Bundesgerichtshof Beschluss, 20. Juni 2007 - XII ZB 17/04

bei uns veröffentlicht am20.06.2007
vorgehend
Amtsgericht Bielefeld, 3 III 115/03, 12.09.2003
Landgericht Bielefeld, 23 T 614/03, 14.10.2003
Oberlandesgericht Hamm, 15 W 426/03, 22.01.2004

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 17/04
vom
20. Juni 2007
in der Personenstandssache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
EGBGB Art. 10 Abs. 1; Türk. IPRG Art. 13

a) Die in Art. 10 Abs. 1 EGBGB enthaltene Verweisung auf das Heimatrecht des
Namensträgers ist eine Gesamtverweisung im Sinn des Art. 4 Abs. 1 Satz 1
EGBGB, die auch das Kollisionsrecht des ausländischen Staates umfasst, so
dass etwaige Rück- und Weiterverweisungen zu beachten sind.

b) Rückverweisungen sind im Rahmen der objektiven Anknüpfung nach Art. 10
Abs. 1 EGBGB auch dort zu beachten, wo ein fremdes Kollisionsrecht diese
aufgrund einer abweichenden Qualifikation der Namensfrage ausspricht
(hier: Namensführung der geschiedenen türkischen Ehefrau als Scheidungsfolge
gemäß Art. 13 türk. IPRG).
BGH, Beschluss vom 20. Juni 2007 - XII ZB 17/04 - OLG Hamm
LG Bielefeld
AG Bielefeld
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 20. Juni 2007 durch die
Vorsitzende Richterin Dr. Hahne, die Richterin Weber-Monecke, den Richter
Prof. Dr. Wagenitz, die Richterin Dr. Vézina und den Richter Dose

beschlossen:
Die Sache wird zur Behandlung und Entscheidung in eigener Zuständigkeit an das Oberlandesgericht Hamm zurückgegeben.

Gründe:


I.

1
Die Beteiligte zu 1 (im Folgenden: Kindesmutter) und der Beteiligte zu 2, die beide ursprünglich ausschließlich die türkische Staatsangehörigkeit besaßen , schlossen im Jahre 1988 in der Türkei die Ehe. Die Kindesmutter, die vor der Eheschließung ihren Geburtsnamen Ç. geführt hatte, führte fortan den Familiennamen T. des Beteiligten zu 2. In der Folgezeit siedelten die Eheleute nach Deutschland über. Hier erwarb der Beteiligte zu 2 etwa 1994 die deutsche Staatsangehörigkeit, während die Kindesmutter türkische Staatsangehörige blieb. Die Ehe wurde im Jahre 2000 durch Urteil eines deutschen Amtsgerichts unter Anwendung materiellen türkischen Scheidungsrechts geschieden. Eine Anerkennung des seit dem 26. April 2000 rechtskräftigen deutschen Scheidungsurteils in der Türkei ist bislang nicht erfolgt. Ein im Februar 2003 von den türkischen Behörden für die Kindesmutter ausgestellter Reisepass weist für sie weiterhin den Familiennamen T. aus.
2
Die Kindesmutter hat am 16. Juni 2003 einen Sohn geboren, dem sie den Vornamen D. gegeben hat. Der Standesbeamte, der Bedenken hatte, für Kind und Kindesmutter den Familiennamen T. im Geburtenbuch einzutragen, hat die Sache über den Beteiligten zu 3 (Rechtsaufsichtsbehörde über das Standesamt) dem Amtsgericht gemäß § 45 Abs. 2 PStG zur Entscheidung vorgelegt. Nach den Angaben des Standesbeamten haben sich die Kindesmutter und der Beteiligte zu 2 nach dem rechtskräftigen Abschluss des in Deutschland betriebenen Scheidungsverfahrens wieder versöhnt; der Beteiligte zu 2 soll auch die Vaterschaft für das Kind D. mittlerweile anerkannt haben. Das Amtsgericht hat den Standesbeamten angewiesen, den Namen von Kind und Kindesmutter im Geburtenbuch mit T. zu beurkunden. Die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde der Standesamtsaufsicht hat das Landgericht zurückgewiesen. Gegen diese Entscheidung richtet sich die sofortige weitere Beschwerde der Standesamtsaufsicht.
3
Das Oberlandesgericht, dessen Entscheidung in StAZ 2004, 171 ff. (mit Anm. Wiegelmann FamRB 2004, 263) veröffentlicht ist, hält das Rechtsmittel für zulässig und begründet. Der Familienname der Kindesmutter bestimme sich nach ihrem türkischen Heimatrecht, wonach sie als geschiedene Ehefrau grundsätzlich den Familiennamen zu führen habe, den sie vor der Eheschließung hatte (Art. 173 Abs. 1 türk. ZGB). Zwar sei die von einem deutschen Gericht ausgesprochene Ehescheidung in der Türkei (bislang) nicht anerkannt worden. Die Gestaltungswirkung des deutschen Scheidungsurteils unterliege jedoch einer selbständigen kollisionsrechtlichen Anknüpfung nach deutschem Recht. Der Familienname der türkischen Kindesmutter müsse daher mit ihrem vor der Eheschließung geführten Geburtsnamen Ç. beurkundet werden. Der Familienname des Kindes leite sich aus dem Familiennamen der Kindesmutter ab, und zwar unabhängig davon, ob das Kind die türkische oder zufolge der Anerkennung durch den Beteiligten zu 2 die deutsche Staatsangehörigkeit besitze.
4
Das Oberlandesgericht möchte die angefochtenen Beschlüsse aus diesem Grunde aufheben, sieht sich hieran aber durch eine Entscheidung des Bayerischen Obersten Landesgerichtes vom 12. September 2002 (BayObLGZ 2002, 299 ff. = StAZ 2003, 13 mit krit. Anm. Mäsch IPrax 2004, 102 ff.) gehindert. In dieser Entscheidung habe das Bayerische Oberste Landesgericht ausgesprochen , dass eine in Deutschland geschiedene türkische Staatsangehörige nicht ihren vorehelichen Familiennamen führen könne, solange das deutsche Scheidungsurteil im türkischen Rechtskreis mangels Anerkennung keine Wirkung entfalte. Folge man dieser Auffassung, müsse der Familienname von Kindesmutter und Kind mit dem Ehenamen T. beurkundet werden. Das Oberlandesgericht hat deswegen die Sache gemäß § 28 Abs. 2 FGG dem Bundesgerichtshof zur Entscheidung vorgelegt.

