Bundesgerichtshof Beschluss, 05. Okt. 2016 - XII ZB 280/15

ECLI:ECLI:DE:BGH:2016:051016BXIIZB280.15.0
bei uns veröffentlicht am05.10.2016
vorgehend
Amtsgericht Baden-Baden, 6 F 80/11, 08.03.2013
Oberlandesgericht Karlsruhe, 20 UF 63/13, 01.06.2015

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 280/15
vom
5. Oktober 2016
in der Familiensache
betreffend den Umgang mit den Kindern
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
EMRK Art. 8
a) Allein der Umstand, dass sich die rechtlichen Eltern beharrlich weigern, einen Umgang
des Kindes mit seinem leiblichen Vater zuzulassen, genügt nicht, um den
entsprechenden Antrag gemäß § 1686 a Abs. 1 Nr. 1 BGB zurückzuweisen.
b) Ist einziger Grund für das Scheitern des Umgangs die ablehnende Haltung der
rechtlichen Eltern und die damit einhergehende Befürchtung, dass diese mit einer
Umgangsregelung psychisch überfordert wären und dadurch mittelbar das Kindeswohl
beeinträchtigt wäre, sind strenge Anforderungen an die entsprechenden
Feststellungen zu stellen.
c) Auch im Verfahren nach § 1686 a BGB hat das Gericht das Kind grundsätzlich
persönlich anzuhören.
d) Vor einer Anhörung bzw. einer etwaigen Begutachtung ist das Kind bei entsprechender
Reife grundsätzlich über seine wahre Abstammung zu unterrichten, sofern
ein Umgang nicht bereits aus anderen, nicht unmittelbar das Kind betreffenden
Gründen ausscheidet.
BGH, Beschluss vom 5. Oktober 2016 - XII ZB 280/15 - OLG Karlsruhe
AG Baden-Baden
ECLI:DE:BGH:2016:051016BXIIZB280.15.0

Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 5. Oktober 2016 durch die Richter Dr. Klinkhammer, Schilling, Dr. Günter und Dr. Botur und die Richterin Dr. Krüger
beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde des weiteren Beteiligten zu 2 wird der Beschluss des 20. Zivilsenats - Senat für Familiensachen - des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 1. Juni 2015 aufgehoben. Die Sache wird zur weiteren Behandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Oberlandesgericht zurückverwiesen. Beschwerdewert: 3.000 €

Gründe:

A.

1
Der Beteiligte zu 2 (im Folgenden: Antragsteller) begehrt unter Berufung auf seine leibliche Vaterschaft Umgang mit den im Jahr 2005 geborenen Zwillingen R. und J.
2
Der aus Nigeria stammende Antragsteller unterhielt seit 2003 eine Beziehung zur Beteiligten zu 3 (im Folgenden: Mutter), die mit dem Beteiligten zu 4 verheiratet ist; die Eheleute hatten bereits drei Kinder, die 1996, 1998 und 2000 geboren wurden. Seit ihrer Trennung vom Antragsteller im August 2005 lebt die Mutter wieder mit ihrem Ehemann und den Kindern zusammen. Im Dezember 2005 gebar sie Zwillinge. Der mittlerweile in Spanien lebende Antragsteller begehrte sowohl vor als auch nach deren Geburt Umgang mit ihnen, was von der Mutter und ihrem Ehemann (im Folgenden: Eltern) wiederholt abgelehnt wurde.
3
Im Januar 2006 leitete der Antragsteller ein Umgangsrechtsverfahren ein. Nachdem das Familiengericht Umgangskontakte angeordnet hatte, hob das Oberlandesgericht diese Entscheidung auf, weil ein Umgangsrecht des biologischen Vaters, der nicht in einer sozial-familiären Beziehung zu dem Kind stehe oder gestanden habe, nicht vorgesehen sei. Die Verfassungsbeschwerde des Antragstellers blieb erfolglos. Schließlich stellte der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte mit Urteil vom 21. Dezember 2010 fest, dass die Versagung jeglichen Umgangs ohne eine Prüfung der Frage, ob ein solcher Umgang dem Kindeswohl dienlich wäre, eine Verletzung von Art. 8 EMRK darstelle.
4
Im vorliegenden Verfahren hat der Antragsteller im März 2011 beim Familiengericht erneut eine Umgangsregelung mit den Zwillingen beantragt. Dieses hat einen monatlichen, begleiteten Umgang angeordnet. Auf die Beschwerde der Eltern hat das Oberlandesgericht den Umgangsrechtsantrag zurückgewiesen. Hiergegen wendet sich der Antragsteller mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde.

B.

5
Die Rechtsbeschwerde ist begründet. Sie führt zur Aufhebung und Zurückverweisung der Sache an das Oberlandesgericht.

I.

6
Das Oberlandesgericht, dessen Entscheidung in FamRZ 2015, 1624 veröffentlicht ist, ist der Auffassung, dass der Umgang mit dem Antragsteller dem Kindeswohl nicht dienen würde.
7
Der Antragsteller sei der leibliche Vater der Zwillinge. Diese Feststellung habe im Rahmen freier Beweiswürdigung auf der Grundlage der Einlassungen der Beteiligten auch ohne Erhebung eines Abstammungsgutachtens getroffen werden können.
8
Der Antragsteller habe ein ernsthaftes Interesse an den Zwillingen im Sinne von § 1686 a Abs. 1 BGB gezeigt. Er habe sich von der Geburt der Zwillinge an nachdrücklich und nachhaltig um Herstellung eines Kontakts bemüht. Dass es zu einer tatsächlichen Kontaktaufnahme mit ihnen zu keinem Zeitpunkt gekommen sei, könne ihm nicht zugerechnet werden. Die Eltern hätten dem Antragsteller eine solche Kontaktaufnahme von Anfang an untersagt. Dass sich der Antragsteller dieser Entscheidung der rechtlichen und sorgeberechtigten Eltern gebeugt und auch keinen brieflichen, fernmündlichen oder sonstigen Kontakt gegen das ausdrückliche Verbot der Eltern gesucht habe, sei kein Anhaltspunkt für mangelndes Interesse.
9
Die Aufklärung über die biologische Vaterschaft des Antragstellers und Kontakt zu diesem seien allerdings dem Kindeswohl der Zwillinge derzeit nicht förderlich. Auch wenn der Sachverständige bestätigt habe, dass ein offener Umgang mit der Situation einer von der rechtlichen und sozialen Vaterschaft abweichenden Abstammung eines Kindes und insbesondere eine frühzeitige Aufklärung des Kindes hierüber grundsätzlich wünschenswert seien, habe er die Dringlichkeit der Aufklärung der Kinder überzeugend in Frage gestellt. Nach dem Sachverständigengutachten hätten sich keine Anhaltspunkte dafür gezeigt, dass die inzwischen bei der Begutachtung neun Jahre alten Zwillinge auch nur Zweifel an der biologischen Vaterschaft des Beteiligten zu 4 hätten. Der Sachverständige habe aufgrund seines persönlichen Eindrucks von den Kindern schildern können, das Aussehen der Zwillinge sei nicht so, dass es ihnen zwangsläufig bewusst sein müsste, nicht von dem Beteiligten zu 4 abzustammen.
10
Demgegenüber würde das Kindeswohl der Zwillinge aktuell beeinträchtigt , wenn die Eltern und insbesondere die Mutter durch eine Gerichtsentscheidung gezwungen würden, entgegen ihrem Willen den Kindern Umgang mit dem Antragsteller zu gewähren und die hiermit zwangsläufig verbundene Aufklärung der Kinder über die biologische Vaterschaft des Antragstellers zu leisten oder mindestens zu dulden. Es bestehe die große Gefahr, dass die Eltern mit dieser Situation überfordert wären, was sich negativ auf den bestehenden stabilen familiären Rahmen auswirken würde, in dem die Zwillinge bisher lebten. Überzeugend sei weiter die Feststellung des Sachverständigen, dass sich insbesondere bei der Mutter durch erzwungene Umgangskontakte der Kinder mit dem Antragsteller mit Wahrscheinlichkeit erhebliche negative Auswirkungen ergeben würden, die von ihrem Ehemann nicht zu bewältigen wären und sich negativ auf den bestehenden stabilen familiären Rahmen auswirken würden. Sie sei von dem Sachverständigen als psychisch sehr stark belastete Person erlebt worden , die insbesondere in Bezug auf den Antragsteller ausgeprägte Symptome von Angst zeige. Ein "Auftauchen" des Antragstellers im Familienkontext sei für sie geradezu eine "Horrorvorstellung". Bei einer Anordnung und letztlich zwangsweisen Durchsetzung von Umgangskontakten bestehe die große Gefahr , dass sie dekompensiere bis hin zu einem Nervenzusammenbruch. Die hieraus folgenden negativen Auswirkungen für das Familiensystem und damit auch für das Kindeswohl der Zwillinge seien evident.
11
Diese Beurteilung sei nicht zuletzt aufgrund des persönlichen Eindrucks der Eltern aus dem Verfahren und den Anhörungen überzeugend. Dass der Antragsteller für die Mutter eine in jeder Hinsicht negativ besetzte Person sei, sei hierbei ebenso deutlich geworden wie die Tatsache, dass die Mutter völlig außer Stande sei, sich mit der Person des Antragstellers, seiner biologischen Vaterschaft bezüglich der Zwillinge und einer möglichen Aufklärung und Kontaktanbahnung der Zwillinge über bzw. mit ihrem biologischen Vater auch nur im Ansatz sachlich-rational auseinanderzusetzen. Infolge dessen wäre die Mutter auch außer Stande, mit den zwangsläufig bei einem Umgang zu erwartenden Fragen und Vorhaltungen seitens der Zwillinge sachgerecht - kindeswohlgerecht - umzugehen.
12
Es bestehe auch keine rechtliche Möglichkeit, diesen mit großer Wahrscheinlichkeit zu erwartenden negativen Auswirkungen von Umgangskontakten entgegenzuwirken. Denkbar wäre allerdings, dass sich die Eltern auf Umgangskontakte des Antragstellers mit den Zwillingen durch Beratung und familientherapeutische Maßnahmen vorbereiteten und dass nach einer solchen Vorbereitung Umgangskontakte ohne Überforderung der Eltern und ohne Schäden für das Familiensystem stattfinden könnten. Hierzu seien die Eltern jedoch zweifellos nicht bereit. Für die vollstreckbare Anordnung solcher Maßnahmen durch das Gericht biete § 1686 a BGB keine Grundlage. Maßnahmen auf der Grundlage des § 1666 BGB könnten mangels Gefährdung des Kindeswohls nicht getroffen werden. Es sei auch nicht möglich, eine erst in fernerer Zukunft greifende Umgangsregelung zu treffen.
13
Eine persönliche Anhörung der Kinder sei nach § 159 Abs. 2 FamFG nicht geboten gewesen. Neigungen, Bindungen oder der Wille der Kinder seien für die Entscheidung nicht von Bedeutung. Sie wüssten nichts von der Existenz des Antragstellers als ihres biologischen Vaters. Es sei auch nicht möglich ge- wesen, gegen die erzieherische Entscheidung der sorgeberechtigten Eltern über die biologische Vaterschaft des Antragstellers aufzuklären, um sie sodann entsprechend zu befragen. Die Kindeswohlfrage sei mit Hilfe von fachlich hierzu befähigten Sachverständigen geklärt worden.

