Bundesgerichtshof Beschluss, 26. Okt. 2011 - XII ZB 247/11

bei uns veröffentlicht am26.10.2011
vorgehend
Amtsgericht Zerbst, 7 F 246/10 SO, 21.09.2010
Oberlandesgericht Naumburg, 3 UF 178/10, 07.12.2010

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 247/11
vom
26. Oktober 2011
in der Familiensache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Die Regelung in § 18 FamFG ist verfassungskonform dahin auszulegen, dass die
Frist zur Nachholung der Begründung der Rechtsbeschwerde nicht zwei Wochen,
sondern einen Monat beträgt (im Anschluss an BGHZ 184, 323 = NJW 2008,
3500).

b) Zur Beseitigung einer Gefährdung des Kindeswohls (hier: Umgangsvereitelung
und massive Beeinflussung des Kindes durch die allein sorgeberechtigte Mutter
gegen den Vater) darf nur das mildeste Mittel gewählt werden. Vor Entziehung des
- gesamten - Aufenthaltsbestimmungsrechts wegen Umgangsvereitelung ist eine
Umgangspflegschaft einzurichten. Davon kann nur bei offensichtlicher Aussichtslosigkeit
abgesehen werden.

c) Auch bei Wahl des mildesten Mittels hat ein Eingriff in das Sorgerecht (hier: Entziehung
des Aufenthaltsbestimmungsrechts zum Zweck der Heimunterbringung)
zu unterbleiben, wenn dieser mit anderweitigen Beeinträchtigungen des Kindeswohls
einhergeht und bei einer Gesamtbetrachtung zu keiner Verbesserung der
Situation des gefährdeten Kindes führt (im Anschluss an Senatsbeschluss vom
11. Juli 1984 - IVb ZB 73/83 - FamRZ 1985, 169, 171).
BGH, Beschluss vom 26. Oktober 2011 - XII ZB 247/11 - OLG Naumburg
AG Zerbst
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 26. Oktober 2011 durch die
Richter Dose, Weber-Monecke, Dr. Klinkhammer, Schilling und Dr. Günter

beschlossen:
1. Der Beteiligten zu 1 wird gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung und zur Begründung der Rechtsbeschwerde Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt. 2. Auf die Rechtsbeschwerde der Beteiligten zu 1 wird der Beschluss des 3. Zivilsenats - 1. Senat für Familiensachen - des Oberlandesgerichts Naumburg vom 7. Dezember 2010 aufgehoben. Das Verfahren wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens - an das Oberlandesgericht zurückverwiesen. Wert: 3.000 €

Gründe:

A.

1
Die Rechtsbeschwerdeführerin (im Folgenden: Mutter) wendet sich gegen die teilweise Entziehung des Sorgerechts für ihre im Mai 2000 geborene Tochter.
2
Die nicht miteinander verheirateten Eltern, die zunächst mit dem Kind zusammengelebt hatten, trennten sich im April 2009. Das Kind blieb im Haus- halt der Mutter, der die alleinige elterliche Sorge zusteht. Das Kind wurde während der Woche von der Großmutter mütterlicherseits betreut, zu der es eine enge Beziehung hat. Die Wochenenden verbrachte es bei der Mutter.
3
Der Vater versuchte nach der Trennung wiederholt, Umgang mit dem Kind zu erhalten. Auf seinen Antrag wurde ein Umgangsverfahren vor dem Familiengericht durchgeführt. Trotz einer von den Eltern getroffenen vorläufigen Vereinbarung, eines später gegen die Mutter verhängten Ordnungsgeldes sowie einer anschließenden gerichtlichen Umgangsregelung kamen Umgangskontakte nicht zustande. Das Scheitern lag im Wesentlichen in der ablehnenden Haltung der Mutter begründet, die dem Kind wegen seines Wunsches nach Kontakt mit dem Vater unter anderem massive Vorhaltungen gemacht hatte und auch einen begleiteten Umgang im Jugendamt ablehnte. Weitere Vermittlungsbemühungen und -vorschläge blieben ohne Erfolg.
4
Entsprechend vorherigen Androhungen hat das Amtsgericht im Juni 2010 das vorliegende Verfahren zur Entziehung der elterlichen Sorge eingeleitet. Es hat zur Erziehungsfähigkeit der Mutter ein familienpsychologisches Sachverständigen-Gutachten eingeholt. Das Amtsgericht hat sodann die Verfahrensbeteiligten und die Sachverständige angehört. Eine Anhörung des Kindes im abschließenden Anhörungstermin ist daran gescheitert, dass die anwesende Großmutter dem Amtsrichter den Zugang zum Kind unmöglich gemacht hat. Mit Beschluss vom Tag der Anhörung hat das Amtsgericht der Mutter die elterliche Sorge in den Teilbereichen Aufenthaltsbestimmung, Gesundheitsfürsorge und Recht zur Antragstellung auf Sozialleistungen entzogen und diese dem Jugendamt als Pfleger übertragen. Das Kind befindet sich seit der Entscheidung in einem Heim der Jugendhilfe.
5
Das Oberlandesgericht hat die von der Mutter gegen den Beschluss des Amtsgerichts eingelegte Beschwerde zurückgewiesen. Es hat im Ausspruch seines Beschwerdebeschlusses die Rechtsbeschwerde insoweit zugelassen, als es um die Rechtsfrage geht, ob in einem Sorgerechtsverfahren, bei dem für das betroffene Kind bereits ein Verfahrensbeistand zur Wahrnehmung seiner Rechte bestellt worden ist, noch ein Ergänzungspfleger für das Verfahren zu bestellen ist.
6
Die Mutter hat nach Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe durch den Senat gegen die Entscheidung des Oberlandesgerichts Rechtsbeschwerde eingelegt , mit der sie die Aufhebung der teilweisen Sorgerechtsentziehung erstrebt. Sie beantragt wegen versäumter Einlegungs- und Begründungsfrist die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand.

B.

7
Die Rechtsbeschwerde ist zulässig. Gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung (§ 71 Abs. 1 Satz 1 FamFG) wie auch zur Begründung der Rechtsbeschwerde (§ 71 Abs. 2 Satz 1 FamFG) ist der Mutter Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren.
8
Die Mutter war vor Bewilligung der beantragten Verfahrenskostenhilfe durch den Senat an der Einlegung und Begründung der Rechtsbeschwerde gehindert und hat Einlegung und Begründung auch rechtzeitig nachgeholt. Die Begründung der Rechtsbeschwerde ist indessen anders als deren Einlegung nicht innerhalb der in § 18 Abs. 3 Satz 2 FamFG aufgeführten Frist nachgeholt worden. Gemäß § 18 Abs. 3 Satz 2 FamFG ist die versäumte Rechtshandlung innerhalb der Antragsfrist für die Wiedereinsetzung nachzuholen, welche nach § 18 Abs. 1 FamFG zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses beträgt. Das Hindernis war die Verfahrenskostenbedürftigkeit der Mutter, welche durch die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe durch den Senat entfallen ist (vgl. BGHZ 176, 379, 381 f. = NJW 2008, 3500).
9
Die Frist von zwei Wochen, die im Hinblick auf die Begründung der Rechtsbeschwerde nach dem Gesetzeswortlaut abgelaufen wäre, ist hingegen aus verfassungsrechtlichen Gründen auf die Rechtsmittelbegründung nicht anzuwenden. Denn anderenfalls wäre die nach Art. 3 Abs. 1 GG gebotene Gleichbehandlung bemittelter und unbemittelter Verfahrensbeteiligter nicht mehr gewährleistet (vgl. BVerfG NJW 1987, 1191; FamRZ 2000, 474, 475). Die hier gebotene verfassungskonforme Auslegung führt zu einer Wiedereinsetzungsfrist für die Begründung der Rechtsbeschwerde von einem Monat.
10
Die Regelung in § 18 FamFG muss, ebenso wie die inhaltsgleiche Regelung in § 234 Abs. 1 ZPO in der bis zum 31. August 2004 geltenden Fassung (dazu Senatsbeschluss vom 9. Juli 2003 - XII ZB 147/02 - FamRZ 2003, 1462, 1463), verfassungskonform ausgelegt werden (BGHZ 184, 323 = FamRZ 2010, 809 [LS] Rn. 9 mwN). Der Gesetzgeber hat sich bei der Formulierung von § 18 FamFG an dem früheren § 22 FGG einerseits und an § 60 VwGO andererseits ausgerichtet (Entwurfsbegründung BT-Drucks. 16/6308 S. 183). Er hat dabei aber übersehen, dass das frühere Gesetz über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit keine besondere Begründungsfrist kannte und § 60 Abs. 2 Satz 1 VwGO (ebenso wie § 234 ZPO) durch das 1. Justizmodernisierungsgesetz vom 24. August 2004 (BGBl. I S. 2198) um eine besondere Monatsfrist bei der Versäumung der Begründungsfrist ergänzt worden ist, um der ansonsten entstehenden verfassungsrechtlich nicht hinnehmbaren Verkürzung der Frist für eine bedürftige Partei entgegenzuwirken (BGHZ 184, 323 = FamRZ 2010, 809 [LS] Rn. 9).
11
Bei der danach gebotenen verfassungskonformen Anwendung der Vorschrift beginnt die Frist zur Nachholung der Begründung zwar gemäß § 18 Abs. 1 FamFG mit der Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe (vgl. BGHZ 176, 379, 381 f. = NJW 2008, 3500). Sie beträgt aber nicht zwei Wochen. Es gilt vielmehr die Monatsfrist des § 71 Abs. 2 Satz 1 FamFG (BGHZ 184, 323 = FamRZ 2010, 809 [LS] Rn. 9).

C.

12
Die Rechtsbeschwerde hat auch in der Sache Erfolg.

I.

13
Das Oberlandesgericht hat sich in verfahrensrechtlicher Hinsicht der Auffassung angeschlossen, dass es neben der Bestellung eines Verfahrensbeistands keiner zusätzlichen Bestellung eines Ergänzungspflegers bedürfe, und dies ausführlich begründet.
14
In der Sache habe das Amtsgericht der Mutter zu Recht Teilbereiche der elterlichen Sorge entzogen. Nach dem Ergebnis der amtsgerichtlichen Ermittlungen und der vom Oberlandesgericht getroffenen Feststellungen habe der massive Interessenkonflikt der Kindeseltern bereits deutliche und für das Kindeswohl nachteilige seelische Auswirkungen auf das Kind gehabt, sodass bereits von einem Schaden für das Kind gesprochen werden könne. Das Oberlandesgericht hat sich auf das Sachverständigen-Gutachten bezogen, nach dem das Kind auch nach der Trennung eine tiefe und eigentlich positive emotionale Bindung zum Vater habe, der sich früher ebenfalls intensiv um die Betreuung des Kindes gekümmert habe. Diese Bindung werde aber von der Mutter, die die Trennung vom Vater emotional immer noch nicht überwunden habe und diesem negativ gegenüberstehe, abgelehnt, was sie auch durch ihr Verhalten dem Kind gegenüber zum Ausdruck bringe. Bei der Mutter, die den Vater im Beisein des Kindes auf das Übelste beschimpft habe, sei eine massive Verweigerungshaltung gegenüber den Kontakten zwischen Vater und Kind vorhanden. Dass das Kind vom "Fremdgehen" des Vaters gesprochen habe, lasse auf eine direkte und indirekte negative Beeinflussung des Kindes schließen. Der Mutter fehle diesbezüglich die elterliche Feinfühligkeit, ihr elterliches Wohlverhalten gegenüber den Bindungen des Kindes zum Vater sei eingeschränkt. Unter den dargestellten Umständen halte die Sachverständige eine gesunde Zukunftsentwicklung des Mädchens im Haushalt der Mutter nicht für möglich, unterbinde diese doch mit ihrem Verhalten auch eine gesunde Autonomieentwicklung des Kindes. Würde das Kind weiter im Haushalt der Mutter bleiben, so würde dies nach Auffassung der Sachverständigen den sicheren Kontaktabbruch zwischen Vater und Tochter zur Folge haben. Diese Situation würde dazu führen, dass das Kind sich im Alter von 20 bis 25 Jahren wegen des erlittenen Bindungsverlustes und einer sich hieraus wahrscheinlich entwickelnden Neurose und Bindungsstörung in psychotherapeutische Behandlung werde begeben müssen. Zudem könnten die erlittenen seelischen Störungen, ggf. schon während der Pubertät, zu einer Delinquenz des Kindes führen. Auch nach den Schilderungen des Jugendamts leide das Kind unter dem Interessenkonflikt, habe nach Angaben der Schule Probleme im Umgang mit Gleichaltrigen und werde von anderen gemieden , weil es häufig nur über Zuhause spreche und einen Jargon wie Erwachsene verwende. Nach den Berichten des Verfahrensbeistands sei das Kind in seinem Bindungsverhalten gestört. Die bei ihm vorhandenen seelischen Störungen erforderten es, dass es nach seiner Heimunterbringung psychologisch und psychotherapeutisch begleitet werde. Die Mutter unternehme alles, um Umgangs- termine von Vater und Kind zu konterkarieren. Nach den Angaben des Verfahrensbeistands habe das Kind bis zu seiner Heimunterbringung durch das Jugendamt in der Obhut von Großmutter und Mutter gelebt und sei diesen emotional sehr verbunden. Da es aber gleichwohl auch eine gute Bindung zum Vater habe und eigentlich auch Kontakt zu ihm wünsche, jedoch Angst vor den Vorwürfen der Mutter und deren Hass auf den Vater habe, entscheide es sich dafür , keinen Umgang mit dem Vater zu pflegen. Das Kind wolle aber neben seinem Kontakt mit dem Vater eigentlich nur seine Ruhe vor dem Streit der Eltern haben.
15
Die (Teil-)Entziehung der elterlichen Sorge sei auch verhältnismäßig. Die gegen den Umgang des Kindes mit seinem Vater gerichteten, von Hass gegen diesen wegen der Trennung erfüllten, sich wiederholt im Beisein des Kindes in wüsten Beschimpfungen des Vaters und teilweise auch der übrigen Verfahrensbeteiligten und des Gerichts getätigten Äußerungen und sonstigen subtilen Einflussnahmen der Mutter erforderten es zwingend, dass das Kind aus dem Haushalt der Mutter und der Großmutter herausgelöst werde. Der weitere Verbleib des Kindes im Haushalt der Mutter/Großmutter würde dazu führen, dass sich die seelischen Belastungen des Kindes weiter krankhaft verfestigten und später gar zu einer regelrechten Neurose mit etwaiger Delinquenz des Kindes auswachsen könnten. Die Mutter habe bislang sämtliche Hilfestellungen psychologischer , psychotherapeutischer, familientherapeutischer und auch jugendamtlicher Art abgelehnt, das gerichtliche Angebot einer Mediation ausgeschlagen und sämtliche Hilfestellungen des Verfahrensbeistands und des Jugendamts beim für das Kind wichtigen Umgang mit dem Vater abgelehnt. Demnach habe keine andere Möglichkeit als die teilweise Sorgerechtsentziehung bestanden. Wie wenig einsichtig die Mutter sei, zeige sich daran, dass Ordnungsmittel hätten verhängt werden müssen. Sie habe gar deren Vollstreckung als milderes Mittel gegen sich verlangt. Dagegen spreche bereits, dass sie es monatelang in der Hand gehabt habe, dem Kind unbelasteten Umgang mit dem Vater zu ermöglichen , dies aber auch nichts an der eigentlichen Belastungssituation des Kindes, nämlich der immer wieder gegenüber dem Kind bekundeten ablehnenden Haltung gegenüber dem Vater, ändern würde.
16
Aus der Anhörung des Kindes durch das Oberlandesgericht habe sich zudem ergeben, dass es derzeit nicht geneigt sei, in den Haushalt der Mutter zurückzukehren, weil es befürchte, von der Mutter erneut unter emotionalen Druck gesetzt zu werden. Dem Kind sei nach dem Gespräch mit dem Senat des Oberlandesgerichts regelrecht eine Last weggebrochen, als es von der Senatsvorsitzenden gefragt worden sei, was es davon hielte, noch eine Weile im Heim zu bleiben und Mutter und Großmutter, wie in einem Internat, an den Wochenenden besuchen zu können. Eine Justizhauptsekretärin habe dem Gericht zu berichten gewusst, dass das Kind anschließend bei einer Begegnung mit der Mutter auf dem Flur gefasst gewirkt habe, während die Mutter vor dem Kind geweint habe.
17
Das Oberlandesgericht hat "aufgrund der gesamten Umstände" keine andere Möglichkeit gesehen, als der Mutter das Sorgerecht teilweise zu entziehen , um das Kind "in der Obhut seines Pflegers bzw. dessen Kinderheim" zur Ruhe kommen zu lassen und ihm alsbald die von ihm gewünschten Umgangskontakte mit dem Vater zu ermöglichen.

II.

