Bundesgerichtshof Urteil, 29. Nov. 2017 - 2 StR 271/17

ECLI:ECLI:DE:BGH:2017:291117U2STR271.17.0
bei uns veröffentlicht am29.11.2017

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
2 StR 271/17
vom
29. November 2017
in der Strafsache
gegen
wegen Bestechung im geschäftlichen Verkehr
ECLI:DE:BGH:2017:291117U2STR271.17.0

Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 29. November 2017, an der teilgenommen haben:
Richter am Bundesgerichtshof Dr. Appl als Vorsitzender,
Richter am Bundesgerichtshof Zeng, Richterin am Bundesgerichtshof Dr. Bartel, die Richter am Bundesgerichtshof Dr. Grube, Schmidt,
Staatsanwalt beim Bundesgerichtshof als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt als Verteidiger des Angeklagten,
Amtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Die Revision der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 9. November 2016 wird verworfen. Die Staatskasse hat die Kosten des Rechtsmittels und die dem Angeklagten hierdurch entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.
Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Bestechung im geschäftlichen Verkehr zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren unter Strafaussetzung zur Bewährung verurteilt und eine Kompensationsentscheidung getroffen.
2
Die wirksam auf die unterlassene Anordnung des Verfalls von Wertersatz beschränkte, vom Generalbundesanwalt nicht vertretene Revision der Staatsanwaltschaft bleibt ohne Erfolg.

I.

3
Nach den Feststellungen des Landgerichts war der Angeklagte Geschäftsführer und Mit- bzw. Alleingesellschafter der am Flughafen tätigen Speditionsunternehmen N. GmbH (nachfolgend "N. ") und der S. GmbH (nachfolgend "S. "). Die F. AG entwickelte seit Ende der 90er Jahre, damals firmierend als F. AG, auf einer vormals von den amerikanischen Streitkräften genutzten Fläche, die sog. “C. “ (im Urteil und im Folgenden als "C. " bezeichnet). Nach entsprechender Parzellierung vergab die F. AG an einzelnen Freiflächen Erbbaurechte an luftfrachtaffine Unternehmen, die das Frachtaufkommen am Flughafen in fördern sollten. Zur Erweiterung der Kapazitäten der N. war der Angeklagte an dem Erwerb eines Erbbaurechts in der C. interessiert.
4
Der zwischenzeitlich verstorbene A. war als Angestellter in führender Rolle bei der F. AG mit der Vermarktung der Freiflächen befasst und hatte maßgeblichen Einfluss auf die Auswahl der Erbbauberechtigten in der C. . Ihm oblag es, geeignete Investoren für die C. auszusuchen, diese seinen Vorgesetzten vorzuschlagen, Erbbaurechtsverträge zu verhandeln und den abschließenden Entscheidungsprozess in einer Vorstandsvorlage der F. AG vorzubereiten.
5
Um für die I. GbR (nachfolgend "I. "), eine Objektgesellschaft , die der Angeklagte und sein Sohn als Gesellschafter im Juli 2007 gegründet hatten, ein Erbbaurecht in der C. zu erlangen und das Grundstück bebauen und nutzen zu können, vereinbarten der Angeklagte und A. vor dem 20. August 2007, dass der Angeklagte an A. , falls es zu einem Vertragsschluss mit der F. AG komme, 250.000 € zuzüglich Mehrwertsteuer in Monatsraten zu je 3.500 € netto zahlen werde.
6
A. verpflichtete sich im Gegenzug, alles Nötige zu veranlassen, damit es zu dem geplanten Vertragsschluss komme. Zur Verschleierung der Abrede unterzeichneten beide am 20. August 2007 einen "Beratervertrag" zwischen einer Gesellschaft des A. und der N. , der die ratenweise Zahlung von 250.000 € netto für eine von A. angeblich zu erbringende Beratungsleistung vorsah. Der Vertragstext wurde später, unter Aufrechterhaltung der Zahlungsverpflichtung und teilweiser Einbeziehung der S. , durch zum Teil erheblich rückdatierte Texte ersetzt. Nach dem übereinstimmenden Willen beider Beteiligten sollte die Zahlung in erster Linie das Zustandekommen des Erbbaurechtsvertrages mit der F. AG sichern und die Gefahr minimieren, dass seitens der F. AG von der Vergabe des Erbbaurechts abgesehen oder das Erbbaurecht an einen anderen Bewerber vergeben werde. Darüber hinaus erbrachte A. in geringem Umfang Beratungsleistungen zu Gunsten des Angeklagten bzw. der N. und der S. .
7
A. präsentierte im Vorstand der F. AG zunächst die N. als geeigneten Investor und erstellte unter dem 5. Juli 2007 eine Vorstandsvorlage, die u.a. den Abschluss eines Erbbaurechtsvertrages mit der N. vorsah. Im Rahmen weiterer Vorlagen für die Vorstandssitzung am 13. August 2007 stellte A. dar, dass die N. die I. als Projektgesellschaft für die Errichtung einer Logistikanlage gegründet habe und die I. diese Logistikanlage an die N. vermieten werde. Am 13. August 2007 stimmte der Vorstand der F. AG dem Abschluss des Erbbaurechtsvertrages mit der I. zu. Einen anderen Interessenten für das Grundstück präsentierte A. der F. AG nicht. Es war aber, wie der Angeklagte wusste, möglich, dass bei entsprechenden Bemühungen des A. , Mitbewerber aus der Fracht- und Speditionsbranche Interesse gezeigt und das Erbbaurecht erworben hätten.
8
Der vom Angeklagten begehrte Erbbaurechtsvertrag über ein 7.400 qm großes Grundstück wurde am 19. September 2007 zwischen der F. AG und derI. für die Dauer von 60 Jahren geschlossen. Der Erbbauzins betrug ab Übergabe 66.230 € nettojährlich und ab Fertigstellung der Speditions- und Logistikanlage 132.460 € netto jährlich.Der Angeklagte veranlasste zunächst über die N. , später, bis Juli 2012, über die S. aufgrund entsprechender Rechnungen über angebliche Beratungsleistungen Zahlungen in Höhe von insgesamt 154.000 € netto an eine Gesellschaft des A. .
9
Nachdem es dem Angeklagten nicht gelungen war, auf dem durch das Erbbaurecht belasteten Grundstück die von ihm geplante Bebauung zu finanzieren und umzusetzen, veräußerte er gemeinsam mit seinem Sohn die Anteile an der I. am 25. Juli 2008 unter Berücksichtigung von Aufwendungen in Höhe von gut 600.000 € für insgesamt gut 1,2 Mio. €. Der Angeklagte erzielte dadurch für seinen Gesellschaftsanteil einen Veräußerungsgewinn nach Steuern in Höhe von 181.582,52 €. Das Landgericht hat von der Anordnung des Wertersatzverfalls abgesehen, da nicht der Angeklagte selbst, sondern die I. als Gesellschaft bürgerlichen Rechts das Erbbaurecht und damit „etwas“ im Sinne des § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB aF erlangt habe. Es hat die von der Rechtsprechung entwickelten Möglichkeiten eines Durchgriffs gegen den Angeklagten als Vertreter und Mitgesellschafter der I. erörtert und eine Verfallsanordnung gegen den Angeklagten auch unter diesen Gesichtspunkten abgelehnt.

II.