II.

5
Die Vorlage ist unzulässig.
6
1. Eine Sache aus dem Bereich der freiwilligen Gerichtsbarkeit ist vom Oberlandesgericht gemäß § 28 Abs. 2 FGG dem Bundesgerichtshof vorzulegen , wenn das Gericht von der auf weitere Beschwerde ergangenen Entscheidung eines anderen Oberlandesgerichts oder, falls über die Rechtsfrage bereits eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs vorliegt, von dieser abweichen will. Aus dem Vorlagebeschluss muss sich dabei durch im Einzelnen begründete Darlegungen ergeben, dass die Befolgung der abweichenden Rechtsansicht in dem zur Beurteilung stehenden Sachverhalt zu einer abweichenden Fallentscheidung führen würde. Auf der Grundlage dieser Darlegungen hat der Bundesgerichtshof zu prüfen, ob in der streitigen Rechtsfrage tatsächlich ein Abweichungsfall vorliegt und ob die begehrte Stellungnahme zu der Rechtsfrage für die Entscheidung des von dem Oberlandesgericht vorgelegten Falles erheblich ist (vgl. zuletzt Senatsbeschlüsse BGHZ 166, 141, 144 und vom 20. Dezember 2006 - XII ZB 118/03 - FamRZ 2007, 381, 382; BGH Beschluss vom 29. September 2005 - V ZB 107/05 - NJW-RR 2006, 18).
7
2. Nach diesen Maßstäben ist die Vorlage nicht zulässig. Der Familienname des Kindes und der Familienname der Kindesmutter können unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt mit dem vor der Eheschließung der Kindesmutter geführten Geburtsnamen Ç. beurkundet werden. Insoweit kann sich im Hinblick auf die von dem Oberlandesgericht herangezogene Entscheidung des Bayerischen Obersten Landesgerichtes allenfalls eine Abweichung in der Begründung , nicht aber eine Abweichung im Ergebnis ergeben; eine solche Abweichung rechtfertigt die Vorlage nach § 28 Abs. 2 FGG nicht (Senatsbeschluss BGHZ 166, 141, 144).
8
Im Einzelnen gilt folgendes:
9
a) Zutreffend ist das Oberlandesgericht zunächst davon ausgegangen, dass nach Art. 10 Abs. 1 EGBGB der Name einer Person grundsätzlich dem Recht des Staates unterliegt, dem diese Person angehört. Unter das Namensstatut fallen dabei sowohl die Namensbildung als auch der Erwerb, der Verlust und die Führung des Namens, insbesondere nach der Auflösung der Ehe (MünchKomm/Winkler von Mohrenfels BGB 4. Aufl. Art. 17 EGBGB Rdn. 199). Die in Art. 10 Abs. 1 EGBGB enthaltene Verweisung in das Heimatrecht des Namensträgers ist nach allgemeiner Ansicht eine Gesamtverweisung im Sinne des Art. 4 Abs. 1 Satz 1 EGBGB, die auch das Kollisionsrecht des ausländischen Staates umfasst, so dass etwaige Rück- und Weiterverweisungen zu beachten sind (vgl. Senatsbeschluss vom 23. Dezember 1998 - XII ZB 5/98 - FamRZ 1999, 570; Palandt/Heldrich BGB 66. Aufl. Art. 10 EGBGB Rdn. 3; Staudinger/Hepting BGB [Dezember 1999] Art. 10 EGBGB Rdn. 81; Bamberger /Roth/Mäsch BGB Art. 10 Rdn. 9).
10
b) Die Möglichkeit einer Rückverweisung hat das Oberlandesgericht nicht in Betracht gezogen. Es hat daher übersehen, dass das türkische internationale Privatrecht die in Art. 10 Abs. 1 EGBGB enthaltene namensrechtliche Verweisung auf das Heimatrecht des Namensträgers hinsichtlich der Kindesmutter nicht annimmt und im vorliegenden Fall bezüglich der Namensführung nach der Scheidung auf das deutsche Namensrecht (zurück-)verweist.
11
aa) Zwar entspricht es verbreiteter Ansicht, dass das türkische Internationale Privatrecht für die Bestimmung des Familiennamens in der Regel an das Heimatrecht des Namensträgers anknüpft, was daraus hergeleitet wird, dass es im Bereich des internationalen Personenrechts der Türkei an einer besonderen Kollisionsnorm für das internationale Namensrecht fehlt (vgl. BayObLG FamRZ 1991, 1352 und FamRZ 1996, 1163, 1165, beide unter Hinweis auf Krüger StAZ 1983, 49, 51 Fn. 21). Dies kann aber nicht uneingeschränkt für die Namensführung geschiedener Eheleute gelten, denn insoweit behandelt das türkische Recht das Namensrecht nicht als Persönlichkeitsrecht des Namensträgers, sondern als einen familienrechtlichen Vorgang. Bei der Frage, welchen