Bundesgerichtshof Beschluss, 17. Aug. 2011 - XII ZB 50/11

bei uns veröffentlicht am17.08.2011
vorgehend
Amtsgericht Kreuzberg, 145 F 17688/09, 20.05.2010
Kammergericht, 19 UF 31/10, 03.01.2011

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 50/11
vom
17. August 2011
in der Familiensache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Ist für das Beschwerdegericht ohne weiteres zu erkennen, dass die an es adressierte
Beschwerdeschrift gemäß § 64 FamFG an das Amtsgericht hätte gerichtet
werden müssen, hat es sie an letzteres im ordentlichen Geschäftsgang weiterzuleiten
(im Anschluss an BGH Beschluss vom 24. Juni 2010 - V ZB 170/09 - WuM
2010, 592 Rn. 7 f. und Urteil vom 1. Dezember 1997 - II ZR 85/97 - NJW 1998,
908; Senatsbeschluss vom 15. Juni 2011 - XII ZB 468/10 - juris Rn. 12 zur Veröffentlichung
bestimmt; vgl. auch BVerfG NJW 2006, 1579).

b) Wäre der fristgerechte Eingang der Beschwerdeschrift beim Amtsgericht bei der
gebotenen Weiterleitung zu erwarten gewesen, ist dem Rechtsmittelführer bei unterbliebener
Weiterleitung Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren.
Das gilt auch dann, wenn er vom Amtsgericht zutreffend über die Einlegung der
Beschwerde belehrt worden ist.
BGH, Beschluss vom 17. August 2011 - XII ZB 50/11 - KG Berlin
AG Tempelhof-Kreuzberg
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 17. August 2011 durch die
Vorsitzende Richterin Dr. Hahne und die Richter Weber-Monecke, Dose,
Schilling und Dr. Günter

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des 19. Zivilsenats des Kammergerichts in Berlin als Senat für Familiensachen vom 3. Januar 2011 aufgehoben. Dem Antragsteller wird Wiedereinsetzung in die Frist zur Einlegung der Beschwerde gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Tempelhof-Kreuzberg vom 20. Mai 2010 gewährt. Im Übrigen wird die Sache zur erneuten Behandlung und Entscheidung , auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens , an das Beschwerdegericht zurückverwiesen. Beschwerdewert: 10.483 €.

Gründe:

A.

1
Der Antragsteller begehrt die Wiedereinsetzung in die Beschwerdefrist.
2
Das Amtsgericht hat dessen Antrag auf Abänderung des Unterhalts mit Beschluss vom 20. Mai 2010, dem Antragsteller am 26. Mai 2010 zugestellt, zurückgewiesen. Die Entscheidung beruht auf den Vorschriften des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG) und enthält eine Rechtsbehelfsbelehrung, wonach gegen den Beschluss das Rechtsmittel der Beschwerde gegeben sei, die beim Amtsgericht innerhalb eines Monats schriftlich eingegangen sein müsse.
3
Hiergegen hat der Antragsteller mit einem an das Kammergericht adressierten Schriftsatz vom 14. Juni 2010 "Beschwerde" eingelegt, der dort am 15. Juni 2010 eingegangen ist. Nach Eingang der Gerichtsakte beim Kammergericht am 1. Juli 2010 hat der Vorsitzende mit Verfügung vom 5. Juli 2010 den Antragsteller darauf hingewiesen, dass die Beschwerde beim Amtsgericht hätte eingelegt werden müssen. Mit Beschluss vom 3. Januar 2011 hat das Kammergericht schließlich die Beschwerde des Antragstellers als unzulässig verworfen und den Wiedereinsetzungsantrag des Antragstellers vom 12. Juli 2010 zurückgewiesen. Hiergegen wendet sich der Antragsteller mit seiner Rechtsbeschwerde.

B.

4
Die Rechtsbeschwerde ist zulässig und begründet.

I.

5
Die Statthaftigkeit der Rechtsbeschwerde ergibt sich aus §§ 112 Nr. 1, 117 Abs. 1 Satz 4 FamFG in Verbindung mit §§ 522 Abs. 1 Satz 2 und 4, 574 Abs. 1 Nr. 1 ZPO.
6
Die Rechtsbeschwerde ist zulässig, da die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert (§ 574 Abs. 2 ZPO). Die Annahme des Beschwerdegerichts, es sei zu einer Weiterleitung der Beschwerde an das zuständige Amtsgericht vor Eingang der Gerichtsakten nicht verpflichtet gewesen, weshalb dem Antragsteller wegen der mittlerweile eingetretenen Fristversäumung keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren sei, verletzt den Antragsteller in seinem aus dem Rechtsstaatsprinzip abzuleitenden Verfahrensgrundrecht auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes. Dieses Verfahrensgrundrecht verbietet es den Gerichten, den Parteien den Zugang zu einer in der Verfahrensordnung eingeräumten Instanz in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht zu rechtfertigender Weise zu erschweren (BGH Beschluss vom 11. Januar 2011 - VIII ZB 62/10 - WuM 2011, 177 Rn. 3 mwN).

II.

