Bundesgerichtshof Urteil, 09. Feb. 2017 - III ZR 428/16

ECLI:ECLI:DE:BGH:2017:090217UIIIZR428.16.0
bei uns veröffentlicht am09.02.2017

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des 11. Zivilsenats des Schleswig-Hosteinischen Oberlandesgerichts vom 14. Juli 2016 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Revisionsrechtszugs zu tragen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Die Klägerin verlangt von dem beklagten Notar Schadenersatz wegen Amtspflichtverletzung aus eigenem und abgetretenem Recht ihres Ehemanns.

2

Am 3. November 2001 beurkundete der Beklagte einen Kaufvertrag, aufgrund dessen die Klägerin und ihr Ehemann von der H.   Bau GmbH eine noch zu errichtende Eigentumswohnung erwarben. § 11 des Vertrags verpflichtete die Verkäuferin, die Auflassung zu erklären und zum grundbuchlichen Vollzug zu bringen, sobald die vertraglichen Zahlungsverpflichtungen der Käufer vollständig erfüllt und das Sonder- und das Gemeinschaftseigentum abgenommen waren. Nach § 12 (1) b) bevollmächtigten die Käufer die - von den Beschränkungen des § 181 BGB befreite und auch zur Erteilung von Untervollmachten berechtigte - Verkäuferin "die Auflassung des Vertragsobjektes zu erklären und entgegenzunehmen und alle Erklärungen an das Grundbuchamt abzugeben, die zur vertragsgemäßen Umschreibung erforderlich sind". Die Verkäuferin bevollmächtigte ihrerseits nach § 12 (3) "Aufgrund der unter Ziffer (1) erteilten Vollmacht...die Notariatsfachangestellten T.    R.    und S.     R.     ... zur Abgabe aller Erklärungen, zu denen sie bevollmächtigt worden ist", wobei bestimmt war, dass der Notar seine Angestellten bei der Ausübung der Vollmacht zu überwachen habe.

3

Aufgrund eines rechtskräftigen Versäumnisurteils zur Zahlung von Mängelbeseitigungskosten erwirkte die Wohnungseigentümergemeinschaft des Objekts, in dem sich die gekaufte Wohnung befand, am 8. Juli 2011 einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss gegen die mittlerweile in Liquidation befindliche H.    Bau GmbH, mit dem deren - noch in Höhe von 8.231,80 € bestehende - Kaufpreisforderung gegen die Klägerin und ihren Ehemann gepfändet und ihr zur Einziehung überwiesen wurde. Am 30. September 2011 zahlten die Klägerin und ihr Ehemann 5.563,66 € an die Gläubigerin und rechneten in Höhe der verbleibenden 2.668,14 € mit einer eigenen Forderung gegen diese auf.

4

Mit Schreiben vom 19. und 23. Januar 2012 teilten die Klägerin und ihr Ehemann sowie deren vorinstanzlicher Prozessbevollmächtigter dem Beklagten jeweils mit, dass der Kaufpreis vollständig bezahlt sei und er die Eigentumsumschreibung veranlassen könne. Nachdem der Beklagte Zweifel daran geäußert hatte, dass die Kaufpreisforderung aufgrund der Aufrechnungserklärung vollständig erloschen war, forderte der Bevollmächtigte der Käufer den Beklagten mit Schreiben vom 30. Januar 2012 erneut zur Beurkundung der Auflassung und der Beantragung der Eigentumsumschreibung auf. Dieser reagierte am 1. Februar 2012 mit der Mitteilung, er gehe nunmehr - falls ihm noch die Zustellung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses an die H.   Bau GmbH nachgewiesen werde - von der Wirksamkeit der Aufrechnung und der vollständigen Bezahlung des Kaufpreises aus.

5

Vom 3. bis zum 27. Februar 2012 hielt sich der Beklagte im Ausland auf. Während seiner Abwesenheit wurde seiner Kanzlei mit Schreiben des Bevollmächtigten der Käufer vom 6. Februar 2012 eine Kopie der Urkunde über die am 1. Oktober 2011 erfolgte Zustellung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses an die H.    Bau GmbH übermittelt. Diese bestritt mit an den Beklagten gerichtetem Schreiben vom 8. Februar 2012 die Wirksamkeit der Aufrechnung und widerrief eine Woche später die seinen Angestellten erteilte Vollmacht, weshalb er eine Auflassung auch nach seiner Rückkehr nicht mehr beurkundete.

6

In der Folgezeit setzten die Klägerin und ihr Ehemann ihren Auflassungsanspruch gegen die H.    Bau GmbH klageweise durch. Die Klägerin begehrt nunmehr vom Beklagten Ersatz der in diesem Zusammenhang entstandenen Rechtsverfolgungskosten in Höhe von insgesamt 11.025,90 €.

7

Das Landgericht hat der Klage im Wesentlichen stattgegeben. Auf die Berufung des Beklagten hat das Oberlandesgericht die Klage abgewiesen. Hiergegen wendet sich die Klägerin mit der im Berufungsurteil zugelassenen Revision, mit der sie die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils erstrebt.

Entscheidungsgründe

8

Die Revision ist zulässig, aber unbegründet.

I.

9

Das Oberlandesgericht hat die Auffassung vertreten, ein Schadenersatzanspruch aus § 19 Abs. 1 Satz 1 BNotO gegen den Beklagten bestehe nicht, da dieser keine Amtspflicht verletzt habe. Er sei weder verpflichtet gewesen, seine Angestellten anzuweisen, in Ausübung der ihnen erteilten Vollmacht für beide Vertragsparteien Auflassungserklärungen abzugeben, noch eine Auflassung zu beurkunden.

10

Hierfür spreche schon, dass die Angestellten nach dem Wortlaut des § 12 (1) b) und (3) des notariellen Vertrags zur Abgabe einer Auflassungserklärung für die Verkäuferin überhaupt nicht bevollmächtigt gewesen seien.

11

Letztlich könne diese Frage aber offen bleiben. Selbst wenn man entgegen dem Wortlaut der Vollmacht von einer Bevollmächtigung der Notariatsangestellten zur Abgabe der Auflassungserklärung (auch) für die H.    Bau GmbH ausgehen würde, sei der Beklagte nicht verpflichtet gewesen, seine Angestellten zur einer solchen Erklärung anzuweisen. Denn sogar als Auflassungsbevollmächtigte hätten sie nur den Weisungen des Vollmachtgebers unterlegen und im Übrigen selbständig und auf eigenes Haftungsrisiko gehandelt. Aus dem Angestelltenverhältnis folge ebenfalls kein entsprechendes Weisungsrecht des Beklagten, da damit § 6 BeurkG umgangen würde, nach dem der Notar keine Willenserklärungen beurkunden dürfe, an denen er selbst beteiligt sei. Gegen die Annahme einer Weisungsmöglichkeit spreche ferner der Zweck der Bevollmächtigung, die lediglich die Vertragsabwicklung erleichtern, nicht aber verhindern solle, dass eine Partei die Abgabe der Auflassungserklärung verweigere. Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus der vertraglichen Pflicht des Beklagten, seine Angestellten bei der Ausübung der Vollmacht zu überwachen. Denn insoweit habe er nur zu prüfen, ob die vertraglichen Voraussetzungen für den Gebrauch der Vollmacht - hier vor allem die vollständige Kaufpreiszahlung - vorlägen. Schließlich sei das Verhalten des Beklagten nicht ursächlich für den entstandenen Schaden, da nicht feststehe, dass seine - über ihr Haftungsrisiko pflichtgemäß von ihm belehrten - Angestellten seiner Anweisung oder Empfehlung zur Ausübung der Vollmacht gefolgt wären.

12

Der Beklagte habe im Übrigen zu Recht darauf hingewiesen, dass er nicht habe sicher sein können, dass die Schuldnerin den Restkaufpreisanspruch nicht schon vor der Pfändung an einen Dritten abgetreten habe mit der Folge, dass die Pfändung ins Leere gegangen und die Leistung der Klägerin und ihres Ehemannes an die Wohnungseigentümergemeinschaft ohne schuldbefreiende Wirkung gewesen sei, falls nicht - wovon er ebenfalls nicht habe ausgehen können - die Voraussetzungen des § 408 Abs. 2 BGB vorgelegen hätten. Da die H.   Bau GmbH tatsächlich keine Auflassung erklärt habe, habe er auch eine solche nicht beurkunden und vollziehen können.

II.

13

Dies hält der rechtlichen Nachprüfung im Ergebnis stand.

14

Die Klägerin hat gegen den Beklagten keinen Schadensersatzanspruch aus § 19 Abs. 1 Satz 1 BNotO. Der Beklagte hat seine Amtspflichten als Notar nicht dadurch verletzt, dass er es unterließ, auf seine Angestellten einzuwirken, namens der H.   Bau GmbH die Auflassung der gekauften Eigentumswohnung auf die Klägerin und deren Ehemann zu erklären.

15

1. Dabei kann auf sich beruhen, ob ein Notar verpflichtet ist, seine Angestellten zur Ausübung einer wirksam erteilten Vollmacht anzuweisen. Diese Rechtsfrage, wegen der das Berufungsgericht die Revision zugelassen und die es nach Ansicht der Klägerin falsch beantwortet hat, ist nicht entscheidungserheblich, weil bereits andere Gründe im Ergebnis das klageabweisende Berufungsurteil tragen, was der Senat nach §§ 557, 561 ZPO umfassend zu überprüfen hat (vgl. BGH, Urteil vom 18. Juli 2003 - V ZR 187/02, NJW 2003, 3205, 3206; Musielak/Ball, ZPO, 13. Aufl., § 543 Rn. 9k; Wieczorek/Schütze/Prütting, ZPO, 4. Aufl., § 545 Rn. 27; Thomas/Putzo/Reichold, ZPO, 37. Aufl. 2016, § 545 Rn. 12). Es ist nicht Aufgabe des Revisionsgerichts, über abstrakte Rechtsfragen zu entscheiden, die sich auf das Ergebnis des konkreten Rechtsstreits nicht auswirken (Stein/Jonas/Jacobs, ZPO, 22. Aufl. 2013, § 545 Rn. 23). Ob eine Rechtsverletzung in Bezug auf eine nicht entscheidungserhebliche Frage vorliegt, kann das Revisionsgericht daher aus Gründen der Prozessökonomie offen lassen (Zöller/Heßler, ZPO, 31. Aufl., § 561 Rn. 4; Stein/Jonas/Jacobs, aaO, § 561 Rn. 4; vgl. auch BGH, Urteil vom 29. März 1996 - V ZR 326/94, BGHZ 132, 245, 249; MüKoZPO/Krüger, 5. Aufl., § 561 Rn. 1).

16

2. Mit Recht ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass die Notarangestellten nicht zu einer Auflassungserklärung für die Verkäuferin bevollmächtigt, sondern lediglich zur Abgabe der für die Auflassung erforderlichen Erklärungen der Käufer unterbevollmächtigt waren. Dies hat es zutreffend dem Wortlaut von § 12 (1) b) und (3) des Kaufvertrags entnommen, nach dem die von den Käufern bevollmächtigte Verkäuferin ihrerseits den Angestellten Vollmacht nur zur Abgabe von Erklärungen erteilt hat, "zu denen sie bevollmächtigt worden ist". Angesichts des klaren und unzweideutigen Inhalts dieser Regelung liegt darin nicht eine Vollmacht der Verkäuferin (auch) zur Abgabe ihrer eigenen Auflassungserklärung. Gestützt wird dies dadurch, dass § 12 (3) des Vertrags einleitend auf Nummer (1) als Grundlage für die Untervollmachten Bezug nimmt, wo allein die von den Käufern der Verkäuferin erteilte Vollmacht geregelt ist.

17

Entgegen der Auffassung der Revision ergibt sich auch aus dem Verständnis und der Interessenlage der Vertragsparteien oder den anderen Vertragsbestimmungen nicht, dass deren wirklicher Wille abweichend von dem eindeutigen Vertragstext darauf gerichtet war, die Notarangestellten zu bevollmächtigen, auch für die am Sitz des Beklagten geschäftsansässige H.    Bau GmbH die Auflassung zu erklären. Dass tatsächlich ein solcher Wille der Vertragsparteien - insbesondere der Verkäuferin - bestand, der lediglich in der Vertragsurkunde nicht oder nur unvollkommen zum Ausdruck gelangt ist, ist weder konkret vorgetragen noch vom Berufungsgericht festgestellt worden. Unbehelflich ist der Hinweis der Klägerin darauf, dass die den Angestellten erteilte Vollmacht eine Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB enthielt. Entgegen der Ansicht der Revision wäre eine solche Bestimmung nicht überflüssig, wenn die (Unter-)Bevollmächtigung der Notarangestellten nur für Erklärungen der Käufer hätte gelten sollen, weil sich in diesem Fall die Konstellation eines Insichgeschäfts gar nicht hätte ergeben können. Letzteres trifft nicht zu. Ein Anwendungsfall der zweiten Alternative des § 181 BGB (Vertretung beider Vertragsseiten) konnte auch eintreten, wenn, wie der Senat annimmt, die Kaufvertragsurkunde die (Unter-)Vertretungsmacht zur Auflassungserklärung lediglich der Käufer begründete. Dieser wäre entstanden, wenn die Verkäuferin die Notarangestellten nachträglich gesondert zu der von ihr abzugebenden Auflassungserklärung bevollmächtigte. Nicht überzeugend ist ferner die Ansicht der Revision, nur die beiderseitige Bevollmächtigung der Notarangestellten durch die Käufer- und Verkäuferseite ergebe Sinn, da die Auflassung ohne direkte Beteiligung der Vertragsparteien habe erreicht werden sollen, um diesen den unter Umständen aufwändigen nochmaligen Gang zum Notar zu ersparen. Diese - ohnedies schon eher spekulative - Erwägung vermag über den klaren Wortlaut der notariellen Urkunde schon deshalb nicht hinweg zu helfen, weil der Beklagte und die Verkäuferin ihre Sitze in derselben kleinen Stadt hatten und es für die Geschäftsführerin der H.    Bau GmbH ohne erheblichen Aufwand möglich gewesen wäre, den beklagten Notar erneut aufzusuchen.

18

3. Die eingeschränkte Reichweite der in der notariellen Urkunde vom 3. November 2001 den Notarangestellten erteilten Untervollmacht durfte der Senat berücksichtigen. Dem steht weder entgegen, dass sich der Beklagte hierauf in den Tatsacheninstanzen nicht berufen hat, noch, dass das Berufungsgericht insoweit eine abschließende Würdigung letztlich nicht vorgenommen hat.

19

a) Entgegen der Ansicht der Revision wird nicht gegen den Beibringungsgrundsatz verstoßen und der Entscheidung ein Sachverhalt zugrunde gelegt, der von keiner der Parteien vorgetragen worden ist. Denn die Klägerin selbst hat mit ihrer Klageschrift eine vollständige Kopie der Urkunde vorgelegt und den Text des § 12 des Kaufvertrags wortwörtlich wiedergegeben. Damit hat sie die Tatsachen vorgebracht, auf die sich die Auslegung des Inhalts der Vollmacht stützt. Diese Tatsachen sind damit berücksichtigungsfähiger Prozessstoff geworden, wozu auch ein Vorbringen wird, das der behauptenden Partei ungünstig ist (Zöller/Greger, ZPO, 31. Aufl., vor § 128 Rn. 10). Darüber hinaus sind sie auch unstreitig. Denn der Beklagte hat weder ausdrücklich noch konkludent die Richtigkeit der Wiedergabe der maßgeblichen Vertragsbestimmungen in der Klageschrift in Abrede gestellt, was als ein stillschweigendes Sich-zu-Eigen-Machen günstigen gegnerischen Vorbringens zu werten ist, § 138 Abs. 3 ZPO (vgl. BGH, Urteil vom 17. Januar 1995 - X ZR 88/93, NJW-RR 1995, 684, 685). Vielmehr hat er - ebenso wie die Klägerin - den wiedergegebenen Text lediglich dahingehend missverstanden, dass seine Angestellten zur Abgabe der Auflassungserklärung auch der Verkäuferin bevollmächtigt seien. Diese übereinstimmende Fehlinterpretation der Reichweite der Vollmacht ist indes nicht geständnisfähig, da es sich weder um eine Tatsache noch um eine Rechtstatsache, sondern um eine rechtliche Würdigung handelt. Nehmen die Parteien übereinstimmend eine rechtliche Bewertung vor, die nach den von ihnen zugleich vorgebrachten Umständen unzutreffend ist, sind nur die vorgetragenen Tatsachen für das Gericht beachtlich (BGH, Urteil vom 11. Februar 2008 - II ZR 187/06, NJW-RR 2008, 706, 707; Musielak/Voit/Stadler, ZPO, 13. Aufl., § 138 Rn. 12). Deren rechtliche Würdigung ist allein Sache des Richters. Aus den in der Revisionsbegründung angeführten Entscheidungen (BGH, Beschluss vom 20. Oktober 2008 - II ZR 207/07, juris, Rn. 4 und 7 und Urteil vom 16. Februar 2011 - XII ZR 108/09, MittBayNot 2011, 232, 234) folgt nichts anderes. Diese betrafen Fälle, in denen die rechtliche Würdigung des Berufungsgerichts zu dem von den Parteien vorgetragenen Sachverhalt in Widerspruch stand beziehungsweise eine vom Berufungsgericht offen gelassene Tatsache für die Revisionsinstanz zu unterstellen war. Ein solcher Fall liegt hier nicht vor.