Familiennamen die Ehefrau nach der Scheidung führt, handelt es sich nach türkischem Rechtsverständnis um eine Nebenfolge der Scheidung im Sinne von Art. 13 des türkischen Gesetzes Nr. 2675 vom 20. Mai 1982 über das internationale Privat- und Zivilverfahrensrecht (auszugsweise abgedruckt bei Krüger StAZ aaO S. 50 ff.; im Folgenden: türk. IPRG), so dass die Namensführung ge- schiedener Ehegatten dem nach Art. 13 türk. IPRG für das Scheidungsstatut maßgeblichen Sachrecht untersteht (vgl. Rumpf, Einführung in das türkische Recht [2004] § 9 Rdn. 41; Hohloch, Internationales Scheidungs- und Scheidungsfolgenrecht [1998], Türkei, § 3 Rdn. 19).
12
bb) Rückverweisungen sind im Rahmen der objektiven Anknüpfung nach Art. 10 Abs. 1 EGBGB auch dort zu beachten, wo sie ein fremdes Recht aufgrund einer abweichenden Qualifikation der Namensfrage ausspricht (Palandt/ Heldrich aaO Rdn. 3; Henrich StAZ 1997, 225, 229; Staudinger/Hepting aaO Rdn. 83 m.w.N.). Der Senat hat in diesem Sinne bereits entschieden, dass im Hinblick auf den Ehenamen ausländischer Ehegatten deutsches Sachrecht anzuwenden ist, wenn ein fremdes Recht deren Namensführung dem Statut der persönlichen Ehewirkungen unterstellt und insoweit eine gemäß Art. 4 Abs. 1 Satz 2 EGBGB endgültige Rückverweisung in das deutsche Recht ausspricht (Senatsbeschluss vom 23. Dezember 1998 - XII ZB 5/98 - FamRZ 1999, 570 f.). Nichts anderes kann gelten, wenn das gemäß Art. 10 Abs. 1 EGBGB an sich maßgebliche Heimatrecht des ausländischen Namensträgers die Namensführung geschiedener Ehegatten als Nebenfolge der Scheidung dem Scheidungsstatut unterstellt und kollisionsrechtlich insoweit auf die Anwendung des Rechts am (deutschen) Wohnsitz oder Aufenthaltsort zurückverweist.
13
cc) Das Scheidungsstatut beurteilt sich gemäß Art. 13 Abs. 1 türk. IPRG jedoch nur dann nach türkischem Sachrecht, wenn beide Ehegatten die türkische Staatsangehörigkeit besitzen; maßgeblich für die zeitliche Anknüpfung ist auch nach türkischem Recht die Zustellung der Klage (Art. 3 türk. IPRG; vgl. Rumpf aaO Rdn. 39). Zu diesem Zeitpunkt war der Beteiligte zu 2 allerdings seit mehreren Jahren deutscher Staatsangehöriger. Hat einer der Ehegatten bei Rechtshängigkeit des Scheidungsantrages bereits die (alleinige) deutsche Staatsangehörigkeit erworben, ist nach Art. 13 Abs. 2 türk. IPRG für die Schei- dung und deren Folgen das Sachrecht an ihrem gemeinsamen (deutschen) Wohnsitz oder Aufenthaltsort berufen. Die damit anzunehmende Rückverweisung führt in diesen Fällen gemäß Art. 4 Abs. 1 Satz 2 EGBGB zu einer unmittelbaren Anwendung der deutschen Sachnormen (vgl. OLG Frankfurt FamRZ 2004, 953, 954; OLG Düsseldorf FamRZ 2005, 912 f.; OLG Stuttgart FamRZ 2005, 913; Hohloch aaO Rdn. 16; vgl. hierzu bereits Ansay StAZ 1983, 29, 30).
14
Danach kommt hier hinsichtlich der namensrechtlichen Folgen der Scheidung § 1355 Abs. 5 Satz 1 BGB zur Anwendung, so dass die Kindesmutter mangels entgegenstehender Erklärungen gegenüber dem Standesbeamten nach der Scheidung ihren Ehenamen T. weiterführt.
15
dd) An dieser Beurteilung ändert sich auch dadurch nichts, dass das mit dem Scheidungsverfahren befasste deutsche Amtsgericht im Jahre 2000 die Ehe der Kindesmutter und des Beteiligten zu 2 unter Anwendung materiellen türkischen Scheidungsrechts geschieden hat. Dies war im Hinblick auf die deutsche Staatsangehörigkeit des Beteiligten zu 2 rechtlich verfehlt, weil das Amtsgericht , welches das anwendbare Recht nach Art. 17 Abs. 1 Satz 1, 14 Abs. 1 Nr. 1 EGBGB an die letzte gemeinsame (türkische) Staatsangehörigkeit der Ehegatten angeknüpft hatte, die in Art. 13 Abs. 2 türk. IPRG enthaltene Rückverweisung hätte beachten und demzufolge deutsches Scheidungsrecht zur Anwendung bringen müssen. Da Art. 13 Abs. 2 türk. IPRG wegen der (auch namensrechtlichen) Scheidungsfolgen indessen auf das Recht des Aufenthaltsortes verweist, nicht aber auf das Recht, das die Gerichte am Aufenthaltsort tatsächlich angewendet haben, bleibt es hinsichtlich der Namensführung der Kindesmutter bei der Anwendung deutschen Sachrechts.