10
Das Landgericht hat rechtsfehlerfrei von der Anordnung des Verfalls von Wertersatz abgesehen.
11
1. Hinsichtlich der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung kommt im vorliegenden Verfahren das vor dem 1. Juli 2017 geltende Recht zur Anwendung. Zwar finden ausweislich der einschlägigen Übergangsvorschrift des Art. 316h EGStGB zum Gesetz zur Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung vom 13. April 2017 mit Inkrafttreten des Gesetzes für bereits laufen- de Verfahren grundsätzlich die neuen materiell-rechtlichen Regelungen Anwendung (vgl. dazu BT-Drucks. 18/11640, S. 84). Allerdings sind gemäß Art. 316h Satz 2 EGStGB die neuen Vorschriften nicht in Verfahren anzuwenden, in denen bis zum 1. Juli 2017 bereits eine Entscheidung über die Anordnung des Verfalls oder des Verfalls von Wertersatz ergangen ist. Dies gilt gemäß § 14 EGStPO auch für Verfahren, in denen festgestellt wurde, dass deshalb nicht auf Verfall erkannt wird, weil Ansprüche eines Verletzten im Sinne des § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB aF entgegenstehen. Nichts anders kann gelten, wenn das Gericht, wie vorliegend das Landgericht Frankfurt am Main im Urteil vom 9. November 2016, nach Prüfung von einer Verfallsanordnung absieht, weil es die tatbestandlichen Voraussetzungen für nicht gegeben erachtet. Denn die Regelung des § 14 EGStPO erfasst nach den Gesetzesmaterialien jede erstinstanzliche Entscheidung (BT-Drucks. 18/9525 S. 98).
12
2. Nach § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB aF kommt eine Verfallsanordnung gegen den Täter nur in Betracht, wenn er selbst unmittelbar aus der verfahrens- gegenständlichen Tat „etwas“ erlangt, das zur Änderung seiner eigenen Ver- mögensbilanz geführt hat (vgl. Senat, Beschluss vom 7. September 2016 – 2 StR 352/15, BGHR StGB § 73 Erlangtes 22; BGH, Beschluss vom 11. Juni 2015 – 1 StR 368/14, BGHR StGB § 73 Erlangtes 18). Erfasst ist dabei die Gesamtheit des Erlangten. Der Verfall ist gemäß § 73 Abs. 2 Satz 2 StGB aF gegebenenfalls auch auf die Surrogate des Erlangten zu erstrecken (Senat, Beschluss vom 7. September 2016 – 2 StR 352/15, aaO).
13
Hiervon zu unterscheiden sind Sachverhalte, in denen der Täter als Vertreter (§ 14 StGB) eines Dritten handelt und eine Vermögensmehrung ausschließlich bei diesem Dritten, bei dem es sich um jede natürliche oder juristische Person handeln kann, eintritt (Senat, Beschluss vom 7. September2016 – 2 StR 352/15, aaO; BGH, Beschluss vom 11. Juni 2015 – 1 StR 368/14, aaO).
Dies gilt auch bei einer (Außen-) Gesellschaft bürgerlichen Rechts (vgl. Fischer, StGB, 64. Aufl., § 73 Rn. 29; MüKo-StGB/Joecks, 3. Aufl., § 73 Rn. 72, LK/Schmidt, 12. Aufl., § 73 Rn. 51; SK-StGB/Wolters, 9. Aufl., § 73 Rn. 25; NKStGB /Saliger, 5. Aufl., § 73 Rn. 34, Rhode, wistra 2012, 85), da dieser durch die Teilnahme am Rechtsverkehr eigene Rechtsfähigkeit zukommt (BGH, Urteil vom 29. Januar 2001 – II ZR 331/00, BGHZ 146, 341). Zudem ist dasgemäß § 718 Abs. 1 BGB gebildete Gesellschaftsvermögen auch bei der Gesellschaft bürgerlichen Rechts aufgrund der dinglichen Zuordnung zur Gesellschaft von dem Privatvermögen der Gesellschafter zu unterscheiden (MüKo-BGB/Schäfer, 7. Aufl., § 718 Rn. 5).
14
Die Vermögensmehrung bei dem Drittbegünstigten eröffnet nicht den Anwendungsbereich von § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB aF zum Nachteil des handelnden Täters. Bei einer derartigen Sachverhaltsgestaltung, in der durch das Täterverhalten ein Vermögenszuwachs bei einem Tatunbeteiligten entsteht, kann gegebenenfalls eine selbständige Verfallsanordnung gegen den Drittbegünstigten nach § 73 Abs. 3 StGB aF zu treffen sein (vgl. BGH, Urteil vom 30. Mai 2008 – 1 StR 166/07, BGHSt 52, 227, 242; Beschluss vom 11. Juni 2015 – 1 StR 368/14, aaO; Senat, Beschluss vom 7. September 2016 – 2 StR 352/15, aaO). Dies kann erforderlichenfalls im Wege eines selbständigen Verfallsverfahrens gemäß §§ 440, 441, 442 Abs. 1 StPO erfolgen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 29. Mai 2006 – 2 BvR 820/06, NStZ 2006, 639, 640; Senat, Beschluss vom 7. September 2016 – 2 StR 352/16, aaO).
15
Ausgangspunkt von § 73 Abs. 3 StGB aF ist der Gedanke, dass der Drittbegünstigte als Rechtssubjekt über eine eigene Vermögensmasse verfügt, die vom Vermögen des Täters zu unterscheiden ist (vgl. BVerfG, Beschluss vom 14. Juni 2004 – 2 BvR 1136/03, StV 2004, 409, 411). Kommt das aus der Tat unmittelbar erlangte „etwas“ ausschließlich dem Drittbegünstigten zugute, scheidet eine Verfallsanordnung gegenüber dem Täter, der keinen unmittelbaren Tatvorteil erlangt hat, aus. Dies gilt auch dann, wenn der Täter die (legale) Möglichkeit hat, auf das Vermögen des Drittbegünstigten zuzugreifen (vgl. BGH, Urteil vom 30. Mai 2008 – 1 StR 166/07, BGHSt 52, 227, 256; Senat, Beschluss vom 7. September 2016 – 2 StR 352/16, aaO). Lediglich in Ausnahmefällen kommt auf Grund wertender Betrachtung eine Verfallsanordnung gegen den Täter nach § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB aF in Betracht; nämlich insbesondere dann, wenn der Dritte (insbesondere in Form einer juristischen Person) nur als formaler Mantel genutzt wird und eine Trennung zwischen Täter– und Gesellschaftsvermögen tatsächlich nicht existiert oder jeder aus der Tat folgende Vermögenszufluss an die Gesellschaft sogleich an den Täter weitergeleitet wird (vgl. BGH, Urteil vom 30. Mai 2008 – 1 StR 166/07, aaO; Senat, Beschluss vom 7. September 2016 – 2 StR 352/16, aaO).
16
3. Nach diesen Maßstäben ist die unterbliebene Verfallsanordnung nicht zu beanstanden. Das durch das bemakelte Geschäft erworbene Erbbaurecht ist nicht dem Vermögen des Angeklagten, sondern der I. zugeflossen. Eine Verfallsanordnung gegen den Angeklagten kann weder damit gerechtfertigt werden , dass der Angeklagte die I. lediglich als formalen Mantel ohne Trennung zwischen seinem Privat- und dem Gesellschaftsvermögen genutzt hätte, noch dass jeder aus der Tat folgende Vermögenszuwachs an die Gesellschaft sogleich an den Angeklagten weitergeleitet worden wäre. Der Verfall von Wertersatz kann schließlich weder auf eine Wertsteigerung des Gesellschaftsanteils des Angeklagten an der I. zum Zeitpunkt des Erbbaurechtserwerbs, noch auf den später erzielten Veräußerungserlös von 181.582,52 € gestützt werden.
17
a) Mit dem Erwerb des Erbbaurechts ist allenfalls eine unmittelbare Mehrung des Gesellschaftsvermögens der I. eingetreten. Die Bestechungshandlung des Angeklagten hat damit zur Begünstigung eines Dritten i.S.v. § 73 Abs. 3 StGB aF geführt. Das Gesellschaftsvermögen der rechtsfähigen Außengesellschaft bürgerlichen Rechts ist vom Privatvermögen des Angeklagten zu unterscheiden (vgl. BGH, Urteil vom 29. Januar 2001 – II ZR 331/00, aaO; MüKo-BGB/Schäfer, aaO, § 718 Rn. 5). Eine unmittelbare Veränderung im Privatvermögen des Angeklagten ist durch den Rechtserwerb der I. nicht eingetreten. Allein der Umstand, dass der Angeklagte am Gesamthandsvermögen der I. beteiligt war, rechtfertigt keine andere Bewertung.
18
b) Eine möglicherweise zu einem anderen Ergebnis führende Ausnahmekonstellation liegt nicht vor. Die I. stellte weder einen formalen Mantel dar, noch war ein aus der Tat resultierender Vermögenszufluss an die Gesellschaft sogleich an den Angeklagten weitergeleitet worden. Auch sonstige Umstände, die die Annahme rechtfertigen könnten, der Erbbaurechtserwerb durch die I. habe zu einer unmittelbaren Änderung der Vermögensbilanz des Angeklagten geführt, sind nicht erkennbar.
19
(1) Die Annahme, der Angeklagte habe die I. als formalen Mantel genutzt , findet in den Urteilsgründen keine Stütze. So hat der Angeklagte die I. kurze Zeit vor dem Erbbaurechtserwerb nicht „allein zur Tatbegehung gegrün- det“, etwa weil er selbst das Erbbaurecht nicht als Privatperson erwerben konn- te. Vielmehr ist die I. als typische Objektgesellschaft gegründet worden. Die Gesellschaft sollte das Grundstück bebauen und wirtschaftlich (legal) nutzen. Ihr sind hierfür vor der Veräußerung der Gesellschaftsanteile Aufwendungen in Höhe von circa 600.000 € entstanden. Sie hat neben dem bemakelten Erbbaurechtserwerb vom 19. September 2007 eine Vielzahl weiterer Verträge geschlossen.
20
(2) Dass es sich bei dem Vermögen der I. und dem Privatvermögen des Angeklagten nur um vorgeblich getrennte Vermögensmassen handelt, hat das Landgericht nicht festgestellt. Ein irgendwie gearteter Übergang von Gesellschaftsvermögen in das Privatvermögen des Angeklagten oder ein Zugriff des Angeklagten auf das Gesellschaftsvermögen sind in dem angegriffenen Urteil nicht belegt.
21
(3) Die übrigen von der Revision aufgezeigten Erwägungen sind nicht geeignet, in Erweiterung der Rechtsprechung zur wertenden Betrachtung eine Verfallsanordnung gegen den Angeklagten zu rechtfertigen.
22
So kann die erstrebte Verfallsanordnung nicht mit einer Möglichkeit des Angeklagten zur gewinnbringenden Weiterveräußerung des Erbbaurechts belegt werden. Nach den Urteilsfeststellungen war die Weiterveräußerung des Erbbaurechts, das ohnehin der Verfügungsgewalt der I. unterfiel, nur mit Zustimmung der F. AG möglich. Zudem ist nicht erkennbar, inwieweit sich die hypothetische und zustimmungspflichtige Veräußerung des Erbbaurechts durch die I. unmittelbar auf die Vermögensbilanz des Angeklagten hätte auswirken sollen. Denn der Zufluss der Gegenleistung für die Veräußerung des Erbbaurechts wäre zwangsläufig zu Gunsten des Gesellschaftsvermögens erfolgt.
23
Eine Verfallsanordnung gegen den Angeklagten kann auch nicht auf den Umstand gestützt werden, dass der Angeklagte „die Gesellschaft als Mittelzur Tatbegehung genutzt hat“. Das Landgericht hat zutreffend darauf hingewiesen, dass ein Durchgriff auf die für die juristische Person handelnden Personen, entsprechend den eingangs dargestellten Maßgaben, aufgrund der unterschiedlichen Rechtsträger und Vermögensmassen auf Ausnahmefälle beschränkt bleiben muss. Allein der Vermögenszufluss bei der tatunbeteiligten Gesellschaft ist danach gerade nicht geeignet, einen Durchgriff in Abweichung von § 73 Abs. 1 StGB aF zu rechtfertigen.
24
Soweit die Revision meint, die Verfallsanordnung gegen den Angeklag- ten sei erforderlich, um zu verhindern, dass „der erlangte Vorteil zunächst bei einer zur Erlangung eines Vermögensvorteils durch die Straftat gegründeten juristischen Person „geparkt“ und erst später an den Täter weitergeleitet wird“, verkennt sie, dass die gesetzliche Regelung in § 73 Abs. 3 StGB aF für diesen Fall die Anordnung des Verfalls gegen die tatunbeteiligte juristische Person vorsieht , da diese durch das Handeln ihres tatbeteiligten Vertreters etwas erlangt hätte.
25
c) Die Anordnung eines Wertersatzverfalls kann auch nicht auf eine „unmittelbar , erhebliche Wertsteigerung“ des Gesellschaftsanteils des Angeklagten gestützt werden. Das Landgericht hat zu Recht darauf hingewiesen, dass dieser Auffassung die zitierte Rechtsprechung, die nur ausnahmsweise den Durchgriff auf die für die juristische Person handelnden Personen gestattet, entgegensteht. Danach steht regelmäßig nur die Vermögensmasse der juristischen Person , innerhalb derer sich das Erlangte, mithin der bemakelte Gegenstand befindet , als Schuldnerin des Verfallsanspruchs zur Verfügung.
26
Zudem würde ein Rückgriff auf eine „Wertsteigerung“ des Gesellschaftsanteils nicht die gemäß § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB aF erforderliche Unmittelbarkeit des Vermögenszuflusses wahren. Denn die Abschöpfung muss spiegelbildlich dem Vermögensvorteil entsprechen, den der Täter gerade aus der Tat gezogen hat (BGH, Urteil vom 2. Dezember 2005 – 5 StR 119/05, BGHSt 50, 299, 309; BVerfG, Beschluss vom 14. Juni 2004 – 2 BvR 1136/03, StV 2004, 409, 411). Der unmittelbar aus der Tat entspringende Vorteil ist jedoch dem Vermögen der I. in Form des Erbbaurechts zugeflossen.
27
Im Übrigen ist der knapp ein Jahr später und unter Einbeziehung weiterer Aufwendungen von mehr als 600.000 € erzielte Veräußerungserlös nicht geeignet , eine denkbare Wertsteigerung des Gesellschaftsanteils am 19. September 2007 zu belegen. Es kann nämlich nicht ohne weiteres vorausgesetzt werden, dass der wirtschaftliche Wert eines Gesellschaftsanteils im Privatvermögen des Täters mit jedem Zufluss bei der Gesellschaft steigt (BVerfG, Beschluss vom 29. Mai 2006 – 2 BvR 820/06, NStZ 2006, 639, 640). Eine Wertsteigerung des Gesellschaftsanteils allein durch den Erwerb des Erbbaurechts liegt zudem keineswegs auf der Hand. Es ist weder erkennbar noch naheliegend, dass die F. AG als am Markt operierendes Unternehmen, dass die Vermarktung der Flächen der C. im Fokus hatte, die Erbbaurechte unter Wert veräußert haben könnte.
28
d) Schließlich bietet auch die spätere Anteilsveräußerung des Angeklagten an der I. keinen Anlass für eine Verfallsanordnung gemäß § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB aF.
29
(1) Der Veräußerungserlös in Höhe von 181.582,52 € stellt kein erlangtes „etwas“ dar. Denn der Veräußerungserlösaus einem späteren Rechtsgeschäft ist kein Vermögenswert, der dem Angeklagten unmittelbar aus der Verwirklichung des Tatbestandes des § 299 Abs. 2 StGB in irgendeiner Tatphase zugeflossen ist (vgl. BGH, Urteil vom 2. Dezember 2005 – 5 StR 119/05, BGHSt 50, 299, 309, Fischer, aaO, § 73 Rn. 11). Bereits in chronologischer Hinsicht ergibt sich nach den Feststellungen des Landgerichts kein innerer Zusammenhang zwischen der Bestechungstat des Angeklagten, die entsprechend seiner Vorstellung zum Erwerb des Erbbaurechts zu Gunsten der I. am 19. September 2007 führte, und der (später beschlossenen) rechtsgeschäftlichen Veräußerung der Gesellschaftsanteile am 25. Juli 2008. Der Angeklagte hat sich nämlich erst zur Veräußerung seines Gesellschaftsanteils entschlossen, nachdem die Fi- nanzierung der Grundstücksbebauung – entgegen seiner ursprünglichen Vorstellung – gescheitert war. Die Veräußerung des Gesellschaftsanteils und der damit einhergehende Erlös sind damit weder objektiv noch nach der Vorstellung des Angeklagten als Teil der von ihm begangenen Bestechung im geschäftlichen Verkehr zu erfassen.
30
(2) Der Veräußerungserlös stellt letztlich kein Surrogat i.S.d. § 73 Abs. 2 StGB aF dar. Denn der Angeklagte realisierte diesen Vermögenszuwachs als Mitgesellschafter aus der Veräußerung seines Gesellschaftsanteils an der I. und nicht etwa aus einer Veräußerung des Erbbaurechts, das sich zu keinem Zeitpunkt in seinem Privatvermögen befand. Bei dem Veräußerungserlös handelt es sich daher um keinen mittelbaren Vorteil, der von § 73 Abs. 2 StGB aF erfasst wäre. Appl Zeng Bartel Grube Schmidt

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bei uns veröffentlicht am 23.10.2018

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 5 StR 185/18 (alt: 5 StR 162/16) vom 23. Oktober 2018 in der Strafsache gegen 1. 2. 3. 4. wegen Betruges u.a. ECLI:DE:BGH:2018:231018B5STR185.18.0 Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Ge

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(1) Hat der Täter oder Teilnehmer durch eine rechtswidrige Tat oder für sie etwas erlangt, so ordnet das Gericht dessen Einziehung an.

(2) Hat der Täter oder Teilnehmer Nutzungen aus dem Erlangten gezogen, so ordnet das Gericht auch deren Einziehung an.

(3) Das Gericht kann auch die Einziehung der Gegenstände anordnen, die der Täter oder Teilnehmer erworben hat

1.
durch Veräußerung des Erlangten oder als Ersatz für dessen Zerstörung, Beschädigung oder Entziehung oder
2.
auf Grund eines erlangten Rechts.

Wird über die Anordnung der Einziehung des Tatertrages oder des Wertes des Tatertrages wegen einer Tat, die vor dem 1. Juli 2017 begangen worden ist, nach diesem Zeitpunkt entschieden, sind abweichend von § 2 Absatz 5 des Strafgesetzbuches die §§ 73 bis 73c, 75 Absatz 1 und 3 sowie die §§ 73d, 73e, 76, 76a, 76b und 78 Absatz 1 Satz 2 des Strafgesetzbuches in der Fassung des Gesetzes zur Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung vom 13. April 2017 (BGBl. I S. 872) anzuwenden. Die Vorschriften des Gesetzes zur Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung vom 13. April 2017 (BGBl. I S. 872) sind nicht in Verfahren anzuwenden, in denen bis zum 1. Juli 2017 bereits eine Entscheidung über die Anordnung des Verfalls oder des Verfalls von Wertersatz ergangen ist.

(1) Hat der Täter oder Teilnehmer durch eine rechtswidrige Tat oder für sie etwas erlangt, so ordnet das Gericht dessen Einziehung an.

(2) Hat der Täter oder Teilnehmer Nutzungen aus dem Erlangten gezogen, so ordnet das Gericht auch deren Einziehung an.

(3) Das Gericht kann auch die Einziehung der Gegenstände anordnen, die der Täter oder Teilnehmer erworben hat

1.
durch Veräußerung des Erlangten oder als Ersatz für dessen Zerstörung, Beschädigung oder Entziehung oder
2.
auf Grund eines erlangten Rechts.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 StR 352/15
vom
7. September 2016
in der Strafsache
gegen
wegen veruntreuender Unterschlagung
ECLI:DE:BGH:2016:070916B2STR352.15.0

Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 7. September 2016 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Aachen vom 3. März 2015 im Ausspruch über den Wertersatzverfall sowie im Ausspruch nach § 111i Abs. 2 StPO mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.
2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
3. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen veruntreuender Unterschlagung in 15 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt und ihn im Übrigen freigesprochen. Es hat ausgesprochen , dass die in Belgien erlittene Freiheitsentziehung im Verhältnis 1:1 angerechnet wird. Ferner hat das Landgericht über einen Geldbetrag in Höhe von 184.500 Euro den Wertersatzverfall angeordnet und festgestellt, dass lediglich deshalb nicht auf Verfall in Höhe von (weiteren) 373.400,16 Euro erkannt werde , weil Ansprüche Verletzter entgegenstehen.

