Bundesgerichtshof Urteil, 21. Jan. 2004 - 1 StR 364/03

bei uns veröffentlicht am21.01.2004

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
1 StR 364/03
vom
21. Januar 2004
in der Strafsache
gegen
wegen sexueller Nötigung u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat aufgrund der Verhandlung am
20. Janaur 2004 in der Sitzung vom 21. Januar 2004, an der teilgenommen
haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Nack
und die Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Boetticher,
Schluckebier,
Hebenstreit,
die Richterin am Bundesgerichtshof
Elf,
Staatsanwältin
als Vertreterin der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt ,
als Verteidiger,
Rechtsanwalt
als Vertreter der Nebenklägerin D. P.
- in der Verhandlung am 20. Januar 2004 -,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
I. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Ellwangen vom 8. April 2003 mit den Feststellungen aufgehoben. II. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das vorbezeichnete Urteil mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben 1. soweit der Angeklagte im Fall 2 der Urteilsgründe (Tat zum Nachteil D. P. ) verurteilt worden ist und 2. im Ausspruch über die Gesamtstrafe. III. Im Umfang der Aufhebungen wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Gründe:

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Körperverletzung in Tateinheit mit Bedrohung und versuchter Nötigung sowie wegen sexueller Nöti-
gung in Tateinheit mit Raub zu der Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten verurteilt. Die Revision des Angeklagten hat mit der Sachrüge Erfolg. Ebenfalls begründet ist die wirksam auf die Verurteilung im Fall 2 der Urteilsgründe sowie den Ausspruch über die Gesamtstrafe beschränkte, zuungunsten des Angeklagten eingelegte Revision der Staatsanwaltschaft. Nach den Feststellungen des Landgerichts griff der Angeklagte am 11. August 2000 die joggende Zeugin G. W. auf einem Radweg zwischen zwei Ortschaften an, packte sie von hinten am Genick und drückte sie zu Boden. Er legte ihr einen Arm um den Hals und drückte ihr mit der anderen Hand den Kopf so gegen den Arm, daß ihr Genick überdehnt wurde und sie dabei erhebliche Schmerzen erlitt. Er drohte, ihr das Genick zu brechen, falls sie schreie, und verklebte ihr den Mund und die Augen mit Klebeband. Sodann versuchte er, der sich heftig wehrenden Zeugin mit einer Schnur die Hände auf dem Rücken festzubinden. Infolge der massiven Gegenwehr der Zeugin gelang ihm dies nicht. Deshalb ließ der Angeklagte nach wenigen Minuten von ihr ab, nachdem er erkannt hatte, daß er sein Ziel - nur dieses hat das Landgericht festgestellt -, "die Geschädigte an einen anderen Ort zu bringen", nicht erreichen konnte (Fall 1 der Urteilsgründe). Am 12. Januar 2001 packte der Angeklagte die gegen 6.35 Uhr auf dem Schulweg befindliche 14jährige Schülerin D. P. , hielt ihr den Mund zu und befahl ihr, ruhig zu sein und sich nicht umzudrehen. Er hielt ihr einen nicht näher identifizierten spitzen Gegenstand gegen den Hals und die rechte Schläfe, knebelte die Zeugin mittels eines von ihm mitgeführten weißen Stofftuchs und zerrte sie ca. 50 m weit über eine angrenzende Streuobstwiese. Dort stieß er sie zu Boden und befahl ihr, sich auszuziehen. Nachdem die Zeugin auch ihre Hose bis zu den Knien heruntergezogen hatte, fesselte der Ange-
klagte mit einer von ihm mitgeführten Paketschnur die Arme der vor ihm knienden Zeugin auf den Rücken, wickelte die Schnur um ihre Fußgelenke und anschließend um den Hals, um sie von dort wieder über den Rücken abwärts zur Handfesselung zu führen. Dort verschnürte er sie erneut. Er fragte die Zeugin, ob sie Geld habe. Diese deutete auf ihren Rucksack, in dem der Angeklagte jedoch zunächst nichts fand. Hierüber verärgert schlug er der Zeugin mit der Hand "ins Gesicht gegen das linke Auge", wodurch das Auge anschwoll und sich ein Hämatom bildete. Schließlich fand der Angeklagte den Geldbeutel der Geschädigten und entnahm hieraus einen Bargeldbetrag in Höhe von 60 DM, den er einsteckte. Er befahl der am Boden knienden Zeugin nun, ihr Gesäß hochzuheben und ihre Beine zu spreizen, durchtrennte schließlich mit einem nicht näher erkannten scharfen Gegenstand ihren Slip, so daß Gesäß und Geschlechtsteil entblößt waren. Darauf stach er mit einem nicht identifizierten spitzen Gegenstand mehrmals in die rechte Gesäßhälfte der Zeugin, "um sich daran sexuell zu erregen". Die Zeugin hörte ein Reißverschlußgeräusch beim Angeklagten, dann Rascheln seiner Kleidung. Nach wenigen Minuten und ohne daß es zu weiteren sexuellen Handlungen an der Zeugin gekommen wäre, brach der Angeklagte ab und entfernte das weiße Stofftuch aus dem Mund der Zeugin; stattdessen steckte er ihr den Kragen ihrer Strickjacke in den Mund und entfernte sich (Fall 2 der Urteilsgründe). Die Strafkammer hat den bestreitenden Angeklagten für überführt erachtet und sich dabei insbesondere auf ein DNA-Analyse-Gutachten gestützt. Diesem liegen DNA-Anhaftungen zugrunde, die an dem vom Täter im Falle 1 verwendeten Klebeband und an der im Falle 2 benutzten Schnur gesichert werden konnten. I. Die Revision des Angeklagten
1. Die Revision beanstandet zu Recht als Verstoß gegen den Grundsatz der Selbstbelastungsfreiheit, daß die Strafkammer in ihrer Beweiswürdigung hervorhebt, der Angeklagte habe über einen Zeitraum von sechs Monaten die (freiwillige) Abgabe einer Speichelprobe hinausgezögert, obwohl er gewußt habe, daß ihm ein schweres Verbrechen zur Last gelegt werde und er diesen Vorwurf "bei reinem Gewissen umgehend durch die Abgabe einer Speichelprobe hätte ausräumen können" (UA S. 16). Zuvor hatte der Angeklagte auf Anfrage der Polizei zweimal die freiwillige Abgabe einer Speichelprobe zugesagt, war entsprechenden Bitten jedoch dann nicht nachgekommen. Der mit der Sachrüge geltend gemachte Fehler der Beweiswürdigung des Landgerichts ist durch die Urteilsgründe erwiesen; der Senat vermag nicht sicher auszuschließen , daß die Verurteilung des Angeklagten in beiden Fällen darauf beruhen kann.
a) Die freie richterliche Beweiswürdigung nach § 261 StPO findet ihre Grenze an dem Recht eines jeden Menschen, nicht gegen seinen Willen zu seiner Überführung beitragen zu müssen (Grundsatz des "nemo tenetur se ipsum prodere" oder "nemo tenetur se ipsum accusare"). Danach ist ein Beschuldigter im Strafverfahren grundsätzlich nicht verpflichtet, aktiv die Sachaufklärung zu fördern. In der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist deshalb anerkannt, daß ein Beschuldigter nicht gehalten ist, zur eigenen Überführung tätig zu werden und an einer Untersuchungshandlung eines Strafverfolgungsorgans oder eines Sachverständigen aktiv mitzuwirken. Seine Beweisfunktion darf gegen seinen Willen nur durchgesetzt werden, sofern er lediglich passiv Beteiligter bleibt. Er selbst hat darüber zu befinden, ob er an der Aufklärung des Sachverhalts aktiv mitwirken will oder nicht. Demgemäß darf er nicht zu Tests, Tatrekonstruktionen, Schriftproben oder zur Schaffung ähnlicher, für die Erstattung eines Gutachtens notwendiger Anknüpfungstatsachen gezwun-
gen werden. Daraus folgt, daß die Verweigerung der aktiven Mitwirkung dem Beschuldigten auch nicht als belastendes Beweisanzeichen entgegengehalten werden darf. Er hat die Freiheit, sich auch auf diese Weise zu verteidigen; er muß nicht seine Unschuld beweisen (vgl. BGHSt 34, 39, 45, 46; siehe weiter BGHSt 32, 140, 144 f.; 34, 324, 326; 45, 363, 364 m.w.N.). Das Bundesverfassungsgericht hat im Blick auf die Beweisbedeutung der Nichtabgabe einer Speichelprobe in einem Kammerbeschluß ausgeführt, zur Begründung des Tatverdachts dürfe nicht der Umstand herangezogen werden, daß ein Beschuldigter eine freiwillige Teilnahme an einer DNA-Untersuchung abgelehnt habe. Eine solche Erwägung verstoße gegen rechtsstaatliche Grundsätze (BVerfG, Kammer, NJW 1996, 1587, 1588; 1996, 3071, 3072).
b) Der vorliegende Fall weist die Besonderheit auf, daß ein prozessuales Verhalten des Angeklagten im Ermittlungsverfahren in Rede steht, welches eine Mitwirkung an der Erhebung von Anknüpfungstatsachen für ein Sachverständigengutachten zum Gegenstand hat, die mit den Mitteln der Strafprozeßordnung auch erzwingbar ist und hier - nach entsprechender richterlicher Anordnung - letztlich auch erzwungen worden ist (§§ 81a, 81e StPO). Das unterscheidet die Fragestellung etwa von der Ausübung des Schweigerechts, der Nichtentbindung eines Zeugen von der Schweigepflicht und der des gezielten Ablieferns von Sprechproben und Schriften (wenn diese also nicht als Beweismittel anderweit gesichert worden sind); hierbei handelt es sich um prozessuales Verhalten, dem nicht in zulässiger Weise mit Zwang begegnet werden darf. Überdies hatte der Angeklagte hier die Freiheit, selbst über die Frage einer freiwilligen Mitwirkung bei einer Speichelprobe zu befinden: Er hat seine aktive Bereitschaft dazu zweimal gegenüber der Polizei erklärt.