16
ee) Auf die Vorlagefrage wäre es deshalb hinsichtlich des Familiennamens der Kindesmutter nur angekommen, wenn das Scheidungsstatut von tür- kischem Recht beherrscht worden wäre, denn dies hätte namensrechtlich zur Folge gehabt, dass die Kindesmutter ihren Geburtsnamen Ç. nach der Scheidung wieder hätte annehmen müssen (Art. 173 türk. ZGB). Materielles türkisches Scheidungsrecht wäre etwa dann zur Anwendung gekommen, wenn beide Eheleute bei Rechtsanhängigkeit des Scheidungsantrages noch türkische Staatsangehörige gewesen wären, weil das türkische Kollisionsrecht gemäß Art. 13 Abs. 1 türk. IPRG in diesem Falle die Verweisung aus Art. 10 Abs. 1 EGBGB angenommen hätte; dies hätte im Übrigen auch dann gegolten, wenn der Beteiligte zu 2 bei Zustellung des Scheidungsantrages sowohl die deutsche als auch die türkische Staatsangehörigkeit besessen hätte, weil das türkische internationale Privatrecht Mehrstaatler mit türkischer Staatsangehörigkeit ohne Rücksicht auf ihre effektive Staatsangehörigkeit nur als Türken ansieht (Art. 4 lit. b türk. IPRG; vgl. Odendahl IPrax 2005, 320, 322). So liegt der hier zur Entscheidung stehende Fall aufgrund der alleinigen deutschen Staatsangehörigkeit des Beteiligten zu 2 aber nicht.
17
c) Insoweit ist die Rechtslage bei dem Kind D. - sofern es allein die türkische Staatsangehörigkeit besitzt - im Ausgangspunkt anders gelagert, da die türkische Rechtspraxis wegen des bei der Geburt erworbenen Familiennamens die in Art. 10 Abs. 1 EGBGB enthaltene Verweisung seit jeher angenommen (vgl. auch KG NJW-RR 1989, 644, 645) und die Namensführung des Kindes dem türkischen Sachrecht unterstellt hat.
18
Auf die vom Oberlandesgericht für entscheidungserheblich gehaltene Streitfrage kommt es aber auch für das Kind D. nicht an, selbst wenn die Hauptfrage (Name des Kindes) durch türkisches Recht beherrscht wird. Die Beantwortung der Vorfrage, ob die Ehe zwischen der Kindesmutter und dem Beteiligten zu 2 aufgelöst worden ist, hat auf die Namensführung des Kindes keinen Einfluss:
19
aa) Würde man der Auffassung des Bayerischen Obersten Landesgerichtes folgen, wonach eine unselbständige Anknüpfung der Vorfrage zur Folge habe, dass die Gestaltungswirkung eines deutschen Urteils zu dieser erst dann beachtlich sei, wenn es im Heimatstaat des Namensträgers anerkannt worden ist (vgl. ebenso Kegel/Schurig, Internationales Privatrecht, 9. Aufl., § 17 IV 1 b), müsste die Ehe zwischen der Kindesmutter und dem Beteiligten zu 2 als fortbestehend angesehen werden. Dann würde das Kind D. als Kind miteinander verheirateter Eltern gemäß Art. 321 Satz 1, 1. Halbs. türk. ZGB den Namen T. seiner Familie tragen.
20
bb) Wäre demgegenüber die - von der wohl mittlerweile herrschenden Ansicht in Rechtsprechung und Literatur geteilte - Auffassung des vorlegenden Gerichts richtig, wonach es die Gestaltungswirkung eines deutschen Urteils grundsätzlich ausschließt, sich im internationalen Bereich auf Prinzipien der unselbständigen Vorfragenanknüpfung zu berufen (Vorrang des Verfahrensrechts vor dem Kollisionsrecht: OLG Düsseldorf FamRZ 1999, 328; Palandt/ Heldrich aaO Rdn. 2; Mäsch IPrax aaO, S. 103 f.; Staudinger/Hepting aaO Art. 10 EGBGB Rdn. 90; Otte StAZ 1991, 257, 258), wäre das Kind D. nach der Scheidung der Kindesmutter nicht ehelich geboren, so dass es gemäß Art. 321 Satz 1, 2. Halbs. türk. ZGB den Familiennamen seiner Mutter teilt. Da die Kindesmutter indessen nach deutschem Scheidungsfolgenrecht den vormaligen Ehenamen T. auch als geschiedene Frau weiterführt und diese Namensführung im Einklang mit der türkischen Rechtsordnung (welche das Namensrecht insoweit dem deutschen Scheidungsstatut unterstellt hat) stehen würde, erhält das Kind auch in diesem Falle den - insoweit allein von der Kindesmutter abgeleiteten - Familiennamen T.
Hahne Weber-Monecke Wagenitz Vézina Dose