2
Gegen diese Verurteilung wendet sich der Angeklagte mit seiner auf Verfahrensbeanstandungen und sachlich-rechtliche Einwendungen gestützten Revision.
3
Das Rechtsmittel ist unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO, soweit es sich gegen den Schuld- und Strafausspruch richtet. Hinsichtlich der Anordnung des Wertersatzverfalls sowie der Feststellung nach § 111i Abs. 2 StPO hat die Revision hingegen Erfolg. Diese Entscheidungen begegnen durchgreifenden rechtlichen Bedenken, weil das Landgericht nicht tragfähig begründet hat, dass und in welcher Höhe der Angeklagte aus den von ihm als Geschäftsführer und alleinigem Gesellschafter der von ihm in der Rechtsform einer GmbH betriebenen Firma „etwas“ im Sinne des § 73 Abs. 1 StGB erlangt hat.
4
1. Das Landgericht hat – soweit für die Vermögensabschöpfungsentscheidungen von Bedeutung – im Wesentlichen folgende Feststellungen und Wertungen getroffen:
5
a) Der Angeklagte war alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer der I. GmbH, die insbesondere Gebrauchtfahrzeuge vertrieb. Im Zeitraum von Anfang des Jahres 2009 bis Mitte März 2011 veräußerte er über seine Firma mindestens 15 Kraftfahrzeuge im Nettogesamtwert von rund 557.900 EUR, die ihm zuvor von der J. -Gruppe, einem in A. ansässigen gewerblichen Kraftfahrzeughändler unter Eigentumsvorbehalt zur Weiterveräußerung überlassen worden waren; er übergab die Fahrzeuge an seine überwiegend im Ausland ansässigen Kunden jeweils vor Zahlung des vollständigen Kaufpreises an die J. -Gruppe, obwohl er hierzu – wie er wusste – vor vollständiger Kaufpreiszahlung nicht befugt war. Das Landgericht hat die Taten rechtsfehlerfrei jeweils als veruntreuende Unterschlagungen im Sinne des § 246 Abs. 1 und Abs. 2 StGB gewürdigt.
6
b) Der Angeklagte hat die aus der Verwertung der Kraftfahrzeuge erhaltenen Zahlungen seiner Kunden überwiegend zum Ausgleich anderer Verbindlichkeiten des Unternehmens verwendet und dadurch den Geschäftsbetrieb aufrechterhalten. Nach Auffassung des Landgerichts profitierte der Angeklagte mittelbar durch „regelmäßige, üblichem Umfang entsprechende Entnahmen aus den Einnahmen der Gesellschaft“ sowie durch den Umstand, dass er nicht aus einer zur Sicherung eines Kontokorrentkredits der I. GmbH bei einer Sparkasse übernommenen persönlichen Bürgschaft in Anspruch genommen wurde. Nähere Feststellungen zur Höhe der Entnahmen des Angeklagten im Tatzeitraum sowie zu den Einzelheiten der vom Angeklagten übernommenen Bürgschaft sowie der Kontokorrentabrede hat das Landgericht nicht getroffen.
7
c) Nach dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe ist das Landgericht davon ausgegangen, dass der Angeklagte den in den Kraftfahrzeugen verkörperten Sachwert erlangt habe; es hat diesen Sachwert auf der Grundlage der Nettokaufpreiszahlungen der I. GmbH an die J. -Gruppe auf insgesamt 557.900 EUR geschätzt. Hinsichtlich eines Betrages in Höhe von 184.500 EUR hat es den Verfall von Wertersatz angeordnet, weil die durch die Taten des Angeklagten Verletzten, die Unternehmen der J. -Gruppe, in insgesamt acht Fällen (den Fällen 47, 49, 51-54, 56 und 60) von den Kunden des Angeklagten Zahlungen in Höhe von insgesamt 184.500 EUR erhalten haben und in dieser Höhe Schadenswiedergutmachung eingetreten sei; damit seien die der Entscheidung über den Wertersatzverfall entgegen stehenden Ansprüche der Verletzten in dieser Höhe erloschen. Hinsichtlich des Differenzbetrages in Höhe von 373.400 EUR hat es wegen möglicher Ansprüche der Unternehmen der J. -Gruppe eine Feststellungsentscheidung nach § 111i Abs. 2 StPO getroffen.

8
2. Die Feststellungen erlauben es nicht, revisionsgerichtlich zu überprüfen , ob – wie für die Anordnung des Wertersatzverfalls und für den Ausspruch nach § 111i Abs. 2 StPO gleichermaßen erforderlich (vgl. BGH, Urteil vom 28. Oktober 2010 – 4 StR 215/10, BGHSt 56, 39, 43) – der Angeklagte als von der Verfallsanordnung Betroffener selbst „etwas“ im Sinne des § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB unmittelbar aus den verfahrensgegenständlichen Taten erlangt hat.
9
a) „Aus der Tat erlangt“ im Sinne von § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB sind alle Vermögenswerte, die dem Täter unmittelbar aus der Verwirklichung des Tatbestandes selbst in irgendeiner Phase des Tatablaufs zufließen (BGH, Beschluss vom 11. Juni 2015 – 1 StR 368/14, juris Rn. 30; BGH, Urteil vom 19. Januar 2012 – 3 StR 343/11, BGHSt 57, 79, 82 mwN; Fischer, StGB 63. Aufl. § 73 Rn. 11 mwN). Erfasst ist dabei die Gesamtheit des materiell Erlangten (BGH, Urteil vom 21. August 2002 – 1 StR 115/02, BGHSt 47, 369, 370; BGH, Urteil vom 19. Januar 2012 – 3 StR 343/11, BGHSt 57, 79, 82). Der Verfall ist dabei gemäß § 73 Abs. 2 Satz 2 StGB gegebenenfalls auch auf die Surrogate des Erlangten zu erstrecken (vgl. BGH, Beschluss vom 28. November 2000 – 5 StR 371/00, NStZ 2001, 155, 156 f.).
10
b) Handelt der Täter als Organ, Vertreter oder Beauftragter (§ 14 StGB) eines Unternehmens mit dem Ziel, dass infolge der Tat bei dem Unternehmen eine Vermögensmehrung eintritt, ist das Unternehmen im Erfolgsfall Drittbegünstigter im Sinne des § 73 Abs. 3 StGB (vgl. BGH, Beschluss vom 11. Juni 2015 – 1 StR 368/14, aaO; Urteil vom 30. Mai 2008 – 1 StR 166/07, BGHSt 52, 227, 242; Urteil vom 19. Oktober 1999 – 5 StR 336/99, BGHSt 45, 235, 245; BVerfG, Beschluss vom 3. Mai 2005 – 2 BvR 1378/04, NJW 2005, 3630, 3631).
In Fällen der genannten Art ist das Unternehmen gegebenenfalls gemäß § 442 Abs. 2, § 431 Abs. 1 Satz 1 StPO am Verfahren zu beteiligen oder ein selbstständiges Verfallsverfahren nach den §§ 440, 441, § 442 Abs. 1 StPO gegen es zu führen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 29. Mai 2006 - 2 BvR 820/06, NStZ 2006, 639, 640).
11
c) Regelmäßig ist davon auszugehen, dass die juristische Person über eine eigene Vermögensmasse verfügt, die vom Privatvermögen des Täters zu trennen ist. Die dem Vermögen einer juristischen Person zugeflossenen Vermögenswerte sind daher auch dann nicht ohne Weiteres durch den Täter im Sinne des § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB erlangt, wenn dieser eine – legale – Zugriffsmöglichkeit auf das Vermögen hat (BGH, Urteil vom 30. Mai 2008 – 1 StR 166/07, BGHSt 52, 227, 256). Für eine Verfallsanordnung gegen den Täter bedarf es in derartigen Fällen einer über die faktische Verfügungsgewalt hinausgehenden Feststellung, dass dieser selbst etwas erlangt hat, was zu einer Änderung seiner Vermögensbilanz geführt hat. Umstände, die eine solche Feststellung rechtfertigen, können etwa darin zu sehen sein, dass der Täter die juristische Person lediglich als einen formalen Mantel nutzt und eine Trennung zwischen seiner eigenen Vermögenssphäre und derjenigen der Gesellschaft tatsächlich nicht vornimmt, oder jeder aus der Tat folgende Vermögenszufluss an die Gesellschaft sogleich an den Täter weitergeleitet wird (BGH, Urteile vom 30. Mai 2008 – 1 StR 166/07, BGHSt 52, 227, 256 und vom 29. Juni 2010 – 1 StR 245/09, NStZ 2011, 83, 86; BVerfG, Beschluss vom 14. Juni 2004 – 2 BvR 1136/03, wistra 2004, 378, 382).
12
d) Gemessen hieran ist nicht belegt, dass der als Geschäftsführer für die I. GmbH handelnde Angeklagte – neben der I. GmbH – auch selbst etwas im Sinne des § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB aus der Tat erlangt hat.
13
Dass es sich bei dem Vermögen der I. GmbH und dem Privatvermögen des Angeklagten um nur vorgeblich getrennte Vermögensmassen handelt, hat das Landgericht nicht festgestellt.
14
Allein der Umstand, dass der Angeklagte Geschäftsführer und Alleingesellschafter dieser Gesellschaft war und in dieser Funktion unmittelbare Verfügungsgewalt über die Fahrzeuge und die dafür erhaltenen Erlöse seiner Kunden hatte, genügt für die Annahme einer (Mit-) Verfügungsgewalt nicht (vgl. BGH, Urteil vom 30. Mai 2008 – 1 StR 166/07, BGHSt 52, 227, 256 mwN).
15
Zwar hat der Angeklagte nach den Feststellungen mittelbar durch regelmäßige , üblichem Umfang entsprechende Entnahmen und durch eine unterbliebene Inanspruchnahme aus einer persönlichen Bürgschaft von dem Mittelzufluss an die I. GmbH profitiert. Die Annahme einer Mitverfügungsgewalt über die Mittelzuflüsse an das Unternehmen rechtfertigt dies jedoch nicht: Den Urteilsgründen lässt sich weder entnehmen, in welchem genauen Umfang Einnahmen der Gesellschaft aus den Taten an den Angeklagten weitergeleitet wurden (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 23. Oktober 2013 – 5 StR 505/12, NStZ 2014, 89, 93 Rn. 47, 48), noch ergeben die Feststellungen, dass der Angeklagte eine Trennung zwischen seiner eigenen Vermögenssphäre und derjenigen der Gesellschaft faktisch nicht vornahm.
16
Soweit das Landgericht davon ausgegangen sein sollte, dass der Angeklagte durch die Taten einen Vorteil erlangt habe, weil die aus den Taten herrührenden Mittelzuflüsse an das Unternehmen dazu führten, dass er nicht aus einer persönlich übernommenen Bürgschaft zur Sicherung eines Kontokorrentkredits der I. GmbH bei der Sparkasse A. in Anspruch genommen worden ist, ist damit ein unmittelbar aus den Taten herrührender wirtschaftlicher Vermögenszuwachs des Angeklagten nicht belegt. Nach den Feststellungen verwandte der Angeklagte die Kaufpreiszahlungen seiner Kunden nicht zum Ausgleich bestehender und durch eine persönliche Bürgschaft gesicherter Verbindlichkeiten der I. GmbH gegenüber der Sparkasse, sondern „überwiegend zum Ausgleich anderweitiger Verbindlichkeiten gegenüber den Unternehmen der J. -Gruppe“.
17
3. Dies führt zur Aufhebung des Ausspruchs über den (Wertersatz-) Verfall sowie der Feststellung nach § 111i Abs. 2 StPO. Der Senat hebt auch die zugehörigen Feststellungen auf, um dem neuen Tatrichter widerspruchsfreie Feststellungen - insbesondere auch zu den Vermögensverhältnissen des Angeklagten - zu ermöglichen.
18
Sollte das neue Tatgericht abermals eine Verfallsentscheidung oder eine Feststellung nach § 111i Abs. 2 StPO treffen, wird es im Rahmen seiner Ermessensentscheidung nach § 73c Abs. 1 Satz 2 StGB näher in den Blick zu nehmen haben, dass Geld, das zur allgemeinen Schuldentilgung verwendet wird, wertmäßig im Vermögen des Täters oder verfallsbeteiligten Dritten ebensowenig enthalten ist, wie solches, das für verbrauchbare Sachen ausgegeben wurde (BGH, Urteil vom 5. April 2000 – 2 StR 500/99, NStZ 2000, 480, 481; BGH, Urteil vom 9. Juli 1991 – 1 StR 316/91, BGHSt 38, 23, 25). Appl Eschelbach Zeng Bartel Wimmer

(1) Hat der Täter oder Teilnehmer durch eine rechtswidrige Tat oder für sie etwas erlangt, so ordnet das Gericht dessen Einziehung an.

(2) Hat der Täter oder Teilnehmer Nutzungen aus dem Erlangten gezogen, so ordnet das Gericht auch deren Einziehung an.

(3) Das Gericht kann auch die Einziehung der Gegenstände anordnen, die der Täter oder Teilnehmer erworben hat

1.
durch Veräußerung des Erlangten oder als Ersatz für dessen Zerstörung, Beschädigung oder Entziehung oder
2.
auf Grund eines erlangten Rechts.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 S t R 3 6 8 / 1 4
vom
11. Juni 2015
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen unerlaubten Erbringens von Zahlungsdiensten
hier: Revisionen der Angeklagten
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 11. Juni 2015 beschlossen:
Die Revisionen der Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 18. März 2014 werden als unbegründet verworfen , da die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigungen keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten ergeben hat (§ 349 Abs. 2 StPO). Die Beschwerdeführer tragen die Kosten ihrer Rechtsmittel.

Gründe:

1
Zur Begründung der Entscheidung wird auf den Beschluss des Senats, mit dem die Revision der Verfallsbeteiligten verworfen wurde, Bezug genommen. Raum Rothfuß Jäger Radtke Fischer

(1) Hat der Täter oder Teilnehmer durch eine rechtswidrige Tat oder für sie etwas erlangt, so ordnet das Gericht dessen Einziehung an.

(2) Hat der Täter oder Teilnehmer Nutzungen aus dem Erlangten gezogen, so ordnet das Gericht auch deren Einziehung an.

(3) Das Gericht kann auch die Einziehung der Gegenstände anordnen, die der Täter oder Teilnehmer erworben hat

1.
durch Veräußerung des Erlangten oder als Ersatz für dessen Zerstörung, Beschädigung oder Entziehung oder
2.
auf Grund eines erlangten Rechts.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 StR 352/15
vom
7. September 2016
in der Strafsache
gegen
wegen veruntreuender Unterschlagung
ECLI:DE:BGH:2016:070916B2STR352.15.0

Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 7. September 2016 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Aachen vom 3. März 2015 im Ausspruch über den Wertersatzverfall sowie im Ausspruch nach § 111i Abs. 2 StPO mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.
2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
3. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen veruntreuender Unterschlagung in 15 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt und ihn im Übrigen freigesprochen. Es hat ausgesprochen , dass die in Belgien erlittene Freiheitsentziehung im Verhältnis 1:1 angerechnet wird. Ferner hat das Landgericht über einen Geldbetrag in Höhe von 184.500 Euro den Wertersatzverfall angeordnet und festgestellt, dass lediglich deshalb nicht auf Verfall in Höhe von (weiteren) 373.400,16 Euro erkannt werde , weil Ansprüche Verletzter entgegenstehen.