II.

14
Das hält den Rügen der Rechtsbeschwerde nicht stand.
15
1. Solange die Vaterschaft eines anderen Mannes besteht, hat der leibliche Vater, der ernsthaftes Interesse an dem Kind gezeigt hat, gemäß § 1686 a Abs. 1 Nr. 1 BGB ein Recht auf Umgang mit dem Kind, wenn der Umgang dem Kindeswohl dient. Daneben räumt ihm § 1686 a Abs. 1 Nr. 2 BGB ein Recht auf Auskunft von jedem Elternteil über die persönlichen Verhältnisse des Kindes ein, soweit der leibliche Vater ein berechtigtes Interesse hat und dies dem Wohl des Kindes nicht widerspricht.
16
a) Diese Neuregelungen sind mit dem Gesetz zur Stärkung der Rechte des leiblichen, nicht rechtlichen Vaters vom 4. Juli 2013 (BGBl. I S. 2176 f.) mit Wirkung vom 13. Juli 2013 in das Bürgerliche Gesetzbuch eingefügt worden. Grund hierfür war die vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte zuvor in zwei Entscheidungen festgestellte Verletzung von Art. 8 EMRK in dem Fall, dass der biologische Vater, der keine enge Bezugsperson des Kindes ist, auch dann kategorisch und ohne Prüfung des Kindeswohls vom Umgang mit seinem Kind ausgeschlossen ist, wenn ihm das Fehlen einer sozial-familiären Beziehung nicht zuzurechnen ist (vgl. BT-Drucks. 17/12163 S. 8 f. mwN). Dabei betraf die Entscheidung vom 21. Dezember 2010 die Beteiligten des vorliegenden Verfahrens (EGMR FamRZ 2011, 269). Der Europäische Gerichtshof für Men- schenrechte hat entschieden, dass auch ein beabsichtigtes Familienleben ausnahmsweise dann in den Anwendungsbereich des Art. 8 EMRK fallen kann, wenn dessen fehlende Herstellung dem Beschwerdeführer nicht zuzurechnen sei. Das gelte insbesondere für die Beziehung zwischen einem außerehelich geborenen Kind und seinem leiblichen Vater, die unabänderlich durch ein natürliches Band verbunden seien, während die Mutter und gegebenenfalls ihr Ehemann über deren tatsächliche Beziehung aus praktischen und rechtlichen Gründen entscheiden könnten. Ob enge persönliche Beziehungen zwischen dem leiblichen Vater und seinen Kindern bestünden, die unter den Schutz des Art. 8 EMRK fielen, hänge vor allem von dem erkennbaren Interesse des Vaters an den Kindern und seiner Verantwortungsbereitschaft vor und nach der Geburt ab (EGMR FamRZ 2011, 269, 270).
17
b) Im Rahmen der Kindeswohlprüfung ist nach der Gesetzesbegründung zu prüfen, ob und gegebenenfalls inwieweit Umgangskontakte mit einem "gewissermaßen zweiten, ausschließlich auf der biologischen Abstammung beruhenden Vater" für das Kind eine seelische Belastung darstellten, ob das Kind dadurch in einer dem Kindeswohl abträglichen Weise verunsichert werde, inwieweit die Kindesmutter und der biologische Vater gegebenenfalls ihre Konflikte nach der Trennung begrenzen könnten und wie der Umgang im Interesse einer gesunden Persönlichkeitsentwicklung und der Identitätsfindung des Kindes zu bewerten sei. Die Frage der Kindeswohldienlichkeit werde je nach familiärer Situation, Stabilität und Belastbarkeit des Familienverbands, Beziehungskonstellation bzw. Konfliktniveau zwischen den betroffenen Erwachsenen, Alter und psychischer Widerstandsfähigkeit des Kindes, Grad der Bindung des Kindes an seine rechtlich-sozialen Eltern, Dauer der Kenntnis von der Existenz eines biologischen Vaters etc. unterschiedlich zu beurteilen sein. Die Regelung stelle es in das Ermessen des Gerichts, ob im Einzelfall zunächst die biologi- sche Vaterschaft oder die Frage des Kindeswohls geprüft werde (BT-Drucks. 17/12163 S. 13; vgl. BVerfG FamRZ 2015, 119 Rn. 13).
18
2. Zwar hat das Oberlandesgericht die Voraussetzungen des § 1686 a Abs. 1 Nr. 1 BGB im Ausgangspunkt in rechtlich nicht zu beanstandender Weise geprüft. Jedoch beruht die Schlussfolgerung des Oberlandesgerichts, wonach der Umgang dem Kindeswohl nicht dienen würde, auf verfahrensfehlerhaft getroffenen Feststellungen.
19
a) Zu Recht ist das Oberlandesgericht von der Zulässigkeit des Antrags nach § 1686 a Abs. 1 Nr. 1 BGB ausgegangen.
20
Zwar sind Anträge nach § 1686 a BGB gemäß dem - ebenfalls mit dem Gesetz zur Stärkung der Rechte des leiblichen, nicht rechtlichen Vaters vom 4. Juli 2013 (BGBl. I S. 2176 f.) mit Wirkung vom 13. Juli 2013 neu geschaffenen - § 167 a Abs. 1 FamFG nur zulässig, wenn der Antragsteller an Eides statt versichert, der Mutter des Kindes während der Empfängniszeit beigewohnt zu haben. Nach der Gesetzesbegründung soll das Zulässigkeitserfordernis der Abgabe einer Versicherung an Eides statt Mutter, Kind und (rechtlichen) Vater vor Umgangs- und Auskunftsverfahren "ins Blaue hinein" schützen. Die Versicherung an Eides statt ist ausdrücklich als zwingende Zulässigkeitsvoraussetzung ausgestaltet (BT-Drucks. 17/12163 S. 14). Enthält die Antragsschrift deshalb keine entsprechende Erklärung und wird diese auf gerichtlichen Hinweis auch nicht nachgeholt, ist der Antrag grundsätzlich als unzulässig zu verwerfen (OLG Bremen FamRZ 2015, 266 f. mwN).
21
Zwar hat der Antragsteller keine solche eidesstattliche Versicherung abgegeben. Jedoch war der Einleitung des hier gegenständlichen Verfahrens bereits die Feststellung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte vorausgegangen , wonach es sich bei dem Antragsteller um den leiblichen Vater der Zwillinge handelt (EGMR FamRZ 2011, 269). Nicht zuletzt deshalb war nicht mehr zu besorgen, dass es sich um eine Behauptung "ins Blaue hinein" handeln konnte (vgl. auch Hammer FamRB 2015, 14, 15).
22
b) Zutreffend hat das Oberlandesgericht auch festgestellt, dass die Vaterschaft eines anderen Mannes i.S.v. § 1686 a Abs. 1 BGB besteht. Dabei handelt es sich um die Vaterschaft des Beteiligten zu 4, der die rechtliche Vaterschaft nach deutschem Aufenthaltsstatut (Art. 19 Abs. 1 Satz 1 EGBGB) gemäß § 1592 Nr. 1 BGB erlangt hat, weil er zum Zeitpunkt der Geburt der Zwillinge mit der Mutter verheiratet war.
23
Dass nach Art. 19 Abs. 1 Satz 2 EGBGB eine rechtliche Vaterschaft des Antragstellers in Betracht kommt (vgl. Senatsbeschluss vom 3. August 2016 - XII ZB 110/16 - juris), hat das Oberlandesgericht nicht festgestellt, was auch von der Rechtsbeschwerde nicht beanstandet wird.
24
Der leibliche Vater soll nur beim Bestehen der (rechtlichen) Vaterschaft eines anderen Mannes ein Umgangsrecht nach § 1686 a Abs. 1 Nr. 1 BGB erlangen können. Fehlt es hieran, kann der leibliche Vater die Vaterschaft entweder gemäß § 1594 BGB anerkennen oder bei fehlender Zustimmung der Mutter nach § 1600 d BGB gerichtlich feststellen lassen. Er hätte dann alle Rechte, also auch ein Umgangsrecht nach § 1684 BGB, aber auch die Pflichten eines rechtlichen Vaters (BT-Drucks. 17/12163 S. 10).
25
c) Ebenso wenig ist etwas dagegen zu erinnern, dass das Oberlandesgericht auch ohne Einholung eines Abstammungsgutachtens davon ausgegangen ist, dass es sich bei dem Antragsteller um den leiblichen Vater handelt.
26
Nach § 167 a Abs. 2 FamFG hat jede Person, soweit es in einem Verfahren , das das Umgangs- oder Auskunftsrecht nach § 1686 a BGB betrifft, zur Klärung der leiblichen Vaterschaft erforderlich ist, Untersuchungen, insbesondere die Entnahme von Blutproben, zu dulden, es sei denn, dass ihr die Untersuchung nicht zugemutet werden kann.
27
Die Vorschrift will verhindern, dass namentlich die Mutter das Umgangsrecht vereitelt, indem sie und das Kind sich der erforderlichen Untersuchung verweigern (BT-Drucks. 17/12163, S. 14). Das bedeutet indes nicht, dass das Gericht immer ein solches Gutachten einzuholen hätte. Ist die leibliche Vaterschaft unter den Beteiligten unstreitig oder kann sich der Tatrichter aus anderen Gründen von ihrem Bestehen überzeugen, bedarf es einer Begutachtung nicht (vgl. Hammer FamRB 2015, 52, 53; 2013, 298, 301 jew. unter Hinweis auf § 30 Abs. 3 FamFG).
28
d) Ferner ist auch nichts dagegen zu erinnern, dass das Oberlandesgericht dem Antragsteller ein ernsthaftes Interesse an dem Kind i.S.v. § 1686 a Abs. 1 BGB zugebilligt hat.
29
aa) Nach Auffassung des Gesetzgebers wäre es bedenklich, dem biologischen Vater ohne weitere Voraussetzungen ein Umgangsrecht zu gewähren. Dies würde dem Umstand nicht gerecht, dass Rechte anderer Betroffener von nicht minderem Rang gleichermaßen auf dem Spiel stünden. Voraussetzung des Umgangs- und Auskunftsrechts für den biologischen Vater sei daher außerdem , dass er nachhaltiges Interesse an dem Kind gezeigt habe. Dies lasse der Rechtsprechung in den Fällen, in denen sich bislang keine sozial-familiären Beziehungen entwickelt hätten, ohne dass dies dem biologischen Vater zuzurechnen sei, den erforderlichen Ermessensspielraum. Habe der (mutmaßliche) biologische Vater aus Rücksicht auf das Kind und die soziale Familie sein Interesse nur zurückhaltend bekundet, könnten die Gerichte auch diesen Umstand im Einzelfall angemessen würdigen (BT-Drucks. 17/12163 S. 13).
30
Im Verfahren nach § 1686 a BGB haben die Gerichte daher zu prüfen, woran sich das ernsthafte Interesse am Kind im konkreten Einzelfall festmacht (vgl. OLG Bremen FamRZ 2015, 266, 267). Als mögliche Kriterien werden in der Gesetzesbegründung u.a. genannt, ob der (mutmaßliche) biologische Vater sein Kind zeitnah nach der Geburt kennenlernen wollte, ob er sich um weiteren Kontakt mit dem Kind bemüht hat, ob er den Wunsch nach Umgang wiederholt artikuliert und gegebenenfalls Pläne entwickelt hat, wie er seinen Kontaktwunsch im Hinblick auf Wohnort und Arbeitszeiten realisieren kann, ob er sich vor und nach der Geburt zu dem Kind bekannt hat oder ob er die Bereitschaft geäußert hat, Verantwortung für das Kind - gegebenenfalls auch finanziell - zu übernehmen (BT-Drucks. 17/12163 S. 13; s. auch Hammer FamRB 2015,14, 15 mwN).
31
bb) Dass das Oberlandesgericht aufgrund der von ihm getroffenen Feststellungen vom Vorliegen eines solchen Interesses beim Antragsteller ausgegangen ist, ist nicht zu beanstanden. Danach hat sich der Antragsteller von Anfang an für die Zwillinge interessiert und wiederholt (auch gerichtlich) versucht, ein Umgangsrecht mit seinen Kindern zu erlangen, obgleich ein solches bis zum 13. Juli 2013 von Gesetzes wegen nicht einmal vorgesehen war. Während er einerseits intensiv seine Rechte bis hin zum Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (erfolgreich) verfolgt hat, hat er sich nach den getroffenen Feststellungen gleichzeitig gegenüber der Familie der Zwillinge angemessen zurückgehalten, um keinen Unfrieden zu stiften.
32
e) Nicht gefolgt werden kann dem Oberlandesgericht indessen in seiner Annahme, dass der Umgang dem Kindeswohl nicht dienen würde. Denn diese Feststellung beruht - wie die Rechtsbeschwerde zu Recht rügt - auf Verfahrensfehlern.
33
Das Oberlandesgericht sieht unmittelbar weder in der Person des Antragstellers noch in der Person der Zwillinge Gründe, die einem Umgang entgegenstünden. Vielmehr hat es allein auf die Unfähigkeit der Eltern abgestellt, mit einem solchen Umgang zurechtzukommen.
34
aa) Allerdings ist im Ausgangspunkt nichts dagegen zu erinnern, dass das Oberlandesgericht in der Sache maßgeblich auf die Stabilität und Belastbarkeit des Familienverbands, die Beziehungskonstellation und das Konfliktniveau zwischen den betroffenen Erwachsenen abgestellt hat (vgl. BT-Drucks. 17/12163 S. 13).
35