Vorinstanzen:
AG Bielefeld, Entscheidung vom 12.09.2003 - 3 III 115/03 -
LG Bielefeld, Entscheidung vom 14.10.2003 - 23 T 614/03 -
OLG Hamm, Entscheidung vom 22.01.2004 - 15 W 426/03 -

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 20. Juni 2007 - XII ZB 17/04

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(1) Die Ehegatten sollen einen gemeinsamen Familiennamen (Ehenamen) bestimmen. Die Ehegatten führen den von ihnen bestimmten Ehenamen. Bestimmen die Ehegatten keinen Ehenamen, so führen sie ihren zur Zeit der Eheschließung geführten Namen auch nach d

Personenstandsgesetz - PStG | § 45 Erklärungen zur Namensführung des Kindes


(1) Die Erklärung, durch die 1. Eltern nach der Beurkundung der Geburt den Geburtsnamen eines Kindes bestimmen,2. ein Kind sich der Bestimmung seines Geburtsnamens durch die Eltern anschließt,3. ein Kind beantragt, den von seiner Mutter zur Zeit sein
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Referenzen

(1) Die Erklärung, durch die

1.
Eltern nach der Beurkundung der Geburt den Geburtsnamen eines Kindes bestimmen,
2.
ein Kind sich der Bestimmung seines Geburtsnamens durch die Eltern anschließt,
3.
ein Kind beantragt, den von seiner Mutter zur Zeit seiner Geburt geführten Namen als Geburtsnamen zu erhalten, wenn es den Namen eines Mannes führt, von dem rechtskräftig festgestellt wurde, dass er nicht der Vater des Kindes ist,
4.
ein Mann den Antrag nach Nummer 3 stellt, wenn das Kind das fünfte Lebensjahr noch nicht vollendet hat,
5.
ein Kind sich der Änderung des Familiennamens der Eltern oder eines Elternteils anschließt,
6.
der Elternteil, dem die elterliche Sorge allein oder gemeinsam mit dem anderen Elternteil zusteht, und sein Ehegatte, der nicht Elternteil des Kindes ist, oder sein Lebenspartner dem Kind ihren Ehenamen oder ihren Lebenspartnerschaftsnamen erteilen oder diesen Namen dem von dem Kind zur Zeit der Erklärung geführten Namen voranstellen oder anfügen,
7.
der Elternteil, dem die elterliche Sorge allein zusteht, dem Kind den Namen des anderen Elternteils erteilt,
sowie die zu den Nummern 6 und 7 erforderlichen Einwilligungen eines Elternteils oder des Kindes können auch von den Standesbeamten beglaubigt oder beurkundet werden. Gleiches gilt für die etwa erforderliche Zustimmung des gesetzlichen Vertreters zu einer in Satz 1 genannten Erklärung.

(2) Zur Entgegennahme der Erklärungen ist das Standesamt zuständig, das das Geburtenregister, in dem die Geburt des Kindes beurkundet ist, führt. Ist die Geburt des Kindes nicht in einem deutschen Geburtenregister beurkundet, so ist das Standesamt zuständig, in dessen Zuständigkeitsbereich das Kind oder ein Elternteil seinen Wohnsitz hat oder zuletzt hatte oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Ergibt sich danach keine Zuständigkeit, so ist das Standesamt I in Berlin zuständig. Das Standesamt I in Berlin führt ein Verzeichnis der nach den Sätzen 2 und 3 entgegengenommenen Erklärungen.

(3) § 23 des Lebenspartnerschaftsgesetzes bleibt unberührt.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V ZB 107/05
vom
29. September 2005
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 29. September 2005 durch
den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Krüger, den Richter Dr. Klein, die Richterin
Dr. Stresemann und die Richter Dr. Czub und Dr. Roth

beschlossen:
Die Sache wird an das Oberlandesgericht Düsseldorf zur Behandlung und Entscheidung in eigener Zuständigkeit zurückgegeben.

Gründe:


I.