7
Die Rechtsbeschwerde hat auch in der Sache Erfolg. Das Beschwerdegericht hätte dem Antragsteller Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewähren müssen und deshalb die Beschwerde nicht als unzulässig verwerfen dürfen.
8
1. Das Kammergericht hat die Beschwerde als unzulässig verworfen, weil sie nicht innerhalb der in § 63 Abs. 1 FamFG bestimmten Beschwerdefrist von einem Monat eingelegt worden sei. Da der Beschluss dem Antragsteller am 26. Mai 2010 zugestellt worden sei, hätte die Beschwerde spätestens am 28. Juni 2010 (einem Montag) beim Amtsgericht eingehen müssen, was nicht geschehen sei.
9
Wiedereinsetzung könne dem Antragsteller nicht gewährt werden, weil die Versäumung der Beschwerdefrist nicht unverschuldet gewesen sei. Entgegen der Auffassung des Antragstellers sei die Rechtsmittelbelehrung in dem angefochtenen Beschluss nicht mehrdeutig, sondern weise unmissverständlich darauf hin, dass eine beabsichtigte Beschwerde beim Amtsgericht einzulegen sei. Im Übrigen sei der Antragsteller anwaltlich vertreten, weshalb ein Rechtsirrtum regelmäßig verschuldet sei und einer Wiedereinsetzung entgegenstehe.
10
Entgegen der Ansicht des Antragstellers sei die Ursächlichkeit des Verschuldens seines Verfahrensbevollmächtigten für die Fristversäumung auch nicht deshalb zu verneinen, weil die fehlerhaft adressierte Beschwerdebegründung nicht innerhalb der Beschwerdefrist an das Amtsgericht weitergeleitet worden sei. Abweichend von den vom Bundesverfassungsgericht und Bundesgerichtshof entschiedenen Fällen, in denen die beim Ausgangsgericht fälschlicherweise eingegangenen Rechtsmittel an das Rechtsmittelgericht weiterzuleiten seien, sei vorliegend das Beschwerdegericht, bei dem die Rechtsmittelschrift eingegangen sei, mit der Sache zuvor nicht befasst gewesen. Deshalb entfalle der Aspekt der nachwirkenden Fürsorgepflicht, auf den das Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung maßgeblich abstelle. Das Gericht habe ohne weitere Ermittlung nicht beurteilen können, ob die Beschwerdeschrift wegen der Regelung des § 64 Abs. 1 FamFG an das Amtsgericht hätte adressiert werden müssen. Es hätte hier auch deshalb besonderer Ermittlungen bedurft, weil die Frage der richtigen Adressierung davon abhängig gewesen sei, ob das neue oder das bis zum 30. September 2009 in Familiensachen geltende Verfahrensrecht anzuwenden gewesen wäre. Der Antragsteller habe seinem Rechtsmittel zwar eine Kopie der angefochtenen Entscheidung beigefügt, jedoch habe die Prüfung des anzuwendenden Verfahrensrechts erst anhand der zu diesem Zeitpunkt dem Gericht noch nicht vorliegenden Sachakte erfolgen können. Der Partei und ihrem Verfahrensbevollmächtigten müsse die Verantwortung für die Ermittlung des richtigen Adressaten fristgebundener Verfahrenserklärungen nicht allgemein abgenommen und auf unzuständige Gerichte verlagert werden; dies gelte erst recht, wenn die der Entscheidung des Erstge- richts beigefügte Rechtsmittelbelehrung darüber zutreffend aufkläre, an welches Gericht ein beabsichtigtes Rechtsmittel zu adressieren sei und die Partei darüber hinaus von einem Rechtsanwalt vertreten werde.
11
2. Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Überprüfung nicht stand.
12
a) Allerdings ist das Kammergericht zutreffend davon ausgegangen, dass die Beschwerde mangels Einhaltung der Monatsfrist des § 63 Abs. 1 FamFG verfristet ist.
13
b) Jedoch hat das Beschwerdegericht den Wiedereinsetzungsantrag zu Unrecht zurückgewiesen.
14
aa) Gemäß § 113 Abs. 1 FamFG sind in Familienstreitsachen, wozu gemäß § 112 Nr. 1 FamFG auch das hier streitgegenständliche Unterhaltsverfahren gehört, die §§ 233 ff. ZPO anzuwenden.
15
Entgegen der von der Antragsgegnerin im Ausgangsverfahren geäußerten Rechtsauffassung hat der Antragsteller den Wiedereinsetzungsantrag auch beim zuständigen Gericht gestellt. Denn gemäß § 237 ZPO entscheidet über den Antrag auf Wiedereinsetzung das Gericht, dem die Entscheidung über die nachgeholte Prozesshandlung zusteht; deshalb ist das Wiedereinsetzungsgesuch an das Beschwerdegericht zu richten (Nickel MDR 2010, 1227, 1230; Hk-ZPO/Saenger 4. Aufl. § 236 Rn. 2).
16
Der Wiedereinsetzungsantrag des Antragstellers ist auch in der Wiedereinsetzungsfrist des § 234 Abs. 1 Satz 1 ZPO von zwei Wochen eingegangen. Nachdem das Beschwerdegericht den Antragsteller am 5. Juli 2010 auf die Verfristung hingewiesen hatte, hat er mit am 14. Juli 2010 beim Kammergericht eingegangenem Schriftsatz Wiedereinsetzung beantragt.
17
bb) Entgegen der Auffassung des Beschwerdegerichts liegen auch die materiellen Voraussetzungen für eine Wiedereinsetzung vor.
18
(1) Allerdings hat das Beschwerdegericht zu Recht und mit zutreffender Begründung ausgeführt, dass der Antragsteller, der sich das Verhalten seines Verfahrensbevollmächtigten zurechnen lassen muss, die Fristversäumung verschuldet hat. Entgegen der Auffassung des Antragstellers kann von einer Mehrdeutigkeit der Rechtsbehelfsbelehrung keine Rede sein. Vielmehr ist ihr eindeutig zu entnehmen, dass die Beschwerde innerhalb von einem Monat beim Amtsgericht einzulegen ist. Im Übrigen war der Antragsteller anwaltlich vertreten, weshalb ein möglicher Rechtsirrtum regelmäßig verschuldet ist (Senatsbeschluss vom 23. Juni 2011 - XII ZB 82/10 - FamRZ 2010, 1425 Rn. 11).
19
(2) Nicht gefolgt werden kann dem Beschwerdegericht allerdings, soweit es die Ursächlichkeit des Verschuldens für die Fristversäumung bejaht, obgleich es die fehlerhaft adressierte Beschwerde nicht an das zuständige Amtsgericht weitergeleitet hat.
20
(a) Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts folgt aus dem Anspruch auf ein faires Verfahren aus Artikel 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip die Verpflichtung des Richters, das Verfahren so zu gestalten, wie die Parteien es von ihm erwarten dürfen. Insbesondere sei der Richter allgemein zur Rücksichtnahme gegenüber den Verfahrensbeteiligten in ihrer konkreten Situation verpflichtet. Die Abgrenzung dessen, was im Rahmen einer fairen Verfahrensgestaltung an richterlicher Fürsorge von Verfassungs wegen geboten sei, könne sich aber nicht nur am Interesse des Rechtsuchenden an einer möglichst weitgehenden Verfahrenserleichterung orientieren, sondern müsse auch berücksichtigen, dass die Justiz im Interesse ihrer Funktionsfähigkeit vor zusätzlicher Belastung geschützt werden müsse. Danach müsse der Partei und ihrem Prozessbevollmächtigten die Verantwortung für die Ermittlung des richtigen Adressaten fristgebundener Verfahrenserklärungen nicht allgemein abgenommen und auf unzuständige Gerichte verlagert werden. Die Abwägung zwischen den betroffenen Belangen falle etwa dann zugunsten des Rechtsuchenden aus, wenn das angegangene Gericht zwar für das Rechtsmittelverfahren nicht zuständig, jedoch vorher mit dem Verfahren befasst gewesen sei. Gleiches gelte für eine leicht und einwandfrei als fehlgeleitet erkennbare Rechtsbehelfsschrift. In diesen Fällen der offensichtlichen eigenen Unzuständigkeit stelle es für die Funktionsfähigkeit des Gerichts keine übermäßige Belastung dar, in Fürsorge für die Verfahrensbeteiligten einen fehlgeleiteten Schriftsatz im Rahmen des üblichen Geschäftsgangs an das zuständige Gericht weiterzuleiten. Geschehe dies nicht, könne die nachfolgende Fristversäumnis nicht zu Lasten des Rechtsuchenden gehen und es sei Wiedereinsetzung zu gewähren (BVerfG NJW 2006, 1579; siehe auch BVerfG NJW 1995, 3173).
21
(b) Dieser Rechtsprechung hat sich der Bundesgerichtshof angeschlossen (s. etwa BGH Urteil vom 1. Dezember 1997 - II ZR 85/97 - NJW 1998, 908; Senatsbeschluss vom 15. Juni 2011 - XII ZB 468/10 - juris Rn. 12 - zur Veröffentlichung bestimmt).
22
Anders als in Fällen, in denen fristgebundene Rechtsmittelschriftsätze irrtümlich bei dem im vorangegangenen Rechtszug mit der Sache bereits befassten Gericht eingereicht werden, besteht zwar keine generelle Fürsorgepflicht des für die Rechtsmitteleinlegung unzuständigen Rechtsmittelgerichts, durch Hinweise oder andere geeignete Maßnahmen eine Fristversäumung des Rechtsmittelführers zu verhindern. Etwas anderes gilt allerdings dann, wenn die Unzuständigkeit des angerufenen Gerichts "ohne weiteres" bzw. "leicht und einwandfrei" zu erkennen ist (vgl. BGH Beschluss vom 24. Juni 2010 - V ZB 170/09 - WuM 2010, 592 Rn. 7 f.; vgl. auch BVerfG NJW 2006, 1579 für den Fall einer "leicht und einwandfrei als fehlgeleitet" erkennbaren Rechtsbehelfsschrift