20

b) Schließlich ist der Senat befugt, den vom Berufungsgericht letztlich offen gelassenen Inhalt der in der notariellen Urkunde enthaltenen Notarangestelltenvollmacht selbst zu ermitteln. Zwar ist die Auslegung eines Individualvertrags - von einem solchen ist vorliegend mangels gegenteiliger Anhaltspunkte auszugehen - grundsätzlich dem Tatrichter vorbehalten. Jedoch ist auch das Revisionsgericht hierzu befugt, wenn die notwendigen tatsächlichen Feststellungen getroffen sind und weitere Aufklärung nicht zu erwarten ist (st. Rspr. z.B. Senat, Urteile vom 7. Mai 2009 - III ZR 277/08, BGHZ 181, 12 Rn.19 mwN und vom 23. Januar 2014 - III ZR 94/13, juris Rn. 14; vgl. auch Senat, Urteile vom 19. Februar 2015 - III ZR 90/14, WM 2015, 569 Rn. 16 und vom 16. April 2015 - III ZR 333/13, BGHZ 205, 63 Rn. 29). Dies ist hier der Fall. Das Berufungsgericht hat den Inhalt der notariellen Urkunde vom 3. November 2001 und insbesondere des § 12 des Vertrags festgestellt. Die Parteien haben im zweiten Rechtszug aufgrund des in der mündlichen Verhandlung des Oberlandesgerichts erteilten Hinweises zur Auslegung der Reichweite der Angestelltenvollmacht sowie im Revisionsverfahren nach den entsprechenden Ausführungen des Berufungsurteils Gelegenheit gehabt, hierzu vorzutragen, und die Klägerin hat diese auch mit ihrem Schriftsatz vom 11. Juli 2016 sowie mit ihrer Revisionsbegründung umfassend genutzt. Weitere Aufklärung ist aus diesem Grund nicht mehr zu erwarten.

Herrmann     

       

Hucke     

       

Remmert

       

Liebert     

       

Arend     

       

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Urteil, 09. Feb. 2017 - III ZR 428/16

Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Urteil, 09. Feb. 2017 - III ZR 428/16

Referenzen - Gesetze

Zivilprozessordnung - ZPO | § 138 Erklärungspflicht über Tatsachen; Wahrheitspflicht


(1) Die Parteien haben ihre Erklärungen über tatsächliche Umstände vollständig und der Wahrheit gemäß abzugeben. (2) Jede Partei hat sich über die von dem Gegner behaupteten Tatsachen zu erklären. (3) Tatsachen, die nicht ausdrücklich bestrit

Zivilprozessordnung - ZPO | § 561 Revisionszurückweisung


Ergibt die Begründung des Berufungsurteils zwar eine Rechtsverletzung, stellt die Entscheidung selbst aber aus anderen Gründen sich als richtig dar, so ist die Revision zurückzuweisen.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 181 Insichgeschäft


Ein Vertreter kann, soweit nicht ein anderes ihm gestattet ist, im Namen des Vertretenen mit sich im eigenen Namen oder als Vertreter eines Dritten ein Rechtsgeschäft nicht vornehmen, es sei denn, dass das Rechtsgeschäft ausschließlich in der Erfüllu

Zivilprozessordnung - ZPO | § 557 Umfang der Revisionsprüfung


(1) Der Prüfung des Revisionsgerichts unterliegen nur die von den Parteien gestellten Anträge. (2) Der Beurteilung des Revisionsgerichts unterliegen auch diejenigen Entscheidungen, die dem Endurteil vorausgegangen sind, sofern sie nicht nach den
Bundesgerichtshof Urteil, 09. Feb. 2017 - III ZR 428/16 zitiert 7 §§.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 138 Erklärungspflicht über Tatsachen; Wahrheitspflicht


(1) Die Parteien haben ihre Erklärungen über tatsächliche Umstände vollständig und der Wahrheit gemäß abzugeben. (2) Jede Partei hat sich über die von dem Gegner behaupteten Tatsachen zu erklären. (3) Tatsachen, die nicht ausdrücklich bestrit

Zivilprozessordnung - ZPO | § 561 Revisionszurückweisung


Ergibt die Begründung des Berufungsurteils zwar eine Rechtsverletzung, stellt die Entscheidung selbst aber aus anderen Gründen sich als richtig dar, so ist die Revision zurückzuweisen.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 181 Insichgeschäft


Ein Vertreter kann, soweit nicht ein anderes ihm gestattet ist, im Namen des Vertretenen mit sich im eigenen Namen oder als Vertreter eines Dritten ein Rechtsgeschäft nicht vornehmen, es sei denn, dass das Rechtsgeschäft ausschließlich in der Erfüllu

Zivilprozessordnung - ZPO | § 557 Umfang der Revisionsprüfung


(1) Der Prüfung des Revisionsgerichts unterliegen nur die von den Parteien gestellten Anträge. (2) Der Beurteilung des Revisionsgerichts unterliegen auch diejenigen Entscheidungen, die dem Endurteil vorausgegangen sind, sofern sie nicht nach den

Bundesnotarordnung - BNotO | § 19 Amtspflichtverletzung


(1) Verletzt der Notar vorsätzlich oder fahrlässig die ihm anderen gegenüber obliegende Amtspflicht, so hat er diesen den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Fällt dem Notar nur Fahrlässigkeit zur Last, so kann er nur dann in Anspruch genommen w

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 408 Mehrfache Abtretung


(1) Wird eine abgetretene Forderung von dem bisherigen Gläubiger nochmals an einen Dritten abgetreten, so finden, wenn der Schuldner an den Dritten leistet oder wenn zwischen dem Schuldner und dem Dritten ein Rechtsgeschäft vorgenommen oder ein Recht

Referenzen - Urteile

Bundesgerichtshof Urteil, 09. Feb. 2017 - III ZR 428/16 zitiert oder wird zitiert von 7 Urteil(en).

Bundesgerichtshof Urteil, 09. Feb. 2017 - III ZR 428/16 zitiert 7 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesgerichtshof Urteil, 23. Jan. 2014 - III ZR 94/13

bei uns veröffentlicht am 23.01.2014

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL III ZR 94/13 Verkündet am: 23. Januar 2014 K i e f e r Justizangestellter als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja WKR 56 § 5 Abs.

Bundesgerichtshof Urteil, 07. Mai 2009 - III ZR 277/08

bei uns veröffentlicht am 07.05.2009

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL III ZR 277/08 Verkündet am: 7. Mai 2009 Böhringer-Mangold Justizamtsinspektorin als Urkundsbeamte der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: ja BGHR: ja BGB § 328;

Bundesgerichtshof Urteil, 16. Feb. 2011 - XII ZR 108/09

bei uns veröffentlicht am 16.02.2011

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL XII ZR 108/09 Verkündet am: 16. Februar 2011 Breskic, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in der Familiensache Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGH

Bundesgerichtshof Urteil, 18. Juli 2003 - V ZR 187/02

bei uns veröffentlicht am 18.07.2003

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL V ZR 187/02 Verkündet am: 18. Juli 2003 K a n i k , Justizamtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR:

Bundesgerichtshof Beschluss, 20. Okt. 2008 - II ZR 207/07

bei uns veröffentlicht am 20.10.2008

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS II ZR 207/07 vom 20. Oktober 2008 in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja BGB §§ 705 ff.; GG Art. 103 Abs. 1 a) Eine Innengesellschaft bürgerlichen Rechts liegt nur vor, wenn zwischen den

Bundesgerichtshof Urteil, 16. Apr. 2015 - III ZR 333/13

bei uns veröffentlicht am 16.04.2015

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL III ZR 333/13 Verkündet am: 16. April 2015 F r e i t a g Justizamtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ:

Bundesgerichtshof Urteil, 19. Feb. 2015 - III ZR 90/14

bei uns veröffentlicht am 19.02.2015

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL III ZR 90/14 Verkündet am: 19. Februar 2015 K i e f e r Justizangestellter als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja BGB § 254 A.; Z

Referenzen

Ein Vertreter kann, soweit nicht ein anderes ihm gestattet ist, im Namen des Vertretenen mit sich im eigenen Namen oder als Vertreter eines Dritten ein Rechtsgeschäft nicht vornehmen, es sei denn, dass das Rechtsgeschäft ausschließlich in der Erfüllung einer Verbindlichkeit besteht.

(1) Verletzt der Notar vorsätzlich oder fahrlässig die ihm anderen gegenüber obliegende Amtspflicht, so hat er diesen den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Fällt dem Notar nur Fahrlässigkeit zur Last, so kann er nur dann in Anspruch genommen werden, wenn die Verletzten nicht auf andere Weise Ersatz zu erlangen vermögen; das gilt jedoch nicht bei Amtsgeschäften der in §§ 23, 24 bezeichneten Art im Verhältnis zwischen dem Notar und seinen Auftraggebern. Im übrigen sind die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs über die Schadensersatzpflicht im Fall einer von einem Beamten begangenen Amtspflichtverletzung entsprechend anwendbar. Eine Haftung des Staates an Stelle des Notars besteht nicht.

(2) Hat ein Notarassessor bei selbständiger Erledigung eines Geschäfts der in §§ 23, 24 bezeichneten Art eine Amtspflichtverletzung begangen, so haftet er in entsprechender Anwendung des Absatzes 1. Hatte ihm der Notar das Geschäft zur selbständigen Erledigung überlassen, so haftet er neben dem Assessor gesamtschuldnerisch; im Verhältnis zwischen dem Notar und dem Assessor ist der Assessor allein verpflichtet. Durch das Dienstverhältnis des Assessors zum Staat (§ 7 Abs. 3) wird eine Haftung des Staates nicht begründet. Ist der Assessor als Notarvertretung des Notars tätig gewesen, so bestimmt sich die Haftung nach § 46.

(3) Für Schadensersatzansprüche nach Absatz 1 und 2 sind die Landgerichte ohne Rücksicht auf den Wert des Streitgegenstandes ausschließlich zuständig.

(1) Wird eine abgetretene Forderung von dem bisherigen Gläubiger nochmals an einen Dritten abgetreten, so finden, wenn der Schuldner an den Dritten leistet oder wenn zwischen dem Schuldner und dem Dritten ein Rechtsgeschäft vorgenommen oder ein Rechtsstreit anhängig wird, zugunsten des Schuldners die Vorschriften des § 407 dem früheren Erwerber gegenüber entsprechende Anwendung.

(2) Das Gleiche gilt, wenn die bereits abgetretene Forderung durch gerichtlichen Beschluss einem Dritten überwiesen wird oder wenn der bisherige Gläubiger dem Dritten gegenüber anerkennt, dass die bereits abgetretene Forderung kraft Gesetzes auf den Dritten übergegangen sei.

(1) Verletzt der Notar vorsätzlich oder fahrlässig die ihm anderen gegenüber obliegende Amtspflicht, so hat er diesen den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Fällt dem Notar nur Fahrlässigkeit zur Last, so kann er nur dann in Anspruch genommen werden, wenn die Verletzten nicht auf andere Weise Ersatz zu erlangen vermögen; das gilt jedoch nicht bei Amtsgeschäften der in §§ 23, 24 bezeichneten Art im Verhältnis zwischen dem Notar und seinen Auftraggebern. Im übrigen sind die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs über die Schadensersatzpflicht im Fall einer von einem Beamten begangenen Amtspflichtverletzung entsprechend anwendbar. Eine Haftung des Staates an Stelle des Notars besteht nicht.

(2) Hat ein Notarassessor bei selbständiger Erledigung eines Geschäfts der in §§ 23, 24 bezeichneten Art eine Amtspflichtverletzung begangen, so haftet er in entsprechender Anwendung des Absatzes 1. Hatte ihm der Notar das Geschäft zur selbständigen Erledigung überlassen, so haftet er neben dem Assessor gesamtschuldnerisch; im Verhältnis zwischen dem Notar und dem Assessor ist der Assessor allein verpflichtet. Durch das Dienstverhältnis des Assessors zum Staat (§ 7 Abs. 3) wird eine Haftung des Staates nicht begründet. Ist der Assessor als Notarvertretung des Notars tätig gewesen, so bestimmt sich die Haftung nach § 46.

(3) Für Schadensersatzansprüche nach Absatz 1 und 2 sind die Landgerichte ohne Rücksicht auf den Wert des Streitgegenstandes ausschließlich zuständig.

(1) Der Prüfung des Revisionsgerichts unterliegen nur die von den Parteien gestellten Anträge.

(2) Der Beurteilung des Revisionsgerichts unterliegen auch diejenigen Entscheidungen, die dem Endurteil vorausgegangen sind, sofern sie nicht nach den Vorschriften dieses Gesetzes unanfechtbar sind.

(3) Das Revisionsgericht ist an die geltend gemachten Revisionsgründe nicht gebunden. Auf Verfahrensmängel, die nicht von Amts wegen zu berücksichtigen sind, darf das angefochtene Urteil nur geprüft werden, wenn die Mängel nach den §§ 551 und 554 Abs. 3 gerügt worden sind.

Ergibt die Begründung des Berufungsurteils zwar eine Rechtsverletzung, stellt die Entscheidung selbst aber aus anderen Gründen sich als richtig dar, so ist die Revision zurückzuweisen.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 187/02 Verkündet am:
18. Juli 2003
K a n i k ,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
ZPO (2002) §§ 543 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2, 544 Abs. 6 Satz 1

a) Ein Berufungsurteil beruht auf der Verletzung rechtlichen Gehörs, wenn nicht
ausgeschlossen werden kann, daß das Berufungsgericht bei Berücksichtigung
des übergangenen Vorbringens anders entschieden hätte.

b) Eine Verletzung rechtlichen Gehörs durch das Berufungsgericht führt nicht zur
Zulassung der Revision, wenn sich nach einer rechtlichen
Überprüfung in dem Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren das Berufungsurteil
aus anderen Gründen als richtig darstellt.

c) Ist die Revision wegen der Verletzung rechtlichen Gehörs zur Sicherung einer
einheitlichen Rechtsprechung nach § 543 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 ZPO zugelassen, so
ist die Überprüfung des Berufungsurteils in dem Revisionsverfahren, als das das
Beschwerdeverfahren gemäß § 544 Abs. 6 Satz 1 ZPO fortgesetzt wird, nicht auf
die Gesichtspunkte beschränkt, die für die Zulassung der Revision maßgebend
waren.
BGH, Urteil vom 18. Juli 2003 - V ZR 187/02 - Kammergericht
LG Berlin
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 18. Juli 2003 durch den Vizepräsidenten des Bundesgerichtshofes
Dr. Wenzel und die Richter Prof. Dr. Krüger, Dr. Klein, Dr. Gaier und
Dr. Schmidt-Räntsch