18
Das hält rechtlicher Überprüfung nicht in allen Punkten stand.
19
1. Die angefochtene Entscheidung steht in vollem Umfang zur Überprüfung durch den Senat. Die vom Oberlandesgericht in den Tenor seiner Ent- scheidung aufgenommene Beschränkung der Rechtsbeschwerdezulassung auf die Rechtsfrage der Notwendigkeit eines Ergänzungspflegers ist nicht wirksam.
20
Eine beschränkte Zulassung der Rechtsbeschwerde ist - wie die der Revision - nur bezüglich selbstständiger Teile des Verfahrensgegenstandes möglich. Insofern kann die Zulassung des Rechtsmittels beschränkt werden, wenn auch das Rechtsmittel selbst entsprechend beschränkt werden könnte (vgl. Senatsurteile vom 25. Januar 1995 - XII ZR 195/93 - FamRZ 1995, 1405 und BGHZ 153, 358, 362 f. = FamRZ 2003, 590, 591). Auf einzelne Rechtsfragen, die nicht ausschließlich einen abgrenzbaren Teil des Verfahrensgegenstandes betreffen, kann die Zulassung daher nicht beschränkt werden. Die Bestellung eines Ergänzungspflegers betrifft eine Verfahrensfrage, die den gesamten Verfahrensgegenstand erfasst. Da sich aus der Beschränkung auch keine ausschließliche Zulassung des Rechtsmittels - nur - für einzelne Verfahrensbeteiligte ergibt und die Frage der Beschwer durch die fehlende Ergänzungspflegerbestellung hier nicht maßgeblich ist, steht die Entscheidung des Oberlandesgerichts somit in vollem Umfang zur Überprüfung durch den Senat.
21
2. Die vom Oberlandesgericht behandelte Streitfrage, ob in Kindschaftsverfahren neben dem Verfahrensbeistand zusätzlich ein Ergänzungspfleger zu bestellen ist, hat der Senat inzwischen im Sinne der auch vom Oberlandesgericht vertretenen Auffassung entschieden (Senatsbeschluss vom 7. September 2011 - XII ZB 12/11 - zur Veröffentlichung bestimmt).
22
Die Frage ist im vorliegenden Fall aber nicht entscheidungserheblich. Die Entziehung der elterlichen Vertretungsbefugnis nach §§ 1629 Abs. 2 Satz 3, 1796 BGB und Bestellung eines Ergänzungspflegers erfordern ein gesondertes Verfahren vor dem Familiengericht. Solange den sorgeberechtigten Eltern oder dem sorgeberechtigten Elternteil die Vertretungsbefugnis nicht entzogen wor- den ist, bleiben diese zur gesetzlichen Vertretung des Kindes im Verfahren befugt. Ein gesetzlicher Ausschluss der Eltern von der Vertretung nach §§ 1629 Abs. 2 Satz 1, 1795 BGB kommt im Kindschaftsverfahren nach allgemeiner Auffassung nicht in Betracht. Das Kind ist demnach im vorliegenden Verfahren durch die Mutter ordnungsgemäß vertreten. Dass die Vorinstanzen davon abgesehen haben, eine Mitteilung nach § 22 a FamFG zu machen oder von Amts wegen ein - gesondertes - Verfahren zur Entziehung der elterlichen Vertretungsbefugnis anzuregen, war unabhängig vom umstrittenen Verhältnis zwischen Verfahrensbeistandschaft und Ergänzungspflegschaft jedenfalls nicht verfahrensfehlerhaft.
23
3. Die Entscheidung des Oberlandesgerichts begegnet hingegen in der Sache durchgreifenden Bedenken. Die von den Vorinstanzen getroffenen Feststellungen tragen eine Entziehung des Aufenthaltsbestimmungsrechts und weiterer Sorgebefugnisse der Mutter nicht.
24
Wenn das körperliche, geistige oder seelische Wohl des Kindes oder sein Vermögen gefährdet wird und die Eltern nicht gewillt oder nicht in der Lage sind, die Gefahr abzuwenden, hat das Familiengericht nach § 1666 Abs. 1 BGB die Maßnahmen zu treffen, die zur Abwendung der Gefahr erforderlich sind. Zu den gerichtlichen Maßnahmen gehört insbesondere nach § 1666 Abs. 3 Nr. 6 BGB die teilweise oder vollständige Entziehung der elterlichen Sorge.
25
a) Nach der Rechtsprechung des Senats ist Voraussetzung für ein Eingreifen des Familiengerichts eine gegenwärtige, in einem solchen Maß vorhandene Gefahr, dass sich bei der weiteren Entwicklung der Dinge eine erhebliche Schädigung des geistigen oder leiblichen Wohls des Kindes mit ziemlicher Sicherheit voraussehen lässt (Senatsbeschlüsse BGHZ 184, 269 = FamRZ 2010, 720 Rn. 19 und vom 15. Dezember 2004 - XII ZB 166/03 - FamRZ 2005, 344, 345 mwN). Als gewichtige Gesichtspunkte des Kindeswohls hat der Senat die Erziehungseignung der Eltern, die Bindungen des Kindes, die Prinzipien der Förderung und der Kontinuität sowie die Beachtung des Kindeswillens angeführt (Senatsbeschlüsse BGHZ 185, 272 = FamRZ 2010, 1060 Rn. 19 und vom 6. Dezember 1989 - IVb ZB 66/88 - FamRZ 1990, 392, 393 mN, jeweils zu § 1671 BGB).
26
Die sich daraus ergebenden Anforderungen für eine Gefährdung des Kindeswohls hat die angefochtene Entscheidung im Ausgangspunkt allerdings berücksichtigt. Das Oberlandesgericht hat eine Gefährdung des Kindeswohls darin gesehen, dass das Verhalten der Mutter bei dem Kind zu einem Loyalitätskonflikt geführt habe. Dieser habe bereits manifeste Verhaltensauffälligkeiten und Bindungsstörungen hervorgerufen, die nach Mitteilung des Jugendamts sogar psychologisch und psychotherapeutisch behandelt werden müssten. Dabei handelt es sich um einen Befund, der zu einem Eingriff in das Sorgerecht nach § 1666 BGB Veranlassung gibt (vgl. Senatsbeschlüsse vom 12. März 1986 - IVb ZB 87/85 - NJW-RR 1986, 1264, 1265 sowie vom 11. Juli 1984 - IVb ZB 73/83 - FamRZ 1985, 169, 171). Denn durch das Verhalten der Mutter, das sowohl durch Herabsetzung des Vaters als auch durch Manipulation des Kindes auf eine Unterbindung der Umgangskontakte gerichtet ist, werden die nach den Feststellungen der Vorinstanzen intakten Bindungen des Kindes zu seinem Vater erheblich beeinträchtigt. Das begründet jedenfalls im Zusammenhang mit dem bestehenden verschärften Elternkonflikt die Gefahr einer seelischen Schädigung des Kindes. Zugleich erweist sich eine nur eingeschränkte Erziehungseignung der Mutter, weil ihr die erforderliche Bindungstoleranz fehlt und sie dem Kind demzufolge in seiner weiteren Entwicklung nur eine unzureichende Beziehungssicherheit vermitteln kann.
27
b) § 1666 Abs. 1 BGB setzt weiterhin voraus, dass die vom Familiengericht zu treffenden Maßnahmen zur Abwendung der Gefahr erforderlich sind. Die Erforderlichkeit der Maßnahme ist Bestandteil der Verhältnismäßigkeit im weiteren Sinne und wird in Bezug auf Maßnahmen, mit denen eine Trennung des Kindes von der elterlichen Familie verbunden ist, durch § 1666 a Abs. 1 Satz 1 BGB dahin konkretisiert, dass der Gefahr nicht auf andere Weise, auch nicht durch öffentliche Hilfen, begegnet werden kann (vgl. Art. 6 Abs. 3 GG).
28
aa) Vor einer - teilweisen - Entziehung des Sorgerechts hat das Familiengericht zu überprüfen, ob mildere Mittel zur Verfügung stehen, um der Gefährdung entgegenzuwirken. Dies gebietet nicht nur das Kindeswohl und der Schutz der Familie nach Art. 6 Abs. 1 GG, sondern auch das durch Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG geschützte Elternrecht, in das nur so weit eingegriffen werden darf, als es wegen der konkreten Gefährdung des Kindeswohls unerlässlich ist. Im vorliegenden Fall kommt als milderes Mittel außer der Vollstreckung der gerichtlichen Umgangsregelung aber auch die Einrichtung einer Umgangspflegschaft in Betracht, welche in § 1684 Abs. 3 Sätze 3 - 6 BGB in der seit dem 1. September 2009 geltenden Fassung gesetzlich geregelt ist (vgl. Staudinger/Coester BGB [2009] § 1666 Rn. 146 mwN). Danach kann das Familiengericht auch eine Pflegschaft für die Durchführung des Umgangs anordnen, wenn die Eltern ihre gesetzliche Pflicht, alles zu unterlassen, was das Verhältnis des Kindes zum jeweils anderen Elternteil beeinträchtigt oder die Erziehung erschwert (§ 1684 Abs. 2 Satz 1 BGB, Wohlverhaltensgebot), dauerhaft oder wiederholt erheblich verletzen. Die Umgangspflegschaft umfasst das Recht, die Herausgabe des Kindes zur Durchführung des Umgangs zu verlangen und für die Dauer des Umgangs dessen Aufenthalt zu bestimmen. Wie sich an den Voraussetzungen der Umgangspflegschaft zeigt, ist diese vom Gesetz vor allem für den Fall der Umgangsverweigerung durch einen Elternteil und die damit verbundene Kindeswohlbeeinträchtigung (vgl. § 1626 Abs. 3 Satz 1 BGB) als geeignete Maß- nahme vorgesehen. Da die Umgangspflegschaft den Eingriff auf das zunächst erforderliche Maß begrenzt, ist sie gegenüber einem (vollständigen) Entzug des Aufenthaltsbestimmungsrechts nach § 1666 BGB als milderes Mittel vorrangig. Von ihrer Anordnung kann demnach nur dann abgesehen werden, wenn die Umgangspflegschaft offensichtlich keinen Erfolg verspricht.
29
bb) Die Erforderlichkeit einer gerichtlichen Sorgerechtsentziehung nach § 1666 BGB schließt es ferner mit ein, dass die konkrete Maßnahme geeignet ist, um die Gefahr für das Kindeswohl zu beseitigen (Senatsbeschluss vom 12. März 1986 - IVb ZB 87/85 - NJW-RR 1986, 1264, 1265; Staudinger/Coester BGB [2009] § 1666 Rn. 212). An der Eignung fehlt es nicht nur, wenn die Maßnahme die Gefährdung des Kindeswohls nicht beseitigen kann. Vielmehr ist die Maßnahme auch dann ungeeignet, wenn sie mit anderweitigen Beeinträchtigungen des Kindeswohls einhergeht und diese durch die Beseitigung der festgestellten Gefahr nicht aufgewogen werden (vgl. Senatsbeschluss vom 11. Juli 1984 - IVb ZB 73/83 - FamRZ 1985, 169, 171 - zu § 1671 BGB - OLG Hamm FamRZ 2007, 1677; BayObLG FamRZ 1998, 1044; Staudinger/Coester BGB [2009] § 1666 Rn. 212 mwN; vgl. auch Gottschalk FPR 2007, 308, 309 f.). Selbst wenn demnach die Maßnahme als solche für die Belange, in denen das Kindeswohl gefährdet ist, die erwünschten Wirkungen entfaltet, ist sie dennoch ungeeignet, wenn sie in anderen Belangen des Kindeswohls wiederum eine Gefährdungslage schafft und deswegen in der Gesamtbetrachtung zu keiner Verbesserung der Situation des gefährdeten Kindes führt.
30
cc) Darüber hinaus gelten in kindschaftsrechtlichen Familiensachen und insbesondere in Verfahren betreffend die Entziehung der elterlichen Sorge gemäß § 1666 BGB besondere Anforderungen an die tatrichterliche Sachaufklärung (Senatsbeschluss BGHZ 184, 269 = FamRZ 2010, 720 Rn. 29 mwN - auch für das Folgende). Denn die verfassungsrechtliche Dimension von Art. 6 Abs. 2 und Abs. 3 GG beeinflusst auch das Verfahrensrecht und seine Handhabung im Kindschaftsverfahren. Das gerichtliche Verfahren muss in seiner Ausgestaltung dem Gebot effektiven Grundrechtsschutzes entsprechen, weshalb insbesondere die zur Verfügung stehenden Aufklärungs- und Prüfungsmöglichkeiten ausgeschöpft werden müssen (BVerfG FamRZ 2009, 399, 400; FamRZ 2002, 1021, 1023). Das bedeutet nicht nur, dass die Verfahrensgestaltung den Elternrechten Rechnung tragen muss. Vielmehr steht das Verfahrensrecht auch unter dem Primat des Kindeswohls, zu dessen Schutz der Staat im Rahmen seines Wächteramtes gemäß Art. 6 Abs. 2 Satz 2 GG verpflichtet ist. Die Gerichte müssen ihr Verfahren so gestalten, dass sie möglichst zuverlässig die Grundlage einer am Kindeswohl orientierten Entscheidung erkennen können (BVerfG FamRZ 2009, 399, 400).
31
c) Diesen Maßstäben wird die angefochtene Entscheidung nicht gerecht. Zum einen hat das Oberlandesgericht nicht erschöpfend begründet, dass mildere Maßnahmen nicht möglich sind. Zum anderen mangelt es an einer hinreichenden Aufklärung einer Eignung der teilweisen Sorgerechtsentziehung in der von den Vorinstanzen angeordneten Form.
32
aa) Das Oberlandesgericht hat als mildere Maßnahme lediglich die weitere Vollstreckung der gerichtlichen Umgangsregelung in Betracht gezogen. Hinsichtlich der Möglichkeit, eine Umgangspflegschaft einzurichten, enthält der angefochtene Beschluss hingegen keine Begründung. Auch die vom Amtsgericht gegebene Begründung, auf die das Oberlandesgericht lediglich in einer pauschalen Bezugnahme verwiesen hat, rechtfertigt eine Außerachtlassung der Umgangspflegschaft nicht.
33
Das Amtsgericht hat angeführt, eine Umgangspflegschaft sei nicht in Betracht gekommen. Diese hätte Sinn gemacht, wenn es Probleme bei der Durch- führung, wie etwa der Übergabe des Kindes, gegeben hätte. Vorliegend sei aber eine derart hohe negative Beeinflussung des Kindes für die Probleme ausschlaggebend. Das Kind habe die negative Meinung ihrer Mutter und ihrer Großmutter zu großen Teilen übernommen und müsse gegen den erklärten Willen der Mutter handeln. Zudem habe der Verfahrensbeistand erklärt, jedenfalls teilweise die Umgänge zu begleiten, was gescheitert sei. Die Einrichtung einer Umgangspflegschaft könne das Problem daher nicht lösen.
34
Das genügt zur Begründung indessen nicht. Eine Aussichtslosigkeit der Umgangspflegschaft lässt sich nur annehmen, wenn es nach den getroffenen Feststellungen offensichtlich ist, dass eine Umgangspflegschaft keinen Erfolg haben wird. Selbst eine nahe liegende Vermutung, die Umgangspflegschaft werde nicht die erwünschten Wirkungen zeitigen, reicht aber nicht aus, um von ihrer Anordnung abzusehen und sogleich weiterreichende Maßnahmen nach § 1666 BGB zu ergreifen. Vielmehr kann von einer Umgangspflegschaft jedenfalls gegenüber einer vollständigen Entziehung des Aufenthaltsbestimmungsrechts mit dem Ziel einer Heimunterbringung nur abgesehen werden, wenn die Umgangspflegschaft sich entweder als unwirksam erwiesen hat oder von vornherein offensichtlich aussichtslos ist.
35
Das ist hier nicht hinreichend festgestellt. Allein die Beeinflussung des Kindes durch Mutter und Großmutter genügt dazu nicht. Hierbei handelt es sich sogar um die Voraussetzung der Einrichtung einer Umgangspflegschaft, welche somit gerade auf den Fall der - auch nachhaltigen - negativen Beeinflussung durch den Obhutselternteil zugeschnitten ist. Die vom Amtsgericht angeführten Erfahrungen mit einem vereinbarten Umgangskontakt, der durch den Verfahrensbeistand zu begleiten war, reichen nicht aus. Denn dem Verfahrensbeistand stehen - abgesehen davon, dass er bereits in anderer Funktion am Verfahren beteiligt ist - die rechtlichen Befugnisse eines Umgangspflegers nach § 1684 Abs. 3 Satz 4 BGB, über den Aufenthalt des Kindes zu bestimmen und dessen Herausgabe zu verlangen, nicht zur Verfügung.
36
bb) Auch im Hinblick auf die Eignung der teilweisen Entziehung des Sorgerechts der Mutter fehlt es an einer hinreichenden Aufklärung durch die Vorinstanzen.
37
Wie oben ausgeführt, genügt es nicht, dass die Maßnahme als solche für die Belange, in denen das Kindeswohl gefährdet ist, die erwünschten Wirkungen entfaltet. Sie ist vielmehr gleichwohl ungeeignet, wenn sie in anderen Belangen des Kindeswohls wiederum eine Gefährdungslage schafft und deswegen in der Gesamtbetrachtung zu keiner Verbesserung der Situation des gefährdeten Kindes führt. Die nach § 26 FamFG gebotene tatrichterliche Sachaufklärung unterliegt dabei im Rahmen der Sorgerechtsentziehung besonderen Anforderungen.
38
Hierbei ist zu beachten, dass die vom Amtsgericht angeordnete Entziehung des Aufenthaltsbestimmungsrechts mit einer Heimunterbringung des Kindes verbunden ist, was spätestens in der Beschwerdeinstanz auch offensichtlich geworden ist. Die unbefristete Heimunterbringung stellt aber als eine Maßnahme , die mit der Herausnahme des Kindes aus der Obhut eines Elternteils verbunden ist, einen besonders schwerwiegenden Eingriff dar, der insbesondere im Hinblick auf das Kindeswohl einer eingehenden Aufklärung und Absicherung bedurft hätte (vgl. BVerfG FamRZ 2010, 713). Daran fehlt es im vorliegenden Fall.
39
Weder das Amtsgericht noch das Oberlandesgericht hat sich damit auseinandergesetzt , welche mittelfristige Perspektive mit der Heimunterbringung des Kindes verbunden ist. Ein Wechsel des Kindes in die Obhut des Vaters ist von den Vorinstanzen nicht in Betracht gezogen worden. Vielmehr soll die Mut- ter nach Auffassung der Vorinstanzen trotz ihrer nur eingeschränkten Erziehungseignung offenbar die Hauptbezugsperson des Kindes bleiben. Ihr sind dementsprechend die übrigen Sorgerechtsbefugnisse belassen worden. Es hätte demnach der Begründung bedurft, welche mittelfristige Perspektive für das Kind im Fall der Heimunterbringung bestehen soll (vgl. etwa §§ 27, 36 SGB VIII). Ein dauerhafter Verbleib des Kindes im Heim ließe sich nur rechtfertigen , wenn beide Elternteile auf Dauer erziehungsungeeignet wären und eine Abwägung der Vor- und Nachteile die dauerhafte Heimunterbringung als die für das Kindeswohl bessere Alternative erscheinen ließe.
40
Um dies festzustellen, reichte die Anhörung des Kindes durch den Senat des Oberlandesgerichts nicht aus. Bei der bestehenden komplexen Problematik hätte das Oberlandesgericht vielmehr der eingehenden sachverständigen Beratung bedurft, welche hier trotz Hinzuziehung einer Gutachterin unzureichend geblieben ist. Das vom Amtsgericht eingeholte und vom Oberlandesgericht verwertete Sachverständigen-Gutachten bezog sich lediglich auf die grundsätzliche Erziehungseignung der Mutter, welche von der Sachverständigen - wenn auch mit Einschränkungen - bejaht worden ist. Das Gutachten konzentriert sich auf die Umgangsproblematik, ohne die Gesamtsituation des Kindes und dessen künftige Entwicklung in Betracht zu ziehen. Das mag aus der Sicht der Sachverständigen , die eine Erziehungseignung bejaht hat, jedenfalls bei Erstellung des Gutachtens offenbar auch nicht nahe gelegen haben. Der sachverständigen Begutachtung hätte dagegen insbesondere die nach dem Beschluss des Amtsgerichts veränderte Situation bedurft. Es genügte nicht, dass die Sachverständige - durch das Anhörungsprotokoll nicht näher dokumentiert - vom Oberlandesgericht angehört worden ist und die Anhörung sich jedenfalls nach der Begründung des angefochtenen Beschlusses wiederum nur auf die Kindeswohlbeeinträchtigung wegen der Beeinflussung des Kindes durch die Mutter bezogen hat.
41
Vielmehr war es erforderlich, dass das Oberlandesgericht sich mit sachverständiger Hilfe ein umfassendes Bild von der Lebenssituation des Kindes im Heim verschaffte. Nur eine umfassende Aufklärung in diesem Sinne hätte es ermöglicht, eine mittelfristige Perspektive für das Kind darzustellen und sodann aufgrund einer verlässlichen Abwägung der Vor- und Nachteile einer Heimunterbringung die Eignung der getroffenen Maßnahme zu überprüfen.
42
Ohne weitere Feststellungen verbleibt indessen als Rechtfertigung der Maßnahme - das Fehlen milderer Mittel hier unterstellt - lediglich die effiziente Durchsetzung der Umgangskontakte zwischen Vater und Kind sowie die - weitgehende - Vermeidung von Beeinflussungen des Kindes durch die Mutter. Ob eine Sorgerechtsentziehung zu diesen Zwecken überhaupt eine geeignete Maßnahme darstellen kann, ist in Frage gestellt worden (Staudinger/Coester BGB [2009] § 1666 Rn. 146 f.; Salgo Perspektiven des Familienrechts FS Schwab S. 891 ff.). Ob dem gefolgt werden kann, kann allerdings offenbleiben. Denn diese Frage ist vom Familiengericht nicht grundsätzlich zu entscheiden. Ihre Beantwortung liegt vielmehr vornehmlich auf dem Fachgebiet der (Familien -)Psychologie. Das Familiengericht bedarf daher zur hinreichenden Aufklärung des Sachverhalts der Beratung durch einen geeigneten Sachverständigen. Erst auf dieser Grundlage kann eine Beurteilung des Kindeswohls und der in diesem Rahmen vor allem zu berücksichtigenden Bindungen des Kindes sowie der Erziehungsfähigkeit seiner Eltern stattfinden. Allein zum Zweck der effizienten Durchsetzung von Umgangskontakten darf eine Entziehung des Aufenthaltsbestimmungsrechts mit dem Ziel der Heimunterbringung jedenfalls nicht angeordnet werden.

III.

43
Der angefochtene Beschluss ist demnach aufzuheben. Dem Senat ist eine abschließende Sachentscheidung nicht möglich, weil es weiterer Tatsachenaufklärung im Sinne der dargestellten Anforderungen bedarf.
44
Für das weitere Verfahren weist der Senat darauf hin, dass - neben der Prüfung der Einrichtung einer Umgangspflegschaft - ein ergänzendes Sachverständigen -Gutachten einzuholen ist. Dessen Fragestellung hat sich auf eine umfassende Aufklärung des Kindeswohls, insbesondere der Lebens- und Entwicklungsbedingungen und -perspektiven des Kindes zu richten und hat damit wesentlich über die bislang im Vordergrund stehenden Fragen der Erziehungseignung der Mutter im Hinblick auf die Bindungstoleranz und die damit einhergehende Ermöglichung des Umgangs zwischen Vater und Kind hinauszugehen. Erforderlich ist auch, dass das Kind in seiner gegenwärtigen Umgebung psychologisch begutachtet wird. In die familienpsychologische Begutachtung wird ferner auch die Großmutter als wichtige Bezugsperson des Kindes einbezogen werden müssen. Soweit zudem das Verhalten des Kindes in der Schule oder in anderen Zusammenhängen eine Rolle spielt, wird sich das Oberlandesgericht nicht auf die Angaben des Verfahrensbeistands verlassen dürfen, sondern sich - durch Befragung der Lehrer oder sonstiger Bezugspersonen - einen unmittelbaren Eindruck verschaffen müssen.
45
Die auf der Grundlage der in diesem Sinne umfassenden Aufklärung zu treffende Entscheidung nach § 1666 BGB hängt schließlich davon ab, ob die Erziehungseignung der Mutter derart eingeschränkt ist, dass es für das Wohl des Kindes auf Dauer schädlicher ist, wenn es in der Obhut der Mutter verbleibt , als wenn es im Heim untergebracht wird. Sollte dies nicht der Fall sein, ist eine Entziehung des Aufenthaltsbestimmungsrechts nicht nur übermäßig, sondern im Sinne der oben aufgeführten Maßstäbe bereits ungeeignet, so dass es an der Erforderlichkeit der Maßnahme im Sinne von § 1666 Abs. 1 BGB fehlt.
Dose Weber-Monecke Klinkhammer Schilling Günter
Vorinstanzen:
AG Zerbst, Entscheidung vom 21.09.2010 - 7 F 246/10 SO -
OLG Naumburg, Entscheidung vom 07.12.2010 - 3 UF 178/10 -

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 26. Okt. 2011 - XII ZB 247/11

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Lastenausgleichsgesetz - LAG

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 3


(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich. (2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin. (3) Ni

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(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung. (2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinsc
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(1) Die Rechtsbeschwerde ist binnen einer Frist von einem Monat nach der schriftlichen Bekanntgabe des Beschlusses durch Einreichen einer Beschwerdeschrift bei dem Rechtsbeschwerdegericht einzulegen. Die Rechtsbeschwerdeschrift muss enthalten: 1. die

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(1) Wird das körperliche, geistige oder seelische Wohl des Kindes oder sein Vermögen gefährdet und sind die Eltern nicht gewillt oder nicht in der Lage, die Gefahr abzuwenden, so hat das Familiengericht die Maßnahmen zu treffen, die zur Abwendung der Gefahr erforderlich sind.