2
Gegen diese Verurteilung wendet sich der Angeklagte mit seiner auf Verfahrensbeanstandungen und sachlich-rechtliche Einwendungen gestützten Revision.
3
Das Rechtsmittel ist unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO, soweit es sich gegen den Schuld- und Strafausspruch richtet. Hinsichtlich der Anordnung des Wertersatzverfalls sowie der Feststellung nach § 111i Abs. 2 StPO hat die Revision hingegen Erfolg. Diese Entscheidungen begegnen durchgreifenden rechtlichen Bedenken, weil das Landgericht nicht tragfähig begründet hat, dass und in welcher Höhe der Angeklagte aus den von ihm als Geschäftsführer und alleinigem Gesellschafter der von ihm in der Rechtsform einer GmbH betriebenen Firma „etwas“ im Sinne des § 73 Abs. 1 StGB erlangt hat.
4
1. Das Landgericht hat – soweit für die Vermögensabschöpfungsentscheidungen von Bedeutung – im Wesentlichen folgende Feststellungen und Wertungen getroffen:
5
a) Der Angeklagte war alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer der I. GmbH, die insbesondere Gebrauchtfahrzeuge vertrieb. Im Zeitraum von Anfang des Jahres 2009 bis Mitte März 2011 veräußerte er über seine Firma mindestens 15 Kraftfahrzeuge im Nettogesamtwert von rund 557.900 EUR, die ihm zuvor von der J. -Gruppe, einem in A. ansässigen gewerblichen Kraftfahrzeughändler unter Eigentumsvorbehalt zur Weiterveräußerung überlassen worden waren; er übergab die Fahrzeuge an seine überwiegend im Ausland ansässigen Kunden jeweils vor Zahlung des vollständigen Kaufpreises an die J. -Gruppe, obwohl er hierzu – wie er wusste – vor vollständiger Kaufpreiszahlung nicht befugt war. Das Landgericht hat die Taten rechtsfehlerfrei jeweils als veruntreuende Unterschlagungen im Sinne des § 246 Abs. 1 und Abs. 2 StGB gewürdigt.
6
b) Der Angeklagte hat die aus der Verwertung der Kraftfahrzeuge erhaltenen Zahlungen seiner Kunden überwiegend zum Ausgleich anderer Verbindlichkeiten des Unternehmens verwendet und dadurch den Geschäftsbetrieb aufrechterhalten. Nach Auffassung des Landgerichts profitierte der Angeklagte mittelbar durch „regelmäßige, üblichem Umfang entsprechende Entnahmen aus den Einnahmen der Gesellschaft“ sowie durch den Umstand, dass er nicht aus einer zur Sicherung eines Kontokorrentkredits der I. GmbH bei einer Sparkasse übernommenen persönlichen Bürgschaft in Anspruch genommen wurde. Nähere Feststellungen zur Höhe der Entnahmen des Angeklagten im Tatzeitraum sowie zu den Einzelheiten der vom Angeklagten übernommenen Bürgschaft sowie der Kontokorrentabrede hat das Landgericht nicht getroffen.
7
c) Nach dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe ist das Landgericht davon ausgegangen, dass der Angeklagte den in den Kraftfahrzeugen verkörperten Sachwert erlangt habe; es hat diesen Sachwert auf der Grundlage der Nettokaufpreiszahlungen der I. GmbH an die J. -Gruppe auf insgesamt 557.900 EUR geschätzt. Hinsichtlich eines Betrages in Höhe von 184.500 EUR hat es den Verfall von Wertersatz angeordnet, weil die durch die Taten des Angeklagten Verletzten, die Unternehmen der J. -Gruppe, in insgesamt acht Fällen (den Fällen 47, 49, 51-54, 56 und 60) von den Kunden des Angeklagten Zahlungen in Höhe von insgesamt 184.500 EUR erhalten haben und in dieser Höhe Schadenswiedergutmachung eingetreten sei; damit seien die der Entscheidung über den Wertersatzverfall entgegen stehenden Ansprüche der Verletzten in dieser Höhe erloschen. Hinsichtlich des Differenzbetrages in Höhe von 373.400 EUR hat es wegen möglicher Ansprüche der Unternehmen der J. -Gruppe eine Feststellungsentscheidung nach § 111i Abs. 2 StPO getroffen.

8
2. Die Feststellungen erlauben es nicht, revisionsgerichtlich zu überprüfen , ob – wie für die Anordnung des Wertersatzverfalls und für den Ausspruch nach § 111i Abs. 2 StPO gleichermaßen erforderlich (vgl. BGH, Urteil vom 28. Oktober 2010 – 4 StR 215/10, BGHSt 56, 39, 43) – der Angeklagte als von der Verfallsanordnung Betroffener selbst „etwas“ im Sinne des § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB unmittelbar aus den verfahrensgegenständlichen Taten erlangt hat.
9
a) „Aus der Tat erlangt“ im Sinne von § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB sind alle Vermögenswerte, die dem Täter unmittelbar aus der Verwirklichung des Tatbestandes selbst in irgendeiner Phase des Tatablaufs zufließen (BGH, Beschluss vom 11. Juni 2015 – 1 StR 368/14, juris Rn. 30; BGH, Urteil vom 19. Januar 2012 – 3 StR 343/11, BGHSt 57, 79, 82 mwN; Fischer, StGB 63. Aufl. § 73 Rn. 11 mwN). Erfasst ist dabei die Gesamtheit des materiell Erlangten (BGH, Urteil vom 21. August 2002 – 1 StR 115/02, BGHSt 47, 369, 370; BGH, Urteil vom 19. Januar 2012 – 3 StR 343/11, BGHSt 57, 79, 82). Der Verfall ist dabei gemäß § 73 Abs. 2 Satz 2 StGB gegebenenfalls auch auf die Surrogate des Erlangten zu erstrecken (vgl. BGH, Beschluss vom 28. November 2000 – 5 StR 371/00, NStZ 2001, 155, 156 f.).
10
b) Handelt der Täter als Organ, Vertreter oder Beauftragter (§ 14 StGB) eines Unternehmens mit dem Ziel, dass infolge der Tat bei dem Unternehmen eine Vermögensmehrung eintritt, ist das Unternehmen im Erfolgsfall Drittbegünstigter im Sinne des § 73 Abs. 3 StGB (vgl. BGH, Beschluss vom 11. Juni 2015 – 1 StR 368/14, aaO; Urteil vom 30. Mai 2008 – 1 StR 166/07, BGHSt 52, 227, 242; Urteil vom 19. Oktober 1999 – 5 StR 336/99, BGHSt 45, 235, 245; BVerfG, Beschluss vom 3. Mai 2005 – 2 BvR 1378/04, NJW 2005, 3630, 3631).
In Fällen der genannten Art ist das Unternehmen gegebenenfalls gemäß § 442 Abs. 2, § 431 Abs. 1 Satz 1 StPO am Verfahren zu beteiligen oder ein selbstständiges Verfallsverfahren nach den §§ 440, 441, § 442 Abs. 1 StPO gegen es zu führen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 29. Mai 2006 - 2 BvR 820/06, NStZ 2006, 639, 640).
11
c) Regelmäßig ist davon auszugehen, dass die juristische Person über eine eigene Vermögensmasse verfügt, die vom Privatvermögen des Täters zu trennen ist. Die dem Vermögen einer juristischen Person zugeflossenen Vermögenswerte sind daher auch dann nicht ohne Weiteres durch den Täter im Sinne des § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB erlangt, wenn dieser eine – legale – Zugriffsmöglichkeit auf das Vermögen hat (BGH, Urteil vom 30. Mai 2008 – 1 StR 166/07, BGHSt 52, 227, 256). Für eine Verfallsanordnung gegen den Täter bedarf es in derartigen Fällen einer über die faktische Verfügungsgewalt hinausgehenden Feststellung, dass dieser selbst etwas erlangt hat, was zu einer Änderung seiner Vermögensbilanz geführt hat. Umstände, die eine solche Feststellung rechtfertigen, können etwa darin zu sehen sein, dass der Täter die juristische Person lediglich als einen formalen Mantel nutzt und eine Trennung zwischen seiner eigenen Vermögenssphäre und derjenigen der Gesellschaft tatsächlich nicht vornimmt, oder jeder aus der Tat folgende Vermögenszufluss an die Gesellschaft sogleich an den Täter weitergeleitet wird (BGH, Urteile vom 30. Mai 2008 – 1 StR 166/07, BGHSt 52, 227, 256 und vom 29. Juni 2010 – 1 StR 245/09, NStZ 2011, 83, 86; BVerfG, Beschluss vom 14. Juni 2004 – 2 BvR 1136/03, wistra 2004, 378, 382).
12
d) Gemessen hieran ist nicht belegt, dass der als Geschäftsführer für die I. GmbH handelnde Angeklagte – neben der I. GmbH – auch selbst etwas im Sinne des § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB aus der Tat erlangt hat.
13
Dass es sich bei dem Vermögen der I. GmbH und dem Privatvermögen des Angeklagten um nur vorgeblich getrennte Vermögensmassen handelt, hat das Landgericht nicht festgestellt.
14
Allein der Umstand, dass der Angeklagte Geschäftsführer und Alleingesellschafter dieser Gesellschaft war und in dieser Funktion unmittelbare Verfügungsgewalt über die Fahrzeuge und die dafür erhaltenen Erlöse seiner Kunden hatte, genügt für die Annahme einer (Mit-) Verfügungsgewalt nicht (vgl. BGH, Urteil vom 30. Mai 2008 – 1 StR 166/07, BGHSt 52, 227, 256 mwN).
15
Zwar hat der Angeklagte nach den Feststellungen mittelbar durch regelmäßige , üblichem Umfang entsprechende Entnahmen und durch eine unterbliebene Inanspruchnahme aus einer persönlichen Bürgschaft von dem Mittelzufluss an die I. GmbH profitiert. Die Annahme einer Mitverfügungsgewalt über die Mittelzuflüsse an das Unternehmen rechtfertigt dies jedoch nicht: Den Urteilsgründen lässt sich weder entnehmen, in welchem genauen Umfang Einnahmen der Gesellschaft aus den Taten an den Angeklagten weitergeleitet wurden (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 23. Oktober 2013 – 5 StR 505/12, NStZ 2014, 89, 93 Rn. 47, 48), noch ergeben die Feststellungen, dass der Angeklagte eine Trennung zwischen seiner eigenen Vermögenssphäre und derjenigen der Gesellschaft faktisch nicht vornahm.
16
Soweit das Landgericht davon ausgegangen sein sollte, dass der Angeklagte durch die Taten einen Vorteil erlangt habe, weil die aus den Taten herrührenden Mittelzuflüsse an das Unternehmen dazu führten, dass er nicht aus einer persönlich übernommenen Bürgschaft zur Sicherung eines Kontokorrentkredits der I. GmbH bei der Sparkasse A. in Anspruch genommen worden ist, ist damit ein unmittelbar aus den Taten herrührender wirtschaftlicher Vermögenszuwachs des Angeklagten nicht belegt. Nach den Feststellungen verwandte der Angeklagte die Kaufpreiszahlungen seiner Kunden nicht zum Ausgleich bestehender und durch eine persönliche Bürgschaft gesicherter Verbindlichkeiten der I. GmbH gegenüber der Sparkasse, sondern „überwiegend zum Ausgleich anderweitiger Verbindlichkeiten gegenüber den Unternehmen der J. -Gruppe“.
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3. Dies führt zur Aufhebung des Ausspruchs über den (Wertersatz-) Verfall sowie der Feststellung nach § 111i Abs. 2 StPO. Der Senat hebt auch die zugehörigen Feststellungen auf, um dem neuen Tatrichter widerspruchsfreie Feststellungen - insbesondere auch zu den Vermögensverhältnissen des Angeklagten - zu ermöglichen.
18
Sollte das neue Tatgericht abermals eine Verfallsentscheidung oder eine Feststellung nach § 111i Abs. 2 StPO treffen, wird es im Rahmen seiner Ermessensentscheidung nach § 73c Abs. 1 Satz 2 StGB näher in den Blick zu nehmen haben, dass Geld, das zur allgemeinen Schuldentilgung verwendet wird, wertmäßig im Vermögen des Täters oder verfallsbeteiligten Dritten ebensowenig enthalten ist, wie solches, das für verbrauchbare Sachen ausgegeben wurde (BGH, Urteil vom 5. April 2000 – 2 StR 500/99, NStZ 2000, 480, 481; BGH, Urteil vom 9. Juli 1991 – 1 StR 316/91, BGHSt 38, 23, 25). Appl Eschelbach Zeng Bartel Wimmer

(1) Handelt jemand

1.
als vertretungsberechtigtes Organ einer juristischen Person oder als Mitglied eines solchen Organs,
2.
als vertretungsberechtigter Gesellschafter einer rechtsfähigen Personengesellschaft oder
3.
als gesetzlicher Vertreter eines anderen,
so ist ein Gesetz, nach dem besondere persönliche Eigenschaften, Verhältnisse oder Umstände (besondere persönliche Merkmale) die Strafbarkeit begründen, auch auf den Vertreter anzuwenden, wenn diese Merkmale zwar nicht bei ihm, aber bei dem Vertretenen vorliegen.

(2) Ist jemand von dem Inhaber eines Betriebs oder einem sonst dazu Befugten

1.
beauftragt, den Betrieb ganz oder zum Teil zu leiten, oder
2.
ausdrücklich beauftragt, in eigener Verantwortung Aufgaben wahrzunehmen, die dem Inhaber des Betriebs obliegen,
und handelt er auf Grund dieses Auftrags, so ist ein Gesetz, nach dem besondere persönliche Merkmale die Strafbarkeit begründen, auch auf den Beauftragten anzuwenden, wenn diese Merkmale zwar nicht bei ihm, aber bei dem Inhaber des Betriebs vorliegen. Dem Betrieb im Sinne des Satzes 1 steht das Unternehmen gleich. Handelt jemand auf Grund eines entsprechenden Auftrags für eine Stelle, die Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrnimmt, so ist Satz 1 sinngemäß anzuwenden.

(3) Die Absätze 1 und 2 sind auch dann anzuwenden, wenn die Rechtshandlung, welche die Vertretungsbefugnis oder das Auftragsverhältnis begründen sollte, unwirksam ist.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 StR 352/15
vom
7. September 2016
in der Strafsache
gegen
wegen veruntreuender Unterschlagung
ECLI:DE:BGH:2016:070916B2STR352.15.0

Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 7. September 2016 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Aachen vom 3. März 2015 im Ausspruch über den Wertersatzverfall sowie im Ausspruch nach § 111i Abs. 2 StPO mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.
2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
3. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen veruntreuender Unterschlagung in 15 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt und ihn im Übrigen freigesprochen. Es hat ausgesprochen , dass die in Belgien erlittene Freiheitsentziehung im Verhältnis 1:1 angerechnet wird. Ferner hat das Landgericht über einen Geldbetrag in Höhe von 184.500 Euro den Wertersatzverfall angeordnet und festgestellt, dass lediglich deshalb nicht auf Verfall in Höhe von (weiteren) 373.400,16 Euro erkannt werde , weil Ansprüche Verletzter entgegenstehen.