Demgegenüber genügt der Umstand, dass sich die Eltern beharrlich weigern , einen Umgang zuzulassen, nicht, um den Umgang der Kinder mit ihrem leiblichen Vater abzulehnen. Regelmäßig wird beim Vorliegen des Tatbestands des § 1686 a Abs. 1 Nr. 1 BGB der leibliche Vater in ein (intaktes) Familiensystem eingreifen und werden sich die rechtlichen Eltern gegen einen Umgang sperren. Denn nur so lässt sich die Anrufung des Familiengerichts erklären, die bei einem Umgang auf freiwilliger Basis nicht erforderlich wäre. Würde man bereits diese Verweigerungshaltung als Hinderungsgrund akzeptieren, würde die Regelung des § 1686 a Abs. 1 Nr. 1 BGB leerlaufen. Soll das Umgangsrecht Art. 8 EMRK mit dem ihm vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte beigegebenen Gehalt gerecht werden, darf der leibliche Vater nicht generell als "Störenfried" der behüteten rechtlichen Familie angesehen und damit praktisch eine Vermutung gegen die Kindeswohldienlichkeit etabliert werden. Auch wenn die Bindung an die rechtliche Familie nachhaltig zu berücksichtigen ist, darf sie nicht in eine solche Typisierung umschlagen (Staudinger/Rauscher BGB [2014] § 1686 a Rn. 16; aA noch zur alten Rechtslage OLG Bamberg FamRZ 2013, 710, 711). Das gilt unbeschadet des Umstands, dass die Vermutungsregel des § 1626 Abs. 3 BGB, wonach zum Wohl des Kindes in der Regel der Umgang mit beiden Elternteilen gehört, nicht gilt, weil hiervon - de lege lata - nur der rechtliche Vater erfasst wird (Pheiler-Cox jM 2015, 17, 19; s. auch Lang FPR 2013, 233). Es ist vielmehr eine umfassende Kindeswohlprüfung durchzuführen (zum Maßstab und zur objektiven Feststellungslast im Sorgerecht vgl. BGH Beschluss vom 15. Juni 2016 - XII ZB 419/15 - FamRZ 2016, 1439 Rn. 15, 37 f.).
36
Ist einziger Grund für das Scheitern des Umgangs die ablehnende Haltung der rechtlichen Eltern und die damit einhergehende Befürchtung, dass diese mit einer Umgangsregelung psychisch überfordert wären und dadurch letztlich auch mittelbar das Kindeswohl beeinträchtigt wäre, sind daher strenge Anforderungen an die entsprechenden Feststellungen zu stellen.
37
bb) Die Rechtsbeschwerde rügt zu Recht, dass das Sachverständigengutachten keine ausreichende Grundlage für den vom Oberlandesgericht gezogenen Schluss bietet, wonach die Eltern psychisch nicht in der Lage wären, mit einem Umgang durch den Antragsteller umzugehen, und deshalb auch der Umgang nicht dem Wohl der betroffenen Kinder dienen würde. Insoweit fehlt es dem Gutachten an belastbaren Feststellungen zur psychischen Disposition der Eltern. Zudem ist der Beweiswert des Gutachtens dadurch erschüttert, dass die Eltern gemeinsam mit ihrer Verfahrensbevollmächtigten mit den Gutachtern ohne Einbeziehung des Gerichts und der übrigen Verfahrensbeteiligten Absprachen getroffen und dabei Bedingungen für die Begutachtung gestellt haben. Zutreffend rügt die Rechtsbeschwerde zudem, dass das Oberlandesgericht die Kinder persönlich hätte anhören müssen.
38
(1) Während das Gutachten der Sachverständigen S. und O. vom 16. Januar 2014 nur die Exploration des Antragstellers zum Gegenstand hat, umfasst ihr Gutachten vom 28. Dezember 2014 Gespräche mit den Eltern, die Exploration der Kinder und das Ergebnis testpsychologischer Untersuchungen der Kin- der nebst Untersuchungsbefund und Stellungnahme. Letzteres Gutachten - und ihm folgend das Oberlandesgericht - lässt den Umgang allein daran scheitern, dass vor allem die Mutter bei einem entsprechenden Umgang psychisch so beeinträchtigt wäre, dass sie möglicherweise dekompensieren und dies Auswirkungen auch auf das Wohl der Zwillinge haben könnte. Allerdings lässt sich dem Sachverständigengutachten nicht entnehmen, auf welchen Erhebungen die gutachterliche Einschätzung ihrer psychischen Disposition beruht. Entsprechendes gilt für das ergänzende Gutachten des Sachverständigen S. vom 18. April 2015 und dessen Anhörung. Während die Sachverständigen den Antragsteller und die Kinder exploriert haben, greifen die Gutachten hinsichtlich der Eltern lediglich auf "Gespräche" zurück, die teilweise in Gegenwart ihrer Verfahrensbevollmächtigten geführt wurden. Demgemäß weist der Sachverständige S. in seinem ergänzenden Gutachten auf die Frage, inwieweit zu einem späteren Zeitpunkt die Gefahr einer psychischen Überforderung der Eltern nicht mehr bestehe bzw. sich diese nicht mehr oder weniger belastend für das Kindeswohl auswirke, darauf hin, dass hierzu ohne nähere Exploration der Eheleute keine valide Einschätzung vorgenommen werden könne. Wieso es für die gutachterliche Einschätzung, dass die Mutter bei einem durchzuführenden Umgang dekompensieren oder einen Nervenzusammenbruch erleiden könnte, einer solchen näheren Exploration nicht bedarf, wird allerdings nicht erläutert. Schließlich räumt das Oberlandesgericht selbst ein, es sei denkbar, dass sich die Eltern auf Umgangskontakte des Antragstellers mit den Zwillingen durch Beratung und familientherapeutische Maßnahmen vorbereiten und dass nach einer solchen Vorbereitung Umgangskontakte ohne Überforderung der Eltern und ohne Schäden für das Familiensystem stattfinden könnten.
39
(2) Zudem leidet das Gutachten daran, dass von den Eltern gemeinsam mit ihrer Verfahrensbevollmächtigten an die Sachverständigen im Rahmen eines Gesprächs zur "Festlegung des Settings der Begutachtung der beiden Kin- der" einseitig Vorgaben herangetragenen worden sind, denen sich die Sachverständigen im Wesentlichen gefügt haben.
40
(a) Gemäß § 30 FamFG i.V.m. § 404 a ZPO hat das Gericht die Tätigkeit des Sachverständigen zu leiten; es kann ihm für Art und Umfang seiner Tätigkeit Weisungen erteilen (Absatz 1). Gemäß § 404 a Abs. 4 ZPO bestimmt das Gericht, soweit es erforderlich ist, in welchem Umfang der Sachverständige zur Aufklärung der Beweisfrage befugt ist, inwieweit er mit den Parteien in Verbindung treten darf und wann er ihnen die Teilnahme an seinen Ermittlungen zu gestatten hat.
41
Überschreitet der Sachverständige seine Befugnisse, etwa wenn er selbständig Beweise würdigt und nicht vorgegebene Anknüpfungstatsachen zugrunde legt, oder zieht der Sachverständige bei Ermittlungen nur eine Partei hinzu, kann das die Besorgnis der Befangenheit gemäß § 30 FamFG i.V.m. § 406 ZPO begründen (Thomas/Putzo/Reichold ZPO 37. Aufl. § 406 Rn. 2). Auch wenn der betroffene Beteiligte - wie hier - keinen Ablehnungsantrag gestellt hat, kann eine mögliche Befangenheit für den Beweiswert des Gutachtens eine Rolle spielen (vgl. BGH Urteil vom 12. März 1981 - IVa ZR 108/80 - VersR 1981, 546).
42
(b) Gemessen hieran hätte das Oberlandesgericht den Beweiswert des Sachverständigengutachtens hinterfragen müssen, was nicht zuletzt durch die Einlassung des Sachverständigen S. in seiner Anhörung verdeutlicht wird. Danach war die Begutachtung aufgrund der einseitig gemachten Vorgaben mit nicht unerheblichen Schwierigkeiten behaftet gewesen. So habe zunächst der Antragsteller exploriert werden müssen, obwohl es in gewisser Hinsicht günstiger gewesen wäre, mit den Kindern anzufangen. Aufgrund dieser Schwierigkeiten sei es dann auch auf Wunsch der Familie zu dem Vorgespräch mit den El- tern sowie ihrer Rechtsanwältin bezüglich der Begutachtung der Kinder gekommen. Dieses Vorgespräch sei unausweichlich gewesen, wenn man die Begutachtung überhaupt hätte durchführen wollen. Ergebnis der Überlegungen sei dann ja gewesen, wie aus dem Gutachten ersichtlich, die Einbettung der Exploration der Kinder in eine (angebliche) "Zwillingskinderuntersuchung".
43
Hinzu kommt, dass die Eltern den Gutachtern gegenüber ausweislich des "Protokolls" über das "Setting" Gelegenheit hatten, Bedenken über die Person des Antragstellers zu äußern. Dabei lässt sich dem Protokoll nicht entnehmen , inwieweit diese Bedenken Gegenstand bzw. Grundlage des "Settings" geworden sind. Auch wenn diese Umstände mangels Ablehnungsantrages nicht zwingend zu einer Unverwertbarkeit des Gutachtens führen, hätte sich das Oberlandesgericht zumindest mit der Frage auseinander setzen müssen, ob das Sachverständigengutachten für eine entsprechende Überzeugungsbildung überhaupt eine hinreichende Grundlage sein kann.
44
Darüber hinaus wird der Beweiswert des Sachverständigengutachtens nicht zuletzt dadurch erheblich beeinträchtigt, dass die Kinder zum eigentlichen Gegenstand des Verfahrens nicht befragt wurden.
45
(3) Die Entscheidung ist zudem deshalb verfahrensfehlerhaft, weil die Kinder vom Gericht nicht angehört worden sind.
46
(a) Gemäß § 159 Abs. 2 FamFG ist ein Kind, welches das 14. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, persönlich anzuhören, wenn die Neigung, Bindung oder der Wille des Kindes für die Entscheidung von Bedeutung sind oder wenn eine persönliche Anhörung aus sonstigen Gründen angezeigt ist. Die persönliche Anhörung dient neben der Gewährung des rechtlichen Gehörs vor allem auch der Sachaufklärung (Senatsbeschluss vom 15. Juni 2016 - XII ZB 419/15 - FamRZ 2016, 1439 Rn. 45 zum Sorgerecht). Die Anhörung eines Kindes wird im Verfahren nach § 1686 a BGB grundsätzlich nur dann entbehrlich sein, wenn der Antrag (ausschließlich) als unzulässig oder wegen fehlenden ernsthaften Interesses zurückzuweisen ist oder wenn die Abstammungsuntersuchung ergibt, dass der Antragsteller nicht der biologische Vater ist (vgl. Hammer FamRB 2015, 14, 15 f.). Dabei ist es Aufgabe des Gerichts, das Verfahren, insbesondere die Umstände sowie die Art und Weise der Kindesanhörung, unter Berücksichtigung des Alters, des Entwicklungsstands und der sonstigen Fähigkeiten des Kindes so zu gestalten, dass das Kind seine persönliche Beziehung zu den Eltern erkennbar werden lassen kann. In der Regel wird eine Entscheidung den Belangen des Kindes nur dann gerecht, wenn es diese Möglichkeit hat. Wegen fehlender Äußerungsfähigkeit wird nur bei sehr jungen Kindern oder bei aufgrund besonderer Umstände erheblich eingeschränkter Fähigkeit des Kindes, sich zu seinem Willen und seinen Beziehungen zu äußern, auf die Anhörung verzichtet werden können. Regelmäßig wird der Richter erst im Verlauf der Anhörung feststellen können, ob und in welcher Weise er mit dem Kind über den Verfahrensgegenstand sprechen kann. Selbst wenn das Kind seine Wünsche nicht unmittelbar zum Ausdruck bringen kann, ergeben sich möglicherweise aus dem Verhalten des Kindes Rückschlüsse auf dessen Wünsche und Bindungen (Senatsbeschluss vom 15. Juni 2016 - XII ZB 419/15 - FamRZ 2016, 1439 Rn. 46 mwN zum Sorgerecht).
47
(b) Gemessen hieran hätte das Oberlandesgericht die Kinder anhören müssen.
48
Die vom Oberlandesgericht für das Absehen von einer gerichtlichen Anhörung der Kinder gegebene Begründung, wonach Neigungen, Bindungen oder der Wille der Kinder für die Entscheidung nicht von Bedeutung seien, weil sie von ihrer Abstammung keine Kenntnis hätten, überzeugt schon deshalb nicht, weil es sich damit in Widerspruch zu seinen sonstigen Ermittlungen setzt. Wie sich aus seinem Beschluss vom 17. März 2014 ergibt, hat es die Exploration der Kinder durch die Sachverständigen für unbedingt erforderlich gehalten. Wenn der Tatrichter jedoch eine Exploration der Kinder für erforderlich hält, muss er sich im nächsten Schritt konsequenterweise auch selbst einen persönlichen Eindruck von den Kindern verschaffen. Hinzu kommt - worauf die Rechtsbeschwerde zutreffend hinweist -, dass im vorliegenden Verfahren wegen der afroeuropäischen Abstammung der Kinder auch deren Aussehen nicht ohne Belang ist. Denn sollte dies deren Abstammung schon äußerlich nahelegen , wäre dies möglicherweise ein weiterer Grund, einen Umgang mit dem Antragsteller zum Wohle der Kinder anzuordnen.

