts über deren Unfähigkeit, in Angelegenheiten ihres gemeinsamen Kindes zu gemeinsamen kindeswohlverträglichen Lösungen zu gelangen. Die Annahme des Oberlandesgerichts, eine Kommunikation finde zwischen den Parteien (schlechthin) nicht mehr statt, wird durch die vom Oberlandesgericht in Bezug genommenen Feststellungen des Amtsgerichts nicht getragen und auch sonst durch keine konkreten Tatsachen belegt. Auch die Meinungsverschiedenheit der Eltern über die religiöse Erziehung des Kindes ist - jedenfalls für sich genommen - nicht angetan, die Alleinsorge der Mutter als die für das Kindeswohl beste Lösung erscheinen zu lassen. Zwar ist es eine wichtige Aufgabe der Eltern, ihrem Kind ethische Wertvorstellungen zu vermitteln und es zu einem angemessenen Sozialverhalten zu erziehen. Dies kann, muß aber nicht notwendig durch eine frühzeitige und feste Orientierung in einem bestimmten Glauben oder an einer bestimmten Konfession erfolgen. Zudem könnte dem Anliegen, das Kind - etwa im Hinblick auf seine vom Oberlandesgericht betonte christlich-katholische Umgebung - bereits taufen zu lassen, durch eine Entscheidung nach § 1628 BGB Rechnung getragen werden. Daß der Vater sich darüber hinaus der Integration des Kindes in seine
christliche Umgebung widersetzt, ist nicht festgestellt. Das amtsgerichtliche Urteil gibt insoweit nur bestrittene Behauptungen der Mutter wieder. Das gilt auch für das angebliche Verbot des Genusses von Schweinefleisch, das in der angefochtenen Entscheidung als unstreitig behandelt, in dem darin ausdrücklich in Bezug genommenen amtsgerichtlichen Urteil aber als streitig dargestellt wird (vgl. insoweit BGH Urteil vom 9. März 2005 - VIII ZR 381/03 - zur Veröffentlichung bestimmt). Im übrigen könnten auch solche weitergehenden ("Alltags-") Probleme, die in der unterschiedlichen religiösen Ausrichtung der Eltern begründet sind, durch eine Teilübertragung des Sorgerechts gelöst werden. Einer generellen Übertragung der Alleinsorge auf die Mutter bedarf es dazu nicht. Der Umstand, daß das Kind der Mutter aus erster Ehe, mit dem die Mutter am Wochenende Umgang hat und das deshalb auch zum Kind Mani Kontakte unterhält , katholisch erzogen wird, rechtfertigt kein anderes Ergebnis.
Hahne Sprick Weber-Monecke Wagenitz Dose

(1) Leben Eltern nicht nur vorübergehend getrennt und steht ihnen die elterliche Sorge gemeinsam zu, so kann jeder Elternteil beantragen, dass ihm das Familiengericht die elterliche Sorge oder einen Teil der elterlichen Sorge allein überträgt. Dem Antrag ist stattzugeben, soweit

1.
der andere Elternteil zustimmt, es sei denn, das Kind hat das 14. Lebensjahr vollendet und widerspricht der Übertragung, oder
2.
zu erwarten ist, dass die Aufhebung der gemeinsamen Sorge und die Übertragung auf den Antragsteller dem Wohl des Kindes am besten entspricht.

(2) Leben Eltern nicht nur vorübergehend getrennt und steht die elterliche Sorge nach § 1626a Absatz 3 der Mutter zu, so kann der Vater beantragen, dass ihm das Familiengericht die elterliche Sorge oder einen Teil der elterlichen Sorge allein überträgt. Dem Antrag ist stattzugeben, soweit

1.
die Mutter zustimmt, es sei denn, die Übertragung widerspricht dem Wohl des Kindes oder das Kind hat das 14. Lebensjahr vollendet und widerspricht der Übertragung, oder
2.
eine gemeinsame Sorge nicht in Betracht kommt und zu erwarten ist, dass die Übertragung auf den Vater dem Wohl des Kindes am besten entspricht.

(3) Ruht die elterliche Sorge der Mutter nach § 1751 Absatz 1 Satz 1, so gilt der Antrag des Vaters auf Übertragung der gemeinsamen elterlichen Sorge nach § 1626a Absatz 2 als Antrag nach Absatz 2. Dem Antrag ist stattzugeben, soweit die Übertragung der elterlichen Sorge auf den Vater dem Wohl des Kindes nicht widerspricht.

