Bundesgerichtshof Beschluss, 10. Juni 2015 - XII ZB 251/14

bei uns veröffentlicht am10.06.2015
vorgehend
Amtsgericht Karlsruhe, 6 F 47/13, 06.09.2013
Oberlandesgericht Karlsruhe, 2 UF 238/13, 28.04.2014

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
BESCHLUSS
XII ZB251/14 Verkündet am:
10. Juni 2015
Küpferle,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in der Familiensache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
BGB § 1615 l Abs. 2

a) Zur Verlängerung des Unterhalts nach § 1615 l Abs. 2 BGB bei Betreuung eines
behinderten Kindes.

b) Die Belastung des betreuenden Elternteils durch die Wiederaufnahme eines anlässlich
der Geburt eines nichtehelichen Kindes unterbrochenen Studiums stellt
keinen elternbezogenen Grund für die Verlängerung des Betreuungsunterhalts
nach § 1615 l Abs. 2 BGB dar.

c) Die Lebensstellung des nach den §§ 1615 l Abs. 2, 1610 Abs. 1 BGB Unterhaltsberechtigten
richtet sich danach, welche Einkünfte er ohne die Geburt und die
Betreuung des gemeinsamen Kindes hätte. Sie ist deshalb nicht auf den Zeitpunkt
der Geburt des Kindes festgeschrieben, so dass sich später ein höherer
Bedarf ergeben kann (teilweise Aufgabe der Senatsurteile BGHZ 184, 13
= FamRZ 2010, 357 und vom 13. Januar 2010 - XII ZR 123/08 - FamRZ 2010,
444).
BGH, Beschluss vom 10. Juni 2015 - XII ZB 251/14 - OLG Karlsruhe
AG Karlsruhe
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 10. Juni 2015 durch den Vorsitzenden Richter Dose, die Richterin WeberMonecke
und die Richter Dr. Klinkhammer, Dr. Nedden-Boeger und Guhling

für Recht erkannt:
Auf die Rechtsbeschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des 2. Zivilsenats - Senat für Familiensachen - des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 28. April 2014 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als der Unterhaltsantrag für die Zeit ab 1. November 2013 abgewiesen worden ist. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens , an das Oberlandesgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Gründe:

I.

1
Die Beteiligten streiten noch um Betreuungsunterhalt nach § 1615 l BGB für die Zeit ab November 2013.
2
Die Antragstellerin und der Antragsgegner sind die nicht miteinander verheirateten Eltern des am 21. Oktober 2010 geborenen Sohnes T. Das Kind ist zu 100 % schwerbehindert; es leidet an einer Chromosomenanomalie des Typs Trisomie 21 (so genanntes Down-Syndrom) und ist in Pflegestufe 2 eingestuft. T. lebt bei der Antragstellerin. Diese hatte ihr Studium für das Lehramt infolge der Schwangerschaft und der Geburt des Kindes unterbrochen. Inzwischen lebt sie mit T. im Haus ihrer Eltern und hat neben der Betreuung des Kindes das Studium wieder aufgenommen. T. besucht seit September 2012 montags bis freitags von 9.00 Uhr bis 15.00 Uhr eine Kindertagesstätte, die von 6.30 Uhr bis 18.00 Uhr geöffnet ist. Diese ist für behinderte Kinder eingerichtet und verfügt über besonders ausgebildete Betreuungskräfte und Therapeuten. Vierteljährlich nimmt das Kind in Begleitung der Antragstellerin an einer ärztlich verordneten Therapiewoche teil. Zusätzlich zu weiteren wöchentlich stattfindenden Therapien muss die Antragstellerin mit dem Kind täglich Übungen durchführen.
3
Der Antragsgegner, der zur Zeit der Geburt des Kindes ebenfalls Student war, schloss sein Studium ab und übt inzwischen eine Tätigkeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter an einer Universität aus.
4
Die Antragstellerin hat Betreuungsunterhalt für die Zeit ab November 2012 begehrt. Sie hat geltend gemacht, dass sie auch während der Betreuung des Sohnes in der Kindertagesstätte ständig rufbereit sein müsse. Darüber hinaus sei es häufig notwendig, T. schon am frühen Nachmittag abzuholen, wenn Therapietermine anstünden, weil er hierfür andernfalls zu erschöpft sei. Außerdem sei das Kind wegen seines schwachen Immunsystems oft krank und könne die Kindertagesstätte nicht besuchen. Diese Umstände ließen sich mit einer geregelten Arbeitszeit nicht vereinbaren. Sie hätten auch dazu geführt, dass sie ihr Studium noch nicht habe abschließen können.
5
Das Amtsgericht hat dem Antrag stattgegeben und den Antragsgegner neben der Zahlung eines Rückstands verurteilt, ab 1. Februar 2013 Unterhalt in Höhe von monatlich 800 € zu zahlen. Auf die Beschwerde des Antragsgegners hat das Oberlandesgericht die Entscheidung teilweise abgeändert und den Antrag für die Zeit ab 1. November 2013 abgewiesen. Dagegen richtet sich die insoweit zugelassene Rechtsbeschwerde der Antragstellerin, mit der sie die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Beschlusses erstrebt.

II.