(2) In der Regel ist anzunehmen, dass das Vermögen des Kindes gefährdet ist, wenn der Inhaber der Vermögenssorge seine Unterhaltspflicht gegenüber dem Kind oder seine mit der Vermögenssorge verbundenen Pflichten verletzt oder Anordnungen des Gerichts, die sich auf die Vermögenssorge beziehen, nicht befolgt.

(3) Zu den gerichtlichen Maßnahmen nach Absatz 1 gehören insbesondere

1.
Gebote, öffentliche Hilfen wie zum Beispiel Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe und der Gesundheitsfürsorge in Anspruch zu nehmen,
2.
Gebote, für die Einhaltung der Schulpflicht zu sorgen,
3.
Verbote, vorübergehend oder auf unbestimmte Zeit die Familienwohnung oder eine andere Wohnung zu nutzen, sich in einem bestimmten Umkreis der Wohnung aufzuhalten oder zu bestimmende andere Orte aufzusuchen, an denen sich das Kind regelmäßig aufhält,
4.
Verbote, Verbindung zum Kind aufzunehmen oder ein Zusammentreffen mit dem Kind herbeizuführen,
5.
die Ersetzung von Erklärungen des Inhabers der elterlichen Sorge,
6.
die teilweise oder vollständige Entziehung der elterlichen Sorge.

(4) In Angelegenheiten der Personensorge kann das Gericht auch Maßnahmen mit Wirkung gegen einen Dritten treffen.

(1) Maßnahmen, mit denen eine Trennung des Kindes von der elterlichen Familie verbunden ist, sind nur zulässig, wenn der Gefahr nicht auf andere Weise, auch nicht durch öffentliche Hilfen, begegnet werden kann. Dies gilt auch, wenn einem Elternteil vorübergehend oder auf unbestimmte Zeit die Nutzung der Familienwohnung untersagt werden soll. Wird einem Elternteil oder einem Dritten die Nutzung der vom Kind mitbewohnten oder einer anderen Wohnung untersagt, ist bei der Bemessung der Dauer der Maßnahme auch zu berücksichtigen, ob diesem das Eigentum, das Erbbaurecht oder der Nießbrauch an dem Grundstück zusteht, auf dem sich die Wohnung befindet; Entsprechendes gilt für das Wohnungseigentum, das Dauerwohnrecht, das dingliche Wohnrecht oder wenn der Elternteil oder Dritte Mieter der Wohnung ist.

(2) Die gesamte Personensorge darf nur entzogen werden, wenn andere Maßnahmen erfolglos geblieben sind oder wenn anzunehmen ist, dass sie zur Abwendung der Gefahr nicht ausreichen.

(1) Das Kind hat das Recht auf Umgang mit jedem Elternteil; jeder Elternteil ist zum Umgang mit dem Kind verpflichtet und berechtigt.

(2) Die Eltern haben alles zu unterlassen, was das Verhältnis des Kindes zum jeweils anderen Elternteil beeinträchtigt oder die Erziehung erschwert. Entsprechendes gilt, wenn sich das Kind in der Obhut einer anderen Person befindet.

(3) Das Familiengericht kann über den Umfang des Umgangsrechts entscheiden und seine Ausübung, auch gegenüber Dritten, näher regeln. Es kann die Beteiligten durch Anordnungen zur Erfüllung der in Absatz 2 geregelten Pflicht anhalten. Wird die Pflicht nach Absatz 2 dauerhaft oder wiederholt erheblich verletzt, kann das Familiengericht auch eine Pflegschaft für die Durchführung des Umgangs anordnen (Umgangspflegschaft). Die Umgangspflegschaft umfasst das Recht, die Herausgabe des Kindes zur Durchführung des Umgangs zu verlangen und für die Dauer des Umgangs dessen Aufenthalt zu bestimmen. Die Anordnung ist zu befristen. Für den Ersatz von Aufwendungen und die Vergütung des Umgangspflegers gilt § 277 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit entsprechend.

(4) Das Familiengericht kann das Umgangsrecht oder den Vollzug früherer Entscheidungen über das Umgangsrecht einschränken oder ausschließen, soweit dies zum Wohl des Kindes erforderlich ist. Eine Entscheidung, die das Umgangsrecht oder seinen Vollzug für längere Zeit oder auf Dauer einschränkt oder ausschließt, kann nur ergehen, wenn andernfalls das Wohl des Kindes gefährdet wäre. Das Familiengericht kann insbesondere anordnen, dass der Umgang nur stattfinden darf, wenn ein mitwirkungsbereiter Dritter anwesend ist. Dritter kann auch ein Träger der Jugendhilfe oder ein Verein sein; dieser bestimmt dann jeweils, welche Einzelperson die Aufgabe wahrnimmt.

(1) Der Antrag auf Wiedereinsetzung ist binnen zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses zu stellen. Ist der Beteiligte verhindert, die Frist zur Begründung der Rechtsbeschwerde einzuhalten, beträgt die Frist einen Monat.

(2) Die Form des Antrags auf Wiedereinsetzung richtet sich nach den Vorschriften, die für die versäumte Verfahrenshandlung gelten.

(3) Die Tatsachen zur Begründung des Antrags sind bei der Antragstellung oder im Verfahren über den Antrag glaubhaft zu machen. Innerhalb der Antragsfrist ist die versäumte Rechtshandlung nachzuholen. Ist dies geschehen, kann die Wiedereinsetzung auch ohne Antrag gewährt werden.

(4) Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt oder ohne Antrag bewilligt werden.

Das Gericht hat von Amts wegen die zur Feststellung der entscheidungserheblichen Tatsachen erforderlichen Ermittlungen durchzuführen.

(1) Der Antrag auf Wiedereinsetzung ist binnen zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses zu stellen. Ist der Beteiligte verhindert, die Frist zur Begründung der Rechtsbeschwerde einzuhalten, beträgt die Frist einen Monat.

(2) Die Form des Antrags auf Wiedereinsetzung richtet sich nach den Vorschriften, die für die versäumte Verfahrenshandlung gelten.

(3) Die Tatsachen zur Begründung des Antrags sind bei der Antragstellung oder im Verfahren über den Antrag glaubhaft zu machen. Innerhalb der Antragsfrist ist die versäumte Rechtshandlung nachzuholen. Ist dies geschehen, kann die Wiedereinsetzung auch ohne Antrag gewährt werden.

(4) Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt oder ohne Antrag bewilligt werden.

(1) Die Rechtsbeschwerde ist binnen einer Frist von einem Monat nach der schriftlichen Bekanntgabe des Beschlusses durch Einreichen einer Beschwerdeschrift bei dem Rechtsbeschwerdegericht einzulegen. Die Rechtsbeschwerdeschrift muss enthalten:

1.
die Bezeichnung des Beschlusses, gegen den die Rechtsbeschwerde gerichtet wird, und
2.
die Erklärung, dass gegen diesen Beschluss Rechtsbeschwerde eingelegt werde.
Die Rechtsbeschwerdeschrift ist zu unterschreiben. Mit der Rechtsbeschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Beschlusses vorgelegt werden.

(2) Die Rechtsbeschwerde ist, sofern die Beschwerdeschrift keine Begründung enthält, binnen einer Frist von einem Monat zu begründen. Die Frist beginnt mit der schriftlichen Bekanntgabe des angefochtenen Beschlusses. § 551 Abs. 2 Satz 5 und 6 der Zivilprozessordnung gilt entsprechend.

(3) Die Begründung der Rechtsbeschwerde muss enthalten:

1.
die Erklärung, inwieweit der Beschluss angefochten und dessen Aufhebung beantragt werde (Rechtsbeschwerdeanträge);
2.
die Angabe der Rechtsbeschwerdegründe, und zwar
a)
die bestimmte Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung ergibt;
b)
soweit die Rechtsbeschwerde darauf gestützt wird, dass das Gesetz in Bezug auf das Verfahren verletzt sei, die Bezeichnung der Tatsachen, die den Mangel ergeben.

(4) Die Rechtsbeschwerde- und die Begründungsschrift sind den anderen Beteiligten bekannt zu geben.

(1) Der Antrag auf Wiedereinsetzung ist binnen zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses zu stellen. Ist der Beteiligte verhindert, die Frist zur Begründung der Rechtsbeschwerde einzuhalten, beträgt die Frist einen Monat.

(2) Die Form des Antrags auf Wiedereinsetzung richtet sich nach den Vorschriften, die für die versäumte Verfahrenshandlung gelten.

(3) Die Tatsachen zur Begründung des Antrags sind bei der Antragstellung oder im Verfahren über den Antrag glaubhaft zu machen. Innerhalb der Antragsfrist ist die versäumte Rechtshandlung nachzuholen. Ist dies geschehen, kann die Wiedereinsetzung auch ohne Antrag gewährt werden.

(4) Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt oder ohne Antrag bewilligt werden.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

(1) Der Antrag auf Wiedereinsetzung ist binnen zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses zu stellen. Ist der Beteiligte verhindert, die Frist zur Begründung der Rechtsbeschwerde einzuhalten, beträgt die Frist einen Monat.

(2) Die Form des Antrags auf Wiedereinsetzung richtet sich nach den Vorschriften, die für die versäumte Verfahrenshandlung gelten.

(3) Die Tatsachen zur Begründung des Antrags sind bei der Antragstellung oder im Verfahren über den Antrag glaubhaft zu machen. Innerhalb der Antragsfrist ist die versäumte Rechtshandlung nachzuholen. Ist dies geschehen, kann die Wiedereinsetzung auch ohne Antrag gewährt werden.

(4) Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt oder ohne Antrag bewilligt werden.

(1) Die Wiedereinsetzung muss innerhalb einer zweiwöchigen Frist beantragt werden. Die Frist beträgt einen Monat, wenn die Partei verhindert ist, die Frist zur Begründung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Rechtsbeschwerde einzuhalten.

(2) Die Frist beginnt mit dem Tag, an dem das Hindernis behoben ist.

(3) Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 147/02
vom
9. Juli 2003
in der Familiensache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
Zur Frist, innerhalb derer eine versäumte Berufungsbegründung nach Bewilligung
von Prozeßkostenhilfe nachzuholen ist.
BGH, Beschluß vom 9. Juli 2003 - XII ZB 147/02 - OLG Zweibrücken
AG Ludwigshafen
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 9. Juli 2003 durch die Vorsitzende
Richterin Dr. Hahne, den Richter Sprick, die Richterin Weber-Monecke,
den Richter Dr. Ahlt und die Richterin Dr. Vézina

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde der Klägerin wird der Beschluß des 2. Zivilsenats des Pfälzischen Oberlandesgerichts Zweibrücken als Familiensenat vom 7. August 2002 aufgehoben. Der Klägerin wird gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung der Berufung gegen das Urteil des Amtsgerichts - Familiengericht - Ludwigshafen vom 22. Februar 2002 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt. Der beantragten Wiedereinsetzung in die Frist zur Berufungsbegründung bedarf es nicht. Beschwerdewert: 1.208

Gründe:

I.

Mit am 28. März 2002 beim Oberlandesgericht eingegangenem Schriftsatz beantragte die Klägerin, ihr Prozeßkostenhilfe für eine beabsichtigte Berufung gegen das ihr am 28. Februar 2002 zugestellte Urteil des Familiengerichts
zu gewähren. Der diesem Antrag stattgebende Beschluß wurde ihr am 14. Mai 2002 zugestellt. Mit am gleichen Tag bei Gericht eingegangenem Schriftsatz ihres zweitinstanzlichen Prozeßbevollmächtigten vom 28. Mai 2002 legte die Klägerin Berufung ein und beantragte zugleich Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsfrist. Am 27. Juni 2002 begründete sie die Berufung und beantragte zugleich vorsorglich Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist. Das Berufungsgericht lehnte die Wiedereinsetzung gegen die Versäumung der Berufungsfrist ab und verwarf die Berufung als unzulässig, weil diese nicht innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des erstinstanzlichen Urteils begründet worden und die Begründung auch nicht innerhalb der Zweiwochenfrist des § 236 Abs. 2 Satz 2 ZPO nachgeholt worden sei. Gegen diesen Beschluß richtet sich die Rechtsbeschwerde der Klägerin, mit der sie ihr Berufungsbegehren weiterverfolgt.

II.