(4) Den Anträgen nach den Absätzen 1 und 2 ist nicht stattzugeben, soweit die elterliche Sorge auf Grund anderer Vorschriften abweichend geregelt werden muss.

(1) Leben Eltern, denen die elterliche Sorge gemeinsam zusteht, nicht nur vorübergehend getrennt, so ist bei Entscheidungen in Angelegenheiten, deren Regelung für das Kind von erheblicher Bedeutung ist, ihr gegenseitiges Einvernehmen erforderlich. Der Elternteil, bei dem sich das Kind mit Einwilligung des anderen Elternteils oder auf Grund einer gerichtlichen Entscheidung gewöhnlich aufhält, hat die Befugnis zur alleinigen Entscheidung in Angelegenheiten des täglichen Lebens. Entscheidungen in Angelegenheiten des täglichen Lebens sind in der Regel solche, die häufig vorkommen und die keine schwer abzuändernden Auswirkungen auf die Entwicklung des Kindes haben. Solange sich das Kind mit Einwilligung dieses Elternteils oder auf Grund einer gerichtlichen Entscheidung bei dem anderen Elternteil aufhält, hat dieser die Befugnis zur alleinigen Entscheidung in Angelegenheiten der tatsächlichen Betreuung. § 1629 Abs. 1 Satz 4 und § 1684 Abs. 2 Satz 1 gelten entsprechend.

(2) Das Familiengericht kann die Befugnisse nach Absatz 1 Satz 2 und 4 einschränken oder ausschließen, wenn dies zum Wohl des Kindes erforderlich ist.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 33/04
vom
11. Mai 2005
in der Familiensache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Zur Frage, inwieweit die Uneinigkeit der Eltern über die religiöse Erziehung des
Kindes die Übertragung der elterlichen Sorge auf einen Elternteil allein rechtfertigt.
BGH, Beschluß vom 11. Mai 2005 - XII ZB 33/04 - OLG Bamberg
AG Forchheim
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 11. Mai 2005 durch die
Vorsitzende Richterin Dr. Hahne und die Richter Sprick, Weber-Monecke,
Prof. Dr. Wagenitz und Dose

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde des Antragsgegners wird der Beschluß des 2. Zivilsenats - Familiensenat - des Oberlandesgerichts Bamberg vom 14. Januar 2004 aufgehoben. Die Sache wird zu erneuter Behandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens - an das Oberlandesgericht zurückverwiesen. Wert: 3.000 €

Gründe:

I.

Die Parteien streiten um die elterliche Sorge für ihren gemeinsamen Sohn Mani Sandro Habib H. , geboren am 12. April 2002. Die Mutter (Antragstellerin) ist deutsche Staatsangehörige und katholisch ; der Vater (Antragsgegner) ist pakistanischer Staatsangehöriger und dem Islam zugehörig. Das Amtsgericht hat durch Verbundurteil vom 17. Juli 2003 die Ehe der Parteien geschieden (insoweit rechtskräftig) und die elterliche Sorge für das Kind der Mutter übertragen. Die hiergegen gerichtete Beschwerde hat das
Oberlandesgericht zurückgewiesen. Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt der Vater sein Begehren, es bei der gemeinsamen Sorge für das Kind zu belassen, weiter.

II.