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 8. Zivilsenats des Kammergerichts in Berlin vom 2. Mai 2002 aufgehoben.
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der Zivilkammer 23 des Landgerichts Berlin vom 8. November 2000 wird zurückgewiesen.
Die Kosten der Rechtsmittelverfahren trägt die Klägerin.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Beklagte trat seit Mitte 1990 als Rechtsnachfolgerin der LiberalDemokratischen Partei Deutschlands (LDPD) und der National-Demokratischen Partei Deutschlands (NDPD) auf. Sie nutzte zwischen dem 3. Oktober 1990 und dem 31. Dezember 1991 elf Grundstücke, die zuvor als Volkseigentum in Rechtsträgerschaft jeweils einer dieser Parteien gestanden hatten. Während dieser Zeit vereinnahmte die Beklagte 1.258.519,44 DM aus der Vermietung
der Grundstücke. Ein Teil der Mieten wurde auf ein Konto der Beklagten bei der Berliner Bank gezahlt, das unter treuhändischer Verwaltung der Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben stand. Ferner ersparte die Beklagte durch Eigennutzung der Grundstücke Mietzahlungen in Höhe weiterer 517.616,13 DM. Dem standen von ihr aufgewandte Verwaltungskosten für die Grundstücke in Höhe von mindestens 1.081.741 DM gegenüber.
In einem Rechtsstreit vor dem Verwaltungsgericht Berlin nahm die Beklagte die Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben auf Wiederzurverfügungstellung bestimmter Vermögenswerte wegen eines vermeintlichen Erwerbs nach materiell-rechtsstaatlichen Grundsätzen in Anspruch. Beigeladene dieses Rechtsstreits war auch die Klägerin, vertreten durch die Unabhängige Kommission zur Überprüfung des Vermögens der Parteien und Massenorganisationen in der früheren DDR. Unter Einbeziehung der Beigeladenen schlossen die Beklagte und die Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben in dem Verwaltungsstreitverfahren am 11. Dezember 1995 einen Prozeßvergleich. In dessen Präambel wird ausgeführt, daß "unterschiedliche Rechtsauffassungen darüber (bestehen), welche Vermögensgegenstände von der Liberal-Demokratischen Partei Deutschlands/des Bundes Freier Demokraten (LDPD) und der National-Demokratischen Partei Deutschlands nach materiell-rechtsstaatlichen Grundsätzen ... erworben wurden und diesen daher wieder zur Verfügung zu stellen sind." Weiter bestehe Streit darüber, ob die Beklagte "vermögensrechtlich Rechtsnachfolgerin der LDPD und NDPD geworden" sei. Außerdem gebe es unterschiedliche Auffassungen über die Frage , ob und ggf. in welcher Höhe die Beklagte "Altvermögen der LDPD und NDPD für Zwecke in Anspruch genommen hat, für die sie nur Neuvermögen hätte einsetzen dürfen." Die Beteiligten seien sich in dem Ziel einig, "beste-
hende Ungewißheit im Wege dieses Vergleichs endgültig zu beseitigen ...". Im Anschluß daran wurde unter § 1 Satz 1 des Vergleichs vereinbart:
"Gegenstand dieses Vergleichs ist das am 7. Oktober 1989 vorhandene und seither an die Stelle dieses Vermögens getretene Vermögen der LDPD und NDPD."
Nach § 2 des Vergleichs wurden der LDPD, die sich ihrerseits zur Übertragung auf die Beklagte verpflichtete, zwei Grundstücke sowie ein Geldbetrag von 4,8 Mio. DM wieder zur Verfügung gestellt. Auf die Wiederzurverfügungstellung aller anderen "Vermögenswerte des Altvermögens von LDPD und NDPD" verzichtete die Beklagte unter § 3 des Vergleichs. Als Gegenstand des Verzichts sind u.a. die Forderungen aus dem für die Mietzahlungen bestimmten Bankkonto der Beklagten bei der Berliner Bank aufgeführt. In § 4 Abs. 1 des Vergleichs ist festgehalten, daß zwar unterschiedliche Auffassungen wegen der "Verwendung des Altvermögens" nach dem 7. Oktober 1989 bestünden, die Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben jedoch auch gegen die Beklagte "keine Regreßansprüche wegen des endgültigen Abflusses von Altvermögenswerten" geltend mache. Der "Verzicht" soll sich nicht auf solches Vermögen beziehen, auf das LDPD, NDPD und die Beklagte "noch eine Zugriffsmöglichkeit" haben.
Im vorliegenden Rechtsstreit verlangt die Klägerin von der Beklagten ! Zahlung von 694.394,54 DM (= 355.038,29 bzw. ersparten Mieten unter Abzug der unstreitigen Verwaltungskosten ergeben. Sie ist der Auffassung, der vor dem Verwaltungsgericht geschlossene Prozeßvergleich habe ihre nun geltend gemachten zivilrechtlichen Ansprüche
nicht erfaßt; es seien lediglich die Auswirkungen der treuhänderischen Verwaltung durch die Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben auf das LDPD- und NDPD-Vermögen sowie deren teilweise Beendigung geregelt worden. Außerdem sei sie an dem Vergleich auch nicht beteiligt gewesen. Die Klage ist in erster Instanz ohne Erfolg geblieben. Auf die Berufung der Klägerin hat das Kammergericht der Klage stattgegeben. Hiergegen richtet sich die Revision , mit der die Beklagte die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils erstrebt. Die Klägerin beantragt die Zurückweisung des Rechtsmittels.

Entscheidungsgründe:


Die Revision hat Erfolg.

I.


Das Berufungsgericht bejaht einen Anspruch der Klägerin aus § 988 BGB. Als unentgeltliche Besitzerin sei die Beklagte zur Nutzungsherausgabe verpflichtet. Der Anspruch sei durch den Vergleich vom 11. Dezember 1995 nicht ausgeschlossen. Als früheres Volkseigentum seien die Grundstücke nun Teil des Bundesfinanzvermögens. Damit könnten sie nicht Gegenstand des Vergleichs sein, der nach § 1 nur das Altvermögen der früheren DDR-Parteien erfaßt habe. Zu diesem zählten die betreffenden Grundstücke nicht, weil die früheren DDR-Parteien nie deren Eigentümer gewesen seien, sondern lediglich die Rechtsträgerschaft erhalten hätten. Forderungen aus dem Bundesfinanzvermögen seien nicht geregelt worden. Auch die Erwähnung des Kontos, auf
dem die Beklagte Mieteinnahmen aus den Grundstücken angesammelt habe, in § 3 des Vergleichs führe zu keinem anderen Ergebnis, weil zuvor klargestellt worden sei, daß sich der Verzicht nur auf das Altvermögen beziehe.
Dies hält einer revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand.

II.


1. Der Senat kann das angefochtene Urteil nach Maßgabe des Revisionsrechts in vollem Umfang überprüfen; er ist nicht auf die Gründe beschränkt, die Anlaß waren, der Nichtzulassungsbeschwerde der Beklagten stattzugeben.

a) Mit der Nichtzulassungsbeschwerde hat die Beklagte zu Recht eine Mißachtung ihres Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) beanstandet.
aa) Entgegen der Darstellung in dem angefochtenen Urteil haben die Parteien in der Berufungsinstanz nicht "ausschließlich" darüber gestritten, ob der Klageanspruch Gegenstand der abschließenden Regelung im Vergleich vom 11. Dezember 1995 sei und daher nicht mehr geltend gemacht werden könne. Das Berufungsgericht hat nicht beachtet, daß die Beklagte die Einrede der Verjährung erhoben, weitere von der Klageforderung abzuziehende Kosten geltend gemacht, hilfsweise aufgerechnet und einen - jeder Auslegung vorgehenden (vgl. Senat, Urt. v. 7. Dezember 2001, V ZR 65/01, NJW 2002, 1038, 1039 m.w.N.) - übereinstimmenden Willen der Vertragsparteien vorgetragen hat. Diesen Teil ihres Verteidigungsvorbringens aus dem ersten Rechtszug
brauchte die Beklagte vor dem Berufungsgericht nicht ausdrücklich zu wiederholen. Die Beklagte ist nämlich im ersten Rechtszug schon deshalb erfolgreich gewesen, weil nach der Auslegung des Landgerichts durch den Vergleich auch die Klageforderung ausgeschlossen war. Die Klägerin wandte sich mit ihrer Berufung gegen diese Interpretation, während die Beklagte sich darauf beschränken konnte, das Urteil zu verteidigen. Auf das weitere Verteidigungsvorbringen der Beklagten kam es hiernach zunächst nicht mehr an, womit es aber noch nicht - gegen alle Vernunft - fallengelassen war. Da die Beklagte in der Berufungserwiderung auf ihr Vorbringen aus erster Instanz Bezug genommen hat, ist die Nichtberücksichtigung ihres Vorbringens aus dem ersten Rechtszug als Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG zu qualifizieren (vgl. BVerfGE 46, 315, 319 f; 60, 305, 311; 70, 288, 295; BVerfG, NJW 1992, 495; auch BVerfG, NJWRR 1995, 828).
bb) Das Berufungsurteil beruht auch auf dieser Verletzung des rechtlichen Gehörs. Diese Voraussetzung ist nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts , schon dann erfüllt, wenn nicht ausgeschlossen werden kann, daß das Gericht bei Berücksichtigung des übergangenen Vorbringens anders entschieden hätte (BVerfGE 7, 95, 99; 60, 247, 250; 62, 392, 396; 89, 381, 392 f). Damit steht es im Einklang, wenn die Verletzung rechtlichen Gehörs , die im Zivilprozeß nicht zu den absoluten Revisionsgründen zählt (MünchKomm-ZPO/Wenzel, 2. Aufl., Aktualisierungsband, § 547 Rdn. 22; Musielak /Ball, ZPO, 3. Aufl., § 547 Rdn. 19; teilw. a.A. aber Stein/Jonas/Grunsky, ZPO, 21. Aufl., § 551 Rdn. 19), hier als Verfahrensfehler angesehen wird, bei dem für die Ursächlichkeit der Rechtsverletzung allein die Möglichkeit einer abweichenden Entscheidung des Berufungsgerichts genügt (MünchKommZPO /Wenzel, aaO, § 547 Rdn. 22; Musielak/Ball, aaO, § 547 Rdn. 19). Im vor-
liegenden Fall kann diese Möglichkeit zwar - weil die vierjährige Verjährungsfrist des § 197 BGB a.F. nicht für den hier geltend gemachten Anspruch auf Nutzungsersatz aus § 988 BGB gilt (vgl. Senat, Urt. v. 18. Juli 2003, V ZR 205/02, zur Veröffentlichung vorgesehen) - für die übergangene Verjährungseinrede ausgeschlossen werden. Auf der Grundlage der hier maßgeblichen rechtlichen Sicht des Berufungsgerichts (vgl. BVerwG, Buchholz 310 § 130a VwGO Nr. 16) gilt das aber nicht für das Vorbringen der Beklagten zu angeblichen Gegenforderungen und zu dem gemeinsamen umfassenden Abgeltungswillen.

b) Die Verletzung eines Verfahrensgrundrechts führt nach § 543 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 ZPO zur Zulassung der Revision, weil die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert (vgl. Senat, Beschl. v. 27. März 2003, V ZR 291/02, NJW 2003, 1943, 1946 zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen).
aa) Hieraus folgt allerdings nicht, daß der Senat in dem Revisionsverfahren , als das das Beschwerdeverfahren gemäß § 544 Abs. 6 Satz 1 ZPO fortgesetzt wird, bei der Überprüfung des Berufungsurteils auf die Gesichtspunkte beschränkt wäre, die für die Zulassung der Revision maßgebend waren. Auch dann, wenn die Revisionsinstanz erst durch eine erfolgreiche Nichtzulassungsbeschwerde eröffnet wird, richtet sich der Umfang der revisionsrechtlichen Überprüfung nach den allgemeinen Regeln, insbesondere aus § 557 ZPO. Dies wird durch die Systematik des Gesetzes bestätigt, das zwischen der Nichtzulassungsbeschwerde und dem Revisionsverfahren klar trennt (vgl. MünchKomm-ZPO/Wenzel, aaO, § 544 Rdn. 18). So gibt § 544 Abs. 6 Satz 3
ZPO, der den Beginn der Revisionsbegründungsfrist an die Zustellung der Entscheidung über die Zulassung der Revision knüpft, dem Revisionskläger Gelegenheit , seine Angriffe im Hinblick auf die nun eröffnete volle Überprüfung des Berufungsurteils - wenn notwendig - neu vorzutragen (vgl. Zöller/Gummer, ZPO, 23. Aufl., § 544 Rdn. 16). Ergibt sich der Zulassungsgrund aus einem Verfassungsverstoß des Berufungsgerichts, so gilt nichts anderes. Das Revisionsgericht hat die Rechtssache nicht etwa allein unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten zu überprüfen. Anders als im Verfahren der Verfassungsbeschwerde , das einer Überprüfung auf Verfassungsverstöße dient und dessen Prüfungsintensität entsprechend eingeschränkt ist, haben sich die Fachgerichte vielmehr mit jeder Rechtsbeeinträchtigung zu befassen (BVerfG, NJW 2003, 1924, 1926).
bb) Auf Grund der weitergehenden Prüfungskompetenz des Revisionsgerichts ist der Senat zudem im Verfahren der Nichtzulassungbeschwerde selbst nach Feststellung eines Verfassungsverstoßes nicht an einer Prüfung des einfachen Gesetzesrechts gehindert. Gelangt das Revisionsgericht daher bei Prüfung einer Nichtzulassungsbeschwerde zu dem Ergebnis, daß sich das Berufungsurteil trotz der Gehörsverletzung in der Vorinstanz im Ergebnis als richtig darstellt, weil im Fall richtiger Anwendung des formellen und des materiellen Rechts auch bei Beachtung des übergangenen Vorbringens kein anderes Urteil hätte ergehen können, so sind die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision nicht gegeben. Die bisher unterbliebene Berücksichtigung und Erwägung des Vorbringens wurde dann in der Revisionsinstanz nachgeholt und die Verletzung des rechtlichen Gehörs auf diese Weise geheilt (vgl. BVerfGE 5, 22, 24; 62, 392, 397). Zugleich steht fest, daß die Frage der Gehörsverletzung keine Entscheidungserheblichkeit erlangen kann, weil selbst bei
einer Zulassung der Revision, dieses Rechtsmittel nach § 561 ZPO nicht zu einer Aufhebung des angefochtenen Urteils führen könnte (vgl. BVerwGE 15, 24, 26; 52, 33, 42; BVerwG, NVwZ-RR 2000, 233, 234; MünchKommZPO /Wenzel, aaO, § 561 Rdn. 8). Ist eine Frage nicht entscheidungserheblich, so kann sie auch unter dem Gesichtspunkt der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung keine Zulassung der Revision eröffnen (vgl. BGH, Beschl. v. 19. Dezember 2002, VII ZR 101/02, NJW 2003, 831; auch Senat, Beschl. v. 25. Juli 2002, V ZR 118/02, NJW 2002, 3180, 3181). Indessen kann das Berufungsurteil im vorliegenden Fall auch mit einer anderen Begründung keinen Bestand haben.
2. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts kann die Klägerin von der Beklagten nicht gemäß § 988 BGB die Herausgabe der aus den fraglichen elf Grundstücken gezogenen Nutzungen verlangen. Zwar sind die Grundstücke seit dem 3. Oktober 1990 gemäß Art. 22 Abs. 1 Satz 1 des Einigungsvertrages als Finanzvermögen Eigentum der Klägerin, und die Beklagte hat den Besitz an diesen Grundstücken auch unentgeltlich erlangt (vgl. Senat, Urt. v. 20. Februar 1998, V ZR 319/96, NJW 1998, 1709, 1710). Ferner zählen zu den von ihr gezogenen Nutzungen nach § 99 Abs. 3 BGB die hier herausverlangten Mieteinnahmen sowie nach §§ 100, 818 Abs. 2 BGB auch der Wertersatz für die durch die Eigennutzung erlangten Gebrauchsvorteile. Gleichwohl steht der Klägerin nach den im Prozeßvergleich vom 11. Dezember 1995 getroffenen Vereinbarungen der geltend gemachte Anspruch nicht zu. Das abweichende Verständnis des Berufungsgerichts beruht auf einer fehlerhaften Auslegung des Prozeßvergleichs und bindet daher den Senat nicht.

a) Die tatrichterliche Auslegung eines Prozeßvergleichs unterliegt der Nachprüfung durch das Revisionsgericht jedenfalls hinsichtlich der Beachtung der anerkannten Auslegungsgrundsätze, der gesetzlichen Auslegungsregeln, der Denkgesetze und der Erfahrungssätze (vgl. BGH, Urt. v. 11. Mai 1995, VII ZR 116/94, NJW-RR 1995, 1201, 1202; Urt. v. 13. Dezember 1995, XII ZR 194/93, NJW 1996, 838, 839). Für den vorliegenden Fall ergeben sich aus dem Umstand, daß der Prozeßvergleich in einem Verwaltungsstreitverfahren abgeschlossen wurde und - zumindest in seinen wesentlichen Teilen - als öffentlichrechtlicher Vertrag zu qualifizieren ist (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 13. Aufl., § 106 Rdn. 5) keine Besonderheiten. Insbesondere gelten die Auslegungsgrundsätze des Zivilrechts über § 62 Satz 2 VwVfG auch für öffentlichrechtliche Verträge (vgl. BVerwGE 84, 257, 264). Einer Prüfung nach den hiernach maßgebenden Grundsätzen hält die Auslegung des Berufungsgerichts nicht stand.
aa) Entscheidend für das Verständnis des Berufungsgerichts ist die Überlegung, daß die fraglichen elf Grundstücke als Eigentum des Volkes und bloßer Rechtsträgerschaft der LDPD und der NDPD niemals Vermögen dieser Parteien waren und daher - insbesondere wegen der Festlegung des Vergleichsgegenstandes (§ 1 des Prozeßvergleichs) - von dem Vergleich nicht erfaßt sein könnten. Hierbei ist nicht zu beanstanden, daß das Berufungsgericht bei seiner Auslegung an den von den Parteien gewählten Wortlaut der Vereinbarungen anknüpft (BGHZ 121, 13, 16; BGH, Urt. v. 11. September 2000, II ZR 34/99, NJW 2001, 144; Urt. v. 27. März 2001, VI ZR 12/00, NJW 2001, 2535). Das Berufungsgericht hat jedoch nicht hinreichend den allgemein anerkannten Auslegungsgrundsatz beachtet, daß bei Erklärungen, die sich an Angehörige eines bestimmten Verkehrskreises richten, nicht das allgemein-
sprachliche Verständnis der Aussagen entscheidend ist, sondern das in dem maßgeblichen Fachkreis verkehrsübliche Verständnis (vgl. BGH, Urt. v. 23. Juni 1994, VII ZR 163/93, NJW-RR 1994, 1108, 1109; Urt. v. 12. Dezember 2000, XI ZR 72/00, NJW 2001, 1344, 1345 m.w.N.). Hier wurde der Prozeßvergleich zwischen - zudem noch speziell beratenen - Beteiligten geschlossen, die auf dem Gebiet der Vermögensangelegenheiten der politischen Parteien der früheren DDR besonders fachkundig waren. Dies gilt namentlich für die Parteien des durch den Prozeßvergleich beendeten Verwaltungsstreitverfahrens, nämlich die Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben und die hiesige Beklagte als vermeintliche Rechtsnachfolgerin zweier politischer Parteien der früheren DDR. Soweit daher in dem Prozeßvergleich von dem "Vermögen" der LDPD und der NDPD gesprochen wird, ist mangels anderer Anhaltspunkte davon auszugehen, daß dieser Begriff im Sinne der einschlägigen §§ 20 a, 20 b PartG-DDR Verwendung finden sollte.
bb) Entsprechend dem Regelungszweck einer möglichst vollständigen Erfassung und Einziehung des Partei- und Organisationsvermögens für gemeinnützige Aufgaben (vgl. Toussaint, in Kimme, Offene Vermögensfragen, § 20 b PartG-DDR Rdn. 1) ist für die §§ 20 a, 20 b PartG-DDR von einem wirtschaftlichen Vermögensbegriff auszugehen (vgl. Berger, RVI, § 20 b PartGDDR Rdn. 39). Danach zählen zwar Grundstücke, die im Volkseigentum standen und einer Partei nur in Rechtsträgerschaft überlassen worden waren, als fremdes Eigentum nicht zu deren Vermögen. Anderes gilt aber für den tatsächlichen Besitz, der einer Partei an solchen Grundstücken verblieben ist. Er stellt nach der maßgeblichen wirtschaftlichen Sicht einen Vermögenswert dar, der der Partei zuzurechnen ist (Senat, Urt. v. 9. Januar 1998, V ZR 263/96, WM 1998, 987, 988; auch Urt. v. 20. Februar 1998, aaO, 711 für das Recht
zum Besitz; Berger, RVI, § 20 b PartG-DDR Rdn. 40, 42; ders., Die treuhänderische Verwaltung des Vermögens der Parteien und Massenorganisationen der DDR, 1998, S. 132 f; Toussaint, in Kimme, aaO, § 20 b PartG-DDR Rdn. 64). Soweit das Berufungsgericht in anderem Zusammenhang ausführt, der Besitz sei unerheblich, weil er allein das Ziehen von Nutzungen nicht rechtfertige, wird verkannt, daß der Besitz jedenfalls die tatsächliche Nutzung ermöglicht und ihm deshalb ein Vermögenswert nicht abgesprochen werden kann. Nach alledem hat das Berufungsgericht für seine Auslegung einen zu engen Vermögensbegriff zugrunde gelegt. Damit ist, weil sich für eine Begrenzung der Regelungen des Vergleichs auf Grundstücke, die im Eigentum der LDPD oder der NDPD standen, auch im übrigen kein Hinweis findet, dem Ergebnis der Auslegung des Berufungsgerichts die Grundlage entzogen.