Die wegen grundsätzlicher Bedeutung zulässige Rechtsbeschwerde (§§ 522 Abs. 1 Satz 4, 574 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 Nr. 1 ZPO) hat Erfolg. 1. Das Berufungsgericht ist der Auffassung, der armen Partei, die sowohl die Monatsfrist für die Einlegung der Berufung (§ 517 ZPO) als auch die Zwei-
monatsfrist für deren Begründung (§ 520 Abs. 2 Satz 1 ZPO) versäumt habe, könne nach Bewilligung der innerhalb der Berufungsfrist formgerecht beantragten Prozeßkostenhilfe Wiedereinsetzung nur gewährt werden, wenn sie innerhalb der Zweiwochenfrist des § 236 Abs. 2 Satz 2 ZPO nicht nur die versäumte Prozeßhandlung der Einlegung der Berufung nachgeholt, sondern diese auch begründet habe. 2. Auch wenn der Wortlaut der zitierten Vorschriften kein anderes Ergebnis zuzulassen scheint, hält diese Auffassung der rechtlichen Prüfung nicht stand. Dabei kann zunächst nicht zweifelhaft sein, daß die Klägerin durch ihre mit einem Wiedereinsetzungsgesuch verbundene Berufungsschrift, die innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung der Entscheidung über die Prozeßkostenhilfe bei Gericht eingegangen ist, hinsichtlich der Einlegung der Berufung im Sinne des § 236 Abs. 2 Satz 2 ZPO fristwahrend und auch im Übrigen ordnungsgemäß tätig geworden ist. Das Berufungsgericht hat den Antrag der Klägerin auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung der Berufung daher zu Recht als - für sich gesehen - offensichtlich begründet angesehen und ihm nur deshalb nicht stattgegeben, weil die Berufung nach seiner Ansicht aus anderen Gründen, nämlich wegen Versäumung der Berufungsbegründungsfrist , unzulässig ist. Dem kann nicht gefolgt werden.
a) Das aus dem Rechtsstaatsprinzip folgende Erfordernis eines wirkungsvollen Rechtsschutzes (vgl. Art. 19 Abs. 4 GG) gebietet es, den an einer bürgerlich-rechtlichen Streitigkeit Beteiligten die Möglichkeit zu geben, sich im
Prozeß mit tatsächlichen und rechtlichen Argumenten zu behaupten. Dazu zählt, daß die Partei grundsätzlich die Fristen ausnutzen darf, die der Gesetzgeber für das jeweilige gerichtliche Verfahren typisierend als sachlich angemessen erachtet hat (vgl. BVerfG NJW 1987, 1191). Um die verfassungsrechtlich gebotene Angleichung der Situation bemittelter und unbemittelter Rechtsmittelführer (vgl. BVerfG aaO und FamRZ 2000, 474, 475) zu gewährleisten, bedarf es daher angesichts der seit dem 1. Januar 2002 geltenden Neuregelung der Berufungsbegründungsfrist einer verfassungskonformen Auslegung des § 236 Abs. 2 Satz 2 1. Halbsatz ZPO (vgl. auch Sächsisches OVG SächsVBl. 2000, 95 zum gleichlautenden § 60 Abs. 2 Satz 3 VwGO). Dies ergibt sich aus einer vergleichenden Betrachtung der zivilprozessualen Vorschriften vor und nach der Reform sowie anderer Verfahrensordnungen :
b) Die Durchführung des Rechtsmittels der Berufung (wie auch der Revision ) vollzieht sich regelmäßig in zwei Schritten, nämlich der Einlegung des Rechtsmittels und seiner Begründung. Für diese beiden Teilakte sah und sieht das Gesetz unterschiedlich lange Fristen vor. Nach bisherigem Zivilprozeßrecht (§ 519 Abs. 2 Satz 2 ZPO a.F.) war der Lauf der Begründungsfrist einlegungsabhängig, d.h. die bislang einmonatige Begründungsfrist wurde erst durch die Einlegung des Rechtsmittels in Lauf gesetzt. Dies hatte zur Folge, daß der armen Partei, die an der rechtzeitigen Einlegung des Rechtsmittels gehindert war, nach Bewilligung von Prozeßkostenhilfe zwar nur die Zweiwochenfrist des § 236 Abs. 2 Satz 2 ZPO verblieb, um die Rechtsmitteleinlegung nachzuholen, was indes unbedenklich ist, da die Rechtsmitteleinlegung - im Gegensatz zur Begründung des Rechtsmittels - nur geringen Zeit- und Arbeitsaufwand erfordert. Sodann verblieb ihr aber die volle
vom Gesetz vorgesehene Frist von einem Monat ab Einlegung des Rechtsmit- tels, um dieses zu begründen oder eine Verlängerung der Begründungsfrist nach § 519 Abs. 2 Satz 3 ZPO a.F. zu beantragen.
c) Durch das Zivilprozeßreformgesetz ist die Rechtsmittelbegründungsfrist nunmehr in Angleichung an andere, noch zu erörternde Verfahrensordnungen unabhängig vom Zeitpunkt der Einlegung des Rechtsmittels gestaltet worden ; sie beträgt nunmehr zwei Monate und beginnt mit der Zustellung der anzufechtenden Entscheidung (§ 520 Abs. 2 Satz 1 ZPO). Das hat zur Folge, daß die arme Partei im Zeitpunkt der Entscheidung über die Prozeßkostenhilfe zumeist nicht nur die Frist zur Einlegung des Rechtsmittels versäumt haben wird, sondern - zumindest nach der Auffassung des Berufungsgerichts - auch die Frist zu seiner Begründung. Eine den Wortlaut des § 236 Abs. 2 Satz 2 ZPO strikt befolgende Handhabung dieser Vorschrift hätte daher die vom Berufungsgericht angenommene Notwendigkeit zur Folge, auch die Begründung des Rechtsmittels innerhalb von zwei Wochen nach Behebung des Hindernisses nachzuholen.
d) Eine derart einschneidende Verkürzung der Begründungsfrist, wie sie schon das Reichsgericht (RG WarnRspr. 1920 Nr. 63 S. 79 a.E.) für unbillig gehalten hat, entspricht ersichtlich nicht der Absicht der Neuregelung des Zivilprozeßrechts. Der Zwang zur Berufungsbegründung soll auch im Interesse der Entlastung der Gerichte zu einer gründlichen und sachgerechten Prüfung der Frage anhalten, ob ein Rechtsmittelverfahren durchgeführt werden soll (vgl. MünchKommZPO/Aktualisierungsband - Rimmelspacher § 520 Rdn. 2); eine Verkürzung der Begründungsfrist liefe diesem Anliegen zuwider. Die Neuregelung der Begründungsfrist sollte vielmehr die Fristberechnung vereinfachen und so die Zahl von Wiedereinsetzungsgesuchen wegen fehlerhafter Fristberechnung vermindern; im Hinblick darauf hielt der Gesetzgeber es für hinnehmbar,
daß sich im Falle frühzeitiger Berufungseinlegung im Vergleich zum bisherigen Recht eine relative Verlängerung der Begründungsfrist ergebe (vgl. Begründung des Regierungsentwurfs, BT-Drucks. 14/4722 S. 95). Daß hingegen auch eine mögliche Verkürzung bewußt in Kauf genommen werden soll, erscheint angesichts dieser Begründung ausgeschlossen. Insbesondere war mit der Neuregelung ersichtlich nicht beabsichtigt, der mittellosen Partei, die die Berufungsfrist versäumt hat, die nach bisherigem Recht bestehende Möglichkeit zu nehmen , eine Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist zu beantragen. Zudem liefe eine solche Verkürzung dem Anliegen, die Zahl von Wiedereinsetzungsgesuchen einzudämmen, erst recht zuwider. Denn sie hätte die absehbare Folge, daß die versäumte Berufungsbegründung nach der Entscheidung über die Prozeßkostenhilfe in aller Regel nicht innerhalb der Zweiwochenfrist für den Antrag auf Wiedereinsetzung nachgeholt werden kann. Die Gerichte müßten daher nicht nur über die Wiedereinsetzung der armen Partei in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsfrist befinden, sondern regelmäßig auch über einen weiteren, mit Arbeitsüberlastung des Anwalts begründeten Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist, innerhalb derer der Antrag auf Wiedereinsetzung hinsichtlich der versäumten Begründungsfrist zu stellen gewesen wäre.
e) Soweit § 236 Abs. 2 Satz 2 ZPO die Nachholung der versäumten Prozeßhandlung innerhalb der Zweiwochenfrist verlangt, konnte dies im Falle der an der rechtzeitigen Einlegung des Rechtsmittels gehinderten armen Partei nach bisherigem Recht nicht zu einer Verkürzung der ihr zu Gebote stehenden Begründungsfrist führen, weil diese erst mit der Einlegung der Berufung zu laufen begann. Da nunmehr die Versäumung der Einlegungsfrist durch die arme Partei regelmäßig mit der Versäumung der Begründungsfrist einhergehen wird und im Wiedereinsetzungsverfahren deshalb beides innerhalb der gleichen
Frist von zwei Wochen (§ 234 Abs. 1 ZPO) - ohne die Möglichkeit einer Verlängerung der Begründungsfrist - nachzuholen wäre, wäre eine strikte Handhabung dieser unverändert gebliebenen Vorschrift, die auf diese Folge der Rechtsentwicklung nicht zugeschnitten ist, somit nicht gerechtfertigt. Sie bedarf daher in Fällen, in denen eine arme Partei (oder eine Partei, die sich für bedürftig halten durfte) an der rechtzeitigen Durchführung des Rechtsmittels gehindert war, einer den verfassungsrechtlichen Vorgaben entsprechenden Korrektur (vgl. auch Wagner NJW 1987, 1184), so wie die Rechtsprechung auch bisher schon Korrekturen in der Anwendung der Vorschriften über die Wiedereinsetzung hat vornehmen müssen. So läßt sie beispielsweise die einjährige Ausschlußfrist des § 234 Abs. 3 ZPO nicht gelten, wenn das Gericht über die rechtzeitig beantragte Prozeßkostenhilfe erst nach Ablauf dieser Frist entschieden hat (vgl. BGH, Beschluß vom 12. Juni 1973 - VI ZR 121/73 - NJW 1973, 1373 unter Hinweis auf BVerfG NJW 1967, 1267 f.), und gewährt Wiedereinsetzung auch gegen die Versäumung von Fristen, die nicht zu den in § 233 ZPO bezeichneten Notfristen und Rechtsmittelfristen gehören (vgl. BVerfG aaO NJW 1967, 1267, 1268 m.N.). 3. Eine verfassungsrechtlich bedenkliche Verkürzung der Begründungsfrist auf zwei Wochen seit Behebung des in der (objektiv vorliegenden oder vermeintlichen) Mittellosigkeit der Partei liegenden Hindernisses durch die Prozeßkostenhilfeentscheidung ließe sich nach Auffassung des Senats in einer den Bedürfnissen der Praxis gerecht werdenden Weise - de lege ferenda - am besten dadurch vermeiden, daß der Partei, die rechtzeitig ein vollständiges Prozeßkostenhilfegesuch eingereicht hat und bedürftig ist oder sich dafür halten durfte, für die Begründung des Rechtsmittels - oder wahlweise die Beantragung der Verlängerung der Begründungsfrist - erneut eine mit der Zustellung der Prozeßkostenhilfeentscheidung beginnende Frist von zwei Monaten eingeräumt wird, die derjenigen entspricht, die der Gesetzgeber für das jeweilige gerichtli-
che Verfahren typisierend als sachlich angemessen erachtet hat (vgl. BVerfG aaO NJW 1987, 1191). Die Einräumung dieser erneuten Frist würde zugleich bedeuten, daß es einer Wiedereinsetzung gegen die Versäumung der - zwei Monate nach Zustellung der anzufechtenden Entscheidung abgelaufenen - Rechtsmittelbegründungsfrist nicht bedarf. Eine nicht gerechtfertigte Besserstellung der armen gegenüber der bemittelten Partei wäre damit nicht verbunden. Letztere kann sogleich nach Zustellung der in vollständiger Form abgefaßten anzufechtenden Entscheidung alles zur Durchführung des Rechtsmittels Erforderliche veranlassen, so daß ihr dann für die Begründung des Rechtsmittels ebenfalls eine Frist von zwei Monaten zur Verfügung steht. Lediglich die Zeit, die sie dazu verwendet, sich darüber schlüssig zu werden, ob sie überhaupt ein Rechtsmittel einlegen will, verringert die ihr dann noch zur Verfügung stehende Zeit für dessen Begründung, während die arme Partei diese Entscheidung mit ihrem Antrag auf Bewilligung von Prozeßkostenhilfe für die Durchführung des Rechtsmittels bereits grundsätzlich getroffen hat. Soweit darin überhaupt ein nennenswerter zeitlicher Vorteil für die arme Partei zu sehen wäre, würde dieser jedoch durch den Nachteil ausgeglichen, der darin besteht, daß sie grundsätzlich darauf verwiesen ist, ihr Rechtsmittel mit einem Antrag auf Wiedereinsetzung zu verbinden, also darauf angewiesen ist, sich eines außerordentlichen Rechtsbehelfs zu bedienen , auf den die bemittelte Partei nur ausnahmsweise zurückzugreifen braucht (vgl. BVerfG aaO NJW 1967, 1276). Auch soweit die Beschränkungen des Wiedereinsetzungsverfahrens dazu dienen sollen, Mißbrauch und Prozeßverschleppungen entgegenzuwirken, stünde dieser Gesichtspunkt der vorstehenden Lösung nicht entgegen. Die Gerichte bestimmen durch ihre Entscheidung über die Prozeßkostenhilfe selbst den Zeitpunkt, von dem an das in der Kostenarmut liegende Hindernis entfällt. Von da an ist die Gefahr weiterer Rechtsunsicherheit nicht größer als in jedem anderen Rechtsstreit. Auch das
Vertrauen der Gegenpartei wird hierdurch nicht in einer mit dem Grundsatz der Rechtssicherheit unverträglichen Weise beeinträchtigt. Da sie von dem Prozeßkostenhilfegesuch des Gegners regelmäßig in Kenntnis gesetzt und damit von dessen Absicht, die Entscheidung anzufechten, unterrichtet wird, ist es ihr billigerweise zuzumuten, sich auf die Folgen einzurichten, die sich aus der rückwirkenden Beseitigung der formellen Rechtskraft ergeben, wenn der armen Partei später - wie im Regelfall zu erwarten - Wiedereinsetzung gegen die Versäumung der Rechtsmitteleinlegungsfrist gewährt wird (vgl. BVerfG aaO NJW 1967, 1268). 4. Der mit Schreiben des Bundesministeriums der Justiz vom 29. April 2003 - R A 2 - 3010/18 - R1 246/2003 - inzwischen vorgelegte Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung der Justiz (Justizmodernisierungsgesetz - JuMoG) läßt ebenfalls erkennen, daß die geltende gesetzliche Regelung einer Änderung bedarf. Art. 1 Nr. 7 des Entwurfs sieht vor, dem § 234 Abs. 1 ZPO folgenden Satz anzufügen: "Die Frist beträgt einen Monat, wenn die Partei verhindert ist, die Frist zur Begründung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde, der Rechtsbeschwerde oder der Beschwerde nach §§ 621 e, 629 a Abs. 2 einzuhalten."
a) Ein Vorgriff auf die vorgesehene Regelung würde indessen die Benachteiligung der unbemittelten Partei nur unzureichend beseitigen und die verfassungsrechtlichen Bedenken nicht ausräumen. Denn erst ab Bewilligung der Prozeßkostenhilfe ist die unbemittelte Partei in der Lage, einen Anwalt mit ihrer Rechtsverfolgung zu beauftragen, und damit erstmals in der gleichen Situation , in der sich die bemittelte Partei nach Zustellung der anzufechtenden Entscheidung befindet. Ihr verbleibt für die Begründung ihres Rechtsmittels
nach der vorgesehenen Regelung aber nur ein Monat, während der bemittelten Partei nicht nur zwei Monate zur Verfügung stehen, sondern auch die Möglichkeit , fristwahrend Verlängerung der Begründungsfrist zu beantragen.
b) Dieses Ergebnis entspräche im übrigen nur im Ansatz den Lösungen, die andere oberste Bundesgerichte für ihre jeweiligen Verfahrensordnungen, in denen das Problem ebenfalls besteht, bereits vorgezeichnet haben. Die Regelung , daß die Frist zur Begründung eines Rechtsmittels (oder des Rechtsbehelfs der Nichtzulassungsbeschwerde) unabhängig von dessen Einlegung in Lauf gesetzt wird, findet sich auch in anderen, älteren Verfahrensordnungen, die dem § 236 Abs. 2 Satz 2 ZPO entsprechende Regelungen über die Wiedereinsetzung enthalten (vgl. § 60 Abs. 2 Satz 3 VwGO in der ab 1. Januar 1991 geltenden Fassung, § 67 Abs. 2 Satz 3 SGG in der ab 1. Januar 1975 geltenden Fassung, § 56 Abs. 2 Satz 3 FGO in der seit 1. Januar 2001 geltenden Fassung, § 45 Abs. 2 Satz 2 StPO in der seit 1. April 1987 geltenden Fassung). Insoweit macht es, auch wenn der Ablauf der Frist dadurch um wenige Tage variieren kann, sachlich keinen grundlegenden Unterschied, ob die Begründungsfrist unmittelbar an das Datum der Zustellung der anzufechtenden Entscheidung anknüpft (vgl. § 133 Abs. 3 Satz 1 VwGO in der ab 1. Januar 1991 geltenden Fassung: Nichtzulassungsbeschwerde; § 139 Abs. 3 Satz 1 VwGO in der ab 1. Januar 1991 geltenden Fassung: Revision; § 160 a Abs. 2 Satz 1 SGG in der seit 1. Januar 1975 geltenden Fassung: Nichtzulassungsbeschwerde ; § 66 Abs. 1 Satz 1 und 2 ArbGG in der ab 1. Januar 2002 geltenden Fassung : Berufung; § 72 a ArbGG in der ab 1. Juli 1979 geltenden Fassung: Nichtzulassungsbeschwerde ) oder aber so definiert wird, daß sie mit Ablauf der Einlegungsfrist beginnt, die ihrerseits mit der Zustellung der anzufechtenden Entscheidung beginnt (vgl. § 317 StPO: Berufung in Strafsachen; § 345 Abs. 1 Satz 1 StPO: Revision in Strafsachen).
Trotz des teilweise identischen Wortlauts der jeweils einschlägigen prozessualen Vorschriften ist die Frage, wann die Rechtsmittelbegründungsfrist zu laufen beginnt, wenn Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Einlegungsfrist beantragt wird, von den obersten Bundesgerichten unterschiedlich beantwortet worden (vgl. BFH BB 1995, 32, 33 m.N.; BFH NJW 2003, 1550, 1551). Für den Fall, daß dem armen Rechtsmittelführer nach der Entscheidung über die Gewährung von Prozeßkostenhilfe Wiedereinsetzung gegen die Versäumung der Rechtsmitteleinlegungsfrist gewährt worden ist, sieht die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zur Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde nach § 160 a Abs. 2 Satz 1 SGG (vgl. BSG SozR 1500 § 67 SGG Nr. 13 und § 164 SGG Nr. 9), des Bundesverwaltungsgerichts zur Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde nach § 133 Abs. 3 Satz 1 VwGO (vgl. BVerwG NJW 1992, 2307) und zur Begründung der Revision (Buchholz 310 § 139 VwGO Nr. 84), des Bundesarbeitsgerichts zur Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde nach § 72 a Abs. 3 ArbGG (NJW 1984, 941) sowie des 2. Strafsenats zur Begründung der Rechtsbeschwerde nach § 345 Abs. 1 StPO (BGHSt 30, 335, 338) und zur Begründung der Revision (BGH, Beschluß vom 25. Oktober 1989 - 2 StR 459/89 - BGHR StPO § 345 Abs. 1 Fristbeginn 3), vor, daß dem im Prozeßkostenhilfeverfahren erfolgreichen Rechtsmittelführer zur Begründung seines Rechtsmittels nach Zustellung der Entscheidung
über die Wiedereinsetzung in die Einlegungsfrist zumindest die Frist verbleiben muß, um die die im Gesetz vorgesehene Begründungsfrist die Einlegungsfrist überschreitet, nämlich ein Monat.
c) Gegen diese Lösung, die Begründungsfrist erst mit der Zustellung der Wiedereinsetzungsentscheidung und nicht schon der Entscheidung über die Prozeßkostenhilfe beginnen zu lassen, spricht nach Auffassung des Senats, daß sie in Fällen, in denen nach der Prozeßkostenhilfeentscheidung umgehend Wiedereinsetzung gegen die Versäumung der Einlegungsfrist gewährt wird, für die arme Partei im Ergebnis zu einer Verkürzung der vom Gesetz vorgesehenen Begründungsfrist von zwei Monaten führen kann, und umgekehrt, daß sie in Fällen, in denen das Gericht erst sehr viel später über den Wiedereinsetzungsantrag entscheidet, den Beginn der (einmonatigen) Begründungsfrist in nicht gerechtfertigter Weise zu ihren Gunsten hinausschieben würde. Denn die arme Partei, der auf ihren rechtzeitigen und vollständigen Antrag hin Prozeßkostenhilfe bewilligt worden ist, kann sich von diesem Zeitpunkt an der zu gewährenden Wiedereinsetzung gegen die Versäumung der Einlegungsfrist gewiß sein, sofern sie nur innerhalb der Frist des § 234 Abs. 1 ZPO Wiedereinsetzung beantragt und die Einlegung des Rechtsmittels nachholt. Gleiches gilt für die Partei, der Prozeßkostenhilfe versagt worden ist, die sich aber für bedürftig halten durfte. Die Zeit bis zur Wiedereinsetzungsentscheidung stünde ihr daher zusätzlich zu der sich daran anschließenden Monatsfrist zur Begründung des Rechtsmittels zur Verfügung; für diesen Vorteil im Vergleich zu einer bemittelten Partei ist eine sachliche Rechtfertigung nicht ersichtlich. 5. Das Bundesverwaltungsgericht (DVBl. 2002, 1050) hat lediglich für den Sonderfall, daß das Berufungsgericht von einer gesonderten Wiedereinsetzung in die Einlegungsfrist abgesehen hat, die zweimonatige Begründungsfrist des § 133 Abs. 3 Satz 1 VwGO (deren Lauf ebenso geregelt ist wie der Lauf der
Berufungsbegründungsfrist in § 520 Abs. 2 Satz 1 ZPO) mit Zustellung der Entscheidung über die Prozeßkostenhilfe erneut beginnen lassen und ist damit für diesen Fall ebenfalls zu dem vom erkennenden Senat für angemessen gehaltenen Ergebnis gelangt. Allerdings erscheint die Beschränkung auf Fälle des Absehens von einer gesonderten Wiedereinsetzung bedenklich. Da die Partei nicht voraussehen kann, ob und gegebenenfalls wann das Gericht eine gesonderte Entscheidung über die beantragte Wiedereinsetzung treffen wird, bliebe sie im Ungewissen, ob die zweimonatige Begründungsfrist mit der Entscheidung über die Prozeßkostenhilfe zu laufen begonnen hat, oder ob demnächst an deren Stelle eine mit der Wiedereinsetzungsentscheidung beginnende einmonatige Frist treten wird. Dies liefe dem ursprünglichen Anliegen des ZPO-Reformgesetzes zuwider, die Berechnung von Rechtsmittelbegründungsfristen zu vereinfachen und Irrtümer zu vermeiden. Zugleich läßt diese Lösung die vom Bundesverfassungsgericht geforderte Rechtsmittelklarheit (vgl. BVerfG ZIP 2003, 1102, 1109) vermissen. 6. Im vorliegenden Fall bedarf es indes keiner abschließenden Entscheidung , ob bis zu einer Neuregelung des § 234 Abs. 1 ZPO den Erwägungen des Senats (oben zu 3), der Rechtsprechung anderer Bundesgerichte (oben zu 4 b) oder für den hier vorliegenden Sonderfall der Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts (oben zu 5) zu folgen ist. Nach allen drei Auffassungen hat die Klägerin nämlich durch ihre am 27. Juni 2002 eingegangene Berufungsbegründung die Begründungsfrist gewahrt : nach der Auffassung des Senats - und im Ergebnis ebenso nach der Entscheidung BVerwG DVBl. 2002, 1050 -, weil die zweimonatige Begründungsfrist erst mit der Zustellung der Prozeßkostenhilfebewilligung am 14. Mai 2002 zu laufen begann, und desgleichen nach der oben zu 4 zitierten Recht-
sprechung, derzufolge eine einmonatige Begründungsfrist erst mit der Zustellung der vorliegenden Entscheidung des Senats beginnt, die der Klägerin Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung der Berufung gewährt. Da die Klägerin die Frist zur Begründung ihrer Berufung somit nicht versäumt hat und es der von ihr vorsorglich auch insoweit beantragten Wiedereinsetzung nicht bedarf, war die angefochtene, die Berufung verwerfende Entscheidung des Oberlandesgerichts aufzuheben.
Hahne Sprick Weber-Monecke Ahlt Vézina

(1) Der Antrag auf Wiedereinsetzung ist binnen zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses zu stellen. Ist der Beteiligte verhindert, die Frist zur Begründung der Rechtsbeschwerde einzuhalten, beträgt die Frist einen Monat.

(2) Die Form des Antrags auf Wiedereinsetzung richtet sich nach den Vorschriften, die für die versäumte Verfahrenshandlung gelten.

(3) Die Tatsachen zur Begründung des Antrags sind bei der Antragstellung oder im Verfahren über den Antrag glaubhaft zu machen. Innerhalb der Antragsfrist ist die versäumte Rechtshandlung nachzuholen. Ist dies geschehen, kann die Wiedereinsetzung auch ohne Antrag gewährt werden.

(4) Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt oder ohne Antrag bewilligt werden.

(1) Wenn jemand ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Frist einzuhalten, so ist ihm auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren.

(2) Der Antrag ist binnen zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses zu stellen; bei Versäumung der Frist zur Begründung der Berufung, des Antrags auf Zulassung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Beschwerde beträgt die Frist einen Monat. Die Tatsachen zur Begründung des Antrags sind bei der Antragstellung oder im Verfahren über den Antrag glaubhaft zu machen. Innerhalb der Antragsfrist ist die versäumte Rechtshandlung nachzuholen. Ist dies geschehen, so kann die Wiedereinsetzung auch ohne Antrag gewährt werden.

(3) Nach einem Jahr seit dem Ende der versäumten Frist ist der Antrag unzulässig, außer wenn der Antrag vor Ablauf der Jahresfrist infolge höherer Gewalt unmöglich war.

(4) Über den Wiedereinsetzungsantrag entscheidet das Gericht, das über die versäumte Rechtshandlung zu befinden hat.

(5) Die Wiedereinsetzung ist unanfechtbar.

(1) Die Wiedereinsetzung muss innerhalb einer zweiwöchigen Frist beantragt werden. Die Frist beträgt einen Monat, wenn die Partei verhindert ist, die Frist zur Begründung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Rechtsbeschwerde einzuhalten.

(2) Die Frist beginnt mit dem Tag, an dem das Hindernis behoben ist.

(3) Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden.

(1) Der Antrag auf Wiedereinsetzung ist binnen zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses zu stellen. Ist der Beteiligte verhindert, die Frist zur Begründung der Rechtsbeschwerde einzuhalten, beträgt die Frist einen Monat.

(2) Die Form des Antrags auf Wiedereinsetzung richtet sich nach den Vorschriften, die für die versäumte Verfahrenshandlung gelten.

(3) Die Tatsachen zur Begründung des Antrags sind bei der Antragstellung oder im Verfahren über den Antrag glaubhaft zu machen. Innerhalb der Antragsfrist ist die versäumte Rechtshandlung nachzuholen. Ist dies geschehen, kann die Wiedereinsetzung auch ohne Antrag gewährt werden.

(4) Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt oder ohne Antrag bewilligt werden.

(1) Die Rechtsbeschwerde ist binnen einer Frist von einem Monat nach der schriftlichen Bekanntgabe des Beschlusses durch Einreichen einer Beschwerdeschrift bei dem Rechtsbeschwerdegericht einzulegen. Die Rechtsbeschwerdeschrift muss enthalten:

1.
die Bezeichnung des Beschlusses, gegen den die Rechtsbeschwerde gerichtet wird, und
2.
die Erklärung, dass gegen diesen Beschluss Rechtsbeschwerde eingelegt werde.
Die Rechtsbeschwerdeschrift ist zu unterschreiben. Mit der Rechtsbeschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Beschlusses vorgelegt werden.

(2) Die Rechtsbeschwerde ist, sofern die Beschwerdeschrift keine Begründung enthält, binnen einer Frist von einem Monat zu begründen. Die Frist beginnt mit der schriftlichen Bekanntgabe des angefochtenen Beschlusses. § 551 Abs. 2 Satz 5 und 6 der Zivilprozessordnung gilt entsprechend.