III.

49
Danach kann die angegriffene Entscheidung keinen Bestand haben. Sie ist gemäß § 74 Abs. 5 FamFG aufzuheben. Weil es noch weiterer Ermittlungen bedarf, ist die Sache an das Oberlandesgericht gemäß § 74 Abs. 6 Satz 2 FamFG zurückzuverweisen.
50
Für das weitere Verfahren weist der Senat auf Folgendes hin:
51
Sollte die weitere Begutachtung ergeben, dass die psychische Disposition der Eltern einem Umgang des Antragstellers mit den Zwillingen nicht entgegensteht , wären vor einer entsprechenden Anordnung des Umgangs noch weitere Ermittlungen durchzuführen:
52
1. Hierfür dürfte es nach dem gegenwärtigen Sachstand angesichts des Alters der Zwillinge von jetzt zehn Jahren erforderlich sein, die Kinder zuvor über den Verfahrensgegenstand und damit einhergehend - sofern sie nicht ohnehin schon davon wissen - über ihre wahre Abstammung zu unterrichten.
53
a) Zwar obliegt es grundsätzlich der Verantwortung der (rechtlichen) Eltern, wann und in welcher Form sie ihr minderjähriges Kind über Besonderheiten seiner Herkunft informieren. Diese sind durch Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG in ihrer elterlichen Erziehungsverantwortung geschützt, worunter auch die Information des Kindes über seine Herkunft durch die Eltern fällt. In diese soll staatlicherseits nach dem Willen des Gesetzgebers grundsätzlich nicht eingegriffen werden (Senatsurteil BGHZ 204, 54 = FamRZ 2015, 642 Rn. 26 u. 35 mwN). Auch wenn das Elterngrundrecht keinen allgemeinen Gesetzesvorbehalt enthält, kann dessen Beschränkung aber aufgrund verfassungsimmanenter Schranken erfolgen (BVerfG FamRZ 2014, 449 Rn. 98).
54
b) Eine verfassungsimmanente Schranke stellt der verfassungsrechtlich grundsätzlich anzuerkennende Wunsch des leiblichen Vaters nach Umgang und nach Auskunft über das Kind i.S.v. § 1686 a BGB dar (vgl. BVerfG FamRZ 2015, 119 Rn. 10 zu Art. 6 Abs. 1 GG; Britz FF 2015, 387, 391). Der Gesetzgeber hat die Gerichte ermächtigt, unter den in § 1686 a BGB und § 167 a FamFG geregelten Voraussetzungen den Schutz der bestehenden sozialen Familie hinter dem Interesse an Umgang und Auskunftserteilung zurücktreten zu lassen (BVerfG FamRZ 2015, 119 Rn. 10; vgl. auch Staudinger/Rauscher BGB [2014] § 1686 a Rn. 6; aA Peschel-Gutzeit NJW 2013, 2465, 2468 f.; Lang FPR 2013, 233, 235 f.; Stellungnahme der Kinderrechtekommission des DFGT vom 8. Juli 2012 III. 1.b, abrufbar unter http://www.dfgt.de [Stand. 28. Juli 2016], die jeweils auf Seiten des leiblichen Vaters Art. 2 Abs. 1 GG für einschlägig und diesen gegenüber Art. 6 Abs. 2 GG für nachrangig erachten).
55
aa) Damit ist nicht nur das Familiengrundrecht nach Art. 6 Abs. 1 GG, sondern auch das von Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG geschützte Elternrecht, namentlich über die Information des Kindes zu bestimmen, in den Fällen eingeschränkt , in denen der rechtliche von dem leiblichen Vater abweicht und Letzte- rer ein Umgangsrecht begehrt. Zwar hat das Bundesverfassungsgericht dies bislang nicht - jedenfalls nicht ausdrücklich - entschieden. Dieser Schluss folgt aber aus dem Umgangsrecht gemäß § 1686 a BGB selbst. Der Umgang zwischen dem leiblichen Vater und dem Kind setzt jedenfalls ab einem bestimmten Alter die Kenntnis des Kindes von seiner wahren Abstammung voraus. Eine Unterrichtung des Kindes hierüber ist in den Fällen, in denen es ein Alter erreicht hat, das es ihm ermöglicht zu verstehen, dass sein rechtlicher und sein leiblicher Vater personenverschieden sind, grundsätzlich unerlässlich (vgl. PheilerCox jM 2014, 141, 145).
56
bb) Entsprechendes gilt für das Verfahren. Nur bei einem informierten Kind kann sich der Tatrichter bzw. der Sachverständige ein verlässliches Bild darüber verschaffen, ob der Umgang mit dem leiblichen Vater dem Kindeswohl dient. Dies verdeutlicht vorliegend die Angabe des Sachverständigen, wonach sie (die Gutachter) bei der Befragung und Exploration der Kinder einer Einschränkung dadurch unterlegen seien, dass "uns vorgegeben war, wir sollten die Kinder nicht über ihre biologische Vaterschaft aufklären." Dadurch haben sich die Sachverständigen auch der Frage verschließen müssen, ob die Kinder nicht ohnehin an ihrer Abstammung vom rechtlichen Vater Zweifel hegten.
57
Hinzukommt, dass das Kind durch die Vorenthaltung des Wissens um seine wahre Abstammung gleichsam zum "bloßen Verfahrensobjekt" herabgestuft würde, was indes durch die Gestaltung des Verfahrens gerade vermieden werden soll (vgl. BVerfG FamRZ 2004, 86, 87).
58
Freilich ist das Kind - bei entgegenstehendem Willen der (rechtlichen) Eltern - nur dann über seine wahre Abstammung zu unterrichten, wenn der Umgang nicht bereits aus anderen, nicht unmittelbar das Kind betreffenden Gründen ausgeschlossen ist. Zudem hat der Tatrichter bei seiner Entscheidung hier- über zur Wahrung des Kindeswohls die Persönlichkeit des Kindes, den Stand seiner Persönlichkeitsentwicklung und seine Verstandesreife zu berücksichtigen (vgl. Senatsurteil BGHZ 204, 54 = FamRZ 2015, 642 Rn. 26).
59
c) Sind die Voraussetzungen für eine Unterrichtung erfüllt, haben die (rechtlichen) Eltern ihr Kind spätestens während des Umgangsverfahrens über seine wahre Abstammung zu informieren. Unterlassen sie das, so liegt es im Ermessen des (sachverständig beratenen) Tatrichters, auf welche geeignete Weise das Kind über die tatsächlichen Verhältnisse informiert wird. Er kann hierzu etwa die Hilfe des psychologischen Sachverständigen in Anspruch nehmen. Andernfalls hätten es die (rechtlichen) Eltern durch ihre Weigerung in der Hand, den Umgang mit dem leiblichen Vater zu verhindern.
60
Das bedeutet für das konkrete Verfahren, dass der Tatrichter den Eltern gegebenenfalls eine angemessene Frist zu setzen haben wird, innerhalb derer sie ihre Kinder entsprechend unterrichten können. Nutzen sie diese nicht, ist eine entsprechende Unterrichtung auf andere Weise sicherzustellen, bevor das Gericht weitere Ermittlungen anstellt. Anhaltspunkte dafür, dass einer Unterrichtung der Kinder über ihre wahre Abstammung Gründe des Kindeswohls unmittelbar entgegenstehen sollten, sind bislang nicht festgestellt; sie ergeben sich insbesondere nicht aus den Äußerungen der Sachverständigen.
61
2. Demgemäß werden die Kinder gegebenenfalls nach entsprechender Unterrichtung über ihre wahre Abstammung von einem anderen als den bisher tätigen Sachverständigen nochmals zu explorieren und anschließend vom Gericht anzuhören sein.
Klinkhammer Schilling Günter Botur Krüger
Vorinstanzen:
AG Baden-Baden, Entscheidung vom 08.03.2013 - 6 F 80/11 -
OLG Karlsruhe, Entscheidung vom 01.06.2015 - 20 UF 63/13 -