).

23
(c) Diese Grundsätze sind gleichermaßen auf den vorliegenden Fall anzuwenden , in dem die Beschwerde in einer Familienstreitsache anstatt an das gemäß § 64 Abs. 1 FamFG für ihre Entgegennahme zuständige Amtsgericht an das Beschwerdegericht adressiert wurde. Das angerufene Gericht hat die Beschwerdeschrift im ordentlichen Geschäftsgang an das Amtsgericht weiterzuleiten , wenn ohne weiteres die Unzuständigkeit des angerufenen Gerichts erkennbar und - damit regelmäßig - die Bestimmung des zuständigen Gerichts möglich ist (vgl. auch BeckOK Hahne/Munzig/Gutjahr FamFG § 63 Rn. 46; derselbe FPR 2006, 433, 434; MünchKommZPO/Koritz 3. Aufl. § 64 Rn. 2; Musielak/Borth/Grandel FamFG 2. Aufl. § 63 Rn. 4; Johannsen/Henrich/ Althammer Familienrecht 5. Aufl. § 64 FamFG Rn. 2). Denn auch in diesen Fällen der offensichtlichen eigenen Unzuständigkeit stellt es für die Funktionsfähigkeit des Gerichts keine übermäßige Belastung dar, in Fürsorge für die Verfahrensbeteiligten einen fehlgeleiteten Schriftsatz im Rahmen des üblichen Geschäftsgangs an das zuständige Gericht weiterzuleiten (vgl. BVerfG NJW 2006,

1579).