2
Gegen diese Verurteilung wendet sich der Angeklagte mit seiner auf Verfahrensbeanstandungen und sachlich-rechtliche Einwendungen gestützten Revision.
3
Das Rechtsmittel ist unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO, soweit es sich gegen den Schuld- und Strafausspruch richtet. Hinsichtlich der Anordnung des Wertersatzverfalls sowie der Feststellung nach § 111i Abs. 2 StPO hat die Revision hingegen Erfolg. Diese Entscheidungen begegnen durchgreifenden rechtlichen Bedenken, weil das Landgericht nicht tragfähig begründet hat, dass und in welcher Höhe der Angeklagte aus den von ihm als Geschäftsführer und alleinigem Gesellschafter der von ihm in der Rechtsform einer GmbH betriebenen Firma „etwas“ im Sinne des § 73 Abs. 1 StGB erlangt hat.
4
1. Das Landgericht hat – soweit für die Vermögensabschöpfungsentscheidungen von Bedeutung – im Wesentlichen folgende Feststellungen und Wertungen getroffen:
5
a) Der Angeklagte war alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer der I. GmbH, die insbesondere Gebrauchtfahrzeuge vertrieb. Im Zeitraum von Anfang des Jahres 2009 bis Mitte März 2011 veräußerte er über seine Firma mindestens 15 Kraftfahrzeuge im Nettogesamtwert von rund 557.900 EUR, die ihm zuvor von der J. -Gruppe, einem in A. ansässigen gewerblichen Kraftfahrzeughändler unter Eigentumsvorbehalt zur Weiterveräußerung überlassen worden waren; er übergab die Fahrzeuge an seine überwiegend im Ausland ansässigen Kunden jeweils vor Zahlung des vollständigen Kaufpreises an die J. -Gruppe, obwohl er hierzu – wie er wusste – vor vollständiger Kaufpreiszahlung nicht befugt war. Das Landgericht hat die Taten rechtsfehlerfrei jeweils als veruntreuende Unterschlagungen im Sinne des § 246 Abs. 1 und Abs. 2 StGB gewürdigt.
6
b) Der Angeklagte hat die aus der Verwertung der Kraftfahrzeuge erhaltenen Zahlungen seiner Kunden überwiegend zum Ausgleich anderer Verbindlichkeiten des Unternehmens verwendet und dadurch den Geschäftsbetrieb aufrechterhalten. Nach Auffassung des Landgerichts profitierte der Angeklagte mittelbar durch „regelmäßige, üblichem Umfang entsprechende Entnahmen aus den Einnahmen der Gesellschaft“ sowie durch den Umstand, dass er nicht aus einer zur Sicherung eines Kontokorrentkredits der I. GmbH bei einer Sparkasse übernommenen persönlichen Bürgschaft in Anspruch genommen wurde. Nähere Feststellungen zur Höhe der Entnahmen des Angeklagten im Tatzeitraum sowie zu den Einzelheiten der vom Angeklagten übernommenen Bürgschaft sowie der Kontokorrentabrede hat das Landgericht nicht getroffen.
7
c) Nach dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe ist das Landgericht davon ausgegangen, dass der Angeklagte den in den Kraftfahrzeugen verkörperten Sachwert erlangt habe; es hat diesen Sachwert auf der Grundlage der Nettokaufpreiszahlungen der I. GmbH an die J. -Gruppe auf insgesamt 557.900 EUR geschätzt. Hinsichtlich eines Betrages in Höhe von 184.500 EUR hat es den Verfall von Wertersatz angeordnet, weil die durch die Taten des Angeklagten Verletzten, die Unternehmen der J. -Gruppe, in insgesamt acht Fällen (den Fällen 47, 49, 51-54, 56 und 60) von den Kunden des Angeklagten Zahlungen in Höhe von insgesamt 184.500 EUR erhalten haben und in dieser Höhe Schadenswiedergutmachung eingetreten sei; damit seien die der Entscheidung über den Wertersatzverfall entgegen stehenden Ansprüche der Verletzten in dieser Höhe erloschen. Hinsichtlich des Differenzbetrages in Höhe von 373.400 EUR hat es wegen möglicher Ansprüche der Unternehmen der J. -Gruppe eine Feststellungsentscheidung nach § 111i Abs. 2 StPO getroffen.

8
2. Die Feststellungen erlauben es nicht, revisionsgerichtlich zu überprüfen , ob – wie für die Anordnung des Wertersatzverfalls und für den Ausspruch nach § 111i Abs. 2 StPO gleichermaßen erforderlich (vgl. BGH, Urteil vom 28. Oktober 2010 – 4 StR 215/10, BGHSt 56, 39, 43) – der Angeklagte als von der Verfallsanordnung Betroffener selbst „etwas“ im Sinne des § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB unmittelbar aus den verfahrensgegenständlichen Taten erlangt hat.
9
a) „Aus der Tat erlangt“ im Sinne von § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB sind alle Vermögenswerte, die dem Täter unmittelbar aus der Verwirklichung des Tatbestandes selbst in irgendeiner Phase des Tatablaufs zufließen (BGH, Beschluss vom 11. Juni 2015 – 1 StR 368/14, juris Rn. 30; BGH, Urteil vom 19. Januar 2012 – 3 StR 343/11, BGHSt 57, 79, 82 mwN; Fischer, StGB 63. Aufl. § 73 Rn. 11 mwN). Erfasst ist dabei die Gesamtheit des materiell Erlangten (BGH, Urteil vom 21. August 2002 – 1 StR 115/02, BGHSt 47, 369, 370; BGH, Urteil vom 19. Januar 2012 – 3 StR 343/11, BGHSt 57, 79, 82). Der Verfall ist dabei gemäß § 73 Abs. 2 Satz 2 StGB gegebenenfalls auch auf die Surrogate des Erlangten zu erstrecken (vgl. BGH, Beschluss vom 28. November 2000 – 5 StR 371/00, NStZ 2001, 155, 156 f.).
10
b) Handelt der Täter als Organ, Vertreter oder Beauftragter (§ 14 StGB) eines Unternehmens mit dem Ziel, dass infolge der Tat bei dem Unternehmen eine Vermögensmehrung eintritt, ist das Unternehmen im Erfolgsfall Drittbegünstigter im Sinne des § 73 Abs. 3 StGB (vgl. BGH, Beschluss vom 11. Juni 2015 – 1 StR 368/14, aaO; Urteil vom 30. Mai 2008 – 1 StR 166/07, BGHSt 52, 227, 242; Urteil vom 19. Oktober 1999 – 5 StR 336/99, BGHSt 45, 235, 245; BVerfG, Beschluss vom 3. Mai 2005 – 2 BvR 1378/04, NJW 2005, 3630, 3631).
In Fällen der genannten Art ist das Unternehmen gegebenenfalls gemäß § 442 Abs. 2, § 431 Abs. 1 Satz 1 StPO am Verfahren zu beteiligen oder ein selbstständiges Verfallsverfahren nach den §§ 440, 441, § 442 Abs. 1 StPO gegen es zu führen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 29. Mai 2006 - 2 BvR 820/06, NStZ 2006, 639, 640).
11
c) Regelmäßig ist davon auszugehen, dass die juristische Person über eine eigene Vermögensmasse verfügt, die vom Privatvermögen des Täters zu trennen ist. Die dem Vermögen einer juristischen Person zugeflossenen Vermögenswerte sind daher auch dann nicht ohne Weiteres durch den Täter im Sinne des § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB erlangt, wenn dieser eine – legale – Zugriffsmöglichkeit auf das Vermögen hat (BGH, Urteil vom 30. Mai 2008 – 1 StR 166/07, BGHSt 52, 227, 256). Für eine Verfallsanordnung gegen den Täter bedarf es in derartigen Fällen einer über die faktische Verfügungsgewalt hinausgehenden Feststellung, dass dieser selbst etwas erlangt hat, was zu einer Änderung seiner Vermögensbilanz geführt hat. Umstände, die eine solche Feststellung rechtfertigen, können etwa darin zu sehen sein, dass der Täter die juristische Person lediglich als einen formalen Mantel nutzt und eine Trennung zwischen seiner eigenen Vermögenssphäre und derjenigen der Gesellschaft tatsächlich nicht vornimmt, oder jeder aus der Tat folgende Vermögenszufluss an die Gesellschaft sogleich an den Täter weitergeleitet wird (BGH, Urteile vom 30. Mai 2008 – 1 StR 166/07, BGHSt 52, 227, 256 und vom 29. Juni 2010 – 1 StR 245/09, NStZ 2011, 83, 86; BVerfG, Beschluss vom 14. Juni 2004 – 2 BvR 1136/03, wistra 2004, 378, 382).
12
d) Gemessen hieran ist nicht belegt, dass der als Geschäftsführer für die I. GmbH handelnde Angeklagte – neben der I. GmbH – auch selbst etwas im Sinne des § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB aus der Tat erlangt hat.
13
Dass es sich bei dem Vermögen der I. GmbH und dem Privatvermögen des Angeklagten um nur vorgeblich getrennte Vermögensmassen handelt, hat das Landgericht nicht festgestellt.
14
Allein der Umstand, dass der Angeklagte Geschäftsführer und Alleingesellschafter dieser Gesellschaft war und in dieser Funktion unmittelbare Verfügungsgewalt über die Fahrzeuge und die dafür erhaltenen Erlöse seiner Kunden hatte, genügt für die Annahme einer (Mit-) Verfügungsgewalt nicht (vgl. BGH, Urteil vom 30. Mai 2008 – 1 StR 166/07, BGHSt 52, 227, 256 mwN).
15
Zwar hat der Angeklagte nach den Feststellungen mittelbar durch regelmäßige , üblichem Umfang entsprechende Entnahmen und durch eine unterbliebene Inanspruchnahme aus einer persönlichen Bürgschaft von dem Mittelzufluss an die I. GmbH profitiert. Die Annahme einer Mitverfügungsgewalt über die Mittelzuflüsse an das Unternehmen rechtfertigt dies jedoch nicht: Den Urteilsgründen lässt sich weder entnehmen, in welchem genauen Umfang Einnahmen der Gesellschaft aus den Taten an den Angeklagten weitergeleitet wurden (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 23. Oktober 2013 – 5 StR 505/12, NStZ 2014, 89, 93 Rn. 47, 48), noch ergeben die Feststellungen, dass der Angeklagte eine Trennung zwischen seiner eigenen Vermögenssphäre und derjenigen der Gesellschaft faktisch nicht vornahm.
16
Soweit das Landgericht davon ausgegangen sein sollte, dass der Angeklagte durch die Taten einen Vorteil erlangt habe, weil die aus den Taten herrührenden Mittelzuflüsse an das Unternehmen dazu führten, dass er nicht aus einer persönlich übernommenen Bürgschaft zur Sicherung eines Kontokorrentkredits der I. GmbH bei der Sparkasse A. in Anspruch genommen worden ist, ist damit ein unmittelbar aus den Taten herrührender wirtschaftlicher Vermögenszuwachs des Angeklagten nicht belegt. Nach den Feststellungen verwandte der Angeklagte die Kaufpreiszahlungen seiner Kunden nicht zum Ausgleich bestehender und durch eine persönliche Bürgschaft gesicherter Verbindlichkeiten der I. GmbH gegenüber der Sparkasse, sondern „überwiegend zum Ausgleich anderweitiger Verbindlichkeiten gegenüber den Unternehmen der J. -Gruppe“.
17
3. Dies führt zur Aufhebung des Ausspruchs über den (Wertersatz-) Verfall sowie der Feststellung nach § 111i Abs. 2 StPO. Der Senat hebt auch die zugehörigen Feststellungen auf, um dem neuen Tatrichter widerspruchsfreie Feststellungen - insbesondere auch zu den Vermögensverhältnissen des Angeklagten - zu ermöglichen.
18
Sollte das neue Tatgericht abermals eine Verfallsentscheidung oder eine Feststellung nach § 111i Abs. 2 StPO treffen, wird es im Rahmen seiner Ermessensentscheidung nach § 73c Abs. 1 Satz 2 StGB näher in den Blick zu nehmen haben, dass Geld, das zur allgemeinen Schuldentilgung verwendet wird, wertmäßig im Vermögen des Täters oder verfallsbeteiligten Dritten ebensowenig enthalten ist, wie solches, das für verbrauchbare Sachen ausgegeben wurde (BGH, Urteil vom 5. April 2000 – 2 StR 500/99, NStZ 2000, 480, 481; BGH, Urteil vom 9. Juli 1991 – 1 StR 316/91, BGHSt 38, 23, 25). Appl Eschelbach Zeng Bartel Wimmer

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 S t R 3 6 8 / 1 4
vom
11. Juni 2015
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen unerlaubten Erbringens von Zahlungsdiensten
hier: Revisionen der Angeklagten
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 11. Juni 2015 beschlossen:
Die Revisionen der Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 18. März 2014 werden als unbegründet verworfen , da die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigungen keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten ergeben hat (§ 349 Abs. 2 StPO). Die Beschwerdeführer tragen die Kosten ihrer Rechtsmittel.

Gründe:

1
Zur Begründung der Entscheidung wird auf den Beschluss des Senats, mit dem die Revision der Verfallsbeteiligten verworfen wurde, Bezug genommen. Raum Rothfuß Jäger Radtke Fischer

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
und
VERSÄ UMNISURTEIL
II ZR 331/00 Verkündet am:
29. Januar 2001
Boppel
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja

a) Die (Außen-)Gesellschaft bürgerlichen Rechts besitzt Rechtsfähigkeit, soweit
sie durch Teilnahme am Rechtsverkehr eigene Rechte und Pflichten
begründet.

b) In diesem Rahmen ist sie zugleich im Zivilprozeß aktiv- und passiv parteifähig.

c) Soweit der Gesellschafter für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft bürgerlichen
Rechts persönlich haftet, entspricht das Verhältnis zwischen der Verbindlichkeit
der Gesellschaft und der Haftung des Gesellschafters derjenigen
bei der OHG (Akzessorietät) - Fortführung von BGHZ 142, 315.
BGH, Urteil vom 29. Januar 2001 – II ZR 331/00 – OLG Nürnberg
LG Ansbach
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 8. Januar 2001 durch den Vorsitzenden Richter Dr. h.c. Röhricht, die
Richter Prof. Dr. Henze, Prof. Dr. Goette, Dr. Kurzwelly und die Richterin Münke

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 12. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Nürnberg vom 15. März 2000 unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels im Kostenpunkt und hinsichtlich der Abweisung der gegen die Beklagte zu 1 gerichteten Klage aufgehoben.
Die Berufung der Beklagten zu 1 gegen das Vorbehaltsurteil der Kammer für Handelssachen des Landgerichts Ansbach vom 26. November 1999 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, daß die Beklagte zu 1 neben den Beklagten zu 2 und 3 wie eine Gesamtschuldnerin verurteilt wird.
Die außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 4 trägt die Klägerin. Die Beklagten zu 1, 2 und 3 tragen ihre außergerichtlichen Kosten selbst. Hinsichtlich des ersten Rechtszuges tragen die Beklagten zu 2 und 3 gesamtschuldnerisch und daneben die Beklagte zu 1 wie eine Gesamtschuldnerin 3/4 und die Klägerin 1/4 der Gerichtskosten und der außergerichtlichen Kosten der Klägerin. Die außergerichtlichen Kosten der Klägerin in den Rechts- mittelinstanzen sowie die Gerichtskosten der Berufungsinstanz tragen die Klägerin und die Beklagte zu 1 je zur Hälfte. Die Gerichtskosten der Revisionsinstanz tragen die Klägerin zu 4/5 und die Beklagte zu 1 zu 1/5.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Klägerin klagt im Wechselprozeß auf Zahlung der Wechselsumme von 90.000,00 DM zuzüglich Nebenforderungen gegen die Beklagte zu 1, eine bauwirtschaftliche Arbeitsgemeinschaft (ARGE) in der Rechtsform einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts, als Wechselakzeptantin und die früheren Beklagten zu 2 und 3 als deren Gesellschafterinnen. Die Haftung des Beklagten zu 4 für die Wechselforderung leitet sie aus Rechtsscheinsgesichtspunkten her. Das Landgericht hat die Beklagten antragsgemäß gesamtschuldnerisch zur Zahlung verurteilt. Das Oberlandesgericht hat die Klage hinsichtlich der Beklagten zu 1 und 4 auf deren Berufung hin abgewiesen. Hiergegen richtet sich die Revision der Klägerin, mit der sie die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils begehrt.