Die Beteiligten sind die Mitglieder einer Wohnungsei gentümergemeinschaft. In der Versammlung vom 12. Dezember 2001 haben die Wohnungseigentümer eine Mehrzahl von Beschlüssen gefasst. Die Antragsteller haben beantragt , einen Teil dieser Beschlüsse für ungültig zu erklären und die Verwalterin abzuberufen. Mit Beschluss vom 15. März 2005 hat das Amtsgericht entschieden , durch ein Sachverständigengutachten Beweis zur Frage der Verfahrensfähigkeit der Antragsteller zu erheben. Die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde der Antragsteller hat das Landgericht als unzulässig verworfen. Mit der weiteren sofortigen Beschwerde erstreben die Antragsteller die Aufhebung der Entscheidung des Amtsgerichts.
Das Oberlandesgericht Düsseldorf möchte dem Rechtsmittel stattgeben. Es meint, im Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit ergangene Beweisbe-
schlüsse seien zwar grundsätzlich nicht anfechtbar. Eine Ausnahme gelte aber, wenn durch einen solchen Beschluss unmittelbar in Rechte eines Beteiligten eingegriffen werde. So verhalte es sich bei dem Beschluss, ein Sachverständigengutachten zur Frage der Verfahrensfähigkeit der Antragsteller einzuholen. Die Antragsteller hätten mit einer Vorladung und Untersuchung durch einen Sachverständigen und für den Fall einer Weigerung mit Zwangsmitteln gem. § 33 FGG zu rechnen. Das führe zur Anfechtbarkeit des Beschlusses vom 15. März 2005. An einer entsprechenden Entscheidung sieht sich das Oberlandesgericht Düsseldorf durch den Beschluß des Oberlandesgerichts Hamm vom 14. September 1988, OLGZ 1989, 15 ff., gehindert. Es hat die Sache deshalb dem Bundesgerichtshof zur Entscheidung vorgelegt.

II.


Die Vorlage ist nicht zulässig. Die Sache ist an das vorleg ende Oberlandesgericht zur Entscheidung in eigener Zuständigkeit zurückzugeben (Senat, BGHZ 11, 104, 120).
Zu den Voraussetzungen einer zulässigen Vorlage nach § 43 Abs. 1 WEG, § 28 Abs. 2 FGG gehört, dass das vorlegende Oberlandesgericht von einer auf eine weitere Beschwerde ergangenen Entscheidung eines anderen Oberlandesgerichts abweichen will. Die Abweichung muß dieselbe Rechtsfrage betreffen. Der Bundesgerichtshof ist zwar an die für die Entscheidungserheblichkeit maßgebende rechtliche Beurteilung des Falles, wie sie dem Vorlagebeschluss zugrunde gelegt ist, gebunden. Er prüft aber, ob die Entscheidung, von der das vorlegende Oberlandesgericht abweichen will, dieselbe Rechtsfrage
betrifft (st. Rspr., vgl. Senat, BGHZ 21, 234, 236; Beschl. v. 1. Juli 1993, V ZB 19/93, NJW 1993, 3069; BGH, Beschl. v. 1. Juli 1998, XII ZB 181/97, FamRZ 1999, 22, 23; v. 19. März 2003, XII ZB 121/01, FamRZ 2003, 868, 869 und v. 23. Juli 2003, XII ZB 87/03, NJW-RR 2003, 1356). Daran fehlt es.