24
Daran ändert auch die mit § 39 FamFG eingeführte Rechtsbehelfsbelehrung nichts. Zwar wird durch sie regelmäßig für den Beschwerdeführer hinreichende Klarheit darüber geschaffen, bei welchem Gericht er sich gegen die erstinstanzliche Entscheidung wenden kann (BT-Drucks. 16/6308 S. 206). Legt der Beschwerdeführer trotz zutreffender Rechtsbehelfsbelehrung sein Rechtsmittel beim unzuständigen Gericht ein, spricht das - unbeschadet einer anwaltlichen Vertretung - für sein Verschulden im Sinne des § 233 ZPO. Davon unberührt bleibt jedoch die Verpflichtung des Gerichts, bei entsprechender Erkennbarkeit die Rechtsmittelschrift an das zuständige Gericht weiterzuleiten (vgl. auch BVerfG NJW 1995, 3173, 3175, wonach bei einer unterbliebenen Weiterleitung der Partei Wiedereinsetzung in den vorigen Stand unabhängig davon zu gewähren ist, auf welchen Gründen die fehlerhafte Einreichung beruht). Bei Vorliegen der angefochtenen Entscheidung wird dem Gericht die Erkennbarkeit seiner eigenen Unzuständigkeit durch die Rechtsbehelfsbelehrung vielmehr noch erleichtert.
25
Das angerufene Gericht wird seine Unzuständigkeit regelmäßig ohne weiteres erkennen können, wenn der Rechtsmittelführer mit der Beschwerde eine Ausfertigung der angefochtenen Entscheidung einreicht. Dabei ist maßgeblich, welches Recht das Ausgangsgericht angewandt hat. Ist dieses - wie im Streitfall - von der Anwendung neuen Rechts, also des FamFG, ausgegangen, so hat das Beschwerdegericht (zunächst) von der Anwendung diesen Rechts auszugehen. Sollte sich im Nachhinein herausstellen, dass das Ausgangsgericht tatsächlich altes Recht hätte anwenden müssen mit der Folge, dass das angerufene Gericht für den Eingang der Beschwerde zuständig gewesen wäre, ist dies für die Zulässigkeit des Rechtsmittels unschädlich. Denn zum einen ändert die Weiterleitung des Rechtsmittels an das Ausgangsgericht nichts an der Tatsache, dass jenes rechtzeitig beim Beschwerdegericht eingegangen ist. Zum anderen greift nach der Rechtsprechung des Senats in solchen Fällen der so genannte Meistbegünstigungsgrundsatz (Senatsbeschluss vom 6. April 2011 - XII ZB 553/10 - FamRZ 2011, 966). Danach wird die Rechtsmittelfrist auch durch die Einlegung einer Beschwerde beim Ausgangsgericht gewahrt.
26
Unterbleibt allerdings die Vorlage einer entsprechenden Ausfertigung, die gemäß § 64 FamFG keine Zulässigkeitsvoraussetzung darstellt, liegt dem Beschwerdegericht also allein die Beschwerdeschrift vor und lässt sich dieser nicht entnehmen, dass es unzuständig ist, ist es nicht verpflichtet, weitere Ermittlungen anzustellen. Sofern sich allerdings aus den angeforderten Gerichtsakten seine Unzuständigkeit ergeben sollte, ist das Gericht verpflichtet, nach Eingang der Akten die Beschwerdeschrift an das zuständige Gericht weiterzuleiten, vorausgesetzt, die Frist kann noch im ordentlichen Geschäftsgang gewahrt werden.
27
Weitere Voraussetzung für eine Wiedereinsetzung ist, dass die bei einer Weiterleitung im ordentlichen Geschäftsgang verbleibende Zeit für die Fristwahrung ausreichend ist.
28
(3) Gemessen an diesen Anforderungen hätte das Kammergericht die Beschwerdeschrift an das Amtsgericht weiterleiten müssen und demgemäß die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht ablehnen dürfen.
29
Für das Beschwerdegericht war anhand der vom Beschwerdeführer eingereichten Ausfertigung der angefochtenen Entscheidung ohne weiteres erkennbar, dass das Amtsgericht nach dem neuen Verfahrensrecht entschieden hat. So hat das Kammergericht selbst ausgeführt, dass sich aus der angefügten Rechtsbehelfsbelehrung unmissverständlich ergebe, dass die Beschwerde beim Amtsgericht einzulegen sei. Im Übrigen ist der recht kurz gehaltenen Entscheidung des Amtsgerichts eindeutig zu entnehmen, dass dieses die Vorschriften des FamFG angewandt hat. Entgegen der Auffassung des Kammergerichts war es bei dieser Sachlage nicht gehalten zu überprüfen, ob das Amtsgericht zu Recht das neue Verfahrensrecht angewandt hat. Deshalb durfte es den Eingang der Gerichtsakten, der am 1. Juli 2010 und damit für eine Weiterleitung zu spät erfolgte, nicht abwarten. Dafür, dass der Antragsteller das nach § 58 FamFG statthafte Rechtsmittel einlegen wollte, spricht im Übrigen der Umstand, dass er sein Rechtsmittel als "Beschwerde" und nicht etwa als Berufung bezeichnet hat.
30
Schließlich wäre die fristgerechte Weiterleitung an das zuständige Amtsgericht im ordentlichen Geschäftsgang auch möglich gewesen. Denn die Beschwerdeschrift war bereits am 15. Juni 2010 beim Kammergericht eingegangen. Demgegenüber lief die Beschwerdefrist erst am 28. Juni 2010 (einem Montag), also knapp zwei Wochen später ab.

III.

31
Nach alledem war die angefochtene Entscheidung gemäß § 117 Abs. 1 Satz 4 FamFG in Verbindung mit §§ 522 Abs. 1 Satz 2 und 4, 574 Abs. 1 Nr. 1, 577 Abs. 4 Satz 1 ZPO aufzuheben.
32
Soweit es die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand anbelangt, konnte der Senat selbst abschließend entscheiden (vgl. § 577 Abs. 5 Satz 1 ZPO), weil die hierfür erforderlichen Feststellungen getroffen sind und die Frage der Ursächlichkeit des Verschuldens lediglich noch auf einer rechtlichen Bewertung beruht.
33
In der Sache selbst ist es dem Senat allerdings verwehrt, abschließend zu entscheiden, weil die Sache nicht zur Endentscheidung reif ist. Das Kammergericht hat die Beschwerde als unzulässig verworfen. Die von ihm hilfsweise zur Begründetheit gemachten Ausführungen sind im Rechtsbeschwerderechtszug regelmäßig als in keiner Hinsicht verbindlich und als nicht geschrieben zu behandeln (vgl. BGHZ 46, 281, 285). Insoweit war die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung gemäß § 577 Abs. 4 Satz 1 ZPO zurückzuverweisen.
Hahne Weber-Monecke RiBGH Dose ist urlaubsbedingt verhindert zu unterschreiben. Hahne
Schilling RiBGH Dr. Günter ist urlaubsbedingt verhindert zu unterschreiben. Hahne

Vorinstanzen:
AG Tempelhof-Kreuzberg, Entscheidung vom 20.05.2010 - 145 F 17688/09 -
KG Berlin, Entscheidung vom 03.01.2011 - 19 UF 31/10 -

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 17. Aug. 2011 - XII ZB 50/11

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(1) Die Beschwerde ist, soweit gesetzlich keine andere Frist bestimmt ist, binnen einer Frist von einem Monat einzulegen.

(2) Die Beschwerde ist binnen einer Frist von zwei Wochen einzulegen, wenn sie sich gegen folgende Entscheidungen richtet:

1.
Endentscheidungen im Verfahren der einstweiligen Anordnung oder
2.
Entscheidungen über Anträge auf Genehmigung eines Rechtsgeschäfts.

(3) Die Frist beginnt jeweils mit der schriftlichen Bekanntgabe des Beschlusses an die Beteiligten. Kann die schriftliche Bekanntgabe an einen Beteiligten nicht bewirkt werden, beginnt die Frist spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach Erlass des Beschlusses.

War eine Partei ohne ihr Verschulden verhindert, eine Notfrist oder die Frist zur Begründung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Rechtsbeschwerde oder die Frist des § 234 Abs. 1 einzuhalten, so ist ihr auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist.