Entscheidungsgründe:


Da die Beklagte zu 1 im Verhandlungstermin trotz dessen rechtzeitiger Bekanntgabe nicht vertreten war, ist über die sie betreffende Revision der Klägerin durch Versäumnisurteil zu entscheiden (§§ 557, 331 ZPO). Das Urteil beruht jedoch inhaltlich nicht auf der Säumnis, sondern auf einer Sachprüfung (vgl. BGHZ 37, 79, 82).
Die Revision hat Erfolg, soweit sie sich gegen die Abweisung der gegen die Beklagte zu 1 gerichteten Klage wendet. Im übrigen ist sie unbegründet.

A.


Nach Auffassung des Berufungsgerichts ist die Klage gegen die Beklagte zu 1 unzulässig, weil es sich bei dieser um eine nicht parteifähige Gesellschaft bürgerlichen Rechts handele. Das hält revisionsrechtlicher Prüfung nicht stand. Der Senat hält es unter Aufgabe der bisherigen Rechtsprechung für geboten, die (Außen-)Gesellschaft bürgerlichen Rechts in dem Umfang als im Zivilprozeß parteifähig anzusehen (§ 50 ZPO), in dem sie als Teilnehmer am Rechtsverkehr Träger von Rechten und Pflichten sein kann.
I. Nach neuerer Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann die Gesellschaft bürgerlichen Rechts als Gesamthandsgemeinschaft ihrer Gesellschafter im Rechtsverkehr grundsätzlich, das heißt soweit nicht spezielle Gesichtspunkte entgegenstehen, jede Rechtsposition einnehmen (BGHZ 116, 86, 88; 136, 254, 257; im Ansatz auch bereits BGHZ 79, 374, 378 f.). Soweit sie in
diesem Rahmen eigene Rechte und Pflichten begründet, ist sie (ohne juristische Person zu sein) rechtsfähig (vgl. § 14 Abs. 2 BGB).
1. Über die Rechtsnatur der Gesellschaft bürgerlichen Rechts finden sich im Gesetz keine umfassenden und abschließenden Regeln. Im ersten Entwurf des BGB war die Gesellschaft nach römischrechtlichem Vorbild als ein ausschließlich schuldrechtliches Rechtsverhältnis unter den Gesellschaftern ohne eigenes, von dem ihrer Gesellschafter verschiedenen, Gesellschaftsvermögen gestaltet (vgl. Mot. II 591 = Mugdan II 330). Die zweite Kommission konstituierte hingegen ein Gesellschaftsvermögen als Gesamthandsvermögen (vgl. die heutigen §§ 718, 719 BGB), ohne jedoch die aus dem Gesamthandsprinzip folgenden Konsequenzen im einzelnen zu regeln. Es ist vielmehr im wesentlichen bei der Regelung des Gesellschaftsverhältnisses als Schuldverhältnis geblieben, dem in unvollständiger Weise das Gesamthandsprinzip "darüber gestülpt" wurde (Flume, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts Bd. I/1 1977, S. 3 f.; vgl. auch Ulmer, FS Robert Fischer 1979, S. 785, 788 f.). Zum Inhalt des Gesamthandsprinzips heißt es in den Protokollen lediglich, die Meinungen "darüber, wie die Rechtsgemeinschaft der gesammten Hand theoretisch zu konstruiren sei und was man als das charakteristische Merkmal derselben anzusehen habe, (gingen) auseinander" (Prot. II 429 = Mugdan II 990). "Die Kom. glaubte, zu der wissenschaftlichen Streitfrage über das Wesen der gesammten Hand nicht Stellung nehmen zu sollen, vielmehr nur entscheiden zu müssen, welche Bestimmungen sachlich den Vorzug verdienen" (Prot. II 430 = Mugdan II 990).
2. Die Unvollständigkeit der gesetzlichen Regelung und das erkennbare Bestreben des historischen Gesetzgebers, eine konkrete Festlegung zu ver-
meiden, lassen Raum für eine an den praktischen Bedürfnissen der Verwirklichung des Gesamthandsprinzips orientierte Beurteilung der Rechtsnatur der Gesellschaft bürgerlichen Rechts. Danach verdient die Auffassung von der nach außen bestehenden beschränkten Rechtssubjektivität der bürgerlichrechtlichen Gesellschaft den Vorzug. Diese Auffassung geht auf die deutschrechtliche Gesamthandslehre des 19. Jahrhunderts zurück (vgl. Otto Gierke, Deutsches Privatrecht Bd. 1 1895, S. 663 ff., 682). Sie wurde maßgeblich von Flume (aaO S. 50 ff.; ZHR 136 [1972], 177 ff.) in die moderne Diskussion eingeführt und hat sich im neueren Schrifttum weitgehend durchgesetzt (vgl. vor allem MünchKommBGB/Ulmer, 3. Aufl. § 705 Rdn. 130 ff. m.w.N. in Fn. 373; ders. AcP 198 [1998], 113 ff.; ebenso K. Schmidt, Gesellschaftsrecht 3. Aufl. § 8 III, S. 203 ff.; Wiedemann, WM 1994 Sonderbeilage 4, S. 6 ff.; Huber, FS Lutter 2000, 107, 122 ff.; Hüffer, Gesellschaftsrecht 5. Aufl. S. 47 ff.; DaunerLieb , Die BGB-Gesellschaft im System der Personengesellschaften, in: Die Reform des Handelsstandes und der Personengesellschaften [Schriftenreihe der Bayer-Stiftung für deutsches und internationales Arbeits- und Wirtschaftsrecht ] 1999, S. 95, 99 ff.; Reiff, ZIP 1999, 517, 518; Mülbert, AcP 1999, 39, 43 ff.; Wertenbruch, Die Haftung von Gesellschaften und Gesellschaftsanteilen in der Zwangsvollstreckung 2000, S. 211 ff.).

a) Dieses Verständnis der Rechtsnatur der gesellschaftsrechtlichen Gesamthandsgemeinschaft bietet ein praktikables und weitgehend widerspruchsfreies Modell für die vom Gesetz (§§ 718-720 BGB) gewollte rechtliche Absonderung des Gesellschaftsvermögens vom Privatvermögen der Gesellschafter. Die sogenannte traditionelle Auffassung, die ausschließlich die einzelnen Gesellschafter als Zuordnungssubjekte der die Gesellschaft betreffenden Rechte und Pflichten ansieht (vgl. Zöllner, FS Gernhuber 1993, S. 563 ff.; ders. FS
Kraft 1998, S. 701 ff.; Hueck, FS Zöllner 1998, S. 275 ff.) weist demgegenüber konzeptionelle Schwächen auf. Betrachtet man die Gesellschaftsverbindlichkeiten lediglich als gemeinschaftliche Verbindlichkeiten der Gesellschafter gemäß § 427 BGB, widerspricht dies dem Gesamthandsprinzip. Der einzelne Gesellschafter kann, wenn sich der geschuldete Gegenstand im Gesellschaftsvermögen befindet, die Leistung wegen § 719 BGB nicht als Gesamtschuldner allein erbringen. Dies führt dazu, daß auch die Vertreter der traditionellen Auffassung zwischen der Gesellschaftsschuld und der Gesellschafterschuld differenzieren müssen. Bei der für die "Gesellschaft" abgeschlossenen Verbindlichkeit handele es sich um eine "einheitliche Verpflichtung mit doppelter Wirkung" in Bezug auf einerseits das Gesamthandsvermögen, andererseits das persönliche Vermögen der Gesellschafter (vgl. Hueck, FS Zöllner, S. 293; Zöllner, FS Gernhuber, S. 573). Dies verwischt aber die Grenzen zwischen Schuld und Haftung, denn eine Schuld kann immer nur Subjekte, nicht aber Vermögensmassen treffen (Aderhold, Das Schuldmodell der BGB-Gesellschaft 1981, S. 110 f.; Dauner-Lieb aaO, S. 100 ff.).

b) Ein für die Praxis bedeutsamer Vorzug der nach außen bestehenden Rechtssubjektivität der Gesellschaft bürgerlichen Rechts im oben beschriebenen Sinne besteht darin, daß danach ein Wechsel im Mitgliederbestand keinen Einfluß auf den Fortbestand der mit der Gesellschaft bestehenden Rechtsverhältnisse hat (vgl. Senat, BGHZ 79, 374, 378 f.). Bei strikter Anwendung der traditionellen Auffassung müßten Dauerschuldverhältnisse mit der "Gesellschaft" bei jedem Wechsel im Mitgliederbestand von den Vertragsparteien neu geschlossen bzw. bestätigt werden. Wenn die Gesellschaft im Außenverhältnis nur ein Schuldverhältnis darstellt, können zwei aus verschiedenen Mitgliedern bestehende Schuldverhältnisse nicht identisch sein. Das Erfordernis von
Neuabschlüssen von Dauerschuldverhältnissen bei einem Gesellschafterwechsel ist aber ohne innere Rechtfertigung und würde die Handlungsfähigkeit der Gesellschaft im Rechtsverkehr erheblich beeinträchtigen. Die traditionelle Auffassung vermag im übrigen keine befriedigende Erklärung dafür zu liefern, warum auch ein neu in die Gesellschaft eintretender Gesellschafter mit dem Gesellschaftsvermögen für Altschulden haften sollte. Die dafür angebotene Begründung, wonach der neue Gesellschafter in einer Art Gesamtrechtsnachfolge "in alle bestehenden Rechts- und Vertragspositionen hineinwachse" (Zöllner, FS Kraft, S. 715), läßt sich mit der Auffassung der Gesellschaft als reines Schuldverhältnis der Gesellschafter im Grunde nicht vereinbaren (dazu auch Ulmer, AcP 198 [1998], 113, 142).

c) Die hier vertretene Auffassung ist zudem eher in der Lage, identitätswahrende Umwandlungen von Gesellschaften bürgerlichen Rechts in andere Rechtsformen und aus anderen Rechtsformen zu erklären. Betreibt eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts ein Gewerbe, dann wird sie von Gesetzes wegen ohne jeden Publizitätsakt zu einer personen- und strukturgleichen OHG, sobald das Unternehmen nach Art und Umfang einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert (§ 105 Abs. 1 in Verbindung mit § 1 HGB). Da der OHG jedenfalls Rechtssubjektivität im oben beschriebenen Sinne zukommt (vgl. § 124 Abs. 1 HGB), würden sich bei konsequenter Anwendung der traditionellen Auffassung die Eigentumsverhältnisse an den zum Gesellschaftsvermögen gehörenden Gegenständen mit der Umwandlung zur OHG ändern. Dies würde für die Praxis insbesondere deshalb schwierige Probleme bereiten (vgl. Reiff, ZIP 1999, 517, 518 f.), weil für den Übergang von der Gesellschaft bürgerlichen Rechts zur OHG infolge des wertungsabhängigen Kriteriums des Erfordernisses eines kaufmännischen Geschäftsbetriebs ein genauer
Zeitpunkt der Umwandlung kaum ausgemacht werden kann. Auch der Umstand , daß im neuen Umwandlungsrecht (§§ 190 ff., 226 ff. UmwG) Kapitalgesellschaften im Wege des identitätswahrenden Formwechsels in Personengesellschaften - auch in Gesellschaften bürgerlichen Rechts, vgl. § 191 Abs. 2 Nr. 1 UmwG - umgewandelt werden können, läßt sich auf der Grundlage der hier vertretenen Auffassung ohne weiteres, aus Sicht der traditionellen Auffassung aber - wenn überhaupt - nur mit Mühe erklären (vgl. dazu Wiedemann, ZGR 1996, 286, 289 f.; Mülbert, AcP 199 [1999], 38, 60 ff.; Timm, NJW 1995, 3209 ff.; Hueck, FS Zöllner, S. 280 ff.; Zöllner, FS Claussen 1997, 423, 429 ff.).