Die Entscheidung des Oberlandesgerichts Hamm ist in einem Pflegschaftsverfahren gem. § 38 FGG a.F. ergangen. Ihr kann nichts zu der Frage entnommen werden, ob in dem vorliegenden Verfahren nach § 43 Abs. 1 Nr. 4 WEG der Beschluss, ein Gutachten zur Frage der Verfahrensfähigkeit eines Beteiligten zu erheben, selbständig angefochten werden kann.
Die Verfahren nach § 38 FGG a.F. gehören zur allgemeinen Freiwilligen Gerichtsbarkeit. Die zu diesem Bereich der Freiwilligen Gerichtsbarkeit gehörenden Verfahren sind dadurch gekennzeichnet, dass in ihnen - in unterschiedlichem Umfang - ein öffentliches Interesse gegen das Interesse oder den Willen eines Betroffenen abzuwägen ist (vgl. Baur, Freiwillige Gerichtsbarkeit, § 1 III; Brehm, Freiwillige Gerichtsbarkeit, 3. Aufl., § 1 Rdn 9 ff). Das öffentliche Interesse wird dabei grundsätzlich nicht von einem Beteiligten vertreten, sondern wird von dem Richter oder von dem Rechtspfleger bei der Entscheidung gewahrt.
Die Tatsachen, von denen die beantragte oder beabsichtigte Entscheidung abhängig sind, sind von Amts wegen zu ermitteln, § 12 FGG. Einer Aussage zur Anfechtbarkeit einer insoweit ergangenen Verfügung kann nichts zu der entsprechenden Frage in einem die Verfahren der streitigen Freiwilligen Gerichtsbarkeit, zu denen das Verfahren nach § 43 Abs. 1 Nr. 4 WEG gehört (BayObLGZ 1988, 436, 437; Keidel/Schmidt, FGG, 15. Aufl., § 12 Rdn. 227),
entnommen werden. Auch in diesen Verfahren gilt für die Tatsachenermittlung zwar § 12 FGG. Die Verfahren der streitigen Freiwilligen Gerichtsbarkeit sind jedoch dadurch gekennzeichnet, dass an ihnen mehrere Betroffene beteiligt sind, deren Interessen einander widerstreiten, und kein öffentliches Interesse an der beantragten Entscheidung besteht. Wie im Zivilprozess ist über Ansprüche zu entscheiden, die der Disposition der Beteiligten unterliegen. Die Ermittlungsverpflichtung greift daher nur insoweit Platz, als der Vortrag der Beteiligten hierzu Anlass bietet (Senat, BGHZ 146, 241, 249).
Der Unterschied zwischen den Verfahren der allgemeinen Freiwilligen Gerichtsbarkeit und den echten Streitsachen schließt es aus, eine Entscheidung , die zu den verfahrensrechtlichen Pflichten, Obliegenheiten oder Rechten eines Beteiligten im Hinblick auf die Mitwirkung an der Tatsachenfeststellung in einem Verfahren der allgemeinen Freiwilligen Gerichtsbarkeit ergangen ist, auf ein Verfahren der streitigen Freiwilligen Gerichtsbarkeit zu übertragen. Das ist auch dann nicht anders zu beurteilen, wenn eine Verfügung der von Amts wegen vorzunehmenden Feststellung von Verfahrensvoraussetzungen dienen soll (vgl. für ein Verfahren nach der ZPO BGHZ 143, 122, 124).
Krüger Klein Stresemann Czub Roth