c) Diese Besonderheiten rechtfertigen jedoch keine Abweichung von der bisherigen Spruchpraxis zur indiziell belastenden Verwertung prozessualen Verhaltens eines Beschuldigten. Im Vordergrund stand hier - wie der Senat dem Zusammenhang der Urteilsgründe entnimmt - die tatsächliche Weigerung des Angeklagten, aktiv an der Speichelprobe mitzuwirken. Daß er zuvor - dem entgegenstehend - seine Bereitschaft dazu bekundet hatte, ändert nichts daran , daß er durch sein Verhalten letztlich die freiwillige Teilnahme konkludent abgelehnt hat. Hinzu kommt, daß das Landgericht ihm indiziell nicht nur das Hinauszögern der Probe angelastet hat. Es hat weiter ausgeführt, daß er die Probe doch - wenn er "reinen Gewissens" gewesen sei - zu seiner Entlastung schon früher hätte abgeben können, da er gewußt habe, daß es um den Verdacht eines schweren Verbrechens gehe. Daß er dies jedoch nicht getan hat, war ihm prozeßrechtlich möglich. Er war zur aktiven Teilnahme an der Sachverhaltsaufklärung insoweit nicht verpflichtet. Die Erwägung des Landgericht läuft deshalb darauf hinaus, dem Angeklagten als Hinweis auf seine Täterschaft entgegenzuhalten, daß er nicht aktiv an dem Versuch des Nachweises seiner Unschuld mitgewirkt hat. Dazu ist ein Beschuldigter indessen nicht verpflichtet. Deshalb darf grundsätzlich nicht einmal der späte Zeitpunkt einer Beweisantragstellung für einen Entlastungsbeweis als Beweisanzeichen für seine Schuld gewertet werden (vgl. BGHSt 45, 367). Anderes kann allerdings nach Auffassung des Senats dann gelten, wenn sich der Beschuldigte der Anordnung einer Speichelprobe nach §§ 81a, 81e StPO - durch ein anordnungsbefugtes Organ - entzieht. Schließlich liegt hier auch keiner derjenigen Fälle vor, in denen das Prozeßverhalten in einem engen und einer isolierten Bewertung unzugänglichen Sachzusammenhang mit dem Inhalt der Einlassung steht und schon deshalb einer Würdigung im Zusammenhang mit den entsprechenden Angaben unter-
zogen werden muß (siehe dazu BGHSt 45, 367, 369 f.; vgl. auch BGHSt 20, 298, 301). Die Einlassung des Angeklagten auch mit ihren Alibibehauptungen war grundsätzlich unabhängig davon zu würdigen, wie es mit seiner Bereitschaft zur freiwilligen Mitwirkung an einem DNA-Test bestellt war.
d) Nach allem ergibt sich, daß hier der praktischen Verweigerung der aktiven Mitwirkung bei einer Speichelprobe mit der vom Landgericht gegebenen Begründung ("reines Gewissen") keine der Verurteilung des Angeklagten dienende Beweisbedeutung beigemessen werden durfte. Zwar hat das Bundesverfassungsgericht (NJW 1996, 3071, 3072) den Verstoß einer solchen Erwägung gegen rechtsstaatliche Grundsätze für die Begründung eines Tatverdachts und der Beschuldigten-Stellung angenommen; für die Überzeugungsbildung des erkennenden Gerichts aber kann nichts anderes gelten. Ob es hingegen im Ermittlungsverfahren einen Tatverdacht im Sinne der Anordnungsvoraussetzungen für die Entnahme einer Speichelprobe verstärken kann, wenn aus einer Menge nach abstrakten Grundsätzen Tatverdächtiger (z.B. die männliche Bevölkerung eines Dorfes zwischen 14 und 45 Jahren) sich ein kleiner Teil zu einer freiwilligen Speichelprobe nicht bereit erklärt, ist eine Frage des Einzelfalles. Wenn andere verdachtsbegründende Kriterien angeführt werden können und sich der Kreis der grundsätzlich Verdächtigen durch die Abgabe einer Vielzahl freiwilliger Speichelproben verdichtet hat, wird auch jemand zur Entnahme einer solchen Probe durch strafprozessuale Anordnung gezwungen werden können, der bis dahin keine abgegeben hat (vgl. BVerfG, Kammer, NJW 1996, 3071).
e) Auf dem Rechtsfehler bei der Beweiswürdigung kann das Urteil beruhen. Das Landgericht hat zwar insbesondere auf die Ergebnisse des DNAGutachtens abgehoben. Diese weisen auf den Angeklagten als Spurenverur-
sacher mit einem Häufigkeitswert von 1 zu 22.000 im Fall 1 und von 1 zu 250 Millionen im Fall 2 hin. Die Beweiswürdigung könnte deshalb auch ohne die rechtsfehlerhafte Erwägung tragfähig gewesen sein (neben dem DNA-Gutachten u.a.: modus operandi, Täterbeschreibungen, Tatorte, Taxi in Tatortnähe). Dessen ungeachtet kann der Senat aber ein Beruhen des Urteils auf der rechtsfehlerhaften Erwägung nicht sicher ausschließen, weil das Landgericht neben anderen Umständen ausdrücklich als "weiteres Indiz für die Täterschaft des Angeklagten" nicht nur das sechsmonatige Hinauszögern der angekündigten Abgabe der Speichelprobe anführt, sondern darauf abhebt, daß der Angeklagte "bei reinem Gewissen" den Vorwurf eines schweren Verbrechens umgehend hätte ausräumen können (UA S. 16). Das spricht dafür, daß es meinte, sich für seine Überzeugungsbildung auch hierauf stützen zu müssen. Dies zwingt zur Aufhebung der Verurteilung des Angeklagten in beiden Fällen. 2. Die Nachprüfung des angefochtenen Urteils auf die auch allgemein erhobene Sachrüge hin deckt weitere rechtliche Mängel auf:
a) Die Strafkammer hat bei der Beweiswürdigung zum Fall 1 im Rahmen einer Gesamtschau aller Indizien unter anderem in dem vom Angeklagten vor der Kriminalpolizei nur sechs Tage nach der ersten Tat vorgebrachten "falschen Alibi" einen belastenden Umstand gesehen (UA S. 13). Das begegnet hier rechtlichen Bedenken, die im Ergebnis jedoch dahingestellt bleiben können. Der Angeklagte hatte vor der Polizei zunächst behauptet, zur Tatzeit als Taxifahrer mit einem vom Flughafen Stuttgart abgeholten Gast unterwegs gewesen zu sein. Als dies widerlegt werden konnte, hat er in der Hauptverhand-
lung erklärt, er sei - wohl hinsichtlich des zeitlichen Ablaufs - einem Irrtum unterlegen (UA S. 8). Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann ein objektiv widerlegtes, aber auch ein nachweislich erlogenes Alibi für sich allein und ohne Rücksicht auf Gründe und Begleitumstände seines Vorbringens nicht als Beweisanzeichen für die Überführung des Angeklagten gewürdigt werden. Auch ein Unschuldiger kann meinen, seine Aussichten auf einen Freispruch seien besser, wenn er nicht nur auf die Wahrheit setze, sondern überdies versuche , auf ein unwahres, konstruiertes Alibi zu bauen, also mit dem Mittel der Lüge ein übriges tun zu sollen, um seinen Freispruch gleichsam abzusichern. Ebensowenig ist der lediglich gescheiterte Alibibeweis - bei dem die Lüge nicht erwiesen ist - für sich allein ein Beweisanzeichen für die Täterschaft. Der Angeklagte ist nicht gehalten, sein Alibi zu beweisen. Daß er dies versucht hat, wenn auch im Ergebnis erfolglos, darf ihm nicht ohne weiteres zum Nachteil gereichen. Freilich muß ein widerlegtes Alibi deshalb bei der Beweisführung nicht stets außer Betracht bleiben. Treten besondere Umstände hinzu, so darf berücksichtigt werden, daß der Angeklagte sich bewußt wahrheitswidrig auf ein Alibi berufen hat (vgl. zu alldem BGHR StPO § 261 Überzeugungsbildung 11, 30). Die Gründe und Begleitumstände der Alibibehauptung sind dabei zu bewerten (BGHSt 41, 153; BGHR StPO § 261 Überzeugungsbildung 30; BGH StV 1982, 158). Will der Tatrichter eine erlogene Entlastungsbehauptung als zusätzliches Belastungsanzeichen werten, so muß er sich bewußt sein, daß eine wissentlich falsche Einlassung hierzu ihren Grund nicht darin haben muß, daß der Angeklagte die Tat begangen hat, vielmehr auch eine andere Erklärung finden kann. Deshalb hat er in solchen Fällen darzutun, daß eine andere, nicht
auf die Täterschaft hindeutende Erklärung im konkreten Fall nicht in Betracht kommt oder - obgleich denkbar - nach den Umständen jedenfalls so fernliegt, daß sie ausscheidet (BGHR StPO § 261 Aussageverhalten 13). Diesen Anforderungen wird die Beweiswürdigung des Landgerichts nicht uneingeschränkt gerecht. Es hat nicht ausdrücklich klargestellt, ob es von einem erlogenen oder nur von einem schlicht widerlegten Alibi ausgeht. Der Angeklagte hat sich im Blick auf seine zeitliche Angabe bei der polizeilichen Vernehmung später auf einen Irrtum berufen. Hiermit hat sich das Landgericht nicht näher auseinandergesetzt und dem Angeklagten ohne weiteres das "falsche Alibi" als Indiz für seine Täterschaft im Fall 1 entgegengehalten. Das wäre allenfalls dann rechtlich hinnehmbar, wenn man dem Urteil noch entnehmen könnte, daß das Landgericht meinte, auch einen Irrtum des Angeklagten ausschließen zu können und sich die dafür erforderliche Begründung in noch tragfähiger Weise aus dem Urteilszusammenhang ergäbe.