d) Schließlich unterstützt die Tatsache, daß der Gesetzgeber mittlerweile die Insolvenzfähigkeit der Gesellschaft bürgerlichen Rechts anerkannt hat (§ 11 Abs. 2 Nr. 1 InsO wie auch schon § 1 Abs. 1 GesO), die Gesellschaft mithin als Träger der Insolvenzmasse ansieht, ebenfalls die Annahme der Rechtssubjektivität.
3. Gegen diese Auffassung läßt sich nicht mit dem Gesetzeswortlaut insbesondere des § 714 BGB argumentieren. Zwar zeigt der Umstand, daß dort nur von einer Vertretungsmacht für die Gesellschafter, nicht aber für die "Gesellschaft" die Rede ist, daß bei der Formulierung der Norm an eine Verselbständigung der Gesellschaft bürgerlichen Rechts zu einer verpflichtungsfähigen Organisation nicht gedacht worden ist (Senat, BGHZ 142, 315, 319 f.). Bedenkt man aber, daß die Vorschrift im Kern unverändert aus § 640 Abs. 1 des ersten Entwurfs (abgedruckt bei Mugdan II CVI) in das BGB übernommen wurde und dieser erste Entwurf das Gesamthandsprinzip noch nicht kannte, gibt der Wortlaut für eine Deutung der Rechtsnatur der bürgerlichrechtlichen Gesellschaft nichts her. Der Senat braucht insoweit nicht der Frage nachzugehen,
ob bereits der historische Gesetzgeber in Ansehung der deutschrechtlichen Gesamthandslehre des 19. Jahrhunderts die Rechtsfähigkeit der Gesellschaft als ungeschriebenes geltendes Recht angesehen hat (dazu Wertenbruch aaO, S. 34 ff.). Entscheidend ist, daß er jedenfalls eine solche Annahme nicht hat ausschließen wollen.
4. In der Anerkennung der Rechtsfähigkeit der Gesellschaft liegt kein Widerspruch zu den §§ 21, 22, 54 BGB, wo mit Rechtsfähigkeit offensichtlich die Fähigkeit der Gesellschaft gemeint ist, Träger von Rechten und Pflichten aufgrund eigener Rechtspersönlichkeit und damit "als solcher" und nicht als Gruppe ihrer gesamthänderisch verbundenen Mitglieder zu sein. Wie § 14 Abs. 2 BGB zeigt, geht aber das Gesetz davon aus, daß es auch Personengesellschaften gibt, die Rechtsfähigkeit besitzen. So ist es praktisch unbestritten, daß OHG und KG Träger von Rechten und Pflichten sein können und damit rechtsfähig sind, ohne als Gesamthandsgemeinschaften den Status einer juristischen Person zu besitzen. Entsprechendes gilt nach ständiger Rechtsprechung (BGHZ 80, 129, 132; 117, 323, 326) für die Vorgesellschaften von Kapitalgesellschaften.
II. Erkennt man die Fähigkeit der Gesellschaft bürgerlichen Rechts an, Träger von Rechten und Pflichten zu sein, kann ihr die Parteifähigkeit im Zivilprozeß , die gemäß § 50 ZPO mit der Rechtsfähigkeit korrespondiert, nicht abgesprochen werden.
1. Die Parteifähigkeit der Gesellschaft bürgerlichen Rechts ist die notwendige prozeßrechtliche Konsequenz der Anerkennung der Rechtssubjektivität der Gesellschaft im Verhältnis zu Dritten (bejahend auch Wiedemann
aaO, S. 9 f.; Hüffer, FS Stimpel 1985, S. 165, 168 ff.; Soergel/Hadding, BGB 11. Aufl. § 714 BGB Rdn. 52; Wertenbruch aaO, S. 213 ff.; MünchKomm ZPO/Lindacher, § 50 Rdn. 23 ff.; Musielak/Weth, ZPO 2. Aufl. § 50 Rdn. 22; für die Mitunternehmer-Gesellschaft auch K. Schmidt aaO, § 60 IV 1, S. 1805 ff.). Im Zivilprozeß ist aktivlegitimiert, das heißt "richtige" Partei, wer Inhaber des geltend gemachten Rechts ist; derjenige ist passivlegitimiert, also "richtiger" Beklagter, der Verpflichteter aus dem geltend gemachten Recht ist. Dieser Sachbefugnis entspricht - von den Fällen der Prozeßstandschaft abgesehen - grundsätzlich auch die Prozeßführungsbefugnis. Da nicht die einzelnen Gesellschafter , sondern die Gesellschaft materiell Rechtsinhaberin oder Verpflichtete ist, ist diese "richtige" Partei eines Rechtsstreits um eine Gesellschaftsforderung oder -verpflichtung und insoweit parteifähig und prozeßführungsbefugt.
2. Die Anerkennung der Parteifähigkeit der Gesellschaft bürgerlichen Rechts ist dem bisher praktizierten Modell, wonach die aktive und passive Prozeßführungsbefugnis hinsichtlich das Gesellschaftsvermögen betreffender Forderungen und Verbindlichkeiten bei den eine notwendige Streitgenossenschaft im Sinne des § 62 Abs. 1 ZPO bildenden Gesellschaftern liegt (vgl. Senat, BGHZ 30, 195, 197; Urt. v. 12. März 1990 - II ZR 312/88, ZIP 1990, 715, 716; MünchKommBGB/Ulmer aaO, § 718 Rdn. 42 f.; Stein/Jonas/Bork, ZPO 21. Aufl. § 50 Rdn. 17; Heller, Der Zivilprozeß der Gesellschaft bürgerlichen Rechts 1989, S. 56 ff., 110 ff.), in mehrfacher Hinsicht vorzuziehen.

a) Die notwendige Streitgenossenschaft der Gesellschafter kann nicht als adäquater Ersatz für die Anerkennung der Parteifähigkeit der Gesellschaft angesehen werden, weil das Instrument der notwendigen Streitgenossenschaft
nicht die angemessenen prozessualen Konsequenzen aus den gesellschaftsrechtlichen Gesamthandsregeln zieht. Zwar stimmen notwendige Streitgenossenschaft und Gesamthandsprinzip insoweit überein, als die Klage nur gegen alle Gesamthänder erhoben werden kann und das Urteil einheitlich ergehen muß. Im übrigen gewährleistet aber die notwendige Streitgenossenschaft keine den Besonderheiten der gesellschaftsrechtlichen Gesamthand entsprechende Prozeßführung, denn bei der notwendigen Streitgenossenschaft betreibt jeder Streitgenosse seinen eigenen Prozeß (§ 63 ZPO). Die Verbindung mit den anderen Streitgenossen besteht lediglich in der erforderlichen Einheitlichkeit des Urteils und der Zurechnung des Verhandelns der anderen Streitgenossen im Falle der Säumnis eines Teils der Streitgenossen (§ 62 Abs. 1 ZPO). Es gibt bei der notwendigen Streitgenossenschaft aber keine Verpflichtung zur gemeinschaftlichen Vornahme von Prozeßhandlungen. Vielmehr kann jeder Streitgenosse unabhängig von den anderen Prozeßhandlungen mit Wirkung für sein Prozeßrechtsverhältnis vornehmen (BGHZ 131, 376, 379) und kann jeder Streitgenosse auch einen eigenen Prozeßbevollmächtigten bestellen. Sich widersprechenden Vortrag verschiedener Streitgenossen kann das Gericht gemäß § 286 ZPO frei würdigen (MünchKommZPO/Schilken, § 62 Rdn. 48; Heller aaO, S. 159). Jeder der Streitgenossen kann gesondert Rechtsmittel mit der Folge einlegen, daß das Urteil auch gegenüber den anderen Streitgenossen nicht rechtskräftig wird (BGHZ 131, 376, 382).
Es bestehen somit wesentliche Unterschiede zur materiellrechtlichen Vertretungs- und Verfügungsbefugnis bei der Gesellschaft bürgerlichen Rechts. Wenn beispielsweise nur ein Gesellschafter geschäftsführungsbefugt ist, können die anderen Gesellschafter materiellrechtlich für die Gesellschaft
keine wirksamen Erklärungen abgeben; wenn zwei nur gemeinschaftlich geschäftsführungsbefugte Gesellschafter sich widersprechende materiellrechtliche Erklärungen abgeben, kann keine davon wirksam sein. Das Modell der notwendigen Streitgenossenschaft ist also nicht in der Lage, eine den materiellrechtlichen Verhältnissen adäquate Prozeßführung zu gewährleisten, weil die Prozeßführung bei einer notwendigen Streitgenossenschaft anderen Regeln unterliegt als sie für die Vertretung der Gesellschaft gelten.
Dieses Ergebnis ließe sich allenfalls dadurch umgehen, daß man die materiellrechtliche Vertretungsbefugnis auf die Prozeßführungsbefugnis der Gesamthänder als Streitgenossen überträgt, die Gesellschafter prozessual als "Gruppe", vertreten durch ihren Geschäftsführer, behandelt und nur vom Geschäftsführer vorgenommene Prozeßhandlungen als wirksam anerkennt. Eine solche Lösung wäre jedoch mit den Grundprinzipien der notwendigen Streitgenossenschaft nicht vereinbar. Die Bevollmächtigung des Geschäftsführers im Gesellschaftsvertrag kann dem einzelnen als Streitgenossen verklagten Gesellschafter nicht die Prozeßführungsbefugnis in einem Prozeß nehmen, in dem er selbst Partei ist. Im Ergebnis liefe ein derartiger Korrekturversuch auf eine verschleierte Anerkennung der Parteifähigkeit der Gesellschaft hinaus. Geht man hingegen offen von der Parteifähigkeit der Gesellschaft bürgerlichen Rechts aus, läßt sich die gewünschte Übereinstimmung von Prozeßführungsund gesellschaftsrechtlicher Vertretungsbefugnis zwanglos und ohne Verletzung prozessualer Grundsätze erreichen. Es sind dann von vornherein nur diejenigen Prozeßhandlungen wirksam, die in Übereinstimmung mit den gesellschaftsrechtlichen Vertretungsregeln erfolgen.

b) Gegen das Modell der notwendigen Streitgenossenschaft der Gesellschafter spricht des weiteren, daß unter seiner Geltung sowohl im Aktiv- als auch im Passivprozeß immer sämtliche gegenwärtigen Mitglieder der Gesellschaft verklagt werden und klagen müssen, um einen Titel gegen und für die Gesamthand zu erhalten. Das kann den Gesellschaftsgläubigern bei größeren Gesellschaften und bei solchen mit häufigem Mitgliederwechsel erfahrungsgemäß erhebliche Probleme bereiten. Als Beispiele hierfür sei auf die den Urteilen des Bundesgerichtshofs vom 12. März 1990 (Senat aaO, ZIP 1990, 715) und vom 15. Oktober 1999 (V ZR 141/98, ZIP 1999, 2009) zugrundeliegenden Sachverhalte verwiesen. Der Senat ist im erstgenannten Fall dem klagenden Gesellschaftsgläubiger, der aus eigener Kenntnis nicht über die Namen der inzwischen mehr als 70 Gesellschafter verfügte, dadurch entgegengekommen, daß er die korrekte Einbeziehung aller Gesellschafter in die Klage lediglich als einen Akt der Rubrumsberichtigung aufgefaßt hat (Senat aaO, ZIP 1990, 715, 716). Diese Lösung verläßt im Grunde bereits die Auffassung von den Gesellschaftern als notwendigen Streitgenossen, denn die unterbliebene Benennung aller aus materiellrechtlichen Gründen notwendigen Streitgenossen hätte zur Unzulässigkeit der Klage führen müssen (vgl. BGH, Urt. v. 25. Oktober 1991 - V ZR 196/90, WM 1992, 313, 315; Stein/Jonas/Bork aaO, § 62 Rdn. 20 f., 25; Musielak/Weth aaO, § 62 Rdn. 11). Im Ergebnis ist dieser Fall bereits so behandelt worden, als sei die Gesellschaft selbst die beklagte Partei und mithin parteifähig. Vor ähnlichen Schwierigkeiten stehen die Beteiligten auf der Grundlage der Streitgenossenschaftslösung auch in den nicht seltenen Fällen, in denen die Mitgliedschaft eines Gesellschafters unklar und streitig ist. In diesen Fällen muß - sei es im Aktivverfahren oder im Passivverfahren - vor einer Entscheidung in der Sache zunächst die mit dem Kern des Rechtsstreits in keiner Weise zusammenhängende Frage geklärt werden, inwiefern die fragliche
Person wirksam Mitglied geworden ist, bzw. inwiefern sie wirksam ausgeschieden ist. Auch hier hat sich die Rechtsprechung damit zu behelfen versucht, daß bei irrtümlich unterbliebener Aufführung eines Gesellschafters lediglich das Rubrum unrichtig sei (BGH, Beschl. v. 10. Oktober 1996 - IX ZR 135/95, NJW 1997, 1236; vgl. auch OLG Hamburg LZ 1917, 78). Diese Hilfskonstruktionen der bisherigen Rechtsprechung, die es im Interesse der Sachgerechtigkeit ermöglichen sollten, trotz formalen Festhaltens am Streitgenossenschaftsmodell die Gesellschaft bürgerlichen Rechts als parteifähig zu behandeln, können aber letztlich nicht überzeugen. Insbesondere versagen sie im Stadium der Zwangsvollstreckung, denn der Gerichtsvollzieher hat in Zweifelsfällen nicht die Möglichkeit zu prüfen, ob es sich bei den in einem Titel aufgeführten Gesellschaftern um sämtliche Gesellschafter handelt. Die Anerkennung der Parteifähigkeit der Gesellschaft bürgerlichen Rechts ist demgegenüber sowohl im Erkenntnis-, als auch im Vollstreckungsverfahren die einfachere und konsequentere Lösung.

c) Zu erheblichen Problemen, die praktisch nicht befriedigend gelöst werden können, kommt die Streitgenossenschaftslösung auch im Falle des Neueintritts und des Mitgliederwechsels während des Erkenntnis- und des Vollstreckungsverfahrens im Gesamthandsschuldprozeß. Die Vertreter der Streitgenossenschaftslösung gehen bei einem während des Erkenntnisverfahrens eingetretenen Parteiwechsel analog §§ 239, 241, 246 ZPO von einem gesetzlichen Parteiwechsel aus (MünchKommBGB/Ulmer aaO, § 718 Rdn. 60 ff.; Heller aaO, S. 200 f.): Auf Antrag sei der Prozeß in diesem Fall analog § 246 ZPO bis zur Aufnahme des Verfahrens durch den neuen Gesellschafter zu unterbrechen; das Rubrum sei vom Gericht zu berichtigen; bleibe ein nach Rechtshängigkeit erfolgter Neueintritt oder Mitgliederwechsel bis zum Abschluß
des Erkenntnisverfahrens unbekannt, könne der Titel nachträglich analog § 727 ZPO auf den neueingetretenen Gesellschafter umgeschrieben werden; gleiches gelte für den nach Abschluß des Erkenntnisverfahrens und vor Beginn der Zwangsvollstreckung neu eingetretenen Gesellschafter.
Dieser Lösungsvorschlag ist in praktischer Hinsicht unzulänglich. So ist eine Titelumschreibung gemäß § 727 ZPO jedenfalls dann nicht mehr möglich, wenn der unerkannte Neueintritt oder Mitgliederwechsel vor Rechtshängigkeit der Klage erfolgt ist. Die Vorschrift ist nur auf nach Rechtshängigkeit eingetretene Rechtsänderungen anwendbar (BGHZ 120, 387, 392). Die Möglichkeit der Titelumschreibung versagt zudem, wenn der Gläubiger den Neueintritt nicht in der gemäß § 727 ZPO erforderlichen Art und Weise (Offenkundigkeit bei Gericht oder öffentliche bzw. öffentlich beglaubigte Urkunden) nachweisen kann. Er müßte dann erst Klage auf Klauselerteilung gemäß § 731 ZPO erheben. Im übrigen ist zu bedenken, daß bei Bekanntwerden eines vom Titel abweichenden Bestandes der Gesellschafter zunächst in jedem Fall erst einmal das Zwangsvollstreckungsverfahren eingestellt werden müßte. Etwa bereits eingeleitete Forderungspfändungen und andere Zwangsmaßnahmen gingen ins Leere und die Gesellschaft könnte inzwischen anderweitig über die zur Zwangsvollstreckung ausersehenen Gegenstände verfügen. Im übrigen könnte die Gesellschaft - die Gefahr ist insbesondere bei Publikumsgesellschaften gegeben - die Vollstreckung durch sukzessive Bekanntgabe immer weiterer Veränderungen im Gesellschafterbestand nahezu gänzlich unmöglich machen (vgl. Wiedemann aaO, S. 5). Die Streitgenossenschaftslösung kann demnach die infolge des Auseinanderfallens von materieller Berechtigung (die der Gesellschaft zukommt) und Prozeßführungsbefugnis (die bei den Gesellschaftern liegen soll) unweigerlich auftretenden Probleme nicht befriedigend lösen, sondern
verlagert sie lediglich vom Erkenntnis- in das Vollstreckungsverfahren. Bei Anerkennung der Parteifähigkeit der Gesellschaft hindert eine Veränderung im Gesellschafterbestand - sei sie vor, während oder nach dem Prozeß erfolgt - die Rechtsdurchsetzung hingegen in keiner Weise.
3. Die Regelung des § 736 ZPO, wonach zur Zwangsvollstreckung in das Vermögen der Gesellschaft bürgerlichen Rechts ein gegen alle Gesellschafter ergangenes Urteil erforderlich ist, steht der Anerkennung der Parteifähigkeit nicht entgegen. Ein gegen die Gesamtheit der gesamthänderisch verbundenen Gesellschafter als Partei ergangenes Urteil ist ein Urteil "gegen alle Gesellschafter" im Sinne des § 736 ZPO. Die Vorschrift verlangt weder vom Wortlaut noch vom Zweck her ein Urteil gegen jeden einzelnen Gesellschafter.