Das Rechtsmittel hat Erfolg. Es führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Oberlandesgericht. 1. Nach Auffassung des Oberlandesgerichts entspricht die Übertragung des alleinigen Sorgerechts auf die Mutter dem Wohl des Kindes am besten. Das Oberlandesgericht stützt sich dabei auf die tatsächlichen Feststellungen des Amtsgerichts, die unverändert fortgelten würden. Die Parteien seien heftig zerstritten; eine Kommunikation finde zwischen ihnen nicht mehr statt. Insbesondere seien die Parteien über die religiöse Erziehung des Kindes uneins. Während die Mutter das Kind taufen lassen und im christlich-katholischen Glauben erziehen möchte, wolle der Vater diese Entscheidung zu einem späteren Zeitpunkt dem Kind vorbehalten. Solange könne indes nicht zugewartet werden; denn die Vermittlung einer glaubensmäßigen Grundeinstellung sei eine der grundlegenden Erziehungsaufgaben der Eltern. Ethische Wertvorstellungen trügen wesentlich zur charakterlichen Entwicklung eines Kindes, insbesondere zu seinem Sozialverhalten, bei. Schon dies mache es notwendig, daß das Kind in diesem Bereich eine feste Orientierung erhalte. Deshalb sei es erforderlich, der Mutter das alleinige Sorgerecht zu übertragen, damit sie über die Religionszugehörigkeit des Kindes abschließend entscheiden könne. Insoweit sei zu beachten , daß das Kind Mani in einem christlich geprägten Umfeld aufwachse und auch das Kind aus erster Ehe der Mutter, zu dem Mani aufgrund eines von der
Mutter an den Wochenenden ausgeübten Umgangsrechts Kontakt habe, katholisch erzogen werde. 2. Diese Ausführungen halten rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
a) Leben die gemeinsam sorgeberechtigten Eltern, wie hier, nicht nur vorübergehend getrennt, ist gemäß § 1671 Abs. 2 Nr. 2 BGB einem Elternteil auf seinen Antrag - auch ohne Zustimmung des anderen Elternteils - die elterliche Sorge allein zu übertragen, wenn dies dem Kindeswohl am besten entspricht. Diese Regelung bedeutet nicht, daß dem Fortbestand der gemeinsamen Sorge ein Vorrang vor der Alleinsorge eines Elternteils eingeräumt wird. Ebensowenig besteht eine gesetzliche Vermutung dafür, daß die gemeinsame Sorge im Zweifel die beste Form der Wahrnehmung der elterlichen Verantwortung ist. Einer solchen Regelung stünde, wie der Senat dargelegt hat, bereits entgegen, daß sich elterliche Gemeinsamkeit in der Realität nicht verordnen läßt (Senatsbeschluß vom 29. September 1999 - XII ZB 3/99 - FamRZ 1999, 1646, 1647). Wenn sich die Eltern bei Fortbestehen der gemeinsamen Sorge fortwährend über die das Kind betreffenden Angelegenheiten streiten, kann dies zu Belastungen führen, die mit dem Wohl des Kindes nicht vereinbar sind. In solchen Fällen, in denen die gemeinsame elterliche Sorge praktisch nicht "funktioniert" und es den Eltern nicht gelingt, zu Entscheidungen im Interesse des Kindes zu gelangen, ist, wie der Senat (aaO) weiter ausgeführt hat, der Alleinsorge eines Elternteils gegenüber dem Fortbestand der gemeinsamen Sorge der Vorzug zu geben. Die Übertragung der Alleinsorge setzt allerdings konkrete tatrichterliche Feststellungen voraus, aus denen sich ergibt, daß diese Voraussetzung vorliegt und die Übertragung der Alleinsorge auf einen Elternteil erfordert. Formelhafte Wendungen, nach denen den Eltern die Kontakt- und Kooperationsbereitschaft fehlt, können das Ergebnis solcher Feststellungen zwar zusammenfassen; sie können aber solche Feststellungen nicht ersetzen. Ebenso wenig entheben sie
den Tatrichter der gebotenen Prüfung, ob dem Wohl des Kindes nicht in gleicher oder vergleichbarer Weise auch durch Maßnahmen Rechnung getragen werden kann, die weniger in das Elternrecht einschneiden als der mit der Übertragung der Alleinsorge auf den einen Elternteil einhergehende Entzug des Sorgerechts des anderen Elternteils.
b) Das Oberlandsgericht hat keine konkreten Tatsachen festgestellt, aus denen sich ergibt, daß die Übertragung der Alleinsorge auf die Mutter im vorliegenden Fall geboten ist. Der vom Amtsgericht angeführte Umstand, daß die Parteien "tief zerstritten" seien, besagt noch nichts über deren Unfähigkeit, in Angelegenheiten ihres gemeinsamen Kindes zu gemeinsamen kindeswohlverträglichen Lösungen zu gelangen. Die Annahme des Oberlandesgerichts, eine Kommunikation finde zwischen den Parteien (schlechthin) nicht mehr statt, wird durch die vom Oberlandesgericht in Bezug genommenen Feststellungen des Amtsgerichts nicht getragen und auch sonst durch keine konkreten Tatsachen belegt. Auch die Meinungsverschiedenheit der Eltern über die religiöse Erziehung des Kindes ist - jedenfalls für sich genommen - nicht angetan, die Alleinsorge der Mutter als die für das Kindeswohl beste Lösung erscheinen zu lassen. Zwar ist es eine wichtige Aufgabe der Eltern, ihrem Kind ethische Wertvorstellungen zu vermitteln und es zu einem angemessenen Sozialverhalten zu erziehen. Dies kann, muß aber nicht notwendig durch eine frühzeitige und feste Orientierung in einem bestimmten Glauben oder an einer bestimmten Konfession erfolgen. Zudem könnte dem Anliegen, das Kind - etwa im Hinblick auf seine vom Oberlandesgericht betonte christlich-katholische Umgebung - bereits taufen zu lassen, durch eine Entscheidung nach § 1628 BGB Rechnung getragen werden. Daß der Vater sich darüber hinaus der Integration des Kindes in seine
christliche Umgebung widersetzt, ist nicht festgestellt. Das amtsgerichtliche Urteil gibt insoweit nur bestrittene Behauptungen der Mutter wieder. Das gilt auch für das angebliche Verbot des Genusses von Schweinefleisch, das in der angefochtenen Entscheidung als unstreitig behandelt, in dem darin ausdrücklich in Bezug genommenen amtsgerichtlichen Urteil aber als streitig dargestellt wird (vgl. insoweit BGH Urteil vom 9. März 2005 - VIII ZR 381/03 - zur Veröffentlichung bestimmt). Im übrigen könnten auch solche weitergehenden ("Alltags-") Probleme, die in der unterschiedlichen religiösen Ausrichtung der Eltern begründet sind, durch eine Teilübertragung des Sorgerechts gelöst werden. Einer generellen Übertragung der Alleinsorge auf die Mutter bedarf es dazu nicht. Der Umstand, daß das Kind der Mutter aus erster Ehe, mit dem die Mutter am Wochenende Umgang hat und das deshalb auch zum Kind Mani Kontakte unterhält , katholisch erzogen wird, rechtfertigt kein anderes Ergebnis.
Hahne Sprick Weber-Monecke Wagenitz Dose