b) Das Landgericht hat weiter im Fall 1 der Urteilsgründe die Konkurrenzverhältnisse nicht in jeder Hinsicht zutreffend gewürdigt: Es hat den Angeklagten wegen gefährlicher Körperverletzung in Tateinheit mit Bedrohung und versuchter Nötigung schuldig gesprochen und ist damit daran vorbeigegangen, daß der Bedrohungstatbestand (§ 241 Abs. 1 StGB) hinter denjenigen der Nötigung zurücktritt, wenn, wie hier, die Bedrohung sich als Teil der Nötigung erweist. Das gilt auch für den Fall des bloßen Nötigungsversuchs (BGHR StGB § 240 Abs. 3 Konkurrenzen 2; BGH bei Holtz MDR 1979, 280 f.; vgl. Träger/ Schluckebier in LK 11. Aufl. § 241 Rdn. 27 m.w.N.). II. Die Revision der Staatsanwaltschaft
Die Revision der Staatsanwaltschaft ist wirksam auf den Fall 2 der Ur- teilsgründe (Tat zum Nachteil D. P. ) sowie den Ausspruch über die Gesamtstrafe beschränkt. Zu Recht beanstandet die Beschwerdeführerin, daß die Beweiswürdigung des Landgerichts einen durchgreifenden rechtlichen Mangel ausweist. Die Würdigung des festgestellten Sachverhalts ist zudem in tatsächlicher wie rechtlicher Hinsicht nicht erschöpfend. 1. Auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen hat das Landgericht bei seiner rechtlichen Würdigung nicht bedacht, daß der Angeklagte bei der Tat ein Mittel bei sich geführt hat, um den Widerstand der Geschädigten durch Gewalt zu verhindern und zu überwinden (§ 177 Abs. 3 Nr. 2, § 250 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b StGB). Diese Voraussetzung ist schon dadurch erfüllt, daß der Angeklagte eine Paketschnur mitführte, die er zur Fesselung seines Opfers einsetzte , und überdies ein von ihm mitgebrachtes Tuch zur Knebelung der Geschädigten verwandte (UA S. 6). 2. Mit Erfolg wendet sich die Beschwerdeführerin auch gegen die Würdigung des Landgerichts, der vom Angeklagten eingesetzte nicht näher identifizierbare spitze Gegenstand könne nicht als "gefährliches Werkzeug" im Sinne des Gesetzes gewertet werden (UA S. 18; vgl. § 177 Abs. 4 Nr. 1, § 224 Abs. 1 Nr. 2, § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB). Die Beweiswürdigung hierzu ist unklar und lückenhaft. Die Kammer hat festgestellt, der Angeklagte habe der Zeugin P. mit dem spitzen Gegenstand mehrmals "in ihre rechte Gesäßhälfte" gestochen (UA S. 6), hat dann aber bei der Darstellung der von der Zeugin erlittenen Verletzungen kein dementsprechendes Verletzungsbild angeführt: Stichverletzungen am Gesäß der Zeugin sind nicht festgestellt (UA S. 7). Damit bleibt offen , ob durch diese Stiche Verletzungen bewirkt worden sind. Deren Vorliegen
könnte dafür sprechen, daß der nicht identifizierte Gegenstand nach seiner objektiven Beschaffenheit und nach der Art seiner Benutzung im Einzelfall ("verwendungsspezifisch") geeignet war, erhebliche Körperverletzungen zu bewirken. Auch hat der Angeklagte mit einem nicht näher bekannten scharfen Gegenstand den Slip der Zeugin "durchtrennt" (UA S. 6). Sollte dies nicht nur ein "Durchreißen" gewesen sein, könnte das für einen der objektiven Beschaffenheit nach sehr wohl zu erheblichen Körperverletzungen geeigneten Gegenstand sprechen, der als gefährliches Werkzeug zu qualifizieren sein könnte, wenn er auch als Drohmittel gegenüber der Zeugin verwendet worden wäre und es sich nicht etwa - was eher fernliegen dürfte - um einen anderen als den gegen die Zeugin eingesetzten Gegenstand gehandelt hätte. Mit diesen Umständen hätte sich die Kammer in ihrer Würdigung auseinandersetzen müssen, bevor sie sich auf die Nichterweislichkeit der Verwendung eines gefährlichen Werkzeugs zurückzog. 3. Darüber hinaus hätte die Strafkammer prüfen müssen, ob die vom Angeklagten zur Fesselung des Opfers verwendete Paketschnur hier ebenfalls als gefährliches Werkzeug im Sinne der Qualifiktationstatbestände gemäß § 177 Abs. 4 Nr. 1; § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB zu bewerten war. Zwar ist eine Paketschnur für sich gesehen und generell kein gefährliches Werkzeug. Ihre Gefährlichkeit kann sich aber aus der tatsächlichen, konkreten Verwendung ergeben. Gerade für Fesselungsmittel hat der Bundesgerichtshof in seiner Rechtsprechung wiederholt auf die Bedeutung der Art ihrer Verwendung hingewiesen (vgl. nur Senat, Beschl. vom 3. April 2002 - 1 ARs 5/02 - in: NStZ-RR 2002, 265 = StraFo 2002, 239, m.w. RsprN). Wird jemand nur mit Klebeband ohne weitere Folgen an einen Stuhl gefesselt oder werden ihm die Hände mit Kabelbinder zusammengebunden, wird die Benutzung des Fesselungsmittels konkret kaum geeignet sein, erhebliche Verletzungen zu bewirken (vgl. BGH StV 1999,
91; Beschl. vom 12. Januar 1999 - 4 StR 688/98). Hier indessen verwandte der Angeklagte die Schnur zu einer besonderen Art der Fesselung seines Opfers. Er fesselte diesem nicht nur die Hände auf dem Rücken und die Füße, sondern führte die Schnur auch um den Hals und verband sie mit der übrigen Fesselung. Im Ergebnis führte das zu einer ca. 1 cm breiten "Strangulationswunde" am Hals, die bis zu beiden Halsseiten reichte (UA S. 7). Dies deutet darauf hin, daß die besondere Art der Verwendung der Paketschnur diese dazu geeignet erscheinen ließ, auch eine erhebliche Körperverletzung zu bewirken. Sie wäre dann als "gefährliches Werkzeug" im Sinne der genannten Tatbestände verwendet worden. 4. Weiter hätte sich der Tatrichter damit befassen müssen, ob im Blick auf die Strangulationswirkung der Fesselung eine gefährliche Körperverletzung anzunehmen ist. In Betracht kommt die Tatbegehung mittels eines gefährlichen Werkzeuges (siehe oben, § 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB), möglicherweise aber auch mittels einer das Leben gefährdenden Behandlung (§ 224 Abs. 1 Nr. 5 StGB). In subjektiver Hinsicht könnte ein wenigstens bedingter Vorsatz des Angeklagten insoweit selbst dann zu bejahen sein, wenn die Strangulationswunde letztlich erst dadurch bewirkt worden wäre, daß sich die Geschädigte "in gefesseltem Zustand hüpfend zu ca. 50 m entfernten Häusern bewegte" (UA S. 7), wo sie von ihrer Fesselung befreit wurde. Da der Angeklagte sie in besonderer Weise gefesselt 50 m abseits des Weges auf einer Streuobstwiese zurückgelassen hatte (vgl. UA S. 5) und die Tat im Winter um 6.35 Uhr begangen wurde, mußte er wohl auch damit rechnen, daß die Geschädigte in der festgestellten Weise ihre Befreiung suchen und sich die Fesselung strangulierend auswirken könnte, wenn nicht schon das Anbringen der Fesseln selbst die beschriebenen Halsverletzungen verursacht haben sollte.
5. Die aufgeführten, für durchgreifend erachteten rechtlichen Mängel erfassen im Fall 2 der Urteilsgründe auch den Schuldspruch. Dieser kann keinen Bestand haben. Das führt zum Fortfall der - ohnehin niedrigen - Einzelstrafe und zur Aufhebung des Ausspruchs über die Gesamtfreiheitsstrafe. III. Hinweise: Der neue Tatrichter wird folgendes zu bedenken haben: 1. Die bisherige Würdigung der Strafkammer zum Fall 1 der Urteilsgründe erweist sich in tatsächlicher wie rechtlicher Hinsicht deshalb als lückenhaft, weil die Kammer lediglich annimmt, Nötigungsziel des Angeklagten sei es gewesen , die Geschädigte "an einen anderen Ort zu bringen" (UA S. 5). Sie setzt sich nicht damit auseinander, ob der Täter auch sexuelle Ziele verfolgte. Das lag hier angesichts des Tatbildes und des Zusammenhangs zwischen den beiden Taten bei lebensnaher Betrachtung nahe. Dadurch ist der Angeklagte zwar nicht beschwert und die Staatsanwaltschaft hat dies nicht angegriffen. Der neue Tatrichter ist aber durch das Verschlechterungsverbot nicht gehindert, den Schuldspruch dennoch zu verschärfen, wenn er aufgrund neuer Bewertung wiederum die Überzeugung von der Täterschaft des Angeklagten gewinnen sollte, die eigentliche Zielsetzung des Täters näher festzustellen vermag und diese im Sexuellen gründen sollte. Das Verschlechterungsverbot gilt im Grundsatz nur hinsichtlich der Art und der Höhe der Rechtsfolgen der Tat (§ 358 Abs. 2 Satz 1 StPO). Die wegen des Falles 1 verhängte Einzelstrafe dürfte indes nicht erhöht werden, weil insoweit lediglich auf die Revision des Angeklagten hin neu zu befinden sein würde. 2. Der neue Tatrichter wäre schließlich von Rechts wegen nicht gehindert , die Anordnung einer Maßregel nach § 63 StGB zu prüfen (vgl. § 358
Abs. 2 Satz 2 StPO), wenn sich - abweichend vom angefochtenen Urteil - die Voraussetzungen des § 21 StGB sicher feststellen ließen. Dafür bietet sich allerdings auf der Grundlage des vorliegenden Urteils kein Anhalt. Der Senat schließt angesichts der Tatabläufe aus, daß Schuldunfähigkeit in Betracht kommen könnte. Da das angefochtene Urteil im Fall 2 und im Ausspruch über die Gesamtstrafe auch auf die zuungunsten des Angeklagten eingelegte Revision der Staatsanwaltschaft hin aufgehoben wird, kann sich gar eine Lage ergeben , in welcher der neue Tatrichter die Anordnung der Sicherungsverwahrung zu prüfen haben könnte (vgl. § 66 Abs. 3 Satz 2 StGB). Nack Boetticher Schluckebier Hebenstreit Elf