6
Die Rechtsbeschwerde ist begründet. Sie führt im Umfang des Angriffs zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und insoweit zur Zurückverweisung der Sache an das Oberlandesgericht.
7
1. Dieses hat zur Begründung seiner - in FamRZ 2014, 1646 im Wesentlichen veröffentlichten - Entscheidung, soweit im Rechtsbeschwerdeverfahren noch von Bedeutung, ausgeführt:
8
Der Antragsgegner schulde der Antragstellerin nach Beginn des vierten Lebensjahres des Kindes keinen Betreuungsunterhalt nach § 1615 l Abs. 2 BGB mehr, da sie nicht wegen der Pflege und Erziehung des Kindes, sondern durch das wieder aufgenommene Studium an einer ihren Bedarf deckenden Erwerbstätigkeit gehindert gewesen sei. Mit einer ihr zumutbaren Teilzeiterwerbstätigkeit sei sie in der Lage, die zur Deckung ihres Existenzminimums erforderlichen 800 € monatlich zu verdienen. Sie habe nicht nachgewiesen, dass es aus kindbezogenen oder aus elternbezogenen Gründen gerechtfertigt sei, den Unterhaltsanspruch zu verlängern. Die Behinderung des Kindes erfordere zwar eine von der Antragstellerin belegte erheblich intensivere persönliche Be- treuungsleistung als Mutter, als dies bei einem gleichaltrigen gesunden Kind der Fall sei. Gleichwohl treffe die Antragstellerin für die Zeit ab November 2013 eine Erwerbsobliegenheit, die über eine halbschichtige Tätigkeit hinausgehe und ihr Einkünfte von monatlich 800 € ermögliche. T. werde in der Tagesstätte im Rahmen einer Einzelintegrationsmaßnahme an fünf Tagen in der Woche betreut. Nach dem Vortrag der Antragstellerin besuche er die Einrichtung regelmäßig täglich von 9.00 Uhr bis 15.00 Uhr. Es könne dahinstehen, ob auch die längeren Öffnungszeiten genutzt werden könnten, da bereits die bisherige Handhabung der Antragstellerin eine tägliche Arbeitszeit von bis zu fünf Stunden ermögliche. Die Kindertagesstätte sei auf die Betreuung behinderter Kinder spezialisiert und decke auch therapeutische Maßnahmen ab. Soweit die Antragstellerin vorgetragen habe, infolge der häufigen Erkrankungen des Kindes an der Ausübung einer Tätigkeit gehindert zu sein, führe dies nicht zu einer anderen Beurteilung. Die zum Beispiel häufig auftretende Bindehautentzündung oder auch Erkältungen machten nicht unbedingt eine persönliche Betreuung durch die Mutter erforderlich; gegebenenfalls sei eine Abholung und Betreuung des Kindes durch weitere Personen denkbar. Dass solche Personen, etwa die Großeltern, nicht zur Verfügung stünden, habe die Mutter nicht vorgetragen. Der Aufnahme einer Erwerbstätigkeit stünden auch die Therapiemaßnahmen, die die Mutter mit T. wahrnehme, nicht entgegen; es sei nicht ersichtlich, dass diese, ebenso wie die Krankengymnastik, nicht ab 16.00 Uhr wahrgenommen werden könnten.
9
Danach könnten kindbezogene Gründe nicht in einem Ausmaß festgestellt werden, bei dem die Antragstellerin außerstande wäre, ihren Lebensbedarf durch eine eigene Erwerbstätigkeit zu bestreiten. Infolge ihrer Vorbildung und des bisher absolvierten Studiums könne sie zum Beispiel im Lektorat eines Verlags, als Mitarbeiterin in der Verwaltung einer Hochschule, bei einer Privatschule oder einer gemeinnützigen Einrichtung zumindest einen Stundenlohn von 10 € brutto und bei 110 Stunden ein Nettoeinkommen von 858,41 € monatlich erzielen. Unter Berücksichtigung berufsbedingter Aufwendungen verbleibe ein das Existenzminimum geringfügig übersteigendes Einkommen.
10
Als elternbezogener Grund sei die starke Belastung der Antragstellerin durch die besondere Betreuungsbedürftigkeit des Kindes anzuerkennen. Dies führe dazu, dass ihr eine Vollzeittätigkeit nicht zugemutet werden könne. Auch außerhalb der Betreuungsmöglichkeiten in der Kindertagesstätte liege bei T. ein überdurchschnittlich hoher Betreuungsaufwand vor. Die Einstufung in Pflegestufe 2 setze einen erheblichen pflegerischen Bedarf voraus. Die daraus resultierende Belastung der Mutter stehe einer Erwerbstätigkeit in der Zeit der Fremdbetreuung des Kindes jedoch nicht entgegen. Dass die Antragstellerin wegen der Geburt und der nachfolgenden Betreuung ihr Studium unterbrochen habe, während der Antragsgegner in dieser Zeit sein Studium habe abschließen können, stelle keinen Umstand dar, der aus Billigkeitsgründen eine Verlängerung des Betreuungsunterhalts rechtfertige. Elternbezogene Gesichtspunkte könnten eine Verlängerung des Anspruchs nur begründen, wenn aus einer gemeinsamen Lebensplanung der Beteiligten ein entsprechender Vertrauenstatbestand abgeleitet werden könne. Das sei hier nicht der Fall, weil die Beteiligten vor der Geburt des Kindes offensichtlich nicht zusammengelebt hätten. Allein die Tatsache, dass sich beide Beteiligte damals in vergleichbarer Ausbildungssituation befunden hätten und der Antragsgegner in der Zwischenzeit sein Studium habe beenden können, begründe für diesen nicht die Verpflichtung, der Antragstellerin bis zur Beendigung der Ausbildung Unterhalt zu zahlen. Für nicht miteinander verheiratete Eltern fehle eine § 1575 BGB entsprechende Regelung. Durch die vorgenannte Bestimmung sei insbesondere das Vertrauen des Unterhalt begehrenden Ehegatten auf Ausgleich ehebedingter Ausbildungsnachteile geschützt. Eine vergleichbar schützenswerte Vertrauenssituation der Beteiligten liege hier nicht vor, sodass sich auch in einer Gesamtschau unter Billigkeitsgesichtspunkten die Heranziehung des Rechtsgedankens des § 1575 BGB verbiete. Die Antragstellerin sei darauf zu verweisen, gegebenenfalls ihren Unterhaltsanspruch gegenüber ihren Eltern geltend zu machen oder sich um BAföG-Leistungen zu bemühen.
11
2. Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung nicht in allen Punkten stand.
12
a) Nach § 1615 l Abs. 2 Satz 2 BGB steht der Mutter eines nichtehelich geborenen Kindes über die Dauer des Mutterschutzes hinaus ein Unterhaltsanspruch gegen den Vater zu, wenn von ihr wegen der Pflege und Erziehung des gemeinsamen Kindes eine Erwerbstätigkeit nicht erwartet werden kann. Nach § 1615 l Abs. 2 BGB besteht die Unterhaltspflicht des betreuenden Elternteils für mindestens drei Jahre nach der Geburt des Kindes. Sie verlängert sich, solange und soweit dies der Billigkeit entspricht. Dabei sind insbesondere die Belange des Kindes und die bestehenden Möglichkeiten der Kinderbetreuung zu berücksichtigen. Insoweit hat der Gesetzgeber die Vorschrift des § 1615 l Abs. 2 BGB und den nachehelichen Betreuungsunterhalt nach § 1570 BGB weitgehend einander angeglichen (Senatsurteil vom 13. Januar 2010 - XII ZR 123/08 - FamRZ 2010, 444 Rn. 24 mwN).
13
Im Rahmen der Billigkeitsentscheidung über eine - hier allein noch im Streit stehende - Verlängerung des Betreuungsunterhalts über das vollendete dritte Lebensjahr hinaus kann sich der betreuende Elternteil mithin nicht mehr auf die Notwendigkeit einer persönlichen Betreuung des Kindes berufen, wenn und soweit das Kind eine kindgerechte Betreuungseinrichtung besucht oder unter Berücksichtigung der individuellen Verhältnisse besuchen könnte. Für die Zeit ab Vollendung des dritten Lebensjahres des Kindes steht dem betreuenden Elternteil nur noch dann ein fortdauernder Anspruch auf Betreuungsunterhalt zu, wenn dies der Billigkeit entspricht (§ 1615 l Abs. 2 Satz 4 BGB). Damit verlangt die Regelung allerdings keinen abrupten Wechsel von der elterlichen Betreuung zu einer Vollzeiterwerbstätigkeit (BT-Drucks. 16/6980 S. 9). Insbesondere nach Maßgabe der im Gesetz ausdrücklich genannten kindbezogenen Gründe ist unter Berücksichtigung der bestehenden Möglichkeiten der Kinderbetreuung (§ 1615 l Abs. 2 Satz 5 BGB) ein gestufter Übergang bis hin zu einer Vollzeiterwerbstätigkeit möglich (Senatsurteil vom 13. Januar 2010 - XII ZR 123/08 - FamRZ 2010, 444 Rn. 26 mwN).
14