b) Die fehlerhafte Auslegung des Berufungsgerichts zwingt nicht zu einer Zurückverweisung der Sache (§ 563 Abs. 3 ZPO). Da die hierfür erforderlichen tatsächlichen Feststellungen getroffen und weitere relevante Feststellungen nicht zu erwarten sind, kann der Senat den Prozeßvergleich selbst auslegen (vgl. Senat, Urt. v. 12. Februar 1997, V ZR 250/96, NJW 1998, 1219). Dies führt zu dem Ergebnis, daß der Klägerin die geltend gemachten Ansprüche auf Nutzungsherausgabe nicht mehr zustehen.
aa) Wird - wie geboten - der fachsprachliche Vermögensbegriff der §§ 20 a, 20 b PartG-DDR zugrunde gelegt, so folgt bereits aus dem Wortlaut des Vergleichs die Einbeziehung auch der Ansprüche auf Herausgabe der Nutzungen von Grundstücken, die bis zum 2. Oktober 1990 in Rechtsträgerschaft der Parteien standen. Da die hier betroffenen elf Grundstücke ersichtlich schon am 7. Oktober 1989 zum derart bestimmten Parteivermögen zählten,
also nach § 20 b Abs. 2 PartG-DDR "Altvermögen" waren, werden Ansprüche auf Nutzungsherausgabe bereits in der Präambel des Vergleichs durch den Hinweis angesprochen, daß unterschiedliche Auffassungen darüber bestehen, ob und ggf. in welcher Höhe die Beklagte Altvermögen der Parteien unberechtigt "in Anspruch genommen hat." Hieran anknüpfend stellt die Vereinbarung des Vergleichsgegenstandes unter § 1 Satz 1 klar, daß nach dem Willen der am Vergleich Beteiligten das Altvermögen von LDPD und NDPD insgesamt und mithin unter Einschluß der Nutzungen des Rechtsträgervermögens in den Prozeßvergleich einbezogen ist.
bb) Dies findet durch die Vereinbarung unter § 3 Abs. 1 des Prozeßvergleichs seine Bestätigung. Im Anschluß an den Verzicht der Beklagten auf die Wiederzurverfügungstellung weiterer Vermögenswerte aus dem Altvermögen der Parteien in Satz 1 dieser Klausel, stellt Satz 2 klar, daß "hierunter" auch die Forderungen der Beklagten u.a. aus dem Bankkonto fallen, auf dem ein Teil der Mieteinnahmen aus den zuvor in Rechtsträgerschaft überlassenen Grundstücken hinterlegt war. Auch nach der Systematik des Vergleichs gingen demnach die Beteiligten davon aus, daß das zum Vergleichsgegenstand gemachte Altvermögen die Nutzungen aus dem Rechtsträgervermögen umfaßte. Das hiervon abweichende Verständnis des Berufungsgerichts führt demgemäß auch zu einem denkgesetzwidrigen Ergebnis. Die Beklagte müßte nämlich, obwohl sie mit dem Guthaben des genannten Bankkontos einen Teil der gezogenen Nutzungen verloren - und nur zur Begleichung ihres unter § 2 des Vergleichs geregelten Zahlungsanspruchs zurückerhalten - hat, den entsprechenden Betrag nochmals an die Klägerin herausgeben.
cc) Zudem spricht die beiderseitige Interessenlage für eine Einbezie- hung der Nutzungen aus dem Rechtsträgervermögen beider Parteien in den Vergleich. Die Beteiligten haben im zweiten Absatz der Vergleichspräambel ihr gemeinsames Ziel, die "bestehende Ungewißheit" über ihre Streitpunkte "endgültig zu beseitigen" klar zum Ausdruck gebracht. Da sich aus dem vorstehenden Absatz der Präambel ergibt, daß Streit auch wegen der Inanspruchnahme des Altvermögens und damit auch wegen der Nutzung der früheren Rechtsträgergrundstücke durch die Beklagte bestand, wäre es mit dem Interesse an einer umfassenden Bereinigung nicht zu vereinbaren, wenn die streitgegenständlichen Ansprüche von dem Vergleich unberührt blieben.
dd) Demnach unterfallen die streitgegenständlichen Nutzungen - soweit sie nicht bereits durch die Überlassung des unter § 3 des Vergleiches angesprochenen Bankguthabens ausgeglichen sind - als "Verwendung des Altvermögens" der Regelung unter § 4 Abs. 1 des Vergleichs. Hinsichtlich der verbleibenden Beträge wurde unter § 4 Abs. 1 Satz 2 ein Erlaß vereinbart; denn "Regreßansprüche wegen des endgültigen Abflusses von Altvermögenswerten" sollten gegen die Beklagte nicht geltend gemacht werden. Der von dem Erlaß in Satz 4 ausgenommene Fall, daß die Beklagte auf das Vermögen "noch eine Zugriffsmöglichkeit" hat, liegt nicht vor und wird von der Klägerin auch nicht geltend gemacht. Er setzt, wie schon die Wortwahl zeigt, voraus, daß der betreffende Teil des Altvermögens - insbesondere auf treuhänderisch verwalteten Konten - noch gegenständlich vorhanden ist. Demgemäß führt die Unabhängige Kommission zur Überprüfung des Vermögens der Parteien und Massenorganisationen in ihrem Bericht über das Vermögen u.a. der LiberalDemokratischen Partei Deutschlands und der National-Demokratischen Partei Deutschlands aus (BT-Drucks. 13/5376, S. 205), daß der Beklagten unter Ein-
beziehung von "Einnahmen aus Altvermögen" in Höhe von 12.339.000 DM und nach Abzug noch vorhandener Geldbestände unter treuhänderischer Verwaltung in Höhe von 4.440.000 DM ein Betrag von 17.292.000 DM erlassen wurde (krit. deshalb Berger, aaO, S. 188 "erhebliche vermögensmäßige Privilegierung"

).



c) Entgegen der Ansicht der Klägerin ist der Vergleich auch hinsichtlich der Vereinbarungen über die Herausgabe der Nutzungen wirksam zustande gekommen.
aa) Zwar weist die Klägerin zutreffend darauf hin, daß Ansprüche auf Nutzungsherausgabe nicht Gegenstand des Verwaltungsstreitverfahrens waren , das durch den Prozeßvergleich vom 11. Dezember 1995 beendet worden ist. Dieser Umstand berührt indessen die Wirksamkeit des Prozeßvergleiches nicht. Auch bei Abschluß eines Prozeßvergleichs im Verwaltungsstreitverfahren sind die Parteien nach § 106 VwGO nicht auf Vereinbarungen über den Streitgegenstand beschränkt, sondern können insbesondere zivilrechtliche Ansprüche - wie hier die Ansprüche aus § 988 BGB - zum Gegenstand des Prozeßvergleichs machen (vgl. Dolderer, in: Sodan/Ziekow, NKVwGO, § 106 Rdn. 17 f; Kopp/Schenke, aaO, § 106 Rdn. 5).
bb) Die am Abschluß des Vergleichs beteiligte Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben konnte zudem im eigenen Namen über die Ansprüche der Klägerin auf Nutzungsherausgabe verfügen, insbesondere einen (teilweisen) Erlaß mit der Beklagten vereinbaren. Hierbei bedarf es keiner Entscheidung über die Frage, ob diese Ansprüche als Nutzungen des Parteivermögens ebenfalls zu den durch § 20 b Abs. 2 PartG-DDR erfaßten Vermö-
genswerten zählen (vgl. Berger, RVI, § 20 b PartG-DDR Rdn. 39) und daher nach der Maßgabenregelung der Anlage II Kapitel II Sachgebiet A Abschnitt III des Einigungsvertrages der treuhänderischen Verwaltung der Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben und damit auch ihrer Verfügungsbefugnis unterliegen (vgl. Toussaint, in Kimme, aaO, § 20 b PartG-DDR Rdn. 126). Die Befugnis der Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben , im eigenen Namen über die fraglichen Ansprüche zu verfügen, besteht nämlich auch dann, wenn diese dem Finanzvermögen des Bundes nach Art. 22 Abs. 1 des Einigungsvertrages zugeordnet werden. In diesem Fall sind die Klägerin und die Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben als Mitgläubigerinnen nach § 432 BGB anzusehen (vgl. Senat, Urt. v. 9. Januar 1998, aaO). Zwar kann ein Mitgläubiger allein keinen Erlaß mit der Folge des Erlöschens der gesamten Forderung vereinbaren (vgl. Staudinger /Noack, BGB [1999], § 432 Rdn. 46), anderes gilt aber dann, wenn ein Mitgläubiger insbesondere auf Grund erteilter Befugnis mit Wirkung für den anderen Mitgläubiger handeln kann (vgl. Staudinger/Noack, BGB [1999], § 432 Rdn. 43). Von einer solchen der Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben durch die Klägerin erteilten Befugnis ist auszugehen, nachdem die Verwaltung und Verwertung der ehemals in Rechtsträgerschaft stehenden Vermögensgegenstände der Parteien und verbundenen Organisationen mit Erlaß des Bundesministers der Finanzen vom 30. Dezember 1991 (vgl. dazu Schneider, in: Rodenbach/Söfker/Lochen, InVorG, § 25 Rdn. 35) der damaligen Treuhandanstalt - jetzt Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben - übertragen worden ist.
3. Da mithin der geltend gemachte Anspruch der Klägerin schon durch die Vereinbarungen im Rahmen des Prozeßvergleichs ausgeschlossen ist,
kommt es auf das von dem Berufungsgericht übergangene Vorbringen nicht mehr an.

III.


Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91 Abs. 1 Satz 1, 97 Abs. 1 ZPO.
Wenzel Krüger Klein RiBGH Dr. Schmidt-Räntsch ist wegen Ortsabwesensheit an der Unterschriftsleistung gehindert. Karlsruhe, den 25.07.2003 Gaier Wenzel

Ein Vertreter kann, soweit nicht ein anderes ihm gestattet ist, im Namen des Vertretenen mit sich im eigenen Namen oder als Vertreter eines Dritten ein Rechtsgeschäft nicht vornehmen, es sei denn, dass das Rechtsgeschäft ausschließlich in der Erfüllung einer Verbindlichkeit besteht.

(1) Die Parteien haben ihre Erklärungen über tatsächliche Umstände vollständig und der Wahrheit gemäß abzugeben.

(2) Jede Partei hat sich über die von dem Gegner behaupteten Tatsachen zu erklären.

(3) Tatsachen, die nicht ausdrücklich bestritten werden, sind als zugestanden anzusehen, wenn nicht die Absicht, sie bestreiten zu wollen, aus den übrigen Erklärungen der Partei hervorgeht.

(4) Eine Erklärung mit Nichtwissen ist nur über Tatsachen zulässig, die weder eigene Handlungen der Partei noch Gegenstand ihrer eigenen Wahrnehmung gewesen sind.

4
Der vom Berufungsgericht festgestellte Sachverhalt trägt die Annahme einer Innengesellschaft nicht. Das Berufungsgericht lässt völlig außer Acht, dass seine Würdigung zu dem Vortrag des Beklagten und ebenso zu dem - bis zur Erteilung eines entsprechenden Hinweises durch das Berufungsgericht gehaltenen - Vortrag der Klägerin in eklatantem Widerspruch steht. Die Begründung des Berufungsgerichts lässt nur den Schluss zu, dass seine Entscheidung auf einer allenfalls den äußeren Wortlaut, nicht aber den Sinn des Vortrags des Beklagten erfassenden Wahrnehmung und damit auf einem Verstoß gegen Art.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XII ZR 108/09 Verkündet am:
16. Februar 2011
Breskic,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in der Familiensache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Für das Bestehen ehebedingter Nachteile kommt es vor allem darauf an, ob aus
der tatsächlichen, nicht notwendig einvernehmlichen Gestaltung von Kinderbetreuung
und Haushaltsführung Erwerbsnachteile entstanden sind (im Anschluss
an Senatsurteil vom 20. Oktober 2010 - XII ZR 53/09 - FamRZ 2010, 2059).

b) Gab der unterhaltsberechtigte Ehegatte während des Bestehens der ehelichen
Lebensgemeinschaft seinen Arbeitsplatz auf, ist es jedenfalls grundsätzlich nicht
von Bedeutung, ob der unterhaltspflichtige Ehegatte damit einverstanden war oder
nicht, so dass daraus entstandene Erwerbsnachteile ehebedingt sind. Etwas anderes
gilt, wenn die Aufgabe (oder der Verlust) der Arbeitsstelle ausschließlich auf
Gründen beruhte, die außerhalb der Ehegestaltung liegen.
BGH, Urteil vom 16. Februar 2011 - XII ZR 108/09 - OLG Braunschweig
AG Wolfsburg
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 16. Februar 2011 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Hahne und die Richter
Dose, Dr. Klinkhammer, Schilling und Dr. Günter

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 2. Familiensenats des Oberlandesgerichts Braunschweig vom 9. Juni 2009 wird auf Kosten des Antragstellers zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Parteien streiten um nachehelichen Unterhalt.
2
Sie lebten zunächst vier Jahre in nichtehelicher Lebensgemeinschaft zusammen und heirateten im Dezember 1987. Aus der Ehe ist ein im Juni 1988 geborener Sohn hervorgegangen. Die Parteien trennten sich im Juni 2006. Auf den im Juni 2007 zugestellten Scheidungsantrag ist die Ehe im vorliegenden Verbundverfahren - insoweit rechtskräftig seit dem 1. Dezember 2008 - geschieden worden.
3
Der Antragsteller ist bei der VW-AG tätig. Er leidet unter psychischen Störungen und war für längere Zeiträume krankgeschrieben. Die Antragsgegnerin war ebenfalls bei der VW-AG beschäftigt. Sie gab ihre Stelle 1993 auf und erhielt dafür eine Abfindung von brutto 70.000 DM, welche die Parteien zur Tilgung eines Kredits für die gemeinsame Immobilie verwendeten. Seither war sie zeitweise selbständig tätig, anschließend arbeitete sie als Verkäuferin. Die Parteien veräußerten nach der Trennung die gemeinsame Immobilie. Aus dem Erlös erhielt jeder von ihnen 50.000 €.
4
Die Antragsgegnerin macht nachehelichen Unterhalt geltend. Der Antragsteller ist vom Amtsgericht zu einem - unbefristeten - Unterhalt von monatlich 502 € (Elementarunterhalt) und 124,80 € (Altersvorsorgeunterhalt) verurteilt worden. Das Berufungsgericht hat die Berufung des Antragstellers zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die zugelassene Revision des Antragstellers, mit welcher er allein die Befristung des Unterhalts auf ein Jahr nach der Scheidung erstrebt.