(1) Die Beschwerde ist bei dem Gericht einzulegen, dessen Beschluss angefochten wird. Anträge auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für eine beabsichtigte Beschwerde sind bei dem Gericht einzulegen, dessen Beschluss angefochten werden soll.

(2) Die Beschwerde wird durch Einreichung einer Beschwerdeschrift oder zur Niederschrift der Geschäftsstelle eingelegt. Die Einlegung der Beschwerde zur Niederschrift der Geschäftsstelle ist in Ehesachen und in Familienstreitsachen ausgeschlossen. Die Beschwerde muss die Bezeichnung des angefochtenen Beschlusses sowie die Erklärung enthalten, dass Beschwerde gegen diesen Beschluss eingelegt wird. Sie ist von dem Beschwerdeführer oder seinem Bevollmächtigten zu unterzeichnen.

(3) Das Beschwerdegericht kann vor der Entscheidung eine einstweilige Anordnung erlassen; es kann insbesondere anordnen, dass die Vollziehung des angefochtenen Beschlusses auszusetzen ist.

Familienstreitsachen sind folgende Familiensachen:

1.
Unterhaltssachen nach § 231 Abs. 1 und Lebenspartnerschaftssachen nach § 269 Abs. 1 Nr. 8 und 9,
2.
Güterrechtssachen nach § 261 Abs. 1 und Lebenspartnerschaftssachen nach § 269 Abs. 1 Nr. 10 sowie
3.
sonstige Familiensachen nach § 266 Abs. 1 und Lebenspartnerschaftssachen nach § 269 Abs. 2.

(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluss ergehen. Gegen den Beschluss findet die Rechtsbeschwerde statt.

(2) Das Berufungsgericht soll die Berufung durch Beschluss unverzüglich zurückweisen, wenn es einstimmig davon überzeugt ist, dass

1.
die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat,
2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat,
3.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und
4.
eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
Das Berufungsgericht oder der Vorsitzende hat zuvor die Parteien auf die beabsichtigte Zurückweisung der Berufung und die Gründe hierfür hinzuweisen und dem Berufungsführer binnen einer zu bestimmenden Frist Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Der Beschluss nach Satz 1 ist zu begründen, soweit die Gründe für die Zurückweisung nicht bereits in dem Hinweis nach Satz 2 enthalten sind. Ein anfechtbarer Beschluss hat darüber hinaus eine Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen zu enthalten.

(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 2 Satz 1 steht dem Berufungsführer das Rechtsmittel zu, das bei einer Entscheidung durch Urteil zulässig wäre.

(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn

1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder
2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
§ 542 Abs. 2 gilt entsprechend.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.

(1) Die Beschwerde ist, soweit gesetzlich keine andere Frist bestimmt ist, binnen einer Frist von einem Monat einzulegen.

(2) Die Beschwerde ist binnen einer Frist von zwei Wochen einzulegen, wenn sie sich gegen folgende Entscheidungen richtet:

1.
Endentscheidungen im Verfahren der einstweiligen Anordnung oder
2.
Entscheidungen über Anträge auf Genehmigung eines Rechtsgeschäfts.

(3) Die Frist beginnt jeweils mit der schriftlichen Bekanntgabe des Beschlusses an die Beteiligten. Kann die schriftliche Bekanntgabe an einen Beteiligten nicht bewirkt werden, beginnt die Frist spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach Erlass des Beschlusses.

(1) Die Beschwerde ist bei dem Gericht einzulegen, dessen Beschluss angefochten wird. Anträge auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für eine beabsichtigte Beschwerde sind bei dem Gericht einzulegen, dessen Beschluss angefochten werden soll.

(2) Die Beschwerde wird durch Einreichung einer Beschwerdeschrift oder zur Niederschrift der Geschäftsstelle eingelegt. Die Einlegung der Beschwerde zur Niederschrift der Geschäftsstelle ist in Ehesachen und in Familienstreitsachen ausgeschlossen. Die Beschwerde muss die Bezeichnung des angefochtenen Beschlusses sowie die Erklärung enthalten, dass Beschwerde gegen diesen Beschluss eingelegt wird. Sie ist von dem Beschwerdeführer oder seinem Bevollmächtigten zu unterzeichnen.

(3) Das Beschwerdegericht kann vor der Entscheidung eine einstweilige Anordnung erlassen; es kann insbesondere anordnen, dass die Vollziehung des angefochtenen Beschlusses auszusetzen ist.

(1) Die Beschwerde ist, soweit gesetzlich keine andere Frist bestimmt ist, binnen einer Frist von einem Monat einzulegen.

(2) Die Beschwerde ist binnen einer Frist von zwei Wochen einzulegen, wenn sie sich gegen folgende Entscheidungen richtet:

1.
Endentscheidungen im Verfahren der einstweiligen Anordnung oder
2.
Entscheidungen über Anträge auf Genehmigung eines Rechtsgeschäfts.

(3) Die Frist beginnt jeweils mit der schriftlichen Bekanntgabe des Beschlusses an die Beteiligten. Kann die schriftliche Bekanntgabe an einen Beteiligten nicht bewirkt werden, beginnt die Frist spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach Erlass des Beschlusses.

(1) In Ehesachen und Familienstreitsachen sind die §§ 2 bis 22, 23 bis 37, 40 bis 45, 46 Satz 1 und 2 sowie die §§ 47 und 48 sowie 76 bis 96 nicht anzuwenden. Es gelten die Allgemeinen Vorschriften der Zivilprozessordnung und die Vorschriften der Zivilprozessordnung über das Verfahren vor den Landgerichten entsprechend.

(2) In Familienstreitsachen gelten die Vorschriften der Zivilprozessordnung über den Urkunden- und Wechselprozess und über das Mahnverfahren entsprechend.

(3) In Ehesachen und Familienstreitsachen ist § 227 Abs. 3 der Zivilprozessordnung nicht anzuwenden.