(3) Die Begründung der Rechtsbeschwerde muss enthalten:

1.
die Erklärung, inwieweit der Beschluss angefochten und dessen Aufhebung beantragt werde (Rechtsbeschwerdeanträge);
2.
die Angabe der Rechtsbeschwerdegründe, und zwar
a)
die bestimmte Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung ergibt;
b)
soweit die Rechtsbeschwerde darauf gestützt wird, dass das Gesetz in Bezug auf das Verfahren verletzt sei, die Bezeichnung der Tatsachen, die den Mangel ergeben.

(4) Die Rechtsbeschwerde- und die Begründungsschrift sind den anderen Beteiligten bekannt zu geben.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 12/11
vom
7. September 2011
in der Familiensache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja

a) Das minderjährige Kind ist im Verfahren zur Übertragung der elterlichen Sorge
vom Familiengericht hinzuzuziehen und somit formeller Verfahrensbeteiligter
("Muss-Beteiligter"). Ist das Kind nicht selbst verfahrensfähig und bedarf
es im Verfahren daher der gesetzlichen Vertretung, so ist diese grundsätzlich
von den sorgeberechtigten Eltern ungeachtet ihrer eigenen Verfahrensbeteiligung
wahrzunehmen.

b) Auch im Fall eines erheblichen Interessengegensatzes zwischen Eltern und
Kind darf den Eltern die Vertretungsbefugnis im Zusammenhang mit einem
Kindschaftsverfahren dann nicht entzogen werden, wenn bereits durch die
Bestellung eines Verfahrensbeistands für eine wirksame Interessenvertretung
des Kindes Sorge getragen werden kann. Dass der Verfahrensbeistand
nicht gesetzlicher Vertreter des Kindes ist, steht dem nicht entgegen.
BGH, Beschluss vom 7. September 2011 - XII ZB 12/11 - OLG Oldenburg
AG Leer (Ostfriesland)
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 7. September 2011 durch die
Vorsitzende Richterin Dr. Hahne und die Richter Dose, Dr. Klinkhammer,
Dr. Günter und Dr. Nedden-Boeger

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde der Mutter wird der Beschluss des 14. Zivilsenats - 5. Senat für Familiensachen - des Oberlandesgerichts Oldenburg vom 28. Oktober 2010 abgeändert. Auf die Beschwerde der Mutter wird der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Leer vom 1. Juni 2010 aufgehoben. Gerichtskosten werden nicht erhoben. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. Wert: 900 €

Gründe:

I.

1
Das Verfahren betrifft die Bestellung eines Ergänzungspflegers für das im Mai 2006 geborene Kind M.C. der Beteiligten zu 1 (Mutter) und 2 (Vater). Die nicht miteinander verheirateten Eltern sind aufgrund von Sorgeerklärungen gemeinsam Inhaber der elterlichen Sorge. Die Eltern trennten sich Anfang 2007. Im Mai 2008 wechselte das Kind mit Zustimmung der Mutter in den Haushalt des Vaters. Die Mutter erstrebt in einem weiteren Verfahren (im Folgenden: Kindschaftsverfahren) den Wechsel des Kindes in ihre Obhut und beantragt die Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts auf sich. Auf eine entspre- chende Bitte der im Kindschaftsverfahren zuständigen Richterin hat die Rechtspflegerin des Familiengerichts eine Ergänzungspflegschaft für das Kindschaftsverfahren angeordnet und das Kreisjugendamt zum Ergänzungspfleger bestellt.
2
Die dagegen gerichtete Beschwerde der Mutter hat das Oberlandesgericht zurückgewiesen. Mit ihrer - vom Oberlandesgericht zugelassenen - Rechtsbeschwerde verfolgt die Mutter die Aufhebung der Ergänzungspflegschaft weiter.

II.

3
Die Rechtsbeschwerde hat Erfolg.
4
1. Die Rechtsbeschwerde ist nach § 70 Abs. 1 FamFG statthaft und auch sonst zulässig. Die Mutter ist nach § 59 FamFG beschwerdebefugt, weil die Anordnung der Ergänzungspflegschaft einen Eingriff in das ihr zustehende Sorgerecht darstellt (vgl. Staudinger/Peschel-Gutzeit BGB [2007] § 1629 Rn. 304 mwN).
5
2. Nach der Auffassung des Oberlandesgerichts, dessen Entscheidung unter anderem in FPR 2011, 342 veröffentlicht ist, muss das minderjährige Kind aufgrund seiner sich aus § 7 Abs. 2 Nr. 1 FamFG ergebenden formellen Beteiligtenstellung nach § 9 Abs. 2 FamFG im Verfahren gesetzlich vertreten werden. Dass das Kind zu beteiligen sei, ergebe sich aus seiner Rechtsbetroffenheit und der daraus folgenden festen Rechtsposition als Verfahrenssubjekt. Damit seien zunächst die Eltern bzw. ein allein sorgeberechtigter Elternteil zur gesetzlichen Vertretung berufen. Bestehe allerdings zwischen den Eltern oder im Eltern-Kind-Verhältnis ein erheblicher Interessengegensatz, könne die Vertretungsbefugnis nach §§ 1629 Abs. 2 Satz 3, 1796 BGB zu entziehen sein.
Von einem derartigen Interessengegensatz sei bereits dann auszugehen, wenn die konkrete Gefahr bestehe, der gesetzliche Vertreter werde im Konfliktfall das Kindeswohl nicht mit der gebotenen Zielstrebigkeit verfolgen. Das Familiengericht habe festzustellen, welche Maßnahmen der Vertretungsbefugte in der betreffenden Angelegenheit plane. Stritten Eltern im Kindschaftsverfahren um das Sorgerecht, offenbare dieser Streit nicht immer und ausnahmslos einen erheblichen Interessengegensatz. Wenn aber um den Aufenthalt des Kindes gestritten werde und die Wohnorte der Eltern weit voneinander entfernt seien, könnten sich die für das Wohl des Kindes bedeutsamen Umstände vom Interesse eines Elternteils, zukünftig gemeinsam mit dem Kind in einem völlig neuen Umfeld einen eigenständigen Lebensmittelpunkt zu begründen, erheblich unterscheiden. Soweit die Eltern das Kind im Kindschaftsverfahren gleichwohl gesetzlich vertreten würden, bestehe die konkrete Gefahr eines erheblichen Interessengegensatzes. Dieser könne nur durch die Entziehung der gesetzlichen Vertretungsbefugnis und die Bestellung eines Ergänzungspflegers vermieden werden.
6
Soweit die Auffassung vertreten werde, dass in Kindschaftsverfahren zur Wahrnehmung der Kindesinteressen generell die Bestellung eines Verfahrensbeistands ausreiche, bleibe unberücksichtigt, dass dieser als gesetzlicher Vertreter des Kindes ausgeschlossen sei. Wenn auch der Gesetzgeber nach dem Grundsatz des geringstmöglichen Eingriffs die Bestellung eines Verfahrensbeistands für den Regelfall als ausreichend gesehen habe, vermöge dieses Konstrukt die Notwendigkeit der gesetzlichen Vertretung des mit Inkrafttreten des FamFG formell am Verfahren beteiligten Kindes nicht zu ersetzen. Der vorübergehende und nur auf die Dauer des Kindschaftsverfahrens beschränkte Eingriff in die grundgesetzlich geschützte elterliche Sorge sei hinzunehmen, weil nur dadurch einem anderen verfassungsrechtlich geschützten Rechtsgut, nämlich der Gewährung von formellen Beteiligungsrechten des Kindes in der Ausformung des rechtlichen Gehörs, effektiv Geltung verschafft werden könne. Dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit sei durch eine pflichtgemäße Prüfung des erheblichen Interessengegensatzes zwischen Eltern und Kind Rechnung zu tragen.
7
3. Dies hält einer rechtlichen Überprüfung nicht stand.
8
Zutreffend ist der rechtliche Ausgangspunkt des Oberlandesgerichts, dass das betroffene Kind im Unterschied zu der bis August 2009 bestehenden Rechtslage am Kindschaftsverfahren immer formell beteiligt ist (missverständlich Bassenge/Roth/Wagner FamFG 12. Aufl. § 158 Rn. 19) und es, weil es nicht verfahrensfähig ist, zur Wahrung seiner (Verfahrens-)Rechte eines gesetzlichen Vertreters bedarf. Nach § 7 Abs. 2 Nr. 1 FamFG sind vom Familiengericht diejenigen als Beteiligte hinzuzuziehen, deren Recht durch das Verfahren unmittelbar betroffen wird. Das ist bei dem vom Sorgeverfahren betroffenen Kind der Fall, weil das Verfahren zu einer Änderung des zwischen Eltern und Kind bestehenden Sorgeverhältnisses führen kann (aA bezüglich der Beschwerdebefugnis OLG Düsseldorf FamRZ 2011, 1081). Gemäß § 9 Abs. 1 FamFG sind die nach bürgerlichem Recht beschränkt Geschäftsfähigen nur ausnahmsweise verfahrensfähig, wenn sie als geschäftsfähig anerkannt sind (Nr. 2) oder soweit sie das 14. Lebensjahr vollendet haben und sie in einem Verfahren, das ihre Person betrifft, ein ihnen nach bürgerlichem Recht zustehendes Recht geltend machen (Nr. 3). Ist das Kind in diesem Sinne nicht verfahrensfähig, so handeln für dieses gemäß § 9 Abs. 2 FamFG die nach bürgerlichem Recht dazu befugten Personen, mithin im Regelfall seine sorgeberechtigten Eltern in gemeinschaftlicher Vertretung (§ 1629 Abs. 1 Satz 1, 2 BGB).
9
Gemäß § 1629 Abs. 2 Satz 3 1. Halbs. BGB kann das Familiengericht dem Vater und der Mutter nach § 1796 BGB - wie einem Vormund - die Vertre- tung entziehen. Nach § 1796 Abs. 1 BGB kann das Familiengericht dem Vormund die Vertretung für einzelne Angelegenheiten oder für einen bestimmten Kreis von Angelegenheiten entziehen. Die Entziehung soll nach § 1796 Abs. 2 BGB nur erfolgen, wenn das Interesse des Mündels zu dem Interesse des Vormunds in erheblichem Gegensatz steht.
10
a) Nach der Auffassung des Oberlandesgerichts ist ein solcher Interessengegensatz gegeben, weil um den Aufenthalt des Kindes gestritten werde, die Wohnorte der Eltern weit voneinander entfernt seien und sich die für das Wohl des Kindes bedeutsamen Umstände vom Interesse eines Elternteils, zukünftig gemeinsam mit dem Kind in einem völlig neuen Umfeld einen eigenständigen Lebensmittelpunkt zu begründen, erheblich unterscheiden könnten.
11
Das ist als tatrichterliche Feststellung nicht zu beanstanden. Die Beurteilung entspricht insbesondere dem Grundgedanken der verfassungsrechtlich begründeten Notwendigkeit einer eigenständigen Interessenvertretung für das Kind, wenn die Eltern über einen Aufenthaltswechsel des Kindes streiten (BVerfG FamRZ 1999, 85, 87). Dementsprechend sieht das Gesetz in § 158 Abs. 2 Nr. 3 FamFG in der Regel die Notwendigkeit einer gesonderten Interessenvertretung für das Kind vor, wenn im betreffenden Verfahren eine Änderung des bestehenden Obhutsverhältnisses in Rede steht. Eine solche Lage ist im vorliegenden Fall gegeben, denn die Mutter erstrebt mit ihrem Antrag einen Wechsel des Kindes in ihre Obhut. Demnach lagen im vorliegenden Fall nicht nur die Voraussetzungen für die Bestellung eines Verfahrensbeistands für das Kind vor, sondern im Ausgangspunkt auch die - übereinstimmenden - Voraussetzungen für eine Entziehung der elterlichen Vertretungsbefugnis nach §§ 1629 Abs. 2 Satz 3 1. Halbs., 1796 BGB.
12
b) Das Oberlandesgericht hat bei der Anordnung der Ergänzungspflegschaft die Interessenvertretung durch einen Verfahrensbeistand nicht als gleichwertige Maßnahme angesehen, weil das "Konstrukt" der Bestellung eines Verfahrensbeistands die Notwendigkeit der gesetzlichen Vertretung des mit Inkrafttreten des FamFG formell am Verfahren beteiligten Kindes nicht zu ersetzen vermöge.
13
Dem kann nicht beigetreten werden.
14
aa) Das Verhältnis von Verfahrensbeistandschaft undErgänzungspflegschaft nach Entziehung der elterlichen Vertretungsbefugnis ist allerdings umstritten.
15
Die Auffassung des Oberlandesgerichts, die dieses bereits in einer früheren Entscheidung vertreten hat (FamRZ 2010, 660), teilen eine weitere Entscheidung des OLG Oldenburg (11. Zivilsenat, Beschluss vom 8. Februar 2011 - 11 UF 195/10) sowie Stimmen in der Literatur (Schürmann FamFR 2009, 153; Götz NJW 2010, 897, 898;Hoffmann DIJuF-Rechtsgutachten vom 28. Oktober 2009 - www.dijuf.de - S. 3 ff.; Bork/Jacoby/Schwab/Zorn FamFG § 158 Rn. 21; Thomas/Putzo/Hüßtege ZPO 32. Aufl. § 158 FamFG Rn. 6; offenbar auch Bassenge/Roth/Wagner FamFG 12. Aufl. § 158 Rn. 19). Die vom Oberlandesgericht als seiner Auffassung zustimmend aufgeführte Rechtsprechung ist allerdings für Verfahren nach § 1671 BGB bereits nicht einschlägig. Denn die genannten Entscheidungen betrafen durchweg andere Fallkonstellationen (so zutreffend Salgo FPR 2011, 314, 315 mwN). Die Entscheidung des Kammergerichts Berlin (KG FamRZ 2010, 1171; ebenso OLG Celle Rpfleger 2011, 436) hatte mit der Erbausschlagung und der Zustellung der gerichtlichen Genehmigung ausschließlich eine Vermögensangelegenheit zum Gegenstand (zutreffend KG FamRZ 2010, 1171, 1172), ebenso eine Entscheidung des OLG Köln (FamRZ 2011, 231 [LS]). Diese Entscheidungen betrafen zudem - wie auch die weiter angeführte Entscheidung des OLG Dresden (FamRZ 2010, 1995 - Geltendmachung von Kindesunterhalt gegen den sorgeberechtigten Vater) - Fallgestaltungen, in denen die dem Verfahrensbeistand verschlossene gesetzliche Vertretung als konkrete Form der Interessenwahrung für das Kind erforderlich war.
16
Überwiegend ist die Ansicht des Oberlandesgerichts auf Ablehnung gestoßen. Die Bestellung eines Verfahrensbeistands sei als milderes Mittel zu betrachten , das eine Entziehung der elterlichen Vertretungsbefugnis und die Anordnung einer Ergänzungspflegschaft entbehrlich mache (OLG Stuttgart FamRZ 2010, 1166; OLG Koblenz NJW 2011, 236; OLG Naumburg Beschluss vom 16. November 2010 - 3 UF 178/10; Schael FamRZ 2009, 265, 269; Keuter NJW 2010, 1851, 1852 f.; Schmid FPR 2011, 5, 7; Empfehlungen des Arbeitskreises 11 des 18. Deutschen Familiengerichtstages Nr. 4 Brühler Schriften zum Familienrecht Bd. 16 S. 118 f.; ausführlich Salgo FPR 2011, 314 mwN).
17
bb) Der überwiegenden Auffassung ist der Vorzug zu geben.
18
Das Vorliegen eines erheblichen Interessengegensatzes zwischen Kind und Eltern führt nicht notwendigerweise zur Entziehung der elterlichen Vertretungsbefugnis. Da es sich bei der Entziehung der Vertretungsbefugnis um einen Eingriff in das Elternrecht handelt, ist vielmehr der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu beachten (vgl. MünchKommBGB/Huber 5. Aufl. § 1629 Rn. 63 mN). Daher hat das Gericht vor Entziehung der Vertretungsbefugnis in jedem Fall zu prüfen, ob dem Interessengegensatz nicht auf andere Weise Rechnung getragen werden kann. Wenn mildere Maßnahmen möglich sind, um dem Interessenkonflikt wirksam zu begegnen, ist die Entziehung der Vertretungsbefugnis übermäßig und daher rechtswidrig.
19
Davon ist im Ansatz auch das Oberlandesgericht ausgegangen. Es hat allerdings die Bestellung des Verfahrensbeistands nicht als gleich wirksame Maßnahme angesehen. Damit hat es die vom Gesetzgeber im Zuge der FGGReform getroffenen Wertungen und die darauf beruhende Gesetzessystematik nicht hinreichend beachtet.
20
cc) Die Wahrnehmung der Kindesinteressen in einem auf die Person bezogenen Kindschaftsverfahren ist originäre Aufgabe des Verfahrensbeistands. Aufgrund der vorausgegangenen Fachdiskussion um die Subjektstellung des Kindes in Kindschaftsverfahren und die Gewährleistung einer verlässlichen Vertretung seiner - auch subjektiven - Interessen (vgl. BVerfG FamRZ 1999, 85, 87; BT-Drucks. 13/4899 S. 48; Salgo Der Anwalt des Kindes 1993 S. 236 ff. sowie Limbach Der Anwalt des Kindes aus juristischer Sicht Protokolldienst der Evangelischen Akademie Bad Boll 14/1983 S. 12 ff.) ist im Zuge der Kindschaftsrechtsreform von 1997 (KindRG vom 16. Dezember 1997 BGBl. I S. 2942) speziell für bestehende Interessenkollisionen zwischen Eltern und Kind das Institut des Verfahrenspflegers in Kindschaftsverfahren ("Anwalt des Kindes") eingeführt worden (näher Salgo FPR 2011, 314, 315). Den verfassungsrechtlichen Anforderungen an eine wirksame Vertretung der Kindesinteressen in Kindschaftsverfahren hat der Gesetzgeber durch dieses Institut (nunmehr Verfahrensbeistand) Genüge getan (BVerfG FamRZ 2004, 86).
21
dd) Auch wenn ursprünglich - unter anderem - die fehlende formelle Beteiligung des Kindes ein Beweggrund für die Einführung des Verfahrenspflegers war (BT-Drucks. 13/4899 S. 129), führt die Einbeziehung minderjähriger Kinder in den Kreis der notwendigerweise am Kindschaftsverfahren zu Beteiligenden ("Muss-Beteiligte") nicht dazu, dass nunmehr das Institut des Verfahrensbeistands als Interessenvertreter ("Anwalt") des Kindes etwa durch den Ergänzungspfleger abgelöst werden sollte. Dass dies nicht in der Absicht des Ge- setzgebers im Rahmen der FGG-Reform lag, wird dadurch verdeutlicht, dass er dem Verfahrensbeistand besondere Aufmerksamkeit gewidmet und dessen Stellung aufgrund der seit seiner Einführung im Jahr 1998 gewonnenen Praxiserfahrungen näher ausgeformt hat. Hierbei hat der Gesetzgeber unter anderem unterstrichen, dass die Bestellung des Verfahrensbeistands nicht im Ermessen des Familiengerichts steht, sondern zwingend zu erfolgen hat (§ 158 Abs. 1 FamFG). Ferner sind die Aufgaben des Verfahrensbeistands, insbesondere Aufklärungspflicht und Interessenvertretung einschließlich der adäquaten Information des Kindes, näher konkretisiert worden. Und schließlich stellt das Gesetz nunmehr klar, dass der Verfahrensbeistand nicht gesetzlicher Vertreter des Kindes ist (§ 158 Abs. 4 Satz 6 FamFG) und dass seine Bestellung nicht selbständig anfechtbar ist (§ 158 Abs. 3 Satz 4 FamFG).
22
Dass der Verfahrensbeistand nicht gesetzlicher Vertreter des Kindes ist und sein Handlungsspielraum insoweit gegenüber dem des Ergänzungspflegers begrenzt ist, begründet entgegen der Auffassung des Oberlandesgerichts nicht die Notwendigkeit, die elterliche Vertretungsbefugnis zu entziehen. Gerade die der Regelung in § 158 Abs. 4 Satz 6 FamFG zugrunde liegenden Erwägungen zeigen vielmehr, dass es nach den Vorstellungen des Gesetzgebers mit der Bestellung des Verfahrensbeistands als Interessenvertreter des Kindes selbst bei Interessenkonflikten regelmäßig auch bewenden soll.
23
Dass dem Verfahrensbeistand nicht die Befugnis zur gesetzlichen Vertretung zugedacht ist, beruht auf der gesetzgeberischen Zielsetzung, den Eingriff in das Elternrecht möglichst gering zu halten (BT-Drucks. 16/6308 S. 240). Die gesetzliche Regelung beruht daher auf der Annahme, dass die dem Verfahrensbeistand verliehenen Befugnisse zur effizienten Wahrung der Kindesinteressen ausreichend sind und gleichzeitig in die Befugnisse der Eltern nicht weiter eingegriffen werden soll, als es zur Erreichung dieses Ziels notwendig ist.
Dem würde es widersprechen, wenn durch die tatbestandlich unter denselben Voraussetzungen stehende und demselben Zweck dienende Entziehung der Vertretungsbefugnis gleichwohl noch weitergehend in das Elternrecht eingegriffen würde.
24
Auch mit dem Ausschluss der selbständigen Anfechtbarkeit (§ 158 Abs. 3 Satz 4 FamFG) hat der Gesetzgeber konkrete sachliche Wertungen verbunden. Dieser dient dem ausdrücklich genannten Zweck, Verfahrensverzögerungen zu verhindern (BT-Drucks. 16/6308 S. 239). Auch diesem Ziel würde es aber zuwiderlaufen, wenn entweder neben oder anstatt der Bestellung eines Verfahrensbeistands die elterliche Vertretungsbefugnis zu entziehen wäre. Dann wäre ein gesondertes Verfahren erforderlich, welches rechtsmittelbewehrt wäre und die gesetzliche Vertretung im Kindschaftsverfahren in der Schwebe ließe. Der Gesetzgeber hat indessen im Gegenteil der Verfahrensbeschleunigung (vgl. § 155 FamFG) den Vorzug gegeben, was entwertet würde, wenn zugleich regelmäßig die elterliche Vertretungsbefugnis zu entziehen wäre (zutreffend Schmid FPR 2011, 5, 7).
25
Dass in Fällen des wesentlichen Interessengegensatzes von Eltern und Kind stets eine Entziehung der Vertretungsbefugnis angezeigt wäre, kann demnach nicht als Wille des Gesetzgebers unterstellt werden, schon weil er sich damit zu seiner abgewogenen eigenen Entscheidung zur Reichweite der Interessenvertretung des Kindes im Verhältnis zum Elternrecht und zur Vermeidung von Verfahrensverzögerungen in Widerspruch gesetzt hätte. Die Auffassung, dass sowohl die Verzögerung (so OLG Oldenburg Beschluss vom 8. Februar 2011 - 11 UF 195/10) als auch der stärkere Eingriff in das Elternrecht hinnehmbar seien, steht demnach zu der Absicht des Gesetzgebers im direkten Gegensatz.
26
Die vom Oberlandesgericht herangezogene Gesetzesbegründung zur Bestimmung des Beteiligtenbegriffs (BT-Drucks. 16/6308 S. 165) widerspricht dem nicht. Sie bringt den Grundgedanken zum Ausdruck, dass durch die formelle Beteiligung der Grundsatz des rechtlichen Gehörs effektiv gewahrt werden soll. Die zitierte Gesetzesbegründung verhält sich aber schon nicht zu der Frage, wer zur gesetzlichen Vertretung des Kindes berufen ist, und kann daher nicht dafür angeführt werden, dass das Kind in Konfliktfällen stets durch einen Ergänzungspfleger vertreten werden müsse. Dass an anderer Stelle der Gesetzesbegründung im Fall eines bereits zuvor bestellten Ergänzungspflegers erwähnt ist, dass dieser die Bestellung eines Verfahrensbeistands entbehrlich mache (BT-Drucks. 16/6308 S. 238 r. Sp.), steht dem ebenfalls nicht entgegen. Wenn etwa die gesetzliche Vertretung als Handlungsform zwingend erforderlich ist, stünde dies mit der grundsätzlich vorrangigen Bestellung des Verfahrensbeistands durchaus im Einklang, weil dem Verfahrensbeistand die gesetzliche Vertretung verschlossen ist. Überdies geht es aber in der vorliegenden Fallkonstellation gerade um die vorgelagerte Frage, ob überhaupt ein Ergänzungspfleger zu bestellen ist, was die vorherige Entziehung der elterlichen Vertretungsbefugnis voraussetzt und damit eine Entscheidung der Konkurrenz beider Rechtsinstitute unausweichlich macht.
27
Schließlich ist der Ergänzungspfleger (entgegen OLG Oldenburg FamRZ 2010, 660, 662) nicht mit der in § 158 Abs. 5 FamFG ausdrücklich genannten Vertretung durch einen Rechtsanwalt oder anderen geeigneten Verfahrensbevollmächtigten vergleichbar. Denn hierbei handelt es sich nicht um gesetzliche Vertreter, sondern um (rechtsgeschäftlich) Bevollmächtigte. Diese § 50 Abs. 3 FGG entsprechende Regelung geht überdies davon aus, dass Vollmachtgeber gerade das - ausnahmsweise verfahrensfähige - Kind oder seine Eltern sind (vgl. die Gesetzesbegründung zum KindRG BT-Drucks. 13/4899 S. 132).
28
Selbst wenn man aber davon abweichend noch von einer Widersprüchlichkeit der Gesetzesmaterialien ausgehen wollte (so offenbar Zorn in Bork/ Jacoby/Schwab FamFG § 158 Rn. 21 und Jacoby aaO § 9 Rn. 2 sowie FamRZ 2007, 1703, 1709), so käme von mehreren sich - vordergründig - widersprechenden Aussagen derjenigen das ausschlaggebende Gewicht zu, welche mit bewussten gesetzgeberischen Wertungen verbunden ist. Die in diesem Sinne spezielleren Wertungen sind hier aber zweifellos zur Regelung des Verfahrensbeistands getroffen worden. Sowohl die bewusste Begrenzung des Eingriffs in das Elternrecht als auch das mit dem Ausschluss der Anfechtbarkeit verfolgte Ziel einer raschen und damit schonenden Konfliktlösung in Kindschaftssachen sprechen für den Verfahrensbeistand als vorrangigen Interessenvertreter des Kindes. Dass die Konsequenz der fortbestehenden Vertretungsbefugnis der Eltern vom Gesetzgeber gesehen und auch gewollt war, belegt abermals die Gesetzesbegründung, indem sie ausdrücklich herausgestellt hat, dass die Eltern auch nach der Bestellung des Verfahrensbeistands in vollem Umfang zur Vertretung des Kindes berechtigt sind (BT-Drucks. 16/6308 S. 239). Für diese Feststellung hätte keine Veranlassung bestanden, wenn unter denselben Voraussetzungen wie für die Bestellung des Verfahrensbeistands den Eltern außerdem noch ihre gesetzliche Vertretungsbefugnis entzogen werden müsste.
29
ee) § 1796 BGB ist demnach im Zusammenhang mit Kindschaftsverfahren dahin zu verstehen, dass eine Entziehung der elterlichen Vertretungsbefugnis dann nicht angeordnet werden darf, wenn durch die Bestellung eines Verfahrensbeistands bereits auf andere Weise für eine wirksame Interessenvertretung des Kindes Sorge getragen werden kann. Das ist in Verfahren, welche die Person des Kindes betreffen, der Fall. Die Bestellung eines Verfahrensbeistands ist dabei nicht auf Verfahren, die die Personensorge betreffen, beschränkt , sondern erfasst alle Verfahren, die sich nicht ausschließlich auf Ver- mögensangelegenheiten beziehen (Keidel/Engelhardt FamFG 16. Aufl. § 158 Rn. 4; BT-Drucks. 13/4899 S. 130 f.).
30
4. Der angefochtene Beschluss ist abzuändern. Da im vorliegenden Fall die Bestellung eines Verfahrensbeistands zulässig und ausreichend ist, war die Bestellung eines Ergänzungspflegers durch das Amtsgericht und die damit verbundene Entziehung der Vertretungsbefugnis nicht geboten und demzufolge unzulässig. Der Senat kann in der Sache abschließend entscheiden, weil es weiterer Feststellungen nicht bedarf. Demnach ist der Beschluss des Amtsgerichts - ersatzlos - aufzuheben. Hahne Dose Klinkhammer Günter Nedden-Boeger
Vorinstanzen:
AG Leer (Ostfriesland), Entscheidung vom 01.06.2010 - 5c F 4237/10 PF -
OLG Oldenburg, Entscheidung vom 28.10.2010 - 14 UF 114/10 -