Neben den vorrangig zu berücksichtigenden kindbezogenen Gründen sieht § 1570 Abs. 2 BGB für den nachehelichen Betreuungsunterhalt eine weitere Verlängerungsmöglichkeit aus elternbezogenen Gründen vor. Danach verlängert sich der nacheheliche Betreuungsunterhalt über die Verlängerung aus kindbezogenen Gründen hinaus, wenn dies unter Berücksichtigung der Gestaltung von Kinderbetreuung und Erwerbstätigkeit in der Ehe sowie deren Dauer der Billigkeit entspricht. Insoweit ist auch ein Vertrauenstatbestand zu berücksichtigen , der sich aus den Nachwirkungen der Ehe ergeben kann. Im Rahmen des Anspruchs wegen Betreuung eines nichtehelich geborenen Kindes ist diese Regelung zwar nicht ausdrücklich übernommen worden. Da § 1615 l Abs. 2 Satz 5 BGB jedoch eine Verlängerung des Unterhaltsanspruchs "insbesondere" aus kindbezogenen Gründen zulässt, kommen im Einzelfall auch elternbezogene Gründe für eine Verlängerung des Betreuungsunterhalts in Betracht. Das kann etwa dann gelten, wenn die Eltern mit ihrem gemeinsamen Kind zusammengelebt haben und außerdem ein besonderer Vertrauenstatbestand als Nachwirkung dieser Familie entstanden ist (BT-Drucks. 16/6980 S. 10). Dabei ist allerdings stets zu beachten, dass die gesetzliche Regel, wonach der Betreuungsunterhalt grundsätzlich nur für drei Jahre geschuldet ist und eine Verlängerung über diesen Zeitraum hinaus ausdrücklich begründet werden muss, nicht in ihr Gegenteil verkehrt werden darf (Senatsurteil vom 13. Januar 2010 - XII ZR 123/08 - FamRZ 2010, 444 Rn. 26 mwN).
15
Für die Voraussetzungen einer Verlängerung des Betreuungsunterhalts über die Dauer von drei Jahren hinaus trägt der Unterhaltsberechtigte die Darlegungs - und Beweislast. Er hat also zunächst darzulegen und zu beweisen, dass keine kindgerechte Einrichtung für die Betreuung des gemeinsamen Kindes zur Verfügung steht oder dass aus besonderen Gründen eine persönliche Betreuung erforderlich ist. Auch Umstände, die aus elternbezogenen Gründen zu einer eingeschränkten Erwerbspflicht und damit zur Verlängerung des Betreuungsunterhalts führen können, hat der Unterhaltsberechtigte darzulegen und zu beweisen (Senatsurteile BGHZ 193, 78 = FamRZ 2012, 1040 Rn. 20; vom 17. Juni 2009 - XII ZR 102/08 - FamRZ 2009, 1391 Rn. 20 mwN und BGHZ 177, 272 = FamRZ 2008, 1739 Rn. 97).
16
b) Die Annahme des Beschwerdegerichts, im vorliegenden Fall seien kindbezogene Gründe für eine Verlängerung des Betreuungsunterhalts über die Vollendung des dritten Lebensjahrs hinaus nicht festzustellen, hält den Angriffen der Rechtsbeschwerde nicht stand.
17
aa) Kindbezogene Gründe liegen z. B. dann vor, wenn das Kind behindert , dauerhaft krank oder schwer in seiner Entwicklung gestört und deshalb auf weitere Betreuung durch die Mutter angewiesen ist (BT-Drucks. 13/4899 S. 89; Senatsurteil BGHZ 168, 245 = FamRZ 2006, 1362, 1363 zum früheren Recht). Auch insoweit ist allerdings stets zunächst der individuelle Umstand zu prüfen, ob und in welchem Umfang die Kindesbetreuung auf andere Weise gesichert ist oder in einer für das Kind geeigneten Betreuungseinrichtung gesichert werden könnte (Senatsurteil vom 17. März 2010 - XII ZR 204/08 - FamRZ 2010, 802 Rn. 11 zum volljährigen behinderten Kind; vgl. auch Senatsurteile BGHZ 180, 170 = FamRZ 2009, 770 Rn. 27; vom 6. Mai 2009 - XII ZR 114/08 - FamRZ 2009, 1124 Rn. 32 und vom 17. Juni 2009 - XII ZR 102/08 - FamRZ 2009, 1391 Rn. 23).
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bb) Das Beschwerdegericht ist davon ausgegangen, die Betreuung des Kindes in der Kindertagesstätte, die von 9.00 Uhr bis 15.00 Uhr erfolge, ermögliche der Antragstellerin eine tägliche Arbeitszeit von bis zu 5 Stunden. Soweit sie darauf verweise, infolge der häufigen Erkrankungen des Kindes an einer Erwerbstätigkeit gehindert zu sein, sei festzustellen, dass nicht alle Erkrankungen eine Betreuung durch die Mutter erforderten. Vielmehr sei auch eine Abholung und Betreuung durch andere Personen, etwa die Großeltern, denkbar. Die Antragstellerin habe nicht vorgetragen, dass solche Personen nicht zur Verfügung stünden.
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Die dagegen erhobene Verfahrensrüge der Rechtsbeschwerde ist gerechtfertigt. Sie macht geltend, das Beschwerdegericht habe für die Antragstellerin überraschend angenommen, das Kind könne auch von anderen Familienmitgliedern abgeholt werden. Hätte das Beschwerdegericht auf die von ihm beabsichtigte Inpflichtnahme der Großeltern hingewiesen, hätte die Antragstellerin vorgetragen, dass ihr Vater bereits im 83. Lebensjahr stehe und nach zwei schweren Operationen im vorausgegangenen Jahr gesundheitlich angegriffen sei, so dass ihm die Abholung des Kindes nicht zugemutet werden könne. Die Mutter der Antragstellerin sei mit der Pflege ihres Mannes sowie ihres eigenen Sohnes völlig ausgelastet und werde mit der zusätzlichen Rufbereitschaft für T. überlastet.
20
Der Einwand ist erheblich. Nach der Rechtsprechung des Senats ist im jeweiligen Einzelfall zu beurteilen, inwiefern die Hilfe Dritter in Anspruch genommen werden kann (Senatsurteil BGHZ 193, 78 = FamRZ 2012, 1040 Rn. 22 und Senatsbeschluss vom 1. Oktober 2014 - XII ZB 185/13 - FamRZ 2014, 1987 Rn. 21). Nachdem das Amtsgericht auf diesen Gesichtspunkt nicht eingegangen ist, sondern der Antragstellerin unbefristeten Unterhalt zuerkannt hat, konnte sie als in erster Instanz obsiegende Beteiligte darauf vertrauen, vom Beschwerdegericht rechtzeitig einen Hinweis zu erhalten, wenn dieses in einem entscheidungserheblichen Punkt der Beurteilung der Vorinstanz nicht folgen will und aufgrund seiner abweichenden Ansicht eine Ergänzung des Vorbringens oder einen Beweisantritt für erforderlich hält (st. Rspr., vgl. etwa BGH Beschluss vom 15. März 2006 - IV ZR 32/05 - FamRZ 2006, 942, 943 mwN).
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cc) Da das Beschwerdegericht zu möglicher Hilfe bei der Abholung und anschließenden Betreuung des Kindes durch Dritte keine Feststellungen getroffen hat, ist das Vorbringen der Antragstellerin hierzu im Rechtsbeschwerdeverfahren zugrunde zu legen. Dann kann aber nicht davon ausgegangen werden, dass für die Antragstellerin allein aus der grundsätzlichen Betreuung des Kindes in der Kindertagesstätte die Möglichkeit folgt, an bis zu fünf Stunden werktäglich einer geregelten Erwerbstätigkeit nachzugehen. Denn angesichts der erheblichen Anzahl von Krankheitstagen des Kindes (nach den Angaben der Mutter in der Zeit von Januar 2013 bis Januar 2014 an 60 Werktagen) muss sie ständig damit rechnen, dass eine persönliche Betreuung notwendig wird. Darüber hinaus hat sie T. während der vierteljährlich stattfindenden Therapiewoche zu begleiten, die verschiedenen anderen Therapietermine wahrzunehmen und täglich Übungen durchzuführen. Unter diesen Umständen ist schon die Annahme nicht gerechtfertigt, die Antragstellerin könne durch eine Erwerbstätigkeit im Umfang von 25 Wochenstunden ihren Bedarf decken. Deshalb kommt bereits ein kindbezogener Grund für eine Verlängerung des Betreuungsunterhalts in Betracht.
22
c) Auch ein elternbezogener Grund ist entgegen der Auffassung des Beschwerdegerichts nicht ausgeschlossen.
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aa) Ein solcher Grund kann, wie bereits ausgeführt, auch im Rahmen eines Unterhaltsanspruchs nach § 1615 l Abs. 2 BGB vorliegen, wenn die Eltern mit ihrem gemeinsamen Kind zusammengelebt haben und außerdem ein besonderer Vertrauenstatbestand als Nachwirkung dieser Familie entstanden ist. Das Beschwerdegericht hat dies mit der Begründung abgelehnt, die Beteiligten hätten vor der Geburt des Kindes offensichtlich nicht zusammengelebt.
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Die Rechtsbeschwerde macht insofern geltend, die Beteiligten hätten ab Juni 2010 an ihrem Studienort zusammengelebt, und zwar zunächst im Studentenzimmer der Antragstellerin und ab 20. Juli 2010 in einer gemeinsam eingerichteten Wohnung. Die gemeinsame Anschrift ergebe sich bereits aus der von der Antragstellerin vorgelegten Vaterschaftsanerkennungsurkunde vom 17. August 2010 für das am 21. Oktober 2010 geborene Kind. Das Beschwerdegericht hätte die Antragstellerin deshalb darauf hinweisen müssen, dass es ab November 2013 einen Unterhaltsanspruch verneinen wolle, weil diese mangels gemeinsamer Lebensplanung nicht auf eine Absicherung durch den Antragsgegner habe vertrauen dürfen.