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Lastenausgleichsgesetz - LAG

Strafgesetzbuch - StGB | § 21 Verminderte Schuldfähigkeit


Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.

Strafprozeßordnung - StPO | § 261 Grundsatz der freien richterlichen Beweiswürdigung


Über das Ergebnis der Beweisaufnahme entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Inbegriff der Verhandlung geschöpften Überzeugung.
Bundesgerichtshof Urteil, 21. Jan. 2004 - 1 StR 364/03 zitiert 15 §§.

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BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL 1 StR 647/12 vom 19. März 2013 in der Strafsache gegen wegen gefährlicher Körperverletzung u.a. Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 19. März 2013, an der teilgenommen haben:

Bundesgerichtshof Beschluss, 22. Mai 2013 - 4 StR 151/13

bei uns veröffentlicht am 22.05.2013

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 4 StR 151/13 vom 22. Mai 2013 in der Strafsache gegen wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts un

Bundesgerichtshof Beschluss, 16. Dez. 2015 - 1 StR 503/15

bei uns veröffentlicht am 16.12.2015

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 1 StR 503/15 vom 16. Dezember 2015 in der Strafsache gegen wegen Vergewaltigung ECLI:DE:BGH:2015:161215B1STR503.15.0 Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 16. Dezember 2015 gemäß § 349 Abs. 4 StPO beschloss

Bundesgerichtshof Urteil, 26. Feb. 2015 - 4 StR 293/14

bei uns veröffentlicht am 26.02.2015

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL 4 StR 293/14 vom 26. Februar 2015 in der Strafsache gegen wegen Verdachts des Herbeiführens einer Sprengstoffexplosion u.a. Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 26. Februar 2

Referenzen

Über das Ergebnis der Beweisaufnahme entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Inbegriff der Verhandlung geschöpften Überzeugung.

(1) Eine körperliche Untersuchung des Beschuldigten darf zur Feststellung von Tatsachen angeordnet werden, die für das Verfahren von Bedeutung sind. Zu diesem Zweck sind Entnahmen von Blutproben und andere körperliche Eingriffe, die von einem Arzt nach den Regeln der ärztlichen Kunst zu Untersuchungszwecken vorgenommen werden, ohne Einwilligung des Beschuldigten zulässig, wenn kein Nachteil für seine Gesundheit zu befürchten ist.

(2) Die Anordnung steht dem Richter, bei Gefährdung des Untersuchungserfolges durch Verzögerung auch der Staatsanwaltschaft und ihren Ermittlungspersonen (§ 152 des Gerichtsverfassungsgesetzes) zu. Die Entnahme einer Blutprobe bedarf abweichend von Satz 1 keiner richterlichen Anordnung, wenn bestimmte Tatsachen den Verdacht begründen, dass eine Straftat nach § 315a Absatz 1 Nummer 1, Absatz 2 und 3, § 315c Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe a, Absatz 2 und 3 oder § 316 des Strafgesetzbuchs begangen worden ist.

(3) Dem Beschuldigten entnommene Blutproben oder sonstige Körperzellen dürfen nur für Zwecke des der Entnahme zugrundeliegenden oder eines anderen anhängigen Strafverfahrens verwendet werden; sie sind unverzüglich zu vernichten, sobald sie hierfür nicht mehr erforderlich sind.

(1) An dem durch Maßnahmen nach § 81a Absatz 1 oder § 81c erlangten Material dürfen mittels molekulargenetischer Untersuchung das DNA-Identifizierungsmuster, die Abstammung und das Geschlecht der Person festgestellt und diese Feststellungen mit Vergleichsmaterial abgeglichen werden, soweit dies zur Erforschung des Sachverhalts erforderlich ist. Andere Feststellungen dürfen nicht erfolgen; hierauf gerichtete Untersuchungen sind unzulässig.

(2) Nach Absatz 1 zulässige Untersuchungen dürfen auch an aufgefundenem, sichergestelltem oder beschlagnahmtem Material durchgeführt werden. Ist unbekannt, von welcher Person das Spurenmaterial stammt, dürfen zusätzlich Feststellungen über die Augen-, Haar- und Hautfarbe sowie das Alter der Person getroffen werden. Absatz 1 Satz 2 und § 81a Abs. 3 erster Halbsatz gelten entsprechend. Ist bekannt, von welcher Person das Material stammt, gilt § 81f Absatz 1 entsprechend.

(1) Eine körperliche Untersuchung des Beschuldigten darf zur Feststellung von Tatsachen angeordnet werden, die für das Verfahren von Bedeutung sind. Zu diesem Zweck sind Entnahmen von Blutproben und andere körperliche Eingriffe, die von einem Arzt nach den Regeln der ärztlichen Kunst zu Untersuchungszwecken vorgenommen werden, ohne Einwilligung des Beschuldigten zulässig, wenn kein Nachteil für seine Gesundheit zu befürchten ist.

(2) Die Anordnung steht dem Richter, bei Gefährdung des Untersuchungserfolges durch Verzögerung auch der Staatsanwaltschaft und ihren Ermittlungspersonen (§ 152 des Gerichtsverfassungsgesetzes) zu. Die Entnahme einer Blutprobe bedarf abweichend von Satz 1 keiner richterlichen Anordnung, wenn bestimmte Tatsachen den Verdacht begründen, dass eine Straftat nach § 315a Absatz 1 Nummer 1, Absatz 2 und 3, § 315c Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe a, Absatz 2 und 3 oder § 316 des Strafgesetzbuchs begangen worden ist.

(3) Dem Beschuldigten entnommene Blutproben oder sonstige Körperzellen dürfen nur für Zwecke des der Entnahme zugrundeliegenden oder eines anderen anhängigen Strafverfahrens verwendet werden; sie sind unverzüglich zu vernichten, sobald sie hierfür nicht mehr erforderlich sind.

(1) An dem durch Maßnahmen nach § 81a Absatz 1 oder § 81c erlangten Material dürfen mittels molekulargenetischer Untersuchung das DNA-Identifizierungsmuster, die Abstammung und das Geschlecht der Person festgestellt und diese Feststellungen mit Vergleichsmaterial abgeglichen werden, soweit dies zur Erforschung des Sachverhalts erforderlich ist. Andere Feststellungen dürfen nicht erfolgen; hierauf gerichtete Untersuchungen sind unzulässig.

(2) Nach Absatz 1 zulässige Untersuchungen dürfen auch an aufgefundenem, sichergestelltem oder beschlagnahmtem Material durchgeführt werden. Ist unbekannt, von welcher Person das Spurenmaterial stammt, dürfen zusätzlich Feststellungen über die Augen-, Haar- und Hautfarbe sowie das Alter der Person getroffen werden. Absatz 1 Satz 2 und § 81a Abs. 3 erster Halbsatz gelten entsprechend. Ist bekannt, von welcher Person das Material stammt, gilt § 81f Absatz 1 entsprechend.

Über das Ergebnis der Beweisaufnahme entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Inbegriff der Verhandlung geschöpften Überzeugung.

(1) Wer einen Menschen mit der Begehung einer gegen ihn oder eine ihm nahestehende Person gerichteten rechtswidrigen Tat gegen die sexuelle Selbstbestimmung, die körperliche Unversehrtheit, die persönliche Freiheit oder gegen eine Sache von bedeutendem Wert bedroht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Wer einen Menschen mit der Begehung eines gegen ihn oder eine ihm nahestehende Person gerichteten Verbrechens bedroht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(3) Ebenso wird bestraft, wer wider besseres Wissen einem Menschen vortäuscht, daß die Verwirklichung eines gegen ihn oder eine ihm nahestehende Person gerichteten Verbrechens bevorstehe.

(4) Wird die Tat öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten eines Inhalts (§ 11 Absatz 3) begangen, ist in den Fällen des Absatzes 1 auf Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder auf Geldstrafe und in den Fällen der Absätze 2 und 3 auf Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder auf Geldstrafe zu erkennen.

(5) Die für die angedrohte Tat geltenden Vorschriften über den Strafantrag sind entsprechend anzuwenden.

(1) Wer einen Menschen rechtswidrig mit Gewalt oder durch Drohung mit einem empfindlichen Übel zu einer Handlung, Duldung oder Unterlassung nötigt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Rechtswidrig ist die Tat, wenn die Anwendung der Gewalt oder die Androhung des Übels zu dem angestrebten Zweck als verwerflich anzusehen ist.

(3) Der Versuch ist strafbar.