(4) In Ehesachen sind die Vorschriften der Zivilprozessordnung über

1.
die Folgen der unterbliebenen oder verweigerten Erklärung über Tatsachen,
2.
die Voraussetzungen einer Klageänderung,
3.
die Bestimmung der Verfahrensweise, den frühen ersten Termin, das schriftliche Vorverfahren und die Klageerwiderung,
4.
die Güteverhandlung,
5.
die Wirkung des gerichtlichen Geständnisses,
6.
das Anerkenntnis,
7.
die Folgen der unterbliebenen oder verweigerten Erklärung über die Echtheit von Urkunden,
8.
den Verzicht auf die Beeidigung des Gegners sowie von Zeugen oder Sachverständigen
nicht anzuwenden.

(5) Bei der Anwendung der Zivilprozessordnung tritt an die Stelle der Bezeichnung

1.
Prozess oder Rechtsstreit die Bezeichnung Verfahren,
2.
Klage die Bezeichnung Antrag,
3.
Kläger die Bezeichnung Antragsteller,
4.
Beklagter die Bezeichnung Antragsgegner,
5.
Partei die Bezeichnung Beteiligter.

Familienstreitsachen sind folgende Familiensachen:

1.
Unterhaltssachen nach § 231 Abs. 1 und Lebenspartnerschaftssachen nach § 269 Abs. 1 Nr. 8 und 9,
2.
Güterrechtssachen nach § 261 Abs. 1 und Lebenspartnerschaftssachen nach § 269 Abs. 1 Nr. 10 sowie
3.
sonstige Familiensachen nach § 266 Abs. 1 und Lebenspartnerschaftssachen nach § 269 Abs. 2.

Über den Antrag auf Wiedereinsetzung entscheidet das Gericht, dem die Entscheidung über die nachgeholte Prozesshandlung zusteht.

(1) Die Wiedereinsetzung muss innerhalb einer zweiwöchigen Frist beantragt werden. Die Frist beträgt einen Monat, wenn die Partei verhindert ist, die Frist zur Begründung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Rechtsbeschwerde einzuhalten.

(2) Die Frist beginnt mit dem Tag, an dem das Hindernis behoben ist.

(3) Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden.

(1) Die Beschwerde ist bei dem Gericht einzulegen, dessen Beschluss angefochten wird. Anträge auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für eine beabsichtigte Beschwerde sind bei dem Gericht einzulegen, dessen Beschluss angefochten werden soll.

(2) Die Beschwerde wird durch Einreichung einer Beschwerdeschrift oder zur Niederschrift der Geschäftsstelle eingelegt. Die Einlegung der Beschwerde zur Niederschrift der Geschäftsstelle ist in Ehesachen und in Familienstreitsachen ausgeschlossen. Die Beschwerde muss die Bezeichnung des angefochtenen Beschlusses sowie die Erklärung enthalten, dass Beschwerde gegen diesen Beschluss eingelegt wird. Sie ist von dem Beschwerdeführer oder seinem Bevollmächtigten zu unterzeichnen.

(3) Das Beschwerdegericht kann vor der Entscheidung eine einstweilige Anordnung erlassen; es kann insbesondere anordnen, dass die Vollziehung des angefochtenen Beschlusses auszusetzen ist.

(1) Die Beschwerde ist, soweit gesetzlich keine andere Frist bestimmt ist, binnen einer Frist von einem Monat einzulegen.

(2) Die Beschwerde ist binnen einer Frist von zwei Wochen einzulegen, wenn sie sich gegen folgende Entscheidungen richtet:

1.
Endentscheidungen im Verfahren der einstweiligen Anordnung oder
2.
Entscheidungen über Anträge auf Genehmigung eines Rechtsgeschäfts.

(3) Die Frist beginnt jeweils mit der schriftlichen Bekanntgabe des Beschlusses an die Beteiligten. Kann die schriftliche Bekanntgabe an einen Beteiligten nicht bewirkt werden, beginnt die Frist spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach Erlass des Beschlusses.

Jeder Beschluss hat eine Belehrung über das statthafte Rechtsmittel, den Einspruch, den Widerspruch oder die Erinnerung sowie das Gericht, bei dem diese Rechtsbehelfe einzulegen sind, dessen Sitz und die einzuhaltende Form und Frist zu enthalten. Über die Sprungrechtsbeschwerde muss nicht belehrt werden.

War eine Partei ohne ihr Verschulden verhindert, eine Notfrist oder die Frist zur Begründung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Rechtsbeschwerde oder die Frist des § 234 Abs. 1 einzuhalten, so ist ihr auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 553/10
vom
6. April 2011
in der Familiensache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Entscheidet das Familiengericht statt nach dem - noch fortgeltenden - alten Verfahrensrecht
nicht durch Urteil, sondern fehlerhaft nach neuem Verfahrensrecht
durch Beschluss, wird auch durch die Einlegung einer Beschwerde beim Ausgangsgericht
die Rechtsmittelfrist gewahrt (Grundsatz der "Meistbegünstigung",
im Anschluss an Senatsbeschluss vom 17. Dezember 2008 - XII ZB 125/06 -
MDR 2009, 1000).
BGH, Beschluss vom 6. April 2011 - XII ZB 553/10 - OLG Nürnberg
AG Neumarkt i.d.OPf.
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 6. April 2011 durch die Richter
Dose, Weber-Monecke, Dr. Klinkhammer, Schilling und Dr. Nedden-Boeger

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde des Beklagten wird der Beschluss des 7. Zivilsenats und Senats für Familiensachen des Oberlandesgerichts Nürnberg vom 1. Oktober 2010 aufgehoben. Die Sache wird zur Verhandlung und erneuten Entscheidung - auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens - an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Gegenstandswert: 12.356 €.

Gründe:

I.