25
Mit dieser Rüge dringt die Rechtsbeschwerde allerdings nicht durch. Das Vorbringen ist nicht erheblich, so dass keine Hinweispflicht bestand. Die Antragstellerin hat auch im Rechtsbeschwerdeverfahren nicht geltend gemacht, mit dem Antragsgegner und dem gemeinsamen Sohn zusammengelebt zu haben. In der Zeit vor der Geburt des Kindes konnte sie indessen nicht auf eine unterhaltsrechtliche Absicherung durch den Antragsgegner vertrauen, weil das Gesetz für nichteheliche Lebensgemeinschaften ohne gemeinsames Kind keine Unterhaltsansprüche kennt (Senatsurteil vom 13. Januar 2010 - XII ZR 123/08 - FamRZ 2010, 444 Rn. 26, 30). Allein aus der Vaterschaftsanerkennung des Antragsgegners kann nicht auf die Übernahme unterhaltsrechtlicher Verantwortung für die Antragstellerin geschlossen werden. Dieser Umstand kann allenfalls verstärkend für die Begründung besonderen Vertrauens sprechen (Wever FamRZ 2008, 553, 557; vgl. auch NK-BGB/Schilling 3. Aufl. § 1615 l Rn. 14), d. h. wenn hierfür bereits weitere Gesichtspunkte vorliegen.
26
bb) Soweit das Beschwerdegericht es abgelehnt hat, der Antragsgegnerin verlängerten Betreuungsunterhalt über das vollendete dritte Lebensjahr hinaus allein deswegen zuzubilligen, weil sie wegen der Geburt und der anschließenden Betreuung des Kindes ihr Studium unterbrochen hat, während der Antragsgegner sein Studium abschließen konnte, ist dies aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.
27
Die Belastung des betreuenden Elternteils durch berufliche Ausbildungs-, Fortbildungs- oder Qualifizierungsmaßnahmen stellt schon keinen elternbezogenen Grund im Sinne des § 1570 Abs. 2 BGB dar. Nach dem Wortlaut des Gesetzes muss es sich vielmehr um Umstände handeln, die unter Berücksichtigung der Gestaltung von Kindererziehung und Erwerbstätigkeit in der Ehe von Bedeutung sind. Die Gesetzesbegründung weist darauf hin, dass das Vertrauen in die vereinbarte und so auch gehandhabte Rollenverteilung hinsichtlich der Kinderbetreuung geschützt werden soll. Soweit der betreuende Elternteil nach Vollendung des dritten Lebensjahrs des Kindes von einer Erwerbstätigkeit aber nicht allein in dessen Interesse absieht, sondern auch um ein Studium oder eine andere Ausbildung zu beenden, dienen der entsprechende zeitliche Aufwand und der Einsatz, die ihn insoweit von einer Erwerbstätigkeit haben absehen lassen, seinen eigenen beruflichen Interessen und nicht denjenigen des Kindes. Maßgebend können solche Umstände deshalb im Rahmen des nachehelichen Unterhalts nur für die Frage einer angemessenen Erwerbstätigkeit im Sinne des § 1574 BGB oder für die Gewährung von Ausbildungsunterhalt nach § 1575 BGB sein (Senatsurteil vom 8. August 2012 - XII ZR 97/10 - FamRZ 2012, 1624 Rn. 24).
28
Für den Unterhaltsanspruch der nichtehelichen Mutter nach § 1615 l Abs. 2 BGB gilt hinsichtlich der Beurteilung als elternbezogener Grund nichts anderes. Andernfalls würde sie besser stehen als eine eheliche Mutter, was der Gesetzesintention nicht entspricht. Ausbildungsunterhalt billigt das Gesetz der Mutter eines nichtehelichen Kindes indessen nicht zu (ebenso NK-BGB/ Schilling 3. Aufl. § 1615 l Rn. 14; Wever FF 2010, 214, 215; aA: OLG Nürnberg FamRZ 2010, 577, 578). Sie ist insoweit vielmehr gehalten, entweder ihre Eltern auf Unterhalt in Anspruch zu nehmen (vgl. hierzu Senatsurteil vom 29. Juni 2011 - XII ZR 127/09 - FamRZ 2011, 1560 Rn. 17 ff.) oder Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz zu beantragen.
29
Dem von der Rechtsbeschwerde angeführten Gesichtspunkt, der Antragsgegner habe sein Studium beenden können, ohne dass die Antragstellerin ihn in dieser Zeit zur Zahlung von Unterhalt herangezogen habe, kommt demgegenüber keine Bedeutung zu. Die Rechtsbeschwerde zeigt im Übrigen nicht auf, dass der Antragsgegner in dem betreffenden Zeitraum zur Zahlung von Betreuungsunterhalt leistungsfähig gewesen wäre.
30
cc) Soweit die Betreuung des Kindes auf andere Weise sichergestellt oder in einer kindgerechten Einrichtung möglich ist, kann einer Erwerbsobliegenheit des betreuenden Elternteils allerdings entgegenstehen, dass die von ihm daneben zu leistende Betreuung und Erziehung des Kindes zu einer überobligationsmäßigen Belastung führen kann (Senatsurteile BGHZ 193, 78 = FamRZ 2012, 1040 Rn. 24; vom 21. April 2010 - XII ZR 134/08 - FamRZ 2010, 1050 Rn. 36; BGHZ 180, 170 = FamRZ 2009, 770 Rn. 31 f. und BGHZ 177, 272 = FamRZ 2008, 1739 Rn. 103). Dabei ist unter anderem zu berücksichtigen , dass am Morgen oder am späten Nachmittag und Abend regelmäßig weitere Erziehungs- und Betreuungsleistungen zu erbringen sind, die je nach dem individuellen Betreuungsbedarf des Kindes in unterschiedlichem Umfang anfallen können (Senatsurteil BGHZ 193, 78 = FamRZ 2012, 1040 Rn. 24 für den Anspruch nach § 1570 BGB).
31
Diesen Gesichtspunkt hat das Beschwerdegericht nicht hinreichend gewürdigt. Die Antragstellerin hat geltend gemacht, für die Vorbereitung des Kindes auf die Kindertagesstätte etwa eine Stunde zu benötigen, weil es z. B. nicht selbständig essen könne. Für das Bringen zu und das Abholen von der Betreuungseinrichtung brauche sie jeweils ebenfalls eine Stunde. Darüber hinaus müsse sie mit T. Therapietermine wahrnehmen und mehrfach täglich Übungen absolvieren. Diese Umstände bedingen einen erheblichen zeitlichen Einsatz, der bei der Beurteilung der Vereinbarkeit der Betreuung des schwerbehinderten Kindes und einer Erwerbstätigkeit angemessen zu berücksichtigen ist. Konkrete Feststellungen hierzu hat das Beschwerdegericht nicht getroffen.
32
3. Der angefochtene Beschluss kann danach keinen Bestand haben. Der Senat ist nicht zu einer abschließenden Entscheidung in der Lage, da es hierzu weiterer tatsächlicher Feststellungen bedarf. Die Sache ist deshalb im Umfang der Aufhebung des Beschlusses an das Beschwerdegericht zurückzuverweisen.
33
4. Für das weitere Verfahren weist der Senat auf Folgendes hin:
34
a) Der Unterhaltsbedarf der Antragstellerin könnte nicht vollständig durch erzielbare eigene Einkünfte aus einer Teilzeiterwerbstätigkeit gedeckt sein. Der Senat hat zwar entschieden, dass ein im Zeitpunkt der Geburt des gemeinsamen Kindes bestehender (Mindest-) Bedarf später auch durch eine Teilzeittä- tigkeit bestritten werden kann. Soweit daraus eine vollständige Bedarfsdeckung auch für künftige Zeiten abgeleitet wurde (Senatsurteile BGHZ 184, 13 = FamRZ 2010, 357 Rn. 54 ff. und vom 13. Januar 2010 - XII ZR 123/08 - FamRZ 2010, 444 Rn. 15 ff., 20), hält er daran aber nicht fest. Die Lebensstellung des nach den §§ 1615 l Abs. 2, 1610 Abs. 1 BGB Unterhaltsberechtigten richtet sich danach, welche Einkünfte er ohne die Geburt und die Betreuung des gemeinsamen Kindes hätte (Senatsurteil vom 15. Dezember 2004 - XII ZR 121/03 - FamRZ 2005, 442); sie ist deshalb nicht auf den Zeitpunkt der Geburt des Kindes festgeschrieben. Den hieraus folgenden Bedarf dürfte die Antragstellerin, die ihr Studium ohne dessen Unterbrechung wegen der Betreuung des Kindes abgeschlossen haben dürfte, nicht durch eine Teilzeittätigkeit decken können.
35
b) Im Hinblick auf den hiernach möglichen höheren Bedarf wird nicht offen bleiben können, ob die Antragstellerin die längeren Öffnungszeiten der Kinderbetreuungsstätte (6.30 Uhr bis 18.00 Uhr) zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit nutzen könnte. Vielmehr wird das Beschwerdegericht in tatrichterlicher Verantwortung zu prüfen haben, inwieweit eine Fremdbetreuung des Kindes im Rahmen der vorgenannten Zeiten mit dessen Wohl vereinbar ist.
Dose Weber-Monecke Klinkhammer Nedden-Boeger Guhling
Vorinstanzen:
AG Karlsruhe, Entscheidung vom 06.09.2013 - 6 F 47/13 -
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Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 10. Juni 2015 - XII ZB 251/14