(1) Die Ehegatten sollen einen gemeinsamen Familiennamen (Ehenamen) bestimmen. Die Ehegatten führen den von ihnen bestimmten Ehenamen. Bestimmen die Ehegatten keinen Ehenamen, so führen sie ihren zur Zeit der Eheschließung geführten Namen auch nach der Eheschließung.

(2) Zum Ehenamen können die Ehegatten durch Erklärung gegenüber dem Standesamt den Geburtsnamen oder den zur Zeit der Erklärung über die Bestimmung des Ehenamens geführten Namen eines Ehegatten bestimmen.

(3) Die Erklärung über die Bestimmung des Ehenamens soll bei der Eheschließung erfolgen. Wird die Erklärung später abgegeben, so muss sie öffentlich beglaubigt werden.

(4) Ein Ehegatte, dessen Name nicht Ehename wird, kann durch Erklärung gegenüber dem Standesamt dem Ehenamen seinen Geburtsnamen oder den zur Zeit der Erklärung über die Bestimmung des Ehenamens geführten Namen voranstellen oder anfügen. Dies gilt nicht, wenn der Ehename aus mehreren Namen besteht. Besteht der Name eines Ehegatten aus mehreren Namen, so kann nur einer dieser Namen hinzugefügt werden. Die Erklärung kann gegenüber dem Standesamt widerrufen werden; in diesem Falle ist eine erneute Erklärung nach Satz 1 nicht zulässig. Die Erklärung, wenn sie nicht bei der Eheschließung gegenüber einem deutschen Standesamt abgegeben wird, und der Widerruf müssen öffentlich beglaubigt werden.

(5) Der verwitwete oder geschiedene Ehegatte behält den Ehenamen. Er kann durch Erklärung gegenüber dem Standesamt seinen Geburtsnamen oder den Namen wieder annehmen, den er bis zur Bestimmung des Ehenamens geführt hat, oder dem Ehenamen seinen Geburtsnamen oder den zur Zeit der Bestimmung des Ehenamens geführten Namen voranstellen oder anfügen. Absatz 4 gilt entsprechend.

(6) Geburtsname ist der Name, der in die Geburtsurkunde eines Ehegatten zum Zeitpunkt der Erklärung gegenüber dem Standesamt einzutragen ist.