(4) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
eine Schwangere zum Schwangerschaftsabbruch nötigt oder
2.
seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger mißbraucht.

(1) Wer gegen den erkennbaren Willen einer anderen Person sexuelle Handlungen an dieser Person vornimmt oder von ihr vornehmen lässt oder diese Person zur Vornahme oder Duldung sexueller Handlungen an oder von einem Dritten bestimmt, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

(2) Ebenso wird bestraft, wer sexuelle Handlungen an einer anderen Person vornimmt oder von ihr vornehmen lässt oder diese Person zur Vornahme oder Duldung sexueller Handlungen an oder von einem Dritten bestimmt, wenn

1.
der Täter ausnutzt, dass die Person nicht in der Lage ist, einen entgegenstehenden Willen zu bilden oder zu äußern,
2.
der Täter ausnutzt, dass die Person auf Grund ihres körperlichen oder psychischen Zustands in der Bildung oder Äußerung des Willens erheblich eingeschränkt ist, es sei denn, er hat sich der Zustimmung dieser Person versichert,
3.
der Täter ein Überraschungsmoment ausnutzt,
4.
der Täter eine Lage ausnutzt, in der dem Opfer bei Widerstand ein empfindliches Übel droht, oder
5.
der Täter die Person zur Vornahme oder Duldung der sexuellen Handlung durch Drohung mit einem empfindlichen Übel genötigt hat.

(3) Der Versuch ist strafbar.

(4) Auf Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr ist zu erkennen, wenn die Unfähigkeit, einen Willen zu bilden oder zu äußern, auf einer Krankheit oder Behinderung des Opfers beruht.

(5) Auf Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr ist zu erkennen, wenn der Täter

1.
gegenüber dem Opfer Gewalt anwendet,
2.
dem Opfer mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben droht oder
3.
eine Lage ausnutzt, in der das Opfer der Einwirkung des Täters schutzlos ausgeliefert ist.

(6) In besonders schweren Fällen ist auf Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren zu erkennen. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn

1.
der Täter mit dem Opfer den Beischlaf vollzieht oder vollziehen lässt oder ähnliche sexuelle Handlungen an dem Opfer vornimmt oder von ihm vornehmen lässt, die dieses besonders erniedrigen, insbesondere wenn sie mit einem Eindringen in den Körper verbunden sind (Vergewaltigung), oder
2.
die Tat von mehreren gemeinschaftlich begangen wird.

(7) Auf Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren ist zu erkennen, wenn der Täter

1.
eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug bei sich führt,
2.
sonst ein Werkzeug oder Mittel bei sich führt, um den Widerstand einer anderen Person durch Gewalt oder Drohung mit Gewalt zu verhindern oder zu überwinden, oder
3.
das Opfer in die Gefahr einer schweren Gesundheitsschädigung bringt.

(8) Auf Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren ist zu erkennen, wenn der Täter

1.
bei der Tat eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug verwendet oder
2.
das Opfer
a)
bei der Tat körperlich schwer misshandelt oder
b)
durch die Tat in die Gefahr des Todes bringt.

(9) In minder schweren Fällen der Absätze 1 und 2 ist auf Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu drei Jahren, in minder schweren Fällen der Absätze 4 und 5 ist auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen der Absätze 7 und 8 ist auf Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren zu erkennen.

(1) Wer die Körperverletzung

1.
durch Beibringung von Gift oder anderen gesundheitsschädlichen Stoffen,
2.
mittels einer Waffe oder eines anderen gefährlichen Werkzeugs,
3.
mittels eines hinterlistigen Überfalls,
4.
mit einem anderen Beteiligten gemeinschaftlich oder
5.
mittels einer das Leben gefährdenden Behandlung
begeht, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(1) Auf Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren ist zu erkennen, wenn

1.
der Täter oder ein anderer Beteiligter am Raub
a)
eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug bei sich führt,
b)
sonst ein Werkzeug oder Mittel bei sich führt, um den Widerstand einer anderen Person durch Gewalt oder Drohung mit Gewalt zu verhindern oder zu überwinden,
c)
eine andere Person durch die Tat in die Gefahr einer schweren Gesundheitsschädigung bringt oder
2.
der Täter den Raub als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Raub oder Diebstahl verbunden hat, unter Mitwirkung eines anderen Bandenmitglieds begeht.

(2) Auf Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren ist zu erkennen, wenn der Täter oder ein anderer Beteiligter am Raub

1.
bei der Tat eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug verwendet,
2.
in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 eine Waffe bei sich führt oder
3.
eine andere Person
a)
bei der Tat körperlich schwer mißhandelt oder
b)
durch die Tat in die Gefahr des Todes bringt.

(3) In minder schweren Fällen der Absätze 1 und 2 ist die Strafe Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 ARs 5/02
vom
3. April 2002
in der Strafsache
gegen
wegen schwerer räuberischer Erpressung
hier: Anfrage des 2. Strafsenats vom 7. Dezember 2001 – 2 StR 441/01 -
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 3. April 2002 gemäß
§ 132 Abs. 3 GVG beschlossen:
Der Senat hält an seiner Rechtsprechung fest, daß der Tatbestand des § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB nicht erfüllt ist, wenn ein Täter lediglich mit einer mit Platzpatronen geladenen Schreckschußwaffe aus einer Entfernung droht, bei der (für den Fall der Schußabgabe) für das Opfer keine Leibesgefahr besteht.

Gründe:

Der beabsichtigten Entscheidung des 2. Strafsenats steht die Rechtsprechung des 1. Strafsenats entgegen (Beschlüsse vom 3. November 1998 – 1 StR 529/98 – und vom 14. April 1999 – 1 StR 542/98 –). An dieser Rechtsprechung hält der 1. Strafsenat fest. Der vom 2. Strafsenat beabsichtigten Auslegung des Merkmals "gefährliches Werkzeug" dürften rechtssystematische Gründe entgegen stehen; sie entspricht nicht den Intentionen des Gesetzgebers des 6. StrRG und mit ihr würde, ohne daß dafür schwerwiegende Gründe vorliegen, eine inzwischen gefestigte Rechtsprechung aufgegeben werden. I. Die vom 2. Strafsenat vorgenommene Auslegung des Merkmals "gefährliches Werkzeug" verzichtet im Ergebnis auf das Erfordernis der objektiven Gefährlichkeit bei solchen Gegenständen, die erst durch die konkrete Art der Verwendung gefährlich sind. Damit verliert der verwendungsspezifische Gefährlichkeitsbegriff des § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB seine ihm bisher von der Rechtsprechung verliehene Kontur. Das würde zu erheblichen Anwendungsschwierigkeiten führen.
1. Mit dem 2. Strafsenat geht der 1. Strafsenat davon aus, daû das "gefährliche Werkzeug" der Oberbegriff der in § 250 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a und Abs. 2 Nr. 1 StGB genannten Tatmittel ist. Innerhalb dieses Oberbegriffs hat der Bundesgerichtshof zwischen verschiedenen Tatmitteln unterschieden, die sich der Sache nach in folgende Gruppen aufteilen lassen: Waffen, generell gefährliche und nur speziell ± nämlich verwendungsspezifisch ± gefährliche Gegenstände.
a) Waffen sind stets "gefährliche Werkzeuge"; das ist einhellige Meinung der Strafsenate des Bundesgerichtshofs. aa) Waffen sind zunächst die mit Geschossen geladenen Schuûwaffen sowie die mit Gasmunition geladenen Pistolen oder Revolver, bei denen das Gas nach vorne austritt (also Schuûwaffen im Sinne des § 250 StGB a.F.). Einigkeit besteht gleichfalls darüber, daû ungeladene Schuûwaffen keine Waffen in diesem Sinne sind. Sie sind vielmehr Mittel im Sinne des § 250 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b StGB (BGH, Beschluû vom 29. Juli 1998 ± 1 StR 370/98 ±; Beschluû vom 11. Dezember 1998 ± 2 StR 521/98 ±; Beschluû vom 8. August 2001 ± 3 StR 271/00 ±; Beschluû vom 17. Mai 2001 ± 4 StR 412/00 ± und Beschluû vom 19. Oktober 1999 ± 5 StR 502/99 ±). Auch der dazwischen angesiedelte Fall, daû die Munition für die Schuûwaffe griffbereit mitgeführt wird, ist inzwischen höchstrichterlich geklärt (Munition in der Jackentasche: BGH, Urteil vom 20. Oktober 1999 ± 1 StR 429/99 = BGHSt 45, 249; Waffe muû nur noch durchgeladen werden: BGH, Beschluû vom 9. November 1999 ± 1 StR 501/99 ±; Munition in Kleidung: BGH, Beschluû vom 25. Februar 2000 ± 2 StR 445/99 ±). bb) Waffen sind ferner alle sonstigen Waffen im technischen Sinne, insbesondere solche, die dem Waffenrecht unterfallen (Gummiknüppel als Hiebwaffe nach § 1 Abs. 7 WaffG: BGH, Urteil vom 23. Mai 2001 ± 3 StR 62/01 = BGHR StGB § 177 Abs. 3 Waffe 1).