Entscheidungsgründe:

5
Die Revision hat keinen Erfolg.

I.

6
Das Berufungsgericht hat den Unterhaltsanspruch auf § 1573 Abs. 2 BGB gestützt. Die Unterhaltshöhe richte sich nach den aktuellen Einkünften der Parteien, wobei es die Krankheitszeiten des Antragstellers berücksichtigt hat. Hinsichtlich des Veräußerungserlöses hätten sich die Parteien in zulässiger Weise darauf geeinigt, dass dieser bei der Unterhaltsberechnung unberücksichtigt bleibe, da auf beiden Seiten ein etwa gleicher Vorteil zu berücksichtigen sei, der sich damit aufhebe. Der Unterhalt für den volljährigen Sohn, der allein vom Antragsteller entrichtet wird, sei allein bei ihm abzuziehen. Das gelte auch für die Zukunft. Zwar hätten die Parteien nicht ausdrücklich erklärt, dass der Antragsteller die Antragsgegnerin auch künftig vom Unterhalt wenigstens in der gezahlten Höhe freistelle. Darauf komme es aber nicht an, weil vom Antragsteller jedenfalls kein geringerer als der ausgeurteilte Unterhalt für die Antragsgegnerin geschuldet werde. Dadurch, dass sie nur im Umfang von 35 Wochenstunden tätig sei, verletze sie ihre Erwerbsobliegenheit nicht. Die Arbeitgeberin, ein Personaldienstleistungsunternehmen, biete grundsätzlich Arbeitsverträge mit 35 Wochenstunden an. Auch der Antragsteller sei mit deutlich weniger als 40 Wochenstunden beschäftigt. Hinzu komme, dass die Antragsgegnerin in Schichtarbeit tätig sei, so dass ihr eine weitere Nebentätigkeit nicht zuzumuten sei.
7
Der Unterhalt sei nicht nach § 1578 b BGB zu befristen oder zu begrenzen. Die Ehezeit betrage 19,5 Jahre. Außerdem hätten die Parteien vor der Eheschließung mindestens vier Jahre zusammengelebt. Im Ergebnis habe nicht abschließend geklärt werden können, ob die Antragsgegnerin auf Veranlassung des Antragstellers, mit seinem Einverständnis oder gegen seinen ausdrücklich erklärten Willen den Aufhebungsvertrag mit der VW-AG im Jahr 1993 abgeschlossen habe. Darauf komme es im Ergebnis jedoch nicht entscheidend an. Denn die Parteien hätten ihre Ehe danach noch dreizehn Jahre fortgesetzt. Die Abfindung sei beiden Eheleuten zugute gekommen. Die Antragsgegnerin habe während des Erziehungsurlaubs und nach Aufgabe des Arbeitsplatzes den gemeinsamen Sohn überwiegend betreut. Damit werde deutlich, dass die Aufgabe des Arbeitsplatzes im Vertrauen auf den Fortbestand der Ehe erfolgt sei. Hätte die Antragsgegnerin weiterhin bei der VW-AG gearbeitet, läge ihr heutiges Nettoeinkommen um mindestens 700 € höher als das von ihr derzeit erzielte Einkommen. Angesichts ihres Alters könne sie bei einem anderen Arbeitgeber kein höheres Einkommen erzielen. Ihr Arbeitsplatz bei der VW-AG wäre in jedem Falle gesichert gewesen. Ihr heutiger Arbeitsplatz sei dagegen wesentlich gefährdeter.
8
Weil die ehebedingten Nachteile auf unabsehbare Zeit fortwirkten, komme eine Befristung nicht in Betracht. Auch eine Begrenzung der Höhe nach scheide aus. Denn die Antragsgegnerin müsste mehr als den titulierten Unterhalt erhalten, um die ehebedingten Nachteile ausgleichen zu können.

II.

9
Das hält einer revisionsrechtlichen Nachprüfung stand.
10
1. Nach dem Berufungsgericht beruht der Unterhaltsanspruch der Antragsgegnerin auf § 1573 Abs. 2 BGB, was zu Beanstandungen keinen Grund gibt und von der Revision nicht angegriffen wird.
11
2. Die Unterhaltsbemessung nach § 1578 Abs. 1 Satz 1 BGB wird von der Revision ebenfalls nicht angegriffen und steht mit der Rechtsprechung des Senats wie auch des Bundesverfassungsgerichts im Einklang.
12
a) Wie das Berufungsgericht das Erwerbseinkommen der Parteien ermittelt hat, ist im Ergebnis nicht zu beanstanden. Allerdings kann aus dem Umstand , dass der Unterhaltspflichtige nur eine Tätigkeit ausübt, die die für eine vollschichtige Tätigkeit übliche Stundenzahl nicht erreicht, noch nicht ohne Weiteres eine entsprechende Reduzierung auf Seiten des Unterhaltsberechtigten hergeleitet werden. Wenn das Gesetz keine generellen Regelungen vorsieht, die für beide Ehegatten gleichermaßen gelten (wie etwa hinsichtlich des Alters, vgl. Senatsurteil vom 12. Januar 2011 - XII ZR 83/08 - zur Veröffentlichung bestimmt ), so bestimmt sich der Umfang der regelmäßig erforderlichen Erwerbstä- tigkeit und eventuelle Abweichungen davon vielmehr nach den individuellen Verhältnissen des jeweiligen Ehegatten. Dabei sind die konkreten Gründe für eine herabgesetzte Stundenzahl, etwa der Gesundheitszustand der Ehegatten oder die Besonderheiten des jeweiligen Arbeitsverhältnisses, zu berücksichtigen.
13
Diesen Anforderungen genügt indessen das Berufungsurteil, weil es maßgeblich nicht auf eine Gleichbehandlung der Ehegatten, sondern darauf abgestellt hat, dass die Antragsgegnerin in Schichtarbeit tätig und ihr deswegen eine Nebentätigkeit nicht zumutbar ist. Diese auf tatrichterlichen Feststellungen beruhende Würdigung greift die Revision nicht an.
14
b) Die von beiden Parteien gezogenen Nutzungen aus dem nach der Trennung hälftig aufgeteilten Immobilienvermögen sind vom Berufungsgericht aufgrund der entsprechenden Einigung der Parteien als gleichwertig angesehen und daher rechnerisch nicht berücksichtigt worden. Die Kürzung der beiden Vorteile im Rahmen der Bedarfsermittlung beim Ehegattenunterhalt ist deswegen auch unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Senats (Senatsurteil vom 1. Dezember 2004 - XII ZR 75/02 - FamRZ 2005, 1159) nicht zu beanstanden und wird auch von der Revision nicht gerügt (vgl. auch Senatsurteil vom 30. Juli 2008 - XII ZR 126/06 - FamRZ 2008, 2104 Rn. 30).
15
c) Das Berufungsgericht hat den Unterhalt für den volljährigen Sohn vom Einkommen des Antragstellers abgezogen. Der Senat hat es gebilligt, wenn der Ehegattenunterhalt entsprechend der einvernehmlich geübten Praxis der Ehegatten so berechnet wird, dass nur der Ehegatte mit dem höheren Einkommen den Kindesunterhalt zahlt und sich der Ehegattenunterhalt dadurch entsprechend verringert (Senatsurteile vom 27. Mai 2009 - XII ZR 78/08 - FamRZ 2009, 1300 Rn. 44 und vom 12. Januar 2011 - XII ZR 83/08 - zur Veröffentlichung be- stimmt). Für künftige Zeiträume kommt es auf eine etwaige Beteiligung der Antragsgegnerin am Kindesunterhalt schon deswegen nicht an, weil sich dadurch - zu Ungunsten des Antragstellers als Revisionskläger - der Ehegattenunterhalt folgerichtig erhöhen würde.
16
3. Das Berufungsgericht hat eine Befristung und eine Herabsetzung des Unterhalts nach § 1578 b BGB vor allem deswegen nicht für begründet erachtet , weil auf Seiten der Antragsgegnerin ehebedingte Nachteile bestünden. Das hält einer revisionsrechtlichen Nachprüfung stand.
17
a) Der Unterhalt ist vom Familiengericht zu befristen, wenn ein zeitlich unbegrenzter Unterhaltsanspruch auch unter Wahrung der Belange eines dem Berechtigten zur Pflege oder Erziehung anvertrauten gemeinschaftlichen Kindes unbillig wäre. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, inwieweit durch die Ehe Nachteile im Hinblick auf die Möglichkeit eingetreten sind, für den eigenen Unterhalt zu sorgen. Solche Nachteile können sich vor allem aus der Dauer der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes, aus der Gestaltung von Haushaltsführung und Erwerbstätigkeit während der Ehe sowie aus der Dauer der Ehe ergeben (§ 1578 b Abs. 2 Satz 2, Abs. 1 BGB).
18
aa) Ehebedingte Nachteile sind vor allem Erwerbsnachteile, die durch die von den Ehegatten praktizierte Rollenverteilung während der Ehe entstanden sind. Dazu genügt es, wenn ein Ehegatte sich entschließt, seinen Arbeitsplatz aufzugeben, um die Haushaltsführung und Kinderbetreuung zu übernehmen. Ab welchem Zeitpunkt die Rollenverteilung praktiziert wird, ist nicht von Bedeutung. Es kommt insbesondere nicht darauf an, ob die Ehegatten die Rollenverteilung zu Beginn der Ehe, bei Geburt eines Kindes oder erst später planten oder praktizierten. Einem ehebedingten Nachteil steht demnach nicht entgegen, dass die Antragsgegnerin den Entschluss zur Aufgabe ihres Arbeitsplatzes erst traf, als der gemeinsame Sohn bereits vier oder fünf Jahre alt war. Da die Antragsgegnerin anschließend - nach den Feststellungen des Berufungsgerichts - trotz diverser Nebentätigkeiten die überwiegende Betreuung des Sohnes und des Haushalts übernahm, ist das Berufungsgericht mit Recht von einem auf der praktizierten Rollenverteilung beruhenden Erwerbsnachteil der Antragsgegnerin ausgegangen.
19
Ob die Aufgabe des Arbeitsplatzes gegen den Willen des Antragstellers erfolgte, ist jedenfalls im vorliegenden Fall nicht von Bedeutung. Das Berufungsgericht hat es offen gelassen, ob der Entschluss der Antragsgegnerin, das Arbeitsverhältnis bei der VW-AG aufzugeben, im Einverständnis des Antragstellers oder aber gegen dessen Willen umgesetzt wurde. Demnach ist für die Revisionsinstanz zu unterstellen, dass der Antragsteller mit der Arbeitsplatzaufgabe nicht einverstanden war.
20
Nach der Gesetzesformulierung kommt es darauf an, ob sich die Nachteile (vor allem) aus der Dauer der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes oder aus der Gestaltung von Haushaltsführung und Erwerbstätigkeit während der Ehe ergeben (§ 1578 b Abs. 1 Satz 3 BGB). Wie sich aus dem Wortlaut des Gesetzes ergibt, ist somit auf die tatsächliche Gestaltung von Kinderbetreuung und Haushaltsführung abzustellen. Bei den in § 1578 b BGB aufgeführten Kriterien handelt es sich zudem um objektive Umstände , denen kein Unwerturteil und keine subjektive Vorwerfbarkeit anhaften, weshalb im Rahmen der Abwägung nach § 1578 b BGB nicht etwa eine Aufarbeitung ehelichen Fehlverhaltens stattfindet (Senatsurteil vom 20. Oktober 2010 - XII ZR 53/09 - FamRZ 2010, 2059 Rn. 27 mwN). Daher kann der unterhaltspflichtige Ehegatte nicht einwenden, dass er den Unterhaltsberechtigten während der Ehe zur Berufstätigkeit angehalten habe (Senatsurteil vom 20. Oktober 2010 - XII ZR 53/09 - FamRZ 2010, 2059 Rn. 27).
21
Ähnlich verhält es sich im vorliegenden Fall, denn die Arbeitsplatzaufgabe ist der unterlassenen Erwerbstätigkeit vergleichbar. Auch die Arbeitsplatzaufgabe erfolgte im Zusammenhang mit der Ehegestaltung. Selbst wenn man im Rahmen des § 1578 b Abs. 1 Satz 3 BGB - darüber hinausgehend - eine einvernehmliche Regelung der Haushaltsführung und Erwerbstätigkeit entsprechend § 1356 BGB verlangen wollte, so würde dies im vorliegenden Fall zu keinem anderen Ergebnis führen. Denn das Berufungsgericht hat zutreffend darauf hingewiesen, dass die Ehe der Parteien nach der Arbeitsplatzaufgabe durch die Klägerin über dreizehn Jahre fortgesetzt wurde. Außerdem investierten die Ehegatten die für die Arbeitsplatzaufgabe erhaltene Abfindung in das gemeinsame Einfamilienhaus. Schon aus diesem Grund kann der Argumentation der Revision nicht gefolgt werden, dass der Erwerbsnachteil der Antragsgegnerin durch die Abfindung ausgeglichen worden sei.
22
Ein ehebedingter Nachteil liegt bei einer solchen Fallgestaltung nur dann nicht vor, wenn die Ehegestaltung für den Erwerbsnachteil nicht ursächlich geworden ist. Das wäre der Fall, wenn die Antragsgegnerin ihren Arbeitsplatz ausschließlich aus Gründen aufgegeben oder verloren hätte, die außerhalb der Ehegestaltung liegen, so etwa aufgrund einer von ihr persönlich beschlossenen beruflichen Neuorientierung oder wegen einer betriebs- oder krankheitsbedingten Kündigung seitens des Arbeitgebers. In diesem Fall würde es an einem ehebedingten Nachteil fehlen, wenn der Erwerbsnachteil auch ohne die Ehe und die mit ihr verbundene Rollenverteilung eingetreten wäre.
23
Dafür bestehen im vorliegenden Fall aber keine Anhaltspunkte. Das Arbeitsverhältnis der Antragsgegnerin war vielmehr nach den unangegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts auch für die Zukunft gesichert. Demnach kann kein Zweifel bestehen, dass die Gestaltung der Haushaltsführung den Anforderungen des § 1578 b Abs. 1 Satz 3 BGB entspricht und zu dem vom Beru- fungsgericht im Umfang von monatlich 700 € festgestellten Erwerbsnachteil der Antragsgegnerin geführt hat.
24
bb) Bei bestehenden ehebedingten Nachteilen ist eine Befristung des nachehelichen Unterhalts regelmäßig nicht auszusprechen. Eine Befristung trotz fortbestehender ehebedingter Nachteile kommt nur unter außergewöhnlichen Umständen in Betracht, wofür nach den von den Vorinstanzen getroffenen Feststellungen nichts ersichtlich ist. Dass das Berufungsgericht zudem das voreheliche Zusammenleben als weiteren Billigkeitsaspekt neben der Ehedauer angesprochen hat (dazu Senatsurteil vom 2. Februar 2011 - XII ZR 11/09 - zur Veröffentlichung bestimmt mwN), ist schließlich ersichtlich kein tragender Grund der Entscheidung.
25
b) Hinsichtlich einer Herabsetzung hat das Berufungsgericht zutreffend darauf abgestellt, dass durch den titulierten Unterhalt das Einkommen nicht erreicht wird, das die Antragsgegnerin ohne ehebedingte Nachteile erzielen könnte. Demnach ist der angemessene Unterhalt nach § 1578 b Abs. 1 BGB nicht erreicht (vgl. Senatsurteil vom 20. Oktober 2010 - XII ZR 53/09 - FamRZ 2010, 2059 Rn. 23), so dass für eine Herabsetzung nach § 1578 b Abs. 1 BGB kein Raum besteht.
Hahne Dose Klinkhammer Schilling Günter

Vorinstanzen:
AG Wolfsburg, Entscheidung vom 09.07.2008 - 18 F 1157/07 -
OLG Braunschweig, Entscheidung vom 09.06.2009 - 2 UF 112/08 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
III ZR 277/08
Verkündet am:
7. Mai 2009
Böhringer-Mangold
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamte
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
BGB § 328; FinDAG § 4; ESAEG §§ 6, 9
Der Vertrag zwischen der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht und
einem Wirtschaftsprüfer, mit dem die Behörde diesen gemäß § 4 Abs. 3 FinDAG
mit der Durchführung der Prüfung eines ihrer Aufsicht unterliegenden Institut
nach § 44 Abs. 1 Satz 2 KWG betraut, entfaltet grundsätzlich keine
Schutzwirkung zugunsten einer Entschädigungseinrichtung im Sinne des § 6
Abs. 1 Satz 1 des Einlagensicherungs- und Anlegerentschädigungsgesetzes
vom 16. Juli 1998 (BGBl. I S. 1842).
BGH, Urteil vom 7. Mai 2009 - III ZR 277/08 - OLG Stuttgart
LGStuttgart
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 7. Mai 2009 durch den Vorsitzenden Richter Schlick und die Richter
Dr. Herrmann, Wöstmann, Hucke und Seiters

für Recht erkannt:
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des 12. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 13. Mai 2008 wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Revisionsrechtszugs hat die Klägerin zu tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand


1
Die Klägerin verfolgt gegenüber dem beklagten Wirtschaftsprüfungsunternehmen einen Schadensersatzanspruch wegen der von ihr geltend gemachten Schlechterfüllung eines zwischen der Beklagten und der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (im Folgenden: Bundesanstalt) geschlossenen Vertrags.
2
Die Klägerin ist eine gemäß § 6 Abs. 1 Satz 1 des Einlagensicherungsund Anlegerentschädigungsgesetzes (ESAEG) vom 16. Juli 1998 (BGBl. I S. 1842) in der Fassung des Art. 15 Nr. 4 des Vierten Finanzmarktförderungsgesetzes vom 21. Juni 2002 (BGBl. I S. 2010) bei der Kreditanstalt für Wieder- aufbau errichtete Entschädigungseinrichtung, die ein nicht rechtsfähiges, jedoch im Prozess parteifähiges Sondervermögen des Bundes ist (§ 6 Abs. 1 Satz 3 ESAEG). Ihr sind diejenigen Institute im Sinne von § 1 Abs. 1 ESAEG zugeordnet , die keine Einlagenkreditinstitute gemäß Nummer 1 dieser Bestimmung sind. Zu den der Klägerin hiernach zugeordneten Unternehmen gehörte auch die P. K. GmbH (im Folgenden: P. GmbH).
3
Die Klägerin fragte mit Schreiben vom 8. März 2002 bei der Beklagten an, ob sie bereit sei, bei Unternehmen Prüfungen zur Einschätzung der Gefahr des Eintritts eines Entschädigungsfalles zu übernehmen (vgl. § 9 Abs. 1 Satz 2, Abs. 3, 4 ESAEG). Diesem Schreiben waren die von der Bundesanstalt genehmigten Prüfungsrichtlinien der Klägerin beigefügt. Deren Nummer 5.3 lautete wie folgt: "Soweit die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht Prüfungen durchführt oder anordnet, wird (…) eine Prüfung über denselben Gegenstand frühestens etwa zwei Jahre nach dem Stichtag der Prüfung der BaFin vorgenommen werden."
4
Die Beklagte zeigte sich hieran interessiert. Zu ihrer Beauftragung durch die Klägerin kam es jedoch nicht.
5
Mit Bescheid vom 7. August 2002 ordnete die Bundesanstalt eine Sonderprüfung der P. GmbH gemäß § 44 Abs. 1 Satz 2 des Gesetzes über das Kreditwesen (KWG) - in der Fassung der Bekanntmachung vom 9. September 1998 (BGBl. I S. 2776) und der für den Streitfall maßgeblichen letzten Änderung durch Art. 6 Nr. 32 des Vierten Finanzmarktförderungsgesetzes vom 21. Juni 2002 (BGBl. I S. 2010) - an, die sich auf die Ordnungsmäßigkeit der Buchführung und des Meldewesens, getroffene organisatorische Vorkehrungen gemäß § 25a Abs. 1 KWG zur Kontrolle und Steuerung von Markt- und Ausfallrisiken sowie auf weitere Kontrollmechanismen erstreckte. Mit Schreiben ebenfalls vom 7. August 2002 beauftragte die Bundesanstalt die Beklagte mit der Durchführung dieser Prüfung und bat, ihr "alle Umstände mitzuteilen, die Ihnen im Rahmen oder bei Gelegenheit der Prüfung bekannt werden, soweit sie für die Einschätzung der Situation des Instituts bzw. aus sonstigen bankaufsichtlichen Gründen für mich von Bedeutung sein können". In dem Schreiben wurde weiter die Anwendung der Nummern 8 Abs. 1 Satz 3 (Verweisung auf die Haftungsbeschränkung für Mängelfolgen) und 9 (Haftung) der Allgemeinen Auftragsbedingungen für Wirtschaftsprüfer und Wirtschaftsprüfungsgesellschaften vom 1. Januar 2002 (im Folgenden: AAB) ausgeschlossen.
6
Nummer 7 Abs. 1 AAB enthält die Regelung, dass die Weitergabe beruflicher Äußerungen des Wirtschaftsprüfers an einen Dritten der schriftlichen Zustimmung bedarf, soweit sich nicht bereits aus dem Auftragsinhalt die Einwilligung zur Weitergabe an einen bestimmten Dritten ergibt.
7
Die Beklagte führte die Sonderprüfung im Oktober und November 2002 durch. Hierbei blieb ihren Mitarbeitern verborgen, dass ein für die wirtschaftliche Situation der P. GmbH entscheidendes Konto, das sie nach ihren Geschäftsunterlagen angeblich unterhielt, tatsächlich nicht existierte. Dieser Umstand , der dementsprechend in dem der Bundesanstalt zugeleiteten Prüfungsbericht vom 31. März 2003 keine Erwähnung fand, wurde erst durch eine entsprechende Mitteilung der neuen Geschäftsleitung der P. GmbH an die Bundesanstalt vom 10. März 2005 offenbar. Diese beantragte daraufhin am 14. März 2005 die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der P. GmbH und stellte am Folgetag den Entschädigungsfall gemäß § 5 Abs. 1 ESAEG fest. Die Klägerin leistete daraufhin Entschädigungen an die betroffenen Anleger.
8
Sie wirft der Beklagten vor, die von ihr eingesetzten Mitarbeiter hätten bei ordnungsgemäßer Ausführung der Sonderprüfung erkennen können und müssen , dass das fragliche Konto der P. GmbH nicht bestand. Wäre pflichtgemäß geprüft worden, wäre der Eintritt des Entschädigungsfalles bereits spätestens am 29. Mai 2003 und nicht erst am 15. März 2005 festgestellt worden. Sie, die Klägerin, hätte in diesem Fall wesentlich geringere Entschädigungen leisten müssen.
9
Sie verlangt aus eigenem und hilfsweise aus von der Bundesanstalt abgetretenem Recht die Feststellung der Schadensersatzpflicht der Beklagten. Die hierauf gerichtete Klage ist in den Vorinstanzen erfolglos geblieben. Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihren Antrag weiter.

Entscheidungsgründe


10
Die zulässige Revision ist unbegründet.

I.


11
Das Berufungsgericht hat in der angefochtenen Entscheidung (WM 2008, 1303) ausgeführt, der zwischen der Bundesanstalt und der Beklagten geschlossene Vertrag über die Durchführung der Sonderprüfung der P. GmbH ent- falte keine Schutzwirkung zugunsten der Klägerin. Diese sei nicht, wie notwendig , "typischerweise" beziehungsweise "bestimmungsgemäß" mit der von der Beklagten geschuldeten Leistung in Berührung gekommen. Die Bundesanstalt habe, auch wenn sie den von der Beklagten erstellten Prüfbericht der Klägerin übersandt haben sollte, mit diesem kein Vertrauen erwecken wollen. Der Bericht habe auch nicht Grundlage einer Entscheidung der Klägerin mit wirtschaftlichen Folgen werden sollen. Dieser habe allenfalls die Entschließung offen gestanden , im Hinblick auf Nummer 5.3 ihrer Prüfungsrichtlinien auf eine eigene Prüfung zu verzichten. Weitergehendes habe jedoch nicht in ihrer Hand gelegen. Jedenfalls sei die Übersendung des Berichts an die Klägerin nach dem Zweck des Auftrages nicht bestimmungsgemäß gewesen, da die Durchführung der Sonderprüfung nach § 44 Abs. 1 Satz 2 KWG nur der Erfüllung eigener bankenaufsichtlicher Aufgaben der Bundesanstalt gedient habe.
12
Überdies sei die Einbeziehung der Klägerin in den Schutzbereich des Vertrages abzulehnen, weil der Schuldner in dem Zeitpunkt, in dem er sich vertraglich binde, das Risiko übersehen, berechnen und versichern können müsse. Das Haftungsrisiko der Beklagten gegenüber der Bundesanstalt sei insoweit reduziert gewesen, als diese wegen § 4 Abs. 4 des Gesetzes über die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (FinDAG) vom 22. April 2002 (BGBl. I S. 1310) keinen Amtshaftungsansprüchen der Anleger ausgesetzt sei. Bei Einbeziehung der Klägerin hätte sich die Haftungsgefahr der Beklagten demgegenüber in elementarer Weise erhöht.
13
Bei einer Gesamtschau der Umstände könne auch nicht von der Erkennbarkeit einer Einbeziehung der Klägerin in den Schutzbereich des Vertrags ausgegangen werden. Mit der Sonderprüfung gemäß § 44 Abs. 1 Satz 2 KWG habe die Bundesanstalt von ihren Befugnissen im Rahmen der Bankenaufsicht Gebrauch gemacht. Diese Aufgabe sei umfassender als der Tätigkeitsbereich der Klägerin. Nicht jede Maßnahme nach der genannten Vorschrift habe den Zweck, das Risiko des Eintritts eines Entschädigungsfalles abzuklären. Zudem habe die Bundesanstalt bei der Auftragserteilung zwar zwei Bestimmungen der AAB ausgeschlossen, nicht aber deren Nummer 7 Abs. 1, der die Weitergabe des Prüfungsergebnisses an Dritte von der Zustimmung der Beklagten abhängig mache. Aus diesen Gründen könne auch nicht der für die Haftung aus einem Vertrag mit Schutzwirkung zu Gunsten Dritter erforderliche Wille der Beklagten festgestellt werden, die Klägerin in den Schutzbereich einzubeziehen.
14
Die Abtretung von Ansprüchen der Bundesanstalt gegen die Beklagte sei ins Leere gegangen. Der Anstalt sei kein Schaden entstanden, und die Grundsätze der Drittschadensliquidation seien nicht anzuwenden. Die Bundesanstalt sei keinem Schadensersatzanspruch der Klägerin ausgesetzt, da dieser gegenüber , wie sich auch aus § 4 Abs. 4 FinDAG ergebe, keine drittgerichteten Amtspflichten bestünden. Ein Schadensersatzanspruch der Klägerin gegen die Anstalt aus §§ 677, 280 Abs. 1 BGB bestehe ebenfalls nicht. Die Bundesanstalt sei nach den gesetzlichen Bestimmungen nicht befugt, die Rechte der Entschädigungseinrichtungen nach dem ESAEG auszuüben. Die Grundsätze der Drittschadensliquidation griffen zudem nicht ein, weil dies lediglich dann der Fall sein könne, wenn das geschützte Interesse infolge besonderer Rechtsbeziehungen zwischen dem aus dem Vertrag berechtigten Gläubiger und dem Träger des Interesses dergestalt auf den Letztgenannten verlagert sei, dass der Schaden ihn und nicht den Gläubiger treffe. Erforderlich sei danach ein bestimmter einheitlicher Schaden, der sich bei dem Gläubiger ausgewirkt hätte, wenn nicht - aus Sicht des Schädigers zufällig - ein Dritter Träger des geschützten Rechtsguts wäre. Eine solche Situation bestehe hier nicht. Der Schaden, der der Klägerin entstanden sei, sei schon nicht identisch mit demjenigen, dem die Bun- desanstalt ausgesetzt wäre, wenn es § 4 Abs. 4 FinDAG nicht gäbe. Handele es sich schon nicht um "denselben Schaden", werde dieser darüber hinaus auch nicht verlagert. Eine ohne Geltung von § 4 Abs. 4 FinDAG in Betracht zu ziehende Amtshaftung gemäß § 839 Abs. 1 BGB in Verbindung mit Art. 34 Satz 1 GG hätte erheblich engere Voraussetzungen als der auf europarechtlichen Grundlagen beruhende Entschädigungsanspruch aus dem ESAEG.

II.