(1) Das Kind hat das Recht auf Umgang mit jedem Elternteil; jeder Elternteil ist zum Umgang mit dem Kind verpflichtet und berechtigt.

(2) Die Eltern haben alles zu unterlassen, was das Verhältnis des Kindes zum jeweils anderen Elternteil beeinträchtigt oder die Erziehung erschwert. Entsprechendes gilt, wenn sich das Kind in der Obhut einer anderen Person befindet.

(3) Das Familiengericht kann über den Umfang des Umgangsrechts entscheiden und seine Ausübung, auch gegenüber Dritten, näher regeln. Es kann die Beteiligten durch Anordnungen zur Erfüllung der in Absatz 2 geregelten Pflicht anhalten. Wird die Pflicht nach Absatz 2 dauerhaft oder wiederholt erheblich verletzt, kann das Familiengericht auch eine Pflegschaft für die Durchführung des Umgangs anordnen (Umgangspflegschaft). Die Umgangspflegschaft umfasst das Recht, die Herausgabe des Kindes zur Durchführung des Umgangs zu verlangen und für die Dauer des Umgangs dessen Aufenthalt zu bestimmen. Die Anordnung ist zu befristen. Für den Ersatz von Aufwendungen und die Vergütung des Umgangspflegers gilt § 277 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit entsprechend.

(4) Das Familiengericht kann das Umgangsrecht oder den Vollzug früherer Entscheidungen über das Umgangsrecht einschränken oder ausschließen, soweit dies zum Wohl des Kindes erforderlich ist. Eine Entscheidung, die das Umgangsrecht oder seinen Vollzug für längere Zeit oder auf Dauer einschränkt oder ausschließt, kann nur ergehen, wenn andernfalls das Wohl des Kindes gefährdet wäre. Das Familiengericht kann insbesondere anordnen, dass der Umgang nur stattfinden darf, wenn ein mitwirkungsbereiter Dritter anwesend ist. Dritter kann auch ein Träger der Jugendhilfe oder ein Verein sein; dieser bestimmt dann jeweils, welche Einzelperson die Aufgabe wahrnimmt.