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 05. Okt. 2016 - XII ZB 280/15

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Jeder Elternteil kann vom anderen Elternteil bei berechtigtem Interesse Auskunft über die persönlichen Verhältnisse des Kindes verlangen, soweit dies dem Wohl des Kindes nicht widerspricht.

(1) Das Gericht hat das Kind persönlich anzuhören und sich einen persönlichen Eindruck von dem Kind zu verschaffen.

(2) Von der persönlichen Anhörung und der Verschaffung eines persönlichen Eindrucks nach Absatz 1 kann das Gericht nur absehen, wenn

1.
ein schwerwiegender Grund dafür vorliegt,
2.
das Kind offensichtlich nicht in der Lage ist, seine Neigungen und seinen Willen kundzutun,
3.
die Neigungen, Bindungen und der Wille des Kindes für die Entscheidung nicht von Bedeutung sind und eine persönliche Anhörung auch nicht aus anderen Gründen angezeigt ist oder
4.
das Verfahren ausschließlich das Vermögen des Kindes betrifft und eine persönliche Anhörung nach der Art der Angelegenheit nicht angezeigt ist.
Satz 1 Nummer 3 ist in Verfahren nach den §§ 1666 und 1666a des Bürgerlichen Gesetzbuchs, die die Person des Kindes betreffen, nicht anzuwenden. Das Gericht hat sich in diesen Verfahren einen persönlichen Eindruck von dem Kind auch dann zu verschaffen, wenn das Kind offensichtlich nicht in der Lage ist, seine Neigungen und seinen Willen kundzutun.

(3) Sieht das Gericht davon ab, das Kind persönlich anzuhören oder sich einen persönlichen Eindruck von dem Kind zu verschaffen, ist dies in der Endentscheidung zu begründen. Unterbleibt eine Anhörung oder die Verschaffung eines persönlichen Eindrucks allein wegen Gefahr im Verzug, ist sie unverzüglich nachzuholen.

(4) Das Kind soll über den Gegenstand, Ablauf und möglichen Ausgang des Verfahrens in einer geeigneten und seinem Alter entsprechenden Weise informiert werden, soweit nicht Nachteile für seine Entwicklung, Erziehung oder Gesundheit zu befürchten sind. Ihm ist Gelegenheit zur Äußerung zu geben. Hat das Gericht dem Kind nach § 158 einen Verfahrensbeistand bestellt, soll die persönliche Anhörung und die Verschaffung eines persönlichen Eindrucks in dessen Anwesenheit stattfinden. Im Übrigen steht die Gestaltung der persönlichen Anhörung im Ermessen des Gerichts.

(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.

(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.

(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen.

(4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft.

(5) Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.

(1) Wird das körperliche, geistige oder seelische Wohl des Kindes oder sein Vermögen gefährdet und sind die Eltern nicht gewillt oder nicht in der Lage, die Gefahr abzuwenden, so hat das Familiengericht die Maßnahmen zu treffen, die zur Abwendung der Gefahr erforderlich sind.

(2) In der Regel ist anzunehmen, dass das Vermögen des Kindes gefährdet ist, wenn der Inhaber der Vermögenssorge seine Unterhaltspflicht gegenüber dem Kind oder seine mit der Vermögenssorge verbundenen Pflichten verletzt oder Anordnungen des Gerichts, die sich auf die Vermögenssorge beziehen, nicht befolgt.

(3) Zu den gerichtlichen Maßnahmen nach Absatz 1 gehören insbesondere

1.
Gebote, öffentliche Hilfen wie zum Beispiel Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe und der Gesundheitsfürsorge in Anspruch zu nehmen,
2.
Gebote, für die Einhaltung der Schulpflicht zu sorgen,
3.
Verbote, vorübergehend oder auf unbestimmte Zeit die Familienwohnung oder eine andere Wohnung zu nutzen, sich in einem bestimmten Umkreis der Wohnung aufzuhalten oder zu bestimmende andere Orte aufzusuchen, an denen sich das Kind regelmäßig aufhält,
4.
Verbote, Verbindung zum Kind aufzunehmen oder ein Zusammentreffen mit dem Kind herbeizuführen,
5.
die Ersetzung von Erklärungen des Inhabers der elterlichen Sorge,
6.
die teilweise oder vollständige Entziehung der elterlichen Sorge.

(4) In Angelegenheiten der Personensorge kann das Gericht auch Maßnahmen mit Wirkung gegen einen Dritten treffen.

(1) Das Gericht hat das Kind persönlich anzuhören und sich einen persönlichen Eindruck von dem Kind zu verschaffen.

(2) Von der persönlichen Anhörung und der Verschaffung eines persönlichen Eindrucks nach Absatz 1 kann das Gericht nur absehen, wenn

1.
ein schwerwiegender Grund dafür vorliegt,
2.
das Kind offensichtlich nicht in der Lage ist, seine Neigungen und seinen Willen kundzutun,
3.
die Neigungen, Bindungen und der Wille des Kindes für die Entscheidung nicht von Bedeutung sind und eine persönliche Anhörung auch nicht aus anderen Gründen angezeigt ist oder
4.
das Verfahren ausschließlich das Vermögen des Kindes betrifft und eine persönliche Anhörung nach der Art der Angelegenheit nicht angezeigt ist.
Satz 1 Nummer 3 ist in Verfahren nach den §§ 1666 und 1666a des Bürgerlichen Gesetzbuchs, die die Person des Kindes betreffen, nicht anzuwenden. Das Gericht hat sich in diesen Verfahren einen persönlichen Eindruck von dem Kind auch dann zu verschaffen, wenn das Kind offensichtlich nicht in der Lage ist, seine Neigungen und seinen Willen kundzutun.

(3) Sieht das Gericht davon ab, das Kind persönlich anzuhören oder sich einen persönlichen Eindruck von dem Kind zu verschaffen, ist dies in der Endentscheidung zu begründen. Unterbleibt eine Anhörung oder die Verschaffung eines persönlichen Eindrucks allein wegen Gefahr im Verzug, ist sie unverzüglich nachzuholen.

(4) Das Kind soll über den Gegenstand, Ablauf und möglichen Ausgang des Verfahrens in einer geeigneten und seinem Alter entsprechenden Weise informiert werden, soweit nicht Nachteile für seine Entwicklung, Erziehung oder Gesundheit zu befürchten sind. Ihm ist Gelegenheit zur Äußerung zu geben. Hat das Gericht dem Kind nach § 158 einen Verfahrensbeistand bestellt, soll die persönliche Anhörung und die Verschaffung eines persönlichen Eindrucks in dessen Anwesenheit stattfinden. Im Übrigen steht die Gestaltung der persönlichen Anhörung im Ermessen des Gerichts.

Vater eines Kindes ist der Mann,

1.
der zum Zeitpunkt der Geburt mit der Mutter des Kindes verheiratet ist,
2.
der die Vaterschaft anerkannt hat oder
3.
dessen Vaterschaft nach § 1600d oder § 182 Abs. 1 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit gerichtlich festgestellt ist.

Tenor

1. Der Antrag des Antragstellers auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe wird zurückgewiesen, weil die mit der Rechtsbeschwerde beabsichtigte Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat.

2. Der Senat beabsichtigt, die Rechtsbeschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des 20. Zivilsenats - Senat für Familiensachen - des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 11. Januar 2016 durch Beschluss nach § 74 a Abs. 1 FamFG zurückzuweisen.

3. Den Beteiligten wird Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum 20. September 2016 gegeben.

Gründe

I.

1

Die Beteiligten streiten um die Abänderung eines im vereinfachten Verfahren errichteten Titels über Kindesunterhalt für das im Mai 2011 geborene Kind M.

2

Der Antragsteller ist türkischer Staatsangehöriger. Seine Ehe mit der Kindesmutter, die ebenfalls die türkische Staatsangehörigkeit besitzt, wurde durch Beschluss des Amtsgerichts P. vom 19. April 2011 - rechtskräftig seit diesem Tag - geschieden. Es ist in diesem Verfahren unstreitig, dass der Antragsteller nicht der biologische Vater des etwa vier Wochen nach Rechtskraft der Scheidung geborenen Kindes M. ist, welches sich seit seiner Geburt ebenfalls in Deutschland aufhält.

