Bundesgerichtshof Urteil, 10. Jan. 2019 - 1 StR 347/18

bei uns veröffentlicht am10.01.2019

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
1 StR 347/18
vom
10. Januar 2019
in der Strafsache
gegen
alias:
alias:
alias:
wegen Steuerhinterziehung
ECLI:DE:BGH:2019:100119U1STR347.18.0

Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat aufgrund der Hauptverhandlung vom 5. Dezember 2018 in der Sitzung am 10. Januar 2019, an denen teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof Dr. Raum,
der Richter am Bundesgerichtshof Bellay und die Richterinnen am Bundesgerichtshof Dr. Fischer, Dr. Hohoff, Dr. Pernice,
Bundesanwalt beim Bundesgerichtshof als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
der Angeklagte persönlich – in der Verhandlung vom 5. Dezember 2018 –,
Rechtsanwalt als Verteidiger,
Steueramtsrätin – in der Verhandlung vom 5. Dezember 2018 – als Vertreterin der Nebenbeteiligten,
Justizangestellte und Justizobersekretärin – in der Verhandlung vom 5. Dezember 2018 –,
Justizangestellte – bei der Verkündung am 10. Januar 2019 – als Urkundsbeamtinnen der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Das Urteil des Landgerichts Bochum vom 5. Oktober 2017 wird aufgehoben,
a) auf die Revision des Angeklagten mit den Feststellungen ,
b) auf die Revision der Staatsanwaltschaft im Strafausspruch mit den zugehörigen Feststellungen. 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Steuerhinterziehung in zehn Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt und deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt.
2
Gegen dieses Urteil wendet sich der Angeklagte mit der Revision, mit der er die Verletzung formellen und sachlichen Rechts geltend macht. Die Staatsanwaltschaft rügt mit ihrer zu Ungunsten des Angeklagten eingelegten und auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkten Revision ebenfalls die Verletzung formellen und materiellen Rechts.
3
Die Revisionen haben jeweils bereits mit der Sachrüge umfassenden Erfolg , so dass es eines Eingehens auf die Verfahrensrügen nicht bedarf.

I.


4
1. Das Landgericht hat folgende Feststellungen und Wertungen getroffen :
5
Der Angeklagte war allein verfügungsbefugt über ein 1985 bei U. P. eingerichtetes Konto mit einem Guthaben von 23.000.000 US-Dollar. Bei den Kontounterlagen befand sich ein Vertrag vom 4. Oktober 1985, nach des- sen Inhalt das Guthaben dem Angeklagten als „Treunehmer“ zur Durchführung von geheimen Operationen im Kampf gegen das organisierte Verbrechen als „Geheimfonds“ zur Verfügung gestellt wurde. Eine ausdrückliche Regelung zur Rückführung der Gelder an die „Treugeber“ enthielt der Vertrag nicht. Die „Treugeber“ kontrollierten die Verwendung der Gelder durch den Angeklagten von Beginn an nicht. Sie und der Angeklagte waren sich einig, dass die Gelder endgültig bei dem Angeklagten verbleiben sollten.
6
Der Angeklagte gründete in P. eine Stiftung, deren Vermögen am 12. Dezember 1986 23.969.000 US-Dollar betrug. Wegen der politisch instabi- len Lage ließ er im Jahr 1987 das Geld nach L. transferieren. In der Folgezeit errichtete er weitere Stiftungen mit Konten bei U. L. und löste nach dem Transfer des Geldes jeweils die Vorgängerstiftung auf.
7
Bei der am 31. August 1987 gegründeten M. Stiftung setzte der Angeklagte sich und seine damalige Ehefrau als Erstbegünstigte ein, im Falle ihres Todes seine Söhne. In weiteren Stiftungen traf der Angeklagte immer umfassendere Nachfolgeregelungen und aktualisierte sie jeweils.
8
Das jeweilige Stiftungsvermögen legte der Angeklagte in riskante hochverzinsliche Länderobligationen an. Um die privaten und beruflichen Kosten zu decken, ohne die Zinsgewinne entnehmen zu müssen, nahm er Kredite auf und deckte durch diese die Ausgaben.
9
Der Stand des bis zum Jahr 2008 durch Zinserträge auf 64.711.847 Euro angestiegenen Stiftungsvermögens sank durch Kursverluste bis 31. Dezember 2008 auf 47.649.000 Euro.
10
Der Angeklagte erzielte in den Veranlagungszeiträumen 2002 bis 2011 aus den Stiftungsvermögen jährlich Kapitalerträge zwischen zwei und fünf Millionen Euro. Diese teilte er seinem Steuerberater nicht mit. Sie wurden daher in den Steuererklärungen nicht angegeben. Das Finanzamt setzte unter Berücksichtigung der vom Angeklagten angegebenen Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit und aus Kapitalanlagen die Einkommensteuer infolge der unvollständig angegebenen Einkünfte jeweils zu niedrig fest. Dies führte zu einer Steuerverkürzung von jeweils über einer Million Euro jährlich, insgesamt von über 14.000.000 Euro.
11
Dem Angeklagten war „bewusst, dass es sich bei den angelegten Gel- dern um Tatsachen handelte, welche für die Steuerbehörden – unabhängig von der Frage, wen die Steuerschuld bzgl. der Erträge träfe – grundsätzlich von Bedeutung waren. Insoweit nahm er eine unrichtige Steuerfestsetzung billigend in Kauf. Er ging jedoch davon aus, selbst nicht steuerpflichtig bzgl. der Erträge zu sein, da er weiterhin – wenn auch im Ergebnis unzutreffend – in rechtlicher Hin- sicht einen Treuhandcharakter der Gelder annahm“ (UA S. 26).
12
In ihrer rechtlichen Würdigung des subjektiven Tatbestands (UA S. 90 f.) hat die Strafkammer ausgeführt, der Angeklagte habe „in dem Wissen um die tatsächlichen Gegebenheiten“ gehandelt, erhabe die Umstände gekannt, die eine Zuordnung der Geldanlagen zu seinem Privatvermögen begründet hätten. Ihm sei bewusst gewesen, dass ihn keine Verpflichtung zur Rückführung der Gelder an die Treugeber und keine Pflicht zur Rechnungslegung getroffen habe. Somit habe er in Kenntnis der Umstände gehandelt, die zu einer „Deklarati- onspflicht“ in den Steuererklärungen geführt hätten. Der Angeklagte habe selbst angegeben, nach seiner Rückkehr nach Deutschland mit dem (damaligen) Präsidenten des Bundesamtes für Verfassungsschutz Anfang der 2000er Jahre darüber gesprochen zu haben, ob er die „angelegten Gelder“ dem Finanzamt mitteilen müsse. Das belege, dass ihm deren steuerliche Relevanz („unabhängig von der rechtlichen Frage, ob es eigenes oder Treuhandgeld gewesen sei“) bewusst gewesen sei. Damit habe er eine Steuerverkürzung billigend in Kauf genommen.
13
In der Beweiswürdigung legt die Strafkammer nach Würdigung der wechselnden Einlassungen des Angeklagten (UA S. 59 – 84) dar, diesem sei nicht zu widerlegen, nach dem Gespräch mit dem Präsidenten des Bundesamtes für Verfassungsschutz davon ausgegangen zu sein, gegenüber dem Finanzamt keine Verpflichtung zu haben, die angelegten Gelder anzugeben, und diese für „nicht von ihm zu versteuerndes Fremdgeld“ gehaltenzu haben (UA S. 82 f.). Die vom Angeklagten „seit über 30 Jahren praktizierte Strategie zur Verwaltung, Anlage und Verwendung der Gelder und Kapitalerträge“ sei „stets mehr oder weniger identisch“ gewesen. Die Strafkammer erachte es für nahe liegend, dass der Angeklagte die „(steuer-)rechtlichen Konsequenzen“ des im Laufe der Zeit vollzogenen Vermögensübergangs „nicht in zutreffender Form“ gewürdigt und daher die Angaben gegenüber dem Finanzamt „willentlich und wissentlich“ unterlassen habe, aber „ohne das Bewusstsein, dabei Unrecht zu tun“. Dem stehe nicht entgegen, dass er davon ausgegangen sei, die Gelder nicht mehr an die Treugeber zurückzahlen zu müssen. Dieser Umstand widerspräche zwar einem Treuhandcharakter, jedoch könne nicht ausgeschlossen werden, dass der Angeklagte als „juristischer Laie“ „diesen Rückschluss mit den sich daraus ergebenden steuerrechtlichen Konsequenzen nicht gezogen“ habe. Allerdings sei der Irrtum vermeidbar gewesen, da sich der Angeklagte „entspre- chend fachkundig hätte beraten lassen können“ (UA S. 83 f.).
14
Bei der Prüfung schuldhaften Handelns des Angeklagten (UA S. 91 f.) hat die Strafkammer dargelegt, es sei „ohne Bedeutung, dass dem Angeklagten nach seiner nicht zu widerlegenden Einlassung“ nicht bewusst gewesen sei, dass die „angelegten Gelder“ zwischenzeitlich auf ihn übergegangen waren und er die Kapitalerträge zu versteuern hatte. Soweit er diesbezüglich einem Irrtum unterlegen sei, beziehe sich dieser allein auf die rechtliche Bewertung der ihm bekannten Tatsachen und sei daher ein Verbotsirrtum (§ 17 StGB). Die Strafkammer könne nicht ausschließen, dass der Angeklagte keine Einsicht gehabt habe, bei der Erklärung der Steuern ein strafrechtlich relevantes Unrecht zu begehen. Die Gelder seien möglicherweise ursprünglich Treuhandgelder gewe- sen. Zugunsten des Angeklagten sei davon auszugehen, dass er „die notwen- digen rechtlichen Schlussfolgerungen, dass es sich im maßgeblichen Tatzeitraum um eigene von ihm zu versteuernde Gelder handelte, nicht gezogen und daher ohne Unrechtsbewusstsein im Sinne des § 17 StGB gehandelt“ habe. Dieser Irrtum sei vermeidbar (§ 17 Satz 2 StGB) gewesen, denn der Angeklagte hätte sich die notwendige Unrechtseinsicht ohne weiteres verschaffen können. Ihm sei ausweislich seiner Einlassung infolge des Gespräches mit dem Präsidenten des Bundesamtes für Verfassungsschutz bewusst gewesen, dass die Gelder für die Finanzbehörden von Relevanz gewesen seien. Er habe sich nicht auf dessen Auskunft als einem in Steuerfragen rechtlichen Laien verlassen dürfen , sondern hätte sich über die Richtigkeit der Auskunft bei seinen Steuerberatern rückversichern müssen.
II. Revision des Angeklagten
15
Die Revision des Angeklagten hat mit der Sachrüge Erfolg. Der Schuldspruch hat keinen Bestand.
16
Die vom Landgericht getroffenen Feststellungen sind hinsichtlich eines möglichen Tatbestandsirrtums in sich widersprüchlich. Obwohl die Strafkammer feststellt, dass der Angeklagte davon ausgegangen sei, hinsichtlich der Zinserträge selbst nicht steuerpflichtig zu sein, da er einen Treuhandcharakter der Gelder angenommen habe, nimmt sie einen bedingten Vorsatz der Steuerhinterziehung an. Damit schließt sie aber einen Tatbestandsirrtum gerade aus.
17
Der Senat hebt im Hinblick auf die Widersprüche die Feststellungen insgesamt auf, um dem neuen Tatrichter Gelegenheit zu neuer Prüfung zu geben und eine korrekte Berechnung der Einkommensteuer zu ermöglichen (siehe hierzu Hinweise unter IV.3.).
III. Revision der Staatsanwaltschaft
18
Die wirksam auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkte Revision der Staatsanwaltschaft hat mit der Sachrüge Erfolg. Der Strafausspruch hat keinen Bestand.
19
Die Strafkammer hat dem Angeklagten einen (vermeidbaren) Verbotsirrtum gemäß § 17 Satz 2 StGB zuerkannt. Dies begegnet schon deshalb durchgreifenden rechtlichen Bedenken, weil das Landgericht nicht rechtsfehlerfrei festgestellt hat, dass sich der Angeklagte überhaupt in einem rechtlich relevanten Irrtum befunden hatte. Dies entzieht der Strafrahmenverschiebung nach § 17 Satz 2, § 49 Abs. 1 StGB die Grundlage.
IV. Für die neue Hauptverhandlung weist der Senat auf Folgendes hin:
20
1. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs gehört zum Vorsatz der Steuerhinterziehung, dass der Täter den Steueranspruch dem Grunde und der Höhe nach kennt oder zumindest für möglich hält und ihn auch verkürzen will (BGH, Urteile vom 8. September 2011 – 1 StR 38/11, NStZ 2012, 160 Rn. 21 und vom 24. Januar 2018 – 1 StR 331/17, NStZ-RR 2018, 180, 182 mwN). Es genügt, dass der Täter die Verwirklichung der Merkmale des gesetzlichen Tatbestands für möglich hält und billigend in Kauf nimmt (Eventualvorsatz ). Der Hinterziehungsvorsatz setzt keine sichere Kenntnis des Steueranspruchs voraus (vgl. BGH, Urteil vom 8. September 2011 – 1 StR 38/11, NStZ 2012, 160 Rn. 21, 24). Für bedingten Vorsatz reicht es aus, dass der Täter anhand einer laienhaften Bewertung der Umstände erkennt, dass ein Steueran- spruch existiert, auf den er einwirkt, sog. „Parallelwertung in der Laiensphäre“ (vgl. auch BFH, Urteil vom 21. Februar 1992 – VI R 141/88, BStBl II 1992, 565, 568 mwN).
21
Nimmt der Steuerpflichtige irrtümlich an, ein Steueranspruch sei nicht entstanden, liegt ein Tatbestandsirrtum vor, der gemäß § 16 Abs. 1 Satz 1 StGB den Vorsatz ausschließt (BGH, Urteile vom 8. September2011 – 1 StR 38/11, NStZ 2012, 160 Rn. 22 und vom 24. Januar 2018 – 1 StR 331/17, NStZ-RR 2018, 180, 182 mwN). Hält er die Existenz eines Steueranspruchs für möglich und lässt er die Finanzbehörden über die Besteuerungsgrundlagen gleichwohl in Unkenntnis, findet er sich also mit der Möglichkeit der Steuerverkürzung ab, handelt er dagegen mit bedingtem Vorsatz (vgl. BGH, Urteil vom 8. September 2011 – 1 StR 38/11, NStZ 2012, 160 Rn. 26).
22
Insoweit ist das Vorstellungsbild des Täters entscheidend. Die Prüfung der Frage, ob ein Tatbestandsirrtum bestanden hat, bedarf einer Gesamtwürdigung aller Umstände, die für das Vorstellungsbild des Täters von Bedeutung waren. Die Annahme einer vorsätzlichen Tatbegehung setzt aber nicht die Feststellung voraus, dass sich der Steuerpflichtige konkrete Vorstellungen über die korrekte steuerrechtliche Einordnung des von ihm nicht oder unrichtig erklärten Sachverhaltes gemacht hat (vgl. BGH, Urteil vom 8. September 2011 – 1 StR 38/11, NStZ 2012, 160 Rn. 21, 25, 27).
23
2. Eine Treuhandvereinbarung ist dadurch gekennzeichnet, dass der Treugeber dem Treuhänder Vermögensrechte überträgt, ihn aber in der Ausübung der sich daraus ergebenden Rechtsmacht im Innenverhältnis nach Maßgabe der schuldrechtlichen Vereinbarung beschränkt. Der Treugeber kann alle mit der Beteiligung verbundenen wesentlichen Rechte ausüben und im Konflikt- fall effektiv durchsetzen. Der Treuhänder ist mit einer schuldrechtlichen Herausgabeverpflichtung belastet.
24
Ein (verdecktes) Treuhandverhältnis, wie es die Revisionsbegründung anspricht, führt nur dann zu einer von § 39 Abs. 1 AO abweichenden Zurechnung , wenn es eindeutig vereinbart und nachweisbar ist und konsequent durchgeführt wird. Es muss zweifelsfrei erkennbar sein, dass der Treuhänder in dieser Eigenschaft – und nicht für eigene Rechnung – tätig geworden ist und der Treugeber muss das Treuhandverhältnis tatsächlich beherrschen. Unverzichtbares Merkmal einer solchen Beherrschung ist eine Weisungsbefugnis des Treugebers und damit korrespondierend die Weisungsgebundenheit des Treuhänders in Bezug auf die Behandlung des Treuguts. Zudem muss der Treugeber berechtigt sein, jederzeit die Rückgabe des Treuguts zu verlangen (vgl. auch BFH, Urteil vom 6. August 2013 – VIII R 10/10, DB 2013, 2248 Rn. 12 mwN). Die mit der formellen Eigentümerstellung verbundene Verfügungsmacht im Innenverhältnis muss in tatsächlicher Hinsicht so eingeschränkt sein, dass das rechtliche Eigentum eine „leere Hülle“ bleibt (vgl. BGH, Beschluss vom 6. September 2012 – 1 StR 140/12, BGHSt 58, 1 Rn. 36 mwN; BFH, Urteil vom 20. Januar 1999 – l R 69/97, DStR 1999, 973, 975).
25
3. Bei der Veranlagung zur Einkommensteuer werden zum Zweck der Ermittlung des zu versteuernden Einkommens (§ 2 Abs. 5 EStG) die steuerlichen Nettoergebnisse der verschiedenen Einkunftsarten zur Summe der Einkünfte zusammengefasst. Aus der Summe der Einkünfte ergibt sich der Gesamtbetrag der Einkünfte (§ 2 Abs. 4 EStG). Zur Ermittlung der Summe der Einkünfte sind im Veranlagungsverfahren positive und negative Einkünfte zu saldieren (Verlustausgleich).
26
Zunächst erfolgt die Saldierung innerhalb der betreffenden Einkunftsart (horizontaler Verlustausgleich), danach werden die positiven und negativen Ergebnisse der verschiedenen Einkunftsarten zusammengefasst (vertikaler Verlustausgleich ). Eine Saldierung positiver oder negativer Einkünfte aus einer Einkunftsart mit positiven oder negativen Einkünften aus einer anderen Einkunftsart sieht das Einkommensteuergesetz nicht vor.
27
Die neue Strafkammer wird deshalb unter anderem das Folgende zu berücksichtigen haben:
28
a) Für die steuerliche Zuordnung der Einnahmen und der dem Angeklagten entstandenen Ausgaben ist von Bedeutung, ob die Bankguthaben des Angeklagten zu den Tatzeiten Teil seines Privatvermögens und die Wertpapierkäufe eine private Vermögensanlage waren (bzw. geworden waren), die Zinserträge damit Einkünfte aus Kapitalvermögen sind, oder ob der Vermögensstock in Gestalt der streitigen Wertpapiere bzw. der Wertpapierdepots zu seinem Betriebsvermögen gehörte und die An- und Verkäufe weiterer Wertpapieranlagen betrieblich veranlasst waren, somit die Zinserträge sowie dann auch die Gewinne aus der Veräußerung von Wertpapieren bzw. Wertpapierdepots als Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit, wenn nicht gar aus Gewerbebetrieb (vgl. Finanzgericht Rheinland-Pfalz, EFG 1996, 712 f.; vgl. auch Schmidt/Wacker, EStG, 37. Aufl., § 15 Rn. 150 „Detektiv“ mwN), mithin als steuerbare Vorgänge, zu qualifizieren sind.
29
aa) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs können Wirtschaftsgüter , die weder notwendiges Betriebsvermögen noch notwendiges Privatvermögen darstellen, als gewillkürtes Betriebsvermögen berücksichtigt werden.
30
Notwendiges Betriebsvermögen ist anzunehmen, wenn Wirtschaftsgüter objektiv erkennbar zum unmittelbaren Einsatz im Betrieb bestimmt sind (z.B. BFH, Urteil vom 8. Februar 1985 – III R 169/82, BFH/NV 1985, 80, 81 f. mwN); sie sind ohne Einlagehandlung (Widmungsakt) dem Betriebsvermögen zuzuordnen.
31
Dem gewillkürten Betriebsvermögen können Wirtschaftsgüter nur zugerechnet werden, wenn sie zum Zeitpunkt der Vornahme des Rechtsgeschäfts objektiv dazu geeignet und subjektiv dazu bestimmt sind, den Betrieb zu fördern (z.B. durch Stärkung des Kapitals, vgl. BFH, Urteile vom 17. Mai 2011 – VIII R 1/08, DB 2011, 2121, 2122 und vom 23. April 2009 – IV R 87/05, BFH/NV 2009, 1650, 1651 mwN) und der Betriebsinhaber seinen diesbezüglichen Willen durch einen unmissverständlich, zeitnah und unumkehrbar dokumentierten Widmungsakt nach außen klar erkennbar zum Ausdruck gebracht hat (vgl. BFH, Urteile vom 2. Oktober 2003 – IV R 13/03, DB 2003, 2681, 2683 und vom 8. Februar 2011 – VIII R 18/09, NZG 2011, 1439 Rn. 30 ff.).
32
Das neue Tatgericht wird somit zu prüfen haben, ob für die Zuordnung des Vermögensstocks in Gestalt des Bankguthabens bzw. der streitigen Wertpapiere (Wertpapierdepots) zum gewillkürten Betriebsvermögen des Angeklagten dieser nach außen erkennbare Widmungsakt, beispielsweise durch Aufnahme in ein betriebliches Bestands- bzw. Anlageverzeichnis (vgl. BFH, Urteil vom 21. August 2012 – VIII R 11/11, DB 2012, 2778 Rn. 19 mwN), vorhanden war. Dabei würden die Umstände, dass ein Steuerpflichtiger bei dem Abschluss von Wertpapiergeschäften nicht durch entsprechende Aufzeichnungen unmissverständlich seinen Willen bekundet, die Geschäfte seiner betrieblichen Sphäre zuzuordnen, und die Zinserträge daraus auch nicht im Rahmen seiner Einkommensteuererklärung bei den Einkünften aus selbständiger Tätigkeit angibt, eine private Veranlassung belegen. Wer erst nach Ablauf des Veranlagungszeitraums (z.B. im Einspruchsverfahren gegen den angefochtenen Einkommensteuerbescheid ) geltend macht, er habe Wertpapiere dem gewillkürten Betriebsvermögen zugerechnet, versucht in diesem Zeitpunkt und damit nicht mehr zeitnah die erforderliche Dokumentation des Widmungsakts zu schaffen (BFH, Urteil vom 8. Februar 2011 – VIII R 18/09, NZG 2011, 1439 Rn. 33 f. mwN). Umso mehr gilt dies, wenn eine solche Behauptung erst im Rahmen eines Ermittlungs- oder Strafverfahrens erfolgt.
33
bb) Sollte das Tatgericht zu dem Ergebnis gelangen, dass das dem Angeklagten 1985 überlassene Kapital unter Berücksichtigung des Vertragszwecks des zu den Bankunterlagen gereichten Treuhandvertrags ursprünglich (gewillkürtes) Betriebsvermögen war, wird es eine Entwidmung durch Folgerechtsgeschäfte zu prüfen haben.
34
Als Widmungs- oder Entwidmungsakte kommen z.B. zu den Bank- oder Depotunterlagen gereichte Erklärungen, Verträge bzw. Zweckbestimmungen in Rechtsgeschäften (Errichtung von Stiftungen, Änderungen in deren Regularien, angegebener Vertragszweck beim Abschluss von Lebensversicherungen u.a.) in Betracht. Im vorliegenden Verfahren könnte eine Entwidmung insbesondere durch den Umstand erfolgt sein, dass der Angeklagte spätestens mit Gründung der Miku Bay Stiftung nicht nur sich selbst, sondern auch seine jeweilige Ehefrau als Begünstigte der jeweiligen Stiftung eingesetzt und zugleich diverse Regelungen über den Genuss des Stiftungsvermögens für den Todesfall nebst mehrstufigen „Erbersatzregelungen“, monatliche Rentenzahlungen an Verwandte und die Errichtung eines „Museums für die Kunst und Vergangenheit des Vorbesitzers M“ vorgesehen hat.
35
In diesem Zusammenhang wird auch in den Blick zu nehmen sein, dass Geldgeschäfte, die ihrer Art nach zu Einkünften i.S.d. § 20 EStG führen, grundsätzlich getrennt von der freiberuflichen Tätigkeit zu beurteilen sind (BFH, Urteil vom 17. Mai 2011 – VIII R 1/08, NJW 2011, 3742 Rn. 31 mwN), insbesondere wenn es dem Steuerpflichtigen im Wesentlichen auf den Ertrag aus der Kapitalanlage ankommt (vgl. BFH, Urteile vom 12. Januar 2010 – VIII R 34/07, DStR 2010, 920 Rn. 15 ff. und vom 8. Februar 2011 – VIII R 18/09, NZG 2011, 1439 Rn. 28). Den Einkünften aus selbständiger Arbeit sind Geldgeschäfte nur zuzurechnen , wenn sie als Hilfsgeschäft zur freiberuflichen Tätigkeit angesehen werden können, zum Beispiel in Form eines mit der Bank verbindlich vereinbarten Finanzierungskonzepts für den Betrieb (vgl. BFH, Urteil vom 17. Mai 2011 – VIII R 1/08, DStR 2011, 1802 Rn. 31; für weitere Beispiele vgl. BFH, Urteil vom 12. Januar 2010 – VIII R 34/07, DStR 2010, 920 Rn. 15 ff.). Hochverzinsliche Anlagegeschäfte, wie sie der Angeklagte vorgenommen hat, werden nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs ohnehin vorwiegend im privaten Bereich getätigt und sind nur im Einzelfall betrieblich veranlasst (vgl. BFH, Urteil vom 23. April 2009 – IV R 87/05, BFH/NV 2009, 1650, 1651 mwN).
36
b) Betriebsausgaben i.S.d. § 4 Abs. 4 EStG können nur bei Gewinneinkünften als Abzugsposten berücksichtigt werden. Sie stehen im Gegensatz zu den Werbungskosten, die die Überschusseinkünfte mindern (§ 2 Abs. 2 Nr. 2 EStG). Von den Kapitalerträgen, hätte er sie erklärt, hätte der Angeklagte deshalb keine Betriebsausgaben aus seiner selbständigen Tätigkeit absetzen können. Soweit er aus Erträgen der angelegten Gelder berufliche Ausgaben getätigt hat, wie er in der Hauptverhandlung behauptet hat, hätten diese daher allenfalls (im Wege der Geldeinlage) als Betriebsausgaben bei seinen Einkünften aus selbständiger Arbeit abgezogen werden können, sodass entsprechende Abzüge in diesem Zusammenhang zu berücksichtigen sein könnten.
37
Da der Angeklagte in seinen Steuererklärungen Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit erklärt hat, wird das neue Tatgericht daher prüfen müssen, ob und in welcher Höhe der Angeklagte in den Tatzeiträumen überhaupt nachweislich beruflichen Aufwand hatte, in welcher Höhe er diesen in seinen Steuererklärungen geltend gemacht hat und dieser vom Finanzamt bereits steuermindernd berücksichtigt worden ist.
38
Nach § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO wäre ein Steuerbescheid aufzuheben oder zu ändern, soweit Tatsachen oder Beweismittel nachträglich bekannt werden, die zu einer niedrigeren Steuer führen und den Steuerpflichtigen kein grobes Verschulden daran trifft, dass die Tatsachen oder Beweismittel erst nachträglich bekannt werden.
39
4. Des Weiteren bemerkt der Senat, dass die Berücksichtigung der „Lebensleistung“ des Angeklagten als strafmildernde Erwägung rechtlichen Be- denken begegnet.
40
Der Begriff „Lebensleistung“ ist eine ausfüllungsbedürftige „Leerformel“ und wird sich schwer definieren lassen (ohne Definition BGH, Urteil vom 2. Dezember 2008 – 1 StR 416/08, BGHSt 53, 71 Rn. 45). Nach § 46 Abs. 1 Satz 1 StGB ist vorrangig die Schuld des Täters die Grundlage für die Strafe und nicht dessen Lebensführung oder Lebensleistung. Die beruflichen Erfolge des Ange- klagten und der damit verbundene Vermögenszuwachs ließen etwa vom Angeklagten begangene Steuerhinterziehungen von mehreren Millionen Euro jedenfalls nicht ohne weiteres in einem günstigeren Licht erscheinen.
Raum Bellay Fischer
Hohoff Pernice

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BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 1 StR 140/12 vom 6. September 2012 BGHSt: ja BGHR: ja Nachschlagewerk: ja Veröffentlichung: ja AO § 370 Abs. 1, § 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2, § 41 Abs. 1 Satz 1 Zur Zurechnung erworbener Geschäftsanteile bei formunwirksamer

Bundesgerichtshof Urteil, 02. Dez. 2008 - 1 StR 416/08

bei uns veröffentlicht am 02.12.2008

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Bundesgerichtshof Urteil, 24. Jan. 2018 - 1 StR 331/17

bei uns veröffentlicht am 24.01.2018

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL 1 StR 331/17 vom 24. Januar 2018 in der Strafsache gegen wegen Steuerhinterziehung u.a. ECLI:DE:BGH:2018:240118U1STR331.17.0 Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 24. Janua

Bundesfinanzhof Urteil, 06. Aug. 2013 - VIII R 10/10

bei uns veröffentlicht am 06.08.2013

Tatbestand 1 I. Der im Jahr 1993 geborene Kläger und Revisionskläger (Kläger) war im Streitjahr 1998 fünf Jahre alt. Seine Eltern gründeten mit seiner Großmutter die S-G

Bundesfinanzhof Urteil, 21. Aug. 2012 - VIII R 11/11

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Bundesfinanzhof Urteil, 17. Mai 2011 - VIII R 1/08

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Bundesfinanzhof Urteil, 08. Feb. 2011 - VIII R 18/09

bei uns veröffentlicht am 08.02.2011

Tatbestand 1 I. Die Beteiligten streiten über die gewinnmindernde Berücksichtigung von Verlusten aus Wertpapiergeschäften im Rahmen einer selbständig ausgeübten Tätigkei

Referenzen

Fehlt dem Täter bei Begehung der Tat die Einsicht, Unrecht zu tun, so handelt er ohne Schuld, wenn er diesen Irrtum nicht vermeiden konnte. Konnte der Täter den Irrtum vermeiden, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.

(1) Ist eine Milderung nach dieser Vorschrift vorgeschrieben oder zugelassen, so gilt für die Milderung folgendes:

1.
An die Stelle von lebenslanger Freiheitsstrafe tritt Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren.
2.
Bei zeitiger Freiheitsstrafe darf höchstens auf drei Viertel des angedrohten Höchstmaßes erkannt werden. Bei Geldstrafe gilt dasselbe für die Höchstzahl der Tagessätze.
3.
Das erhöhte Mindestmaß einer Freiheitsstrafe ermäßigt sichim Falle eines Mindestmaßes von zehn oder fünf Jahren auf zwei Jahre,im Falle eines Mindestmaßes von drei oder zwei Jahren auf sechs Monate,im Falle eines Mindestmaßes von einem Jahr auf drei Monate,im übrigen auf das gesetzliche Mindestmaß.

(2) Darf das Gericht nach einem Gesetz, das auf diese Vorschrift verweist, die Strafe nach seinem Ermessen mildern, so kann es bis zum gesetzlichen Mindestmaß der angedrohten Strafe herabgehen oder statt auf Freiheitsstrafe auf Geldstrafe erkennen.

21
1. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs gehört zum Vorsatz der Steuerhinterziehung, dass der Täter den Steueranspruch dem Grunde und der Höhe nach kennt oder zumindest für möglich hält und ihn auch verkürzen will (vgl. BGH, Urteil vom 13. November 1953 - 5 StR 342/53, BGHSt 5, 90, 91 f.; BGH, Urteil vom 5. März 1986 - 2 StR 666/85, wistra 1986, 174; BGH, Urteil vom 16. Dezember 2009 - 1 StR 491/09 Rn. 37, HFR 2010, 866; BGHR AO § 370 Abs. 1 Vorsatz 2, 4, 5). Für eine Strafbarkeit wegen Steuerhinterziehung bedarf es dabei keiner Absicht oder eines direkten Hinterziehungsvorsatzes ; es genügt, dass der Täter die Verwirklichung der Merkmale des gesetzlichen Tatbestands für möglich hält und billigend in Kauf nimmt (Eventualvorsatz ). Der Hinterziehungsvorsatz setzt deshalb weder dem Grunde noch der Höhe nach eine sichere Kenntnis des Steueranspruchs voraus (vgl. BGH, Urteil vom 16. Dezember 2009 - 1 StR 491/09 Rn. 37, HFR 2010, 866; zu strenge Anforderungen OLG München, Beschluss vom 15. Februar 2011 - 4 St RR 167/10 mit Anm. Roth, StRR 2011, 235).