1
Die Kläger haben beantragt, den Beklagten im vereinfachten Unterhaltsverfahren zur Zahlung von Kindesunterhalt zu verpflichten. Nachdem die Anträge dem Beklagten im Juni 2009 zugestellt worden waren und dieser Einwendungen hiergegen erhoben hatte, haben die Kläger im Dezember 2009 beantragt , das streitige Verfahren durchzuführen. Mit "Endbeschluss" vom 16. Juni 2010 ist der Beklagte antragsgemäß zur Zahlung von Kindesunterhalt verpflichtet worden. In der Rechtsbehelfsbelehrung heißt es, dass gegen den Beschluss das Rechtsmittel der Beschwerde statthaft und dieses binnen einer Frist von einem Monat beim Amtsgericht einzulegen sei.
2
Gegen diesen Beschluss, der dem Bevollmächtigten des Beklagten am 24. Juni 2010 zugestellt worden war, hat dieser mit Schriftsatz vom 20. Juli 2010 Beschwerde beim Amtsgericht eingelegt, die dort bereits am selben Tag per Telefax eingegangen ist. Nach Weiterleitung des Originals an das Berufungsgericht ist die Beschwerde dort am 28. Juli 2010 eingegangen.
3
Das Berufungsgericht hat mit dem angefochtenen Beschluss die "Berufung" des Beklagten als unzulässig verworfen. Nach dem hier anzuwendenden alten Recht habe der Beklagte beim Berufungsgericht Berufung einlegen müssen. Die Frist hierzu sei am 26. Juli 2010 abgelaufen, weshalb das Rechtsmittel des Beklagten verspätet sei. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand sei dem Beklagten nicht zu gewähren.
4
Hiergegen wendet sich der Beklagte mit seiner Rechtsbeschwerde.

II.

5
Die Rechtsbeschwerde hat Erfolg.
6
1. Zutreffend hat das Berufungsgericht allerdings darauf hingewiesen, dass auf das Verfahren gemäß Art. 111 Abs. 1 FGG-RG das bis zum 31. August 2009 geltende - alte - Verfahrensrecht anzuwenden ist, weil das Verfahren vor Inkrafttreten des FamFG zum 1. September 2009 eingeleitet worden ist (vgl. § 651 Abs. 3 ZPO aF bzw. § 255 Abs. 3 FamFG, wonach der Rechtsstreit als mit der Zustellung des Festsetzungsantrages rechtshängig geworden gilt).
7
2. Die Rechtsbeschwerde ist zulässig.
8
9
Die Rechtsbeschwerde ist auch im Übrigen gemäß § 574 Abs. 1 Nr. 1 iVm Abs. 2 Nr. 2 ZPO zulässig. Die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordert eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts. Das Beschwerdegericht hat durch seine Entscheidung das Verfahrensgrundrecht des Beklagten auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes (Art. 2 Abs. 1 GG iVm dem Rechtsstaatsprinzip) verletzt, welches es den Gerichten verbietet, den Parteien den Zugang zu einer in der Verfahrensordnung eingeräumten Instanz in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht zu rechtfertigender Weise zu erschweren (vgl. Senatsbeschluss vom 2. April 2008 - XII ZB 189/07 - FamRZ 2008, 1338 Rn. 8 mwN).
10
3. Die Rechtsbeschwerde ist auch begründet.
11
Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts kommt es auf die - von ihm verneinte - Frage nicht an, ob dem Beklagten Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren ist. Denn vorliegend hätte das Berufungsgericht nach dem Grundsatz der Meistbegünstigung das Rechtsmittel des Beklagten als zulässig erachten müssen.
12
a) Nach allgemeiner Auffassung dürfen die Prozessparteien dadurch, dass das Gericht seine Entscheidung in einer falschen Form erlässt, keinen Rechtsnachteil erleiden. Ihnen steht deshalb sowohl das Rechtsmittel zu, das nach der Art der tatsächlich ergangenen Entscheidung statthaft ist, als auch das Rechtsmittel, das bei einer in der richtigen Form erlassenen Entscheidung zulässig wäre (Grundsatz der "Meistbegünstigung", st. Rspr. vgl. Senatsbeschluss vom 17. Dezember 2008 - XII ZB 125/06 - MDR 2009, 1000 Rn. 17 mwN). Der Schutzgedanke der Meistbegünstigung soll die beschwerte Partei vor Nachtei- len schützen, die auf der unrichtigen Entscheidungsform beruhen. Der Grundsatz der Meistbegünstigung führt allerdings nicht dazu, dass das Rechtsmittel auf dem vom erstinstanzlichen Gericht eingeschlagenen falschen Weg weitergehen müsste; vielmehr hat das Rechtsmittelgericht das Verfahren so weiter zu betreiben, wie dies im Falle einer formell richtigen Entscheidung durch die Vorinstanz und dem danach gegebenen Rechtsmittel geschehen wäre (Senatsbeschluss vom 17. Dezember 2008 - XII ZB 125/06 - MDR 2009, 1000 Rn. 28).
13
Der Grundsatz der Meistbegünstigung findet ebenso Anwendung, wenn - wie hier - das Gericht nach dem von ihm angewandten Verfahrensrecht die Entscheidungsart zwar zutreffend gewählt hat, der Fehler jedoch auf der Anwendung falschen Verfahrensrechts beruht. Denn auch in diesen Fällen ist das Vertrauen der Beteiligten auf die Richtigkeit der gewählten Entscheidungs- bzw. Verfahrensform schutzwürdig (ebenso OLG Zweibrücken Beschluss vom 21. Oktober 2010 - 6 UF 77/10 - juris Rn. 2 für den umgekehrten Fall, dass das Familiengericht noch nach altem Recht durch Urteil statt nach dem FamFG durch Beschluss entschieden hat).
14
b) Gemessen an diesen Anforderungen hätte das Berufungsgericht das Rechtsmittel des Beklagten nicht als unzulässig verwerfen dürfen. Nach dem vom Amtsgericht gewählten Verfahren und der damit einhergehenden Entscheidungsform des Beschlusses (§ 38 FamFG) ist gemäß § 58 ff. FamFG die Beschwerde statthaft, die gemäß §§ 63 f. FamFG binnen einer Frist von einem Monat bei dem Gericht einzulegen ist, dessen Beschluss angefochten wird. Diesen Anforderungen wird die vom Beklagten eingelegte Beschwerde gerecht. Nach Zustellung des "Endbeschlusses" am 24. Juni 2010 ist die Beschwerde am 20. Juli 2010 per Telefax beim Amtsgericht eingegangen. Damit war die Einlegungsfrist für die Beschwerde gewahrt. Anstatt das Rechtsmittel als unzulässig zu verwerfen, hätte das Berufungsgericht es in das Berufungsverfahren überleiten und - nach mündlicher Verhandlung - über die Beschwerde durch Urteil befinden müssen (vgl. Senatsbeschluss vom 17. Dezember 2008 - XII ZB 125/06 - MDR 2009, 1000 Rn. 28).
15
4. Gemäß § 577 Abs. 4 ZPO ist die angefochtene Entscheidung aufzuheben und die Sache zur Verhandlung und erneuten Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
Dose Weber-Monecke Klinkhammer
Schilling Nedden-Boeger
Vorinstanzen:
AG Neumarkt i.d. OPf., Entscheidung vom 16.06.2010 - 3 F 671/09 -
OLG Nürnberg, Entscheidung vom 01.10.2010 - 7 UF 1005/10 -

(1) Die Beschwerde ist bei dem Gericht einzulegen, dessen Beschluss angefochten wird. Anträge auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für eine beabsichtigte Beschwerde sind bei dem Gericht einzulegen, dessen Beschluss angefochten werden soll.