(1) Die elterliche Sorge umfasst die Vertretung des Kindes. Die Eltern vertreten das Kind gemeinschaftlich; ist eine Willenserklärung gegenüber dem Kind abzugeben, so genügt die Abgabe gegenüber einem Elternteil. Ein Elternteil vertritt das Kind allein, soweit er die elterliche Sorge allein ausübt oder ihm die Entscheidung nach § 1628 übertragen ist. Bei Gefahr im Verzug ist jeder Elternteil dazu berechtigt, alle Rechtshandlungen vorzunehmen, die zum Wohl des Kindes notwendig sind; der andere Elternteil ist unverzüglich zu unterrichten.

(2) Der Vater und die Mutter können das Kind insoweit nicht vertreten, als nach § 1824 ein Betreuer von der Vertretung des Betreuten ausgeschlossen ist. Steht die elterliche Sorge für ein Kind den Eltern gemeinsam zu, so kann der Elternteil, in dessen Obhut sich das Kind befindet, Unterhaltsansprüche des Kindes gegen den anderen Elternteil geltend machen. Das Familiengericht kann dem Vater und der Mutter nach § 1789 Absatz 2 Satz 3 und 4 die Vertretung entziehen; dies gilt nicht für die Feststellung der Vaterschaft.

(2a) Der Vater und die Mutter können das Kind in einem gerichtlichen Verfahren nach § 1598a Abs. 2 nicht vertreten.

(3) Sind die Eltern des Kindes miteinander verheiratet oder besteht zwischen ihnen eine Lebenspartnerschaft, so kann ein Elternteil Unterhaltsansprüche des Kindes gegen den anderen Elternteil nur im eigenen Namen geltend machen, solange

1.
die Eltern getrennt leben oder
2.
eine Ehesache oder eine Lebenspartnerschaftssache im Sinne von § 269 Absatz 1 Nummer 1 oder 2 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit zwischen ihnen anhängig ist.
Eine von einem Elternteil erwirkte gerichtliche Entscheidung und ein zwischen den Eltern geschlossener gerichtlicher Vergleich wirken auch für und gegen das Kind.

(1) Wird das körperliche, geistige oder seelische Wohl des Kindes oder sein Vermögen gefährdet und sind die Eltern nicht gewillt oder nicht in der Lage, die Gefahr abzuwenden, so hat das Familiengericht die Maßnahmen zu treffen, die zur Abwendung der Gefahr erforderlich sind.

(2) In der Regel ist anzunehmen, dass das Vermögen des Kindes gefährdet ist, wenn der Inhaber der Vermögenssorge seine Unterhaltspflicht gegenüber dem Kind oder seine mit der Vermögenssorge verbundenen Pflichten verletzt oder Anordnungen des Gerichts, die sich auf die Vermögenssorge beziehen, nicht befolgt.

(3) Zu den gerichtlichen Maßnahmen nach Absatz 1 gehören insbesondere

1.
Gebote, öffentliche Hilfen wie zum Beispiel Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe und der Gesundheitsfürsorge in Anspruch zu nehmen,
2.
Gebote, für die Einhaltung der Schulpflicht zu sorgen,
3.
Verbote, vorübergehend oder auf unbestimmte Zeit die Familienwohnung oder eine andere Wohnung zu nutzen, sich in einem bestimmten Umkreis der Wohnung aufzuhalten oder zu bestimmende andere Orte aufzusuchen, an denen sich das Kind regelmäßig aufhält,
4.
Verbote, Verbindung zum Kind aufzunehmen oder ein Zusammentreffen mit dem Kind herbeizuführen,
5.
die Ersetzung von Erklärungen des Inhabers der elterlichen Sorge,
6.
die teilweise oder vollständige Entziehung der elterlichen Sorge.

(4) In Angelegenheiten der Personensorge kann das Gericht auch Maßnahmen mit Wirkung gegen einen Dritten treffen.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 166/03
vom
15. Dezember 2004
in der Familiensache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
BGB § 1666; MSA Artt. 3, 8
Die Gefahr, daß bei einem Mädchen gambischer Staatsangehörigkeit während eines
Aufenthalts in Gambia eine Beschneidung vorgenommen wird, rechtfertigt es, der
Mutter das Aufenthaltsbestimmungsrecht gem. § 1666 Abs. 1 BGB insoweit zu entziehen
, als es um die Entscheidung geht, ob das Kind nach Gambia verbracht wird.
Ob diese Maßnahme allein ausreicht, um einen effektiven Schutz des Kindes zu gewährleisten
, hat der Tatrichter im Rahmen seines Auswahlermessens zu entscheiden.
BGH, Beschluß vom 15. Dezember 2004 - XII ZB 166/03 - OLG Dresden
AG Dresden
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 15. Dezember 2004 durch
die Vorsitzende Richterin Dr. Hahne und die Richter Sprick, Weber-Monecke,
Prof. Dr. Wagenitz und Dose

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde der Beteiligten zu 1 gegen den Beschluß des 20. Zivilsenats - Familiensenat - des Oberlandesgerichts Dresden vom 15. Juli 2003 wird zurückgewiesen. Auf die Rechtsbeschwerde des Beteiligten zu 2 wird der vorgenannte Beschluß bezüglich der Entscheidung über die außergerichtlichen Kosten und insoweit aufgehoben, als in Abänderung des Beschlusses des Amtsgerichts - Familiengericht - Dresden vom 8. Mai 2003 die Entziehung des Aufenthaltsbestimmungsrechts für das Kind abgelehnt worden ist. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur erneuten Behandlung und Entscheidung, auch über die außergerichtlichen Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Oberlandesgericht zurückverwiesen. Die Entscheidung über die Rechtsbeschwerden ergeht gerichtsgebührenfrei. Beschwerdewert: 3.000 €.

Gründe:

I.

Die am 2. Juli 1998 geborene J. T. ist die Tochter der weiteren Beteiligten zu 1. Sie besitzt, ebenso wie ihre nicht mit einander verheirateten Eltern, die gambische Staatsangehörigkeit. Der Vater lebt in Gambia. Die Mutter heiratete am 24. November 2000 in Gambia einen deutschen Staatsangehörigen und folgte ihm zusammen mit ihrer Tochter im März 2001 nach Deutschland. Da die Mutter hier eine Ausbildung zur Altenpflegerin absolviert und sich deshalb gehindert sah, das Kind zu betreuen, beabsichtigte sie, dieses am 8. Januar 2003 durch ihren Ehemann und dessen Vater nach Gambia verbringen zu lassen. J. sollte in Gambia von der Familie der Mutter betreut werden und eine Vorschule besuchen. Das Jugendamt Dresden (weiterer Beteiligter zu 3), das über die bevorstehende Reise informiert worden war, veranlaßte am 6. Januar 2003 die Inobhutnahme des Kindes gemäß § 42 SGB VIII, weil es befürchtete, diesem drohe bei einem Aufenthalt in Gambia die Beschneidung. Auf Antrag des Jugendamtes entzog das Amtsgericht der Mutter zunächst vorläufig das Aufenthaltsbestimmungsrecht und das Recht der Gesundheitssorge und bestellte insoweit das Jugendamt zum Pfleger. Mit Beschluß vom 8. Mai 2003 hat das Amtsgericht auch in der Hauptsache entsprechend der vorläufigen Anordnung entschieden. Hiergegen hat die Mutter befristete Beschwerde eingelegt. Das Oberlandesgericht hat eine "mündliche Verhandlung" durchgeführt und anschließend eine vorläufige Anordnung erlassen, nach der das Kind der Mutter unverzüglich herauszugeben ist, dieser aber untersagt wird, das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland mit dem Kind zu verlassen oder zu gestatten, daß ihre Tochter mit
Dritten das Land verläßt. Auf die Beschwerde der Mutter hat das Oberlandesgericht den angefochtenen Beschluß teilweise abgeändert und dieser das Aufenthaltsbestimmungsrecht nur insoweit entzogen, als es um die Entscheidung geht, ob das Kind - zu Urlaubszwecken oder für einen längeren Aufenthalt - nach Gambia verbracht wird. Insoweit hat es Pflegschaft angeordnet und den weiteren Beteiligten zu 3) als Pfleger eingesetzt. Hiergegen richten sich die - zugelassenen - Rechtsbeschwerden der Mutter und der Landeshauptstadt Dresden - Ortsamt Plauen - (weiterer Beteiligter zu 2, im folgenden: Ortsamt). Die Mutter erstrebt die vollständige Abweisung des Antrags, während das Ortsamt die Entziehung des Aufenthaltsbestimmungsrechts insgesamt erreichen möchte.

II.