15
Dies hält der rechtlichen Nachprüfung stand. Da ein Vertrag zwischen den Parteien nicht geschlossen war und deliktische Ansprüche der Klägerin ebenfalls ausscheiden, kommt eine Haftung der Beklagten, wie es auch die Revision nicht anders sieht, lediglich aufgrund des zwischen der Bundesanstalt und der Beklagten geschlossenen Vertrags unter Berücksichtigung der Grundsätze der Schutzwirkung zugunsten Dritter und der Drittschadensliquidation in Betracht. Die Voraussetzungen beider Rechtsinstitute sind jedoch nicht erfüllt.
16
1. a) Ausgangspunkt der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zum Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter waren Fallgestaltungen, in denen einem Vertragspartner gegenüber Dritten eine gesteigerte Fürsorgepflicht obliegt , ihm gleichsam deren "Wohl und Wehe" anvertraut ist. Der Kreis der in den Schutzbereich des Vertrags einbezogenen Dritten wurde nach dieser Rechtsprechung danach bestimmt, ob sich vertragliche Schutzpflichten des Schuldners nach Inhalt und Zweck des Vertrags nicht nur auf den Vertragspartner beschränken , sondern, für den Schuldner erkennbar, solche Dritte einschließen, denen der Gläubiger seinerseits Schutz und Fürsorge schuldet. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn zwischen Gläubiger und Drittem eine Rechtsbe- ziehung mit personenrechtlichem Einschlag - ein familienrechtliches, arbeitsrechtliches oder mietvertragliches Verhältnis - besteht (z. B.: BGHZ 159, 1, 8; BGH, Urteil vom 26. Juni 2001 - X ZR 231/99 - NJW 2001, 3115, 3116 m.umfangr.w.N.).
17
In Weiterentwicklung dieser Rechtsprechung sind in die Schutzwirkungen eines Vertrages im Wege ergänzender Vertragsauslegung Dritte auch einbezogen , wenn der Gläubiger an deren Schutz ein besonderes Interesse hat, Inhalt und Zweck des Vertrags erkennen lassen, dass diesen Interessen Rechnung getragen werden solle, und die Parteien den Willen haben, zugunsten dieser Dritten eine Schutzpflicht des Schuldners zu begründen (z.B.: BGHZ 133, 168, 173; 159, 1, 8 f; BGH, Urteile vom 26. Juni 2001 aaO und vom 26. November 1986 - IVa ZR 86/85 - WM 1987, 257, 259 m.w.N.). So können Personen, die über eine besondere, vom Staat anerkannte Sachkunde verfügen, und in dieser Eigenschaft gutachterliche Stellungnahmen abgeben, wie etwa Wirtschaftsprüfer , Steuerberater oder öffentlich bestellte und vereidigte Sachverständige, aus Vertrag mit Schutzwirkung für Dritte gegenüber Personen haften, denen gegenüber der Auftraggeber von dem Gutachten bestimmungsgemäß Gebrauch macht (Senat BGHZ 138, 257, 260 f; 167, 155, 161, Rn. 12; siehe auch BGHZ 145, 187, 197). Wirtschaftsprüfungsgesellschaften, wie die Beklagte, gehören prinzipiell zu einem Personenkreis, dessen Stellungnahmen aufgrund seiner Sachkunde und der von ihm erwarteten Unabhängigkeit, Gewissenhaftigkeit und Unparteilichkeit - insbesondere bei Prüfungsaufträgen - von besonderer Bedeutung sind und Grundlage für Entscheidungen Dritter im wirtschaftlichen und finanziellen Bereich sein können (Senat BGHZ 167 aaO). Für die Annahme einer Schutzwirkung kommt es wesentlich darauf an, dass eine von Sachkunde geprägte Stellungnahme oder Begutachtung den Zweck hat, Vertrauen eines Dritten zu erwecken und - für den Sachkundigen hinreichend deutlich erkenn- bar - Grundlage einer Entscheidung mit wirtschaftlichen Folgen zu werden (z.B.: Senat aaO, S. 162, Rn. 13). Allerdings beschränkt sich der Kreis der Einbezogenen auch in diesem Fall auf solche Dritte, in deren Interesse die Leistung des Schuldners nach der ausdrücklichen oder stillschweigenden Vereinbarung der Parteien zumindest auch erbracht werden soll (Senat BGHZ 138, 257, 262; BGHZ 159, 1, 9). Tragender Gesichtspunkt für die Beschränkung des Kreises der einbezogenen Dritten ist das Anliegen, das Haftungsrisiko für den Schuldner kalkulierbar zu halten. Er soll die Möglichkeit haben, sein Risiko bei Vertragsschluss zu kalkulieren und gegebenenfalls zu versichern. Er soll für Schäden Dritter nicht einstehen müssen, wenn ihm nach Treu und Glauben und unter Berücksichtigung des Vertragszwecks nicht zugemutet werden kann, sich ohne zusätzliche Vergütung auf das Risiko einer erweiterten Haftung einzulassen (z.B.: BGHZ 159 aaO m.w.N.).
18
b) Das Bestehen und die Reichweite eines etwaigen Drittschutzes sind durch Auslegung des jeweiligen Prüfvertrages zu ermitteln (z.B.: BGHZ 159, 1, 4; Senatsurteil vom 15. Dezember 2005 - III ZR 424/04 - NJW-RR 2006, 611, 612, Rn. 12). Unter Berücksichtigung der oben dargestellten Maßstäbe ist es jedenfalls im Ergebnis nicht zu beanstanden, dass das Berufungsgericht eine vertragliche Haftung der Beklagten verneint hat.
19
Auf sich beruhen kann dabei, ob die Erwägungen der Vorinstanz zu der für die Einbeziehung der Klägerin in den Schutzbereich des zwischen der Bundesanstalt und der Beklagten geschlossenen Vertrages notwendigen Leistungsnähe sowie zur Erkennbarkeit der Drittbezogenheit und der Leistungsnähe frei von revisionsrechtlich bedeutsamen Bedenken sind (vgl. zur eingeschränkten Überprüfbarkeit einer tatrichterlichen Auslegung in der Revisionsinstanz z.B.: Senatsurteil vom 5. Oktober 2006 - III ZR 166/05 - NJW 2006, 3777, Kommentar: Rn. 13 f m.w.N.). Jedenfalls fehlte es an einem Interesse der Bundesanstalt an der Einbeziehung der Klägerin in den Schutzbereich des Vertrags und an dem notwendigen Einbeziehungswillen der Vertragsparteien. Das Berufungsgericht hat den ersten Gesichtspunkt zwar offen gelassen. Jedoch sind die notwendigen tatsächlichen Feststellungen bereits getroffen; da weitere Aufklärung auf- Kommentar: grund des umfassenden Vortrags beider Parteien nicht mehr zu erwarten ist, kann der Senat die Würdigung selbst vornehmen (vgl. z.B. BGHZ 124, 39, 45; Senatsurteile vom 17. Januar 2008 - III ZR 74/07 - NJW 2008, 1064, 1066, Rn. 26 und vom 21. Dezember 2005 - III ZR 451/04 - NJW-RR 2006, 496, 498, Rn. 14).
20
aa) Ein objektives Interesse der Bundesanstalt an der Einbeziehung der Klägerin in den Schutzbereich des mit der Beklagten geschlossenen Vertrags über die Durchführung der Sonderprüfung bei der P. GmbH bestand aus den folgenden Gründen nicht:
21
(1) Der der Beklagten erteilte Auftrag zur Durchführung der Sonderprüfung bei der P. GmbH diente nur der Erfüllung eigener bankaufsichtlicher Aufgaben der Bundesanstalt. Das Schreiben der Anstalt vom 7. August 2002 enthält lediglich den Auftrag zur Prüfung nach "§ 44 Abs. 1 Satz 2 KWG". Darüber hinaus wurde die Beklagte ersucht, alle Umstände mitzuteilen, die für die Einschätzung der Situation des Instituts beziehungsweise aus "sonstigen bankaufsichtlichen Gründen für mich" von Bedeutung sein könnten. Hieraus ergibt sich, dass die Beklagte ausschließlich im Aufgabenkreis der Bundesanstalt tätig werden und keine darüber hinausgehenden Verpflichtungen - den Rechtskreis der Klägerin betreffend - übernehmen sollte.
22
Gemäß § 44 Abs. 1 Satz 2 KWG in der für den Streitfall maßgeblichen Fassung kann die Bundesanstalt bei den ihrer Aufsicht unterstehenden Instituten (§ 6 Abs. 1 KWG) Prüfungen vornehmen. Diese dienen entsprechend den Aufgaben der Anstalt (§ 6 Abs. 2 KWG) dazu, Missständen im Kredit- und Finanzdienstleistungswesen entgegenzuwirken, welche die Sicherheit der den Instituten anvertrauten Vermögenswerte gefährden, die ordnungsmäßige Durchführung der Bankgeschäfte oder Finanzdienstleistungen beeinträchtigen oder erhebliche Nachteile für die Gesamtwirtschaft herbeiführen können. Auf diese Zwecke ist das Prüfungsrecht beschränkt (Braun in Boos/Fischer/ Schulte-Mattler, KWG, 3. Aufl., § 44 Rn. 2, 42; Samm in Beck/Samm, KWG, § 44 Rn. 86, 89 [Stand Oktober 2003]).
23
Gemäß § 4 Abs. 3 FinDAG kann sich die Bundesanstalt bei ihren Prüfungen anderer Personen und Einrichtungen bedienen. Soweit diese eingeschaltet werden, sind sie Hilfspersonen der Bundesanstalt, die unmittelbar in Erfüllung von Angelegenheiten tätig werden, die für die Behörde Verwaltungsaufgaben sind (BGH, Urteil vom 26. Juni 2001 - X ZR 231/99 - NJW 2001, 3115, 3117; Samm aaO, § 8 Rn. 7 [Stand Mai 2005]; Schwirten in Boos/Fischer/Schulte-Mattler aaO, § 4 FinDAG Rn. 6). Sie üben damit dieselben Funktionen aus wie die Bediensteten der Bundesanstalt, die sie bei der Ausführung der Prüfung ersetzen. Das Interesse der Behörde bei der Inanspruchnahme der Dienste Dritter gemäß § 4 Abs. 3 FinDAG besteht darin, die ihr obliegenden Aufgaben unter Schonung eigener personeller und sächlicher Mittel wahrzunehmen (vgl. BGH, Samm jew. aaO).
24
Demgegenüber ist kein objektives Interesse der Behörde erkennbar, bei der Einschaltung anderer Personen und Einrichtungen zur Wahrnehmung ihrer Verwaltungsaufgaben denjenigen, die damit in Berührung kommen, Haftungsmöglichkeiten gegenüber diesen Dritten zu verschaffen. Die von den mit der Durchführung der Prüfungen gemäß § 44 Abs. 1 Satz 2 KWG betrauten Wirtschaftsprüfern erstellten Gutachten haben - anders als etwa Wertgutachten, die der Verkäufer einer Immobilie zur Stärkung seiner Verhandlungsposition gegenüber potentiellen Erwerbern einholt - nicht den Zweck, im Verhältnis zwischen der Klägerin und der Bundesanstalt Vertrauen zu bilden, um die Stellung der Anstalt zu verbessern. Auch ein sonstiges Interesse der Bundesanstalt an der Einbeziehung der Entschädigungseinrichtungen in den Schutzbereich der mit Wirtschaftsprüfern geschlossenen Verträge besteht nicht. Ein solches wäre allerdings in Betracht zu ziehen, wenn die Behörde hierdurch eigene Haftungsrisiken verlagern oder mindern könnte. Ebenso wäre ein Einbeziehungsinteresse der Bundesanstalt unter dem Gesichtspunkt einer Verantwortlichkeit gegenüber der Klägerin denkbar, wenn die Betrauung der Beklagten mit der der Bundesanstalt obliegenden Prüfung ohne die Einbeziehung zur Folge gehabt hätte, dass eine an sich bestehende Möglichkeit der Klägerin entfallen wäre, bei einer fehlerhaften Erstellung des Prüfgutachtens Schadensersatz zu erhalten. Beides ist jedoch nicht der Fall.
25
Die Bundesanstalt ist wegen etwaiger Versäumnisse bei Prüfungen nach § 44 Abs. 1 Satz 2 KWG, unabhängig davon, ob sie eigenes oder fremdes Personal einsetzt, schon im Hinblick auf § 4 Abs. 4 FinDAG allenfalls Schadensersatzansprüchen der geprüften Unternehmen ausgesetzt (vgl. zur Haftung diesen gegenüber Senatsurteile BGHZ 162, 49, 62 und vom 2. Juni 2005 - III ZR 365/03 - NJW RR 2005, 1406, 1407; Fischer in Boos/Fischer/Schulte/Mattler aaO, Einf KWG Rn. 63; Schwirten aaO § 4 FinDAG Rn. 10; siehe auch Regierungsbegründung des Entwurfs eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über das Kreditwesen BT-Drucks. 10/1441 S. 20 zur Vorgängerrege- lung). Nach dieser Bestimmung, die sowohl grundgesetz- als auch europarechtskonform ist (Senat BGHZ aaO, S. 59 ff; EuGH Slg. 2004, I-9425, 9476 ff, Rn. 34 ff = NJW 2004, 3479, 3480 f), nimmt die Bundesanstalt ihre Aufgaben und Befugnisse nur im öffentlichen Interesse wahr. Hieraus folgt, dass Amtspflichten der Behörde gegenüber den durch ihr Wirken damit nur mittelbar geschützten Personen oder Personenkreisen nicht begründet werden. Dementsprechend können einzelne Personen, die in geschäftlichen Beziehungen zu Kreditinstituten oder sonstigen Unternehmen und Privatpersonen stehen, denen gegenüber die Bundesanstalt Maßnahmen ergreifen kann, wegen eines bestimmten Handelns oder Unterlassens der Behörde keine Schadensersatzansprüche gegen sie erheben (vgl. Senat BGHZ aaO, S. 57 f).
26
Dies schließt Schadensersatzansprüche gegen die Bundesanstalt wegen der unzureichenden Ausführung einer Sonderprüfung gemäß § 44 Abs. 1 Satz 2 KWG nicht nur der Anleger, sondern auch der Klägerin aus. Das gilt ungeachtet dessen, dass die Bundesanstalt und die Klägerin bei Wahrnehmung ihrer Aufgaben, wie die Revision insoweit zutreffend herausstellt, gleichsinnig und nicht in Vertretung einander widerstreitender Interessen zusammenwirken, so dass es schon aus diesem Grunde an drittgerichteten Amtspflichten der Bundesanstalt im Sinne des § 839 Abs. 1 BGB gegenüber der Klägerin fehlt (vgl. st. Rspr des Senats z.B. BGHZ 153, 198, 201 f; 148, 139, 147). Jedenfalls würde eine Haftung der Bundesanstalt gegenüber der Klägerin wegen der Verletzung von Bankaufsichtspflichten den Regelungszweck des § 4 Abs. 4 FinDAG unterlaufen. Die Anstalt soll aufgrund dieser Bestimmung von Schadensersatzansprüchen Dritter, die nicht nach § 6 Abs. 1 KWG ihrer Aufsicht unterliegen , freigehalten werden, um der Gefahr zu weit gehender Maßnahmen der die Bankenaufsicht ausübenden Personen zu begegnen (Senat BGHZ 162, 49, 58; Regierungsbegründung des Entwurfs eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über das Kreditwesen BT-Drucks. 10/1441, S. 20). Im wirtschaftlichen Ergebnis wäre die Bundesanstalt jedoch eben jenen Schadensersatzansprüchen ausgesetzt, wenn die Klägerin für die von ihr geleisteten Entschädigungen der Anleger Regress bei der Behörde nehmen könnte. Die Anstalt würde dann im Umweg über die Klägerin letztlich - wenn auch in den betragsmäßigen Grenzen des § 4 Abs. 2 ESAEG - den Schaden tragen müssen, der den Anlegern durch etwaige Amtspflichtverletzungen entstanden ist. Dies würde wiederum die Gefahr zu rigider Aufsichtsmaßnahmen begründen, der § 4 Abs. 4 FinDAG entgegenwirken soll.
27
Aus diesen Gründen und weil die Bundesanstalt, wie sich aus dem Auftragsschreiben vom 7. August 2002 ergibt, mit der Durchführung der Sonderprüfung bei der Phoenix GmbH lediglich eigene Aufgaben wahrnehmen wollte, scheidet auch ein Anspruch der Klägerin gegen die Anstalt aus §§ 677, 280 Abs. 1 BGB aus.
28
Haftet die Bundesanstalt selbst für etwaige Pflichtverstöße bei der Ausführung der Sonderprüfung nicht, besteht auch keine sachliche Notwendigkeit dafür und damit kein erkennbares Interesse der Behörde daran, der Klägerin nur deshalb - ansonsten nicht gegebene - Schadensersatzansprüche zu verschaffen , weil sie Hilfspersonen mit der Prüfung nach § 44 Abs. 1 Satz 2 KWG betraut.
29
(2) Die von der Revision für ihre Rechtsauffassung vorgebrachten Gesichtspunkte vermögen dies nicht zu entkräften.
30
(a) Zu Unrecht macht die Klägerin geltend, es halte schon einer Plausibilitätskontrolle nicht stand, ihr einen Schadensersatzanspruch gegen die Beklag- te zu versagen. Sie meint, ohne einen solchen Anspruch würde ein "haftungsfreies" Regime geschaffen, und die Beklagte könnte sich bei der Durchführung der ihr aufgetragenen Prüfung Pflichtverletzungen zuschulden kommen lassen, ohne Sanktionen fürchten zu müssen.
31
auch Die im Verhältnis zur Klägerin bestehende Haftungsfreiheit der Bundesanstalt beruht unter anderem auf § 4 Abs. 4 FinDAG und ist damit vom Gesetzgeber beabsichtigt. Deshalb liegt es im System der durch das Einlagensicherungs - und Anlegerentschädigungsgesetz begründeten Einlagensicherung, dass die Haftungsfreiheit der Bundesanstalt wirtschaftlich der Klägerin zur Last fällt. Die Einlagensicherung soll gerade auch dann eingreifen, wenn die angelegten Mittel deshalb nicht verfügbar sind, weil die Aufsicht der zuständigen Behörden unzureichend war (vgl. EuGH aaO, S. 9479 Rn. 45 zur Richtlinie 94/19/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. Mai 1994 über Einlagensicherungssysteme [ABl Nr. L 135 vom 31. Mai 1994, S. 5], auf der unter anderem das Einlagensicherungssystem des ESAEG beruht, vgl. BTDrucks. 13/10188, S. 1). Es ist auch nicht zwingend notwendig, eine Haftung von Hilfspersonen der Bundesanstalt zu begründen, um zu gewährleisten, dass diese ihren vertraglichen Verpflichtungen gegenüber der Behörde nachkommen. Bei Fehlleistungen zum Nachteil von Personen, denen gegenüber die Bundesanstalt im Hinblick auf § 4 Abs. 4 FinDAG nicht haftet, müssen die gemäß § 4 Abs. 3 FinDAG eingeschalteten Dritten damit rechnen, künftig bei der Auftragsvergabe nicht mehr berücksichtigt zu werden. Auch dies stellt einen hinreichenden Anreiz zu vertragsgemäßem Verhalten dar.
32
(b) Unbehelflich für die Rechtsposition der Klägerin sind weiter die für sich genommen zutreffenden, eingehenden Ausführungen der Revision zur "Verzahnung" der Aufgaben der Bundesanstalt und der Klägerin. Richtig ist, dass beide - mit unterschiedlichen Schwerpunkten - an der Sicherung der Finanzmarktstabilität als Gesamtaufgabe mitwirken. Die Bundesanstalt nimmt hierbei im Rahmen der hoheitlich-überwachenden Tätigkeit ausschließlich öffentliche Belange wahr, während dem Schutz des einzelnen Anlegers durch die Einlagensicherung Rechnung getragen wird (z.B.: Binder WM 2005, 1781, 1787; ders. GPR 2005, 28, 30).
33
Die jeweiligen Aufgaben stehen dabei nicht isoliert nebeneinander, sondern sind teilweise miteinander verbunden. So übt die Bundesanstalt die Aufsicht über die Kreditanstalt für Wiederaufbau bei der Verwaltung der Entschädigungseinrichtungen aus (§ 6 Abs. 4 Satz 2 ESAEG). Sie ist Widerspruchsbehörde für Entscheidungen dieser Einrichtungen (§ 6 Abs. 5 ESAEG) und bestimmt in Teilbereichen deren Tätigkeit mit. Die von den Entschädigungseinrichtungen aufzustellenden Richtlinien für die Prüfung der ihnen zugeordneten Institute zur Einschätzung der Gefahr des Eintritts des Entschädigungsfalls (§ 9 Abs. 1 Satz 2, Abs. 3 ESAEG) bedürfen der Genehmigung der Bundesanstalt (§ 9 Abs. 5 Satz 1 ESAEG). Nummer 5.3 der Prüfungsrichtlinien der Klägerin bestimmt zudem, dass, sofern die Bundesanstalt eine Prüfung vorgenommen hat, eine Prüfung über denselben Gegenstand durch die Klägerin erst etwa zwei Jahre nach dem Prüfungsstichtag der Bundesanstalt vorgenommen wird, was auch im Kosteninteresse des betroffenen Instituts liegt (vgl. § 9 Abs. 7 ESAEG). Weiterhin gilt die Verschwiegenheitspflicht, der die für die Anstalt tätigen Personen unterliegen, gemäß § 9 Abs. 1 Satz 4 Nr. 5 KWG nicht im Verhältnis zur Klägerin, sofern sie die jeweilige Information zur Erfüllung ihrer Aufgaben benötigt. Dies wird bei Berichten über Prüfungen nach § 44 Abs. 1 Satz 2 KWG vielfach der Fall sein, da die insoweit getroffenen Feststellungen oftmals auch für die Prognose, ob ein Entschädigungsfall droht, von Bedeutung sein dürften. Aus den letzten Punkten mag überdies der Schluss gezogen wer- den, dass der von der Beklagten gefertigte, gegenüber der Bundesanstalt erstattete Bericht auch der Klägerin zugänglich gemacht werden musste.
34
Dieses partielle Kooperationsverhältnis zwischen der Bundesanstalt und der Klägerin vermag jedoch kein objektives Interesse der Anstalt daran zu begründen , die Klägerin in den Schutzbereich des zwischen ihr und der Beklagten geschlossenen Vertrags über die Durchführung der Sonderprüfung bei der P. GmbH einzubeziehen. Etwaige der Bundesanstalt insoweit gegenüber der Klägerin obliegende Pflichten sind aus den oben genannten Gründen nicht haftungsbewehrt; insbesondere partipiziert die Klägerin an den gemäß § 44 Abs. 1 Satz 2 erstellten Prüfberichten nur im Wege eines Reflexes. Kommen in diesem Rechtsverhältnis Schadensersatzansprüche nicht in Betracht, besteht für die Bundesanstalt auch keine Veranlassung, ihren Hilfspersonen (§ 4 Abs. 3 FinDAG) eine Haftung gegenüber der Klägerin aufzuerlegen.
35
(c) Entgegen der Auffassung der Revision folgt ein solches Interesse auch nicht daraus, dass die Beklagte für ihre Tätigkeit ein Honorar erhält. Dies wäre zwar in Betracht zu ziehen, wenn in das Entgelt eine Prämie für die Übernahme einer Haftung gegenüber der Klägerin einkalkuliert wäre. Die Revision zeigt jedoch keinen übergangenen Sachvortrag auf, dem dies zu entnehmen wäre.
36
bb) Zumindest im Ergebnis frei von Bedenken ist auch die Würdigung des Berufungsgerichts, dem zwischen der Bundesanstalt und der Beklagten geschlossenen Vertrag lasse sich nicht der Wille der Beteiligten nehmen, die Klägerin mit Haftungsfolgen in den Schutzbereich einzubeziehen. http://www.juris.de/jportal/portal/t/vxl/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=7&fromdoctodoc=yes&doc.id=KORE300562006&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint - 19 -
37
Aus (1) dem bereits erwähnten Schreiben der Bundesanstalt vom 7. August 2002 ergibt sich, dass die Beklagte ausschließlich im Aufgabenkreis der Bundesanstalt tätig werden und keine darüber hinausgehenden Verpflichtungen übernehmen sollte. Die Aufgaben der Bundesanstalt umfassen jedoch keine haftungsbewehrten Pflichten gegenüber der Klägerin, so dass auch ein Einbeziehungswille nicht erkennbar ist.
38
(2) Nicht zu beanstanden ist weiter die Erwägung des Berufungsgerichts, der Wille der Vertragsparteien, die Klägerin in den Schutzbereich der Vereinbarung einzubeziehen, sei auch deshalb nicht festzustellen, weil sich hierdurch das Haftungsrisiko der Beklagten in erheblicher, unkalkulierbarer Weise gesteigert hätte.
39
Wie der Senat in Anwendung der oben unter a) dargestellten Leitlinien wiederholt für den Wirtschaftsprüfer, der einen Jahresabschluss prüft, betont hat (Urteile BGHZ 138, 257, 262 und vom 15. Dezember 2005 - III ZR 424/04 - NJW-RR 2006, 611, 612, Rn. 12), kann regelmäßig nicht angenommen werden, dass er ein so weites Haftungsrisiko zu übernehmen bereit ist, wie es sich aus der Einbeziehung einer unbekannten Vielzahl von Gläubigern, Gesellschaftern oder Anteilserwerbern in den Schutzbereich ergäbe. Der Senat hat daher Bedenken gegen eine stillschweigende Ausdehnung der Haftung auf Dritte geäußert und es hierfür grundsätzlich für erforderlich gehalten, dass dem Abschlussprüfer deutlich wird, dass von ihm im Drittinteresse eine besondere Leistung erwartet wird, die über die Erbringung der gesetzlich vorgeschriebenen Pflichtprüfung hinausgeht (BGHZ 167, 155, 166 Rn. 15; Beschluss vom 30. Oktober 2008 - III ZR 307/07 - WM 2008, 2244, 2245 Rn. 5 betreffend den Abschlussprüfer der P. GmbH).
40
Diese Grundsätze gelten für den Wirtschaftsprüfer, der von der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht mit der Durchführung einer Prüfung nach § 44 Abs. 1 Satz 2 KWG beauftragt wird, nach der objektiven Interessenlage der Beteiligten gleichermaßen. Er ist, ebenso wie der Abschlussprüfer (vgl. § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB), grundsätzlich allenfalls der Gefahr ausgesetzt, - im Wege des Regresses der Bundesanstalt - für Schäden zu haften, die dem geprüften Unternehmen entstehen. Bei Einbeziehung der jeweils betroffenen Entschädigungseinrichtung in den Schutzbereich des mit der Bundesanstalt geschlossenen Vertrags wäre der Wirtschaftsprüfer ebenfalls unkalkulierbaren zusätzlichen Haftungsrisiken ausgesetzt. Zwar stünde ihm nicht eine unbekannte Vielzahl von Gläubigern gegenüber, sondern lediglich die betroffene Entschädigungseinrichtung. Gleichwohl wäre das Risiko, das der Wirtschaftsprüfer übernähme, ebenso unüberschaubar wie bei einer Haftung gegenüber den Kunden des zu prüfenden Instituts. In einer Schadensersatzforderung der Entschädigungseinrichtung gegen den Wirtschaftsprüfer wären - begrenzt auf die in § 4 Abs. 2 ESAEG bestimmten Summen - die Ansprüche der betroffenen Anleger gebündelt. Der Schaden der Einrichtung bestünde nämlich aus den Beträgen , die sie als Entschädigung an die - zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses mit der Bundesanstalt ihrer Zahl und der Höhe ihrer Einlage nach regelmäßig unbekannten - Anleger zu leisten hatte.
41
Weder dem Auftragsschreiben vom 7. August 2002 noch sonstigen Umständen ist ein Hinweis darauf zu entnehmen, dass die Beklagte über die Wahrnehmung der Aufgaben und Belange der Bundesanstalt hinaus - höchst haftungsträchtige - Leistungen im Interesse der Klägerin erbringen sollte. Im Gegenteil spricht die Tatsache, dass die die Haftung der Beklagten einschränkenden Bestimmungen der AAB (Nummer 8 Abs. 1 Satz 3 und Nummer 9) in dem Auftragsschreiben der Bundesanstalt ausgenommen wurden und die Be- klagte dies akzeptierte, gegen den Willen der Beteiligten, die Klägerin in den Schutzbereich des Vertrags einzubeziehen. Der Verzicht auf die ansonsten in formularmäßigen Wirtschaftsprüferverträgen üblicherweise enthaltenen Haftungsbeschränkungen hätte jeder Vernunft widersprochen, wenn die Vertragsparteien einen solchen Willen gehabt hätten, da die Beklagte in diesem Fall geradezu existenzgefährdende Risiken eingegangen wäre. Auch aus diesen Gründen ist die Würdigung des Berufungsgerichts, eine stillschweigende Ausdehnung der Haftung zugunsten der Klägerin scheide aus, rechtsfehlerfrei.
42
2. Die Klägerin kann die von ihr geltend gemachte Forderung auch nicht auf einen an sie abgetretenen Schadensersatzanspruch der Bundesanstalt in Verbindung mit dem Rechtsinstitut der Drittschadensliquidation stützen.
43
a) Bei der Drittschadensliquidation macht derjenige, in dessen Person die Voraussetzungen einer Anspruchsnorm mit Ausnahme des Schadens erfüllt sind, einen fremden Schaden geltend (z.B.: BAG NJW 2007, 1302, 1303 Rn. 15). Dieses Rechtsinstitut wird angewandt bei der mittelbaren Stellvertretung , der Obhutspflicht für fremde Sachen und der obligatorischen Gefahrentlastung , wie sie etwa beim Versendungskauf stattfindet (BGH, Urteil vom 17. Januar 2008 - IX ZR 172/06 - NJW-RR 2008, 786, 787 Rn. 18; Palandt/ Heinrichs BGB, 68. Aufl., Vorb v § 249 Rn. 115-117) sowie bei Treuhandverhältnissen (BGH, Urteil vom 4. Dezember 1997 - IX ZR 41/97 - NJW 1998, 1864, 1865). In der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung ist weiterhin anerkannt , dass ein Beamter oder Zivildienstleistender, der nicht bei seinem Dienstherrn eingesetzt ist, für Schäden, die er bei seiner Beschäftigungsstelle verursacht, im Wege der Drittschadensliquidation von seinem Dienstherrn in Anspruch genommen werden kann (BVerwGE 120, 370, 372; VG Lüneburg, Urteil vom 20. Juni 2007 - 1 A 253/05 - juris Rn. 20). Wie auch die Klägerin nicht verkennt, ist hier keiner dieser Fälle gegeben.
44
b) Entgegen der Auffassung der Revision sind die Grundsätze der Drittschadensliquidation nicht auf die vorliegende Fallgestaltung übertragbar, mögen auch die in der Rechtsprechung anerkannten Fallgruppen nicht abschließend sein (so MünchKommBGB/Oetker, 5. Aufl., § 249 Rn. 278; kritisch dazu Staudinger /Schiemann [2005] § Vorbem zu §§ 249 ff Rn. 76). Eine den Anwendungsfällen der Drittschadensliquidation entsprechende Interessenlage besteht im Streitfall nicht.
45
aa) Dieses Rechtsinstitut soll die ungerechtfertigte Entlastung des Schädigers durch eine zufällige Schadensverlagerung verhindern. Es greift deshalb ein, wenn das jeweils geschützte Interesse infolge besonderer Rechtsbeziehungen zwischen dem aus dem Vertrag berechtigten Gläubiger und dem Träger des Interesses dergestalt auf den Dritten verlagert ist, dass der Schaden - aus Sicht des Schädigers zufällig - ihn und nicht den Gläubiger trifft (z.B.: BGHZ 133, 36, 41 m.w.N.; BGH, Urteil vom 17. Januar 2008 aaO; BAG aaO Rn. 15 f; Büdenbender, Vorteilsausgleichung und Drittschadensliquidation bei obligatorischer Gefahrentlastung, 1996, S. 74 f; MünchKommBGB/Oetker aaO Rn. 277; Palandt/Heinrichs aaO Rn. 112; Staudinger/Schiemann aaO Rn. 62; Zugehör in Zugehör/Fischer/Sieg/Schlee, Handbuch der Anwaltshaftung, 2. Aufl., Rn. 1717 f). Das bedeutet, dass der Schaden zumindest auch bei dem Gläubiger entstehen können muss und nicht ausschließlich bei dem Dritten, da im Verhältnis zwischen Schuldner und Gläubiger nur solche Rechtsgüter geschützt sind, die - wenigstens potentiell - Letzterem zustehen. Anderenfalls kann von vornherein in der Person des Gläubigers kein Schaden eintreten, der auf den Dritten verlagert wird. Die der Klägerin erwachsene Vermögenseinbuße, die gegen sie gerichteten Entschädigungsansprüche der Anleger, konnte jedoch von vornherein nur bei ihr und nicht bei der Bundesanstalt eintreten. Forderungen von Anlegern gegenüber dieser Behörde konnten im Hinblick auf § 4 Abs. 4 FinDAG nicht entstehen.
46
bb) Entgegen der Ansicht der Revision ist weder den oben zitierten Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts und des Verwaltungsgerichts Lüneburg (jew. aaO) Abweichendes zu entnehmen noch wird eine zufällige Schadensverlagerung durch die gesetzliche Trennung der Bankenaufsicht und der Entschädigungseinrichtungen bewirkt.
47
(1) In den den oben zitierten Entscheidungen der Verwaltungsgerichte zugrunde liegenden Fallgestaltungen war es rechtlich gerade nicht ausgeschlossen , dass der jeweilige Schaden - die Beschädigung eines Dienstfahrzeuges und die Notwendigkeit des Austauschs einer Schließanlage wegen Schlüsselverlustes - auch bei dem Dienstherrn eingetreten wäre, wenn der jeweilige Bedienstete nicht anderweitig eingesetzt worden wäre.
48
(2) Der Hinweis der Revision, dass ohne die gesetzliche Trennung der der Bundesanstalt obliegenden Bankenaufsicht und der Anlegerentschädigung, für die unter anderem die Klägerin zuständig ist, die Anstalt die geschädigten Anleger hätte entschädigen müssen, vermag das Eingreifen der Drittschadensliquidation in der vorliegenden Fallgestaltung nicht zu begründen.
49
Für die Drittschadensliquidation ist kennzeichnend, dass der Schaden aufgrund der Besonderheiten des Innenverhältnisses zwischen dem Gläubiger der geschuldeten Leistung und dem Träger des geschützten Interesses nicht Ersteren, sondern Letzteren trifft. Dass die Klägerin den Entschädigungsan- sprüchen der Anleger ausgesetzt ist und nicht die Bundesanstalt, beruht jedoch nicht auf dem Innenverhältnis beider Einrichtungen, sondern insbesondere darauf , dass die Anstalt im Außenverhältnis zu den Anlegern nicht haftet (§ 4 Abs. 4 FinDAG) und nur die Klägerin Entschädigungen schuldet (§ 4 Abs. 1 ESAEG).
50
Darüber hinaus kommt eine Drittschadensliquidation nur in Betracht, wenn die "Zufälligkeit" der Schadensverlagerung Folge der bestehenden Rechtslage ist. In der hier gegebenen Fallgestaltung liegt aber nach der Gesetzeslage weder eine Schadensverlagerung noch ein zufälliges Ergebnis vor. Vielmehr beruht es auf einer Entscheidung des Gesetzgebers, dass die Anlegerentschädigung allein Aufgabe der Entschädigungseinrichtungen gemäß § 6 ESAEG und nicht der Bundesanstalt ist. Darauf, dass bei einer denkbaren anderen Gestaltung der Rechtslage durch den Gesetzgeber der in den Entschädigungsleistungen bestehende Schaden die Bundesanstalt hätte treffen können, kommt es nicht an.
51
3. Einer Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften (Art. 234 Abs. 3 i.V.m. Abs. 1 lit. b EGV) bedarf es nicht, da die maßgeblichen Richtlinien des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. Mai 1994 über Einlagensicherungssysteme (94/19/EG, ABl Nr. L 135 vom 31. Mai 1994, S. 5 ff) und vom 3. März 1997 über Systeme für die Entschädigung der Anleger (97/9/EG, ABl Nr. L 84 vom 26. März 1997, S. 22 ) keine Regelungen über Regressansprüche der Einlagensicherungseinrichtungen enthalten, so dass sich europarechtliche Fragen nicht stellen.
Schlick Herrmann Wöstmann
Hucke Seiters