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
1 StR 331/17
vom
24. Januar 2018
in der Strafsache
gegen
wegen Steuerhinterziehung u.a.
ECLI:DE:BGH:2018:240118U1STR331.17.0

Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 24. Januar 2018, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof Dr. Raum,
der Richter am Bundesgerichtshof Prof. Dr. Radtke, die Richterin am Bundesgerichtshof Dr. Fischer, der Richter am Bundesgerichtshof Dr. Bär und die Richterin am Bundesgerichtshof Dr. Hohoff,
Oberstaatsanwalt beim Bundesgerichtshof – in der Verhandlung –, Bundesanwalt beim Bundesgerichtshof – bei der Verkündung – als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt als Verteidiger,
Justizangestellte – in der Verhandlung –, Justizobersekretärin – bei der Verkündung – als Urkundsbeamtinnen der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Wiesbaden vom 8. Februar 2017 mit den Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten vom Vorwurf des Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt sowie der Steuerhinterziehung jeweils in 32 Fällen aus tatsächlichen Gründen freigesprochen. Hiergegen wendet sich die vom Generalbundesanwalt vertretene Revision der Staatsanwaltschaft mit Verfahrensbeanstandungen und der Rüge der Verletzung materiellen Rechts. Das Rechtsmittel hat mit der Sachbeschwerde Erfolg, so dass es einer Erörterung der erhobenen Verfahrensrügen nicht bedarf.

I.

2
1. Die zugelassene Anklage legt dem Angeklagten Folgendes zur Last:
3
Der Angeklagte habe die bei seiner Firma „R. “ beschäftigten polnischen Arbeitnehmer nicht bei der zuständigen Einzugsstelle, der B. , zur Sozialversicherung angemeldet und infolgedessen für die Beitragsmonate September 2004 und März 2005 bis September 2007 keine Sozialversicherungsbeiträge abgeführt. Dadurch seien Arbeitnehmerbeiträge zur Sozialversicherung in Höhe von insgesamt 122.757,86 € vorenthalten worden. Außerdem habe der Angeklagte für seine Firma für September 2004 sowie den Zeitraum März 2005 bis September 2007 keine Lohnsteueranmeldungen beim zuständigen Finanzamt Wiesbaden abgegeben. Insgesamt habe der Angeklagte dadurch Lohnsteuer in Höhe von 101.382,65 € hinterzogen.
4
2. Nach den Feststellungen des Landgerichts führte der Angeklagte, der polnischer Staatsangehöriger ist, seit ca. 15 bis 20 Jahren zumindest gelegentlich in Deutschland handwerkliche Tätigkeiten aus. Der Angeklagte ließ sich von Beginn an durch den Zeugen K. , der Steuerberater und Rechtsanwalt ist, in steuerlichen und rechtlichen Angelegenheiten beraten und vertreten. Der Zeuge K. meldete den Angeklagten unter anderem bei der Handwerkskammer an, fertigte die Gewerbeanmeldung sowie die Steuererklärungen für den Angeklagten und überließ diesem zur Erledigung administrativer Aufgaben und zur Lagerung von Werkzeug und Baumaterialien unentgeltlich einen Kellerraum in seiner Immobilie straße 4 in W. . Auch als Sitz des Gewerbes des Angeklagten wurde diese Adresse angegeben. Ebenso verfuhr der Zeuge K. in der Folgezeit mit anderen polnischen Staatsangehörigen , die mit dem Angeklagten verwandt oder bekannt waren, ebenfalls eine gewerbliche Tätigkeit als Handwerker in Deutschland aufnehmen wollten und von dem Angeklagten an den Zeugen K. vermittelt worden waren. Auf einem Klingelschild zu der Immobilie straße 4 in W. befanden sich in den Jahren 2005 und 2006 der Name des Angeklagten sowie daneben ein Zettel mit insgesamt 15 weiteren polnisch klingenden Namen. Für den Angeklagten und sämtliche weiteren polnischen Staatsangehörigen entwarf der Zeuge K. Vorlagen für die Erstellung von Rechnungen an Auftraggeber mit Angaben zur Art der durchgeführten Arbeiten, Ausführungsdatum sowie Steuernummer. Bei einer am 2. Februar 2006 durchgeführten Kontrolle einer Baustelle in der -Straße in W. wurden neun polnische Staatsangehörige angetroffen; auf der Baustelle führten der Angeklagte sowie die polnischen Staatsangehörigen verschiedene Abriss-, Rohbau-, Maurer - und Putzarbeiten durch. Für die ausgeführten Arbeiten wurden mit der vom Zeugen K. erstellten Vorlage Rechnungen gefertigt, mit denenLeistungen einzelner polnischer Staatsangehöriger auf Stundenbasis abgerechnet wurden; teilweise enthielten diese Rechnungen die Bankverbindung des Angeklagten.
5
3. Zur Begründung des Freispruchs hat das Landgericht darauf abgestellt , dass nicht auszuschließen sei, dass der Angeklagte, der sich nicht zur Sache eingelassen hat, im Hinblick auf seine – mögliche – Stellung als Arbeitgeber ohne Unrechtseinsicht gehandelt habe. Aufgrund der Hauptverhandlung könne die Kammer zugunsten des Angeklagten jedenfalls nicht ausschließen, dass der Zeuge K. ihm in seiner Funktion als Steuerberater und Rechtsanwalt in Kenntnis der maßgeblichen tatsächlichen Umstände im Rahmen der erfolgten Beratung den Eindruck vermittelt habe, alle in Deutschland notwendigen rechtlichen Schritte zur Aufnahme einer – legalen – selbständigen Tätigkeit des Angeklagten und der übrigen polnischen Staatsangehörigen seien erfüllt gewesen, mit der Folge, dass der Angeklagte als Ausländer aufgrund der ihm so erteilten Beratung von der Rechtmäßigkeit seines Handelns überzeugt gewesen sei. Der zu Gunsten des Angeklagten nicht ausschließbare Verbotsirrtum hinsichtlich seiner Arbeitgeberstellung sei für den Angeklagten auch unvermeidbar gewesen.

II.

6
Der Freispruch hat keinen Bestand. Die Beweiswürdigung des Landgerichts ist lückenhaft.
7
1. Das Revisionsgericht muss es grundsätzlich hinnehmen, wenn das Tatgericht einen Angeklagten freispricht, weil es Zweifel an seiner Täterschaft nicht zu überwinden vermag. Die Beweiswürdigung ist Sache des Tatrichters (§ 261 StPO), dem es obliegt, das Ergebnis der Hauptverhandlung festzustellen und zu würdigen. Seine Schlussfolgerungen brauchen nicht zwingend zu sein, es genügt, dass sie möglich sind (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteile vom 10. Mai 2017 – 2 StR 258/16 , juris Rn. 17 und vom 12. Februar 2015 – 4 StR 420/14, NStZ-RR 2015, 148 mwN). Die revisionsgerichtliche Prüfung beschränkt sich allein darauf, ob dem Tatrichter Rechtsfehler unterlaufen sind. Dies ist in sachlich -rechtlicher Hinsicht der Fall, wenn die Beweiswürdigung widersprüchlich, unklar oder lückenhaft ist oder gegen Denkgesetze oder gesicherte Erfahrungssätze verstößt (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteile vom 1. Februar 2017 – 2 StR 78/16, NStZ-RR 2017, 183, 184; vom 13. Juli 2016 – 1 StR 94/16, juris Rn. 9 und vom 14. September 2017 – 4 StR 45/17, juris Rn. 7).
8
2. Gemessen daran begegnet die Beweiswürdigung des Landgerichts durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Das Landgericht hat nicht tragfähig beweiswürdigend belegt, dass der Angeklagte hinsichtlich seiner – möglichen – Stellung als Arbeitgeber ohne Unrechtseinsicht gehandelt hat.
9
Allein der Umstand, dass der Zeuge K. als Steuerberater und Rechtsanwalt den Angeklagten beraten und sich in der Hauptverhandlung von der Rechtmäßigkeit der Aufnahme einer selbstständigen Tätigkeit durch den Angeklagten und die übrigen polnischen Staatsangehörigen in Deutschland überzeugt gezeigt hat, vermag ein fehlendes Unrechtsbewusstsein des Ange- klagten bezogen auf seine Arbeitgebereigenschaft nicht zu begründen. Es fehlt bereits an einer Darstellung, was der Zeuge K. dem Angeklagten im Einzelnen mitgeteilt hat. Ebenso verhält sich das angefochtene Urteil nicht dazu, welches Vorstellungsbild der Angeklagte im Hinblick auf die rechtliche Einordnung der Beschäftigung seiner polnischen Landsleute hatte. Damit fehlt dem Revisionsgericht die Möglichkeit zu überprüfen, ob die Voraussetzungen eines Verbotsirrtums im Sinne des § 17 StGB im vorliegenden Fall überhaupt vorgelegen haben.
10
Das Landgericht hat zudem wesentliche Feststellungen, die für eine Arbeitgebereigenschaft sprechen und aus denen sich Rückschlüsse auf das Vorstellungsbild des Angeklagten ergeben könnten, nicht in die Beweiswürdigung eingestellt (vgl. zu den Kriterien für die Feststellung der Arbeitgebereigenschaft in § 266a StGB etwa BGH, Urteil vom 2. Dezember 2008 – 1 StR 416/08, BGHSt 53, 71, 77 Rn. 14; Beschlüsse vom 7. Oktober 2009 – 1 StR 478/09, NStZ 2010, 337 und vom 27. September 2011 – 1 StR 399/11, NStZ-RR 2012, 13). So wird der Inhalt des von dem Angeklagten geführten Stundenbuchs und der bei ihm aufgefundenen Rechnungen in die Beweiswürdigung nicht einbezogen (UA S. 8). Nicht erörtert wird überdies, dass alle polnischen Staatsangehörigen unter der gleichen Adresse ihr Gewerbe angemeldet hatten, die mit derjenigen des Angeklagten identisch war (UA S. 4, 7), die deutsche Sprache kaum oder gar nicht sprachen (UA S. 5) und auch nicht über eine eigene Kontoverbindung verfügten, vielmehr die Kontoverbindung des Angeklagten in den Rechnungen an die Auftraggeber genannt war (UA S. 6).
11
3. Die Sache bedarf daher einer neuen tatrichterlichen Verhandlung und Entscheidung. Für die neue Hauptverhandlung weist der Senat im Hinblick auf die subjektive Tatseite auf Folgendes hin:
12
In der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs werden die Anforderungen an den Inhalt des Vorsatzes in Bezug auf das normative Tatbestandsmerkmal der Stellung als Arbeitgeber in § 266a StGB und in § 41a EStG in Verbindung mit dem Straftatbestand aus § 370 Abs. 1 Nr. 1 und 2 AO unterschiedlich bestimmt.
13
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs wird bezogen auf die subjektive Tatseite in § 266a StGB wie folgt differenziert: Der Vorsatz muss sich auf die Eigenschaft als Arbeitgeber und Arbeitnehmer – dabei allerdings nur auf die statusbegründenden tatsächlichen Voraussetzungen, nicht auf die rechtliche Einordnung als solche und die eigene Verpflichtung zur Beitragsabführung – und alle darüber hinausreichenden, die sozialversicherungsrechtlichen Pflichten begründenden tatsächlichen Umstände erstrecken. Liegt diese Kenntnis der tatsächlichen Verhältnisse vor, unterliegt der Täter, wenn er glaubt, nicht Arbeitgeber zu sein oder für die Abführung der Beiträge Sorge tragen zu müssen, keinem vorsatzausschließenden Tatbestandsirrtum, sondern (allenfalls) einem – in der Regel vermeidbaren – Verbotsirrtum (BGH, Beschlüsse vom 7. Oktober 2009 – 1 StR 478/09, NStZ 2010, 337 f. und vom 4. September 2013 – 1 StR 94/13, wistra 2014, 23, 25 Rn. 16 jeweils mwN; Urteil vom 15. Oktober 1996 – VI ZR 319/95, BGHZ 133, 370, 381).
14
Demgegenüber gehört nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zum Vorsatz der Steuerhinterziehung, dass der Täter den Steueranspruch dem Grunde und der Höhe nach kennt oder zumindest für möglich hält und ihn auch verkürzen will (vgl. BGH, Urteile vom 13. November 1953 – 5 StR 342/53, BGHSt 5, 90, 91 f. und vom 5. März 1986 – 2 StR 666/85, wistra 1986, 174; Beschlüsse vom 19. Mai 1989 – 3 StR 590/88, BGHR AO § 370 Abs. 1 Vorsatz 2; vom 24. Oktober 1990 – 3 StR 16/90, BGHR AO § 370 Abs. 1 Vorsatz 4 und vom 8. September 2011 – 1 StR 38/11, NStZ 2012, 160, 161 Rn. 21 f.). Nimmt der Steuerpflichtige irrtümlich an, ein Steueranspruch sei nicht entstanden, liegt nach der Rechtsprechung ein Tatbestandsirrtum vor, der gemäß § 16 Abs. 1 Satz 1 StGB den Vorsatz ausschließt (vgl. BGH, aaO). Danach ist ein Irrtum über die Arbeitgebereigenschaft in § 41a EStG und die daraus folgende Steuerpflicht, an die der Steueranspruch und der Straftatbestand des § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO anknüpfen, als Tatbestandsirrtum zu behandeln.
15
Da für die Differenzierung kein sachlicher Grund erkennbar ist und es sich jeweils um (normative) Tatbestandsmerkmale handelt, erwägt der Senat – insoweit entgegen den Überlegungen in dem Beschluss des Senats vom 8. September 2011 – 1 StR 38/11, NStZ 2012, 160, 161 Rn. 23 ff. –, zukünftig auch die Fehlvorstellung über die Arbeitgebereigenschaft in § 266a StGB und die daraus folgende Abführungspflicht insgesamt als (vorsatzausschließenden) Tatbestandsirrtum zu behandeln.
Raum Radtke Fischer
Bär Hohoff
21
1. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs gehört zum Vorsatz der Steuerhinterziehung, dass der Täter den Steueranspruch dem Grunde und der Höhe nach kennt oder zumindest für möglich hält und ihn auch verkürzen will (vgl. BGH, Urteil vom 13. November 1953 - 5 StR 342/53, BGHSt 5, 90, 91 f.; BGH, Urteil vom 5. März 1986 - 2 StR 666/85, wistra 1986, 174; BGH, Urteil vom 16. Dezember 2009 - 1 StR 491/09 Rn. 37, HFR 2010, 866; BGHR AO § 370 Abs. 1 Vorsatz 2, 4, 5). Für eine Strafbarkeit wegen Steuerhinterziehung bedarf es dabei keiner Absicht oder eines direkten Hinterziehungsvorsatzes ; es genügt, dass der Täter die Verwirklichung der Merkmale des gesetzlichen Tatbestands für möglich hält und billigend in Kauf nimmt (Eventualvorsatz ). Der Hinterziehungsvorsatz setzt deshalb weder dem Grunde noch der Höhe nach eine sichere Kenntnis des Steueranspruchs voraus (vgl. BGH, Urteil vom 16. Dezember 2009 - 1 StR 491/09 Rn. 37, HFR 2010, 866; zu strenge Anforderungen OLG München, Beschluss vom 15. Februar 2011 - 4 St RR 167/10 mit Anm. Roth, StRR 2011, 235).

(1) Wer bei Begehung der Tat einen Umstand nicht kennt, der zum gesetzlichen Tatbestand gehört, handelt nicht vorsätzlich. Die Strafbarkeit wegen fahrlässiger Begehung bleibt unberührt.

(2) Wer bei Begehung der Tat irrig Umstände annimmt, welche den Tatbestand eines milderen Gesetzes verwirklichen würden, kann wegen vorsätzlicher Begehung nur nach dem milderen Gesetz bestraft werden.

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1. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs gehört zum Vorsatz der Steuerhinterziehung, dass der Täter den Steueranspruch dem Grunde und der Höhe nach kennt oder zumindest für möglich hält und ihn auch verkürzen will (vgl. BGH, Urteil vom 13. November 1953 - 5 StR 342/53, BGHSt 5, 90, 91 f.; BGH, Urteil vom 5. März 1986 - 2 StR 666/85, wistra 1986, 174; BGH, Urteil vom 16. Dezember 2009 - 1 StR 491/09 Rn. 37, HFR 2010, 866; BGHR AO § 370 Abs. 1 Vorsatz 2, 4, 5). Für eine Strafbarkeit wegen Steuerhinterziehung bedarf es dabei keiner Absicht oder eines direkten Hinterziehungsvorsatzes ; es genügt, dass der Täter die Verwirklichung der Merkmale des gesetzlichen Tatbestands für möglich hält und billigend in Kauf nimmt (Eventualvorsatz ). Der Hinterziehungsvorsatz setzt deshalb weder dem Grunde noch der Höhe nach eine sichere Kenntnis des Steueranspruchs voraus (vgl. BGH, Urteil vom 16. Dezember 2009 - 1 StR 491/09 Rn. 37, HFR 2010, 866; zu strenge Anforderungen OLG München, Beschluss vom 15. Februar 2011 - 4 St RR 167/10 mit Anm. Roth, StRR 2011, 235).

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
1 StR 331/17
vom
24. Januar 2018
in der Strafsache
gegen
wegen Steuerhinterziehung u.a.
ECLI:DE:BGH:2018:240118U1STR331.17.0

Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 24. Januar 2018, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof Dr. Raum,
der Richter am Bundesgerichtshof Prof. Dr. Radtke, die Richterin am Bundesgerichtshof Dr. Fischer, der Richter am Bundesgerichtshof Dr. Bär und die Richterin am Bundesgerichtshof Dr. Hohoff,
Oberstaatsanwalt beim Bundesgerichtshof – in der Verhandlung –, Bundesanwalt beim Bundesgerichtshof – bei der Verkündung – als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt als Verteidiger,
Justizangestellte – in der Verhandlung –, Justizobersekretärin – bei der Verkündung – als Urkundsbeamtinnen der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Wiesbaden vom 8. Februar 2017 mit den Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten vom Vorwurf des Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt sowie der Steuerhinterziehung jeweils in 32 Fällen aus tatsächlichen Gründen freigesprochen. Hiergegen wendet sich die vom Generalbundesanwalt vertretene Revision der Staatsanwaltschaft mit Verfahrensbeanstandungen und der Rüge der Verletzung materiellen Rechts. Das Rechtsmittel hat mit der Sachbeschwerde Erfolg, so dass es einer Erörterung der erhobenen Verfahrensrügen nicht bedarf.

I.

2
1. Die zugelassene Anklage legt dem Angeklagten Folgendes zur Last:
3
Der Angeklagte habe die bei seiner Firma „R. “ beschäftigten polnischen Arbeitnehmer nicht bei der zuständigen Einzugsstelle, der B. , zur Sozialversicherung angemeldet und infolgedessen für die Beitragsmonate September 2004 und März 2005 bis September 2007 keine Sozialversicherungsbeiträge abgeführt. Dadurch seien Arbeitnehmerbeiträge zur Sozialversicherung in Höhe von insgesamt 122.757,86 € vorenthalten worden. Außerdem habe der Angeklagte für seine Firma für September 2004 sowie den Zeitraum März 2005 bis September 2007 keine Lohnsteueranmeldungen beim zuständigen Finanzamt Wiesbaden abgegeben. Insgesamt habe der Angeklagte dadurch Lohnsteuer in Höhe von 101.382,65 € hinterzogen.
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2. Nach den Feststellungen des Landgerichts führte der Angeklagte, der polnischer Staatsangehöriger ist, seit ca. 15 bis 20 Jahren zumindest gelegentlich in Deutschland handwerkliche Tätigkeiten aus. Der Angeklagte ließ sich von Beginn an durch den Zeugen K. , der Steuerberater und Rechtsanwalt ist, in steuerlichen und rechtlichen Angelegenheiten beraten und vertreten. Der Zeuge K. meldete den Angeklagten unter anderem bei der Handwerkskammer an, fertigte die Gewerbeanmeldung sowie die Steuererklärungen für den Angeklagten und überließ diesem zur Erledigung administrativer Aufgaben und zur Lagerung von Werkzeug und Baumaterialien unentgeltlich einen Kellerraum in seiner Immobilie straße 4 in W. . Auch als Sitz des Gewerbes des Angeklagten wurde diese Adresse angegeben. Ebenso verfuhr der Zeuge K. in der Folgezeit mit anderen polnischen Staatsangehörigen , die mit dem Angeklagten verwandt oder bekannt waren, ebenfalls eine gewerbliche Tätigkeit als Handwerker in Deutschland aufnehmen wollten und von dem Angeklagten an den Zeugen K. vermittelt worden waren. Auf einem Klingelschild zu der Immobilie straße 4 in W. befanden sich in den Jahren 2005 und 2006 der Name des Angeklagten sowie daneben ein Zettel mit insgesamt 15 weiteren polnisch klingenden Namen. Für den Angeklagten und sämtliche weiteren polnischen Staatsangehörigen entwarf der Zeuge K. Vorlagen für die Erstellung von Rechnungen an Auftraggeber mit Angaben zur Art der durchgeführten Arbeiten, Ausführungsdatum sowie Steuernummer. Bei einer am 2. Februar 2006 durchgeführten Kontrolle einer Baustelle in der -Straße in W. wurden neun polnische Staatsangehörige angetroffen; auf der Baustelle führten der Angeklagte sowie die polnischen Staatsangehörigen verschiedene Abriss-, Rohbau-, Maurer - und Putzarbeiten durch. Für die ausgeführten Arbeiten wurden mit der vom Zeugen K. erstellten Vorlage Rechnungen gefertigt, mit denenLeistungen einzelner polnischer Staatsangehöriger auf Stundenbasis abgerechnet wurden; teilweise enthielten diese Rechnungen die Bankverbindung des Angeklagten.
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3. Zur Begründung des Freispruchs hat das Landgericht darauf abgestellt , dass nicht auszuschließen sei, dass der Angeklagte, der sich nicht zur Sache eingelassen hat, im Hinblick auf seine – mögliche – Stellung als Arbeitgeber ohne Unrechtseinsicht gehandelt habe. Aufgrund der Hauptverhandlung könne die Kammer zugunsten des Angeklagten jedenfalls nicht ausschließen, dass der Zeuge K. ihm in seiner Funktion als Steuerberater und Rechtsanwalt in Kenntnis der maßgeblichen tatsächlichen Umstände im Rahmen der erfolgten Beratung den Eindruck vermittelt habe, alle in Deutschland notwendigen rechtlichen Schritte zur Aufnahme einer – legalen – selbständigen Tätigkeit des Angeklagten und der übrigen polnischen Staatsangehörigen seien erfüllt gewesen, mit der Folge, dass der Angeklagte als Ausländer aufgrund der ihm so erteilten Beratung von der Rechtmäßigkeit seines Handelns überzeugt gewesen sei. Der zu Gunsten des Angeklagten nicht ausschließbare Verbotsirrtum hinsichtlich seiner Arbeitgeberstellung sei für den Angeklagten auch unvermeidbar gewesen.

II.

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Der Freispruch hat keinen Bestand. Die Beweiswürdigung des Landgerichts ist lückenhaft.
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1. Das Revisionsgericht muss es grundsätzlich hinnehmen, wenn das Tatgericht einen Angeklagten freispricht, weil es Zweifel an seiner Täterschaft nicht zu überwinden vermag. Die Beweiswürdigung ist Sache des Tatrichters (§ 261 StPO), dem es obliegt, das Ergebnis der Hauptverhandlung festzustellen und zu würdigen. Seine Schlussfolgerungen brauchen nicht zwingend zu sein, es genügt, dass sie möglich sind (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteile vom 10. Mai 2017 – 2 StR 258/16 , juris Rn. 17 und vom 12. Februar 2015 – 4 StR 420/14, NStZ-RR 2015, 148 mwN). Die revisionsgerichtliche Prüfung beschränkt sich allein darauf, ob dem Tatrichter Rechtsfehler unterlaufen sind. Dies ist in sachlich -rechtlicher Hinsicht der Fall, wenn die Beweiswürdigung widersprüchlich, unklar oder lückenhaft ist oder gegen Denkgesetze oder gesicherte Erfahrungssätze verstößt (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteile vom 1. Februar 2017 – 2 StR 78/16, NStZ-RR 2017, 183, 184; vom 13. Juli 2016 – 1 StR 94/16, juris Rn. 9 und vom 14. September 2017 – 4 StR 45/17, juris Rn. 7).
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2. Gemessen daran begegnet die Beweiswürdigung des Landgerichts durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Das Landgericht hat nicht tragfähig beweiswürdigend belegt, dass der Angeklagte hinsichtlich seiner – möglichen – Stellung als Arbeitgeber ohne Unrechtseinsicht gehandelt hat.
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Allein der Umstand, dass der Zeuge K. als Steuerberater und Rechtsanwalt den Angeklagten beraten und sich in der Hauptverhandlung von der Rechtmäßigkeit der Aufnahme einer selbstständigen Tätigkeit durch den Angeklagten und die übrigen polnischen Staatsangehörigen in Deutschland überzeugt gezeigt hat, vermag ein fehlendes Unrechtsbewusstsein des Ange- klagten bezogen auf seine Arbeitgebereigenschaft nicht zu begründen. Es fehlt bereits an einer Darstellung, was der Zeuge K. dem Angeklagten im Einzelnen mitgeteilt hat. Ebenso verhält sich das angefochtene Urteil nicht dazu, welches Vorstellungsbild der Angeklagte im Hinblick auf die rechtliche Einordnung der Beschäftigung seiner polnischen Landsleute hatte. Damit fehlt dem Revisionsgericht die Möglichkeit zu überprüfen, ob die Voraussetzungen eines Verbotsirrtums im Sinne des § 17 StGB im vorliegenden Fall überhaupt vorgelegen haben.
10
Das Landgericht hat zudem wesentliche Feststellungen, die für eine Arbeitgebereigenschaft sprechen und aus denen sich Rückschlüsse auf das Vorstellungsbild des Angeklagten ergeben könnten, nicht in die Beweiswürdigung eingestellt (vgl. zu den Kriterien für die Feststellung der Arbeitgebereigenschaft in § 266a StGB etwa BGH, Urteil vom 2. Dezember 2008 – 1 StR 416/08, BGHSt 53, 71, 77 Rn. 14; Beschlüsse vom 7. Oktober 2009 – 1 StR 478/09, NStZ 2010, 337 und vom 27. September 2011 – 1 StR 399/11, NStZ-RR 2012, 13). So wird der Inhalt des von dem Angeklagten geführten Stundenbuchs und der bei ihm aufgefundenen Rechnungen in die Beweiswürdigung nicht einbezogen (UA S. 8). Nicht erörtert wird überdies, dass alle polnischen Staatsangehörigen unter der gleichen Adresse ihr Gewerbe angemeldet hatten, die mit derjenigen des Angeklagten identisch war (UA S. 4, 7), die deutsche Sprache kaum oder gar nicht sprachen (UA S. 5) und auch nicht über eine eigene Kontoverbindung verfügten, vielmehr die Kontoverbindung des Angeklagten in den Rechnungen an die Auftraggeber genannt war (UA S. 6).
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3. Die Sache bedarf daher einer neuen tatrichterlichen Verhandlung und Entscheidung. Für die neue Hauptverhandlung weist der Senat im Hinblick auf die subjektive Tatseite auf Folgendes hin:
12
In der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs werden die Anforderungen an den Inhalt des Vorsatzes in Bezug auf das normative Tatbestandsmerkmal der Stellung als Arbeitgeber in § 266a StGB und in § 41a EStG in Verbindung mit dem Straftatbestand aus § 370 Abs. 1 Nr. 1 und 2 AO unterschiedlich bestimmt.
13
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs wird bezogen auf die subjektive Tatseite in § 266a StGB wie folgt differenziert: Der Vorsatz muss sich auf die Eigenschaft als Arbeitgeber und Arbeitnehmer – dabei allerdings nur auf die statusbegründenden tatsächlichen Voraussetzungen, nicht auf die rechtliche Einordnung als solche und die eigene Verpflichtung zur Beitragsabführung – und alle darüber hinausreichenden, die sozialversicherungsrechtlichen Pflichten begründenden tatsächlichen Umstände erstrecken. Liegt diese Kenntnis der tatsächlichen Verhältnisse vor, unterliegt der Täter, wenn er glaubt, nicht Arbeitgeber zu sein oder für die Abführung der Beiträge Sorge tragen zu müssen, keinem vorsatzausschließenden Tatbestandsirrtum, sondern (allenfalls) einem – in der Regel vermeidbaren – Verbotsirrtum (BGH, Beschlüsse vom 7. Oktober 2009 – 1 StR 478/09, NStZ 2010, 337 f. und vom 4. September 2013 – 1 StR 94/13, wistra 2014, 23, 25 Rn. 16 jeweils mwN; Urteil vom 15. Oktober 1996 – VI ZR 319/95, BGHZ 133, 370, 381).
14
Demgegenüber gehört nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zum Vorsatz der Steuerhinterziehung, dass der Täter den Steueranspruch dem Grunde und der Höhe nach kennt oder zumindest für möglich hält und ihn auch verkürzen will (vgl. BGH, Urteile vom 13. November 1953 – 5 StR 342/53, BGHSt 5, 90, 91 f. und vom 5. März 1986 – 2 StR 666/85, wistra 1986, 174; Beschlüsse vom 19. Mai 1989 – 3 StR 590/88, BGHR AO § 370 Abs. 1 Vorsatz 2; vom 24. Oktober 1990 – 3 StR 16/90, BGHR AO § 370 Abs. 1 Vorsatz 4 und vom 8. September 2011 – 1 StR 38/11, NStZ 2012, 160, 161 Rn. 21 f.). Nimmt der Steuerpflichtige irrtümlich an, ein Steueranspruch sei nicht entstanden, liegt nach der Rechtsprechung ein Tatbestandsirrtum vor, der gemäß § 16 Abs. 1 Satz 1 StGB den Vorsatz ausschließt (vgl. BGH, aaO). Danach ist ein Irrtum über die Arbeitgebereigenschaft in § 41a EStG und die daraus folgende Steuerpflicht, an die der Steueranspruch und der Straftatbestand des § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO anknüpfen, als Tatbestandsirrtum zu behandeln.
15
Da für die Differenzierung kein sachlicher Grund erkennbar ist und es sich jeweils um (normative) Tatbestandsmerkmale handelt, erwägt der Senat – insoweit entgegen den Überlegungen in dem Beschluss des Senats vom 8. September 2011 – 1 StR 38/11, NStZ 2012, 160, 161 Rn. 23 ff. –, zukünftig auch die Fehlvorstellung über die Arbeitgebereigenschaft in § 266a StGB und die daraus folgende Abführungspflicht insgesamt als (vorsatzausschließenden) Tatbestandsirrtum zu behandeln.
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21
1. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs gehört zum Vorsatz der Steuerhinterziehung, dass der Täter den Steueranspruch dem Grunde und der Höhe nach kennt oder zumindest für möglich hält und ihn auch verkürzen will (vgl. BGH, Urteil vom 13. November 1953 - 5 StR 342/53, BGHSt 5, 90, 91 f.; BGH, Urteil vom 5. März 1986 - 2 StR 666/85, wistra 1986, 174; BGH, Urteil vom 16. Dezember 2009 - 1 StR 491/09 Rn. 37, HFR 2010, 866; BGHR AO § 370 Abs. 1 Vorsatz 2, 4, 5). Für eine Strafbarkeit wegen Steuerhinterziehung bedarf es dabei keiner Absicht oder eines direkten Hinterziehungsvorsatzes ; es genügt, dass der Täter die Verwirklichung der Merkmale des gesetzlichen Tatbestands für möglich hält und billigend in Kauf nimmt (Eventualvorsatz ). Der Hinterziehungsvorsatz setzt deshalb weder dem Grunde noch der Höhe nach eine sichere Kenntnis des Steueranspruchs voraus (vgl. BGH, Urteil vom 16. Dezember 2009 - 1 StR 491/09 Rn. 37, HFR 2010, 866; zu strenge Anforderungen OLG München, Beschluss vom 15. Februar 2011 - 4 St RR 167/10 mit Anm. Roth, StRR 2011, 235).

(1) Wirtschaftsgüter sind dem Eigentümer zuzurechnen.

(2) Abweichend von Absatz 1 gelten die folgenden Vorschriften:

1.
Übt ein anderer als der Eigentümer die tatsächliche Herrschaft über ein Wirtschaftsgut in der Weise aus, dass er den Eigentümer im Regelfall für die gewöhnliche Nutzungsdauer von der Einwirkung auf das Wirtschaftsgut wirtschaftlich ausschließen kann, so ist ihm das Wirtschaftsgut zuzurechnen. Bei Treuhandverhältnissen sind die Wirtschaftsgüter dem Treugeber, beim Sicherungseigentum dem Sicherungsgeber und beim Eigenbesitz dem Eigenbesitzer zuzurechnen.
2.
Wirtschaftsgüter, die mehreren zur gesamten Hand zustehen, werden den Beteiligten anteilig zugerechnet, soweit eine getrennte Zurechnung für die Besteuerung erforderlich ist.