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(1) Ein geschiedener Ehegatte, der in Erwartung der Ehe oder während der Ehe eine Schul- oder Berufsausbildung nicht aufgenommen oder abgebrochen hat, kann von dem anderen Ehegatten Unterhalt verlangen, wenn er diese oder eine entsprechende Ausbildun

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Bundesgerichtshof Beschluss, 10. Juni 2015 - XII ZB 251/14 zitiert 9 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesgerichtshof Urteil, 08. Aug. 2012 - XII ZR 97/10

bei uns veröffentlicht am 08.08.2012

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL XII ZR 97/10 Verkündet am: 8. August 2012 Küpferle, Justizamtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in der Familiensache Nachschlagewerk: ja BGHZ: nei

Bundesgerichtshof Urteil, 13. Jan. 2010 - XII ZR 123/08

bei uns veröffentlicht am 13.01.2010

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL XII ZR 123/08 Verkündet am: 13. Januar 2010 Küpferle, Justizamtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in der Familiensache Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein

Bundesgerichtshof Urteil, 06. Mai 2009 - XII ZR 114/08

bei uns veröffentlicht am 06.05.2009

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL XII ZR 114/08 Verkündet am: 6. Mai 2009 Küpferle, Justizamtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in der Familiensache Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR

Bundesgerichtshof Urteil, 17. Juni 2009 - XII ZR 102/08

bei uns veröffentlicht am 17.06.2009

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL XII ZR 102/08 Verkündet am: 17. Juni 2009 Küpferle, Justizamtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in der Familiensache Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BG

Bundesgerichtshof Urteil, 29. Juni 2011 - XII ZR 127/09

bei uns veröffentlicht am 29.06.2011

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL XII ZR 127/09 Verkündet am: 29. Juni 2011 Breskic, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR:

Bundesgerichtshof Beschluss, 15. März 2006 - IV ZR 32/05

bei uns veröffentlicht am 15.03.2006

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS IV ZR 32/05 vom 15. März 2006 in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein _____________________ GG Art. 103 Abs. 1; BGB § 1795 Abs. 1 Nr. 3, 1, § 1908 i Abs. 1; ZPO § 139 Abs. 3 Zur Notwendigkeit eines rechtzeit

Bundesgerichtshof Urteil, 17. März 2010 - XII ZR 204/08

bei uns veröffentlicht am 17.03.2010

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL XII ZR 204/08 Verkündet am: 17. März 2010 Küpferle, Justizamtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in der Familiensache Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BG

Bundesgerichtshof Urteil, 21. Apr. 2010 - XII ZR 134/08

bei uns veröffentlicht am 21.04.2010

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL XII ZR 134/08 Verkündet am: 21. April 2010 Küpferle, Justizamtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in der Familiensache Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein

Bundesgerichtshof Beschluss, 01. Okt. 2014 - XII ZB 185/13

bei uns veröffentlicht am 01.10.2014

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES BESCHLUSS XII ZB185/13 Verkündet am: 1. Oktober 2014 Breskic, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in der Familiensache Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR:

Referenzen

(1) Der Unterhaltsanspruch erlischt mit dem Tode des Berechtigten oder des Verpflichteten, soweit er nicht auf Erfüllung oder Schadensersatz wegen Nichterfüllung für die Vergangenheit oder auf solche im Voraus zu bewirkende Leistungen gerichtet ist, die zur Zeit des Todes des Berechtigten oder des Verpflichteten fällig sind.

(2) Im Falle des Todes des Berechtigten hat der Verpflichtete die Kosten der Beerdigung zu tragen, soweit ihre Bezahlung nicht von dem Erben zu erlangen ist.

(1) Ein geschiedener Ehegatte, der in Erwartung der Ehe oder während der Ehe eine Schul- oder Berufsausbildung nicht aufgenommen oder abgebrochen hat, kann von dem anderen Ehegatten Unterhalt verlangen, wenn er diese oder eine entsprechende Ausbildung sobald wie möglich aufnimmt, um eine angemessene Erwerbstätigkeit, die den Unterhalt nachhaltig sichert, zu erlangen und der erfolgreiche Abschluss der Ausbildung zu erwarten ist. Der Anspruch besteht längstens für die Zeit, in der eine solche Ausbildung im Allgemeinen abgeschlossen wird; dabei sind ehebedingte Verzögerungen der Ausbildung zu berücksichtigen.

(2) Entsprechendes gilt, wenn sich der geschiedene Ehegatte fortbilden oder umschulen lässt, um Nachteile auszugleichen, die durch die Ehe eingetreten sind.

(3) Verlangt der geschiedene Ehegatte nach Beendigung der Ausbildung, Fortbildung oder Umschulung Unterhalt nach § 1573, so bleibt bei der Bestimmung der ihm angemessenen Erwerbstätigkeit (§ 1574 Abs. 2) der erreichte höhere Ausbildungsstand außer Betracht.

(1) Ein geschiedener Ehegatte kann von dem anderen wegen der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes für mindestens drei Jahre nach der Geburt Unterhalt verlangen. Die Dauer des Unterhaltsanspruchs verlängert sich, solange und soweit dies der Billigkeit entspricht. Dabei sind die Belange des Kindes und die bestehenden Möglichkeiten der Kinderbetreuung zu berücksichtigen.

(2) Die Dauer des Unterhaltsanspruchs verlängert sich darüber hinaus, wenn dies unter Berücksichtigung der Gestaltung von Kinderbetreuung und Erwerbstätigkeit in der Ehe sowie der Dauer der Ehe der Billigkeit entspricht.

24
aa) Nach § 1615 l Abs. 2 Satz 2 BGB steht der Mutter eines nichtehelich geborenen Kindes über die Dauer des Mutterschutzes hinaus ein Unterhaltsanspruch gegen den Vater zu, wenn von ihr wegen der Pflege und Erziehung des gemeinsamen Kindes eine Erwerbstätigkeit nicht erwartet werden kann. Nach § 1615 l Abs. 2 Satz 3 BGB besteht die Unterhaltspflicht des betreuenden Elternteils für mindestens drei Jahre nach der Geburt des Kindes. Sie verlängert sich, solange und soweit dies der Billigkeit entspricht. Dabei sind insbesondere die Belange des Kindes und die bestehenden Möglichkeiten der Kinderbetreuung zu berücksichtigen. Insoweit hat der Gesetzgeber die Vorschrift des § 1615 l Abs. 2 BGB und den nachehelichen Betreuungsunterhalt nach § 1570 BGB weitgehend einander angeglichen (vgl. Senatsurteil vom 17. Juni 2009 - XII ZR 102/08 - FamRZ 2009, 1391, 1393 zum nachehelichen Betreuungsunterhalt sowie BT-Drucks. 16/6980 S. 8 ff.).

(1) Ein geschiedener Ehegatte kann von dem anderen wegen der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes für mindestens drei Jahre nach der Geburt Unterhalt verlangen. Die Dauer des Unterhaltsanspruchs verlängert sich, solange und soweit dies der Billigkeit entspricht. Dabei sind die Belange des Kindes und die bestehenden Möglichkeiten der Kinderbetreuung zu berücksichtigen.

(2) Die Dauer des Unterhaltsanspruchs verlängert sich darüber hinaus, wenn dies unter Berücksichtigung der Gestaltung von Kinderbetreuung und Erwerbstätigkeit in der Ehe sowie der Dauer der Ehe der Billigkeit entspricht.