3

Der Antragsteller leitete im Jahr 2012 vor dem Amtsgericht B. ein Vaterschaftsanfechtungsverfahren ein. Auf den in diesem Verfahren erteilten gerichtlichen Hinweis, dass "nicht ersichtlich sei, was die Vaterschaft begründe", nahm der Antragsteller seinen Antrag auf Anfechtung der Vaterschaft zurück.

4

Der Antragsgegner, der für das Kind M. fortlaufend Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz erbringt, hat den Antragsteller aus übergegangenem Recht auf Kindesunterhalt in Anspruch genommen. Nachdem der Antragsgegner den Antragsteller im Dezember 2011 zur Erteilung von Auskünften über seine Einkommensverhältnisse aufgefordert hatte, wurde der Antragsteller durch Beschluss des Amtsgerichts vom 15. Mai 2014 im vereinfachten Unterhaltsfestsetzungsverfahren nach § 239 FamFG dazu verpflichtet, an den Antragsgegner seit Dezember 2011 rückständigen und laufenden Kindesunterhalt für M. zu zahlen. Seine gegen diesen Beschluss gerichtete Beschwerde nahm der Antragsteller am 27. Januar 2015 zurück.

5

Mit dem hier verfahrensgegenständlichen Antrag vom 29. Januar 2015 hat der Antragsteller eine Abänderung des Unterhaltsfestsetzungsbeschlusses dahingehend begehrt, keinen Unterhalt zahlen zu müssen. Zur Begründung hat er sich darauf berufen, dass er nicht der biologische Vater von M. sei und auch nicht als dessen rechtlicher Vater angesehen werden könne. Das Amtsgericht hat den Antrag abgewiesen. Das Oberlandesgericht, dessen Entscheidung in FamRZ 2016, 924 (mit Anmerkung Henrich FamRZ 2016, 926) veröffentlicht ist, hat die dagegen gerichtete Beschwerde des Antragstellers zurückgewiesen. Hiergegen wendet sich der Antragsteller mit seiner zugelassenen Rechtsbeschwerde.

II.

6

Der Senat beabsichtigt, die Rechtsbeschwerde gemäß § 74 a Abs. 1 FamFG zurückzuweisen. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Rechtsbeschwerde gemäß § 70 Abs. 2 Satz 1 FamFG liegen nicht vor und die Rechtsbeschwerde hat auch in der Sache keine Aussicht auf Erfolg.

7

1. Im Streitfall stellen sich insbesondere keine Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung (§ 70 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 FamFG). Grundsätzliche Bedeutung hat eine Sache, wenn sie eine entscheidungserhebliche, klärungsbedürftige und klärungsfähige Rechtsfrage aufwirft, die sich in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen stellen kann. Klärungsbedürftig ist eine Rechtsfrage dann, wenn eine durch die Beschwerdeentscheidung aufgeworfene Rechtsfrage zweifelhaft ist, mithin insbesondere dann, wenn sie vom Bundesgerichtshof bisher nicht entschieden worden ist und von einigen Oberlandesgerichten unterschiedlich beantwortet wird, oder wenn dazu in der Literatur unterschiedliche Meinungen vertreten werden (Senatsbeschluss vom 24. April 2013 - XII ZR 159/12 - FamRZ 2013, 1199 Rn. 4; BGH Beschluss vom 8. Februar 2010 - II ZR 54/09 - NJW-RR 2010, 1047 Rn. 3). So liegt der Fall hier nicht, und zwar auch nicht in Bezug auf die vom Beschwerdegericht als zulassungsrelevant angesehene Rechtsfrage, wie sich die "konkrete Anwendung des Günstigkeitsprinzips im Rahmen des Art. 19 Abs. 1 Satz 1 und 2 EGBGB" in Fällen auswirkt, in denen "die rechtliche Vaterschaftsfiktion zu widersprechenden Ergebnissen gegenüber der wahrscheinlichen biologischen Abstammung" führt.

8

a) Nach Art. 19 Abs. 1 Satz 1 EGBGB unterliegt die Abstammung eines Kindes dem Recht des Staates, in dem das Kind seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat (Aufenthaltsstatut). Sie kann gemäß Art. 19 Abs. 1 Satz 2 EGBGB im Verhältnis zu jedem Elternteil auch nach dem Recht des Staates bestimmt werden, dem dieser Elternteil angehört (Personalstatut), oder, wenn die Mutter verheiratet ist, gemäß Art. 19 Abs. 1 Satz 3 Halbsatz 1 EGBGB nach dem Recht, dem die allgemeinen Wirkungen ihrer Ehe bei der Geburt nach Art. 14 Abs. 1 EGBGB unterliegen (Ehewirkungsstatut). Der Senat hat bereits ausgesprochen, dass das Personalstatut und das Ehewirkungsstatut dem Aufenthaltsstatut grundsätzlich gleichwertige Zusatzanknüpfungen sind (Senatsurteil BGHZ 168, 79 Rn. 12 = FamRZ 2006, 1745 und Senatsbeschluss vom 20. April 2006 - XII ZB 15/15 - juris Rn. 28).

9

b) Wird ein Kind mit gewöhnlichem Aufenthalt in Deutschland nach der Scheidung der Ehe seiner Mutter geboren und könnte es deshalb - insbesondere ohne vorangehende Vaterschaftsanfechtung - nach deutschem Recht von einem Dritten ohne weiteres anerkannt werden, kann dies zu Konflikten mit solchen über Art. 19 Abs. 2 Satz 2 und 3 EGBGB berufenen Rechtsordnungen führen, die - wie etwa das türkische, griechische oder polnische Recht (weitere Beispiele bei jurisPK-BGB/Gärtner/Duden [Stand: Dezember 2015] Art. 19 EGBGB Rn. 64) - das Kind als Abkömmling des (geschiedenen) Ehemannes ansehen, wenn die Empfängniszeit noch in die Zeit vor Beendigung der Ehe fiel. Zur Auflösung eines solchen Konflikts werden im Wesentlichen drei verschiedene Lösungsansätze vertreten:

10

aa) Nach einer Ansicht soll das Abstammungsstatut in solchen Fällen vorrangig an den gewöhnlichen Aufenthalt des Kindes angeknüpft werden, weil der Gesetzgeber Art. 19 Abs. 1 Satz 1 EGBGB einerseits als Regelanknüpfung ausgestaltet habe und der gewöhnliche Aufenthalt des Kindes andererseits die engste Beziehung zum Sachverhalt aufweise (vgl. Andrae Internationales Familienrecht 3. Aufl. § 5 Rn. 27 und 33 ff.; Dethloff IPrax 2005, 326, 329 f.).

11

bb) Die wohl überwiegende Meinung in Rechtsprechung und Literatur vertritt mit unterschiedlichen Begründungen die Ansicht, dass diejenige Rechtsordnung maßgeblich sein soll, die dem Kind schon mit der Geburt zu einem Vater verhelfe (Prioritätsgrundsatz). Hierzu wird teilweise auf das Günstigkeitsprinzip rekurriert, weil es dem Wohl des Kindes im Hinblick auf seine unterhalts- und erbrechtliche Absicherung am besten entspreche, wenn ihm schon zum frühestmöglichen Zeitpunkt ein Vater zugeordnet werde (vgl. BayObLG FamRZ 2002, 686, 687; OLG Frankfurt FamRZ 2002, 688, 689; OLG Nürnberg FamRZ 2005, 1697, 1698 und FamRZ 2016, 920, 922; OLG Hamm FamRZ 2014, 1559, 1560 und FamRZ 2009, 126, 128; OLG Köln StAZ 2013, 319, 320; jurisPK-BGB/Gärtner/Duden [Stand: Dezember 2015] Art. 19 EGBGB Rn. 70; NK-BGB/Bischoff 3. Aufl. Art. 19 EGBGB Rn. 24). Teilweise wird der Prioritätsgrundsatz nicht aus einem kindeswohlbezogenen Günstigkeitsprinzip, sondern aus dem formalen Ordnungskriterium hergeleitet, dass alle nach Art. 19 Abs. 1 EGBGB berufenen Rechte gleichrangig seien (vgl. Frank StAZ 2009, 65, 67) und diejenige Rechtsordnung, die dem Kind zeitlich als erstes einen Vater zuordne, demzufolge nur durch eine Vaterschaftsanfechtung wieder verdrängt werden könne (vgl. MünchKomm/Helms BGB 6. Aufl. Art. 19 EGBGB Rn. 16).

12

Freilich kann der Prioritätsgrundsatz den Wertungskonflikt zwischen verschiedenen gemäß Art. 19 Abs. 1 EGBGB berufenen Rechten für sich genommen nicht auflösen, wenn eine - alle Wirksamkeitsvoraussetzungen erfüllende - pränatale Vaterschaftsanerkennung durch den mutmaßlichen Erzeuger des Kindes (etwa nach deutschem Recht) mit einer nachwirkenden Vaterschaftsvermutung zugunsten des geschiedenen Ehemannes der Kindesmutter nach dem gemäß Art. 19 Abs. 1 Satz 2 oder 3 BGB berufenden Auslandsrecht konkurriert. Weisen die alternativ berufenen Rechtsordnungen dem Kind deshalb schon bei der Geburt unterschiedliche Väter zu, wird von der überwiegenden Auffassung nach dem Günstigkeitsprinzip derjenigen Rechtsordnung der Vorzug gegeben, die zum wirklichen Vater des Kindes führt (vgl. hierzu im Einzelnen Staudinger/Henrich BGB [2014] Art. 19 EGBGB Rn. 38; jurisPK-BGB/Gärtner/Duden [Stand: Dezember 2015] Art. 19 EGBGB Rn. 72 ff.).

13

cc) Eine weitere Ansicht meint, dass der Gesichtspunkt der Abstammungswahrheit von vornherein als wesentliches Kriterium des Günstigkeitsprinzips anzusehen und die vorzugswürdige Rechtsordnung deshalb generell diejenige sei, die dem Kind ohne Umwege möglichst schnell und ohne unnötige Kosten zu seinem wirklichen Vater verhelfe (Henrich FamRZ 1998, 1401, 1402). Auf dieser gedanklichen Grundlage soll sich auch eine wirksame postnatale Vaterschaftsanerkennung durch den mutmaßlichen Erzeuger gegenüber der auf einer geschiedenen Ehe gegründeten Vaterschaftsvermutung nach ausländischem Recht durchsetzen können, wenn die Anerkennung der Vaterschaft "zeitnah" nach der Geburt angekündigt wird und die wirksame Vaterschaftsanerkennung im Zeitpunkt der Beurkundung der Geburt durch den Standesbeamten vorliegt (vgl. OLG Karlsruhe [11. Zivilsenat] FamRZ 2015, 1636, 1638; AG Karlsruhe FamRZ 2007, 1585, 1586; AG Regensburg FamRZ 2003, 1856, 1857; Staudinger/Henrich BGB [2014] Art. 19 EGBGB Rn. 38; vgl. auch AG Hannover FamRZ 2002, 1722, 1724 f.).