Tatbestand

1

I. Der im Jahr 1993 geborene Kläger und Revisionskläger (Kläger) war im Streitjahr 1998 fünf Jahre alt. Seine Eltern gründeten mit seiner Großmutter die S-GmbH. Das Stammkapital der Gesellschaft in Höhe von insgesamt 50.000 DM wurde von der Großmutter in Höhe von 20.000 DM und von den Eltern in Höhe von jeweils 15.000 DM übernommen. Der Vater des Klägers veräußerte seine Beteiligung an der GmbH i.G. an einen seiner Angestellten. Dieser übertrug wenig später den GmbH-Anteil an die Großmutter des Klägers. Im Jahr 1996 wurde der Vater zum Geschäftsführer der S-GmbH bestellt. Die Großmutter und Mutter des Klägers übertrugen im Jahr 1998 ihre Geschäftsanteile an der S-GmbH je zur Hälfte im Wege der Schenkung an den Kläger und seinen Bruder. Zur Vollziehung der Schenkung wurde ein Rechtsanwalt der Firmengruppe des Vaters zum Ergänzungspfleger bestellt.

2

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) stellte bei einer Außenprüfung fest, dass die S-GmbH im Jahr 1998 Fahrzeuge unter dem erzielbaren Marktpreis an die Firma E-GmbH veräußert habe. Gesellschafter der E-GmbH waren die Mutter und Großmutter des Klägers, sodass eine verdeckte Gewinnausschüttung (vGA) in Höhe von insgesamt 775.000 DM anzusetzen und dem Kläger und seinem Bruder je hälftig zuzurechnen sei. Die Veranlagungsstelle folgte den Feststellungen der Außenprüfung und erließ einen nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 der Abgabenordnung (AO) geänderten Einkommensteuerbescheid für 1998.

3

Nach erfolglosem Einspruchsverfahren wies das Finanzgericht (FG) die Klage mit seinem in Entscheidungen der Finanzgerichte 2010, 1032 veröffentlichten Urteil vom 18. März 2009 teilweise ab. Es bejahte eine dem Kläger zuzurechnende vGA dem Grunde nach, reduzierte jedoch den Betrag der vGA auf 325.000 DM. Zur Umsetzung des Urteils erließ das FA am 8. Juni 2009 einen geänderten Einkommensteuerbescheid für 1998, geändert durch den Einkommensteuerbescheid für 1998 vom 28. Juli 2009.

4

Zur Begründung der Revision lässt der Kläger im Wesentlichen vortragen, dass er nicht Gesellschafter der S-GmbH geworden sei, da die Übertragung des Gesellschaftsanteils formunwirksam gewesen sei. Außerdem sei der Anteil an der S-GmbH nicht ihm, sondern seinem Vater als Treugeber zuzurechnen. Er habe auf die Geschäfte der S-GmbH keinerlei Einfluss nehmen können.

5

Der Kläger beantragt,
das Urteil des FG Baden-Württemberg vom 18. März 2009  1 K 158/05, die Einspruchsentscheidung vom 1. April 2005 und die geänderten Einkommensteuerbescheide für 1998 vom 27. Juni 2003, 8. Juni 2009 und 28. Juli 2009 aufzuheben.

6

Das FA beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

7

Zu Recht habe das FG festgestellt, dass der Kläger Gesellschafter der S-GmbH geworden sei und keine Treuhand vorgelegen habe, sodass ihm der Vorteil, der seiner Mutter und Großmutter als Gesellschafterinnen der E-GmbH zugeflossen sei, als vGA zuzurechnen sei.

Entscheidungsgründe

8

II. Auf die Revision des Klägers ist die Vorentscheidung schon aus verfahrensrechtlichen Gründen aufzuheben. Das FG entschied über die Einspruchsentscheidung vom 1. April 2005 und den geänderten Einkommensteuerbescheid für 1998 vom 27. Juni 2003. Während des Verfahrens über die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision trat an dessen Stelle der geänderte Einkommensteuerbescheid vom 8. Juni 2009, geändert durch den Bescheid vom 28. Juli 2009, der nach § 68 Satz 1 i.V.m. § 121 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) Gegenstand des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens und dann des Revisionsverfahrens geworden ist. Da sich hinsichtlich der streitigen Punkte keine Änderungen ergeben haben und der Kläger auch keinen weiter gehenden Antrag gestellt hat, bedarf es keiner Zurückverweisung der Sache gemäß § 127 FGO. Denn der vom FG festgestellte Sachverhalt reicht aus, um abschließend prüfen und beurteilen zu können, ob der zum Gegenstand des Revisionsverfahrens gewordene Änderungsbescheid rechtmäßig ist. Die Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) in der Sache selbst setzt aber voraus, dass er das FG-Urteil aufhebt. Denn dieses Urteil betraf einen Verwaltungsakt, der nicht mehr Gegenstand des gerichtlichen Verfahrens ist (vgl. BFH-Urteil vom 20. Juli 1988 II R 164/85, BFHE 154, 13, BStBl II 1988, 955, m.w.N.).

9

III. Der Senat entscheidet aufgrund seiner Befugnis nach § 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 FGO in der Sache selbst. Der Klage ist stattzugeben. Die geänderten Einkommensteuerbescheide für 1998 vom 27. Juni 2003, 8. Juni 2009 und 28. Juli 2009 und die Einspruchsentscheidung vom 1. April 2005 sind aufzuheben. Die Bescheide verstoßen nach der vorliegend maßgeblichen Rechtslage gegen § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2, Abs. 2a des Einkommensteuergesetzes (EStG) und sind rechtswidrig, weil die vGA aufgrund eines verdeckten Treuhandverhältnisses nach § 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 AO nicht dem Kläger zuzurechnen ist.

10

1. Die Zurechnung von Einkünften aus Kapitalvermögen aus einer vGA richtet sich nach § 20 Abs. 2a EStG. Anteilseigner i.S. dieser Vorschrift ist derjenige, dem nach § 39 AO die Anteile an der Kapitalgesellschaft zuzurechnen sind.

11

2. Nach § 39 Abs. 1 AO sind Wirtschaftsgüter dem Eigentümer zuzurechnen. Eigentümer i.S. dieser Regelung ist der zivilrechtliche Eigentümer bzw. Inhaber des Wirtschaftsguts. Abweichend von § 39 Abs. 1 AO bestimmt § 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 AO, dass bei Treuhandverhältnissen die Wirtschaftsgüter dem Treugeber zuzurechnen sind. Diese Vorschrift greift jedoch nur dann ein, wenn im konkreten Einzelfall ein steuerlich anzuerkennendes Treuhandverhältnis besteht. Dies ist im Streitfall --entgegen der Auffassung des FG-- zu bejahen, sodass die Frage, ob der Kläger nach zivilrechtlichen Grundsätzen wirksam Eigentum an den Anteilen der S-GmbH erworben hat, offenbleiben kann.

12

3. Nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung ist ein Treuhandverhältnis nur dann gegeben, wenn die mit der rechtlichen Eigentümer- bzw. Inhaberstellung verbundene Verfügungsmacht so zu Gunsten des Treugebers eingeschränkt ist, dass das rechtliche Eigentum bzw. die rechtliche Inhaberschaft als "leere Hülle" erscheint (BFH-Urteil vom 20. Januar 1999 I R 69/97, BFHE 188, 254, 258, BStBl II 1999, 514, 516). Der Treugeber muss das Treuhandverhältnis beherrschen, und zwar nicht nur nach den mit dem Treuhänder getroffenen Absprachen, sondern auch bei deren tatsächlichem Vollzug. Es muss zweifelsfrei erkennbar sein, dass der Treuhänder ausschließlich für Rechnung des Treugebers handelt. Wesentliches und im Grundsatz unverzichtbares Merkmal einer solchen Beherrschung ist eine Weisungsbefugnis des Treugebers --und damit korrespondierend die Weisungsgebundenheit des Treuhänders-- in Bezug auf die Behandlung des Treuguts. Zudem muss der Treugeber berechtigt sein, jederzeit die Rückgabe des Treuguts zu verlangen (BFH-Urteil vom 24. November 2009 I R 12/09, BFHE 228, 195, BStBl II 2010, 590, m.w.N.).

13

4. Nach Maßgabe dieser Grundsätze hält die Tatsachenwürdigung des FG, der GmbH-Anteil sei dem Kläger auch wirtschaftlich zuzurechnen, da kein Treuhandverhältnis vorgelegen habe, revisionsrechtlicher Prüfung nicht stand. Zwar müssen die vom FG getroffenen Feststellungen nicht aufgrund der vorliegenden Beweismittel zwingend sein. Sie müssen jedoch möglich sein. Dazu gehört nicht nur, dass sie nicht in sich widersprüchlich oder sonst mit den Denkgesetzen oder allgemeinen Erfahrungssätzen unvereinbar sind, sondern auch, dass sie auf einer nachvollziehbaren Anwendung von rational einsichtigen Grundsätzen der Beweiswürdigung beruhen (BFH-Urteil vom 17. Mai 2005 VII R 76/04, BFHE 210, 70, m.w.N.).

14

a) Danach ist der Schluss des FG, es sei bei der Übertragung des Anteils an der S-GmbH auf den Kläger nicht lediglich die formale Einräumung einer Treuhandstellung beabsichtigt gewesen, rechtsfehlerhaft, denn er wird nicht von der Aussage des als Zeugen vernommenen Ergänzungspflegers getragen. Nach dessen Angabe hat der Vater Mitglieder seiner Familie und Angestellte als Gesellschafter seiner Firmen eingesetzt, um Gesellschaftsanteile dem Zugriff seiner Gläubiger zu entziehen. Allein zu diesem Zweck sei der GmbH-Anteil auf den Kläger übertragen worden. Das FG hat zu Unrecht aus der Annahme des Zeugen, es sei im Familienverbund nicht über Treuhandverträge nachgedacht worden, geschlossen, dass ein Treuhandverhältnis nicht vorgelegen habe. Denn wie der Zeuge in diesem Zusammenhang weiter ausgeführt hat, hat der Vater die Familie beherrscht und jederzeit die Rückübertragung der GmbH-Anteile verlangen können. Die zivilrechtliche Stellung des geschäftsunfähigen Klägers als Gesellschafter der S-GmbH war danach lediglich eine leere Hülle.

15

b) Die Sache ist spruchreif (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 FGO). Es bestand ein Treuhandverhältnis, das auch vollzogen wurde. Dessen steuerlicher Anerkennung steht die fehlende notarielle Beurkundung der Treuhandabrede schon deshalb nicht entgegen, weil der Bundesgerichtshof erst nach dem Streitjahr 1998 in seinem Urteil vom 19. April 1999 II ZR 365/97, BGHZ 141, 208 entschieden hat, dass ein Treuhandvertrag über einen GmbH-Geschäftsanteil dem Formzwang des § 15 Abs. 4 des Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung unterliegt (vgl. Senatsurteil vom 13. Juli 1999 VIII R 29/97, BFHE 191, 250, BStBl II 2000, 386). Der GmbH-Anteil war dem Kläger als Treuhänder danach wirtschaftlich nicht zuzurechnen (§ 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 AO), sodass ihm keine vGA zugeflossen ist (§ 20 Abs. 2a EStG).

36
Ein (verdecktes) Treuhandverhältnis kann allerdings grundsätzlich nur dann zu einer von § 39 Abs. 1 AO abweichenden Zurechnung führen, wenn es eindeutig vereinbart und nachweisbar ist (vgl. BFH, Urteil vom 28. Februar 2001 - I R 12/00, BFHE 194, 320 mwN). Zu fordern ist eine konsequente Durchführung der Treuhandabrede (vgl. BFH, Beschluss vom 14. April 2011 - VII B 130/10 mwN). Es muss zweifelsfrei erkennbar sein, dass der Treuhänder in dieser Eigenschaft - und nicht für eigene Rechnung - tätig geworden ist (vgl. BFH, Urteil vom 28. Februar 2001 - I R 12/00, BFHE 194, 320), der Treugeber muss das Treuhandverhältnis beherrschen (vgl. BFH, Urteil vom 24. November 2009 - I R 12/09, BFHE 228, 195 mwN). Die mit der formellen Eigentümerstellung verbundene Verfügungsmacht im Innenverhältnis muss in tatsächlicher Hinsicht so eingeschränkt sein, dass das rechtliche Eigentum eine "leere Hülle" bleibt (vgl. BFH, Urteil vom 20. Januar 1999 - I R 69/97; Drüen in Tipke/Kruse, AO, 129. Lfg., § 39 Rn. 33).

(1)1Der Einkommensteuer unterliegen

1.
Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft,
2.
Einkünfte aus Gewerbebetrieb,
3.
Einkünfte aus selbständiger Arbeit,
4.
Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit,
5.
Einkünfte aus Kapitalvermögen,
6.
Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung,
7.
sonstige Einkünfte im Sinne des § 22,
die der Steuerpflichtige während seiner unbeschränkten Einkommensteuerpflicht oder als inländische Einkünfte während seiner beschränkten Einkommensteuerpflicht erzielt.2Zu welcher Einkunftsart die Einkünfte im einzelnen Fall gehören, bestimmt sich nach den §§ 13 bis 24.

(2)1Einkünfte sind

1.
bei Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb und selbständiger Arbeit der Gewinn (§§ 4 bis 7k und 13a),
2.
bei den anderen Einkunftsarten der Überschuss der Einnahmen über die Werbungskosten (§§ 8 bis 9a).
2Bei Einkünften aus Kapitalvermögen tritt § 20 Absatz 9 vorbehaltlich der Regelung in § 32d Absatz 2 an die Stelle der §§ 9 und 9a.

(3) Die Summe der Einkünfte, vermindert um den Altersentlastungsbetrag, den Entlastungsbetrag für Alleinerziehende und den Abzug nach § 13 Absatz 3, ist der Gesamtbetrag der Einkünfte.

(4) Der Gesamtbetrag der Einkünfte, vermindert um die Sonderausgaben und die außergewöhnlichen Belastungen, ist das Einkommen.

(5)1Das Einkommen, vermindert um die Freibeträge nach § 32 Absatz 6 und um die sonstigen vom Einkommen abzuziehenden Beträge, ist das zu versteuernde Einkommen; dieses bildet die Bemessungsgrundlage für die tarifliche Einkommensteuer.2Knüpfen andere Gesetze an den Begriff des zu versteuernden Einkommens an, ist für deren Zweck das Einkommen in allen Fällen des § 32 um die Freibeträge nach § 32 Absatz 6 zu vermindern.

(5a)1Knüpfen außersteuerliche Rechtsnormen an die in den vorstehenden Absätzen definierten Begriffe (Einkünfte, Summe der Einkünfte, Gesamtbetrag der Einkünfte, Einkommen, zu versteuerndes Einkommen) an, erhöhen sich für deren Zwecke diese Größen um die nach § 32d Absatz 1 und nach § 43 Absatz 5 zu besteuernden Beträge sowie um die nach § 3 Nummer 40 steuerfreien Beträge und mindern sich um die nach § 3c Absatz 2 nicht abziehbaren Beträge.2Knüpfen außersteuerliche Rechtsnormen an die in den Absätzen 1 bis 3 genannten Begriffe (Einkünfte, Summe der Einkünfte, Gesamtbetrag der Einkünfte) an, mindern sich für deren Zwecke diese Größen um die nach § 10 Absatz 1 Nummer 5 abziehbaren Kinderbetreuungskosten.

(5b) Soweit Rechtsnormen dieses Gesetzes an die in den vorstehenden Absätzen definierten Begriffe (Einkünfte, Summe der Einkünfte, Gesamtbetrag der Einkünfte, Einkommen, zu versteuerndes Einkommen) anknüpfen, sind Kapitalerträge nach § 32d Absatz 1 und § 43 Absatz 5 nicht einzubeziehen.

(6)1Die tarifliche Einkommensteuer, vermindert um den Unterschiedsbetrag nach § 32c Absatz 1 Satz 2, die anzurechnenden ausländischen Steuern und die Steuerermäßigungen, vermehrt um die Steuer nach § 32d Absatz 3 und 4, die Steuer nach § 34c Absatz 5 und den Zuschlag nach § 3 Absatz 4 Satz 2 des Forstschäden-Ausgleichsgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 26. August 1985 (BGBl. I S. 1756), das zuletzt durch Artikel 412 der Verordnung vom 31. August 2015 (BGBl. I S. 1474) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung, ist die festzusetzende Einkommensteuer.2Wurde der Gesamtbetrag der Einkünfte in den Fällen des § 10a Absatz 2 um Sonderausgaben nach § 10a Absatz 1 gemindert, ist für die Ermittlung der festzusetzenden Einkommensteuer der Anspruch auf Zulage nach Abschnitt XI der tariflichen Einkommensteuer hinzuzurechnen; bei der Ermittlung der dem Steuerpflichtigen zustehenden Zulage bleibt die Erhöhung der Grundzulage nach § 84 Satz 2 außer Betracht.3Wird das Einkommen in den Fällen des § 31 um die Freibeträge nach § 32 Absatz 6 gemindert, ist der Anspruch auf Kindergeld nach Abschnitt X der tariflichen Einkommensteuer hinzuzurechnen; nicht jedoch für Kalendermonate, in denen durch Bescheid der Familienkasse ein Anspruch auf Kindergeld festgesetzt, aber wegen § 70 Absatz 1 Satz 2 nicht ausgezahlt wurde.

(7)1Die Einkommensteuer ist eine Jahressteuer.2Die Grundlagen für ihre Festsetzung sind jeweils für ein Kalenderjahr zu ermitteln.3Besteht während eines Kalenderjahres sowohl unbeschränkte als auch beschränkte Einkommensteuerpflicht, so sind die während der beschränkten Einkommensteuerpflicht erzielten inländischen Einkünfte in eine Veranlagung zur unbeschränkten Einkommensteuerpflicht einzubeziehen.

(8) Die Regelungen dieses Gesetzes zu Ehegatten und Ehen sind auch auf Lebenspartner und Lebenspartnerschaften anzuwenden.

Tatbestand

1

I. Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) sind Eheleute und wurden im Streitjahr 2000 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kläger erzielt seit 1991 als Arzt für Innere Medizin Einkünfte aus selbständiger Arbeit, die er im Streitjahr nach § 4 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) ermittelte.

2

Der Kläger wies in seiner Bilanz zum 31. Dezember 2000 Darlehen in Höhe von 2.038.058,89 DM aus, die in Höhe von insgesamt 500.000 DM auf dem Erwerb der Praxis im Jahre 1991 beruhten. Die entsprechenden Finanzierungsdarlehen schuldete der Kläger in zwei Währungsdarlehen um. Mit weiteren Darlehen in den Jahren ab 1992 finanzierte der Kläger im Rahmen eines Mehrkontenmodells im Wesentlichen den Kauf eines Privathauses zum Preis von 1,2 Mio. DM. Ab 1998 schuldete der Kläger die Darlehen zum Teil in Fremdwährungsdarlehen mit unterschiedlichen Laufzeiten ohne Tilgungsmöglichkeiten um. Sie waren endfällig in einem Betrag zurückzuzahlen.

3

Für die Fremdwährungsdarlehen verlangte die Bank wegen der Kursrisiken Sicherheitszuschläge und --wegen Erhöhung der Verbindlichkeiten um 500.000 DM aufgrund von Wechselkursänderungen in den Jahren 1996 bis 2000-- zusätzlich Sicherheiten, die der Kläger u.a. durch Briefgrundschulden, Übernahme persönlicher Haftung, Abtretung von Ansprüchen gegen die kassenärztliche Vereinigung sowie durch Sicherungsabtretung seiner Praxiseinrichtung, Verpfändung eines Wertpapierdepots und Abtretung von Ansprüchen aus Kapitallebensversicherungen gewährte. Durch die Verpfändung des Wertpapierdepots war eine freie Disposition über die Wertpapiere nur mit Zustimmung der Bank möglich.

4

Mit betrieblichen Mitteln hatte der Kläger seit 1998 in großer Zahl Aktien erworben, diese zum Teil wieder verkauft und teilweise auch zur Darlehenstilgung eingesetzt.

5

Außerdem kaufte und verkaufte er in den Jahren 1999 und 2000 Geldmarktfonds.

6

Auf dem betrieblichen Sachkonto 1362 (Wertpapiere) buchte er am 5. Januar 2000 einen Betrag in Höhe von 495.846,58 DM.

7

Die Bilanz zum 31. Dezember 2000 wies Wertpapiere als Umlaufvermögen aus. Der Kläger ermittelte insoweit Kursverluste von 152.836,30 DM, die er als Betriebsausgaben erklärte.

8

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) setzte in dem unter dem Vorbehalt der Nachprüfung ergangenen Einkommensteuerbescheid für 2000 einen Gewinn aus selbständiger Arbeit des Klägers in Höhe von 509.626 DM an. Die Kursverluste in Höhe von 152.836,30 DM erkannte er nicht als Betriebsausgaben an. Außerdem erfasste er Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften des Klägers in Höhe von 12.644,45 DM und ging von Überentnahmen zum 31. Dezember 2000 in Höhe von 268.494 DM aus.

9

Gegen diesen Bescheid erhoben die Kläger nach erfolglosem Einspruchsverfahren Klage.

10

Während des Klageverfahrens fand beim Kläger eine Außenprüfung statt. Im Bericht über diese Prüfung führte der Prüfer zu Zinsen nach § 4 Abs. 4a EStG u.a. aus, die Einlagen des Jahres 2000 seien um 495.846 DM zu kürzen, da die Einlage von Wertpapieren in das Betriebsvermögen bereits bei der Zinsberechnung für 1999 nicht anerkannt worden sei. Er ermittelte die gemäß § 4 Abs. 4a EStG als nicht abziehbar behandelten Schuldzinsen wie folgt:

11

DM

 Gewinn 2000    

508.473

+ Einlagen 2000 

 +  32.789

 - Entnahmen

 - 934.863

= Überentnahmen  

 = 393.601

 

Schuldzinsen 2000 lt. Gewinn- und Verlustrechnung 

73.584

 - Zinsen aus Investitionsdarlehen

 - 30.775

 = verbleibende Schuldzinsen

 = 42.809

 - Mindestabzugsbetrag

 - 4.000

Nicht abziehbare Schuldzinsen 

  38.809

 

12

Auf der Grundlage dieser Feststellungen erließ das FA gemäß § 164 Abs. 2 der Abgabenordnung einen Einkommensteueränderungsbescheid für das Streitjahr.

13

Im Anschluss daran wies das Finanzgericht (FG) die Klage, gerichtet auf den Ansatz der Einkünfte des Klägers aus selbständiger Arbeit in Höhe von 381.484 DM sowie auf die Verminderung des Ansatzes seiner Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften um 2.044 DM, mit Urteil vom 11. Oktober 2007 5 K 231/04 (Entscheidungen der Finanzgerichte 2008, 538) ab.

14

Mit der Revision rügen die Kläger die Verletzung materiellen Rechts.

15

Zu Unrecht habe das FG unter Bezugnahme auf das Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 14. November 1972 VIII R 100/69 (BFHE 108, 304, BStBl II 1973, 289) die betriebliche Veranlassung des Erwerbs von Wertpapieren zur betrieblichen Renditeerhöhung und im Falle von Aktien als Tilgungsersatz für betriebliche Darlehen verneint. Im Übrigen habe das FG nicht hinreichend berücksichtigt, dass wegen der Zuordnung der Wertpapiere zum Privatvermögen Unterentnahmen nicht beseitigt und darüber hinaus die Begünstigung von nicht entnommenen Gewinnen i.S. des § 34a EStG i.d.F. des Unternehmensteuerreformgesetzes 2008 vom 14. August 2007 (BGBl I 2007, 1912) nicht in Anspruch genommen werden könnten.

16

Insbesondere müsse berücksichtigt werden, dass der Kläger als Facharzt für Innere Medizin --anders als der in der Entscheidung in BFHE 108, 304, BStBl II 1973, 289 beurteilte freiberuflich tätige Rechtsanwalt-- erhebliche Sachinvestitionen nicht nur in eine normale Praxiseinrichtung sondern in Diagnosegeräte im Umfang zwischen 300.000 € bis 2.500.000 € tätigen müsse. Die insoweit bestehenden Betriebsdarlehen in Höhe von 2.038.058,99 DM habe er zurückführen müssen. Anstelle einer im Streitfall nicht in Betracht gekommenen laufenden Tilgung sei dies mittels Ansparung in Form von Wertpapieren erfolgt.

17

Die Kläger beantragen,

das FG-Urteil aufzuheben und den angefochtenen Bescheid in der Weise zu ändern, dass nur Schuldzinsen in Höhe von 25.280 DM als nicht abziehbare Betriebsausgaben des Klägers bei seinen Einkünften aus selbständiger Arbeit berücksichtigt werden.

18

Das FA beantragt, im Wesentlichen unter Bezugnahme auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils,

die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

19

II. 1. Gegenstand der Revision ist nach Maßgabe des Antrags der Kläger in der mündlichen Verhandlung das Begehren, die angefochtene Einkommensteuerfestsetzung in Gestalt des Änderungsbescheides vom 21. September 2005 in der Weise zu ändern, dass die in Anwendung des § 4 Abs. 4a EStG nicht als Betriebsausgaben abziehbaren Schuldzinsen auf 25.280 DM beschränkt werden, so dass weitere Betriebsausgaben von 13.529 DM bei den Einkünften des Klägers aus selbständiger Arbeit in Ansatz gebracht werden.

20

Zu Recht machen die Kläger damit anders als in der Vorinstanz nicht mehr geltend, den vom FA angesetzten Gewinn aus selbständiger Arbeit in Höhe von 508.473 DM auch um die zunächst geltend gemachten Kursverluste aus Wertpapier- und Anlagegeschäften in Höhe von 152.836 DM zu verringern. Denn Kursverluste ohne Realisierungsvorgang sind für sich genommen einkommensteuerlich unerheblich, sofern sie nicht im Wege der Teilwertabschreibung geltend gemacht werden (vgl. dazu BFH-Urteil vom 26. September 2007 I R 58/06, BFHE 219, 100, BStBl II 2009, 294); eine solche Teilwertabschreibung haben die Kläger indessen ausweislich ihrer Erklärung im Erörterungstermin vor dem FG ausdrücklich nicht in Anspruch nehmen wollen.

21

Abgesehen davon waren die Wertpapiere mangels Widmungsakts vor dem 5. Januar 2000 nicht Bestandteil des Betriebsvermögens; sie sind mithin allenfalls im Zeitpunkt der Einbuchung am 5. Januar 2000 eingelegt worden und zu diesem Zeitpunkt mit dem von der Bank zum 31. Dezember 1999 bestätigten Wert anzusetzen, wenn sie ihrer Art nach einlagefähige Wirtschaftsgüter im Rahmen einer freiberuflichen Praxis sind (s. dazu unter II.2.d der Gründe dieses Urteils).

22

2. Die Revision ist begründet. Das angefochtene Urteil ist aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückzuverweisen (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).

23

Die bisherigen tatsächlichen Feststellungen des FG lassen den Schluss nicht zu, das FA habe den Betrag der nicht abziehbaren Schuldzinsen nach § 4 Abs. 4a EStG mit 38.809 DM zutreffend bemessen. Ebenso wenig kann auf der Grundlage dieser Feststellungen beurteilt werden, ob dieser Betrag nach Maßgabe des Revisionsantrags der Kläger auf 25.280 DM zu mindern ist.

24

a) § 4 Abs. 4a EStG schließt nach Maßgabe der Sätze 2 bis 4 den Abzug von Schuldzinsen aus, wenn Überentnahmen getätigt worden sind. Eine Überentnahme ist der Betrag, um den die Entnahmen die Summe des Gewinns und der Einlagen des Wirtschaftsjahres übersteigen. Dabei werden die nicht abziehbaren Schuldzinsen typisiert mit 6 % der Überentnahme des Wirtschaftsjahres zuzüglich der Überentnahmen vorangegangener Wirtschaftsjahre und abzüglich der Beträge, um die in den vorangegangenen Wirtschaftsjahren der Gewinn und die Einlagen die Entnahmen überstiegen haben (Unterentnahmen), ermittelt.

25

b) Das FA hat die im Streitjahr nach § 4 Abs. 4a EStG zu berücksichtigende Überentnahme mit 764.358 DM angesetzt (Überentnahme 2000 in Höhe von 393.601 DM + Überentnahme 1999 in Höhe von 370.757 DM). Der Ansatz dieser Entnahme beruht auf dem Ansatz der Entnahmen in den Bilanzen des Klägers für die Jahre 1999 und 2000, die ersichtlich nicht die streitigen Wertpapiergeschäfte des Klägers, sondern lediglich sonstige Privatentnahmen und insbesondere Steuerzahlungen sowie Spenden betreffen.

26

Auf dieser Grundlage beträgt der Kürzungsbetrag nach § 4 Abs. 4a EStG 45.861 DM (764.358 DM x 6 %), der den Betrag der vom FA errechneten verbleibenden betrieblichen Schuldzinsen in Höhe von 42.809 DM ersichtlich übersteigt und damit einen weiteren Schuldzinsenabzug ausschließt.

27

c) Das Begehren der Kläger kann mithin nur Erfolg haben, wenn durch Einlage der Wertpapiere in das Betriebsvermögen der ärztlichen Praxis der (neu zu berechnende) Betrag der Überentnahmen (bisher lt. FA 764.358 DM) unter Ansatz der Verzinsung von 6 % nur noch nicht abziehbare Schuldzinsen von 25.280 DM ergibt. Dies setzt eine Minderung der Überentnahmen auf 225.483 DM (13.529 DM : 6 x 100), mithin gegenüber dem Ansatz des FA von 764.358 DM eine Minderung auf 538.875 DM (= 275.522,41 €) voraus.

28

Auf diesen Betrag von 275.522,41 € sind die Überentnahmen --durch den Ansatz der von den Klägern geltend gemachten Einlage der Wertpapiere-- nur zu mindern, wenn zum einen die am 5. Januar 2000 eingelegten Geldmarktfonds mit einem Kurswert zum 31. Dezember 1999 von 166.693 DM und zum anderen zumindest ein Teil der zugleich eingelegten Aktien mit einem Kurswert von etwa 329.152 DM Wirtschaftsgüter sind, die ihrer Art nach geeignet und bestimmt sind, dem Betrieb eines freiberuflich tätigen Arztes zu dienen.

29

d) Nach ständiger Rechtsprechung können auch Freiberufler gewillkürtes Betriebsvermögen bilden (vgl. BFH-Urteil vom 2. Oktober 2003 IV R 13/03, BFHE 203, 373, BStBl II 2004, 985, m.w.N. zur früheren abweichenden Rechtsprechung). Dies gilt für Geldgeschäfte --wie hier den Erwerb von Wertpapieren-- aber nur, wenn dafür ausschließlich betriebliche Gründe maßgeblich sind (BFH-Beschluss vom 10. Juni 1998 IV B 54/97, BFH/NV 1998, 1477 unter Bezugnahme auf BFH-Urteil vom 24. August 1989 IV R 80/88, BFHE 158, 254, BStBl II 1990, 17, und unter Aufgabe der früheren Auffassung in den Urteilen vom 22. Januar 1981 IV R 107/77, BFHE 133, 168, BStBl II 1981, 564, sowie in BFHE 108, 304, BStBl II 1973, 289; ebenso BFH-Urteile vom 15. Dezember 1999 XI R 11/99, BFH/NV 2000, 708; vom 23. September 2009 IV R 14/07, BFHE 226, 332, BStBl II 2010, 227; BFH-Beschlüsse vom 26. September 2007 VIII B 216/06, BFH/NV 2008, 42; vom 29. Januar 2009 III B 123/07, BFH/NV 2009, 916).

30

aa) Für einen solchen unmittelbaren Zusammenhang der Wertpapiere mit dem freiberuflichen Betrieb reicht es weder aus, dass die Wertpapiere aus betrieblichen Mitteln erworben worden sind (vgl. BFH-Urteil vom 6. März 1991 X R 57/88, BFHE 164, 246, BStBl II 1991, 829) noch dass sie in der Gewinnermittlung ausgewiesen sind (vgl. Beschluss des Großen Senats des BFH vom 4. Juli 1990 GrS 2-3/88, BFHE 161, 290, BStBl II 1990, 817) noch dass sie als Sicherheit für betriebliche Schulden dienen (vgl. BFH-Urteile vom 4. April 1973 I R 159/71, BFHE 109, 337, BStBl II 1973, 628; vom 10. November 2004 XI R 32/01, BFHE 208, 514, BStBl II 2005, 431; vom 17. Januar 2006 VIII R 60/02, BFHE 213, 5, BStBl 2006, 434).