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aa) Nach § 1615 l Abs. 2 Satz 2 BGB steht der Mutter eines nichtehelich geborenen Kindes über die Dauer des Mutterschutzes hinaus ein Unterhaltsanspruch gegen den Vater zu, wenn von ihr wegen der Pflege und Erziehung des gemeinsamen Kindes eine Erwerbstätigkeit nicht erwartet werden kann. Nach § 1615 l Abs. 2 Satz 3 BGB besteht die Unterhaltspflicht des betreuenden Elternteils für mindestens drei Jahre nach der Geburt des Kindes. Sie verlängert sich, solange und soweit dies der Billigkeit entspricht. Dabei sind insbesondere die Belange des Kindes und die bestehenden Möglichkeiten der Kinderbetreuung zu berücksichtigen. Insoweit hat der Gesetzgeber die Vorschrift des § 1615 l Abs. 2 BGB und den nachehelichen Betreuungsunterhalt nach § 1570 BGB weitgehend einander angeglichen (vgl. Senatsurteil vom 17. Juni 2009 - XII ZR 102/08 - FamRZ 2009, 1391, 1393 zum nachehelichen Betreuungsunterhalt sowie BT-Drucks. 16/6980 S. 8 ff.).
20
Allerdings hat der Gesetzgeber mit der gesetzlichen Neuregelung des § 1570 BGB die Darlegungs- und Beweislast für die Voraussetzungen einer Verlängerung des Betreuungsunterhalts über die Dauer von drei Jahren hinaus grundsätzlich dem unterhaltsberechtigten Elternteil auferlegt (Senatsurteile vom 18. März 2009 - XII ZR 74/08 - FamRZ 2009, 770, 772 Tz. 23 mit Anm. Borth FamRZ 2009, 959, 960 und vom 16. Juli 2008 - XII ZR 109/05 - FamRZ 2008, 1739, 1748).
11
Der Unterhaltsanspruch nach § 1570 BGB beschränkt sich nicht auf die Pflege und Erziehung eines gemeinschaftlichen minderjährigen Kindes. Er stellt allein darauf ab, ob eine persönliche Betreuung des gemeinschaftlichen Kindes aus kind- oder elternbezogenen Gründen erforderlich ist und erfasst somit auch den Unterhaltsbedarf wegen Betreuung eines behinderten volljährigen Kindes. Auch insoweit ist im Rahmen der kindbezogenen Gründe stets zunächst der individuelle Umstand zu prüfen, ob und in welchem Umfang die Kindesbetreuung auf andere Weise gesichert ist oder in einer für das volljährige Kind geeigneten Betreuungseinrichtung gesichert werden könnte (vgl. Senatsurteile BGHZ 180, 170 = FamRZ 2009, 770 Tz. 27; vom 6. Mai 2009 - XII ZR 114/08 - FamRZ 2009, 1124 Tz. 32 und vom 17. Juni 2009 - XII ZR 102/08 - FamRZ 2009, 1391 Tz. 23).
32
Im Rahmen der Billigkeitsentscheidung über eine Verlängerung des Betreuungsunterhalts ist deswegen stets zunächst der individuelle Umstand zu prüfen, ob und in welchem Umfang die Kindesbetreuung auf andere Weise gesichert ist oder in kindgerechten Einrichtungen gesichert werden könnte (Senatsurteil vom 18. März 2009 - XII ZR 74/08 - FamRZ 2009, 770, 773 Tz. 27 m.w.N.). Dabei sind alle Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen, auch der konkrete Betreuungsumfang der kindgerechten Einrichtung und die Möglichkeit , auf einen eingeschränkten Gesundheitszustand des Kindes einzugehen.
20
Allerdings hat der Gesetzgeber mit der gesetzlichen Neuregelung des § 1570 BGB die Darlegungs- und Beweislast für die Voraussetzungen einer Verlängerung des Betreuungsunterhalts über die Dauer von drei Jahren hinaus grundsätzlich dem unterhaltsberechtigten Elternteil auferlegt (Senatsurteile vom 18. März 2009 - XII ZR 74/08 - FamRZ 2009, 770, 772 Tz. 23 mit Anm. Borth FamRZ 2009, 959, 960 und vom 16. Juli 2008 - XII ZR 109/05 - FamRZ 2008, 1739, 1748).
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Steht der Umfang einer möglichen anderweitigen Kinderbetreuung fest, ist zu berücksichtigen, wie eine ausgeübte oder mögliche Erwerbstätigkeit mit den Zeiten der Kinderbetreuung (einschließlich der Fahrzeiten) vereinbar ist und in welchem Umfang dem Unterhaltsberechtigten in dem dadurch vorgegebenen zeitlichen Rahmen eine Erwerbstätigkeit zumutbar ist. Daraus können sich insbesondere bei mehreren Kindern Einschränkungen ergeben. Auch die Eigenart der jeweiligen Erwerbstätigkeit ist zu berücksichtigen, etwa wenn es sich um Schichtarbeit handelt oder diese sich ansonsten mit den Zeiten der Kinderbetreuung nur teilweise überschneidet. Inwiefern in diesen Fällen etwa die Hilfe Dritter in Anspruch genommen werden kann, ist im jeweiligen Einzelfall zu beurteilen (Senatsurteil BGHZ 193, 78 = FamRZ 2012, 1040 Rn. 22).

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IV ZR 32/05
vom
15. März 2006
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
_____________________
§ 139 Abs. 3
Zur Notwendigkeit eines rechtzeitigen Hinweises auf das Fehlen einer Prozessvoraussetzung
(hier: ordnungsgemäße Vertretung einer Partei) bei von
der Vorinstanz abweichender Beurteilung der Rechtslage durch das
Rechtsmittelgericht.
Die Hinweispflicht entfällt grundsätzlich auch dann nicht, wenn sich aus einem
Vorprozess eine bestimmte Rechtsauffassung des Rechtsmittelgerichts
erschließen lässt.
BGH, Beschluss vom 15. März 2006 - IV ZR 32/05 - OLG Celle
LG Lüneburg
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch den Vorsitzenden
Richter Terno, die Richter Dr. Schlichting, Wendt, Felsch und
Dr. Franke
am 15. März 2006

beschlossen:
Auf die Beschwerde der Klägerin wird die Revision gegen das Urteil des 3. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Celle vom 29. Dezember 2004 zugelassen.
Das vorbezeichnete Urteil wird gemäß § 544 Abs. 7 ZPO aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung auch über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Streitwert: 76.693,78 €

Gründe:


1
I. 1. Die Klägerin ist die Schwiegermutter der Beklagten. Der Ehemann der Beklagten ist der Sohn der Klägerin und seit Juni 2001 - unter anderem für den Bereich der Vermögenssorge - auch ihr Betreuer. Im Jahre 1989 gewährte die Klägerin der Beklagten und ihrem Ehemann ein Darlehen über 150.000 DM. Im Mai 2000 kündigte sie das Darlehen. Die Klage auf Rückzahlung der Darlehensvaluta wurde von demselben Senat des Berufungsgerichts, dessen Entscheidung die Klägerin im vorliegenden Beschwerdeverfahren angreift, mangels Fälligkeit des Rückzahlungsanspruchs abgewiesen. Nach einem Hinweis des Berichterstatters des Berufungsgerichts auf den Ausschluss der Vertretungsmacht des Betreuers wegen einer möglichen Interessenkollision hatte das zuständige Vormundschaftsgericht für die Klägerin noch vor der Entscheidung des Berufungsgerichts einen Ergänzungsbetreuer bestellt.
2
2. Im vorliegenden Rechtsstreit hat die Klägerin, zunächst erneut vertreten durch ihren Sohn als Betreuer, wiederum Rückzahlung des Darlehens verlangt. Sie hat im Verfahren vor dem Landgericht einen rechtlichen Hinweis für den Fall erbeten, dass Bedenken gegen ihre ordnungsgemäße Vertretung im Prozess bestünden, um gegebenenfalls einen Ergänzungsbetreuer bestellen lassen zu können. Das Landgericht hat die Klage als zulässig behandelt und ihr stattgegeben. In der Entscheidung wird näher ausgeführt, es sei nicht von einer Interessenkollision derart auszugehen, die den Ehemann der Beklagten von der Vertretung seiner Mutter ausschließen würde. Die Beklagte hat gegen dieses Urteil Berufung eingelegt. Das Berufungsgericht hat die Betreuungsakten zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht. Im Hinblick auf die Rechtsausführungen des Vorsitzenden in der mündlichen Verhandlung hat die Prozessbevollmächtigte der Klägerin beantragt, das Verfahren auszusetzen, um einen Ergänzungsbetreuer bestellen zu lassen. Mit der angefochtenen Entscheidung hat das Berufungsgericht das Urteil des Landgerichts geändert und die Klage als unzulässig abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Klägerin sei im vorliegenden Verfahren von Anfang an gemäß § 1908i Abs. 1 i.V. mit § 1795 Abs. 1 Nr. 3, Nr. 1 BGB nicht ordnungsgemäß vertreten gewesen. Der Sohn der Klägerin sei als deren Betreuer und Ehemann der Beklagten gehindert, einen Rechtsstreit zwischen diesen Personen zu führen. Ein Grund für die Aussetzung des Rechtsstreits bis zur Bestellung eines Ergänzungsbetreuers liege nicht vor. Den Parteien sei die Rechtsauffassung des Senats aus dem Vorprozess bekannt gewesen, in dem auf dessen Anregung hin ein Betreuer für die Prozessführung und die ordnungsgemäße Kündigung des Darlehens bestellt worden sei. Unter diesen Umständen sei ein rechtlicher Hinweis entbehrlich gewesen, zumal sich dem Betreuer der Klägerin und insbesondere ihrer Prozessbevollmächtigten der hier ohne Zweifel vorliegende Interessenkonflikt habe aufdrängen müssen. Dass das Landgericht die Klage für zulässig gehalten habe, ändere daran nichts.
3
II. Die zulässige Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision ist begründet. Zu Recht rügt die Klägerin mit ihrer Nichtzulassungsbeschwerde , dass das Berufungsgericht ihren Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) verletzt hat, indem es einen rechtzeitigen Hinweis auf ihre nicht ordnungsgemäße Vertretung im Rechtsstreit unterlassen hat.
4
1. Gerichtliche Hinweispflichten dienen der Vermeidung von Überraschungsentscheidungen und konkretisieren den Anspruch der Parteien auf rechtliches Gehör (BVerfGE 84, 188, 189 f.). Diese in Art. 103 Abs. 1 GG normierte Gewährleistung stellt eine Ausprägung des Rechtsstaats- gedankens für das gerichtliche Verfahren dar (vgl. BVerfGE 55, 72, 93 f.; BVerfG NJW 1996, 3202). Rechtliche Hinweise müssen danach unter Berücksichtigung der Parteien in ihrer konkreten Situation so erteilt werden, dass es diesen auch tatsächlich möglich ist, vor einer Entscheidung zu Wort zu kommen, um Einfluss auf das Verfahren und sein Ergebnis nehmen zu können, sie also nicht gehindert werden, rechtzeitig ihren Sachvortrag zu ergänzen (BVerfGE 84, 188, 190; 86, 133, 144; Zöller/Greger, ZPO 25. Aufl. § 139 Rdn. 14). Dem Gewährleistungsgehalt von Art. 103 Abs. 1 GG entnimmt der Bundesgerichtshof in ständiger Rechtsprechung daher, dass eine in erster Instanz siegreiche Partei darauf vertrauen darf, vom Berufungsgericht rechtzeitig einen Hinweis zu erhalten, wenn dieses in einem entscheidungserheblichen Punkt der Beurteilung der Vorinstanz nicht folgen will und aufgrund seiner abweichenden Ansicht eine Ergänzung des Vorbringens oder einen Beweisantritt für erforderlich hält (BGH, Urteile vom 27. April 1994 - XII ZR 16/93 - VersR 1994, 1351; vom 16. Mai 2002 - VII ZR 197/01 - NJW-RR 2002, 1436 unter II 1; vgl. auch BGH, Urteil vom 15. Januar 1981 - VII ZR 147/80 - NJW 1981, 1378 unter 2 c und 3). Das gilt auch für von Amts wegen zu berücksichtigende Punkte, für die § 139 Abs. 3 ZPO ausdrücklich eine Hinweispflicht vorsieht. In den Anwendungsbereich dieser Vorschrift fallen auch Bedenken gegen die ordnungsgemäße gesetzliche Vertretung einer Partei im Prozess (vgl. dazu SchlHOLG SchlHA 1978, 108).
5
2. Da das Landgericht im vorliegenden Fall gegen die Zulässigkeit der Klage keine Bedenken hatte, durfte die Klägerin darauf vertrauen, dass sie von der gegenteiligen und entscheidungserheblichen Rechtsauffassung des Berufungsgerichts durch einen Hinweis gem. § 139 Abs. 3 ZPO rechtzeitig unterrichtet werden würde. Das gilt umso mehr, als sie selbst schon im Verfahren vor dem Landgericht um einen rechtlichen Hinweis für den Fall gebeten hatte, dass Bedenken gegen ihre ordnungsgemäße Vertretung bestünden. Zu Unrecht vertritt das Berufungsgericht die Auffassung, die Klägerin sei wegen der auf Anregung des Senats erfolgten Bestellung eines Ergänzungsbetreuers im Vorprozess bereits hinreichend über die Rechtsauffassung des Senats unterrichtet gewesen. Zweifelhaft ist schon, ob die aus Anlass eines früheren Verfahrens bekannt gewordene Rechtsauffassung eines Gerichts generell geeignet sein kann, einen rechtlichen Hinweis in einem weiteren Verfahren, wenn auch mit identischen Parteirollen und vergleichbarem Streitgegenstand , entbehrlich zu machen. Denn die Auffassung des zur Entscheidung berufenen Spruchkörpers kann sich geändert, der Spruchkörper kann in seiner personellen Zusammensetzung Änderungen erfahren haben. Jedenfalls musste die Klägerin allein dem Umstand, dass hier im Vorprozess der Berichterstatter des Berufungssenats die Akten dem zuständigen Vormundschaftsgericht mit der Anfrage zugeleitet hatte, ob nicht im Hinblick auf eine mögliche Interessenkollision die Bestellung eines Ergänzungsbetreuers angezeigt sei, nicht entnehmen, dass sich das Berufungsgericht in dieser - danach nicht mehr entscheidungserheblich gewordenen - Frage auch für einen zukünftigen Rechtsstreit bereits endgültig festgelegt hatte.
6
War demgemäß ein rechtlicher Hinweis des Berufungsgerichts geboten , musste ihn das Berufungsgericht so rechtzeitig erteilen, dass der Klägerin Gelegenheit blieb, der Rechtsauffassung des Gerichts gegebenenfalls Rechnung zu tragen. Dazu gehörte im Falle eines - hier in Rede stehenden - Vertretungsmangels nicht nur die Gelegenheit zu ergänzendem rechtlichen Vortrag, sondern auch die Heilung des Vertretungsman- gels durch Bestellung eines Ergänzungsbetreuers. Der in der mündlichen Verhandlung vor der Verkündung einer Entscheidung erteilte Hinweis ist deshalb nicht mehr rechtzeitig erfolgt. Das Berufungsgericht hat auch keine geeigneten verfahrenslenkenden Maßnahmen - etwa die Bestimmung eines neuen Termins - ergriffen, um diesen Mangel auszugleichen. Sein Verfahren hat daher den Anspruch der Klägerin auf Gewährung rechtlichen Gehörs verletzt.
Terno Dr. Schlichting Wendt
Felsch Dr. Franke

Vorinstanzen:
LG Lüneburg, Entscheidung vom 17.06.2004 - 4 O 53/04 -
OLG Celle, Entscheidung vom 29.12.2004 - 3 U 246/04 -
24
aa) Nach § 1615 l Abs. 2 Satz 2 BGB steht der Mutter eines nichtehelich geborenen Kindes über die Dauer des Mutterschutzes hinaus ein Unterhaltsanspruch gegen den Vater zu, wenn von ihr wegen der Pflege und Erziehung des gemeinsamen Kindes eine Erwerbstätigkeit nicht erwartet werden kann. Nach § 1615 l Abs. 2 Satz 3 BGB besteht die Unterhaltspflicht des betreuenden Elternteils für mindestens drei Jahre nach der Geburt des Kindes. Sie verlängert sich, solange und soweit dies der Billigkeit entspricht. Dabei sind insbesondere die Belange des Kindes und die bestehenden Möglichkeiten der Kinderbetreuung zu berücksichtigen. Insoweit hat der Gesetzgeber die Vorschrift des § 1615 l Abs. 2 BGB und den nachehelichen Betreuungsunterhalt nach § 1570 BGB weitgehend einander angeglichen (vgl. Senatsurteil vom 17. Juni 2009 - XII ZR 102/08 - FamRZ 2009, 1391, 1393 zum nachehelichen Betreuungsunterhalt sowie BT-Drucks. 16/6980 S. 8 ff.).

(1) Ein geschiedener Ehegatte kann von dem anderen wegen der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes für mindestens drei Jahre nach der Geburt Unterhalt verlangen. Die Dauer des Unterhaltsanspruchs verlängert sich, solange und soweit dies der Billigkeit entspricht. Dabei sind die Belange des Kindes und die bestehenden Möglichkeiten der Kinderbetreuung zu berücksichtigen.

(2) Die Dauer des Unterhaltsanspruchs verlängert sich darüber hinaus, wenn dies unter Berücksichtigung der Gestaltung von Kinderbetreuung und Erwerbstätigkeit in der Ehe sowie der Dauer der Ehe der Billigkeit entspricht.