Vorinstanzen:
LG Stuttgart, Entscheidung vom 01.08.2007 - 27 O 4/07 -
OLG Stuttgart, Entscheidung vom 13.05.2008 - 12 U 132/07 -
14
a) Der Senat darf die Wasserleitungskreuzungsrichtlinien selbständig und ohne Bindung an die Interpretation des Tatrichters auslegen, da es sich um ein für eine Vielzahl von Fällen entwickeltes, bundesweit verwendetes Regelwerk handelt (vgl. zu einem Rahmenvertrag über die Mitbenutzung von Straßen durch Gasversorgungsunternehmen Senatsurteil vom 6. Juli 2006 - III ZR 257/05, WM 2006, 2098 Rn. 10 f). Auch die Rahmenvereinbarung kann der Senat frei auslegen, selbst wenn es sich hierbei um einen Individualvertrag handeln und ihr nicht ein Musterregelwerk zugrunde liegen sollte. Das Berufungsgericht hat sich bei seiner Abgrenzung der Änderung einer bestehenden von der Herstellung einer neuen Kreuzung nicht mit der Rahmenvereinbarung auseinander gesetzt, jedoch die für die Interpretation notwendigen tatsächlichen Feststellungen getroffen. Da weitere Aufklärung insoweit nicht zu erwarten ist, ist das Revisionsgericht befugt, die Auslegung der Rahmenvereinbarung nachzuholen , auch wenn ein Individualvertrag vorliegen sollte (vgl. Senatsurteil vom 7. Mai 2009 - III ZR 277/08, BGHZ 181, 12 Rn. 19 mwN).
16
3. Da weitere Feststellungen zur Frage eines Mitverschuldens des Klägers nicht zu erwarten sind, kann der Senat eine eigene Sachentscheidung treffen (§ 563 Abs. 3 ZPO) und unter teilweiser Aufhebung des angefochtenen Urteils die Klage in vollem Umfang dem Grunde nach für gerechtfertigt erklären. Zugleich ist das angefochtene klageabweisende Urteil des Landgerichts abzuändern. Demgegenüber muss das zuvor ergangene Versäumnisurteil des Landgerichts , das das Berufungsgericht ebenfalls in vollem Umfang aufgehoben hat, aufrecht erhalten bleiben. Denn bei einem Grundurteil nach § 304 ZPO, das nach einem gegen den Beklagten ergangenen Versäumnisurteil ergeht, bleibt die Entscheidung nach § 343 ZPO dem Betragsverfahren vorbehalten, soweit die Klage für gerechtfertigt erklärt worden ist (vgl. Stein/Jonas/Grunsky, ZPO, 22. Aufl., § 343 Rn. 11; MüKoZPO/Prütting, 4. Aufl., § 343 Rn. 2).
29
Da weitere Aufklärung nicht zu erwarten ist, kann der Senat die vorstehenden Würdigungen, die teilweise grundsätzlich dem Tatrichter vorbehalten sind und über die im Zusammenhang mit der (vermeintlichen) Remonstrationspflicht angestellten Erwägungen des Berufungsgerichts hinausgehen, selbst vornehmen.