31

bb) Danach sind Geldgeschäfte, die ihrer Art nach zu Einkünften i.S. des § 20 EStG führen, grundsätzlich getrennt von der freiberuflichen Tätigkeit zu beurteilen (BFH-Urteile vom 23. Mai 1985 IV R 198/83, BFHE 144, 53, BStBl II 1985, 517; vom 31. Mai 2001 IV R 49/00, BFHE 195, 386, BStBl II 2001, 828; vom 12. Januar 2010 VIII R 34/07, BFHE 228, 212, BStBl II 2010, 612), insbesondere wenn es dem Steuerpflichtigen im Wesentlichen auf den Ertrag aus der Kapitalanlage ankommt (vgl. BFH-Urteil in BFHE 228, 212, BStBl II 2010, 612, m.w.N.). Den Einkünften aus selbständiger Arbeit sind sie nur zuzurechnen, wenn sie als Hilfsgeschäft zur freiberuflichen Tätigkeit angesehen werden können. Ein solches Hilfsgeschäft kann z.B. vorliegen, wenn ein als Sicherheit für betriebliche Schulden verpfändetes Wertpapierdepot in seiner Verwendung so festgelegt ist, dass es aus der Sicht der kreditgebenden Bank untrennbarer Bestandteil eines Finanzierungskonzepts für den freiberuflichen Betrieb ist, das über die Verwendung des Depots als Kreditsicherheit hinausgeht (vgl. in diesem Sinne auch BFH-Urteil vom 3. März 2011 IV R 45/08, BFHE 233, 137, BStBl II 2011, 552 zum Abschluss einer Lebensversicherung durch eine Personengesellschaft, um Mittel für die Tilgung betrieblicher Kredite anzusparen).

32

e) Nach diesen Grundsätzen kann auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen des FG nicht abschließend beurteilt werden, ob und in welchem Umfang die Geldgeschäfte des Klägers (An- und Verkäufe von Geldmarktfonds sowie von Aktien) als Hilfsgeschäfte seiner freiberuflichen Tätigkeit als Arzt zu beurteilen sind.

33

Zum einen kann der Charakter als Hilfsgeschäft der ärztlichen Tätigkeit --wie ausgeführt-- nicht allein aus dem Einsatz der Wertpapiergeschäfte als Sicherheit für betriebliche Darlehen oder als beabsichtigte Liquiditätsreserve --ohne konkrete Investitionsplanung-- gefolgert werden. Etwas anderes kann insbesondere nicht dem von den Klägern in Bezug genommenen BFH-Urteil in BFHE 108, 304, BStBl II 1973, 289 entnommen werden.

34

Selbst nach dieser Entscheidung kommt nämlich eine Zuordnung zum gewillkürten Betriebsvermögen nicht in Betracht, wenn die vom Betriebsinhaber erworbenen Wertpapiere der Erschließung einer eigenen Einkunftsquelle dienen. Danach lassen insbesondere kurzfristige Umschichtungen der im Depot vorhandenen Wertpapiere darauf schließen, dass eine eigene Einkunftsquelle aus Veräußerungsgeschäften angestrebt werden soll (vgl. dazu auch BFH-Urteil in BFHE 158, 254, BStBl II 1990, 17).

35

Zum anderen spricht die Erfassung der Wertpapiere als Umlaufvermögen gegen die Annahme eines betrieblichen Zusammenhangs und für die Annahme einer von der ärztlichen Tätigkeit zu trennenden --auf die Erzielung von Einkünften aus Kapitalvermögen durch An- und Verkauf von Wertpapieren gerichteten-- Tätigkeit des Klägers.

36

Andererseits kann im Streitfall angesichts des Umstandes, dass die Wertpapiere nur mit Zustimmung der Bank veräußert werden durften, nicht ausgeschlossen werden, dass die streitigen Wertpapiere wie auch die Führung des Wertpapierdepots insgesamt aus der Sicht der Bank untrennbarer Bestandteil eines Finanzierungskonzepts der ärztlichen Praxis des Klägers waren, das über eine bloße Verwendung des Wertpapierdepots als Sicherheit für die betrieblichen Kredite hinausging.

37

3. Die Sache ist nicht spruchreif. Das FG wird die erforderlichen tatsächlichen Feststellungen nachholen, ob die am 5. Januar 2000 in den Betrieb eingelegten Geldmarktfonds und Aktien ganz oder teilweise objektiv --insbesondere nach den Vereinbarungen zwischen dem Kläger und der sowohl die betrieblichen Kredite als auch das Wertpapierdepot verwaltenden Bank-- dem Betrieb zu dienen geeignet und bestimmt waren oder ob sowohl Geldmarktfonds als auch Aktien unverändert wie zuvor Gegenstand der vom Kläger erwirtschafteten Einkünfte aus Kapitalvermögen nach § 20 EStG und der Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften nach § 23 EStG waren.

Tatbestand

1

I. Die Beteiligten streiten über die gewinnmindernde Berücksichtigung von Verlusten aus Wertpapiergeschäften im Rahmen einer selbständig ausgeübten Tätigkeit als Ärztin.

2

Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) sind von Beruf Ärzte. Im Streitjahr 2001 betrieb die Klägerin eine im Herbst 1998 gegründete orthopädische Facharztpraxis als Einzelunternehmen, aus der sie Einkünfte aus selbständiger Arbeit erzielt.

3

Zur Finanzierung der Praxis nahm sie im September 1998 ein Darlehen bei einer Bank auf (Darlehen 1 in Höhe von 170.000 DM). Darüber hinaus räumte ihr die Bank eine Kreditlinie von 150.000 DM ein. Die Tilgung des Darlehens sollte vereinbarungsgemäß durch Tilgungsersatzleistungen in ein Wertpapierdepot (Depot 1) bei der Bank durch vierteljährliche Raten in Höhe von 3.000 DM und einer Anfangsrate von 50.000 DM erfolgen. Ferner war die Klägerin verpflichtet, zu vereinbarten Stichtagen Mittel in das Depot nachzuschießen, wenn der Kurswert der Wertpapiere des Depots unter den vereinbarten Werten liegen sollte. Als Sicherheiten für das Darlehen verpfändete sie das Depot und trat ihre Ansprüche aus zwei Lebensversicherungen ab. Weiterhin verbürgte sich der Kläger selbstschuldnerisch. Mit Schreiben vom 10. April 2000 teilte die Bank mit, das Depot 1 sei aus der Verpfändung entlassen worden.

4

Im Januar 2000 nahm die Klägerin ein weiteres betriebliches Darlehen in Höhe von 66.700 DM zur Finanzierung eines PKW (Darlehen 2) bei der Bank auf und erhöhte die bisher bestehende Betriebs-Kreditlinie um 70.000 DM. Als Sicherheit für die Erhöhung der Kreditlinie und das Darlehen 1 vom September 1998 verpfändete die Klägerin ihr zweites Wertpapierdepot (Depot 2) an die Bank. Im Januar 2004 tilgte sie aus diesem Depot das Darlehen 1 über 170.000 DM.

5

Die Verluste aus den Wertpapiergeschäften beider Depots erklärte die Klägerin in der Einkommensteuererklärung für 1999 als private Veräußerungsgeschäfte, die vom Beklagten und Revisionsbeklagten (Finanzamt --FA--) entsprechend berücksichtigt wurden. Den mit der Einkommensteuererklärung eingereichten Wertpapierabrechnungen der Bank war für das Depot 2 folgender Zusatz zu entnehmen: "Tilgungsersatz PBD" (PBD = "Praxis- und Betriebsmitteldarlehen").

6

Im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung für das Jahr 2000 erkannte das FA die Verluste aus den Wertpapiergeschäften im Zusammenhang mit dem Depot 2 antragsgemäß als Betriebsausgaben im Rahmen der Facharztpraxis der Klägerin an.

7

Für das Streitjahr (2001) gaben die Kläger zunächst keine Einkommensteuererklärung ab, so dass das FA die Einkünfte aus selbständiger Arbeit für die Klägerin unter Vorbehalt der Nachprüfung schätzte sowie den verbleibenden Verlustabzug auf den 31. Dezember 2001 ebenfalls unter Vorbehalt der Nachprüfung feststellte.

8

Während des dagegen geführten Einspruchsverfahrens reichten die Kläger die Einkommensteuererklärung für das Streitjahr ein.

9

Bei den für die Klägerin erklärten Einkünften aus selbständiger Arbeit waren auch ihre Verluste aus Wertpapiergeschäften in Höhe von 174.014 DM aus dem Depot 2 erfasst. Diese Verluste resultierten im Wesentlichen aus dem An- und Verkauf von Aktien verschiedener Unternehmen. Abgesehen von nur einem mehr als ein Jahr lang gehaltenen Papier betrug die durchschnittliche Haltedauer der für die Klägerin erworbenen und von ihr als Umlaufvermögen behandelten Wertpapiere in etwa 74 % der Fälle weniger als zwei Monate. Insgesamt wurden im Streitjahr 183 Transaktionen (An- und Verkäufe) für die Klägerin abgewickelt.

10

Die Verluste der Klägerin aus privaten Veräußerungsgeschäften beruhten auf Wertpapiergeschäften im Rahmen des Depots 1.

11

Mit den Einspruchsentscheidungen ließ das FA die Einkommensteuererklärung unberücksichtigt und wies die Einsprüche der Kläger zurück.

12

Dagegen erhoben die Kläger Klage.

13

Das Finanzgericht (FG) gab der dagegen erhobenen Klage mit seinem Urteil vom 25. September 2008  15 K 1235/04 (Entscheidungen der Finanzgerichte 2009, 94) teilweise statt. Hinsichtlich der Berücksichtigung der Verluste aus Wertpapiergeschäften aus dem Depot 2 als betriebliche Verluste wies es die Klage als unbegründet ab, weil die Wertpapiere des Depots 2 weder notwendiges noch gewillkürtes Betriebsvermögen der Klägerin gewesen und deshalb nicht bei ihren Einkünften aus selbständiger Arbeit zu erfassen seien.

14

Mit Bescheiden vom 28. November 2008 hat das FA die angefochtenen Bescheide erneut geändert.

15

Mit der Revision rügen die Kläger eine Verletzung des § 4 Abs. 3 und 4 des Einkommensteuergesetzes (EStG).

16

Zu Unrecht sei das FG davon ausgegangen, dass Wertpapiere dann nicht dem gewillkürten Betriebsvermögen eines Freiberuflers zugerechnet werden könnten, wenn das Wertpapierdepot häufig umgeschichtet werde und deshalb Gegenstand einer eigenen Einkommensquelle (Einkünfte aus Veräußerungsgeschäften) sei.

17

Auch Devisen- und Warentermingeschäfte eines Freiberuflers könnten zum gewillkürten Betriebsvermögen gehören, wenn die dafür verwendeten Geldmittel Liquiditätsreserve für Bürorenovierung oder Ersatzbeschaffung von Bürogeräten seien, zumal damit meist höhere Erträge als durch Anlage als Bankguthaben zu erzielen seien. Der Umstand, dass solche Geschäfte risikobehaftet seien, stehe dem nicht entgegen.

18

Entgegen der Auffassung des FG habe sich die Klägerin mit den vorgenommenen Umschichtungen nicht eine neue Erwerbsquelle erschlossen, sondern lediglich auf die im streitigen Veranlagungszeitraum schwierige Börsensituation reagiert.

19

Entgegen der Auffassung des FA seien die Wertpapiere auch durch unmissverständlichen Widmungsakt dem Betriebsvermögen gewidmet worden. Dies ergebe sich schon aus der Verwendung der PC-Buchhaltungssoftware, die eine nachträgliche Hinzufügung von Buchungssätzen mit "altem Datum" nicht zulasse. Vor diesem Hintergrund könne die erforderliche zeitnahe Erfassung als Wirtschaftsgut des Betriebsvermögens nicht unter Hinweis darauf verneint werden, dass die Kläger die aus den Wertpapiergeschäften erzielten Verluste bei ihrer selbst erstellten Gewinnermittlung außer Ansatz gelassen und erst im zeitlichen Zusammenhang mit der Erstellung der Steuererklärungen als betrieblichen Vorgang erfasst haben.

20

Die Kläger beantragen, das angefochtene Urteil aufzuheben sowie unter Änderung des Einkommensteueränderungsbescheids vom 28. November 2008 und des Feststellungsänderungsbescheids vom 28. November 2008 über den verbleibenden Verlustvortrag die Einkommensteuer für 2001 erklärungsgemäß herabzusetzen und den vortragsfähigen Verlust entsprechend erhöht festzustellen,

hilfsweise, die streitigen Verluste aus Wertpapiergeschäften gesondert festzustellen.

21

Das FA beantragt im Wesentlichen unter Bezugnahme auf die Entscheidungsgründe des FG-Urteils, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

22

Zugleich hat das FA in der mündlichen Verhandlung zugesagt, entsprechend dem Hilfsantrag die Verluste aus Wertpapiergeschäften gesondert festzustellen, soweit sie in dem während des Revisionsverfahrens ergangenen Änderungsbescheid noch nicht berücksichtigt sind.

Entscheidungsgründe

23

II. Die Revision ist unbegründet.

24

Nachdem die Vorentscheidung durch die nach § 68 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zum Gegenstand des Verfahrens gewordenen Änderungsbescheide vom 28. November 2008 überholt ist, entscheidet der Senat aufgrund seiner Befugnis aus den §§ 121 und 100 FGO in der Sache selbst (§ 126 Abs. 2 FGO).

25

Ohne Erfolg machen die Kläger geltend, die streitigen Wertpapiere seien dem gewillkürten Betriebsvermögen der ärztlichen Praxis der Klägerin zuzurechnen.

26

a) Zutreffend gehen die Beteiligten allerdings davon aus, dass auch Freiberufler mit Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG gewillkürtes Betriebsvermögen bilden können, wenn die Einbeziehung der betroffenen Wirtschaftsgüter in den betrieblichen Zusammenhang dem Rahmen betrieblicher Tätigkeit entspricht, der durch das freiberufliche Berufsbild geprägt wird (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 2. Oktober 2003 IV R 13/03, BFHE 203, 373, BStBl II 2004, 132, m.w.N. zur früheren abweichenden Rechtsprechung).

27

b) Wertpapiere können aber nur dann dem gewillkürten Betriebsvermögen eines Freiberuflers zugerechnet werden, wenn ausschließlich betriebliche Gründe für ihren Erwerb maßgeblich waren (vgl. BFH-Beschluss vom 10. Juni 1998 IV B 54/97, BFH/NV 1998, 1477 unter Bezugnahme auf BFH-Urteil vom 24. August 1989 IV R 80/88, BFHE 158, 254, BStBl II 1990, 17, und unter Aufgabe der früheren Auffassung in den BFH-Urteilen vom 22. Januar 1981 IV R 107/77, BFHE 133, 168, BStBl II 1981, 564, sowie vom 14. November 1972 VIII R 100/69, BFHE 108, 304, BStBl II 1973, 289; ebenso BFH-Urteile vom 15. Dezember 1999 XI R 11/99, BFH/NV 2000, 708; vom 23. September 2009 IV R 14/07, BFHE 226, 332, BStBl II 2010, 227; BFH-Beschlüsse vom 26. September 2007 VIII B 216/06, BFH/NV 2008, 42; vom 29. Januar 2009 III B 123/07, BFH/NV 2009, 916).

28

Daran fehlt es indessen, wenn es dem Steuerpflichtigen im Wesentlichen auf den Ertrag aus der Kapitalanlage ankommt (vgl. BFH-Urteil vom 12. Januar 2010 VIII R 34/07, BFHE 228, 212, BStBl II 2010, 612 zur Zurechnung der Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft zum Betriebsvermögen).

29

c) Nach diesen Grundsätzen ist im Streitfall eine Zurechnung der streitigen Wertpapiere zum gewillkürten Betriebsvermögen nicht möglich.

30

aa) Eine solche Zuordnung setzt voraus, dass die betroffenen Wirtschaftsgüter

31

- ihrer Art nach objektiv geeignet sind, dem Betrieb zu dienen und ihn zu fördern, und

32

- subjektiv von ihrem Eigentümer dazu bestimmt sind (vgl. dazu BFH-Beschluss vom 7. November 1995 III B 66/93, BFH/NV 1996, 327, m.w.N).

33

Dabei kann der erforderliche objektive Förderungszusammenhang nicht allein aufgrund einer Willensentscheidung des Steuerpflichtigen --wie durch die Erfassung in der Gewinnermittlung der freiberuflichen Praxis-- angenommen werden (vgl. Beschluss des Großen Senats des BFH vom 4. Juli 1990 GrS 2-3/88, BFHE 161, 290, BStBl II 1990, 817). Vielmehr ist für die Bestimmung des Steuerpflichtigen, das Wirtschaftsgut zur Erzielung betrieblicher Einkünfte zu verwenden, ein eindeutig nach außen verbindlich manifestierter, d.h. unmissverständlich, zeitnah und unumkehrbar dokumentierter, Widmungsakt erforderlich (vgl. BFH-Urteile vom 19. März 1981 IV R 39/78, BFHE 133, 513, BStBl II 1981, 731; vom 2. Oktober 2003 IV R 13/03, BFHE 203, 373, BStBl II 2004, 985; vom 23. April 2009 IV R 87/05, BFH/NV 2009, 1650 zu Verlusten aus dem Handel mit DAX-Optionsscheinen und aus Devisentermingeschäften).

34

bb) Im Streitfall fehlt es für die Zuordnung der streitigen Wertpapiere zum Betriebsvermögen schon an dem erforderlichen nach außen erkennbaren Widmungsakt der Klägerin. Denn die Zugehörigkeit des streitigen Wertpapierdepots zum Betriebsvermögen der ärztlichen Praxis der Klägerin ist den im FG-Verfahren vorgelegten Unterlagen (Depot-Unterlagen und Kontenplan) nicht zu entnehmen. Dies gilt insbesondere mit Blick auf den Vortrag der Kläger, die Erfassung der Wertpapiergeschäfte nicht zeitnah zu ihrer Abwicklung, sondern erst nach Ende des Streitzeitraums 2001 vorgenommen zu haben. Wer, wie die Kläger, Wertpapiere zunächst nicht in seiner Gewinnermittlung berücksichtigt, sondern erst mehr als zwei Jahre nach Ablauf des Veranlagungszeitraums im Rahmen des Einspruchsverfahrens gegen den angefochtenen Einkommensteuerbescheid geltend macht, er habe Wertpapiere dem gewillkürten Betriebsvermögen zugerechnet, versucht erst in diesem Zeitpunkt und damit nicht mehr zeitnah die erforderliche Dokumentation des Widmungsaktes zu schaffen.

35

Auf dieser Grundlage sind die streitigen Wertpapiergeschäfte der Klägerin getrennt von der im Übrigen freiberuflich ausgeübten ärztlichen Tätigkeit der Klägerin als private Veräußerungsgeschäfte zu beurteilen und die aus diesen Geschäften erzielten Verluste --wie vom FA in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat zugesagt-- gesondert festzustellen.

Tatbestand

1

I. Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) sind Eheleute und werden zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kläger erzielt als ... Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit sowie Einkünfte aus selbständiger Arbeit als freiberuflicher Berater auf dem Gebiet der .... Den Gewinn aus der selbständigen Tätigkeit ermittelt er durch Einnahmenüberschussrechnung.

2

In der Einkommensteuererklärung für das Jahr 2003 machte der Kläger bei den Einkünften aus selbständiger Tätigkeit einen Verlust in Höhe von 10.113 € geltend, den der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) mit Einkommensteuerbescheid vom 21. November 2005 lediglich in Höhe von 7.370 € berücksichtigte.

3

Nachdem die Kläger dagegen Einspruch eingelegt hatten, ging das FA aufgrund einer Umsatzsteuer-Sonderprüfung davon aus, der Kläger habe sein Zweitfahrzeug --einen Audi A3 sowie einen nach dessen Veräußerung im Frühjahr 2004 erworbenen BMW Cabrio-- zu Unrecht dem gewillkürten Betriebsvermögen seiner freiberuflichen Tätigkeit zugeordnet. Grund für diese Würdigung war die Feststellung, das Fahrzeug werde, anders als der unstreitig betrieblich genutzte weitere PKW des Klägers --ein Audi A6--, zu weniger als 10 % unternehmerisch genutzt.  

4

Dementsprechend änderte das FA den angefochtenen Einkommensteuerbescheid für 2003 --nach vorheriger Ankündigung mit Änderungsbescheiden vom 31. Januar 2007 und 13. April 2007-- u.a. in der Weise, dass die Aufwendungen für den PKW Audi A3 nicht als Betriebsausgaben bei den Einkünften aus selbständiger Arbeit berücksichtigt wurden. Sodann wies das FA den Einspruch gegen die Einkommensteuerfestsetzung für 2003 in Gestalt der Änderungsbescheide als unbegründet zurück.

5

Bei der Einkommensteuerveranlagung der Kläger für 2004 minderte das FA ebenfalls den erklärten Verlust des Klägers bei seinen Einkünften aus selbständiger Arbeit in Höhe von 19.401 € auf 11.248 € mit der Begründung, nach den Feststellungen der Umsatzsteuer-Sonderprüfung seien die Einnahmen und Aufwendungen des Klägers im Zusammenhang mit dem jeweils genutzten Zweitfahrzeug nicht seinem Unternehmen zuzuordnen.  

6

Auch den dagegen erhobenen Einspruch wies das FA nach zwischenzeitlicher mehrmaliger Änderung des Einkommensteuerbescheids durch Einspruchsentscheidung vom 13. August 2008 im Wesentlichen als unbegründet zurück und änderte die Einkommensteuerfestsetzung für 2004 lediglich wegen anderer im Klage- und Revisionsverfahren nicht streitiger Besteuerungsgrundlagen zu Gunsten der Kläger.

7

Daraufhin erhoben die Kläger Klage mit dem Begehren, die Aufwendungen des Klägers in den Streitjahren für das jeweilige Zweitfahrzeug als Betriebsausgaben bei seinen Einkünften aus selbständiger Arbeit zu berücksichtigen.

8

Das Finanzgericht (FG) wies die Klage mit seinem in Entscheidungen der Finanzgerichte 2011, 1311 veröffentlichten Urteil als unbegründet ab.

9

Mit der Revision rügen die Kläger Verletzung materiellen Rechts.

10

Die Kläger beantragen, das angefochtene Urteil aufzuheben sowie die angefochtenen Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2003 und 2004 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 13. August 2008 unter Berücksichtigung des jeweils genutzten Zweitfahrzeugs als Wirtschaftsgut des Betriebsvermögens bei den Einkünften des Klägers aus selbständiger Arbeit gewinnmindernd zu ändern.

11

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

12

Mangels Fahrtenbuchs und fehlender zeitnaher Aufzeichnungen des Klägers über die Nutzung seiner Fahrzeuge im Rahmen seiner freiberuflichen Nebentätigkeit sei entsprechend dem Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 27. August 2004 IV B 7-S 7300-70/04 (BStBl I 2004, 864) davon auszugehen, dass das Zweitfahrzeug zu weniger als 10 % unternehmerisch genutzt worden sei. Dies gelte umso mehr, als die erstmals im Jahre 2009 gefertigten bzw. vorgelegten Aufzeichnungen gravierende Ungenauigkeiten enthielten.

13

Auf die abweichende Erfassung des Zweitfahrzeugs als gewillkürtes Betriebsvermögen in den Veranlagungen der Vorjahre könnten sich die Kläger nach dem Grundsatz der Abschnittsbesteuerung nicht berufen. Abgesehen davon gebe es eine solche Vorjahresveranlagung für den erst im Jahre 2004 als Zweitfahrzeug angeschafften PKW BMW Cabrio nicht. Im Übrigen habe der Kläger in den Vorjahren niemals eine zeitnahe Aufzeichnung mit einer Darlegung des betrieblichen Nutzungsumfangs der Fahrzeuge vorgelegt. Nur bei einer solchen Darlegung könne in den Folgejahren von einem entsprechenden Nutzungsumfang ausgegangen werden.

Entscheidungsgründe

14

II. Die Revision ist begründet. Nach § 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) ist das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückzuverweisen.

15

Hinsichtlich des in der Gewinnermittlung beider Streitjahre als gewillkürtes Betriebsvermögen erfassten PKW Audi A3 hat das FG zu Unrecht die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Einkommensteueränderungsbescheide in Gestalt der Einspruchsentscheidung allein mit der Begründung bejaht, für die begehrte Zuordnung des Zweitwagens zum gewillkürten Betriebsvermögen in den Streitjahren --entsprechend den Steuererklärungen und Veranlagungen der Vorjahre-- fehle es an dem Nachweis der erforderlichen betrieblichen Nutzung zu mindestens 10 % (siehe dazu unter II.1b und c). Hinsichtlich des erst im Streitjahr 2004 angeschafften PKW BMW Cabrio hat das FG dagegen zu Recht eine Zuordnung zum gewillkürten Betriebsvermögen verneint (siehe dazu unter II.2a).

16

Die Zurückweisung ist geboten, weil das FG aufgrund seiner abweichenden Auffassung zur ausschließlichen Erheblichkeit des betrieblichen Nutzungsumfangs von weniger als 10 % in den Streitjahren keine Feststellungen dazu getroffen hat, ob der PKW Audi A3 möglicherweise zu Unrecht in den Einkommensteuerveranlagungen der Vorjahre dem gewillkürten Betriebsvermögen zugerechnet wurde und deshalb nicht dem gewillkürten Betriebsvermögen zuzurechnen ist.

17

1. Zum gewillkürten Betriebsvermögen können nur Wirtschaftsgüter gehören, die objektiv dazu geeignet und erkennbar dazu bestimmt sind, den Betrieb zu fördern (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 19. Februar 1997 XI R 1/96, BFHE 182, 567, BStBl II 1997, 399).

18

a) Auch im Fall der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) --wie im Streitfall-- kann gewillkürtes Betriebsvermögen gebildet werden, wenn das Wirtschaftsgut zu mindestens 10 % betrieblich genutzt wird (vgl. BFH-Urteil vom 26. Januar 2011 VIII R 19/08, BFH/NV 2011, 1311) und dessen Zuordnung unmissverständlich, zeitnah und unumkehrbar dokumentiert wird (vgl. BFH-Urteile vom 2. Oktober 2003 IV R 13/03, BFHE 203, 373, BStBl II 2004, 985; vom 16. Juni 2004 XI R 17/03, BFH/NV 2005, 173; vom 29. April 2008 VIII R 67/06, BFH/NV 2008, 1662 zur Zuordnung von Fahrzeugen zum Betriebsvermögen).

19

So kann die zeitnahe Aufnahme des erworbenen Wirtschaftsguts in das betriebliche Bestandsverzeichnis (R 31 Abs. 1 der Einkommensteuer-Richtlinien --EStR--) ausreichen und sich im Falle einer Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG sogar anbieten (BFH-Urteil in BFHE 203, 373, BStBl II 2004, 985).

20

Der Steuerpflichtige trägt damit die Feststellungslast, wenn er --wie der Kläger-- Betriebsausgaben und Verluste im Zusammenhang mit gewillkürtem Betriebsvermögen geltend macht (BFH-Urteil in BFHE 203, 373, BStBl II 2004, 985).

21

b) Gehört ein Wirtschaftsgut nach diesen Grundsätzen zum gewillkürten Betriebsvermögen, so verliert es diese Eigenschaft --wie die Kläger zu Recht geltend machen-- nur durch eine Auflösung des sachlichen oder persönlichen Zusammenhangs mit dem Betrieb (BFH-Urteil vom 31. Januar 1985 IV R 130/82, BFHE 143, 335, BStBl II 1985, 395, unter 2.a der Gründe).

22

Der sachliche betriebliche Zusammenhang wird --bei unveränderter subjektiver Zurechnung des Wirtschaftsguts-- nur durch eine Entnahme gelöst, die einen Entnahmewillen und eine Entnahmehandlung erfordert. Es muss sich um ein Verhalten handeln, das nach außen den Willen des Steuerpflichtigen erkennen lässt, ein Wirtschaftsgut nicht (mehr) für betriebliche Zwecke im betrieblichen Bereich, sondern für private Zwecke im privaten Bereich zu nutzen, also es nicht mehr zur Erzielung von Betriebseinnahmen, sondern von Privateinnahmen (z.B. aus Vermietung und Verpachtung) oder zu einkommensteuerrechtlich irrelevanten Zwecken einzusetzen (im Einzelnen BFH-Urteile in BFHE 143, 335, BStBl II 1985, 395; vom 14. Mai 2009 IV R 44/06, BFHE 225, 367, BStBl II 2009, 811).

23

c) Eine solche Entnahmeerklärung kann auch in einem schlüssigen Verhalten liegen, durch das die Verknüpfung des Wirtschaftsguts mit dem Betriebsvermögen erkennbar gelöst wird. Sie muss jedoch unmissverständlich und von einem entsprechenden Entnahmewillen getragen sein (BFH-Urteile vom 7. Februar 2002 IV R 32/01, BFH/NV 2002, 1135; in BFHE 225, 367, BStBl II 2009, 811).

24

Dazu muss der Steuerpflichtige die sich aus der Entnahme ergebenden Folgerungen ziehen und regelmäßig den Gewinn aus der Entnahme des Wirtschaftsguts erklären (BFH-Urteile vom 21. August 1996 X R 78/93, BFH/NV 1997, 226; in BFHE 225, 367, BStBl II 2009, 811, m.w.N). Im Übrigen muss sich die bisherige Nutzung des Wirtschaftsguts auf Dauer so ändern, dass es --wie die Rechtsprechung zur Privatnutzung von Grundstücken eines Betriebsvermögens entschieden hat-- seine Beziehung zum Betrieb verliert und dadurch zu notwendigem Privatvermögen wird (vgl. BFH-Urteile vom 14. Februar 2008 IV R 44/05, BFH/NV 2008, 1156, unter II.3.b aa der Gründe; vom 10. November 2004 XI R 31/03, BFHE 208, 180, BStBl II 2005, 334, unter II.1. der Gründe; vom 4. November 1982 IV R 159/79, BFHE 137, 294, BStBl II 1983, 448, unter II.2. der Gründe; zum Sonderfall der Grundstücke des notwendigen Betriebsvermögens nach § 4 Abs. 1 Satz 4 EStG, die nach Nutzungsänderung als gewillkürtes [geduldetes] Betriebsvermögen zu berücksichtigen sind vgl. BFH-Urteil vom 22. August 2002 IV R 57/00, BFHE 200, 236, BStBl II 2003, 16).  

25

d) Eine Nutzungsänderung --wie hier-- führt danach allein grundsätzlich nicht zu einer Entnahme kraft schlüssigen Verhaltens (vgl. BFH-Beschluss vom 1. Februar 2000 IV B 138/98, BFH/NV 2000, 713, sowie BFH-Urteile in BFH/NV 2002, 1135; in BFHE 225, 367, BStBl II 2009, 811).

26

2. Diesen Grundsätzen entspricht die angefochtene Entscheidung nur zum Teil.

27

a) Sie ist allerdings aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden, soweit das FG die Voraussetzungen für eine Zuordnung des PKW BMW Cabrio zum gewillkürten Betriebsvermögen des Klägers und damit auch die Abziehbarkeit der darauf bezogenen Aufwendungen als Betriebsausgaben nach § 4 Abs. 4 EStG bei seinen Einkünften aus selbständiger Arbeit verneint hat.

28

Zwar hat der Kläger dieses Fahrzeug durch zeitnahe Aufnahme in das betriebliche Bestandsverzeichnis (R 31 Abs. 1 EStR) hinreichend erkennbar dem gewillkürten Betriebsvermögen zugeordnet (vgl. BFH-Urteil in BFHE 203, 373, BStBl II 2004, 985).  

29

Zu Recht hat aber das FG im Rahmen der ihm obliegenden tatrichterlichen und den Senat nach § 118 Abs. 2 FGO bindenden Würdigung in dem Vortrag der Kläger und in ihren Aufzeichnungen keinen --zeitnah zu erbringenden (vgl. BFH-Urteil in BFH/NV 2008, 1662)-- hinreichenden Nachweis dafür gesehen, dass der PKW im Streitjahr 2004 zu mindestens 10 % betrieblich genutzt wurde.

30

Der dagegen erhobene Einwand der Kläger, das Erfordernis zeitnaher Aufzeichnungen (vgl. BFH-Urteil in BFHE 203, 373, BStBl II 2004, 985, m.w.N.) gelte nicht für bereits in Vorjahren als Wirtschaftsgüter des Betriebsvermögens erfasste Fahrzeuge, ist für den PKW BMW Cabrio ohne Bedeutung, weil das Fahrzeug erst im Streitjahr 2004 angeschafft wurde.

31

Im Übrigen haben sich die Kläger im Revisionsverfahren auf den Hinweis beschränkt, zumindest mit ihrem Schriftsatz vom 14. Mai 2010 hinreichend einen betrieblichen Nutzungsumfang von 10 % nachgewiesen zu haben, ohne sich im Einzelnen mit der tatsächlichen Würdigung ihres Vortrags durch das FG auseinanderzusetzen.