Die Rechtsbeschwerde der Mutter ist unbegründet. Auf die Rechtsbeschwerde des Ortsamtes ist der Beschluß im Umfang der Anfechtung aufzuheben und die Sache insoweit an das Oberlandesgericht zurückzuverweisen. A. Rechtsbeschwerde der Mutter 1. Das Oberlandesgericht, dessen Entscheidung in FamRZ 2003, 1862 ff. veröffentlicht ist, hat seine internationale Zuständigkeit sowie die Anwendbarkeit deutschen Rechts ohne weitere Ausführungen bejaht. Das begegnet im Ergebnis keinen rechtlichen Bedenken. Die - in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen zu prüfende - internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte richtet sich nach den Vorschriften des Haager Übereinkommens über die Zuständigkeit der Behörden und das anzuwendende Recht auf dem Gebiet des Schutzes von Minderjährigen vom
5. Oktober 1961 (BGBl. 1971 II 217; im folgenden: MSA). Nach Art. 1 MSA sind die Gerichte des Staates, in dem der Minderjährige seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, vorbehaltlich der Artt. 3, 4 und 5 Abs. 3 MSA dafür zuständig, Maßnahmen zum Schutz der Person des Minderjährigen zu treffen. Nach Art. 13 Abs. 1 MSA ist das Übereinkommen auf alle Minderjährigen anzuwenden, die - wie hier das Kind J. - ihren gewöhnlichen Aufenthalt in einem der Vertragsstaaten haben, ohne daß der Minderjährige die Staatsangehörigkeit eines Vertragsstaates besitzen müßte (Staudinger/Kropholler BGB, 13. Bearb. - 1994 - Vorbemerkung zu Art. 19 EGBGB Rdn. 525 m.w.N.). Einen einschränkenden Vorbehalt gegenüber Angehörigen von Nichtvertragsstaaten nach Art. 13 Abs. 3 MSA hat die Bundesrepublik Deutschland nicht erklärt. Hinsichtlich der von den inländischen Gerichten zu treffenden Schutzmaßnahmen, zu denen die im Streit stehende Entziehung des Aufenthaltsbestimmungsrechts nach § 1666 BGB gehört (Staudinger/Kropholler aaO Rdn. 217), ist gemäß Art. 2 MSA innerstaatliches, hier also deutsches Recht anzuwenden. Gemäß Art. 3 MSA ist allerdings ein nach dem Recht des Heimatstaates des Kindes kraft Gesetzes bestehendes Gewaltverhältnis anzuerkennen. Ein Eingriff in ein solches Gewaltverhältnis liegt vor, wenn das ausländische Heimatrecht des Minderjährigen eine derartige Maßnahme nicht zuläßt (Palandt /Heldrich BGB 63. Aufl. Anh. zu Art. 24 EGBGB Rdn. 25). Dies macht die Rechtsbeschwerde der Mutter in bezug auf das gambische Recht geltend, ohne ihren Einwand zu konkretisieren. Dessen Richtigkeit entzieht sich infolgedessen einer Beurteilung. Feststellungen zu dem gambischen Recht hat das OLG nicht getroffen. Die Frage, ob der Einwand gerechtfertigt ist, bedarf indessen keiner Entscheidung. Ein eventuell bestehendes Gewaltverhältnis schließt es nämlich nach Art. 8 MSA nicht aus, daß die Behörden des Aufenthaltsstaates, also auch die deutschen Gerichte, Maßnahmen zum Schutz des Minderjährigen treffen, soweit er in seiner Person oder seinem Vermögen ernstlich gefährdet ist. Mit
solchen Schutzmaßnahmen kann deshalb auch in ein grundsätzlich anzuerkennendes Gewaltverhältnis eingegriffen werden. In den Fällen, in denen nach den §§ 1666 ff. BGB Maßnahmen zu treffen sind, ist in der Regel auch das Vorliegen der Voraussetzungen des Art. 8 MSA anzunehmen (BGHZ 60, 68, 73 f.). 2. In der Sache hat das Beschwerdegericht ein Eingreifen nach § 1666 BGB für erforderlich gehalten. Dazu hat es im wesentlichen ausgeführt: Die Durchführung der Beschneidung von Mädchen stelle eine erhebliche Beeinträchtigung des Kindeswohls dar. Es handele sich um Genitalverstümmelungen, in denen eine schwere Menschenrechtsverletzung zu sehen sei und die in ihrer Intensität den gravierendsten Erscheinungsformen asylerheblicher Verfolgungsmaßnahmen , wie der Folter, nicht nachstehe. Die Gefahr, als Mädchen in Gambia beschnitten zu werden, sei groß. Gambia sei der UN-Kinderrechtskonvention nicht beigetreten. Aus den vom Jugendamt vorgelegten Unterlagen gehe hervor, daß nach Auskunft lokal tätiger Nichtregierungsorganisationen in Gambia fast alle ethnischen Gruppen Genitalverstümmelungen praktizierten und zwischen 80 bis 90 % der weiblichen Bevölkerung beschnitten seien. Die Beschneidung könne Mädchen jeden Alters drohen, einer Dreijährigen ebenso wie einer 16-jährigen. Auch die Mutter habe bei ihrer Anhörung bestätigt, daß es keine Altersgrenze gebe, von der an ein Kind selbst entscheiden könne, ob es beschnitten werde oder nicht. Die traditionell begründete Beschneidung drohe dem Kind deshalb, sobald es sich in Gambia aufhalte. Insofern bestehe auch eine gegenwärtige, begründete Besorgnis der Schädigung. Die Mutter sei derzeit nicht in der Lage, ihre Tochter vor einer solchen Körperverletzung ausreichend zu schützen. Soweit sie bei ihrer Anhörung erklärt habe, sie wünsche nicht, daß ihrem Kind eine Beschneidung widerfahre, sei diese ablehnende Äußerung unter dem Druck des vorliegenden Verfahrens zustande gekommen und beruhe (noch) nicht auf eigener Erkenntnis. Denn die mehrfach geäußerte Auffassung , das Kind könne mit 14 Jahren selbst entscheiden, ob es beschnitten
werde, mache deutlich, daß die Mutter die Genitalverstümmelung nicht in dem erforderlichen Maße als bedrohliche Gefahr für ihre Tochter erkannt habe. Angesichts der Brutalität des Eingriffs und der möglichen physischen und psychischen Folgen hätte andererseits eine klare Ablehnung der Beschneidung in bezug auf ihr Kind erfolgen müssen. Die eigene Erfahrung der - ihrerseits beschnittenen - Mutter belege, daß selbst ein 13 Jahre altes Mädchen durch gezielte unrichtige Informationen dazu gebracht werden könne, sich die grausame Verstümmelung sogar selbst zu wünschen. Wenn die Mutter gleichwohl daran festhalte, die Entscheidung über die Beschneidung dem Kinde selbst zu überlassen , habe sie den Fehler ihrer eigenen Mutter wiederholt und damit gezeigt, daß sie nicht fähig sei, die Gefahr von ihrem Kind abzuwenden. Dies sei indessen umsomehr notwendig, als nach den zu den Akten gelangten Informationen traditionell die Großfamilie mitentscheide, ob eine Beschneidung durchgeführt werde. Da die Mutter gleichwohl geplant habe, daß das Kind während der Dauer ihrer Ausbildung in Gambia leben solle und es damit der Gefahr einer Genitalverstümmelung (schutzlos) ausgeliefert hätte, müsse ihr Verhalten als unverschuldetes Versagen, aber auch als Form von Vernachlässigung im Sinne des § 1666 Abs. 1 BGB angesehen werden. Richtig verstandenes elterliches Sorgerecht hätte von ihr nicht passives Verhalten, sondern aktives Tun verlangt. Die Gefährdung sei auch gegenwärtig. Die Mutter habe zwar erklärt, daß ihre Tochter sich nicht mehr ohne ihre Begleitung in Gambia aufhalten solle. Es sei jedoch zu besorgen, daß sie an diesem Entschluß nicht festhalte, sondern das Kind doch zu ihrer Familie nach Gambia bringe, wenn sie sich wegen der auf sie zukommenden Prüfungen zur Altenpflegerin außerstande sehe, neben ihrer Arbeit zu lernen und ihre Tochter ausreichend zu betreuen. Diese Gefahr werde durch die Bekanntschaft mit in der Nähe ihrer Wohnung lebenden gambischen Familien nicht aufgehoben. Die danach vorzunehmende Abwägung zwischen dem Elternrecht der Mutter einerseits und dem Recht des Kindes auf Schutz
seiner Menschenwürde und seiner körperlichen Unversehrtheit andererseits führe zu der Notwendigkeit der Entziehung des Aufenthaltsbestimmungsrechts insoweit, als es um Reisen des Kindes nach Gambia oder um Aufenthalte dort gehe. Angesichts des Ausmaßes der drohenden Gefahr müsse auch das Recht des Kindes, seine Verwandtschaft in seinem Heimatstaat zu besuchen, zurücktreten. Auf andere Weise könne ein hinreichend sicherer Schutz nicht gewährleistet werden. Auch der Respekt vor einer anderen Kultur rechtfertige keine abweichende Entscheidung. Die mit der Ausländereigenschaft von Mutter und Kind verbundenen Vorstellungen von Kultur, Tradition, Religion und Erziehung, denen grundsätzlich Bedeutung beizumessen sei, müßten zurücktreten, wenn die drohende Schädigung entsprechend der ordre-public-Klausel des Art. 6 EGBGB unter keinem Gesichtspunkt zu tolerieren sei. 3. Diese Ausführungen halten der im Verfahren der Rechtsbeschwerde allein möglichen rechtlichen Nachprüfung stand.
a) Nach § 1666 Abs. 1 BGB hat das Familiengericht, wenn das körperliche , geistige oder seelische Wohl eines Kindes durch mißbräuchliche Ausübung der elterlichen Sorge, durch Vernachlässigung des Kindes, durch unverschuldetes Versagen der Eltern oder durch das Versagen eines Dritten gefährdet ist und die Eltern nicht gewillt oder in der Lage sind, die Gefahr abzuwenden , die zur Abwendung der Gefahr erforderlichen Maßnahmen zu treffen. Als derartige Maßnahme kommt insbesondere auch die Entziehung des Rechts zur Aufenthaltsbestimmung als Teil des Personensorgerechts (§§ 1626 Abs. 1, 1631 Abs. 1 BGB) in Betracht. Voraussetzung für ein Eingreifen des Familiengerichts ist eine gegenwärtige, in einem solchen Maß vorhandene Gefahr, daß sich bei der weiteren Entwicklung der Dinge eine erhebliche Schädigung des geistigen oder leiblichen Wohls des Kindes mit ziemlicher Sicherheit voraussehen läßt (BGH Beschluß vom 14. Juli 1956 - IV ZB 32/56 - FamRZ 1956, 350,
351; BayObLG DAVorm 1981, 897, 898 f.; Staudinger/Coester BGB 13. Bearb. - 2004 - § 1666 Rdn. 79; MünchKomm/Olzen 4. Aufl. § 1666 Rdn. 49).
b) Daß die Beschneidung eines Mädchens als eine das Kindeswohl in ganz erheblicher Weise beeinträchtigende Behandlung zu beurteilen ist, hat das Berufungsgericht zu Recht angenommen. Nach Auffassung des Senats handelt es sich bei der Genitalverstümmelung um einen schweren Eingriff, der bleibende physische und psychische Schäden zur Folge hat. Dies gilt auch dann, wenn der Eingriff nicht - wie zumeist - unter unhaltbaren hygienischen Bedingungen, ohne Betäubung und mit grausamen Hilfsmitteln, wie Glasscherben oder Rasierklingen als Schneidewerkzeug, durchgeführt wird, sondern selbst wenn er nach allen Regeln ärztlichen Könnens erfolgt. Es bleibt ein radikaler Eingriff in die körperliche Integrität und psychische Befindlichkeit der Frau. Dabei verbietet sich eine Unterscheidung nach der Art der Verstümmelung (Klitorisbeschneidung , Excision oder Infibulation), denn in allen Fällen liegt eine grausame, folgenschwere und durch nichts zu rechtfertigende Mißhandlung vor (vgl. Bumke NVwZ 2002, 423, 426 m.w.N., sowie Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend zur Beschneidung von Mädchen und Frauen BT-Drucks. 13/10682 S. 3 ff.). Auch die Rechtsbeschwerde der Mutter erhebt gegen die Beurteilung der Beschneidung durch das Berufungsgericht keine Einwendungen.
c) Sie rügt aber, das Beschwerdegericht habe eine hieraus resultierende gegenwärtige Gefahr für das Kind zu Unrecht bejaht. Es habe nicht berücksichtigt , daß die Mutter ihrem Vorbringen zufolge nicht gegen ihren Willen oder auf Druck ihrer Eltern, eines Elternteils oder naher Verwandter beschnitten worden sei, sondern aufgrund eigener Entscheidung, und zwar nach von dritter Seite erhaltener, heute als falsch und irreführend erkannter Informationen. In den Vorgang sei sie aber nicht als Kleinkind, sondern als Mädchen, das die Pubertät
durchlaufen habe, involviert gewesen. Daraus folge, daß niemand aus der Familie der Mutter Anstalten getroffen habe, sie als Kind oder ohne ihre Einwilligung als herangereiftes Mädchen beschneiden zu lassen, auch nicht ihr eigener Vater, in dessen Stamm noch Beschneidungen vorgenommen würden und der dieses Ritual befürwortet habe. Auf diesen sei ohnehin nicht abzustellen, da die Großmutter sich vor 20 Jahren von ihm habe scheiden lassen und inzwischen wieder verheiratet sei. J. habe aber bei der Großmutter und nicht bei ihrem leiblichen Großvater leben sollen. Daneben habe sie, als sie noch in Gambia gelebt habe, engen Kontakt zu ihrem leiblichen Vater und dessen Familie unterhalten , die nicht weit von der Großmutter entfernt lebten. Die Großmutter sei nicht beschnitten und lehne diesen Brauch ab. Sie habe auch ihrer Tochter verboten , sich dem Ritual zu unterziehen. Deshalb sei kein Anhaltspunkt dafür auszumachen, daß das Kind während eines Aufenthalts bei der Großmutter der Gefahr ausgesetzt wäre, diese könne eine Beschneidung veranlassen oder zulassen. Es sei auch nichts dafür ersichtlich, daß die Großmutter das Mädchen nicht vor Übergriffen Dritter schützen könne, denn sie habe ihre Tochter bis zu deren eigener Entscheidung vor einer zwangsweisen Beschneidung bewahrt. Auch von der Seite der Familie des leiblichen Vaters sei fürJ. nicht die Gefahr einer Beschneidung auszumachen. Zwar seien in dem Stamm, dem der Vater angehöre, Beschneidungen noch üblich. Der Vater und seine Familie lehnten, wie die Mutter bei ihrer Anhörung ausgeführt habe, aber Beschneidungen ab, weshalb in dieser Familie niemand beschnitten sei. Warum J. in einer solchen Familie der Gefahr ausgesetzt sein solle, als Kind fremdbestimmt beschnitten zu werden, sei nicht ersichtlich. Damit vermag die Rechtsbeschwerde der Mutter nicht durchzudringen. Das Beschwerdegericht hat den betreffenden Sachvortrag nicht übergangen , sondern in seine von Amts wegen (§ 12 FGG) zu treffenden Feststel-
lungen einbezogen. Es hat seiner Entscheidung die Umstände der eigenen Beschneidung der Mutter zugrunde gelegt, dem Gesichtspunkt, daß in der Familie des Vaters - entgegen den Gepflogenheiten ihres Stammes - Beschneidungen nicht üblich seien, aber ersichtlich keine Bedeutung beigemessen. Nach den von dem Beschwerdegericht getroffenen Feststellungen entscheiden nämlich nicht die Eltern oder deren Familien allein über eine Beschneidung, sondern hierzu ist traditionell die Großfamilie mitberufen. Aus dieser Gestaltung ist letztlich auch zu erklären, daß die Großmutter die eigene Tochter nicht vor einer Beschneidung zu bewahren vermochte, obwohl letztere damals erst 13 Jahre alt war und ihr deshalb die Einsichtsfähigkeit und Reife für die von ihr zugunsten einer Beschneidung getroffene Entscheidung fehlte und die Großmutter diese Verstümmelung selbst ablehnt. Die Annahme des Oberlandesgerichts, die Großmutter könne in einer anderen Situation, nämlich bei Vorliegen anderer Umstände hinsichtlich der Beschneidung der Enkelin, bedingt durch äußere Einflüsse abermals versagen, stellt sich deshalb als vertretbare tatrichterliche Würdigung dar, gegen die aus Rechtsgründen nichts zu erinnern ist. Denn die hohe Beschneidungsquote von 80 - 90 % der weiblichen Bevölkerung Gambias kann, wenn sich die Ablehnung der Genitalverstümmelungen wie von der Rechtsbeschwerde geltend gemacht, durchsetzen ließe, nicht erklärt werden. Von daher ist es rechtlich auch nicht zu beanstanden, daß das Oberlandesgericht von einer hohen Wahrscheinlichkeit einer Beschneidung des Kindes bei einem Aufenthalt in Gambia ausgegangen ist.
d) Die Rechtsbeschwerde der Mutter wendet sich schließlich gegen die Annahme, dem Kind drohe eine gegenwärtige Gefahr, weil zu besorgen sei, daß die Mutter es im Zusammenhang mit den im Rahmen ihrer Ausbildung abzulegenden Prüfungen entgegen den abgegebenen Erklärungen doch nach Gambia verbringen werde. Sie beruft sich insoweit auf den Vortrag der Mutter,
mit ihrem Arbeitgeber Arbeitszeiten vereinbart zu haben, die eine Betreuung des Kindes erlaubten. Auch das vermag die Entscheidung, soweit sie zum Nachteil der Mutter ergangen ist, nicht in Frage zu stellen. Das Berufungsgericht hat nicht bezweifelt, daß die Mutter in der Lage sein wird, den normalen Alltag mit der Betreuung des Kindes in Einklang zu bringen. Seine Annahme, es sei zu befürchten, daß sich die Einstellung der Mutter unter dem Prüfungsdruck ändere, ist indessen eine von der Lebenserfahrung getragene tatrichterliche Würdigung. Für deren Berechtigung sprechen zudem die Mitteilungen der beiden Pflegefamilien, in denen das Kind sich aufgehalten hat. Danach ist J. nicht oder kaum in der Lage, sich selbst zu beschäftigen , sondern erheischt permanent Aufmerksamkeit. 4. Bei dieser Sachlage ist das Berufungsgericht zu Recht von einer gegenwärtigen , in einem solchen Maße vorhandenen Gefahr ausgegangen, daß sich im weiteren Verlauf eine erhebliche Schädigung des Kindes in Form einer Beschneidung mit hinreichender Sicherheit voraussehen läßt. Denn die Mutter ist, wie das Oberlandesgericht rechtsfehlerfrei festgestellt hat, derzeit jedenfalls noch nicht in der Lage, die Gefahr, die ihrem Kind in Gambia droht, realistisch einzuschätzen und dürfte deshalb bei zu erwartenden Betreuungsengpässen nicht davor zurückschrecken, ihr derzeit erklärtermaßen aufgegebenes Vorhaben einer Verbringung des Kindes nach Gambia doch noch in die Tat umzusetzen. Dem ist nach § 1666 Abs. 1 BGB durch die erforderlichen Maßnahmen zu begegnen. Insoweit stellt sich die angeordnete teilweise Entziehung des Aufenthaltsbestimmungsrechts jedenfalls als einerseits gebotener, andererseits aber auch verhältnismäßiger Eingriff in das Elternrecht dar, um das Kind vor einem irreparablen Schaden seiner psychischen und physischen Unversehrtheit
zu bewahren. Dessen Interesse, seine Verwandten in Gambia zu besuchen, oder das Bedürfnis, der heimatlichen Kultur und Tradition verbunden zu bleiben, müssen dahinter zurücktreten. B. Rechtsbeschwerde des Ortsamtes 1. Das Berufungsgericht hat es abgelehnt, weitere Maßnahmen zum Schutz des Kindes zu treffen. Zur Begründung hat es ausgeführt, der vollständige Entzug des Aufenthaltsbestimmungsrechts und die Unterbringung des Kindes in einer deutschen Pflegefamilie seien unverhältnismäßig. 2. Demgegenüber bringt die Beschwerde des Ortsamtes vor: Der Teilentzug des Aufenthaltsbestimmungsrechts sei nicht ausreichend, um die Gefahr der Genitalverstümmelung weitgehend zu verhindern. Die angeordnete Pflegschaft könne praktisch nicht verhindern, daß die Mutter oder ein Dritter das Kind über einen Mitgliedsstaat der EU nach Gambia verbringe. Sie könne sich in der jeweiligen gambischen Botschaft einen Ersatzpaß für J. anfertigen lassen, während das Original bei der Amtspflegerin hinterlegt bleibe. Die begründete Besorgnis ergebe sich daraus, daß die Mutter sowohl im Verfahren vor dem Amtsgericht als auch vor dem Oberlandesgericht nicht habe erkennen lassen, daß sie aufgrund eigener Überzeugung ihre Tochter vor einer drohenden Genitalverstümmelung schützen wolle bzw. könne. Diesem Einwand ist ein Erfolg nicht zu versagen. Es erscheint nicht fernliegend, daß die Mutter, von der nach Auffassung des Oberlandesgerichts zu besorgen ist, sie werde im Prüfungsdruck ihr Kind doch noch nach Gambia verbringen, sich über die bisher getroffenen Maßnahmen hinwegsetzt und von dem von der Rechtsbeschwerde aufgezeigten Weg Gebrauch macht. Ziel der Maßnahmen nach § 1666 BGB muß aber die effekti-
ve Gefahrenabwehr für das Kind sein. Zwar steht jeder Eingriff in das Elternrecht unter dem Vorbehalt der Erforderlichkeit und der Verhältnismäßigkeit. Insbesondere ist eine Trennung des Kindes von seinen Eltern nur dann zulässig, wenn der Gefahr nicht auf andere Weise, insbesondere durch öffentliche Hilfen, begegnet werden kann (§ 1666 a Abs. 1 Satz 1 BGB). Damit, daß das Berufungsgericht als weitergehende Maßnahmen von vornherein aber nur die vollständige Entziehung des Aufenthaltsbestimmungsrechts in Verbindung mit der Unterbringung in einer Pflegefamilie erwogen hat, hat es sich den Blick dafür verstellt, die Geeignetheit anderer, weniger gravierender Maßnahmen in seine Beurteilung einzubeziehen und in Zusammenarbeit mit dem Jugendamt auch die Möglichkeit öffentlicher Hilfen, etwa im Sinne einer beaufsichtigenden Pflegschaft , zu prüfen, um auf diesem Weg einen auch tatsächlich wirkungsvollen Schutz des Kindes zu gewährleisten. 3. Da das Oberlandesgericht somit von seinem Auswahlermessen (vgl. hierzu Staudinger/Coester aaO § 1666 Rdn. 177) keinen fehlerfreien Gebrauch gemacht hat, kann die Entscheidung im Umfang der Anfechtung durch das Ortsamt keinen Bestand haben. Der Beschluß ist insoweit aufzuheben und die Sache an das Oberlandesgericht zurückzuverweisen, damit es die unterlassene Prüfung, welche weitergehenden Maßnahmen zu ergreifen sind, in tatrichterlicher Verantwortung nachholen kann. Im weiteren Verfahren wird das Ortsamt
auch Gelegenheit haben, das Begehren zu wiederholen, der Mutter möge aufgegeben werden, das Kind regelmäßig einem Kinderarzt vorzustellen (vgl. zu entsprechenden Auflagen etwa Children's Protection Act 1993 - South Australia

).


Hahne Sprick Weber-Monecke Wagenitz Dose

(1) Leben Eltern nicht nur vorübergehend getrennt und steht ihnen die elterliche Sorge gemeinsam zu, so kann jeder Elternteil beantragen, dass ihm das Familiengericht die elterliche Sorge oder einen Teil der elterlichen Sorge allein überträgt. Dem Antrag ist stattzugeben, soweit

1.
der andere Elternteil zustimmt, es sei denn, das Kind hat das 14. Lebensjahr vollendet und widerspricht der Übertragung, oder
2.
zu erwarten ist, dass die Aufhebung der gemeinsamen Sorge und die Übertragung auf den Antragsteller dem Wohl des Kindes am besten entspricht.

(2) Leben Eltern nicht nur vorübergehend getrennt und steht die elterliche Sorge nach § 1626a Absatz 3 der Mutter zu, so kann der Vater beantragen, dass ihm das Familiengericht die elterliche Sorge oder einen Teil der elterlichen Sorge allein überträgt. Dem Antrag ist stattzugeben, soweit

1.
die Mutter zustimmt, es sei denn, die Übertragung widerspricht dem Wohl des Kindes oder das Kind hat das 14. Lebensjahr vollendet und widerspricht der Übertragung, oder
2.
eine gemeinsame Sorge nicht in Betracht kommt und zu erwarten ist, dass die Übertragung auf den Vater dem Wohl des Kindes am besten entspricht.

(3) Ruht die elterliche Sorge der Mutter nach § 1751 Absatz 1 Satz 1, so gilt der Antrag des Vaters auf Übertragung der gemeinsamen elterlichen Sorge nach § 1626a Absatz 2 als Antrag nach Absatz 2. Dem Antrag ist stattzugeben, soweit die Übertragung der elterlichen Sorge auf den Vater dem Wohl des Kindes nicht widerspricht.

(4) Den Anträgen nach den Absätzen 1 und 2 ist nicht stattzugeben, soweit die elterliche Sorge auf Grund anderer Vorschriften abweichend geregelt werden muss.

(1) Wird das körperliche, geistige oder seelische Wohl des Kindes oder sein Vermögen gefährdet und sind die Eltern nicht gewillt oder nicht in der Lage, die Gefahr abzuwenden, so hat das Familiengericht die Maßnahmen zu treffen, die zur Abwendung der Gefahr erforderlich sind.