(1) Dem geschiedenen Ehegatten obliegt es, eine angemessene Erwerbstätigkeit auszuüben.

(2) Angemessen ist eine Erwerbstätigkeit, die der Ausbildung, den Fähigkeiten, einer früheren Erwerbstätigkeit, dem Lebensalter und dem Gesundheitszustand des geschiedenen Ehegatten entspricht, soweit eine solche Tätigkeit nicht nach den ehelichen Lebensverhältnissen unbillig wäre. Bei den ehelichen Lebensverhältnissen sind insbesondere die Dauer der Ehe sowie die Dauer der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes zu berücksichtigen.

(3) Soweit es zur Aufnahme einer angemessenen Erwerbstätigkeit erforderlich ist, obliegt es dem geschiedenen Ehegatten, sich ausbilden, fortbilden oder umschulen zu lassen, wenn ein erfolgreicher Abschluss der Ausbildung zu erwarten ist.

(1) Ein geschiedener Ehegatte, der in Erwartung der Ehe oder während der Ehe eine Schul- oder Berufsausbildung nicht aufgenommen oder abgebrochen hat, kann von dem anderen Ehegatten Unterhalt verlangen, wenn er diese oder eine entsprechende Ausbildung sobald wie möglich aufnimmt, um eine angemessene Erwerbstätigkeit, die den Unterhalt nachhaltig sichert, zu erlangen und der erfolgreiche Abschluss der Ausbildung zu erwarten ist. Der Anspruch besteht längstens für die Zeit, in der eine solche Ausbildung im Allgemeinen abgeschlossen wird; dabei sind ehebedingte Verzögerungen der Ausbildung zu berücksichtigen.

(2) Entsprechendes gilt, wenn sich der geschiedene Ehegatte fortbilden oder umschulen lässt, um Nachteile auszugleichen, die durch die Ehe eingetreten sind.

(3) Verlangt der geschiedene Ehegatte nach Beendigung der Ausbildung, Fortbildung oder Umschulung Unterhalt nach § 1573, so bleibt bei der Bestimmung der ihm angemessenen Erwerbstätigkeit (§ 1574 Abs. 2) der erreichte höhere Ausbildungsstand außer Betracht.

24
bb) Soweit das Berufungsgericht angenommen hat, eine Verlängerung des Betreuungsunterhalts entspreche aus elternbezogenen Gründen der Billigkeit , begegnet dies indessen durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Die hierfür angeführte zusätzliche Belastung der Beklagten durch das Habilitationsverfahren stellt in diesem Zusammenhang keinen Grund dar, der eine längere Dauer des Betreuungsunterhalts rechtfertigt. Nach dem Wortlaut des Gesetzes muss es sich um Umstände handeln, die unter Berücksichtigung der Gestaltung von Kindererziehung und Erwerbstätigkeit in der Ehe von Bedeutung sind. Die Gesetzesbegründung weist darauf hin, dass das Vertrauen in die vereinbarte und so auch gehandhabte Rollenverteilung hinsichtlich der Kinderbetreuung geschützt werden soll. Die Beklagte hat von einer weitergehenden Erwerbstätigkeit aber nicht allein im Interesse des Kindes abgesehen, sondern auch um ihre Habilitationsschrift fertig stellen zu können. Der zeitliche Aufwand und der Einsatz , die sie insoweit von einer Erwerbstätigkeit haben absehen lassen, dienten ihren eigenen beruflichen Interessen und nicht denjenigen des Kindes. Deshalb stellen Ausbildungs-, Fortbildungs- oder Qualifizierungsmaßnahmen keinen elternbezogenen Grund im Sinne des § 1570 Abs. 2 BGB dar. Maßgebend können solche Umstände vielmehr für die Frage einer angemessenen Erwerbstätigkeit im Sinne des § 1574 BGB oder für die Gewährung von Ausbildungsunterhalt nach § 1575 BGB sein. Im Zusammenhang mit einer Verlängerung des Betreuungsunterhalts kommt hier auch dem Gesichtspunkt einer überobligationsmäßigen Belastung keine Bedeutung zu. Denn eine solche ergibt sich nach den getroffenen Feststellungen nicht aus Erwerbstätigkeit und Kinderbetreuung, sondern erst aus der Verfolgung der beruflichen Ziele.
17
Allerdings gibt es keine feste Altersgrenze für die Aufnahme einer Ausbildung , ab deren Erreichen der Anspruch auf Ausbildungsunterhalt entfällt (OLG Stuttgart FamRZ 1996, 181). Die Frage, bis wann es dem Unterhaltsberechtigten obliegt, seine Ausbildung aufzunehmen, richtet sich vielmehr nach den Umständen des Einzelfalls (vgl. Senatsurteil vom 4. März 1998 - XII ZR 173/96 - FamRZ 1998, 671, 672). Maßgeblich ist, ob den Eltern unter Berücksichtigung aller Einzellfallumstände die Leistung von Ausbildungsunterhalt in den Grenzen ihrer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit noch zumutbar ist.
36
(2) Dem Einwand der Antragstellerin, wonach Kindesbetreuung und Erwerbstätigkeit zusammen nicht über einen Acht-Stunden-Tag hinausgehen dürften , wenn es um die Bemessung der Erwerbsobliegenheit des betreuenden Elternteils gehe, kann nicht gefolgt werden. Ein solcher Automatismus ist dem Gesetz, das stets eine Überprüfung der individuellen Verhältnisse fordert, fremd. Vielmehr kommt es darauf an, ob der Elternteil mit der Summierung von Erwerbstätigkeit und Betreuung im Einzelfall unzumutbar belastet ist. Im Übrigen verkennt die Antragstellerin, dass zwischen der Obliegenheit, für den eigenen Unterhalt zu sorgen, und der Unterhaltsverpflichtung gegenüber dem Kind zu differenzieren ist. Anders als der Barunterhaltsverpflichtete, der einen Teil seines Erwerbseinkommens für den Kindesunterhalt zu verwenden hat, ist der Elternteil, in dessen Obhut das Kind lebt, verpflichtet, dem Kind Naturalunterhalt zu leisten (vgl. § 1606 Abs. 3 Satz 2 BGB). Davon unberührt bleibt die Obliegenheit , für den eigenen Unterhalt zu sorgen, solange keine kind- oder elternbezogenen Gründe im Sinne des § 1570 BGB diese Erwerbsobliegenheit einschränken (vgl. Senatsurteile BGHZ 180, 170 = FamRZ 2009, 770 - Tz. 32 und zuletzt vom 17. Juni 2009 - XII ZR 102/08 - FamRZ 2009, 1391 Tz. 32 m.w.N.).

(1) Ein geschiedener Ehegatte kann von dem anderen wegen der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes für mindestens drei Jahre nach der Geburt Unterhalt verlangen. Die Dauer des Unterhaltsanspruchs verlängert sich, solange und soweit dies der Billigkeit entspricht. Dabei sind die Belange des Kindes und die bestehenden Möglichkeiten der Kinderbetreuung zu berücksichtigen.

(2) Die Dauer des Unterhaltsanspruchs verlängert sich darüber hinaus, wenn dies unter Berücksichtigung der Gestaltung von Kinderbetreuung und Erwerbstätigkeit in der Ehe sowie der Dauer der Ehe der Billigkeit entspricht.

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aa) Nach § 1615 l Abs. 2 Satz 2 BGB steht der Mutter eines nichtehelich geborenen Kindes über die Dauer des Mutterschutzes hinaus ein Unterhaltsanspruch gegen den Vater zu, wenn von ihr wegen der Pflege und Erziehung des gemeinsamen Kindes eine Erwerbstätigkeit nicht erwartet werden kann. Nach § 1615 l Abs. 2 Satz 3 BGB besteht die Unterhaltspflicht des betreuenden Elternteils für mindestens drei Jahre nach der Geburt des Kindes. Sie verlängert sich, solange und soweit dies der Billigkeit entspricht. Dabei sind insbesondere die Belange des Kindes und die bestehenden Möglichkeiten der Kinderbetreuung zu berücksichtigen. Insoweit hat der Gesetzgeber die Vorschrift des § 1615 l Abs. 2 BGB und den nachehelichen Betreuungsunterhalt nach § 1570 BGB weitgehend einander angeglichen (vgl. Senatsurteil vom 17. Juni 2009 - XII ZR 102/08 - FamRZ 2009, 1391, 1393 zum nachehelichen Betreuungsunterhalt sowie BT-Drucks. 16/6980 S. 8 ff.).