32

Infolgedessen ist die in jeder Hinsicht mögliche tatsächliche Würdigung des FG, die insoweit darlegungs- und nachweispflichtigen Kläger hätten den Nachweis einer mindestens 10 %igen betrieblichen Nutzung des PKW BMW Cabrio nicht erbracht, nach Maßgabe des § 118 Abs. 2 FGO für den Senat bindend.

33

b) Die Entscheidung des FG ist gleichwohl aufzuheben, weil sie die Zuordnung des PKW Audi A3 zum gewillkürten Betriebsvermögen ausschließlich mit der Begründung verneint, in den Streitjahren fehle es an dem Nachweis der erforderlichen betrieblichen Nutzung zu mindestens 10 %.

34

aa) Ein betrieblicher Nutzungsanteil in den Streitjahren 2003 und 2004 von unter 10 % ist nämlich --wie die Kläger zu Recht geltend machen-- dann für die Zuordnung zum gewillkürten Betriebsvermögen ohne Bedeutung, wenn ein Wirtschaftsgut, wie hier der PKW Audi A3, (vor diesem Zeitraum) materiell-rechtlich wirksam durch erkennbaren äußeren Akt dem Betriebsvermögen zugeordnet wurde (vgl. BFH-Urteil in BFHE 203, 373, BStBl II 2004, 985), im Umfang von mindestens 10 % betrieblich genutzt wurde (vgl. BFH-Urteile in BFHE 203, 373, BStBl II 2004, 985; in BFH/NV 2011, 1311) und nicht durch ausdrückliche oder schlüssige Handlung des Steuerpflichtigen zu privaten Zwecken entnommen wurde (vgl. BFH-Urteil in BFHE 203, 373, BStBl II 2004, 985).

35

bb) Eine Nutzungsänderung --wie sie im Streitfall vom FA wegen Absenkung des betrieblichen Nutzungsanteils des PKW auf unter 10 % geltend gemacht wird-- ist --wie dargelegt-- grundsätzlich nicht als Entnahme kraft schlüssigen Verhaltens zu werten. Eine Ausnahme macht die Rechtsprechung nur für Nutzungsänderungen, die ihrer Art nach --anders als hier-- auf Dauer angelegt sind (BFH-Urteile vom 12. November 1964 IV 99/63 S, BFHE 81, 128, BStBl III 1965, 46, m.w.N. zur Bebauung eines Betriebsgrundstücks mit einem Wohnhaus zur dauerhaften alleinigen Nutzung durch den Betriebsinhaber; in BFHE 137, 294, BStBl II 1983, 448).

36

cc) Im Streitfall liegt weder eine ausdrückliche Entnahmehandlung noch eine solche durch schlüssiges Verhalten vor. Denn über die in ihrem Umfang streitige Absenkung des betrieblichen Nutzungsanteils hinaus sind selbst nach dem Vortrag des FA keine Anhaltspunkte für einen solchen Entnahmetatbestand gegeben. Danach ist --auch hinsichtlich der insoweit geltend gemachten Betriebsausgaben-- entscheidungserheblich, ob der Kläger den PKW Audi A3 zu Recht in den Vorjahren dem gewillkürten Betriebsvermögen zugerechnet hat.  

37

3. Die Sache ist nicht spruchreif. Sie ist vielmehr zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückzuverweisen, weil die bisherigen tatsächlichen Feststellungen des FG eine Beurteilung nicht zulassen, ob der PKW Audi A3 in den Jahren vor 2003 gewillkürtes Betriebsvermögen mit einem betrieblichen Nutzungsanteil von mindestens 10 % war.

38

Die Zuordnung zum gewillkürten Betriebsvermögen ist nämlich nicht schon aufgrund der Bestandskraft der Vorjahresveranlagungen oder aus Gründen des Vertrauensschutzes mit Wirkung für die Streitjahre anzunehmen.

39

a) Die Bestandskraft der Vorjahresveranlagungen betrifft nur den verfügenden Teil der Steuerbescheide. Demgegenüber bilden die für die Steuerfestsetzung maßgeblichen Besteuerungsgrundlagen --vom Fall ihrer gesonderten Feststellung abgesehen-- einen nicht selbständig anfechtbaren Teil der Bescheide (Beschluss des Großen Senats des BFH vom 17. Juli 1967 GrS 1/66, BFHE 91, 393, BStBl II 1968, 344).  

40

Infolgedessen müssen die Finanzbehörden bei der Festsetzung der Einkommensteuer für einen bestimmten Veranlagungszeitraum die Besteuerungsgrundlagen --wie hier die Zugehörigkeit von Wirtschaftsgütern zum Betriebsvermögen-- selbständig und ohne Bindung an ihren Ansatz in anderen Steuerbescheiden ermitteln und berücksichtigen (BFH-Urteile vom 9. Dezember 1987 I R 1/85, BFHE 151, 554, BStBl II 1988, 463; vom 27. September 1988 VIII R 432/83, BFHE 155, 83, BStBl II 1989, 225; vom 6. Dezember 1990 IV R 129/89, BFHE 163, 130, BStBl II 1991, 356; vom 14. November 2007 XI R 37/06, BFH/NV 2008, 365; zur Korrektur fehlerhafter Bilanzansätze nach den Grundsätzen des formellen Bilanzenzusammenhangs siehe BFH-Urteil vom 28. April 1998 VIII R 46/96, BFHE 185, 492, BStBl II 1998, 443).

41

b) Entsprechendes gilt für den geltend gemachten Anspruch auf Vertrauensschutz in die Fortführung der Zuordnung des PKW Audi A3 zum Betriebsvermögen in den Streitjahren entsprechend den Einkommensteuerveranlagungen der Vorjahre.

42

aa) Nach dem Grundsatz der Abschnittsbesteuerung (§ 25 Abs. 1 EStG) hat das FA in jedem Veranlagungszeitraum die einschlägigen Besteuerungsgrundlagen erneut zu prüfen und rechtlich zu würdigen (vgl. BFH-Urteile vom 17. Oktober 1990 I R 182/87, BFHE 162, 307, BStBl II 1991, 136, und vom 12. Dezember 1990 I R 176/87, BFH/NV 1991, 820).  

43

Eine als falsch erkannte Rechtsauffassung muss es zum frühest möglichen Zeitpunkt aufgeben, auch wenn der Steuerpflichtige auf diese Rechtsauffassung vertraut und entsprechend disponiert haben sollte (BFH-Urteile vom 23. Mai 1989 X R 17/85, BFHE 157, 516, BStBl II 1989, 879; vom 5. September 1990 X R 100/89, BFH/NV 1991, 217; vom 15. April 2004 IV R 51/02, BFH/NV 2004, 1393, und vom 29. April 2008 VIII R 75/05, BFHE 221, 136, BStBl II 2008, 817). Dies gilt selbst dann, wenn die Finanzbehörde über eine längere Zeitspanne eine rechtsirrige Auffassung vertreten hat (BFH-Urteil vom 22. Juni 1971 VIII 23/65, BFHE 103, 77, BStBl II 1971, 749), es sei denn, das Finanzamt hat eine entsprechende Behandlung in den Folgejahren zugesagt (vgl. BFH-Urteile vom 13. Dezember 1989 X R 208/87, BFHE 159, 114, BStBl II 1990, 274; in BFH/NV 1991, 217, sowie zu zusageähnlichen Vereinbarungen BFH-Urteil vom 11. Februar 1966 VI 229/63, BFHE 85, 409, BStBl III 1966, 486).  

44

Der Grundsatz der Abschnittsbesteuerung schließt danach die Bildung eines Vertrauenstatbestands aus, der über die im Steuerbescheid für ein Veranlagungsjahr zugrunde gelegte Entscheidung hinausgeht (Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 28. Juni 1993  1 BvR 1346/89, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung 1993, 544, und BFH-Beschluss vom 9. Dezember 2002 I B 7/02, BFH/NV 2003, 630; BFH-Urteil vom 14. Oktober 2009 X R 37/07, BFH/NV 2010, 406).

45

Auf dieser Grundlage kann die Nichtbeanstandung einer steuerrechtlich fehlerhaften Handhabung --wie hier die möglicherweise unrichtige ungeprüfte Übernahme der Zuordnung des PKW Audi A3 zum gewillkürten Betriebsvermögen des Klägers in den Vorjahren-- keinen schutzwürdigen Vertrauenstatbestand schaffen (BFH-Urteil in BFH/NV 1991, 217).

46

bb) Dies gilt nach der Rechtsprechung gleichermaßen für die Anforderungen an die Darlegungs- und Nachweispflichten des Steuerpflichtigen in den Folgejahren. Insbesondere kann die Würdigung eines Sachverhalts durch das Finanzamt in früheren Veranlagungszeiträumen nach dem Grundsatz der Abschnittsbesteuerung stets nur auf diese Zeiträume bezogen werden, so dass die aus einer solchen Würdigung für die Zukunft gezogenen Schlüsse --ggf. auch hinsichtlich der Notwendigkeit einer Beweisvorsorge in künftigen Veranlagungszeiträumen-- grundsätzlich allein der Verantwortungssphäre des Steuerpflichtigen zuzurechnen sind (vgl. BFH-Beschlüsse vom 2. August 2004 IX B 41/04, BFH/NV 2005, 68; vom 8. Juni 2006 IX B 121/05, BFH/NV 2006, 1655).

47

Nur wenn die frühere tatsächliche Sachverhaltswürdigung möglich war, ist eine bei späterer Aufgabe dieser Würdigung entstehende Beweisnot des Steuerpflichtigen durch angemessene Abmilderung der Regeln für die strenge richterliche Überzeugungsbildung nach § 96 Abs. 1 Satz 1 FGO zu berücksichtigen (vgl. BFH-Beschluss in BFH/NV 2005, 68).

48

c) Das FG hat danach im zweiten Rechtszug festzustellen, ob für die Streitjahre davon ausgegangen werden kann, dass der Kläger nach Maßgabe des aufzuklärenden Umfangs der betrieblichen Nutzung in den Vorjahren zu Recht eine Zuordnung des PKW Audi A3 zum Betriebsvermögen vorgenommen hat.

49

Ergeben die Feststellungen, dass die Zuordnung zum gewillkürten Betriebsvermögen mangels betrieblicher Nutzung von mindestens 10 % in den Vorjahren zu Unrecht vorgenommen wurde, ist für die Streitjahre nach Maßgabe der bisherigen bindenden tatsächlichen Feststellungen zur betrieblichen Nutzung des PKW Audi A3 im Streitzeitraum im Umfang von weniger als 10 % die Abziehbarkeit der streitigen Aufwendungen für das Fahrzeug als Betriebsausgaben zu verneinen.

Tatbestand

1

I. Die Beteiligten streiten über die gewinnmindernde Berücksichtigung von Verlusten aus Wertpapiergeschäften im Rahmen einer selbständig ausgeübten Tätigkeit als Ärztin.

2

Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) sind von Beruf Ärzte. Im Streitjahr 2001 betrieb die Klägerin eine im Herbst 1998 gegründete orthopädische Facharztpraxis als Einzelunternehmen, aus der sie Einkünfte aus selbständiger Arbeit erzielt.

3

Zur Finanzierung der Praxis nahm sie im September 1998 ein Darlehen bei einer Bank auf (Darlehen 1 in Höhe von 170.000 DM). Darüber hinaus räumte ihr die Bank eine Kreditlinie von 150.000 DM ein. Die Tilgung des Darlehens sollte vereinbarungsgemäß durch Tilgungsersatzleistungen in ein Wertpapierdepot (Depot 1) bei der Bank durch vierteljährliche Raten in Höhe von 3.000 DM und einer Anfangsrate von 50.000 DM erfolgen. Ferner war die Klägerin verpflichtet, zu vereinbarten Stichtagen Mittel in das Depot nachzuschießen, wenn der Kurswert der Wertpapiere des Depots unter den vereinbarten Werten liegen sollte. Als Sicherheiten für das Darlehen verpfändete sie das Depot und trat ihre Ansprüche aus zwei Lebensversicherungen ab. Weiterhin verbürgte sich der Kläger selbstschuldnerisch. Mit Schreiben vom 10. April 2000 teilte die Bank mit, das Depot 1 sei aus der Verpfändung entlassen worden.

4

Im Januar 2000 nahm die Klägerin ein weiteres betriebliches Darlehen in Höhe von 66.700 DM zur Finanzierung eines PKW (Darlehen 2) bei der Bank auf und erhöhte die bisher bestehende Betriebs-Kreditlinie um 70.000 DM. Als Sicherheit für die Erhöhung der Kreditlinie und das Darlehen 1 vom September 1998 verpfändete die Klägerin ihr zweites Wertpapierdepot (Depot 2) an die Bank. Im Januar 2004 tilgte sie aus diesem Depot das Darlehen 1 über 170.000 DM.

5

Die Verluste aus den Wertpapiergeschäften beider Depots erklärte die Klägerin in der Einkommensteuererklärung für 1999 als private Veräußerungsgeschäfte, die vom Beklagten und Revisionsbeklagten (Finanzamt --FA--) entsprechend berücksichtigt wurden. Den mit der Einkommensteuererklärung eingereichten Wertpapierabrechnungen der Bank war für das Depot 2 folgender Zusatz zu entnehmen: "Tilgungsersatz PBD" (PBD = "Praxis- und Betriebsmitteldarlehen").

6

Im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung für das Jahr 2000 erkannte das FA die Verluste aus den Wertpapiergeschäften im Zusammenhang mit dem Depot 2 antragsgemäß als Betriebsausgaben im Rahmen der Facharztpraxis der Klägerin an.

7

Für das Streitjahr (2001) gaben die Kläger zunächst keine Einkommensteuererklärung ab, so dass das FA die Einkünfte aus selbständiger Arbeit für die Klägerin unter Vorbehalt der Nachprüfung schätzte sowie den verbleibenden Verlustabzug auf den 31. Dezember 2001 ebenfalls unter Vorbehalt der Nachprüfung feststellte.

8

Während des dagegen geführten Einspruchsverfahrens reichten die Kläger die Einkommensteuererklärung für das Streitjahr ein.

9

Bei den für die Klägerin erklärten Einkünften aus selbständiger Arbeit waren auch ihre Verluste aus Wertpapiergeschäften in Höhe von 174.014 DM aus dem Depot 2 erfasst. Diese Verluste resultierten im Wesentlichen aus dem An- und Verkauf von Aktien verschiedener Unternehmen. Abgesehen von nur einem mehr als ein Jahr lang gehaltenen Papier betrug die durchschnittliche Haltedauer der für die Klägerin erworbenen und von ihr als Umlaufvermögen behandelten Wertpapiere in etwa 74 % der Fälle weniger als zwei Monate. Insgesamt wurden im Streitjahr 183 Transaktionen (An- und Verkäufe) für die Klägerin abgewickelt.

10

Die Verluste der Klägerin aus privaten Veräußerungsgeschäften beruhten auf Wertpapiergeschäften im Rahmen des Depots 1.

11

Mit den Einspruchsentscheidungen ließ das FA die Einkommensteuererklärung unberücksichtigt und wies die Einsprüche der Kläger zurück.

12

Dagegen erhoben die Kläger Klage.

13

Das Finanzgericht (FG) gab der dagegen erhobenen Klage mit seinem Urteil vom 25. September 2008  15 K 1235/04 (Entscheidungen der Finanzgerichte 2009, 94) teilweise statt. Hinsichtlich der Berücksichtigung der Verluste aus Wertpapiergeschäften aus dem Depot 2 als betriebliche Verluste wies es die Klage als unbegründet ab, weil die Wertpapiere des Depots 2 weder notwendiges noch gewillkürtes Betriebsvermögen der Klägerin gewesen und deshalb nicht bei ihren Einkünften aus selbständiger Arbeit zu erfassen seien.

14

Mit Bescheiden vom 28. November 2008 hat das FA die angefochtenen Bescheide erneut geändert.

15

Mit der Revision rügen die Kläger eine Verletzung des § 4 Abs. 3 und 4 des Einkommensteuergesetzes (EStG).

16

Zu Unrecht sei das FG davon ausgegangen, dass Wertpapiere dann nicht dem gewillkürten Betriebsvermögen eines Freiberuflers zugerechnet werden könnten, wenn das Wertpapierdepot häufig umgeschichtet werde und deshalb Gegenstand einer eigenen Einkommensquelle (Einkünfte aus Veräußerungsgeschäften) sei.

17

Auch Devisen- und Warentermingeschäfte eines Freiberuflers könnten zum gewillkürten Betriebsvermögen gehören, wenn die dafür verwendeten Geldmittel Liquiditätsreserve für Bürorenovierung oder Ersatzbeschaffung von Bürogeräten seien, zumal damit meist höhere Erträge als durch Anlage als Bankguthaben zu erzielen seien. Der Umstand, dass solche Geschäfte risikobehaftet seien, stehe dem nicht entgegen.

18

Entgegen der Auffassung des FG habe sich die Klägerin mit den vorgenommenen Umschichtungen nicht eine neue Erwerbsquelle erschlossen, sondern lediglich auf die im streitigen Veranlagungszeitraum schwierige Börsensituation reagiert.

19

Entgegen der Auffassung des FA seien die Wertpapiere auch durch unmissverständlichen Widmungsakt dem Betriebsvermögen gewidmet worden. Dies ergebe sich schon aus der Verwendung der PC-Buchhaltungssoftware, die eine nachträgliche Hinzufügung von Buchungssätzen mit "altem Datum" nicht zulasse. Vor diesem Hintergrund könne die erforderliche zeitnahe Erfassung als Wirtschaftsgut des Betriebsvermögens nicht unter Hinweis darauf verneint werden, dass die Kläger die aus den Wertpapiergeschäften erzielten Verluste bei ihrer selbst erstellten Gewinnermittlung außer Ansatz gelassen und erst im zeitlichen Zusammenhang mit der Erstellung der Steuererklärungen als betrieblichen Vorgang erfasst haben.

20

Die Kläger beantragen, das angefochtene Urteil aufzuheben sowie unter Änderung des Einkommensteueränderungsbescheids vom 28. November 2008 und des Feststellungsänderungsbescheids vom 28. November 2008 über den verbleibenden Verlustvortrag die Einkommensteuer für 2001 erklärungsgemäß herabzusetzen und den vortragsfähigen Verlust entsprechend erhöht festzustellen,

hilfsweise, die streitigen Verluste aus Wertpapiergeschäften gesondert festzustellen.

21

Das FA beantragt im Wesentlichen unter Bezugnahme auf die Entscheidungsgründe des FG-Urteils, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

22

Zugleich hat das FA in der mündlichen Verhandlung zugesagt, entsprechend dem Hilfsantrag die Verluste aus Wertpapiergeschäften gesondert festzustellen, soweit sie in dem während des Revisionsverfahrens ergangenen Änderungsbescheid noch nicht berücksichtigt sind.

Entscheidungsgründe

23

II. Die Revision ist unbegründet.

24

Nachdem die Vorentscheidung durch die nach § 68 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zum Gegenstand des Verfahrens gewordenen Änderungsbescheide vom 28. November 2008 überholt ist, entscheidet der Senat aufgrund seiner Befugnis aus den §§ 121 und 100 FGO in der Sache selbst (§ 126 Abs. 2 FGO).

25

Ohne Erfolg machen die Kläger geltend, die streitigen Wertpapiere seien dem gewillkürten Betriebsvermögen der ärztlichen Praxis der Klägerin zuzurechnen.

26

a) Zutreffend gehen die Beteiligten allerdings davon aus, dass auch Freiberufler mit Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG gewillkürtes Betriebsvermögen bilden können, wenn die Einbeziehung der betroffenen Wirtschaftsgüter in den betrieblichen Zusammenhang dem Rahmen betrieblicher Tätigkeit entspricht, der durch das freiberufliche Berufsbild geprägt wird (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 2. Oktober 2003 IV R 13/03, BFHE 203, 373, BStBl II 2004, 132, m.w.N. zur früheren abweichenden Rechtsprechung).

27

b) Wertpapiere können aber nur dann dem gewillkürten Betriebsvermögen eines Freiberuflers zugerechnet werden, wenn ausschließlich betriebliche Gründe für ihren Erwerb maßgeblich waren (vgl. BFH-Beschluss vom 10. Juni 1998 IV B 54/97, BFH/NV 1998, 1477 unter Bezugnahme auf BFH-Urteil vom 24. August 1989 IV R 80/88, BFHE 158, 254, BStBl II 1990, 17, und unter Aufgabe der früheren Auffassung in den BFH-Urteilen vom 22. Januar 1981 IV R 107/77, BFHE 133, 168, BStBl II 1981, 564, sowie vom 14. November 1972 VIII R 100/69, BFHE 108, 304, BStBl II 1973, 289; ebenso BFH-Urteile vom 15. Dezember 1999 XI R 11/99, BFH/NV 2000, 708; vom 23. September 2009 IV R 14/07, BFHE 226, 332, BStBl II 2010, 227; BFH-Beschlüsse vom 26. September 2007 VIII B 216/06, BFH/NV 2008, 42; vom 29. Januar 2009 III B 123/07, BFH/NV 2009, 916).

28

Daran fehlt es indessen, wenn es dem Steuerpflichtigen im Wesentlichen auf den Ertrag aus der Kapitalanlage ankommt (vgl. BFH-Urteil vom 12. Januar 2010 VIII R 34/07, BFHE 228, 212, BStBl II 2010, 612 zur Zurechnung der Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft zum Betriebsvermögen).

29

c) Nach diesen Grundsätzen ist im Streitfall eine Zurechnung der streitigen Wertpapiere zum gewillkürten Betriebsvermögen nicht möglich.

30

aa) Eine solche Zuordnung setzt voraus, dass die betroffenen Wirtschaftsgüter

31

- ihrer Art nach objektiv geeignet sind, dem Betrieb zu dienen und ihn zu fördern, und

32

- subjektiv von ihrem Eigentümer dazu bestimmt sind (vgl. dazu BFH-Beschluss vom 7. November 1995 III B 66/93, BFH/NV 1996, 327, m.w.N).

33

Dabei kann der erforderliche objektive Förderungszusammenhang nicht allein aufgrund einer Willensentscheidung des Steuerpflichtigen --wie durch die Erfassung in der Gewinnermittlung der freiberuflichen Praxis-- angenommen werden (vgl. Beschluss des Großen Senats des BFH vom 4. Juli 1990 GrS 2-3/88, BFHE 161, 290, BStBl II 1990, 817). Vielmehr ist für die Bestimmung des Steuerpflichtigen, das Wirtschaftsgut zur Erzielung betrieblicher Einkünfte zu verwenden, ein eindeutig nach außen verbindlich manifestierter, d.h. unmissverständlich, zeitnah und unumkehrbar dokumentierter, Widmungsakt erforderlich (vgl. BFH-Urteile vom 19. März 1981 IV R 39/78, BFHE 133, 513, BStBl II 1981, 731; vom 2. Oktober 2003 IV R 13/03, BFHE 203, 373, BStBl II 2004, 985; vom 23. April 2009 IV R 87/05, BFH/NV 2009, 1650 zu Verlusten aus dem Handel mit DAX-Optionsscheinen und aus Devisentermingeschäften).

34

bb) Im Streitfall fehlt es für die Zuordnung der streitigen Wertpapiere zum Betriebsvermögen schon an dem erforderlichen nach außen erkennbaren Widmungsakt der Klägerin. Denn die Zugehörigkeit des streitigen Wertpapierdepots zum Betriebsvermögen der ärztlichen Praxis der Klägerin ist den im FG-Verfahren vorgelegten Unterlagen (Depot-Unterlagen und Kontenplan) nicht zu entnehmen. Dies gilt insbesondere mit Blick auf den Vortrag der Kläger, die Erfassung der Wertpapiergeschäfte nicht zeitnah zu ihrer Abwicklung, sondern erst nach Ende des Streitzeitraums 2001 vorgenommen zu haben. Wer, wie die Kläger, Wertpapiere zunächst nicht in seiner Gewinnermittlung berücksichtigt, sondern erst mehr als zwei Jahre nach Ablauf des Veranlagungszeitraums im Rahmen des Einspruchsverfahrens gegen den angefochtenen Einkommensteuerbescheid geltend macht, er habe Wertpapiere dem gewillkürten Betriebsvermögen zugerechnet, versucht erst in diesem Zeitpunkt und damit nicht mehr zeitnah die erforderliche Dokumentation des Widmungsaktes zu schaffen.

35

Auf dieser Grundlage sind die streitigen Wertpapiergeschäfte der Klägerin getrennt von der im Übrigen freiberuflich ausgeübten ärztlichen Tätigkeit der Klägerin als private Veräußerungsgeschäfte zu beurteilen und die aus diesen Geschäften erzielten Verluste --wie vom FA in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat zugesagt-- gesondert festzustellen.

(1) Zu den Einkünften aus Kapitalvermögen gehören

1.
Gewinnanteile (Dividenden) und sonstige Bezüge aus Aktien, Genussrechten, mit denen das Recht am Gewinn und Liquidationserlös einer Kapitalgesellschaft verbunden ist, aus Anteilen an Gesellschaften mit beschränkter Haftung, an Genossenschaften sowie an einer optierenden Gesellschaft im Sinne des § 1a des Körperschaftsteuergesetzes.2Zu den sonstigen Bezügen gehören auch verdeckte Gewinnausschüttungen.3Die Bezüge gehören nicht zu den Einnahmen, soweit sie aus Ausschüttungen einer Körperschaft stammen, für die Beträge aus dem steuerlichen Einlagekonto im Sinne des § 27 des Körperschaftsteuergesetzes als verwendet gelten.4Als sonstige Bezüge gelten auch Einnahmen, die anstelle der Bezüge im Sinne des Satzes 1 von einem anderen als dem Anteilseigner nach Absatz 5 bezogen werden, wenn die Aktien mit Dividendenberechtigung erworben, aber ohne Dividendenanspruch geliefert werden;
2.
Bezüge, die nach der Auflösung einer Körperschaft oder Personenvereinigung im Sinne der Nummer 1 anfallen und die nicht in der Rückzahlung von Nennkapital bestehen; Nummer 1 Satz 3 gilt entsprechend.2Gleiches gilt für Bezüge, die auf Grund einer Kapitalherabsetzung oder nach der Auflösung einer unbeschränkt steuerpflichtigen Körperschaft oder Personenvereinigung im Sinne der Nummer 1 anfallen und die als Gewinnausschüttung im Sinne des § 28 Absatz 2 Satz 2 und 4 des Körperschaftsteuergesetzes gelten;
3.
Investmenterträge nach § 16 des Investmentsteuergesetzes;
3a.
Spezial-Investmenterträge nach § 34 des Investmentsteuergesetzes;
4.
Einnahmen aus der Beteiligung an einem Handelsgewerbe als stiller Gesellschafter und aus partiarischen Darlehen, es sei denn, dass der Gesellschafter oder Darlehensgeber als Mitunternehmer anzusehen ist.2Auf Anteile des stillen Gesellschafters am Verlust des Betriebes sind § 15 Absatz 4 Satz 6 bis 8 und § 15a sinngemäß anzuwenden;
5.
Zinsen aus Hypotheken und Grundschulden und Renten aus Rentenschulden.2Bei Tilgungshypotheken und Tilgungsgrundschulden ist nur der Teil der Zahlungen anzusetzen, der als Zins auf den jeweiligen Kapitalrest entfällt;
6.
der Unterschiedsbetrag zwischen der Versicherungsleistung und der Summe der auf sie entrichteten Beiträge (Erträge) im Erlebensfall oder bei Rückkauf des Vertrags bei Rentenversicherungen mit Kapitalwahlrecht, soweit nicht die lebenslange Rentenzahlung gewählt und erbracht wird, und bei Kapitalversicherungen mit Sparanteil, wenn der Vertrag nach dem 31. Dezember 2004 abgeschlossen worden ist.2Wird die Versicherungsleistung nach Vollendung des 60. Lebensjahres des Steuerpflichtigen und nach Ablauf von zwölf Jahren seit dem Vertragsabschluss ausgezahlt, ist die Hälfte des Unterschiedsbetrags anzusetzen.3Bei entgeltlichem Erwerb des Anspruchs auf die Versicherungsleistung treten die Anschaffungskosten an die Stelle der vor dem Erwerb entrichteten Beiträge.4Die Sätze 1 bis 3 sind auf Erträge aus fondsgebundenen Lebensversicherungen, auf Erträge im Erlebensfall bei Rentenversicherungen ohne Kapitalwahlrecht, soweit keine lebenslange Rentenzahlung vereinbart und erbracht wird, und auf Erträge bei Rückkauf des Vertrages bei Rentenversicherungen ohne Kapitalwahlrecht entsprechend anzuwenden.5Ist in einem Versicherungsvertrag eine gesonderte Verwaltung von speziell für diesen Vertrag zusammengestellten Kapitalanlagen vereinbart, die nicht auf öffentlich vertriebene Investmentfondsanteile oder Anlagen, die die Entwicklung eines veröffentlichten Indexes abbilden, beschränkt ist, und kann der wirtschaftlich Berechtigte unmittelbar oder mittelbar über die Veräußerung der Vermögensgegenstände und die Wiederanlage der Erlöse bestimmen (vermögensverwaltender Versicherungsvertrag), sind die dem Versicherungsunternehmen zufließenden Erträge dem wirtschaftlich Berechtigten aus dem Versicherungsvertrag zuzurechnen; Sätze 1 bis 4 sind nicht anzuwenden.6Satz 2 ist nicht anzuwenden, wenn
a)
in einem Kapitallebensversicherungsvertrag mit vereinbarter laufender Beitragszahlung in mindestens gleichbleibender Höhe bis zum Zeitpunkt des Erlebensfalls die vereinbarte Leistung bei Eintritt des versicherten Risikos weniger als 50 Prozent der Summe der für die gesamte Vertragsdauer zu zahlenden Beiträge beträgt und
b)
bei einem Kapitallebensversicherungsvertrag die vereinbarte Leistung bei Eintritt des versicherten Risikos das Deckungskapital oder den Zeitwert der Versicherung spätestens fünf Jahre nach Vertragsabschluss nicht um mindestens 10 Prozent des Deckungskapitals, des Zeitwerts oder der Summe der gezahlten Beiträge übersteigt.2Dieser Prozentsatz darf bis zum Ende der Vertragslaufzeit in jährlich gleichen Schritten auf Null sinken.
7Hat der Steuerpflichtige Ansprüche aus einem von einer anderen Person abgeschlossenen Vertrag entgeltlich erworben, gehört zu den Einkünften aus Kapitalvermögen auch der Unterschiedsbetrag zwischen der Versicherungsleistung bei Eintritt eines versicherten Risikos und den Aufwendungen für den Erwerb und Erhalt des Versicherungsanspruches; insoweit findet Satz 2 keine Anwendung.8Satz 7 gilt nicht, wenn die versicherte Person den Versicherungsanspruch von einem Dritten erwirbt oder aus anderen Rechtsverhältnissen entstandene Abfindungs- und Ausgleichsansprüche arbeitsrechtlicher, erbrechtlicher oder familienrechtlicher Art durch Übertragung von Ansprüchen aus Versicherungsverträgen erfüllt werden.9Bei fondsgebundenen Lebensversicherungen sind 15 Prozent des Unterschiedsbetrages steuerfrei oder dürfen nicht bei der Ermittlung der Einkünfte abgezogen werden, soweit der Unterschiedsbetrag aus Investmenterträgen stammt;
7.
Erträge aus sonstigen Kapitalforderungen jeder Art, wenn die Rückzahlung des Kapitalvermögens oder ein Entgelt für die Überlassung des Kapitalvermögens zur Nutzung zugesagt oder geleistet worden ist, auch wenn die Höhe der Rückzahlung oder des Entgelts von einem ungewissen Ereignis abhängt.2Dies gilt unabhängig von der Bezeichnung und der zivilrechtlichen Ausgestaltung der Kapitalanlage.3Erstattungszinsen im Sinne des § 233a der Abgabenordnung sind Erträge im Sinne des Satzes 1;
8.
Diskontbeträge von Wechseln und Anweisungen einschließlich der Schatzwechsel;
9.
Einnahmen aus Leistungen einer nicht von der Körperschaftsteuer befreiten Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse im Sinne des § 1 Absatz 1 Nummer 3 bis 5 des Körperschaftsteuergesetzes, die Gewinnausschüttungen im Sinne der Nummer 1 wirtschaftlich vergleichbar sind, soweit sie nicht bereits zu den Einnahmen im Sinne der Nummer 1 gehören; Nummer 1 Satz 2, 3 und Nummer 2 gelten entsprechend.2Satz 1 ist auf Leistungen von vergleichbaren Körperschaften, Personenvereinigungen oder Vermögensmassen, die weder Sitz noch Geschäftsleitung im Inland haben, entsprechend anzuwenden;
10.
a)
Leistungen eines nicht von der Körperschaftsteuer befreiten Betriebs gewerblicher Art im Sinne des § 4 des Körperschaftsteuergesetzes mit eigener Rechtspersönlichkeit, die zu mit Gewinnausschüttungen im Sinne der Nummer 1 Satz 1 wirtschaftlich vergleichbaren Einnahmen führen; Nummer 1 Satz 2, 3 und Nummer 2 gelten entsprechend;
b)
der nicht den Rücklagen zugeführte Gewinn und verdeckte Gewinnausschüttungen eines nicht von der Körperschaftsteuer befreiten Betriebs gewerblicher Art im Sinne des § 4 des Körperschaftsteuergesetzes ohne eigene Rechtspersönlichkeit, der den Gewinn durch Betriebsvermögensvergleich ermittelt oder Umsätze einschließlich der steuerfreien Umsätze, ausgenommen die Umsätze nach § 4 Nummer 8 bis 10 des Umsatzsteuergesetzes, von mehr als 350 000 Euro im Kalenderjahr oder einen Gewinn von mehr als 30 000 Euro im Wirtschaftsjahr hat, sowie der Gewinn im Sinne des § 22 Absatz 4 des Umwandlungssteuergesetzes.2Die Auflösung der Rücklagen zu Zwecken außerhalb des Betriebs gewerblicher Art führt zu einem Gewinn im Sinne des Satzes 1; in Fällen der Einbringung nach dem Sechsten und des Formwechsels nach dem Achten Teil des Umwandlungssteuergesetzes gelten die Rücklagen als aufgelöst.3Bei dem Geschäft der Veranstaltung von Werbesendungen der inländischen öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten gelten drei Viertel des Einkommens im Sinne des § 8 Absatz 1 Satz 3 des Körperschaftsteuergesetzes als Gewinn im Sinne des Satzes 1.4Die Sätze 1 und 2 sind bei wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben der von der Körperschaftsteuer befreiten Körperschaften, Personenvereinigungen oder Vermögensmassen entsprechend anzuwenden.5Nummer 1 Satz 3 gilt entsprechend.6Satz 1 in der am 12. Dezember 2006 geltenden Fassung ist für Anteile, die einbringungsgeboren im Sinne des § 21 des Umwandlungssteuergesetzes in der am 12. Dezember 2006 geltenden Fassung sind, weiter anzuwenden;
11.
Stillhalterprämien, die für die Einräumung von Optionen vereinnahmt werden; schließt der Stillhalter ein Glattstellungsgeschäft ab, mindern sich die Einnahmen aus den Stillhalterprämien um die im Glattstellungsgeschäft gezahlten Prämien.