(2) In der Regel ist anzunehmen, dass das Vermögen des Kindes gefährdet ist, wenn der Inhaber der Vermögenssorge seine Unterhaltspflicht gegenüber dem Kind oder seine mit der Vermögenssorge verbundenen Pflichten verletzt oder Anordnungen des Gerichts, die sich auf die Vermögenssorge beziehen, nicht befolgt.

(3) Zu den gerichtlichen Maßnahmen nach Absatz 1 gehören insbesondere

1.
Gebote, öffentliche Hilfen wie zum Beispiel Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe und der Gesundheitsfürsorge in Anspruch zu nehmen,
2.
Gebote, für die Einhaltung der Schulpflicht zu sorgen,
3.
Verbote, vorübergehend oder auf unbestimmte Zeit die Familienwohnung oder eine andere Wohnung zu nutzen, sich in einem bestimmten Umkreis der Wohnung aufzuhalten oder zu bestimmende andere Orte aufzusuchen, an denen sich das Kind regelmäßig aufhält,
4.
Verbote, Verbindung zum Kind aufzunehmen oder ein Zusammentreffen mit dem Kind herbeizuführen,
5.
die Ersetzung von Erklärungen des Inhabers der elterlichen Sorge,
6.
die teilweise oder vollständige Entziehung der elterlichen Sorge.

(4) In Angelegenheiten der Personensorge kann das Gericht auch Maßnahmen mit Wirkung gegen einen Dritten treffen.

(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.

(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.

(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen.

(4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft.

(5) Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.

(1) Das Kind hat das Recht auf Umgang mit jedem Elternteil; jeder Elternteil ist zum Umgang mit dem Kind verpflichtet und berechtigt.

(2) Die Eltern haben alles zu unterlassen, was das Verhältnis des Kindes zum jeweils anderen Elternteil beeinträchtigt oder die Erziehung erschwert. Entsprechendes gilt, wenn sich das Kind in der Obhut einer anderen Person befindet.

(3) Das Familiengericht kann über den Umfang des Umgangsrechts entscheiden und seine Ausübung, auch gegenüber Dritten, näher regeln. Es kann die Beteiligten durch Anordnungen zur Erfüllung der in Absatz 2 geregelten Pflicht anhalten. Wird die Pflicht nach Absatz 2 dauerhaft oder wiederholt erheblich verletzt, kann das Familiengericht auch eine Pflegschaft für die Durchführung des Umgangs anordnen (Umgangspflegschaft). Die Umgangspflegschaft umfasst das Recht, die Herausgabe des Kindes zur Durchführung des Umgangs zu verlangen und für die Dauer des Umgangs dessen Aufenthalt zu bestimmen. Die Anordnung ist zu befristen. Für den Ersatz von Aufwendungen und die Vergütung des Umgangspflegers gilt § 277 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit entsprechend.

(4) Das Familiengericht kann das Umgangsrecht oder den Vollzug früherer Entscheidungen über das Umgangsrecht einschränken oder ausschließen, soweit dies zum Wohl des Kindes erforderlich ist. Eine Entscheidung, die das Umgangsrecht oder seinen Vollzug für längere Zeit oder auf Dauer einschränkt oder ausschließt, kann nur ergehen, wenn andernfalls das Wohl des Kindes gefährdet wäre. Das Familiengericht kann insbesondere anordnen, dass der Umgang nur stattfinden darf, wenn ein mitwirkungsbereiter Dritter anwesend ist. Dritter kann auch ein Träger der Jugendhilfe oder ein Verein sein; dieser bestimmt dann jeweils, welche Einzelperson die Aufgabe wahrnimmt.

(1) Die Eltern haben die Pflicht und das Recht, für das minderjährige Kind zu sorgen (elterliche Sorge). Die elterliche Sorge umfasst die Sorge für die Person des Kindes (Personensorge) und das Vermögen des Kindes (Vermögenssorge).

(2) Bei der Pflege und Erziehung berücksichtigen die Eltern die wachsende Fähigkeit und das wachsende Bedürfnis des Kindes zu selbständigem verantwortungsbewusstem Handeln. Sie besprechen mit dem Kind, soweit es nach dessen Entwicklungsstand angezeigt ist, Fragen der elterlichen Sorge und streben Einvernehmen an.

(3) Zum Wohl des Kindes gehört in der Regel der Umgang mit beiden Elternteilen. Gleiches gilt für den Umgang mit anderen Personen, zu denen das Kind Bindungen besitzt, wenn ihre Aufrechterhaltung für seine Entwicklung förderlich ist.

(1) Wird das körperliche, geistige oder seelische Wohl des Kindes oder sein Vermögen gefährdet und sind die Eltern nicht gewillt oder nicht in der Lage, die Gefahr abzuwenden, so hat das Familiengericht die Maßnahmen zu treffen, die zur Abwendung der Gefahr erforderlich sind.

(2) In der Regel ist anzunehmen, dass das Vermögen des Kindes gefährdet ist, wenn der Inhaber der Vermögenssorge seine Unterhaltspflicht gegenüber dem Kind oder seine mit der Vermögenssorge verbundenen Pflichten verletzt oder Anordnungen des Gerichts, die sich auf die Vermögenssorge beziehen, nicht befolgt.

(3) Zu den gerichtlichen Maßnahmen nach Absatz 1 gehören insbesondere

1.
Gebote, öffentliche Hilfen wie zum Beispiel Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe und der Gesundheitsfürsorge in Anspruch zu nehmen,
2.
Gebote, für die Einhaltung der Schulpflicht zu sorgen,
3.
Verbote, vorübergehend oder auf unbestimmte Zeit die Familienwohnung oder eine andere Wohnung zu nutzen, sich in einem bestimmten Umkreis der Wohnung aufzuhalten oder zu bestimmende andere Orte aufzusuchen, an denen sich das Kind regelmäßig aufhält,
4.
Verbote, Verbindung zum Kind aufzunehmen oder ein Zusammentreffen mit dem Kind herbeizuführen,
5.
die Ersetzung von Erklärungen des Inhabers der elterlichen Sorge,
6.
die teilweise oder vollständige Entziehung der elterlichen Sorge.

(4) In Angelegenheiten der Personensorge kann das Gericht auch Maßnahmen mit Wirkung gegen einen Dritten treffen.

(1) Leben Eltern nicht nur vorübergehend getrennt und steht ihnen die elterliche Sorge gemeinsam zu, so kann jeder Elternteil beantragen, dass ihm das Familiengericht die elterliche Sorge oder einen Teil der elterlichen Sorge allein überträgt. Dem Antrag ist stattzugeben, soweit

1.
der andere Elternteil zustimmt, es sei denn, das Kind hat das 14. Lebensjahr vollendet und widerspricht der Übertragung, oder
2.
zu erwarten ist, dass die Aufhebung der gemeinsamen Sorge und die Übertragung auf den Antragsteller dem Wohl des Kindes am besten entspricht.

(2) Leben Eltern nicht nur vorübergehend getrennt und steht die elterliche Sorge nach § 1626a Absatz 3 der Mutter zu, so kann der Vater beantragen, dass ihm das Familiengericht die elterliche Sorge oder einen Teil der elterlichen Sorge allein überträgt. Dem Antrag ist stattzugeben, soweit

1.
die Mutter zustimmt, es sei denn, die Übertragung widerspricht dem Wohl des Kindes oder das Kind hat das 14. Lebensjahr vollendet und widerspricht der Übertragung, oder
2.
eine gemeinsame Sorge nicht in Betracht kommt und zu erwarten ist, dass die Übertragung auf den Vater dem Wohl des Kindes am besten entspricht.

(3) Ruht die elterliche Sorge der Mutter nach § 1751 Absatz 1 Satz 1, so gilt der Antrag des Vaters auf Übertragung der gemeinsamen elterlichen Sorge nach § 1626a Absatz 2 als Antrag nach Absatz 2. Dem Antrag ist stattzugeben, soweit die Übertragung der elterlichen Sorge auf den Vater dem Wohl des Kindes nicht widerspricht.

(4) Den Anträgen nach den Absätzen 1 und 2 ist nicht stattzugeben, soweit die elterliche Sorge auf Grund anderer Vorschriften abweichend geregelt werden muss.

(1) Wird das körperliche, geistige oder seelische Wohl des Kindes oder sein Vermögen gefährdet und sind die Eltern nicht gewillt oder nicht in der Lage, die Gefahr abzuwenden, so hat das Familiengericht die Maßnahmen zu treffen, die zur Abwendung der Gefahr erforderlich sind.

(2) In der Regel ist anzunehmen, dass das Vermögen des Kindes gefährdet ist, wenn der Inhaber der Vermögenssorge seine Unterhaltspflicht gegenüber dem Kind oder seine mit der Vermögenssorge verbundenen Pflichten verletzt oder Anordnungen des Gerichts, die sich auf die Vermögenssorge beziehen, nicht befolgt.

(3) Zu den gerichtlichen Maßnahmen nach Absatz 1 gehören insbesondere

1.
Gebote, öffentliche Hilfen wie zum Beispiel Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe und der Gesundheitsfürsorge in Anspruch zu nehmen,
2.
Gebote, für die Einhaltung der Schulpflicht zu sorgen,
3.
Verbote, vorübergehend oder auf unbestimmte Zeit die Familienwohnung oder eine andere Wohnung zu nutzen, sich in einem bestimmten Umkreis der Wohnung aufzuhalten oder zu bestimmende andere Orte aufzusuchen, an denen sich das Kind regelmäßig aufhält,
4.
Verbote, Verbindung zum Kind aufzunehmen oder ein Zusammentreffen mit dem Kind herbeizuführen,
5.
die Ersetzung von Erklärungen des Inhabers der elterlichen Sorge,
6.
die teilweise oder vollständige Entziehung der elterlichen Sorge.

(4) In Angelegenheiten der Personensorge kann das Gericht auch Maßnahmen mit Wirkung gegen einen Dritten treffen.

(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.

(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.

(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen.

(4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft.

(5) Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.

(1) Wird das körperliche, geistige oder seelische Wohl des Kindes oder sein Vermögen gefährdet und sind die Eltern nicht gewillt oder nicht in der Lage, die Gefahr abzuwenden, so hat das Familiengericht die Maßnahmen zu treffen, die zur Abwendung der Gefahr erforderlich sind.

(2) In der Regel ist anzunehmen, dass das Vermögen des Kindes gefährdet ist, wenn der Inhaber der Vermögenssorge seine Unterhaltspflicht gegenüber dem Kind oder seine mit der Vermögenssorge verbundenen Pflichten verletzt oder Anordnungen des Gerichts, die sich auf die Vermögenssorge beziehen, nicht befolgt.

(3) Zu den gerichtlichen Maßnahmen nach Absatz 1 gehören insbesondere

1.
Gebote, öffentliche Hilfen wie zum Beispiel Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe und der Gesundheitsfürsorge in Anspruch zu nehmen,
2.
Gebote, für die Einhaltung der Schulpflicht zu sorgen,
3.
Verbote, vorübergehend oder auf unbestimmte Zeit die Familienwohnung oder eine andere Wohnung zu nutzen, sich in einem bestimmten Umkreis der Wohnung aufzuhalten oder zu bestimmende andere Orte aufzusuchen, an denen sich das Kind regelmäßig aufhält,
4.
Verbote, Verbindung zum Kind aufzunehmen oder ein Zusammentreffen mit dem Kind herbeizuführen,
5.
die Ersetzung von Erklärungen des Inhabers der elterlichen Sorge,
6.
die teilweise oder vollständige Entziehung der elterlichen Sorge.

(4) In Angelegenheiten der Personensorge kann das Gericht auch Maßnahmen mit Wirkung gegen einen Dritten treffen.

(1) Das Kind hat das Recht auf Umgang mit jedem Elternteil; jeder Elternteil ist zum Umgang mit dem Kind verpflichtet und berechtigt.

(2) Die Eltern haben alles zu unterlassen, was das Verhältnis des Kindes zum jeweils anderen Elternteil beeinträchtigt oder die Erziehung erschwert. Entsprechendes gilt, wenn sich das Kind in der Obhut einer anderen Person befindet.

(3) Das Familiengericht kann über den Umfang des Umgangsrechts entscheiden und seine Ausübung, auch gegenüber Dritten, näher regeln. Es kann die Beteiligten durch Anordnungen zur Erfüllung der in Absatz 2 geregelten Pflicht anhalten. Wird die Pflicht nach Absatz 2 dauerhaft oder wiederholt erheblich verletzt, kann das Familiengericht auch eine Pflegschaft für die Durchführung des Umgangs anordnen (Umgangspflegschaft). Die Umgangspflegschaft umfasst das Recht, die Herausgabe des Kindes zur Durchführung des Umgangs zu verlangen und für die Dauer des Umgangs dessen Aufenthalt zu bestimmen. Die Anordnung ist zu befristen. Für den Ersatz von Aufwendungen und die Vergütung des Umgangspflegers gilt § 277 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit entsprechend.

(4) Das Familiengericht kann das Umgangsrecht oder den Vollzug früherer Entscheidungen über das Umgangsrecht einschränken oder ausschließen, soweit dies zum Wohl des Kindes erforderlich ist. Eine Entscheidung, die das Umgangsrecht oder seinen Vollzug für längere Zeit oder auf Dauer einschränkt oder ausschließt, kann nur ergehen, wenn andernfalls das Wohl des Kindes gefährdet wäre. Das Familiengericht kann insbesondere anordnen, dass der Umgang nur stattfinden darf, wenn ein mitwirkungsbereiter Dritter anwesend ist. Dritter kann auch ein Träger der Jugendhilfe oder ein Verein sein; dieser bestimmt dann jeweils, welche Einzelperson die Aufgabe wahrnimmt.

Das Gericht hat von Amts wegen die zur Feststellung der entscheidungserheblichen Tatsachen erforderlichen Ermittlungen durchzuführen.

(1) Ein Personensorgeberechtigter hat bei der Erziehung eines Kindes oder eines Jugendlichen Anspruch auf Hilfe (Hilfe zur Erziehung), wenn eine dem Wohl des Kindes oder des Jugendlichen entsprechende Erziehung nicht gewährleistet ist und die Hilfe für seine Entwicklung geeignet und notwendig ist.

(2) Hilfe zur Erziehung wird insbesondere nach Maßgabe der §§ 28 bis 35 gewährt. Art und Umfang der Hilfe richten sich nach dem erzieherischen Bedarf im Einzelfall; dabei soll das engere soziale Umfeld des Kindes oder des Jugendlichen einbezogen werden. Unterschiedliche Hilfearten können miteinander kombiniert werden, sofern dies dem erzieherischen Bedarf des Kindes oder Jugendlichen im Einzelfall entspricht.

(2a) Ist eine Erziehung des Kindes oder Jugendlichen außerhalb des Elternhauses erforderlich, so entfällt der Anspruch auf Hilfe zur Erziehung nicht dadurch, dass eine andere unterhaltspflichtige Person bereit ist, diese Aufgabe zu übernehmen; die Gewährung von Hilfe zur Erziehung setzt in diesem Fall voraus, dass diese Person bereit und geeignet ist, den Hilfebedarf in Zusammenarbeit mit dem Träger der öffentlichen Jugendhilfe nach Maßgabe der §§ 36 und 37 zu decken.

(3) Hilfe zur Erziehung umfasst insbesondere die Gewährung pädagogischer und damit verbundener therapeutischer Leistungen. Bei Bedarf soll sie Ausbildungs- und Beschäftigungsmaßnahmen im Sinne des § 13 Absatz 2 einschließen und kann mit anderen Leistungen nach diesem Buch kombiniert werden. Die in der Schule oder Hochschule wegen des erzieherischen Bedarfs erforderliche Anleitung und Begleitung können als Gruppenangebote an Kinder oder Jugendliche gemeinsam erbracht werden, soweit dies dem Bedarf des Kindes oder Jugendlichen im Einzelfall entspricht.

(4) Wird ein Kind oder eine Jugendliche während ihres Aufenthalts in einer Einrichtung oder einer Pflegefamilie selbst Mutter eines Kindes, so umfasst die Hilfe zur Erziehung auch die Unterstützung bei der Pflege und Erziehung dieses Kindes.

(1) Der Personensorgeberechtigte und das Kind oder der Jugendliche sind vor der Entscheidung über die Inanspruchnahme einer Hilfe und vor einer notwendigen Änderung von Art und Umfang der Hilfe zu beraten und auf die möglichen Folgen für die Entwicklung des Kindes oder des Jugendlichen hinzuweisen. Es ist sicherzustellen, dass Beratung und Aufklärung nach Satz 1 in einer für den Personensorgeberechtigten und das Kind oder den Jugendlichen verständlichen, nachvollziehbaren und wahrnehmbaren Form erfolgen.

(2) Die Entscheidung über die im Einzelfall angezeigte Hilfeart soll, wenn Hilfe voraussichtlich für längere Zeit zu leisten ist, im Zusammenwirken mehrerer Fachkräfte getroffen werden. Als Grundlage für die Ausgestaltung der Hilfe sollen sie zusammen mit dem Personensorgeberechtigten und dem Kind oder dem Jugendlichen einen Hilfeplan aufstellen, der Feststellungen über den Bedarf, die zu gewährende Art der Hilfe sowie die notwendigen Leistungen enthält; sie sollen regelmäßig prüfen, ob die gewählte Hilfeart weiterhin geeignet und notwendig ist. Hat das Kind oder der Jugendliche ein oder mehrere Geschwister, so soll der Geschwisterbeziehung bei der Aufstellung und Überprüfung des Hilfeplans sowie bei der Durchführung der Hilfe Rechnung getragen werden.

(3) Werden bei der Durchführung der Hilfe andere Personen, Dienste oder Einrichtungen tätig, so sind sie oder deren Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an der Aufstellung des Hilfeplans und seiner Überprüfung zu beteiligen. Soweit dies zur Feststellung des Bedarfs, der zu gewährenden Art der Hilfe oder der notwendigen Leistungen nach Inhalt, Umfang und Dauer erforderlich ist, sollen öffentliche Stellen, insbesondere andere Sozialleistungsträger, Rehabilitationsträger oder die Schule beteiligt werden. Gewährt der Träger der öffentlichen Jugendhilfe Leistungen zur Teilhabe, sind die Vorschriften zum Verfahren bei einer Mehrheit von Rehabilitationsträgern nach dem Neunten Buch zu beachten.

(4) Erscheinen Hilfen nach § 35a erforderlich, so soll bei der Aufstellung und Änderung des Hilfeplans sowie bei der Durchführung der Hilfe die Person, die eine Stellungnahme nach § 35a Absatz 1a abgegeben hat, beteiligt werden.

(5) Soweit dies zur Feststellung des Bedarfs, der zu gewährenden Art der Hilfe oder der notwendigen Leistungen nach Inhalt, Umfang und Dauer erforderlich ist und dadurch der Hilfezweck nicht in Frage gestellt wird, sollen Eltern, die nicht personensorgeberechtigt sind, an der Aufstellung des Hilfeplans und seiner Überprüfung beteiligt werden; die Entscheidung, ob, wie und in welchem Umfang deren Beteiligung erfolgt, soll im Zusammenwirken mehrerer Fachkräfte unter Berücksichtigung der Willensäußerung und der Interessen des Kindes oder Jugendlichen sowie der Willensäußerung des Personensorgeberechtigten getroffen werden.

(1) Wird das körperliche, geistige oder seelische Wohl des Kindes oder sein Vermögen gefährdet und sind die Eltern nicht gewillt oder nicht in der Lage, die Gefahr abzuwenden, so hat das Familiengericht die Maßnahmen zu treffen, die zur Abwendung der Gefahr erforderlich sind.

(2) In der Regel ist anzunehmen, dass das Vermögen des Kindes gefährdet ist, wenn der Inhaber der Vermögenssorge seine Unterhaltspflicht gegenüber dem Kind oder seine mit der Vermögenssorge verbundenen Pflichten verletzt oder Anordnungen des Gerichts, die sich auf die Vermögenssorge beziehen, nicht befolgt.

(3) Zu den gerichtlichen Maßnahmen nach Absatz 1 gehören insbesondere

1.
Gebote, öffentliche Hilfen wie zum Beispiel Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe und der Gesundheitsfürsorge in Anspruch zu nehmen,
2.
Gebote, für die Einhaltung der Schulpflicht zu sorgen,
3.
Verbote, vorübergehend oder auf unbestimmte Zeit die Familienwohnung oder eine andere Wohnung zu nutzen, sich in einem bestimmten Umkreis der Wohnung aufzuhalten oder zu bestimmende andere Orte aufzusuchen, an denen sich das Kind regelmäßig aufhält,
4.
Verbote, Verbindung zum Kind aufzunehmen oder ein Zusammentreffen mit dem Kind herbeizuführen,
5.
die Ersetzung von Erklärungen des Inhabers der elterlichen Sorge,
6.
die teilweise oder vollständige Entziehung der elterlichen Sorge.

(4) In Angelegenheiten der Personensorge kann das Gericht auch Maßnahmen mit Wirkung gegen einen Dritten treffen.