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c) Der Senat hat zwar bislang offengelassen, in welchem Verhältnis die Anknüpfungsalternativen zueinander stehen, wenn diese zu unterschiedlichen Eltern-Kind-Zuordnungen führen, und welcher Alternative im Konkurrenzfall der Vorrang gebührt (vgl. Senatsbeschluss vom 20. April 2016 - XII ZB 15/15 - FamRZ 2016, 1251 Rn. 29). Diese Frage stellt sich unter den hier obwaltenden Umständen allerdings nicht. Nach den von der Rechtsbeschwerde nicht angegriffenen Feststellungen des Beschwerdegerichts ist die Anerkennung der Vaterschaft für das Kind M. durch einen anderen Mann weder erfolgt noch beabsichtigt. Die nach Art. 19 Abs. 1 Satz 1 EGBGB vorzunehmende Anknüpfung des Abstammungsstatuts an den gewöhnlichen Aufenthalt des Kindes in Deutschland würde deshalb dazu führen, dass dem Kind M. überhaupt kein Vater zugeordnet werden könnte, weil die Mutter von M. zum Zeitpunkt der Geburt nicht mehr verheiratet war (§ 1592 Nr. 1 BGB) und weder eine Anerkennung der Vaterschaft durch einen anderen Mann (§ 1592 Nr. 2 BGB) noch eine gerichtliche Vaterschaftsfeststellung (§ 1592 Nr. 3 BGB) vorliegen. Demgegenüber würde die Anknüpfung an das Personalstatut des Antragstellers gemäß Art. 19 Abs. 1 Satz 2 EGBGB nach den zutreffenden Ausführungen des Beschwerdegerichts dazu führen, dass dem Kind M. der Antragsteller als rechtlicher Vater zugeordnet wird, weil der geschiedene Ehemann nach Art. 285 Abs. 1 des türkischen Zivilgesetzbuches auch dann noch als rechtlicher Vater des Kindes gilt, wenn dieses von der geschiedenen Ehefrau - wie es hier der Fall ist - vor Ablauf von 300 Tagen nach Beendigung der Ehe geboren worden ist.

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Bei einer solchen Sachverhaltskonstellation kommt es folglich schon nicht dazu, dass die verschiedenen Anknüpfungsalternativen des Art. 19 Abs. 1 EGBGB zu unterschiedlichen Vater-Kind-Zuordnungen führen, weil das nach Art. 19 Abs. 1 Satz 1 EGBGB berufene deutsche Aufenthaltsrecht dem Kind M. überhaupt keinen rechtlichen Vater zuweist und es damit nicht um die Auswahl zwischen mehreren in Betracht kommenden Vätern geht. Die gänzliche rechtliche Vaterlosigkeit ist indessen ein - auch kollisionsrechtlich - unerwünschter Zustand, der durch die nach Art. 19 Abs. 1 EGBGB eröffnete Mehrfachanknüpfung gerade vermieden werden soll. Darüber, dass eine durch ein alternativ berufenes Auslandsrecht ermöglichte Vater-Kind-Zuordnung aufgrund geschiedener Ehe der völligen Vaterlosigkeit vorzuziehen ist, besteht - soweit ersichtlich - in Rechtsprechung und Literatur Einigkeit (so ausdrücklich MünchKomm/Helms BGB 6. Aufl. Art. 19 EGBGB Rn. 20; jurisPK-BGB/Gärtner/Duden [Stand: Dezember 2015] Art. 19 EGBGB Rn. 62), und zwar auch bei den Vertretern derjenigen Ansichten, die dem von der herrschenden Meinung bevorzugten (strengen) Prioritätsgrundsatz im Ausgangspunkt nicht folgen wollen (vgl. insbesondere Dethloff IPrax 2005, 325, 329; Staudinger/Henrich BGB [2014] Art. 19 EGBGB Rn. 37; Henrich FamRZ 2016, 926). Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde spielt es auch keine entscheidende Rolle, dass dem Kind bei einer Vater-Kind-Zuordnung aufgrund nachwirkender Vaterschaftsvermutung mit dem geschiedenen Ehemann der Mutter häufig ein Vater zugewiesen wird, der - wie es auch in diesem Fall zu sein scheint - nicht der Erzeuger des Kindes ist. Insoweit ist nur ergänzend darauf hinzuweisen, dass auch dem deutschen Abstammungsrecht - insbesondere bei der Ehelichkeitsvermutung des § 1592 Nr. 1 BGB - Vater-Kind-Zuordnungen geläufig sind, die zwar auf einer typisierten Vaterschaftswahrscheinlichkeit beruhen, aber fehlerhafte Zuordnungen vorbehaltlich bestehender Anfechtungsmöglichkeiten bewusst in Kauf nehmen.

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d) Die angefochtene Entscheidung begegnet auch insoweit keinen rechtlichen Bedenken, als das Beschwerdegericht keine weiteren Erwägungen zu möglichen Rückverweisungen durch das internationale Privatrecht der Türkei angestellt hat. Denn es kann im Ergebnis offen bleiben, ob es sich bei der Verweisung in Art. 19 Abs. 1 Satz 2 EGBGB um eine Gesamtverweisung oder um eine Sachnormverweisung handelt (vgl. Staudinger/Henrich BGB [2014] Art. 19 EGBGB Rn. 27 mit Nachweisen zum Streitstand) und ob das türkische Kollisionsrecht möglicherweise wieder in das deutsche Recht zurückverwiesen hätte. Die alternative Anknüpfung in Art. 19 Abs. 1 EGBGB verfolgt gerade das Ziel, die Feststellung der Abstammung auch in solchen Fällen zu ermöglichen, in denen nach einem der in Frage kommenden Rechte die Feststellung ausgeschlossen wäre. Eine Rückverweisung durch das nach Art. 19 Abs. 1 Satz 2 oder 3 EGBGB berufene Recht bleibt nach einhelliger und zutreffender Meinung jedenfalls dann unbeachtlich, wenn durch die Annahme der Rückverweisung die Möglichkeit einer Feststellung der Abstammung entfiele (vgl. OLG Nürnberg FamRZ 2005, 1697, 1698; OLG Celle FamRZ 2011, 1518, 1520; BeckOK BGB/Heiderhoff [Stand: Mai 2016] Art. 19 EGBGB Rn. 30; MünchKommBGB/Helms 6. Aufl. Art. 19 EGBGB Rn. 29). Auch die Rechtsbeschwerde erinnert hiergegen nichts.

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2. Gemessen daran hat die Rechtsbeschwerde auch keine Aussicht auf Erfolg. Da der Antragsteller im Übrigen keine Tatsachen vorgetragen hat, welche die Herabsetzung des im Unterhaltsfestsetzungsbeschluss titulierten Kindesunterhalts rechtfertigen könnten, kommt es auf die vom Beschwerdegericht offengelassene Frage nach der Einhaltung der Frist des § 240 Abs. 2 Satz 1 FamFG nicht an.

Dose                      Schilling                       Günter

              Botur                          Krüger

Hinweis: Das Rechtsbeschwerdeverfahren ist durch Rücknahme der Rechtsbeschwerde erledigt worden.

(1) Die Rechtswirkungen der Anerkennung können, soweit sich nicht aus dem Gesetz anderes ergibt, erst von dem Zeitpunkt an geltend gemacht werden, zu dem die Anerkennung wirksam wird.

(2) Eine Anerkennung der Vaterschaft ist nicht wirksam, solange die Vaterschaft eines anderen Mannes besteht.

(3) Eine Anerkennung unter einer Bedingung oder Zeitbestimmung ist unwirksam.

(4) Die Anerkennung ist schon vor der Geburt des Kindes zulässig.

(1) Das Kind hat das Recht auf Umgang mit jedem Elternteil; jeder Elternteil ist zum Umgang mit dem Kind verpflichtet und berechtigt.

(2) Die Eltern haben alles zu unterlassen, was das Verhältnis des Kindes zum jeweils anderen Elternteil beeinträchtigt oder die Erziehung erschwert. Entsprechendes gilt, wenn sich das Kind in der Obhut einer anderen Person befindet.

(3) Das Familiengericht kann über den Umfang des Umgangsrechts entscheiden und seine Ausübung, auch gegenüber Dritten, näher regeln. Es kann die Beteiligten durch Anordnungen zur Erfüllung der in Absatz 2 geregelten Pflicht anhalten. Wird die Pflicht nach Absatz 2 dauerhaft oder wiederholt erheblich verletzt, kann das Familiengericht auch eine Pflegschaft für die Durchführung des Umgangs anordnen (Umgangspflegschaft). Die Umgangspflegschaft umfasst das Recht, die Herausgabe des Kindes zur Durchführung des Umgangs zu verlangen und für die Dauer des Umgangs dessen Aufenthalt zu bestimmen. Die Anordnung ist zu befristen. Für den Ersatz von Aufwendungen und die Vergütung des Umgangspflegers gilt § 277 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit entsprechend.

(4) Das Familiengericht kann das Umgangsrecht oder den Vollzug früherer Entscheidungen über das Umgangsrecht einschränken oder ausschließen, soweit dies zum Wohl des Kindes erforderlich ist. Eine Entscheidung, die das Umgangsrecht oder seinen Vollzug für längere Zeit oder auf Dauer einschränkt oder ausschließt, kann nur ergehen, wenn andernfalls das Wohl des Kindes gefährdet wäre. Das Familiengericht kann insbesondere anordnen, dass der Umgang nur stattfinden darf, wenn ein mitwirkungsbereiter Dritter anwesend ist. Dritter kann auch ein Träger der Jugendhilfe oder ein Verein sein; dieser bestimmt dann jeweils, welche Einzelperson die Aufgabe wahrnimmt.

(1) Das Gericht entscheidet nach pflichtgemäßem Ermessen, ob es die entscheidungserheblichen Tatsachen durch eine förmliche Beweisaufnahme entsprechend der Zivilprozessordnung feststellt.

(2) Eine förmliche Beweisaufnahme hat stattzufinden, wenn es in diesem Gesetz vorgesehen ist.

(3) Eine förmliche Beweisaufnahme über die Richtigkeit einer Tatsachenbehauptung soll stattfinden, wenn das Gericht seine Entscheidung maßgeblich auf die Feststellung dieser Tatsache stützen will und die Richtigkeit von einem Beteiligten ausdrücklich bestritten wird.

(4) Den Beteiligten ist Gelegenheit zu geben, zum Ergebnis einer förmlichen Beweisaufnahme Stellung zu nehmen, soweit dies zur Aufklärung des Sachverhalts oder zur Gewährung rechtlichen Gehörs erforderlich ist.

(1) Die Eltern haben die Pflicht und das Recht, für das minderjährige Kind zu sorgen (elterliche Sorge). Die elterliche Sorge umfasst die Sorge für die Person des Kindes (Personensorge) und das Vermögen des Kindes (Vermögenssorge).