(2)1Zu den Einkünften aus Kapitalvermögen gehören auch

1.
der Gewinn aus der Veräußerung von Anteilen an einer Körperschaft im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1.2Anteile an einer Körperschaft sind auch Genussrechte im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1, den Anteilen im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1 ähnliche Beteiligungen und Anwartschaften auf Anteile im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1;
2.
der Gewinn aus der Veräußerung
a)
von Dividendenscheinen und sonstigen Ansprüchen durch den Inhaber des Stammrechts, wenn die dazugehörigen Aktien oder sonstigen Anteile nicht mitveräußert werden.2Soweit eine Besteuerung nach Satz 1 erfolgt ist, tritt diese insoweit an die Stelle der Besteuerung nach Absatz 1;
b)
von Zinsscheinen und Zinsforderungen durch den Inhaber oder ehemaligen Inhaber der Schuldverschreibung, wenn die dazugehörigen Schuldverschreibungen nicht mitveräußert werden.2Entsprechendes gilt für die Einlösung von Zinsscheinen und Zinsforderungen durch den ehemaligen Inhaber der Schuldverschreibung.
2Satz 1 gilt sinngemäß für die Einnahmen aus der Abtretung von Dividenden- oder Zinsansprüchen oder sonstigen Ansprüchen im Sinne des Satzes 1, wenn die dazugehörigen Anteilsrechte oder Schuldverschreibungen nicht in einzelnen Wertpapieren verbrieft sind.3Satz 2 gilt auch bei der Abtretung von Zinsansprüchen aus Schuldbuchforderungen, die in ein öffentliches Schuldbuch eingetragen sind;
3.
der Gewinn
a)
bei Termingeschäften, durch die der Steuerpflichtige einen Differenzausgleich oder einen durch den Wert einer veränderlichen Bezugsgröße bestimmten Geldbetrag oder Vorteil erlangt;
b)
aus der Veräußerung eines als Termingeschäft ausgestalteten Finanzinstruments;
4.
der Gewinn aus der Veräußerung von Wirtschaftsgütern, die Erträge im Sinne des Absatzes 1 Nummer 4 erzielen;
5.
der Gewinn aus der Übertragung von Rechten im Sinne des Absatzes 1 Nummer 5;
6.
der Gewinn aus der Veräußerung von Ansprüchen auf eine Versicherungsleistung im Sinne des Absatzes 1 Nummer 6.2Das Versicherungsunternehmen hat nach Kenntniserlangung von einer Veräußerung unverzüglich Mitteilung an das für den Steuerpflichtigen zuständige Finanzamt zu machen und auf Verlangen des Steuerpflichtigen eine Bescheinigung über die Höhe der entrichteten Beiträge im Zeitpunkt der Veräußerung zu erteilen;
7.
der Gewinn aus der Veräußerung von sonstigen Kapitalforderungen jeder Art im Sinne des Absatzes 1 Nummer 7;
8.
der Gewinn aus der Übertragung oder Aufgabe einer die Einnahmen im Sinne des Absatzes 1 Nummer 9 vermittelnden Rechtsposition.
2Als Veräußerung im Sinne des Satzes 1 gilt auch die Einlösung, Rückzahlung, Abtretung oder verdeckte Einlage in eine Kapitalgesellschaft; in den Fällen von Satz 1 Nummer 4 gilt auch die Vereinnahmung eines Auseinandersetzungsguthabens als Veräußerung.3Die Anschaffung oder Veräußerung einer unmittelbaren oder mittelbaren Beteiligung an einer Personengesellschaft gilt als Anschaffung oder Veräußerung der anteiligen Wirtschaftsgüter.4Wird ein Zinsschein oder eine Zinsforderung vom Stammrecht abgetrennt, gilt dies als Veräußerung der Schuldverschreibung und als Anschaffung der durch die Trennung entstandenen Wirtschaftsgüter.5Eine Trennung gilt als vollzogen, wenn dem Inhaber der Schuldverschreibung die Wertpapierkennnummern für die durch die Trennung entstandenen Wirtschaftsgüter zugehen.

(3) Zu den Einkünften aus Kapitalvermögen gehören auch besondere Entgelte oder Vorteile, die neben den in den Absätzen 1 und 2 bezeichneten Einnahmen oder an deren Stelle gewährt werden.

(3a)1Korrekturen im Sinne des § 43a Absatz 3 Satz 7 sind erst zu dem dort genannten Zeitpunkt zu berücksichtigen.2Weist der Steuerpflichtige durch eine Bescheinigung der auszahlenden Stelle nach, dass sie die Korrektur nicht vorgenommen hat und auch nicht vornehmen wird, kann der Steuerpflichtige die Korrektur nach § 32d Absatz 4 und 6 geltend machen.

(4)1Gewinn im Sinne des Absatzes 2 ist der Unterschied zwischen den Einnahmen aus der Veräußerung nach Abzug der Aufwendungen, die im unmittelbaren sachlichen Zusammenhang mit dem Veräußerungsgeschäft stehen, und den Anschaffungskosten; bei nicht in Euro getätigten Geschäften sind die Einnahmen im Zeitpunkt der Veräußerung und die Anschaffungskosten im Zeitpunkt der Anschaffung in Euro umzurechnen.2In den Fällen der verdeckten Einlage tritt an die Stelle der Einnahmen aus der Veräußerung der Wirtschaftsgüter ihr gemeiner Wert; der Gewinn ist für das Kalenderjahr der verdeckten Einlage anzusetzen.3Ist ein Wirtschaftsgut im Sinne des Absatzes 2 in das Privatvermögen durch Entnahme oder Betriebsaufgabe überführt worden, tritt an die Stelle der Anschaffungskosten der nach § 6 Absatz 1 Nummer 4 oder § 16 Absatz 3 angesetzte Wert.4In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 6 gelten die entrichteten Beiträge im Sinne des Absatzes 1 Nummer 6 Satz 1 als Anschaffungskosten; ist ein entgeltlicher Erwerb vorausgegangen, gelten auch die nach dem Erwerb entrichteten Beiträge als Anschaffungskosten.5Gewinn bei einem Termingeschäft ist der Differenzausgleich oder der durch den Wert einer veränderlichen Bezugsgröße bestimmte Geldbetrag oder Vorteil abzüglich der Aufwendungen, die im unmittelbaren sachlichen Zusammenhang mit dem Termingeschäft stehen.6Bei unentgeltlichem Erwerb sind dem Einzelrechtsnachfolger für Zwecke dieser Vorschrift die Anschaffung, die Überführung des Wirtschaftsguts in das Privatvermögen, der Erwerb eines Rechts aus Termingeschäften oder die Beiträge im Sinne des Absatzes 1 Nummer 6 Satz 1 durch den Rechtsvorgänger zuzurechnen.7Bei vertretbaren Wertpapieren, die einem Verwahrer zur Sammelverwahrung im Sinne des § 5 des Depotgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 11. Januar 1995 (BGBl. I S. 34), das zuletzt durch Artikel 4 des Gesetzes vom 5. April 2004 (BGBl. I S. 502) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung anvertraut worden sind, ist zu unterstellen, dass die zuerst angeschafften Wertpapiere zuerst veräußert wurden.8Ist ein Zinsschein oder eine Zinsforderung vom Stammrecht abgetrennt worden, gilt als Veräußerungserlös der Schuldverschreibung deren gemeiner Wert zum Zeitpunkt der Trennung.9Für die Ermittlung der Anschaffungskosten ist der Wert nach Satz 8 entsprechend dem gemeinen Wert der neuen Wirtschaftsgüter aufzuteilen.

(4a)1Werden Anteile an einer Körperschaft, Vermögensmasse oder Personenvereinigung gegen Anteile an einer anderen Körperschaft, Vermögensmasse oder Personenvereinigung getauscht und wird der Tausch auf Grund gesellschaftsrechtlicher Maßnahmen vollzogen, die von den beteiligten Unternehmen ausgehen, treten abweichend von Absatz 2 Satz 1 und den §§ 13 und 21 des Umwandlungssteuergesetzes die übernommenen Anteile steuerlich an die Stelle der bisherigen Anteile, wenn das Recht der Bundesrepublik Deutschland hinsichtlich der Besteuerung des Gewinns aus der Veräußerung der erhaltenen Anteile nicht ausgeschlossen oder beschränkt ist oder die Mitgliedstaaten der Europäischen Union bei einer Verschmelzung Artikel 8 der Richtlinie 2009/133/EG des Rates vom 19. Oktober 2009 über das gemeinsame Steuersystem für Fusionen, Spaltungen, Abspaltungen, die Einbringung von Unternehmensteilen und den Austausch von Anteilen, die Gesellschaften verschiedener Mitgliedstaaten betreffen, sowie für die Verlegung des Sitzes einer Europäischen Gesellschaft oder einer Europäischen Genossenschaft von einem Mitgliedstaat in einen anderen Mitgliedstaat (ABl. L 310 vom 25.11.2009, S. 34) in der jeweils geltenden Fassung anzuwenden haben; in diesem Fall ist der Gewinn aus einer späteren Veräußerung der erworbenen Anteile ungeachtet der Bestimmungen eines Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung in der gleichen Art und Weise zu besteuern, wie die Veräußerung der Anteile an der übertragenden Körperschaft zu besteuern wäre, und § 15 Absatz 1a Satz 2 entsprechend anzuwenden.2Erhält der Steuerpflichtige in den Fällen des Satzes 1 zusätzlich zu den Anteilen eine Gegenleistung, gilt diese als Ertrag im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1.3Besitzt bei sonstigen Kapitalforderungen im Sinne des Absatzes 1 Nummer 7 der Inhaber das Recht, bei Fälligkeit anstelle der Zahlung eines Geldbetrags vom Emittenten die Lieferung von Wertpapieren im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1 zu verlangen oder besitzt der Emittent das Recht, bei Fälligkeit dem Inhaber anstelle der Zahlung eines Geldbetrags solche Wertpapiere anzudienen und macht der Inhaber der Forderung oder der Emittent von diesem Recht Gebrauch, ist abweichend von Absatz 4 Satz 1 das Entgelt für den Erwerb der Forderung als Veräußerungspreis der Forderung und als Anschaffungskosten der erhaltenen Wertpapiere anzusetzen; Satz 2 gilt entsprechend.4Werden Bezugsrechte veräußert oder ausgeübt, die nach § 186 des Aktiengesetzes, § 55 des Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung oder eines vergleichbaren ausländischen Rechts einen Anspruch auf Abschluss eines Zeichnungsvertrags begründen, wird der Teil der Anschaffungskosten der Altanteile, der auf das Bezugsrecht entfällt, bei der Ermittlung des Gewinns nach Absatz 4 Satz 1 mit 0 Euro angesetzt.5Werden einem Steuerpflichtigen von einer Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse, die weder Geschäftsleitung noch Sitz im Inland hat, Anteile zugeteilt, ohne dass der Steuerpflichtige eine Gegenleistung zu erbringen hat, sind sowohl der Ertrag als auch die Anschaffungskosten der erhaltenen Anteile mit 0 Euro anzusetzen, wenn die Voraussetzungen der Sätze 3, 4 und 7 nicht vorliegen; die Anschaffungskosten der die Zuteilung begründenden Anteile bleiben unverändert.6Soweit es auf die steuerliche Wirksamkeit einer Kapitalmaßnahme im Sinne der vorstehenden Sätze 1 bis 5 ankommt, ist auf den Zeitpunkt der Einbuchung in das Depot des Steuerpflichtigen abzustellen.7Geht Vermögen einer Körperschaft durch Abspaltung auf andere Körperschaften über, gelten abweichend von Satz 5 und § 15 des Umwandlungssteuergesetzes die Sätze 1 und 2 entsprechend.

(5)1Einkünfte aus Kapitalvermögen im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1 und 2 erzielt der Anteilseigner.2Anteilseigner ist derjenige, dem nach § 39 der Abgabenordnung die Anteile an dem Kapitalvermögen im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1 im Zeitpunkt des Gewinnverteilungsbeschlusses zuzurechnen sind.3Sind einem Nießbraucher oder Pfandgläubiger die Einnahmen im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1 oder 2 zuzurechnen, gilt er als Anteilseigner.

(6)1Verluste aus Kapitalvermögen dürfen nicht mit Einkünften aus anderen Einkunftsarten ausgeglichen werden; sie dürfen auch nicht nach § 10d abgezogen werden.2Die Verluste mindern jedoch die Einkünfte, die der Steuerpflichtige in den folgenden Veranlagungszeiträumen aus Kapitalvermögen erzielt.3§ 10d Absatz 4 ist sinngemäß anzuwenden; im Fall von zusammenveranlagten Ehegatten erfolgt ein gemeinsamer Verlustausgleich vor der Verlustfeststellung.4Verluste aus Kapitalvermögen im Sinne des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 Satz 1, die aus der Veräußerung von Aktien entstehen, dürfen nur mit Gewinnen aus Kapitalvermögen im Sinne des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 Satz 1, die aus der Veräußerung von Aktien entstehen, ausgeglichen werden; die Sätze 2 und 3 gelten sinngemäß.5Verluste aus Kapitalvermögen im Sinne des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 3 dürfen nur in Höhe von 20 000 Euro mit Gewinnen im Sinne des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 3 und mit Einkünften im Sinne des § 20 Absatz 1 Nummer 11 ausgeglichen werden; die Sätze 2 und 3 gelten sinngemäß mit der Maßgabe, dass nicht verrechnete Verluste je Folgejahr nur bis zur Höhe von 20 000 Euro mit Gewinnen im Sinne des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 3 und mit Einkünften im Sinne des § 20 Absatz 1 Nummer 11 verrechnet werden dürfen.6Verluste aus Kapitalvermögen aus der ganzen oder teilweisen Uneinbringlichkeit einer Kapitalforderung, aus der Ausbuchung wertloser Wirtschaftsgüter im Sinne des Absatzes 1, aus der Übertragung wertloser Wirtschaftsgüter im Sinne des Absatzes 1 auf einen Dritten oder aus einem sonstigen Ausfall von Wirtschaftsgütern im Sinne des Absatzes 1 dürfen nur in Höhe von 20 000 Euro mit Einkünften aus Kapitalvermögen ausgeglichen werden; die Sätze 2 und 3 gelten sinngemäß mit der Maßgabe, dass nicht verrechnete Verluste je Folgejahr nur bis zur Höhe von 20 000 Euro mit Einkünften aus Kapitalvermögen verrechnet werden dürfen.7Verluste aus Kapitalvermögen, die der Kapitalertragsteuer unterliegen, dürfen nur verrechnet werden oder mindern die Einkünfte, die der Steuerpflichtige in den folgenden Veranlagungszeiträumen aus Kapitalvermögen erzielt, wenn eine Bescheinigung im Sinne des § 43a Absatz 3 Satz 4 vorliegt.

(7)1§ 15b ist sinngemäß anzuwenden.2Ein vorgefertigtes Konzept im Sinne des § 15b Absatz 2 Satz 2 liegt auch vor, wenn die positiven Einkünfte nicht der tariflichen Einkommensteuer unterliegen.

(8)1Soweit Einkünfte der in den Absätzen 1, 2 und 3 bezeichneten Art zu den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft, aus Gewerbebetrieb, aus selbständiger Arbeit oder aus Vermietung und Verpachtung gehören, sind sie diesen Einkünften zuzurechnen.2Absatz 4a findet insoweit keine Anwendung.

(9)1Bei der Ermittlung der Einkünfte aus Kapitalvermögen ist als Werbungskosten ein Betrag von 1 000 Euro abzuziehen (Sparer-Pauschbetrag); der Abzug der tatsächlichen Werbungskosten ist ausgeschlossen.2Ehegatten, die zusammen veranlagt werden, wird ein gemeinsamer Sparer-Pauschbetrag von 2 000 Euro gewährt.3Der gemeinsame Sparer-Pauschbetrag ist bei der Einkunftsermittlung bei jedem Ehegatten je zur Hälfte abzuziehen; sind die Kapitalerträge eines Ehegatten niedriger als 1 000 Euro, so ist der anteilige Sparer-Pauschbetrag insoweit, als er die Kapitalerträge dieses Ehegatten übersteigt, bei dem anderen Ehegatten abzuziehen.4Der Sparer-Pauschbetrag und der gemeinsame Sparer-Pauschbetrag dürfen nicht höher sein als die nach Maßgabe des Absatzes 6 verrechneten Kapitalerträge.

Tatbestand

1

I. Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) sind Eheleute und wurden im Streitjahr 2000 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kläger erzielt seit 1991 als Arzt für Innere Medizin Einkünfte aus selbständiger Arbeit, die er im Streitjahr nach § 4 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) ermittelte.

2

Der Kläger wies in seiner Bilanz zum 31. Dezember 2000 Darlehen in Höhe von 2.038.058,89 DM aus, die in Höhe von insgesamt 500.000 DM auf dem Erwerb der Praxis im Jahre 1991 beruhten. Die entsprechenden Finanzierungsdarlehen schuldete der Kläger in zwei Währungsdarlehen um. Mit weiteren Darlehen in den Jahren ab 1992 finanzierte der Kläger im Rahmen eines Mehrkontenmodells im Wesentlichen den Kauf eines Privathauses zum Preis von 1,2 Mio. DM. Ab 1998 schuldete der Kläger die Darlehen zum Teil in Fremdwährungsdarlehen mit unterschiedlichen Laufzeiten ohne Tilgungsmöglichkeiten um. Sie waren endfällig in einem Betrag zurückzuzahlen.

3

Für die Fremdwährungsdarlehen verlangte die Bank wegen der Kursrisiken Sicherheitszuschläge und --wegen Erhöhung der Verbindlichkeiten um 500.000 DM aufgrund von Wechselkursänderungen in den Jahren 1996 bis 2000-- zusätzlich Sicherheiten, die der Kläger u.a. durch Briefgrundschulden, Übernahme persönlicher Haftung, Abtretung von Ansprüchen gegen die kassenärztliche Vereinigung sowie durch Sicherungsabtretung seiner Praxiseinrichtung, Verpfändung eines Wertpapierdepots und Abtretung von Ansprüchen aus Kapitallebensversicherungen gewährte. Durch die Verpfändung des Wertpapierdepots war eine freie Disposition über die Wertpapiere nur mit Zustimmung der Bank möglich.

4

Mit betrieblichen Mitteln hatte der Kläger seit 1998 in großer Zahl Aktien erworben, diese zum Teil wieder verkauft und teilweise auch zur Darlehenstilgung eingesetzt.

5

Außerdem kaufte und verkaufte er in den Jahren 1999 und 2000 Geldmarktfonds.

6

Auf dem betrieblichen Sachkonto 1362 (Wertpapiere) buchte er am 5. Januar 2000 einen Betrag in Höhe von 495.846,58 DM.

7

Die Bilanz zum 31. Dezember 2000 wies Wertpapiere als Umlaufvermögen aus. Der Kläger ermittelte insoweit Kursverluste von 152.836,30 DM, die er als Betriebsausgaben erklärte.

8

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) setzte in dem unter dem Vorbehalt der Nachprüfung ergangenen Einkommensteuerbescheid für 2000 einen Gewinn aus selbständiger Arbeit des Klägers in Höhe von 509.626 DM an. Die Kursverluste in Höhe von 152.836,30 DM erkannte er nicht als Betriebsausgaben an. Außerdem erfasste er Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften des Klägers in Höhe von 12.644,45 DM und ging von Überentnahmen zum 31. Dezember 2000 in Höhe von 268.494 DM aus.

9

Gegen diesen Bescheid erhoben die Kläger nach erfolglosem Einspruchsverfahren Klage.

10

Während des Klageverfahrens fand beim Kläger eine Außenprüfung statt. Im Bericht über diese Prüfung führte der Prüfer zu Zinsen nach § 4 Abs. 4a EStG u.a. aus, die Einlagen des Jahres 2000 seien um 495.846 DM zu kürzen, da die Einlage von Wertpapieren in das Betriebsvermögen bereits bei der Zinsberechnung für 1999 nicht anerkannt worden sei. Er ermittelte die gemäß § 4 Abs. 4a EStG als nicht abziehbar behandelten Schuldzinsen wie folgt:

11

DM

 Gewinn 2000    

508.473

+ Einlagen 2000 

 +  32.789

 - Entnahmen

 - 934.863

= Überentnahmen  

 = 393.601

 

Schuldzinsen 2000 lt. Gewinn- und Verlustrechnung 

73.584

 - Zinsen aus Investitionsdarlehen

 - 30.775

 = verbleibende Schuldzinsen

 = 42.809

 - Mindestabzugsbetrag

 - 4.000

Nicht abziehbare Schuldzinsen 

  38.809

 

12

Auf der Grundlage dieser Feststellungen erließ das FA gemäß § 164 Abs. 2 der Abgabenordnung einen Einkommensteueränderungsbescheid für das Streitjahr.

13

Im Anschluss daran wies das Finanzgericht (FG) die Klage, gerichtet auf den Ansatz der Einkünfte des Klägers aus selbständiger Arbeit in Höhe von 381.484 DM sowie auf die Verminderung des Ansatzes seiner Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften um 2.044 DM, mit Urteil vom 11. Oktober 2007 5 K 231/04 (Entscheidungen der Finanzgerichte 2008, 538) ab.

14

Mit der Revision rügen die Kläger die Verletzung materiellen Rechts.

15

Zu Unrecht habe das FG unter Bezugnahme auf das Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 14. November 1972 VIII R 100/69 (BFHE 108, 304, BStBl II 1973, 289) die betriebliche Veranlassung des Erwerbs von Wertpapieren zur betrieblichen Renditeerhöhung und im Falle von Aktien als Tilgungsersatz für betriebliche Darlehen verneint. Im Übrigen habe das FG nicht hinreichend berücksichtigt, dass wegen der Zuordnung der Wertpapiere zum Privatvermögen Unterentnahmen nicht beseitigt und darüber hinaus die Begünstigung von nicht entnommenen Gewinnen i.S. des § 34a EStG i.d.F. des Unternehmensteuerreformgesetzes 2008 vom 14. August 2007 (BGBl I 2007, 1912) nicht in Anspruch genommen werden könnten.

16

Insbesondere müsse berücksichtigt werden, dass der Kläger als Facharzt für Innere Medizin --anders als der in der Entscheidung in BFHE 108, 304, BStBl II 1973, 289 beurteilte freiberuflich tätige Rechtsanwalt-- erhebliche Sachinvestitionen nicht nur in eine normale Praxiseinrichtung sondern in Diagnosegeräte im Umfang zwischen 300.000 € bis 2.500.000 € tätigen müsse. Die insoweit bestehenden Betriebsdarlehen in Höhe von 2.038.058,99 DM habe er zurückführen müssen. Anstelle einer im Streitfall nicht in Betracht gekommenen laufenden Tilgung sei dies mittels Ansparung in Form von Wertpapieren erfolgt.

17

Die Kläger beantragen,

das FG-Urteil aufzuheben und den angefochtenen Bescheid in der Weise zu ändern, dass nur Schuldzinsen in Höhe von 25.280 DM als nicht abziehbare Betriebsausgaben des Klägers bei seinen Einkünften aus selbständiger Arbeit berücksichtigt werden.

18

Das FA beantragt, im Wesentlichen unter Bezugnahme auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils,

die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

19

II. 1. Gegenstand der Revision ist nach Maßgabe des Antrags der Kläger in der mündlichen Verhandlung das Begehren, die angefochtene Einkommensteuerfestsetzung in Gestalt des Änderungsbescheides vom 21. September 2005 in der Weise zu ändern, dass die in Anwendung des § 4 Abs. 4a EStG nicht als Betriebsausgaben abziehbaren Schuldzinsen auf 25.280 DM beschränkt werden, so dass weitere Betriebsausgaben von 13.529 DM bei den Einkünften des Klägers aus selbständiger Arbeit in Ansatz gebracht werden.

20

Zu Recht machen die Kläger damit anders als in der Vorinstanz nicht mehr geltend, den vom FA angesetzten Gewinn aus selbständiger Arbeit in Höhe von 508.473 DM auch um die zunächst geltend gemachten Kursverluste aus Wertpapier- und Anlagegeschäften in Höhe von 152.836 DM zu verringern. Denn Kursverluste ohne Realisierungsvorgang sind für sich genommen einkommensteuerlich unerheblich, sofern sie nicht im Wege der Teilwertabschreibung geltend gemacht werden (vgl. dazu BFH-Urteil vom 26. September 2007 I R 58/06, BFHE 219, 100, BStBl II 2009, 294); eine solche Teilwertabschreibung haben die Kläger indessen ausweislich ihrer Erklärung im Erörterungstermin vor dem FG ausdrücklich nicht in Anspruch nehmen wollen.

21

Abgesehen davon waren die Wertpapiere mangels Widmungsakts vor dem 5. Januar 2000 nicht Bestandteil des Betriebsvermögens; sie sind mithin allenfalls im Zeitpunkt der Einbuchung am 5. Januar 2000 eingelegt worden und zu diesem Zeitpunkt mit dem von der Bank zum 31. Dezember 1999 bestätigten Wert anzusetzen, wenn sie ihrer Art nach einlagefähige Wirtschaftsgüter im Rahmen einer freiberuflichen Praxis sind (s. dazu unter II.2.d der Gründe dieses Urteils).

22

2. Die Revision ist begründet. Das angefochtene Urteil ist aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückzuverweisen (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).

23

Die bisherigen tatsächlichen Feststellungen des FG lassen den Schluss nicht zu, das FA habe den Betrag der nicht abziehbaren Schuldzinsen nach § 4 Abs. 4a EStG mit 38.809 DM zutreffend bemessen. Ebenso wenig kann auf der Grundlage dieser Feststellungen beurteilt werden, ob dieser Betrag nach Maßgabe des Revisionsantrags der Kläger auf 25.280 DM zu mindern ist.

24

a) § 4 Abs. 4a EStG schließt nach Maßgabe der Sätze 2 bis 4 den Abzug von Schuldzinsen aus, wenn Überentnahmen getätigt worden sind. Eine Überentnahme ist der Betrag, um den die Entnahmen die Summe des Gewinns und der Einlagen des Wirtschaftsjahres übersteigen. Dabei werden die nicht abziehbaren Schuldzinsen typisiert mit 6 % der Überentnahme des Wirtschaftsjahres zuzüglich der Überentnahmen vorangegangener Wirtschaftsjahre und abzüglich der Beträge, um die in den vorangegangenen Wirtschaftsjahren der Gewinn und die Einlagen die Entnahmen überstiegen haben (Unterentnahmen), ermittelt.

25

b) Das FA hat die im Streitjahr nach § 4 Abs. 4a EStG zu berücksichtigende Überentnahme mit 764.358 DM angesetzt (Überentnahme 2000 in Höhe von 393.601 DM + Überentnahme 1999 in Höhe von 370.757 DM). Der Ansatz dieser Entnahme beruht auf dem Ansatz der Entnahmen in den Bilanzen des Klägers für die Jahre 1999 und 2000, die ersichtlich nicht die streitigen Wertpapiergeschäfte des Klägers, sondern lediglich sonstige Privatentnahmen und insbesondere Steuerzahlungen sowie Spenden betreffen.

26

Auf dieser Grundlage beträgt der Kürzungsbetrag nach § 4 Abs. 4a EStG 45.861 DM (764.358 DM x 6 %), der den Betrag der vom FA errechneten verbleibenden betrieblichen Schuldzinsen in Höhe von 42.809 DM ersichtlich übersteigt und damit einen weiteren Schuldzinsenabzug ausschließt.

27

c) Das Begehren der Kläger kann mithin nur Erfolg haben, wenn durch Einlage der Wertpapiere in das Betriebsvermögen der ärztlichen Praxis der (neu zu berechnende) Betrag der Überentnahmen (bisher lt. FA 764.358 DM) unter Ansatz der Verzinsung von 6 % nur noch nicht abziehbare Schuldzinsen von 25.280 DM ergibt. Dies setzt eine Minderung der Überentnahmen auf 225.483 DM (13.529 DM : 6 x 100), mithin gegenüber dem Ansatz des FA von 764.358 DM eine Minderung auf 538.875 DM (= 275.522,41 €) voraus.

28

Auf diesen Betrag von 275.522,41 € sind die Überentnahmen --durch den Ansatz der von den Klägern geltend gemachten Einlage der Wertpapiere-- nur zu mindern, wenn zum einen die am 5. Januar 2000 eingelegten Geldmarktfonds mit einem Kurswert zum 31. Dezember 1999 von 166.693 DM und zum anderen zumindest ein Teil der zugleich eingelegten Aktien mit einem Kurswert von etwa 329.152 DM Wirtschaftsgüter sind, die ihrer Art nach geeignet und bestimmt sind, dem Betrieb eines freiberuflich tätigen Arztes zu dienen.

29

d) Nach ständiger Rechtsprechung können auch Freiberufler gewillkürtes Betriebsvermögen bilden (vgl. BFH-Urteil vom 2. Oktober 2003 IV R 13/03, BFHE 203, 373, BStBl II 2004, 985, m.w.N. zur früheren abweichenden Rechtsprechung). Dies gilt für Geldgeschäfte --wie hier den Erwerb von Wertpapieren-- aber nur, wenn dafür ausschließlich betriebliche Gründe maßgeblich sind (BFH-Beschluss vom 10. Juni 1998 IV B 54/97, BFH/NV 1998, 1477 unter Bezugnahme auf BFH-Urteil vom 24. August 1989 IV R 80/88, BFHE 158, 254, BStBl II 1990, 17, und unter Aufgabe der früheren Auffassung in den Urteilen vom 22. Januar 1981 IV R 107/77, BFHE 133, 168, BStBl II 1981, 564, sowie in BFHE 108, 304, BStBl II 1973, 289; ebenso BFH-Urteile vom 15. Dezember 1999 XI R 11/99, BFH/NV 2000, 708; vom 23. September 2009 IV R 14/07, BFHE 226, 332, BStBl II 2010, 227; BFH-Beschlüsse vom 26. September 2007 VIII B 216/06, BFH/NV 2008, 42; vom 29. Januar 2009 III B 123/07, BFH/NV 2009, 916).

30

aa) Für einen solchen unmittelbaren Zusammenhang der Wertpapiere mit dem freiberuflichen Betrieb reicht es weder aus, dass die Wertpapiere aus betrieblichen Mitteln erworben worden sind (vgl. BFH-Urteil vom 6. März 1991 X R 57/88, BFHE 164, 246, BStBl II 1991, 829) noch dass sie in der Gewinnermittlung ausgewiesen sind (vgl. Beschluss des Großen Senats des BFH vom 4. Juli 1990 GrS 2-3/88, BFHE 161, 290, BStBl II 1990, 817) noch dass sie als Sicherheit für betriebliche Schulden dienen (vgl. BFH-Urteile vom 4. April 1973 I R 159/71, BFHE 109, 337, BStBl II 1973, 628; vom 10. November 2004 XI R 32/01, BFHE 208, 514, BStBl II 2005, 431; vom 17. Januar 2006 VIII R 60/02, BFHE 213, 5, BStBl 2006, 434).