(2) Die Beschwerde wird durch Einreichung einer Beschwerdeschrift oder zur Niederschrift der Geschäftsstelle eingelegt. Die Einlegung der Beschwerde zur Niederschrift der Geschäftsstelle ist in Ehesachen und in Familienstreitsachen ausgeschlossen. Die Beschwerde muss die Bezeichnung des angefochtenen Beschlusses sowie die Erklärung enthalten, dass Beschwerde gegen diesen Beschluss eingelegt wird. Sie ist von dem Beschwerdeführer oder seinem Bevollmächtigten zu unterzeichnen.

(3) Das Beschwerdegericht kann vor der Entscheidung eine einstweilige Anordnung erlassen; es kann insbesondere anordnen, dass die Vollziehung des angefochtenen Beschlusses auszusetzen ist.

(1) Die Beschwerde findet gegen die im ersten Rechtszug ergangenen Endentscheidungen der Amtsgerichte und Landgerichte in Angelegenheiten nach diesem Gesetz statt, sofern durch Gesetz nichts anderes bestimmt ist.

(2) Der Beurteilung des Beschwerdegerichts unterliegen auch die nicht selbständig anfechtbaren Entscheidungen, die der Endentscheidung vorausgegangen sind.

(1) In Ehesachen und Familienstreitsachen hat der Beschwerdeführer zur Begründung der Beschwerde einen bestimmten Sachantrag zu stellen und diesen zu begründen. Die Begründung ist beim Beschwerdegericht einzureichen. Die Frist zur Begründung der Beschwerde beträgt zwei Monate und beginnt mit der schriftlichen Bekanntgabe des Beschlusses, spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach Erlass des Beschlusses. § 520 Abs. 2 Satz 2 und 3 sowie § 522 Abs. 1 Satz 1, 2 und 4 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend.

(2) Die §§ 514, 516 Abs. 3, § 521 Abs. 2, § 524 Abs. 2 Satz 2 und 3, die §§ 527, 528, 538 Abs. 2 und § 539 der Zivilprozessordnung gelten im Beschwerdeverfahren entsprechend. Einer Güteverhandlung bedarf es im Beschwerde- und Rechtsbeschwerdeverfahren nicht.

(3) Beabsichtigt das Beschwerdegericht von einzelnen Verfahrensschritten nach § 68 Abs. 3 Satz 2 abzusehen, hat das Gericht die Beteiligten zuvor darauf hinzuweisen.

(4) Wird die Endentscheidung in dem Termin, in dem die mündliche Verhandlung geschlossen wurde, verkündet, kann die Begründung auch in die Niederschrift aufgenommen werden.

(5) Für die Wiedereinsetzung gegen die Versäumung der Fristen zur Begründung der Beschwerde und Rechtsbeschwerde gelten die §§ 233 und 234 Abs. 1 Satz 2 der Zivilprozessordnung entsprechend.

(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluss ergehen. Gegen den Beschluss findet die Rechtsbeschwerde statt.

(2) Das Berufungsgericht soll die Berufung durch Beschluss unverzüglich zurückweisen, wenn es einstimmig davon überzeugt ist, dass

1.
die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat,
2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat,
3.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und
4.
eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
Das Berufungsgericht oder der Vorsitzende hat zuvor die Parteien auf die beabsichtigte Zurückweisung der Berufung und die Gründe hierfür hinzuweisen und dem Berufungsführer binnen einer zu bestimmenden Frist Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Der Beschluss nach Satz 1 ist zu begründen, soweit die Gründe für die Zurückweisung nicht bereits in dem Hinweis nach Satz 2 enthalten sind. Ein anfechtbarer Beschluss hat darüber hinaus eine Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen zu enthalten.

(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 2 Satz 1 steht dem Berufungsführer das Rechtsmittel zu, das bei einer Entscheidung durch Urteil zulässig wäre.

(1) Das Rechtsbeschwerdegericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Rechtsbeschwerde an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Rechtsbeschwerde als unzulässig zu verwerfen.

(2) Der Prüfung des Rechtsbeschwerdegerichts unterliegen nur die von den Parteien gestellten Anträge. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die geltend gemachten Rechtsbeschwerdegründe nicht gebunden. Auf Verfahrensmängel, die nicht von Amts wegen zu berücksichtigen sind, darf die angefochtene Entscheidung nur geprüft werden, wenn die Mängel nach § 575 Abs. 3 und § 574 Abs. 4 Satz 2 gerügt worden sind. § 559 gilt entsprechend.

(3) Ergibt die Begründung der angefochtenen Entscheidung zwar eine Rechtsverletzung, stellt die Entscheidung selbst aber aus anderen Gründen sich als richtig dar, so ist die Rechtsbeschwerde zurückzuweisen.

(4) Wird die Rechtsbeschwerde für begründet erachtet, ist die angefochtene Entscheidung aufzuheben und die Sache zur erneuten Entscheidung zurückzuverweisen. § 562 Abs. 2 gilt entsprechend. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Gerichts erfolgen, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat. Das Gericht, an das die Sache zurückverwiesen ist, hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde liegt, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(5) Das Rechtsbeschwerdegericht hat in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Aufhebung der Entscheidung nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Rechts auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist. § 563 Abs. 4 gilt entsprechend.

(6) Die Entscheidung über die Rechtsbeschwerde ergeht durch Beschluss. § 564 gilt entsprechend. Im Übrigen kann von einer Begründung abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet wäre, zur Klärung von Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung, zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung beizutragen.