b) Als generell, also stets "gefährliche Werkzeuge" ± sofern sie nicht schon dem Waffenbegriff unterfallen ± hat der Bundesgerichtshof insbesondere Messer eingestuft (BGH, Beschluû vom 17. Juni 1998 ± 1 StR 270/98 = BGHR StGB § 250 Abs. 2 Nr. 1 Verwenden 1; BGH, Urteil vom 26. November 1998 ± 4 StR 457/98 = NStZ 1999, 136; BGH, Beschluû vom 16. Mai 2000 ± 4 StR 89/00 = NStZ-RR 2001, 41).
c) Andere Gegenstände hat der Bundesgerichtshof erst wegen ihres Einsatzes unter besonderen Bedingungen ± also verwendungsspezifisch ± als "gefährliche Werkzeuge" eingestuft. Diese spezielle Gefährlichkeit ist untrennbar mit der tatsächlichen, konkreten Verwendung verbunden. Mit anderen Worten: Diese Tatmittel sind an sich ± also generell ± keine "gefährlichen Werkzeuge". Zu solchen werden sie vielmehr erst aufgrund ihrer speziellen Verwendung. Erst dadurch sind sie geeignet, erhebliche Verletzungen herbeizuführen. aa) Zu den erst verwendungsspezifisch gefährlichen Werkzeugen gehört insbesondere der Einsatz ± wobei die Drohung mit dem Einsatz genügt ± von Gegenständen als Schlagwerkzeug (auch von geladenen oder ungeladenen Schuûwaffen). So hat der 2. Strafsenat einerseits einen Holzknüppel nicht als "gefährliches Werkzeug" eingestuft, weil er nicht verwendet wurde (Beschluû vom 4. September 1999 ± 2 StR 390/98 = StV 1999, 91) und andererseits ein Winkeleisen nur deshalb als "gefährliches Werkzeug" behandelt, weil es zur Bedrohung des Tatopfers eingesetzt wurde (Beschluû vom 22. November 2001 ± 2 StR 400/01 ±). Der 4. Strafsenat hat einen Besenstiel, der als Drohmittel zur Herausgabe verwendet wurde (Beschluû vom 20. Mai 1999 ± 4 StR 168/99 = NStZ-RR 1999, 355), und eine gegen das Opfer "eingesetzte" Schranktür (Beschluû vom 16. Juni 1998 ± 4 StR 255/98 ±) als "gefährliches Werkzeug" angesehen. bb) Dasselbe gilt für den Einsatz von an sich ungefährlichen Gegenständen als Stichwerkzeug (Kugelschreiber an den Hals gedrückt: BGH, Beschluû vom 15. Februar 2001 ± 3 StR 6/01 ±; Vorhalten einer Injektionsspritze, deren
Nadel auf das Opfer gerichtet war: BGH, Beschluû vom 22. Mai 2001 ± 3 StR 130/01 ±) und für sonstige Mittel (Kampfhund: BGH, Beschluû vom 8. Dezember 1998 ± 4 StR 584/98 = NStZ-RR 1999, 174; Mitschleifen im Auto: BGH, Urteil vom 30. Mai 2000 ± 4 StR 90/00 = NStZ 2000, 530; Treten mit beschuhten Füûen: BGH, Beschluû vom 28. November 2000 ± 4 StR 474/00 ±). cc) Bei der Einordnung von Fesselungsmitteln hat der Bundesgerichtshof gleichfalls auf die Art der Verwendung abgestellt (BGH, Beschluû vom 4. September 1999 ± 2 StR 390/98 = StV 1999, 91; "sie sind zwar verwendet worden, waren aber in der konkreten Art ihrer Verwendung keine "gefährlichen Werkzeuge": Beschluû vom 25. November 1998 ± 2 StR 546/98 ±; kurzzeitige Drosselung mit einem Gürtel: Beschluû vom 27. Juni 2001 ± 3 StR 64/01 ±; Hände mit Kabelbinder gefesselt: Beschluû vom 12. Januar 1999 ± 4 StR 688/98 ±). 2. Aus dem Umstand, daû der Bundesgerichtshof nicht generell gefährliche Gegenstände erst durch die Art der Verwendung als ± speziell ± "gefährliche Werkzeuge" eingestuft hat, leitet der Senat ab, daû der Begriff des "gefährlichen Werkzeugs" in § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB nicht vollständig deckungsgleich ist mit dem des "gefährlichen Werkzeugs" in § 250 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a StGB. Diese Konsequenz hat der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs schon in seiner Antwort (Beschluû vom 26. Februar 1999 ± 3 ARs 1/99 = NStZ 1999, 301) auf die Anfrage des 4. Strafsenats (Beschluû vom 3. Dezember 1998 ± 4 StR 380/98 = StV 1999, 151) aufgezeigt. Der unterschiedliche Begriff des gefährlichen Werkzeugs im Sinne des § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB folgt daraus, daû dieser untrennbar mit dem dort zusätzlich genannten Merkmal "verwendet" verbunden ist. Erst durch seine Verwendung wird ein generell ungefährlicher Gegenstand zu einem speziell "gefährlichen Werkzeug".
a) Gerade die Fesselungsmittel zeigen anschaulich, daû es bei solchen Gegenständen von der Art der Verwendung abhängt, ob das Werkzeug gefährlich ist. Der Täter kann ein Seil bei sich führen, um dieses lediglich als Fesselungsmittel einzusetzen; dann macht er sich nach § 250 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b
StGB strafbar. Verwendet er das Seil hingegen als Drosselungsmittel, dann wird das Seil ± wegen der Art der Verwendung ± zu einem "gefährlichen Werkzeug" im Sinne des § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB. Tritt der Täter mit seinem beschuhten Fuû gegen den Kopf des Opfers, so verwendet er ein ± speziell ± "gefährliches Werkzeug" und begeht erst dadurch einen schweren Raub (§ 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB).
b) Wären solche Gegenstände unabhängig von ihrer Verwendung, also bei bloûem Beisichführen, "gefährliche Werkzeuge" im Sinne des § 250 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a StGB, dann könnte ein schwerer Raub nur noch durch (ungeschriebene ) subjektive Merkmale ("Verwendungsabsicht" oder "Verwendungsvorbehalt" ) verneint werden. Eine solche Einschränkung lehnt der 2. Strafsenat aber mit überzeugender Begründung ab. Er verlangt zu Recht eine Abgrenzung anhand objektiver Kriterien. Deshalb ist bei der Einordnung solcher Gegenstände als "gefährliches Werkzeug" maûgeblich auf die Art der Verwendung abzustellen. Die tatsächliche Verwendung ist ein solches objektives Kriterium, denn sie umschreibt Umstände der Tatausführung.
c) Nur bei einem verwendungsspezifischen Gefährlichkeitsbegriff läût sich auch die vom Gesetzgeber gewollte Kongruenz mit dem Begriff des "gefährlichen Werkzeugs" im Sinne des § 224 Nr. 2 StGB erreichen. Dann ergibt sich die Kongruenz zwanglos daraus, daû dem "Verwenden" (§ 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB) die Worte "die Körperverletzung mittels... eines anderen 'gefährlichen Werkzeugs' ... begeht" (§ 224 Nr. 2 StGB) entsprechen. Hätte der Begriff des gefährlichen Werkzeugs in § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB hingegen denselben Inhalt wie der in § 250 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a StGB, dann ergäben sich ± worauf der Anfragebeschluû zutreffend hinweist ± auch systematische Schwierigkeiten bei der Auslegung dieses Tatbestandsmerkmals. 3. Diese Auslegungsgrundsätze müssen auch für die mit Platzpatronen geladene Schreckschuûwaffe (bei welcher der Gasdruck nach vorne austritt) gelten.