31

bb) Danach sind Geldgeschäfte, die ihrer Art nach zu Einkünften i.S. des § 20 EStG führen, grundsätzlich getrennt von der freiberuflichen Tätigkeit zu beurteilen (BFH-Urteile vom 23. Mai 1985 IV R 198/83, BFHE 144, 53, BStBl II 1985, 517; vom 31. Mai 2001 IV R 49/00, BFHE 195, 386, BStBl II 2001, 828; vom 12. Januar 2010 VIII R 34/07, BFHE 228, 212, BStBl II 2010, 612), insbesondere wenn es dem Steuerpflichtigen im Wesentlichen auf den Ertrag aus der Kapitalanlage ankommt (vgl. BFH-Urteil in BFHE 228, 212, BStBl II 2010, 612, m.w.N.). Den Einkünften aus selbständiger Arbeit sind sie nur zuzurechnen, wenn sie als Hilfsgeschäft zur freiberuflichen Tätigkeit angesehen werden können. Ein solches Hilfsgeschäft kann z.B. vorliegen, wenn ein als Sicherheit für betriebliche Schulden verpfändetes Wertpapierdepot in seiner Verwendung so festgelegt ist, dass es aus der Sicht der kreditgebenden Bank untrennbarer Bestandteil eines Finanzierungskonzepts für den freiberuflichen Betrieb ist, das über die Verwendung des Depots als Kreditsicherheit hinausgeht (vgl. in diesem Sinne auch BFH-Urteil vom 3. März 2011 IV R 45/08, BFHE 233, 137, BStBl II 2011, 552 zum Abschluss einer Lebensversicherung durch eine Personengesellschaft, um Mittel für die Tilgung betrieblicher Kredite anzusparen).

32

e) Nach diesen Grundsätzen kann auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen des FG nicht abschließend beurteilt werden, ob und in welchem Umfang die Geldgeschäfte des Klägers (An- und Verkäufe von Geldmarktfonds sowie von Aktien) als Hilfsgeschäfte seiner freiberuflichen Tätigkeit als Arzt zu beurteilen sind.

33

Zum einen kann der Charakter als Hilfsgeschäft der ärztlichen Tätigkeit --wie ausgeführt-- nicht allein aus dem Einsatz der Wertpapiergeschäfte als Sicherheit für betriebliche Darlehen oder als beabsichtigte Liquiditätsreserve --ohne konkrete Investitionsplanung-- gefolgert werden. Etwas anderes kann insbesondere nicht dem von den Klägern in Bezug genommenen BFH-Urteil in BFHE 108, 304, BStBl II 1973, 289 entnommen werden.

34

Selbst nach dieser Entscheidung kommt nämlich eine Zuordnung zum gewillkürten Betriebsvermögen nicht in Betracht, wenn die vom Betriebsinhaber erworbenen Wertpapiere der Erschließung einer eigenen Einkunftsquelle dienen. Danach lassen insbesondere kurzfristige Umschichtungen der im Depot vorhandenen Wertpapiere darauf schließen, dass eine eigene Einkunftsquelle aus Veräußerungsgeschäften angestrebt werden soll (vgl. dazu auch BFH-Urteil in BFHE 158, 254, BStBl II 1990, 17).

35

Zum anderen spricht die Erfassung der Wertpapiere als Umlaufvermögen gegen die Annahme eines betrieblichen Zusammenhangs und für die Annahme einer von der ärztlichen Tätigkeit zu trennenden --auf die Erzielung von Einkünften aus Kapitalvermögen durch An- und Verkauf von Wertpapieren gerichteten-- Tätigkeit des Klägers.

36

Andererseits kann im Streitfall angesichts des Umstandes, dass die Wertpapiere nur mit Zustimmung der Bank veräußert werden durften, nicht ausgeschlossen werden, dass die streitigen Wertpapiere wie auch die Führung des Wertpapierdepots insgesamt aus der Sicht der Bank untrennbarer Bestandteil eines Finanzierungskonzepts der ärztlichen Praxis des Klägers waren, das über eine bloße Verwendung des Wertpapierdepots als Sicherheit für die betrieblichen Kredite hinausging.

37

3. Die Sache ist nicht spruchreif. Das FG wird die erforderlichen tatsächlichen Feststellungen nachholen, ob die am 5. Januar 2000 in den Betrieb eingelegten Geldmarktfonds und Aktien ganz oder teilweise objektiv --insbesondere nach den Vereinbarungen zwischen dem Kläger und der sowohl die betrieblichen Kredite als auch das Wertpapierdepot verwaltenden Bank-- dem Betrieb zu dienen geeignet und bestimmt waren oder ob sowohl Geldmarktfonds als auch Aktien unverändert wie zuvor Gegenstand der vom Kläger erwirtschafteten Einkünfte aus Kapitalvermögen nach § 20 EStG und der Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften nach § 23 EStG waren.

Tatbestand

1

I. Die Beteiligten streiten über die gewinnmindernde Berücksichtigung von Verlusten aus Wertpapiergeschäften im Rahmen einer selbständig ausgeübten Tätigkeit als Ärztin.

2

Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) sind von Beruf Ärzte. Im Streitjahr 2001 betrieb die Klägerin eine im Herbst 1998 gegründete orthopädische Facharztpraxis als Einzelunternehmen, aus der sie Einkünfte aus selbständiger Arbeit erzielt.

3

Zur Finanzierung der Praxis nahm sie im September 1998 ein Darlehen bei einer Bank auf (Darlehen 1 in Höhe von 170.000 DM). Darüber hinaus räumte ihr die Bank eine Kreditlinie von 150.000 DM ein. Die Tilgung des Darlehens sollte vereinbarungsgemäß durch Tilgungsersatzleistungen in ein Wertpapierdepot (Depot 1) bei der Bank durch vierteljährliche Raten in Höhe von 3.000 DM und einer Anfangsrate von 50.000 DM erfolgen. Ferner war die Klägerin verpflichtet, zu vereinbarten Stichtagen Mittel in das Depot nachzuschießen, wenn der Kurswert der Wertpapiere des Depots unter den vereinbarten Werten liegen sollte. Als Sicherheiten für das Darlehen verpfändete sie das Depot und trat ihre Ansprüche aus zwei Lebensversicherungen ab. Weiterhin verbürgte sich der Kläger selbstschuldnerisch. Mit Schreiben vom 10. April 2000 teilte die Bank mit, das Depot 1 sei aus der Verpfändung entlassen worden.

4

Im Januar 2000 nahm die Klägerin ein weiteres betriebliches Darlehen in Höhe von 66.700 DM zur Finanzierung eines PKW (Darlehen 2) bei der Bank auf und erhöhte die bisher bestehende Betriebs-Kreditlinie um 70.000 DM. Als Sicherheit für die Erhöhung der Kreditlinie und das Darlehen 1 vom September 1998 verpfändete die Klägerin ihr zweites Wertpapierdepot (Depot 2) an die Bank. Im Januar 2004 tilgte sie aus diesem Depot das Darlehen 1 über 170.000 DM.

5

Die Verluste aus den Wertpapiergeschäften beider Depots erklärte die Klägerin in der Einkommensteuererklärung für 1999 als private Veräußerungsgeschäfte, die vom Beklagten und Revisionsbeklagten (Finanzamt --FA--) entsprechend berücksichtigt wurden. Den mit der Einkommensteuererklärung eingereichten Wertpapierabrechnungen der Bank war für das Depot 2 folgender Zusatz zu entnehmen: "Tilgungsersatz PBD" (PBD = "Praxis- und Betriebsmitteldarlehen").

6

Im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung für das Jahr 2000 erkannte das FA die Verluste aus den Wertpapiergeschäften im Zusammenhang mit dem Depot 2 antragsgemäß als Betriebsausgaben im Rahmen der Facharztpraxis der Klägerin an.

7

Für das Streitjahr (2001) gaben die Kläger zunächst keine Einkommensteuererklärung ab, so dass das FA die Einkünfte aus selbständiger Arbeit für die Klägerin unter Vorbehalt der Nachprüfung schätzte sowie den verbleibenden Verlustabzug auf den 31. Dezember 2001 ebenfalls unter Vorbehalt der Nachprüfung feststellte.

8

Während des dagegen geführten Einspruchsverfahrens reichten die Kläger die Einkommensteuererklärung für das Streitjahr ein.

9

Bei den für die Klägerin erklärten Einkünften aus selbständiger Arbeit waren auch ihre Verluste aus Wertpapiergeschäften in Höhe von 174.014 DM aus dem Depot 2 erfasst. Diese Verluste resultierten im Wesentlichen aus dem An- und Verkauf von Aktien verschiedener Unternehmen. Abgesehen von nur einem mehr als ein Jahr lang gehaltenen Papier betrug die durchschnittliche Haltedauer der für die Klägerin erworbenen und von ihr als Umlaufvermögen behandelten Wertpapiere in etwa 74 % der Fälle weniger als zwei Monate. Insgesamt wurden im Streitjahr 183 Transaktionen (An- und Verkäufe) für die Klägerin abgewickelt.

10

Die Verluste der Klägerin aus privaten Veräußerungsgeschäften beruhten auf Wertpapiergeschäften im Rahmen des Depots 1.

11

Mit den Einspruchsentscheidungen ließ das FA die Einkommensteuererklärung unberücksichtigt und wies die Einsprüche der Kläger zurück.

12

Dagegen erhoben die Kläger Klage.

13

Das Finanzgericht (FG) gab der dagegen erhobenen Klage mit seinem Urteil vom 25. September 2008  15 K 1235/04 (Entscheidungen der Finanzgerichte 2009, 94) teilweise statt. Hinsichtlich der Berücksichtigung der Verluste aus Wertpapiergeschäften aus dem Depot 2 als betriebliche Verluste wies es die Klage als unbegründet ab, weil die Wertpapiere des Depots 2 weder notwendiges noch gewillkürtes Betriebsvermögen der Klägerin gewesen und deshalb nicht bei ihren Einkünften aus selbständiger Arbeit zu erfassen seien.

14

Mit Bescheiden vom 28. November 2008 hat das FA die angefochtenen Bescheide erneut geändert.

15

Mit der Revision rügen die Kläger eine Verletzung des § 4 Abs. 3 und 4 des Einkommensteuergesetzes (EStG).

16

Zu Unrecht sei das FG davon ausgegangen, dass Wertpapiere dann nicht dem gewillkürten Betriebsvermögen eines Freiberuflers zugerechnet werden könnten, wenn das Wertpapierdepot häufig umgeschichtet werde und deshalb Gegenstand einer eigenen Einkommensquelle (Einkünfte aus Veräußerungsgeschäften) sei.

17

Auch Devisen- und Warentermingeschäfte eines Freiberuflers könnten zum gewillkürten Betriebsvermögen gehören, wenn die dafür verwendeten Geldmittel Liquiditätsreserve für Bürorenovierung oder Ersatzbeschaffung von Bürogeräten seien, zumal damit meist höhere Erträge als durch Anlage als Bankguthaben zu erzielen seien. Der Umstand, dass solche Geschäfte risikobehaftet seien, stehe dem nicht entgegen.

18

Entgegen der Auffassung des FG habe sich die Klägerin mit den vorgenommenen Umschichtungen nicht eine neue Erwerbsquelle erschlossen, sondern lediglich auf die im streitigen Veranlagungszeitraum schwierige Börsensituation reagiert.

19

Entgegen der Auffassung des FA seien die Wertpapiere auch durch unmissverständlichen Widmungsakt dem Betriebsvermögen gewidmet worden. Dies ergebe sich schon aus der Verwendung der PC-Buchhaltungssoftware, die eine nachträgliche Hinzufügung von Buchungssätzen mit "altem Datum" nicht zulasse. Vor diesem Hintergrund könne die erforderliche zeitnahe Erfassung als Wirtschaftsgut des Betriebsvermögens nicht unter Hinweis darauf verneint werden, dass die Kläger die aus den Wertpapiergeschäften erzielten Verluste bei ihrer selbst erstellten Gewinnermittlung außer Ansatz gelassen und erst im zeitlichen Zusammenhang mit der Erstellung der Steuererklärungen als betrieblichen Vorgang erfasst haben.

20

Die Kläger beantragen, das angefochtene Urteil aufzuheben sowie unter Änderung des Einkommensteueränderungsbescheids vom 28. November 2008 und des Feststellungsänderungsbescheids vom 28. November 2008 über den verbleibenden Verlustvortrag die Einkommensteuer für 2001 erklärungsgemäß herabzusetzen und den vortragsfähigen Verlust entsprechend erhöht festzustellen,

hilfsweise, die streitigen Verluste aus Wertpapiergeschäften gesondert festzustellen.

21

Das FA beantragt im Wesentlichen unter Bezugnahme auf die Entscheidungsgründe des FG-Urteils, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

22

Zugleich hat das FA in der mündlichen Verhandlung zugesagt, entsprechend dem Hilfsantrag die Verluste aus Wertpapiergeschäften gesondert festzustellen, soweit sie in dem während des Revisionsverfahrens ergangenen Änderungsbescheid noch nicht berücksichtigt sind.

Entscheidungsgründe

23

II. Die Revision ist unbegründet.

24

Nachdem die Vorentscheidung durch die nach § 68 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zum Gegenstand des Verfahrens gewordenen Änderungsbescheide vom 28. November 2008 überholt ist, entscheidet der Senat aufgrund seiner Befugnis aus den §§ 121 und 100 FGO in der Sache selbst (§ 126 Abs. 2 FGO).

25

Ohne Erfolg machen die Kläger geltend, die streitigen Wertpapiere seien dem gewillkürten Betriebsvermögen der ärztlichen Praxis der Klägerin zuzurechnen.

26

a) Zutreffend gehen die Beteiligten allerdings davon aus, dass auch Freiberufler mit Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG gewillkürtes Betriebsvermögen bilden können, wenn die Einbeziehung der betroffenen Wirtschaftsgüter in den betrieblichen Zusammenhang dem Rahmen betrieblicher Tätigkeit entspricht, der durch das freiberufliche Berufsbild geprägt wird (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 2. Oktober 2003 IV R 13/03, BFHE 203, 373, BStBl II 2004, 132, m.w.N. zur früheren abweichenden Rechtsprechung).

27

b) Wertpapiere können aber nur dann dem gewillkürten Betriebsvermögen eines Freiberuflers zugerechnet werden, wenn ausschließlich betriebliche Gründe für ihren Erwerb maßgeblich waren (vgl. BFH-Beschluss vom 10. Juni 1998 IV B 54/97, BFH/NV 1998, 1477 unter Bezugnahme auf BFH-Urteil vom 24. August 1989 IV R 80/88, BFHE 158, 254, BStBl II 1990, 17, und unter Aufgabe der früheren Auffassung in den BFH-Urteilen vom 22. Januar 1981 IV R 107/77, BFHE 133, 168, BStBl II 1981, 564, sowie vom 14. November 1972 VIII R 100/69, BFHE 108, 304, BStBl II 1973, 289; ebenso BFH-Urteile vom 15. Dezember 1999 XI R 11/99, BFH/NV 2000, 708; vom 23. September 2009 IV R 14/07, BFHE 226, 332, BStBl II 2010, 227; BFH-Beschlüsse vom 26. September 2007 VIII B 216/06, BFH/NV 2008, 42; vom 29. Januar 2009 III B 123/07, BFH/NV 2009, 916).

28

Daran fehlt es indessen, wenn es dem Steuerpflichtigen im Wesentlichen auf den Ertrag aus der Kapitalanlage ankommt (vgl. BFH-Urteil vom 12. Januar 2010 VIII R 34/07, BFHE 228, 212, BStBl II 2010, 612 zur Zurechnung der Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft zum Betriebsvermögen).

29

c) Nach diesen Grundsätzen ist im Streitfall eine Zurechnung der streitigen Wertpapiere zum gewillkürten Betriebsvermögen nicht möglich.

30

aa) Eine solche Zuordnung setzt voraus, dass die betroffenen Wirtschaftsgüter

31

- ihrer Art nach objektiv geeignet sind, dem Betrieb zu dienen und ihn zu fördern, und

32

- subjektiv von ihrem Eigentümer dazu bestimmt sind (vgl. dazu BFH-Beschluss vom 7. November 1995 III B 66/93, BFH/NV 1996, 327, m.w.N).

33

Dabei kann der erforderliche objektive Förderungszusammenhang nicht allein aufgrund einer Willensentscheidung des Steuerpflichtigen --wie durch die Erfassung in der Gewinnermittlung der freiberuflichen Praxis-- angenommen werden (vgl. Beschluss des Großen Senats des BFH vom 4. Juli 1990 GrS 2-3/88, BFHE 161, 290, BStBl II 1990, 817). Vielmehr ist für die Bestimmung des Steuerpflichtigen, das Wirtschaftsgut zur Erzielung betrieblicher Einkünfte zu verwenden, ein eindeutig nach außen verbindlich manifestierter, d.h. unmissverständlich, zeitnah und unumkehrbar dokumentierter, Widmungsakt erforderlich (vgl. BFH-Urteile vom 19. März 1981 IV R 39/78, BFHE 133, 513, BStBl II 1981, 731; vom 2. Oktober 2003 IV R 13/03, BFHE 203, 373, BStBl II 2004, 985; vom 23. April 2009 IV R 87/05, BFH/NV 2009, 1650 zu Verlusten aus dem Handel mit DAX-Optionsscheinen und aus Devisentermingeschäften).

34

bb) Im Streitfall fehlt es für die Zuordnung der streitigen Wertpapiere zum Betriebsvermögen schon an dem erforderlichen nach außen erkennbaren Widmungsakt der Klägerin. Denn die Zugehörigkeit des streitigen Wertpapierdepots zum Betriebsvermögen der ärztlichen Praxis der Klägerin ist den im FG-Verfahren vorgelegten Unterlagen (Depot-Unterlagen und Kontenplan) nicht zu entnehmen. Dies gilt insbesondere mit Blick auf den Vortrag der Kläger, die Erfassung der Wertpapiergeschäfte nicht zeitnah zu ihrer Abwicklung, sondern erst nach Ende des Streitzeitraums 2001 vorgenommen zu haben. Wer, wie die Kläger, Wertpapiere zunächst nicht in seiner Gewinnermittlung berücksichtigt, sondern erst mehr als zwei Jahre nach Ablauf des Veranlagungszeitraums im Rahmen des Einspruchsverfahrens gegen den angefochtenen Einkommensteuerbescheid geltend macht, er habe Wertpapiere dem gewillkürten Betriebsvermögen zugerechnet, versucht erst in diesem Zeitpunkt und damit nicht mehr zeitnah die erforderliche Dokumentation des Widmungsaktes zu schaffen.

35

Auf dieser Grundlage sind die streitigen Wertpapiergeschäfte der Klägerin getrennt von der im Übrigen freiberuflich ausgeübten ärztlichen Tätigkeit der Klägerin als private Veräußerungsgeschäfte zu beurteilen und die aus diesen Geschäften erzielten Verluste --wie vom FA in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat zugesagt-- gesondert festzustellen.

Tatbestand

1

I. Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) sind Eheleute und wurden im Streitjahr 2000 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kläger erzielt seit 1991 als Arzt für Innere Medizin Einkünfte aus selbständiger Arbeit, die er im Streitjahr nach § 4 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) ermittelte.

2

Der Kläger wies in seiner Bilanz zum 31. Dezember 2000 Darlehen in Höhe von 2.038.058,89 DM aus, die in Höhe von insgesamt 500.000 DM auf dem Erwerb der Praxis im Jahre 1991 beruhten. Die entsprechenden Finanzierungsdarlehen schuldete der Kläger in zwei Währungsdarlehen um. Mit weiteren Darlehen in den Jahren ab 1992 finanzierte der Kläger im Rahmen eines Mehrkontenmodells im Wesentlichen den Kauf eines Privathauses zum Preis von 1,2 Mio. DM. Ab 1998 schuldete der Kläger die Darlehen zum Teil in Fremdwährungsdarlehen mit unterschiedlichen Laufzeiten ohne Tilgungsmöglichkeiten um. Sie waren endfällig in einem Betrag zurückzuzahlen.

3

Für die Fremdwährungsdarlehen verlangte die Bank wegen der Kursrisiken Sicherheitszuschläge und --wegen Erhöhung der Verbindlichkeiten um 500.000 DM aufgrund von Wechselkursänderungen in den Jahren 1996 bis 2000-- zusätzlich Sicherheiten, die der Kläger u.a. durch Briefgrundschulden, Übernahme persönlicher Haftung, Abtretung von Ansprüchen gegen die kassenärztliche Vereinigung sowie durch Sicherungsabtretung seiner Praxiseinrichtung, Verpfändung eines Wertpapierdepots und Abtretung von Ansprüchen aus Kapitallebensversicherungen gewährte. Durch die Verpfändung des Wertpapierdepots war eine freie Disposition über die Wertpapiere nur mit Zustimmung der Bank möglich.

4

Mit betrieblichen Mitteln hatte der Kläger seit 1998 in großer Zahl Aktien erworben, diese zum Teil wieder verkauft und teilweise auch zur Darlehenstilgung eingesetzt.

5

Außerdem kaufte und verkaufte er in den Jahren 1999 und 2000 Geldmarktfonds.

6

Auf dem betrieblichen Sachkonto 1362 (Wertpapiere) buchte er am 5. Januar 2000 einen Betrag in Höhe von 495.846,58 DM.

7

Die Bilanz zum 31. Dezember 2000 wies Wertpapiere als Umlaufvermögen aus. Der Kläger ermittelte insoweit Kursverluste von 152.836,30 DM, die er als Betriebsausgaben erklärte.

8

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) setzte in dem unter dem Vorbehalt der Nachprüfung ergangenen Einkommensteuerbescheid für 2000 einen Gewinn aus selbständiger Arbeit des Klägers in Höhe von 509.626 DM an. Die Kursverluste in Höhe von 152.836,30 DM erkannte er nicht als Betriebsausgaben an. Außerdem erfasste er Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften des Klägers in Höhe von 12.644,45 DM und ging von Überentnahmen zum 31. Dezember 2000 in Höhe von 268.494 DM aus.

9

Gegen diesen Bescheid erhoben die Kläger nach erfolglosem Einspruchsverfahren Klage.

10

Während des Klageverfahrens fand beim Kläger eine Außenprüfung statt. Im Bericht über diese Prüfung führte der Prüfer zu Zinsen nach § 4 Abs. 4a EStG u.a. aus, die Einlagen des Jahres 2000 seien um 495.846 DM zu kürzen, da die Einlage von Wertpapieren in das Betriebsvermögen bereits bei der Zinsberechnung für 1999 nicht anerkannt worden sei. Er ermittelte die gemäß § 4 Abs. 4a EStG als nicht abziehbar behandelten Schuldzinsen wie folgt:

11

DM

 Gewinn 2000    

508.473

+ Einlagen 2000 

 +  32.789

 - Entnahmen

 - 934.863

= Überentnahmen  

 = 393.601

 

Schuldzinsen 2000 lt. Gewinn- und Verlustrechnung 

73.584

 - Zinsen aus Investitionsdarlehen

 - 30.775

 = verbleibende Schuldzinsen

 = 42.809

 - Mindestabzugsbetrag

 - 4.000

Nicht abziehbare Schuldzinsen 

  38.809

 

12

Auf der Grundlage dieser Feststellungen erließ das FA gemäß § 164 Abs. 2 der Abgabenordnung einen Einkommensteueränderungsbescheid für das Streitjahr.

13

Im Anschluss daran wies das Finanzgericht (FG) die Klage, gerichtet auf den Ansatz der Einkünfte des Klägers aus selbständiger Arbeit in Höhe von 381.484 DM sowie auf die Verminderung des Ansatzes seiner Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften um 2.044 DM, mit Urteil vom 11. Oktober 2007 5 K 231/04 (Entscheidungen der Finanzgerichte 2008, 538) ab.

14

Mit der Revision rügen die Kläger die Verletzung materiellen Rechts.

15

Zu Unrecht habe das FG unter Bezugnahme auf das Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 14. November 1972 VIII R 100/69 (BFHE 108, 304, BStBl II 1973, 289) die betriebliche Veranlassung des Erwerbs von Wertpapieren zur betrieblichen Renditeerhöhung und im Falle von Aktien als Tilgungsersatz für betriebliche Darlehen verneint. Im Übrigen habe das FG nicht hinreichend berücksichtigt, dass wegen der Zuordnung der Wertpapiere zum Privatvermögen Unterentnahmen nicht beseitigt und darüber hinaus die Begünstigung von nicht entnommenen Gewinnen i.S. des § 34a EStG i.d.F. des Unternehmensteuerreformgesetzes 2008 vom 14. August 2007 (BGBl I 2007, 1912) nicht in Anspruch genommen werden könnten.

16

Insbesondere müsse berücksichtigt werden, dass der Kläger als Facharzt für Innere Medizin --anders als der in der Entscheidung in BFHE 108, 304, BStBl II 1973, 289 beurteilte freiberuflich tätige Rechtsanwalt-- erhebliche Sachinvestitionen nicht nur in eine normale Praxiseinrichtung sondern in Diagnosegeräte im Umfang zwischen 300.000 € bis 2.500.000 € tätigen müsse. Die insoweit bestehenden Betriebsdarlehen in Höhe von 2.038.058,99 DM habe er zurückführen müssen. Anstelle einer im Streitfall nicht in Betracht gekommenen laufenden Tilgung sei dies mittels Ansparung in Form von Wertpapieren erfolgt.

17

Die Kläger beantragen,

das FG-Urteil aufzuheben und den angefochtenen Bescheid in der Weise zu ändern, dass nur Schuldzinsen in Höhe von 25.280 DM als nicht abziehbare Betriebsausgaben des Klägers bei seinen Einkünften aus selbständiger Arbeit berücksichtigt werden.

18

Das FA beantragt, im Wesentlichen unter Bezugnahme auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils,

die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

19

II. 1. Gegenstand der Revision ist nach Maßgabe des Antrags der Kläger in der mündlichen Verhandlung das Begehren, die angefochtene Einkommensteuerfestsetzung in Gestalt des Änderungsbescheides vom 21. September 2005 in der Weise zu ändern, dass die in Anwendung des § 4 Abs. 4a EStG nicht als Betriebsausgaben abziehbaren Schuldzinsen auf 25.280 DM beschränkt werden, so dass weitere Betriebsausgaben von 13.529 DM bei den Einkünften des Klägers aus selbständiger Arbeit in Ansatz gebracht werden.

20

Zu Recht machen die Kläger damit anders als in der Vorinstanz nicht mehr geltend, den vom FA angesetzten Gewinn aus selbständiger Arbeit in Höhe von 508.473 DM auch um die zunächst geltend gemachten Kursverluste aus Wertpapier- und Anlagegeschäften in Höhe von 152.836 DM zu verringern. Denn Kursverluste ohne Realisierungsvorgang sind für sich genommen einkommensteuerlich unerheblich, sofern sie nicht im Wege der Teilwertabschreibung geltend gemacht werden (vgl. dazu BFH-Urteil vom 26. September 2007 I R 58/06, BFHE 219, 100, BStBl II 2009, 294); eine solche Teilwertabschreibung haben die Kläger indessen ausweislich ihrer Erklärung im Erörterungstermin vor dem FG ausdrücklich nicht in Anspruch nehmen wollen.

21

Abgesehen davon waren die Wertpapiere mangels Widmungsakts vor dem 5. Januar 2000 nicht Bestandteil des Betriebsvermögens; sie sind mithin allenfalls im Zeitpunkt der Einbuchung am 5. Januar 2000 eingelegt worden und zu diesem Zeitpunkt mit dem von der Bank zum 31. Dezember 1999 bestätigten Wert anzusetzen, wenn sie ihrer Art nach einlagefähige Wirtschaftsgüter im Rahmen einer freiberuflichen Praxis sind (s. dazu unter II.2.d der Gründe dieses Urteils).

22

2. Die Revision ist begründet. Das angefochtene Urteil ist aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückzuverweisen (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).

23

Die bisherigen tatsächlichen Feststellungen des FG lassen den Schluss nicht zu, das FA habe den Betrag der nicht abziehbaren Schuldzinsen nach § 4 Abs. 4a EStG mit 38.809 DM zutreffend bemessen. Ebenso wenig kann auf der Grundlage dieser Feststellungen beurteilt werden, ob dieser Betrag nach Maßgabe des Revisionsantrags der Kläger auf 25.280 DM zu mindern ist.

24

a) § 4 Abs. 4a EStG schließt nach Maßgabe der Sätze 2 bis 4 den Abzug von Schuldzinsen aus, wenn Überentnahmen getätigt worden sind. Eine Überentnahme ist der Betrag, um den die Entnahmen die Summe des Gewinns und der Einlagen des Wirtschaftsjahres übersteigen. Dabei werden die nicht abziehbaren Schuldzinsen typisiert mit 6 % der Überentnahme des Wirtschaftsjahres zuzüglich der Überentnahmen vorangegangener Wirtschaftsjahre und abzüglich der Beträge, um die in den vorangegangenen Wirtschaftsjahren der Gewinn und die Einlagen die Entnahmen überstiegen haben (Unterentnahmen), ermittelt.

25

b) Das FA hat die im Streitjahr nach § 4 Abs. 4a EStG zu berücksichtigende Überentnahme mit 764.358 DM angesetzt (Überentnahme 2000 in Höhe von 393.601 DM + Überentnahme 1999 in Höhe von 370.757 DM). Der Ansatz dieser Entnahme beruht auf dem Ansatz der Entnahmen in den Bilanzen des Klägers für die Jahre 1999 und 2000, die ersichtlich nicht die streitigen Wertpapiergeschäfte des Klägers, sondern lediglich sonstige Privatentnahmen und insbesondere Steuerzahlungen sowie Spenden betreffen.

26

Auf dieser Grundlage beträgt der Kürzungsbetrag nach § 4 Abs. 4a EStG 45.861 DM (764.358 DM x 6 %), der den Betrag der vom FA errechneten verbleibenden betrieblichen Schuldzinsen in Höhe von 42.809 DM ersichtlich übersteigt und damit einen weiteren Schuldzinsenabzug ausschließt.

27

c) Das Begehren der Kläger kann mithin nur Erfolg haben, wenn durch Einlage der Wertpapiere in das Betriebsvermögen der ärztlichen Praxis der (neu zu berechnende) Betrag der Überentnahmen (bisher lt. FA 764.358 DM) unter Ansatz der Verzinsung von 6 % nur noch nicht abziehbare Schuldzinsen von 25.280 DM ergibt. Dies setzt eine Minderung der Überentnahmen auf 225.483 DM (13.529 DM : 6 x 100), mithin gegenüber dem Ansatz des FA von 764.358 DM eine Minderung auf 538.875 DM (= 275.522,41 €) voraus.

28

Auf diesen Betrag von 275.522,41 € sind die Überentnahmen --durch den Ansatz der von den Klägern geltend gemachten Einlage der Wertpapiere-- nur zu mindern, wenn zum einen die am 5. Januar 2000 eingelegten Geldmarktfonds mit einem Kurswert zum 31. Dezember 1999 von 166.693 DM und zum anderen zumindest ein Teil der zugleich eingelegten Aktien mit einem Kurswert von etwa 329.152 DM Wirtschaftsgüter sind, die ihrer Art nach geeignet und bestimmt sind, dem Betrieb eines freiberuflich tätigen Arztes zu dienen.

29

d) Nach ständiger Rechtsprechung können auch Freiberufler gewillkürtes Betriebsvermögen bilden (vgl. BFH-Urteil vom 2. Oktober 2003 IV R 13/03, BFHE 203, 373, BStBl II 2004, 985, m.w.N. zur früheren abweichenden Rechtsprechung). Dies gilt für Geldgeschäfte --wie hier den Erwerb von Wertpapieren-- aber nur, wenn dafür ausschließlich betriebliche Gründe maßgeblich sind (BFH-Beschluss vom 10. Juni 1998 IV B 54/97, BFH/NV 1998, 1477 unter Bezugnahme auf BFH-Urteil vom 24. August 1989 IV R 80/88, BFHE 158, 254, BStBl II 1990, 17, und unter Aufgabe der früheren Auffassung in den Urteilen vom 22. Januar 1981 IV R 107/77, BFHE 133, 168, BStBl II 1981, 564, sowie in BFHE 108, 304, BStBl II 1973, 289; ebenso BFH-Urteile vom 15. Dezember 1999 XI R 11/99, BFH/NV 2000, 708; vom 23. September 2009 IV R 14/07, BFHE 226, 332, BStBl II 2010, 227; BFH-Beschlüsse vom 26. September 2007 VIII B 216/06, BFH/NV 2008, 42; vom 29. Januar 2009 III B 123/07, BFH/NV 2009, 916).