(2) Bei der Pflege und Erziehung berücksichtigen die Eltern die wachsende Fähigkeit und das wachsende Bedürfnis des Kindes zu selbständigem verantwortungsbewusstem Handeln. Sie besprechen mit dem Kind, soweit es nach dessen Entwicklungsstand angezeigt ist, Fragen der elterlichen Sorge und streben Einvernehmen an.

(3) Zum Wohl des Kindes gehört in der Regel der Umgang mit beiden Elternteilen. Gleiches gilt für den Umgang mit anderen Personen, zu denen das Kind Bindungen besitzt, wenn ihre Aufrechterhaltung für seine Entwicklung förderlich ist.

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cc) Dass der Gesetzgeber die Voraussetzungen in § 1671 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BGB positiv und in § 1626 a Abs. 2 Satz 1 BGB negativ formuliert hat, berücksichtigt die unterschiedliche rechtliche Ausgangssituation, begründet aber im Ergebnis keine materiell-rechtlichen Unterschiede hinsichtlich der Ausübung der gemeinsamen Sorge durch beide Eltern. Während nach § 1626 a Abs. 2 Satz 1 BGB zu entscheiden ist, ob die gemeinsame elterliche Sorge begründet werden soll, muss nach § 1671 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BGB geprüft werden, ob die bestehende gemeinsame elterliche Sorge aufzuheben ist. In beiden Fällen ist letztlich zu entscheiden, ob im wohlverstandenen Interesse des Kindes die Eltern zukünftig die elterliche Sorge gemeinsam ausüben sollen oder ob die Sorge aus Kindeswohlgründen nur einem Elternteil allein zuzuweisen bzw. zu belassen ist. Dass in den Fällen des § 1671 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BGB im Gegensatz zum Fall des § 1626 a Abs. 2 BGB von zusammenlebenden Eltern eine Sorgegemeinschaft bisher schon gelebt worden ist (vgl. Staudinger/Coester BGB [2015] § 1626 a Rn. 88), ist zwar als tatsächlicher Gesichtspunkt zu berücksichtigen , besagt aber nichts zu dem anzuwendenden Maßstab, der in beiden Fällen der gleiche ist. Sowohl im Rahmen der erstmaligen Anordnung als auch bei der Aufhebung der bestehenden gemeinsamen elterlichen Sorge setzt eine Entscheidung gegen die gemeinsame elterliche Sorge die Feststellung voraus, dass die gemeinsame elterliche Sorge dem Kindeswohl widerspricht.

(1) Das Gericht entscheidet nach pflichtgemäßem Ermessen, ob es die entscheidungserheblichen Tatsachen durch eine förmliche Beweisaufnahme entsprechend der Zivilprozessordnung feststellt.

(2) Eine förmliche Beweisaufnahme hat stattzufinden, wenn es in diesem Gesetz vorgesehen ist.

(3) Eine förmliche Beweisaufnahme über die Richtigkeit einer Tatsachenbehauptung soll stattfinden, wenn das Gericht seine Entscheidung maßgeblich auf die Feststellung dieser Tatsache stützen will und die Richtigkeit von einem Beteiligten ausdrücklich bestritten wird.

(4) Den Beteiligten ist Gelegenheit zu geben, zum Ergebnis einer förmlichen Beweisaufnahme Stellung zu nehmen, soweit dies zur Aufklärung des Sachverhalts oder zur Gewährung rechtlichen Gehörs erforderlich ist.

(1) Ein Sachverständiger kann aus denselben Gründen, die zur Ablehnung eines Richters berechtigen, abgelehnt werden. Ein Ablehnungsgrund kann jedoch nicht daraus entnommen werden, dass der Sachverständige als Zeuge vernommen worden ist.

(2) Der Ablehnungsantrag ist bei dem Gericht oder Richter, von dem der Sachverständige ernannt ist, vor seiner Vernehmung zu stellen, spätestens jedoch binnen zwei Wochen nach Verkündung oder Zustellung des Beschlusses über die Ernennung. Zu einem späteren Zeitpunkt ist die Ablehnung nur zulässig, wenn der Antragsteller glaubhaft macht, dass er ohne sein Verschulden verhindert war, den Ablehnungsgrund früher geltend zu machen. Der Antrag kann vor der Geschäftsstelle zu Protokoll erklärt werden.

(3) Der Ablehnungsgrund ist glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides statt darf die Partei nicht zugelassen werden.

(4) Die Entscheidung ergeht von dem im zweiten Absatz bezeichneten Gericht oder Richter durch Beschluss.

(5) Gegen den Beschluss, durch den die Ablehnung für begründet erklärt wird, findet kein Rechtsmittel, gegen den Beschluss, durch den sie für unbegründet erklärt wird, findet sofortige Beschwerde statt.

(1) Das Gericht hat das Kind persönlich anzuhören und sich einen persönlichen Eindruck von dem Kind zu verschaffen.

(2) Von der persönlichen Anhörung und der Verschaffung eines persönlichen Eindrucks nach Absatz 1 kann das Gericht nur absehen, wenn

1.
ein schwerwiegender Grund dafür vorliegt,
2.
das Kind offensichtlich nicht in der Lage ist, seine Neigungen und seinen Willen kundzutun,
3.
die Neigungen, Bindungen und der Wille des Kindes für die Entscheidung nicht von Bedeutung sind und eine persönliche Anhörung auch nicht aus anderen Gründen angezeigt ist oder
4.
das Verfahren ausschließlich das Vermögen des Kindes betrifft und eine persönliche Anhörung nach der Art der Angelegenheit nicht angezeigt ist.
Satz 1 Nummer 3 ist in Verfahren nach den §§ 1666 und 1666a des Bürgerlichen Gesetzbuchs, die die Person des Kindes betreffen, nicht anzuwenden. Das Gericht hat sich in diesen Verfahren einen persönlichen Eindruck von dem Kind auch dann zu verschaffen, wenn das Kind offensichtlich nicht in der Lage ist, seine Neigungen und seinen Willen kundzutun.

(3) Sieht das Gericht davon ab, das Kind persönlich anzuhören oder sich einen persönlichen Eindruck von dem Kind zu verschaffen, ist dies in der Endentscheidung zu begründen. Unterbleibt eine Anhörung oder die Verschaffung eines persönlichen Eindrucks allein wegen Gefahr im Verzug, ist sie unverzüglich nachzuholen.

(4) Das Kind soll über den Gegenstand, Ablauf und möglichen Ausgang des Verfahrens in einer geeigneten und seinem Alter entsprechenden Weise informiert werden, soweit nicht Nachteile für seine Entwicklung, Erziehung oder Gesundheit zu befürchten sind. Ihm ist Gelegenheit zur Äußerung zu geben. Hat das Gericht dem Kind nach § 158 einen Verfahrensbeistand bestellt, soll die persönliche Anhörung und die Verschaffung eines persönlichen Eindrucks in dessen Anwesenheit stattfinden. Im Übrigen steht die Gestaltung der persönlichen Anhörung im Ermessen des Gerichts.

15
cc) Dass der Gesetzgeber die Voraussetzungen in § 1671 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BGB positiv und in § 1626 a Abs. 2 Satz 1 BGB negativ formuliert hat, berücksichtigt die unterschiedliche rechtliche Ausgangssituation, begründet aber im Ergebnis keine materiell-rechtlichen Unterschiede hinsichtlich der Ausübung der gemeinsamen Sorge durch beide Eltern. Während nach § 1626 a Abs. 2 Satz 1 BGB zu entscheiden ist, ob die gemeinsame elterliche Sorge begründet werden soll, muss nach § 1671 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BGB geprüft werden, ob die bestehende gemeinsame elterliche Sorge aufzuheben ist. In beiden Fällen ist letztlich zu entscheiden, ob im wohlverstandenen Interesse des Kindes die Eltern zukünftig die elterliche Sorge gemeinsam ausüben sollen oder ob die Sorge aus Kindeswohlgründen nur einem Elternteil allein zuzuweisen bzw. zu belassen ist. Dass in den Fällen des § 1671 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BGB im Gegensatz zum Fall des § 1626 a Abs. 2 BGB von zusammenlebenden Eltern eine Sorgegemeinschaft bisher schon gelebt worden ist (vgl. Staudinger/Coester BGB [2015] § 1626 a Rn. 88), ist zwar als tatsächlicher Gesichtspunkt zu berücksichtigen , besagt aber nichts zu dem anzuwendenden Maßstab, der in beiden Fällen der gleiche ist. Sowohl im Rahmen der erstmaligen Anordnung als auch bei der Aufhebung der bestehenden gemeinsamen elterlichen Sorge setzt eine Entscheidung gegen die gemeinsame elterliche Sorge die Feststellung voraus, dass die gemeinsame elterliche Sorge dem Kindeswohl widerspricht.

(1) Das Rechtsbeschwerdegericht hat zu prüfen, ob die Rechtsbeschwerde an sich statthaft ist und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, ist die Rechtsbeschwerde als unzulässig zu verwerfen.

(2) Ergibt die Begründung des angefochtenen Beschlusses zwar eine Rechtsverletzung, stellt sich die Entscheidung aber aus anderen Gründen als richtig dar, ist die Rechtsbeschwerde zurückzuweisen.

(3) Der Prüfung des Rechtsbeschwerdegerichts unterliegen nur die von den Beteiligten gestellten Anträge. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die geltend gemachten Rechtsbeschwerdegründe nicht gebunden. Auf Verfahrensmängel, die nicht von Amts wegen zu berücksichtigen sind, darf die angefochtene Entscheidung nur geprüft werden, wenn die Mängel nach § 71 Abs. 3 und § 73 Satz 2 gerügt worden sind. Die §§ 559, 564 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend.

(4) Auf das weitere Verfahren sind, soweit sich nicht Abweichungen aus den Vorschriften dieses Unterabschnitts ergeben, die im ersten Rechtszug geltenden Vorschriften entsprechend anzuwenden.

(5) Soweit die Rechtsbeschwerde begründet ist, ist der angefochtene Beschluss aufzuheben.

(6) Das Rechtsbeschwerdegericht entscheidet in der Sache selbst, wenn diese zur Endentscheidung reif ist. Andernfalls verweist es die Sache unter Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und des Verfahrens zur anderweitigen Behandlung und Entscheidung an das Beschwerdegericht oder, wenn dies aus besonderen Gründen geboten erscheint, an das Gericht des ersten Rechtszugs zurück. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Gerichts erfolgen, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat. Das Gericht, an das die Sache zurückverwiesen ist, hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde liegt, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(7) Von einer Begründung der Entscheidung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet wäre, zur Klärung von Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung, zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung beizutragen.

(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.

(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.

(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen.

(4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft.

(5) Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.

(1) Die Erteilung der Vollmacht erfolgt durch Erklärung gegenüber dem zu Bevollmächtigenden oder dem Dritten, dem gegenüber die Vertretung stattfinden soll.

(2) Die Erklärung bedarf nicht der Form, welche für das Rechtsgeschäft bestimmt ist, auf das sich die Vollmacht bezieht.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.

(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.

(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen.

(4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft.

(5) Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.