a) Dieses Tatmittel hat der Bundesgerichtshof bisher nicht als generell "gefährliches Werkzeug" eingestuft. Zu einem "gefährlichen Werkzeug" (Waffe) wird eine solche Schreckschuûwaffe erst durch die Art ihrer Verwendung. Der dafür maûgebliche Grund ist, daû nur die Schuûabgabe aus kurzer Distanz zu Verletzungen führen kann, während ein Schuû aus gröûerer Distanz objektiv ungefährlich ist. Das für die Gefährlichkeit ausschlaggebende Kriterium ist deshalb konsequenterweise die räumliche Distanz (“Entfernungs-Kriterium”) zwischen Täter und Opfer (BGH, Beschlüsse vom 3. November 1998 ± 1 StR 529/98 ±; vom 14. April 1999 ± 1 StR 542/98 ±; vom 19. August 1998 ± 3 StR 333/98 = BGHR StGB § 250 Abs. 2 Waffe 2; Beschluû vom 19. Mai 1998 ± 4 StR 204/98 = BGHR StGB § 250 "gefährliches Werkzeug" 1 und vom 23. Juni 1998 ± 4 StR 245/98 ±). aa) Stellt das Tatgericht fest, daû der Täter dem Opfer lediglich aus nicht bekannter Entfernung mit einer Schreckschuûwaffe droht, so ist das Tatmittel objektiv ungefährlich, weil hier die Leibesgefahr für das Opfer fehlt. In diesen Fällen täuscht der Täter mit einer Schreckschuûwaffe, die häufig in ihrem äuûeren Erscheinungsbild echten Schuûwaffen nachgebildet ist, das Opfer. Dieses nimmt an, der Täter könne, wie bei einer echten Schuûwaffe, durch die Abgabe eines Schusses eine schwere oder gar tödliche Verletzung herbeiführen. Der Täter nutzt diese Täuschung aus, um allein durch die Drohung den erwarteten Widerstand zu brechen. Dann kommt allein § 250 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b StGB zur Anwendung (BGH, Beschlüsse vom 3. November 1998 ± 1 StR 529/98 ±und vom 23. Juni 1998 ± 4 StR 245/98 ±). bb) Bringt der Täter dagegen dem Opfer bei einer Schuûdistanz von wenigen Zentimetern (relativer Nahschuû) oder bei einem Schuû mit auf die Körperoberfläche aufgesetzter Laufmündung (absoluter Nahschuû) durch die austretenden Explosionsgase und die mitgerissenen Munitionspartikel (vgl. Rothschild, Zur Gefährlichkeit freiverkäuflicher Schreckschuûwaffen, NStZ 2001, 406, 407, 410) eine erhebliche Verletzung bei oder droht er dem Opfer mit einer solchen Vorgehensweise, dann wird die Schreckschuûwaffe aufgrund
ihrer konkreten Verwendung zu einem "gefährlichen Werkzeug" im Sinne des § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB, nämlich zu einer Waffe (vgl. Boetticher/Sander NStZ 1999, 292, 293; BGH, Beschluû vom 9. November 1999 ± 1 StR 501/99 ±; BGH, Beschluû vom 19. August 1998 ± 3 StR 333/98 = BGHR StGB § 250 Abs. 2 Nr. 1 Waffe 2; BGH, Beschluû vom 4. Januar 1999 ± 3 StR 517/98 ±; BGH, Urteil vom 26. November 1998 ± 4 StR 457/98 = NStZ 1999, 136; BGH, Beschluû vom 30. November 2000 ± 4 StR 493/00 = StV 2001, 274).
b) Der 2. Strafsenat will eine verwendungsspezifische ± spezielle ± Gefährlichkeit auch deshalb annehmen, weil die Schreckschuûwaffe innerhalb kürzester Zeit unmittelbar am Körper des Opfers zum Einsatz gebracht werden k a n n ("Zeit-Kriterium"). aa) Daran ist sicher richtig, daû der Täter ± binnen Sekunden ± mit wenigen Schritten die Distanz überwinden und damit die spezielle Gefährlichkeit herbeiführen kann. Insofern ist ± worauf der 2. Strafsenat abhebt ± zwar eine gewisse Vergleichbarkeit mit dem Messer gegeben. Bei der entscheidendserheblichen Frage der objektiven Gefährlichkeit des angedrohten Einsatzes können beide Tatmittel indessen nicht gleichgesetzt werden. Droht der Täter an, sein Messer einzusetzen, so droht er zugleich damit, den Abstand zum Opfer zu überwinden und mit dem Messer ± aus einer Nahdistanz ± auf das Opfer einzustechen. Anders ist es bei der Drohung mit dem Einsatz der Schreckschuûwaffe. Hier droht der Täter grundsätzlich damit, einen Schuû aus der Position abzugeben, in der er sich gerade befindet. Macht der Täter in diesem Fall seine Drohung wahr, so ist der angedrohte Einsatz gleichwohl objektiv ungefährlich, wenn die Schuûabgabe aus gröûerer Distanz erfolgt. Davon geht auch der 2. Strafsenat aus, wenn er (Beschluû S. 6 unten) ausführt, daû ihr Einsatz aus gröûerer Distanz "die Zufügung einer erheblichen Körperverletzung (gerade) noch nicht gestattet." bb) Würde man genügen lassen, daû die Schreckschuûwaffe innerhalb kürzester Zeit unmittelbar am Körper des Opfers zum Einsatz gebracht werden k a n n , dann würde eine objektiv (noch) ungefährliche Schreckschuûwaffe
unabhängig von der Art ihres t a t s ä c h l i c h e n Einsatzes nahezu stets zu einem "gefährlichen Werkzeug". Schon die p o t e n t i e l l e Gefährlichkeit würde danach ausreichen. Durch eine solche Auslegung mittels des ZeitKriteriums wird der Begriff des gefährlichen Werkzeuges bei solchen Tatmitteln von der Art der Verwendung abgekoppelt. Dies gilt nicht nur bei Schreckschuûwaffen , sondern auch bei anderen generell nicht gefährlichen Gegenständen. Damit wären auch die meisten anderen Gegenstände nahezu stets ein "gefährliches Werkzeug" im Sinne des § 250 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a StGB.
c) Zwar versucht der 2. Strafsenat eine so weit reichende Abkoppelung vom Merkmal der Verwendung durch die fallbezogene Formulierung der Vorlegungsfrage zu vermeiden. Diese bezieht sich ausdrücklich nur auf mit Platzpatronen geladene Schreckschuûpistolen, bei welcher der Gasdruck nach vorne austritt. Auch soll nur das "gefährliche Werkzeug im Sinne des § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB" betroffen sein. Die Möglichkeit des Nahschusses soll zudem nur eine weitere Art ("verwendet auch") des Verwendens sein. aa) Die Anwendung des Zeit-Kriteriums führt zunächst dazu, daû ein Täter , der eine Schreckschuûwaffe bloû bei sich führt, nahezu stets einen schweren Raub im Sinne des § 250 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a StGB begeht. Die rechtssystematische Konsequenz einer solchen Auslegung wäre, daû ± anders als es der 1. Strafsenat aus der bisherigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs abgeleitet hat ± der Begriff des "gefährlichen Werkzeugs" in § 250 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a und § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB weitgehend identisch wäre. Daû der 2. Strafsenat ± von seinem Ansatz aus konsequent ± von einem solchen einheitlichen Begriff des "gefährlichen Werkzeugs" ausgeht, zeigt die Begründung auf S. 4 unten und S. 5 Mitte des Anfragebeschlusses. Daraus folgt aber zugleich , daû die auf die Auslegung des "gefährlichen Werkzeugs" (nur) im Sinne des § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB beschränkte Vorlegungsfrage zu eng gefaût ist. Da es bereits auf die M ö g l i c h k e i t des Einsatzes aus kurzer Distanz ankommen soll, ändert diese Auslegung auch die bisherige Rechtsprechung
zum Begriff des "gefährlichen Werkzeugs" im Sinne des § 250 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a StGB. bb) Der so ausgelegte Begriff des "gefährlichen Werkzeugs" würde aber auch für jeden anderen generell noch nicht gefährlichen Gegenstand gelten. Das gilt zunächst für ungeladene Schuûwaffen oder Scheinwaffen. Reicht die Drohung mit der vermeintlich möglichen Schuûabgabe nicht aus, so k ö n n e n diese ± binnen Sekunden ± immer noch als Schlagwerkzeug eingesetzt werden. Für deren Einstufung in § 250 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b StGB bliebe dann kaum noch Raum. Auch andere Gegenstände wie Schals, Gürtel (sie können schnell als Drosselungswerkzeuge gebraucht werden), Kugelschreiber (als Stichwerkzeug) oder Schuhe müûten bei Anwendung des ZeitKriteriums als (potentiell) "gefährliche Werkzeuge" angesehen werden. Da aber nahezu jeder Täter solche oder ähnliche Gegenstände "bei sich führt" (§ 250 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a StGB) und "diese innerhalb kürzester Zeit unmittelbar am Körper des Opfers zum Einsatz gebracht werden k ö n n e n " , würde der einfache Raub in den meisten Fällen zu einem schweren Raub. cc) Diese Konsequenzen lassen sich nicht dadurch vermeiden, daû der 2. Strafsenat die Einstufung als "gefährliches Werkzeug" ausdrücklich nur bei einem "derart verletzungsgeeigneten Gegenstand" und wegen der insoweit angenommenen Vergleichbarkeit der Schreckschuûpistole mit einem Messer vornehmen will. Da mit der potentiellen Gefährlichkeit ein weitergehender Auslegungsansatz gewählt wird, läût sich dessen umfassende Anwendung nicht nur auf die tatsächlichen Gegebenheiten der Schreckschuûwaffe beschränken. Damit würde die Grenzziehung zwischen objektiv gefährlichen und objektiv ungefährlichen Werkzeugen bzw. Waffen wegen eines nur für möglich angesehenen Tatverlaufs aufgegeben. Einen Erfahrungssatz, daû ein objektiv ungefährliches Tatmittel stets gefährlich eingesetzt wird, gibt es nicht. Ebenso kann nicht unterstellt werden, daû ein Täter regelmäûig eine derartige, die Gefährlichkeit erhöhende Absicht hat. Der Anknüpfung an einen nur potentiel-
len Geschehensablauf widersprechen gerade die häufig von den Tatgerichten getroffenen Feststellungen, nach denen es beim Raub aus unterschiedlichsten Gründen ± erfolgreiche Täuschung des Opfers, Furcht des Täters u.a. ± bei dem objektiv ungefährlichen Einsatz des Tatmittels bleibt. Käme es auf die potentielle Gefährlichkeit an, so müûten die Tatgerichte aufgrund der richterlichen Aufklärungspflicht oder aufgrund von Beweisanträgen weitere Ermittlungen zu den örtlichen Gegebenheiten ± dem Abstand zwischen Täter und Opfer, den Sichtverhältnissen und insbesondere zu der Möglichkeit , die Distanz zwischen Täter und Opfer zu überwinden ± anstellen. Ebenso wäre das Merkmal "binnen kürzester Zeit und ohne weitere Vorbereitungen" unterschiedlichster Auslegung zugänglich. Insoweit verweist der Senat auch auf die Stellungnahme des 5. Strafsenats (Beschluû vom 19. Februar 2002 ± 5 ARs 6/02 ±). II. Gegen die beabsichtigte Änderung der Rechtsprechung sprechen auch die Motive des Gesetzgebers des 6. StrRG. 1. Mit der Einführung der abgestuften Qualifikationstatbestände mit den Mindeststrafandrohungen von drei Jahren bzw. fünf Jahren wollte der Gesetzgeber Wertungswidersprüche auflösen, die sich in der Rechtsprechung der Gerichte ergeben hatten. Obwohl § 250 Abs. 1 Nr. 1 StGB a.F. für sämtliche Tathandlungen des schweren Raubes das einheitliche Mindestmaû von fünf Jahren Freiheitsstrafe vorsah, hätten die Gerichte aus seiner Sicht zu oft den mit einer Höchststrafe von fünf Jahren bedrohten minder schweren Fall nach § 250 Abs. 2 StGB a.F. angenommen (vgl. Entwurfsbegründung BTDrucks. 13/8587 S. 44). Durch die Einführung eines Qualifikationstatbestandes mit einem "mittleren" Strafrahmen des § 250 Abs. 1 StGB n.F. und die Anhebung der Höchststrafe für den minder schweren Fall sollten die Strafrahmen angemessen abgestuft werden. § 250 Abs. 1 StGB n.F. sollte namentlich in solchen Fällen zur Anwendung kommen, in denen die Rechtsprechung bisher auf den Strafrahmen für minder schwere Fälle nach § 250 Abs. 2 StGB a.F. "ausgewichen" war: "Überfälle mit einer Spielzeugpistole, mit einer mit vier Platzpatro-
nen geladenen Schreckschuûwaffe oder unter Vorhalt einer ungeladenen Gaspistole" (aaO S. 44). 2. Der Gesetzgeber wollte also zum einen verhindern, daû ein Raub durch Bedrohung mit objektiv ungefährlichen Schuûwaffen zum minder schweren Fall herabgestuft wird. Zum andern hat er gerade für diese Fälle den Qualifikationstatbestand des § 250 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b StGB mit einem mittleren Strafrahmen geschaffen (vgl. Boetticher/Sander NStZ 1999, 292 ff.; ausführlich auch Hohmann/Sander Strafrecht BT I 2. Aufl. § 6 Rdn. 4 ff.) und damit verdeutlicht , daû er solche Fallgestaltungen ± unter ausdrücklicher Erwähnung der mit Platzpatronen geladenen Schreckschuûwaffe ± mit dem Strafrahmen des § 250 Abs. 1 StGB n.F. bedroht wissen wollte. III. Die vom 2. Strafsenat vorgenommene Auslegung des Begriffs des "gefährlichen Werkzeugs" würde schlieûlich eine inzwischen gefestigte Rechtsprechung aufgeben, ohne daû dafür schwerwiegende Gründe vorliegen. Der teilweise unsystematischen Neubeschreibung der Qualifikationsmittel in den abgestuften Tatbeständen des schweren Raubes durch das 6. StrRG hat die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs mittlerweile eine für die Praxis handhabbare Kontur gegeben. Nahezu alle praktisch wichtigen Fallgruppen sind inzwischen höchstrichterlich geklärt. Die Strafsenate haben die in Rede stehenden Merkmale im wesentlichen übereinstimmend ausgelegt und in einer Vielzahl von Entscheidungen eine für die tatrichterliche Praxis hinreichend klare Abgrenzung zwischen den Tatbestandsmerkmalen "Waffe oder anderes gefährliches Werkzeug" (§ 250 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a, Abs. 2 Nr. 1 StGB) und "Werkzeug oder Mittel" (§ 250 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b StGB) geschaffen. Dadurch konnten die durch das Ersetzen der "Schuûwaffe" zunächst hervorgerufenen Unzuträglichkeiten bei der neuen Systematisierung der Tatmittel und ihrer Zuordnung zu den beiden unterschiedlichen Qualifikationstatbeständen des schweren Raubes soweit wie möglich beseitigt werden. Für eine Änderung der nunmehr als gefestigt anzusehenden
Rechtsprechung vermag der 1. Strafsenat ± ebenso wie der 5. Strafsenat (Beschluû vom 19. Februar 2002 ± 5 ARs 6/02 ±) ± keine Gründe von Gewicht zu erkennen. Schäfer Nack Boetticher Schluckebier Hebenstreit