30

aa) Für einen solchen unmittelbaren Zusammenhang der Wertpapiere mit dem freiberuflichen Betrieb reicht es weder aus, dass die Wertpapiere aus betrieblichen Mitteln erworben worden sind (vgl. BFH-Urteil vom 6. März 1991 X R 57/88, BFHE 164, 246, BStBl II 1991, 829) noch dass sie in der Gewinnermittlung ausgewiesen sind (vgl. Beschluss des Großen Senats des BFH vom 4. Juli 1990 GrS 2-3/88, BFHE 161, 290, BStBl II 1990, 817) noch dass sie als Sicherheit für betriebliche Schulden dienen (vgl. BFH-Urteile vom 4. April 1973 I R 159/71, BFHE 109, 337, BStBl II 1973, 628; vom 10. November 2004 XI R 32/01, BFHE 208, 514, BStBl II 2005, 431; vom 17. Januar 2006 VIII R 60/02, BFHE 213, 5, BStBl 2006, 434).

31

bb) Danach sind Geldgeschäfte, die ihrer Art nach zu Einkünften i.S. des § 20 EStG führen, grundsätzlich getrennt von der freiberuflichen Tätigkeit zu beurteilen (BFH-Urteile vom 23. Mai 1985 IV R 198/83, BFHE 144, 53, BStBl II 1985, 517; vom 31. Mai 2001 IV R 49/00, BFHE 195, 386, BStBl II 2001, 828; vom 12. Januar 2010 VIII R 34/07, BFHE 228, 212, BStBl II 2010, 612), insbesondere wenn es dem Steuerpflichtigen im Wesentlichen auf den Ertrag aus der Kapitalanlage ankommt (vgl. BFH-Urteil in BFHE 228, 212, BStBl II 2010, 612, m.w.N.). Den Einkünften aus selbständiger Arbeit sind sie nur zuzurechnen, wenn sie als Hilfsgeschäft zur freiberuflichen Tätigkeit angesehen werden können. Ein solches Hilfsgeschäft kann z.B. vorliegen, wenn ein als Sicherheit für betriebliche Schulden verpfändetes Wertpapierdepot in seiner Verwendung so festgelegt ist, dass es aus der Sicht der kreditgebenden Bank untrennbarer Bestandteil eines Finanzierungskonzepts für den freiberuflichen Betrieb ist, das über die Verwendung des Depots als Kreditsicherheit hinausgeht (vgl. in diesem Sinne auch BFH-Urteil vom 3. März 2011 IV R 45/08, BFHE 233, 137, BStBl II 2011, 552 zum Abschluss einer Lebensversicherung durch eine Personengesellschaft, um Mittel für die Tilgung betrieblicher Kredite anzusparen).

32

e) Nach diesen Grundsätzen kann auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen des FG nicht abschließend beurteilt werden, ob und in welchem Umfang die Geldgeschäfte des Klägers (An- und Verkäufe von Geldmarktfonds sowie von Aktien) als Hilfsgeschäfte seiner freiberuflichen Tätigkeit als Arzt zu beurteilen sind.

33

Zum einen kann der Charakter als Hilfsgeschäft der ärztlichen Tätigkeit --wie ausgeführt-- nicht allein aus dem Einsatz der Wertpapiergeschäfte als Sicherheit für betriebliche Darlehen oder als beabsichtigte Liquiditätsreserve --ohne konkrete Investitionsplanung-- gefolgert werden. Etwas anderes kann insbesondere nicht dem von den Klägern in Bezug genommenen BFH-Urteil in BFHE 108, 304, BStBl II 1973, 289 entnommen werden.

34

Selbst nach dieser Entscheidung kommt nämlich eine Zuordnung zum gewillkürten Betriebsvermögen nicht in Betracht, wenn die vom Betriebsinhaber erworbenen Wertpapiere der Erschließung einer eigenen Einkunftsquelle dienen. Danach lassen insbesondere kurzfristige Umschichtungen der im Depot vorhandenen Wertpapiere darauf schließen, dass eine eigene Einkunftsquelle aus Veräußerungsgeschäften angestrebt werden soll (vgl. dazu auch BFH-Urteil in BFHE 158, 254, BStBl II 1990, 17).

35

Zum anderen spricht die Erfassung der Wertpapiere als Umlaufvermögen gegen die Annahme eines betrieblichen Zusammenhangs und für die Annahme einer von der ärztlichen Tätigkeit zu trennenden --auf die Erzielung von Einkünften aus Kapitalvermögen durch An- und Verkauf von Wertpapieren gerichteten-- Tätigkeit des Klägers.

36

Andererseits kann im Streitfall angesichts des Umstandes, dass die Wertpapiere nur mit Zustimmung der Bank veräußert werden durften, nicht ausgeschlossen werden, dass die streitigen Wertpapiere wie auch die Führung des Wertpapierdepots insgesamt aus der Sicht der Bank untrennbarer Bestandteil eines Finanzierungskonzepts der ärztlichen Praxis des Klägers waren, das über eine bloße Verwendung des Wertpapierdepots als Sicherheit für die betrieblichen Kredite hinausging.

37

3. Die Sache ist nicht spruchreif. Das FG wird die erforderlichen tatsächlichen Feststellungen nachholen, ob die am 5. Januar 2000 in den Betrieb eingelegten Geldmarktfonds und Aktien ganz oder teilweise objektiv --insbesondere nach den Vereinbarungen zwischen dem Kläger und der sowohl die betrieblichen Kredite als auch das Wertpapierdepot verwaltenden Bank-- dem Betrieb zu dienen geeignet und bestimmt waren oder ob sowohl Geldmarktfonds als auch Aktien unverändert wie zuvor Gegenstand der vom Kläger erwirtschafteten Einkünfte aus Kapitalvermögen nach § 20 EStG und der Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften nach § 23 EStG waren.

(1)1Gewinn ist der Unterschiedsbetrag zwischen dem Betriebsvermögen am Schluss des Wirtschaftsjahres und dem Betriebsvermögen am Schluss des vorangegangenen Wirtschaftsjahres, vermehrt um den Wert der Entnahmen und vermindert um den Wert der Einlagen.2Entnahmen sind alle Wirtschaftsgüter (Barentnahmen, Waren, Erzeugnisse, Nutzungen und Leistungen), die der Steuerpflichtige dem Betrieb für sich, für seinen Haushalt oder für andere betriebsfremde Zwecke im Laufe des Wirtschaftsjahres entnommen hat.3Einer Entnahme für betriebsfremde Zwecke steht der Ausschluss oder die Beschränkung des Besteuerungsrechts der Bundesrepublik Deutschland hinsichtlich des Gewinns aus der Veräußerung oder der Nutzung eines Wirtschaftsguts gleich; dies gilt auf Antrag auch in den Fällen, in denen die Beschränkung des Besteuerungsrechts der Bundesrepublik Deutschland hinsichtlich des Gewinns aus der Veräußerung eines Wirtschaftsguts entfällt und in einem anderen Staat eine Besteuerung auf Grund des Ausschlusses oder der Beschränkung des Besteuerungsrechts dieses Staates hinsichtlich des Gewinns aus der Veräußerung des Wirtschaftsguts erfolgt.4Ein Ausschluss oder eine Beschränkung des Besteuerungsrechts hinsichtlich des Gewinns aus der Veräußerung eines Wirtschaftsguts liegt insbesondere vor, wenn ein bisher einer inländischen Betriebsstätte des Steuerpflichtigen zuzuordnendes Wirtschaftsgut einer ausländischen Betriebsstätte zuzuordnen ist.5Satz 3 gilt nicht für Anteile an einer Europäischen Gesellschaft oder Europäischen Genossenschaft in den Fällen

1.
einer Sitzverlegung der Europäischen Gesellschaft nach Artikel 8 der Verordnung (EG) Nr. 2157/2001 des Rates vom 8. Oktober 2001 über das Statut der Europäischen Gesellschaft (SE) (ABl. EG Nr. L 294 S. 1), zuletzt geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 885/2004 des Rates vom 26. April 2004 (ABl. EU Nr. L 168 S. 1), und
2.
einer Sitzverlegung der Europäischen Genossenschaft nach Artikel 7 der Verordnung (EG) Nr. 1435/2003 des Rates vom 22. Juli 2003 über das Statut der Europäischen Genossenschaft (SCE) (ABl. EU Nr. L 207 S. 1).
6Ein Wirtschaftsgut wird nicht dadurch entnommen, dass der Steuerpflichtige zur Gewinnermittlung nach § 13a übergeht.7Eine Änderung der Nutzung eines Wirtschaftsguts, die bei Gewinnermittlung nach Satz 1 keine Entnahme ist, ist auch bei Gewinnermittlung nach § 13a keine Entnahme.8Einlagen sind alle Wirtschaftsgüter (Bareinzahlungen und sonstige Wirtschaftsgüter), die der Steuerpflichtige dem Betrieb im Laufe des Wirtschaftsjahres zugeführt hat; einer Einlage steht die Begründung des Besteuerungsrechts der Bundesrepublik Deutschland hinsichtlich des Gewinns aus der Veräußerung eines Wirtschaftsguts gleich.9In den Fällen des Satzes 3 zweiter Halbsatz gilt das Wirtschaftsgut als unmittelbar nach der Entnahme wieder eingelegt.10Bei der Ermittlung des Gewinns sind die Vorschriften über die Betriebsausgaben, über die Bewertung und über die Absetzung für Abnutzung oder Substanzverringerung zu befolgen.

(2)1Der Steuerpflichtige darf die Vermögensübersicht (Bilanz) auch nach ihrer Einreichung beim Finanzamt ändern, soweit sie den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung unter Befolgung der Vorschriften dieses Gesetzes nicht entspricht; diese Änderung ist nicht zulässig, wenn die Vermögensübersicht (Bilanz) einer Steuerfestsetzung zugrunde liegt, die nicht mehr aufgehoben oder geändert werden kann.2Darüber hinaus ist eine Änderung der Vermögensübersicht (Bilanz) nur zulässig, wenn sie in einem engen zeitlichen und sachlichen Zusammenhang mit einer Änderung nach Satz 1 steht und soweit die Auswirkung der Änderung nach Satz 1 auf den Gewinn reicht.

(3)1Steuerpflichtige, die nicht auf Grund gesetzlicher Vorschriften verpflichtet sind, Bücher zu führen und regelmäßig Abschlüsse zu machen, und die auch keine Bücher führen und keine Abschlüsse machen, können als Gewinn den Überschuss der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben ansetzen.2Hierbei scheiden Betriebseinnahmen und Betriebsausgaben aus, die im Namen und für Rechnung eines anderen vereinnahmt und verausgabt werden (durchlaufende Posten).3Die Vorschriften über die Bewertungsfreiheit für geringwertige Wirtschaftsgüter (§ 6 Absatz 2), die Bildung eines Sammelpostens (§ 6 Absatz 2a) und über die Absetzung für Abnutzung oder Substanzverringerung sind zu befolgen.4Die Anschaffungs- oder Herstellungskosten für nicht abnutzbare Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, für Anteile an Kapitalgesellschaften, für Wertpapiere und vergleichbare nicht verbriefte Forderungen und Rechte, für Grund und Boden sowie Gebäude des Umlaufvermögens sind erst im Zeitpunkt des Zuflusses des Veräußerungserlöses oder bei Entnahme im Zeitpunkt der Entnahme als Betriebsausgaben zu berücksichtigen.5Die Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens und Wirtschaftsgüter des Umlaufvermögens im Sinne des Satzes 4 sind unter Angabe des Tages der Anschaffung oder Herstellung und der Anschaffungs- oder Herstellungskosten oder des an deren Stelle getretenen Werts in besondere, laufend zu führende Verzeichnisse aufzunehmen.

(4) Betriebsausgaben sind die Aufwendungen, die durch den Betrieb veranlasst sind.

(4a)1Schuldzinsen sind nach Maßgabe der Sätze 2 bis 4 nicht abziehbar, wenn Überentnahmen getätigt worden sind.2Eine Überentnahme ist der Betrag, um den die Entnahmen die Summe des Gewinns und der Einlagen des Wirtschaftsjahres übersteigen.3Die nicht abziehbaren Schuldzinsen werden typisiert mit 6 Prozent der Überentnahme des Wirtschaftsjahres zuzüglich der Überentnahmen vorangegangener Wirtschaftsjahre und abzüglich der Beträge, um die in den vorangegangenen Wirtschaftsjahren der Gewinn und die Einlagen die Entnahmen überstiegen haben (Unterentnahmen), ermittelt; bei der Ermittlung der Überentnahme ist vom Gewinn ohne Berücksichtigung der nach Maßgabe dieses Absatzes nicht abziehbaren Schuldzinsen auszugehen.4Der sich dabei ergebende Betrag, höchstens jedoch der um 2 050 Euro verminderte Betrag der im Wirtschaftsjahr angefallenen Schuldzinsen, ist dem Gewinn hinzuzurechnen.5Der Abzug von Schuldzinsen für Darlehen zur Finanzierung von Anschaffungs- oder Herstellungskosten von Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens bleibt unberührt.6Die Sätze 1 bis 5 sind bei Gewinnermittlung nach § 4 Absatz 3 sinngemäß anzuwenden; hierzu sind Entnahmen und Einlagen gesondert aufzuzeichnen.

(5)1Die folgenden Betriebsausgaben dürfen den Gewinn nicht mindern:

1.
Aufwendungen für Geschenke an Personen, die nicht Arbeitnehmer des Steuerpflichtigen sind.2Satz 1 gilt nicht, wenn die Anschaffungs- oder Herstellungskosten der dem Empfänger im Wirtschaftsjahr zugewendeten Gegenstände insgesamt 35 Euro nicht übersteigen;
2.
Aufwendungen für die Bewirtung von Personen aus geschäftlichem Anlass, soweit sie 70 Prozent der Aufwendungen übersteigen, die nach der allgemeinen Verkehrsauffassung als angemessen anzusehen und deren Höhe und betriebliche Veranlassung nachgewiesen sind.2Zum Nachweis der Höhe und der betrieblichen Veranlassung der Aufwendungen hat der Steuerpflichtige schriftlich die folgenden Angaben zu machen: Ort, Tag, Teilnehmer und Anlass der Bewirtung sowie Höhe der Aufwendungen.3Hat die Bewirtung in einer Gaststätte stattgefunden, so genügen Angaben zu dem Anlass und den Teilnehmern der Bewirtung; die Rechnung über die Bewirtung ist beizufügen;
3.
Aufwendungen für Einrichtungen des Steuerpflichtigen, soweit sie der Bewirtung, Beherbergung oder Unterhaltung von Personen, die nicht Arbeitnehmer des Steuerpflichtigen sind, dienen (Gästehäuser) und sich außerhalb des Orts eines Betriebs des Steuerpflichtigen befinden;
4.
Aufwendungen für Jagd oder Fischerei, für Segeljachten oder Motorjachten sowie für ähnliche Zwecke und für die hiermit zusammenhängenden Bewirtungen;
5.
Mehraufwendungen für die Verpflegung des Steuerpflichtigen.2Wird der Steuerpflichtige vorübergehend von seiner Wohnung und dem Mittelpunkt seiner dauerhaft angelegten betrieblichen Tätigkeit entfernt betrieblich tätig, sind die Mehraufwendungen für Verpflegung nach Maßgabe des § 9 Absatz 4a abziehbar;
6.
Aufwendungen für die Wege des Steuerpflichtigen zwischen Wohnung und Betriebsstätte und für Familienheimfahrten, soweit in den folgenden Sätzen nichts anderes bestimmt ist.2Zur Abgeltung dieser Aufwendungen ist § 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 4 Satz 2 bis 6 und Nummer 5 Satz 5 bis 7 und Absatz 2 entsprechend anzuwenden.3Bei der Nutzung eines Kraftfahrzeugs dürfen die Aufwendungen in Höhe des positiven Unterschiedsbetrags zwischen 0,03 Prozent des inländischen Listenpreises im Sinne des § 6 Absatz 1 Nummer 4 Satz 2 des Kraftfahrzeugs im Zeitpunkt der Erstzulassung je Kalendermonat für jeden Entfernungskilometer und dem sich nach § 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 4 Satz 2 bis 6 oder Absatz 2 ergebenden Betrag sowie Aufwendungen für Familienheimfahrten in Höhe des positiven Unterschiedsbetrags zwischen 0,002 Prozent des inländischen Listenpreises im Sinne des § 6 Absatz 1 Nummer 4 Satz 2 für jeden Entfernungskilometer und dem sich nach § 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 5 Satz 5 bis 7 oder Absatz 2 ergebenden Betrag den Gewinn nicht mindern; ermittelt der Steuerpflichtige die private Nutzung des Kraftfahrzeugs nach § 6 Absatz 1 Nummer 4 Satz 1 oder Satz 3, treten an die Stelle des mit 0,03 oder 0,002 Prozent des inländischen Listenpreises ermittelten Betrags für Fahrten zwischen Wohnung und Betriebsstätte und für Familienheimfahrten die auf diese Fahrten entfallenden tatsächlichen Aufwendungen; § 6 Absatz 1 Nummer 4 Satz 3 zweiter Halbsatz gilt sinngemäß.4§ 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 4 Satz 8 und Nummer 5 Satz 9 gilt entsprechend;
6a.
die Mehraufwendungen für eine betrieblich veranlasste doppelte Haushaltsführung, soweit sie die nach § 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 5 Satz 1 bis 4 abziehbaren Beträge und die Mehraufwendungen für betrieblich veranlasste Übernachtungen, soweit sie die nach § 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 5a abziehbaren Beträge übersteigen;
6b.
Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer sowie die Kosten der Ausstattung.2Dies gilt nicht, wenn das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung bildet.3Anstelle der Aufwendungen kann pauschal ein Betrag von 1 260 Euro (Jahrespauschale) für das Wirtschafts- oder Kalenderjahr abgezogen werden.4Für jeden vollen Kalendermonat, in dem die Voraussetzungen nach Satz 2 nicht vorliegen, ermäßigt sich der Betrag von 1 260 Euro um ein Zwölftel;
6c.
für jeden Kalendertag, an dem die betriebliche oder berufliche Tätigkeit überwiegend in der häuslichen Wohnung ausgeübt und keine außerhalb der häuslichen Wohnung belegene erste Tätigkeitsstätte aufgesucht wird, kann für die gesamte betriebliche und berufliche Betätigung ein Betrag von 6 Euro (Tagespauschale), höchstens 1 260 Euro im Wirtschafts- oder Kalenderjahr, abgezogen werden.2Steht für die betriebliche oder berufliche Tätigkeit dauerhaft kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung, ist ein Abzug der Tagespauschale zulässig, auch wenn die Tätigkeit am selben Kalendertag auswärts oder an der ersten Tätigkeitsstätte ausgeübt wird.3Der Abzug der Tagespauschale ist nicht zulässig, soweit für die Wohnung Unterkunftskosten im Rahmen der Nummer 6a oder des § 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 5 abgezogen werden können oder soweit ein Abzug nach Nummer 6b vorgenommen wird;
7.
andere als die in den Nummern 1 bis 6 und 6b bezeichneten Aufwendungen, die die Lebensführung des Steuerpflichtigen oder anderer Personen berühren, soweit sie nach allgemeiner Verkehrsauffassung als unangemessen anzusehen sind;
8.
Geldbußen, Ordnungsgelder und Verwarnungsgelder, die von einem Gericht oder einer Behörde im Geltungsbereich dieses Gesetzes oder von einem Mitgliedstaat oder von Organen der Europäischen Union festgesetzt wurden sowie damit zusammenhängende Aufwendungen.2Dasselbe gilt für Leistungen zur Erfüllung von Auflagen oder Weisungen, die in einem berufsgerichtlichen Verfahren erteilt werden, soweit die Auflagen oder Weisungen nicht lediglich der Wiedergutmachung des durch die Tat verursachten Schadens dienen.3Die Rückzahlung von Ausgaben im Sinne der Sätze 1 und 2 darf den Gewinn nicht erhöhen.4Das Abzugsverbot für Geldbußen gilt nicht, soweit der wirtschaftliche Vorteil, der durch den Gesetzesverstoß erlangt wurde, abgeschöpft worden ist, wenn die Steuern vom Einkommen und Ertrag, die auf den wirtschaftlichen Vorteil entfallen, nicht abgezogen worden sind; Satz 3 ist insoweit nicht anzuwenden;
8a.
Zinsen auf hinterzogene Steuern nach § 235 der Abgabenordnung und Zinsen nach § 233a der Abgabenordnung, soweit diese nach § 235 Absatz 4 der Abgabenordnung auf die Hinterziehungszinsen angerechnet werden;
9.
Ausgleichszahlungen, die in den Fällen der §§ 14 und 17 des Körperschaftsteuergesetzes an außenstehende Anteilseigner geleistet werden;
10.
die Zuwendung von Vorteilen sowie damit zusammenhängende Aufwendungen, wenn die Zuwendung der Vorteile eine rechtswidrige Handlung darstellt, die den Tatbestand eines Strafgesetzes oder eines Gesetzes verwirklicht, das die Ahndung mit einer Geldbuße zulässt.2Gerichte, Staatsanwaltschaften oder Verwaltungsbehörden haben Tatsachen, die sie dienstlich erfahren und die den Verdacht einer Tat im Sinne des Satzes 1 begründen, der Finanzbehörde für Zwecke des Besteuerungsverfahrens und zur Verfolgung von Steuerstraftaten und Steuerordnungswidrigkeiten mitzuteilen.3Die Finanzbehörde teilt Tatsachen, die den Verdacht einer Straftat oder einer Ordnungswidrigkeit im Sinne des Satzes 1 begründen, der Staatsanwaltschaft oder der Verwaltungsbehörde mit.4Diese unterrichten die Finanzbehörde von dem Ausgang des Verfahrens und den zugrundeliegenden Tatsachen;
11.
Aufwendungen, die mit unmittelbaren oder mittelbaren Zuwendungen von nicht einlagefähigen Vorteilen an natürliche oder juristische Personen oder Personengesellschaften zur Verwendung in Betrieben in tatsächlichem oder wirtschaftlichem Zusammenhang stehen, deren Gewinn nach § 5a Absatz 1 ermittelt wird;
12.
Zuschläge nach § 162 Absatz 4 der Abgabenordnung;
13.
Jahresbeiträge nach § 12 Absatz 2 des Restrukturierungsfondsgesetzes.
2Das Abzugsverbot gilt nicht, soweit die in den Nummern 2 bis 4 bezeichneten Zwecke Gegenstand einer mit Gewinnabsicht ausgeübten Betätigung des Steuerpflichtigen sind.3§ 12 Nummer 1 bleibt unberührt.

(5a) (weggefallen)

(5b) Die Gewerbesteuer und die darauf entfallenden Nebenleistungen sind keine Betriebsausgaben.

(6) Aufwendungen zur Förderung staatspolitischer Zwecke (§ 10b Absatz 2) sind keine Betriebsausgaben.

(7)1Aufwendungen im Sinne des Absatzes 5 Satz 1 Nummer 1 bis 4, 6b und 7 sind einzeln und getrennt von den sonstigen Betriebsausgaben aufzuzeichnen.2Soweit diese Aufwendungen nicht bereits nach Absatz 5 vom Abzug ausgeschlossen sind, dürfen sie bei der Gewinnermittlung nur berücksichtigt werden, wenn sie nach Satz 1 besonders aufgezeichnet sind.

(8) Für Erhaltungsaufwand bei Gebäuden in Sanierungsgebieten und städtebaulichen Entwicklungsbereichen sowie bei Baudenkmalen gelten die §§ 11a und 11b entsprechend.

(9)1Aufwendungen des Steuerpflichtigen für seine Berufsausbildung oder für sein Studium sind nur dann Betriebsausgaben, wenn der Steuerpflichtige zuvor bereits eine Erstausbildung (Berufsausbildung oder Studium) abgeschlossen hat.2§ 9 Absatz 6 Satz 2 bis 5 gilt entsprechend.

(10) § 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 5b ist entsprechend anzuwenden.

(1)1Der Einkommensteuer unterliegen

1.
Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft,
2.
Einkünfte aus Gewerbebetrieb,
3.
Einkünfte aus selbständiger Arbeit,
4.
Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit,
5.
Einkünfte aus Kapitalvermögen,
6.
Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung,
7.
sonstige Einkünfte im Sinne des § 22,
die der Steuerpflichtige während seiner unbeschränkten Einkommensteuerpflicht oder als inländische Einkünfte während seiner beschränkten Einkommensteuerpflicht erzielt.2Zu welcher Einkunftsart die Einkünfte im einzelnen Fall gehören, bestimmt sich nach den §§ 13 bis 24.

(2)1Einkünfte sind

1.
bei Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb und selbständiger Arbeit der Gewinn (§§ 4 bis 7k und 13a),
2.
bei den anderen Einkunftsarten der Überschuss der Einnahmen über die Werbungskosten (§§ 8 bis 9a).
2Bei Einkünften aus Kapitalvermögen tritt § 20 Absatz 9 vorbehaltlich der Regelung in § 32d Absatz 2 an die Stelle der §§ 9 und 9a.

(3) Die Summe der Einkünfte, vermindert um den Altersentlastungsbetrag, den Entlastungsbetrag für Alleinerziehende und den Abzug nach § 13 Absatz 3, ist der Gesamtbetrag der Einkünfte.

(4) Der Gesamtbetrag der Einkünfte, vermindert um die Sonderausgaben und die außergewöhnlichen Belastungen, ist das Einkommen.

(5)1Das Einkommen, vermindert um die Freibeträge nach § 32 Absatz 6 und um die sonstigen vom Einkommen abzuziehenden Beträge, ist das zu versteuernde Einkommen; dieses bildet die Bemessungsgrundlage für die tarifliche Einkommensteuer.2Knüpfen andere Gesetze an den Begriff des zu versteuernden Einkommens an, ist für deren Zweck das Einkommen in allen Fällen des § 32 um die Freibeträge nach § 32 Absatz 6 zu vermindern.

(5a)1Knüpfen außersteuerliche Rechtsnormen an die in den vorstehenden Absätzen definierten Begriffe (Einkünfte, Summe der Einkünfte, Gesamtbetrag der Einkünfte, Einkommen, zu versteuerndes Einkommen) an, erhöhen sich für deren Zwecke diese Größen um die nach § 32d Absatz 1 und nach § 43 Absatz 5 zu besteuernden Beträge sowie um die nach § 3 Nummer 40 steuerfreien Beträge und mindern sich um die nach § 3c Absatz 2 nicht abziehbaren Beträge.2Knüpfen außersteuerliche Rechtsnormen an die in den Absätzen 1 bis 3 genannten Begriffe (Einkünfte, Summe der Einkünfte, Gesamtbetrag der Einkünfte) an, mindern sich für deren Zwecke diese Größen um die nach § 10 Absatz 1 Nummer 5 abziehbaren Kinderbetreuungskosten.

(5b) Soweit Rechtsnormen dieses Gesetzes an die in den vorstehenden Absätzen definierten Begriffe (Einkünfte, Summe der Einkünfte, Gesamtbetrag der Einkünfte, Einkommen, zu versteuerndes Einkommen) anknüpfen, sind Kapitalerträge nach § 32d Absatz 1 und § 43 Absatz 5 nicht einzubeziehen.

(6)1Die tarifliche Einkommensteuer, vermindert um den Unterschiedsbetrag nach § 32c Absatz 1 Satz 2, die anzurechnenden ausländischen Steuern und die Steuerermäßigungen, vermehrt um die Steuer nach § 32d Absatz 3 und 4, die Steuer nach § 34c Absatz 5 und den Zuschlag nach § 3 Absatz 4 Satz 2 des Forstschäden-Ausgleichsgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 26. August 1985 (BGBl. I S. 1756), das zuletzt durch Artikel 412 der Verordnung vom 31. August 2015 (BGBl. I S. 1474) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung, ist die festzusetzende Einkommensteuer.2Wurde der Gesamtbetrag der Einkünfte in den Fällen des § 10a Absatz 2 um Sonderausgaben nach § 10a Absatz 1 gemindert, ist für die Ermittlung der festzusetzenden Einkommensteuer der Anspruch auf Zulage nach Abschnitt XI der tariflichen Einkommensteuer hinzuzurechnen; bei der Ermittlung der dem Steuerpflichtigen zustehenden Zulage bleibt die Erhöhung der Grundzulage nach § 84 Satz 2 außer Betracht.3Wird das Einkommen in den Fällen des § 31 um die Freibeträge nach § 32 Absatz 6 gemindert, ist der Anspruch auf Kindergeld nach Abschnitt X der tariflichen Einkommensteuer hinzuzurechnen; nicht jedoch für Kalendermonate, in denen durch Bescheid der Familienkasse ein Anspruch auf Kindergeld festgesetzt, aber wegen § 70 Absatz 1 Satz 2 nicht ausgezahlt wurde.

(7)1Die Einkommensteuer ist eine Jahressteuer.2Die Grundlagen für ihre Festsetzung sind jeweils für ein Kalenderjahr zu ermitteln.3Besteht während eines Kalenderjahres sowohl unbeschränkte als auch beschränkte Einkommensteuerpflicht, so sind die während der beschränkten Einkommensteuerpflicht erzielten inländischen Einkünfte in eine Veranlagung zur unbeschränkten Einkommensteuerpflicht einzubeziehen.

(8) Die Regelungen dieses Gesetzes zu Ehegatten und Ehen sind auch auf Lebenspartner und Lebenspartnerschaften anzuwenden.

(1) Steuerbescheide sind aufzuheben oder zu ändern,

1.
soweit Tatsachen oder Beweismittel nachträglich bekannt werden, die zu einer höheren Steuer führen,
2.
soweit Tatsachen oder Beweismittel nachträglich bekannt werden, die zu einer niedrigeren Steuer führen und den Steuerpflichtigen kein grobes Verschulden daran trifft, dass die Tatsachen oder Beweismittel erst nachträglich bekannt werden. Das Verschulden ist unbeachtlich, wenn die Tatsachen oder Beweismittel in einem unmittelbaren oder mittelbaren Zusammenhang mit Tatsachen oder Beweismitteln im Sinne der Nummer 1 stehen.

(2) Abweichend von Absatz 1 können Steuerbescheide, soweit sie auf Grund einer Außenprüfung ergangen sind, nur aufgehoben oder geändert werden, wenn eine Steuerhinterziehung oder eine leichtfertige Steuerverkürzung vorliegt. Dies gilt auch in den Fällen, in denen eine Mitteilung nach § 202 Abs. 1 Satz 3 ergangen ist.

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aa) Ein die Indizwirkung des Hinterziehungsbetrages beseitigender Milderungsgrund ist etwa gegeben, wenn sich der Täter im Tatzeitraum im Wesentlichen steuerehrlich verhalten hat und die Tat nur einen verhältnismäßig geringen Teil seiner steuerlich relevanten Betätigungen betrifft. Bedeutsam ist daher das Verhältnis der verkürzten zu den gezahlten Steuern. Hat sich der Täter vor der Tat über einen längeren Zeitraum steuerehrlich verhalten, ist auch dies in den Blick zu nehmen. In die vorzunehmende Gesamtwürdigung ist auch die Lebensleistung und das Verhalten des Täters nach Aufdeckung der Tat einzubeziehen , etwa ein (frühzeitiges) Geständnis, verbunden mit der Nachzahlung verkürzter Steuern oder jedenfalls dem ernsthaften Bemühen hierzu. Der „Schadenswiedergutmachung“ durch Nachzahlung verkürzter Steuern kommt schon im Hinblick auf die Wertung des Gesetzgebers im Falle einer Selbstanzeige (§ 371 AO) besondere strafmildernde Bedeutung zu.

(1) Die Schuld des Täters ist Grundlage für die Zumessung der Strafe. Die Wirkungen, die von der Strafe für das künftige Leben des Täters in der Gesellschaft zu erwarten sind, sind zu berücksichtigen.

(2) Bei der Zumessung wägt das Gericht die Umstände, die für und gegen den Täter sprechen, gegeneinander ab. Dabei kommen namentlich in Betracht:

die Beweggründe und die Ziele des Täters, besonders auch rassistische, fremdenfeindliche, antisemitische oder sonstige menschenverachtende,die Gesinnung, die aus der Tat spricht, und der bei der Tat aufgewendete Wille,das Maß der Pflichtwidrigkeit,die Art der Ausführung und die verschuldeten Auswirkungen der Tat,das Vorleben des Täters, seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse sowiesein Verhalten nach der Tat, besonders sein Bemühen, den Schaden wiedergutzumachen, sowie das Bemühen des Täters, einen Ausgleich mit dem Verletzten zu erreichen.

(3) Umstände, die schon Merkmale des gesetzlichen Tatbestandes sind, dürfen nicht berücksichtigt werden.