(1) Wer die Körperverletzung

1.
durch Beibringung von Gift oder anderen gesundheitsschädlichen Stoffen,
2.
mittels einer Waffe oder eines anderen gefährlichen Werkzeugs,
3.
mittels eines hinterlistigen Überfalls,
4.
mit einem anderen Beteiligten gemeinschaftlich oder
5.
mittels einer das Leben gefährdenden Behandlung
begeht, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(1) Das Gericht, an das die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung verwiesen ist, hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung des Urteils zugrunde gelegt ist, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(2) Das angefochtene Urteil darf in Art und Höhe der Rechtsfolgen der Tat nicht zum Nachteil des Angeklagten geändert werden, wenn lediglich der Angeklagte, zu seinen Gunsten die Staatsanwaltschaft oder sein gesetzlicher Vertreter Revision eingelegt hat. Wird die Anordnung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus aufgehoben, hindert diese Vorschrift nicht, an Stelle der Unterbringung eine Strafe zu verhängen. Satz 1 steht auch nicht der Anordnung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus oder einer Entziehungsanstalt entgegen.

Hat jemand eine rechtswidrige Tat im Zustand der Schuldunfähigkeit (§ 20) oder der verminderten Schuldfähigkeit (§ 21) begangen, so ordnet das Gericht die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus an, wenn die Gesamtwürdigung des Täters und seiner Tat ergibt, daß von ihm infolge seines Zustandes erhebliche rechtswidrige Taten, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich erheblich geschädigt oder erheblich gefährdet werden oder schwerer wirtschaftlicher Schaden angerichtet wird, zu erwarten sind und er deshalb für die Allgemeinheit gefährlich ist. Handelt es sich bei der begangenen rechtswidrigen Tat nicht um eine im Sinne von Satz 1 erhebliche Tat, so trifft das Gericht eine solche Anordnung nur, wenn besondere Umstände die Erwartung rechtfertigen, dass der Täter infolge seines Zustandes derartige erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird.

Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.

(1) Das Gericht ordnet neben der Strafe die Sicherungsverwahrung an, wenn

1.
jemand zu Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren wegen einer vorsätzlichen Straftat verurteilt wird, die
a)
sich gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die persönliche Freiheit oder die sexuelle Selbstbestimmung richtet,
b)
unter den Ersten, Siebenten, Zwanzigsten oder Achtundzwanzigsten Abschnitt des Besonderen Teils oder unter das Völkerstrafgesetzbuch oder das Betäubungsmittelgesetz fällt und im Höchstmaß mit Freiheitsstrafe von mindestens zehn Jahren bedroht ist oder
c)
den Tatbestand des § 145a erfüllt, soweit die Führungsaufsicht auf Grund einer Straftat der in den Buchstaben a oder b genannten Art eingetreten ist, oder den Tatbestand des § 323a, soweit die im Rausch begangene rechtswidrige Tat eine solche der in den Buchstaben a oder b genannten Art ist,
2.
der Täter wegen Straftaten der in Nummer 1 genannten Art, die er vor der neuen Tat begangen hat, schon zweimal jeweils zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist,
3.
er wegen einer oder mehrerer dieser Taten vor der neuen Tat für die Zeit von mindestens zwei Jahren Freiheitsstrafe verbüßt oder sich im Vollzug einer freiheitsentziehenden Maßregel der Besserung und Sicherung befunden hat und
4.
die Gesamtwürdigung des Täters und seiner Taten ergibt, dass er infolge eines Hanges zu erheblichen Straftaten, namentlich zu solchen, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich schwer geschädigt werden, zum Zeitpunkt der Verurteilung für die Allgemeinheit gefährlich ist.
Für die Einordnung als Straftat im Sinne von Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b gilt § 12 Absatz 3 entsprechend, für die Beendigung der in Satz 1 Nummer 1 Buchstabe c genannten Führungsaufsicht § 68b Absatz 1 Satz 4.

(2) Hat jemand drei Straftaten der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 genannten Art begangen, durch die er jeweils Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verwirkt hat, und wird er wegen einer oder mehrerer dieser Taten zu Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt, so kann das Gericht unter der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 bezeichneten Voraussetzung neben der Strafe die Sicherungsverwahrung auch ohne frühere Verurteilung oder Freiheitsentziehung (Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 und 3) anordnen.

(3) Wird jemand wegen eines die Voraussetzungen nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe a oder b erfüllenden Verbrechens oder wegen einer Straftat nach § 89a Absatz 1 bis 3, § 89c Absatz 1 bis 3, § 129a Absatz 5 Satz 1 erste Alternative, auch in Verbindung mit § 129b Absatz 1, den §§ 174 bis 174c, 176a, 176b, 177 Absatz 2 Nummer 1, Absatz 3 und 6, §§ 180, 182, 224, 225 Abs. 1 oder 2 oder wegen einer vorsätzlichen Straftat nach § 323a, soweit die im Rausch begangene Tat eine der vorgenannten rechtswidrigen Taten ist, zu Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren verurteilt, so kann das Gericht neben der Strafe die Sicherungsverwahrung anordnen, wenn der Täter wegen einer oder mehrerer solcher Straftaten, die er vor der neuen Tat begangen hat, schon einmal zu Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist und die in Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 und 4 genannten Voraussetzungen erfüllt sind. Hat jemand zwei Straftaten der in Satz 1 bezeichneten Art begangen, durch die er jeweils Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren verwirkt hat und wird er wegen einer oder mehrerer dieser Taten zu Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt, so kann das Gericht unter den in Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 bezeichneten Voraussetzungen neben der Strafe die Sicherungsverwahrung auch ohne frühere Verurteilung oder Freiheitsentziehung (Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 und 3) anordnen. Die Absätze 1 und 2 bleiben unberührt.

(4) Im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 gilt eine Verurteilung zu Gesamtstrafe als eine einzige Verurteilung. Ist Untersuchungshaft oder eine andere Freiheitsentziehung auf Freiheitsstrafe angerechnet, so gilt sie als verbüßte Strafe im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 3. Eine frühere Tat bleibt außer Betracht, wenn zwischen ihr und der folgenden Tat mehr als fünf Jahre verstrichen sind; bei Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung beträgt die Frist fünfzehn Jahre. In die Frist wird die Zeit nicht eingerechnet, in welcher der Täter auf behördliche Anordnung in einer Anstalt verwahrt worden ist. Eine Tat, die außerhalb des räumlichen Geltungsbereichs dieses Gesetzes abgeurteilt worden ist, steht einer innerhalb dieses Bereichs abgeurteilten Tat gleich, wenn sie nach deutschem Strafrecht eine Straftat der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 1, in den Fällen des Absatzes 3 der in Absatz 3 Satz 1 bezeichneten Art wäre.