a) Aus der Entstehungsgeschichte des § 736 ZPO folgt, daß Zweck dieser Regelung die Verhinderung der Vollstreckung von Privatgläubigern einzelner Gesellschafter in das Gesellschaftsvermögen, nicht aber der Ausschluß der Parteifähigkeit der Gesellschaft ist (ausführlich Wertenbruch aaO, S. 122 ff.; vgl. auch Wiedemann aaO, S. 10). Nach § 645 des ersten Entwurfs (E I) zum BGB (abgedruckt bei Mugdan II CVII), der die Gesellschaft als römischrechtliche Bruchteilsgemeinschaft gestaltete, war die Verfügung des Gesellschafters über seinen Anteil nicht dinglich, sondern nur schuldrechtlich ausgeschlossen. Privatgläubiger einzelner Gesellschafter hätten im Rahmen der Zwangsvollstreckung also direkt Zugriff auf deren Anteile am Gesellschaftsvermögen gehabt. Um eine solche Vollstreckung von Privatgläubigern einzelner Gesellschafter in das Gesellschaftsvermögen zu verhindern, beschloß die zweite Kommission zunächst "in eventueller Abstimmung, für den Fall der Beibehaltung des § 645 des Entwurfs" (Prot. II 428 = Mugdan II 989) folgenden § 645 a:

"Die Zwangsvollstreckung in die gemeinschaftlichen Gegenstände findet nur aufgrund eines gegen sämmtliche Gesellschafter vollstreckbaren Schuldtitels statt. Aufgrund eines nur gegen einen Gesellschafter vollstreckbaren Schuldtitels findet die Zwangsvollstreckung nur in dasjenige statt, was dem Gesellschafter als Gewinnantheil oder bei der Auseinandersetzung zukommt. ..." (Prot. II 426 = Mugdan II 988). Im weiteren Verlauf der Beratungen entschied sich die zweite Kommission , an Stelle des § 645 E I das Prinzip der gesamten Hand zu setzen (Prot. II 428 ff. = Mugdan II 990 ff.), welches in § 658 des zweiten Entwurfs (abgedruckt bei Jakobs/Schubert, Die Beratung des Bürgerlichen Gesetzbuchs Bd. III 1983, S. 296) seinen Ausdruck fand. § 658 E II entspricht dem heutigen § 719 BGB und enthielt zunächst zusätzlich folgenden Absatz 3:
"Die Zwangsvollstreckung in das Gesellschaftsvermögen findet nur aufgrund eines gegen sämmtliche Gesellschafter vollstreckbaren Schuldtitels statt." Später wurde dieser Abs. 3 aus dem zweiten Entwurf zum BGB gestrichen. "Als Ersatz" sollte "im Art. 11 des Einführungsgesetzes vor dem § 671 a folgender § 671 in die Civilprozeßordnung eingestellt werden" (Jakobs /Schubert aaO, S. 297 Fn. 20):
"Zur Zwangsvollstreckung in das Gesellschaftsvermögen einer nach § 745 des Bürgerlichen Gesetzbuchs eingegangenen Gesellschaft ist ein gegen alle Gesellschafter vollstreckbares Urtheil erforderlich." Hieraus wurde schließlich die Bestimmung des § 736 ZPO.
Diese Entwicklung zeigt, daß die Regelung eine Ausprägung des Prinzips der gesamthänderischen Bindung des Gesellschaftsvermögens darstellt, mit dessen Übernahme der historische Gesetzgeber erreichen wollte, daß der einzelne Gesellschafter nicht über seinen Anteil am Gesellschaftsvermögen verfügen (§ 719 Abs. 1 BGB), daß er sich nicht durch Aufrechnung mit einer ihm nur gegen einen der anderen Gesellschafter zustehenden Forderung aus einer Verpflichtung gegenüber der Gesellschaft befreien (§ 719 Abs. 2 BGB) und daß nicht ein Gläubiger nur eines Gesellschafters in das Gesamthandsvermögen vollstrecken können soll (§ 736 ZPO). Diese Zielsetzung ist in der dem Reichstag mit dem Gesetzentwurf des BGB vom Reichsjustizamt vorgelegten Denkschrift (Denkschrift zum Entwurf eines Bürgerlichen Gesetzbuchs 1896, S. 87 f.) ausdrücklich in diesem Sinne formuliert worden. Die Regelung in § 736 ZPO stellt mithin als Ausdruck der gesamthänderischen Vermögensbindung das vollstreckungsrechtliche Pendant zu § 719 Abs. 1 BGB dar und wird treffend auch als "§ 719 Abs. 3 BGB" (Wertenbruch aaO, S. 124, 129) bezeichnet.
Das Ziel der Verhinderung einer Vollstreckung in das Gesellschaftsvermögen durch Gläubiger nur einzelner Gesellschafter wird bei Anerkennung der Parteifähigkeit der Gesellschaft mindestens ebenso gut erreicht wie bei Zulassung von Klagen nur gegen die einzelnen Gesellschafter. Es kann deshalb nicht festgestellt werden, daß die Regelung des § 736 ZPO zum Ziel hat, die Parteifähigkeit der Gesellschaft bürgerlichen Rechts im Zivilprozeß auszuschließen. Die Parteifähigkeit der Gesellschaft ist vom Gesetzgeber ebensowenig abschließend geregelt worden wie das "Wesen der Gesamthand" allgemein. Dementsprechend hat Gottlieb Planck, Generalreferent der zweiten Kommission, bereits in der im Jahre 1900 erschienenen ersten Auflage seines
Kommentars zum BGB trotz Ablehnung der Parteifähigkeit ausgeführt, die §§ 736, 859 ZPO berührten die Parteifähigkeit der Gesellschaft nicht, sie seien lediglich mit Rücksicht auf das Gesamthandsprinzip in das Gesetz aufgenommen worden (vor § 705 Anm. II 2, S. 453).

b) Kein durchgreifendes Argument gegen die Anerkennung einer Parteifähigkeit kann auch der amtlichen Begründung der CPO-Novelle zu § 670 b CPO (später § 736 ZPO) aus dem Jahre 1897 (Hahn/Mugdan, Die gesammten Materialien zu den Reichs-Justizgesetzen, 8. Band, 1898, S. 138 f.) entnommen werden. Soweit es darin heißt, die Gesellschaft könne nicht "als solche" verklagt werden, muß das nicht im Sinne einer Ablehnung der Parteifähigkeit gemeint sein. Im 19. und beginnenden 20. Jahrhundert galt der Begriff "Gesellschaft als solche" - wie Wertenbruch (aaO S. 9 ff.; 46 ff.; 132) nachgewiesen hat - als Umschreibung für juristische Person. So hieß es in Art. 231 ADHGB zur Aktiengesellschaft, diese könne "als solche" klagen und verklagt werden (vgl. auch den heutigen § 41 Abs. 1 AktG). Bei der OHG hingegen wurde der Zusatz, die Gesellschaft habe "als solche" ihre Rechte und Pflichten und ihr besonderes Vermögen, wie er noch in Art. 87 des preußischen Entwurfs zum ADHGB aus dem Jahre 1857 enthalten war, nicht in den späteren Art. 111 ADHGB (heute § 124 HGB) übernommen, weil darin eine Definition der juristischen Person zu sehen sei (vgl. Lutz, Protokolle der Kommission zur Berathung eines allgemeinen deutschen Handelsgesetzbuches 1858, S. 156). Daß die Formulierung "als solche" in bezug auf die Aktiengesellschaft die Gestaltung als juristische Person zum Ausdruck bringen soll, geht auch aus den Ausführungen von Makower (HGB Band I 13. Aufl. 1906, § 210 Anm. I a) und Flechtheim (in Düringer/Hachenburg, HGB 3. Aufl. 1934, § 210 Anm. 2) hervor.

c) Die Bestimmung des § 736 ZPO wird durch die Anerkennung der Parteifähigkeit der Gesellschaft nicht überflüssig. Versteht man die Bestimmung so, daß der Gläubiger nicht nur mit einem Titel gegen die Gesellschaft als Partei in das Gesellschaftsvermögen vollstrecken kann, sondern auch mit einem Titel gegen alle einzelnen Gesellschafter aus ihrer persönlichen Mithaftung (vgl. auch MünchKommBGB/Ulmer aaO, § 718 Rdn. 54), behält sie durchaus einen eigenständigen Regelungsgehalt. Die Rechtslage bei der Gesellschaft bürgerlichen Rechts ist insoweit anders als bei der OHG, wo gemäß § 124 Abs. 2 HGB eine Vollstreckung in das Gesellschaftsvermögen ausschließlich mit einem gegen die Gesellschaft lautenden Titel möglich ist.
4. Auch der Umstand der fehlenden Registerpublizität der Gesellschaft bürgerlichen Rechts hindert nicht die Anerkennung ihrer Parteifähigkeit. Der Senat verkennt zwar nicht, daß es wegen der fehlenden Publizität in einigen Fällen schwierig werden könnte, eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts im Prozeß so klar zu bezeichnen, daß eine eindeutige Identifizierung - vor allem auch im Vollstreckungsverfahren - möglich ist. Auch ist von außen nicht immer leicht zu ermitteln, inwieweit ein Zusammenschluß mehrerer tatsächlich als (Außen -)Gesellschaft bürgerlichen Rechts organisiert ist (vgl. K. Schmidt aaO, § 60 IV 1, S. 1806 f.). Diese Schwierigkeiten wiegen aber nicht so schwer, daß daran die Anerkennung der Parteifähigkeit scheitern müßte.
Im Aktivprozeß der Gesellschaft ist es den für die Gesellschaft auftretenden Personen ohne weiteres zumutbar, die Gesellschaft - beispielsweise durch die möglichst exakte Bezeichnung der Gesellschafter, der gesetzlichen Vertreter und der Bezeichnung, unter der die Gesellschaft im Verkehr auftritt - identifizierbar zu beschreiben. Sollte sich im Verlauf des Prozesses heraus-
stellen, daß tatsächlich keine Außengesellschaft existiert, müßte zumindest derjenige für die Prozeßkosten aufkommen, der im Namen der vermeintlichen Gesellschaft den Prozeß als deren Vertreter ausgelöst hat. Im Falle des Auftretens für eine nicht existierende Partei trägt der in deren Namen auftretende und die Existenz der Partei behauptende Vertreter als Veranlasser des unzulässigen Verfahrens die Prozeßkosten (Sen.Urt. v. 25. Januar 1999 - II ZR 383/96, ZIP 1999, 489, 491 m.w.N.). Es ist also immer zumindest eine natürliche Person als Kostenschuldner vorhanden.
Im Passivprozeß ist es wegen der persönlichen Gesellschafterhaftung für den Kläger - wie bei der OHG (vgl. Behr, NJW 2000, 1137, 1139) - praktisch immer ratsam, neben der Gesellschaft auch die Gesellschafter persönlich zu verklagen. Das kommt insbesondere dann in Betracht, wenn nicht sicher ist, ob eine wirkliche Außengesellschaft mit Gesamthandsvermögen existiert. Stellt sich während des Prozesses heraus, daß die Gesellschafter nicht als Gesamthandsgemeinschaft verpflichtet sind, sondern nur einzeln als Gesamtschuldner aus einer gemeinschaftlichen Verpflichtung schulden (§ 427 BGB), wird nur die Klage gegen die Gesellschaft - nicht aber die gegen die Gesellschafter persönlich - abgewiesen. Stellt sich erst während der Zwangsvollstreckung heraus, daß überhaupt kein Gesellschaftsvermögen vorhanden ist, bleiben dem Gläubiger noch die Titel gegen die einzelnen Gesellschafter. Es besteht also bei Annahme einer Parteifähigkeit der Gesellschaft kein Unterschied zur Situation, wie sie sich auf der Grundlage der Streitgenossenschaftslösung darstellt, denn auch hier wird zwischen der Klage gegen die Gesamthand (Gesamthandsschuldklage ) und gegen die Gesellschafter (Gesamtschuldklage) unterschieden (MünchKommBGB/Ulmer aaO, § 718 Rdn. 47 ff.; Heller aaO, S. 73 ff.). Im übrigen bleibt es dem Gesellschaftsgläubiger auch bei Anerkennung der Par-
teifähigkeit der Gesellschaft bürgerlichen Rechts unbenommen, ausschließlich die Gesellschafter persönlich in Anspruch zu nehmen. Dem Gesellschaftsgläubiger wird die Rechtsverfolgung demnach durch die Anerkennung der Parteifähigkeit in keiner Weise erschwert.

B.


Die gegen die Beklagte zu 1 gerichtete Klage ist auch begründet. Insbesondere ist die Beklagte zu 1 wechselfähig. Die Gründe, die vom Bundesgerichtshof zur Begründung der Scheckfähigkeit der Gesellschaft bürgerlichen Rechts herangezogen worden sind (BGHZ 136, 254, 257 f.), sprechen in gleichem Maße auch für deren Wechselfähigkeit (vgl. auch Flume, Allgemeiner Teil aaO, S. 108 f.; Baumbach/Hefermehl, Wechselgesetz und Scheckgesetz, 21. Aufl. Einl. WG Rdn. 20 a).
Damit erweist sich das landgerichtliche Urteil, soweit es die Verurteilung der Beklagten zu 1, 2 und 3 betrifft, im Grunde als zutreffend. Im Urteilstenor war jedoch kenntlich zu machen, daß zwischen den Ansprüchen gegen die Beklagte zu 1 einerseits und denen gegen die Beklagten zu 2 und 3 andererseits kein echtes Gesamtschuldverhältnis besteht, jedoch die Beklagte zu 1 neben den ihrerseits untereinander gesamtschuldnerisch haftenden Gesellschafterinnen wie eine Gesamtschuldnerin verpflichtet ist. Der Senat hat in seiner Entscheidung vom 27. September 1999 (BGHZ 142, 315, 318 ff.) die Frage der rechtlichen Einordnung der Gesellschafterhaftung noch offengelassen. Sie ist nunmehr in Konsequenz der Anerkennung der beschränkten Rechtsfähigkeit der Gesellschaft bürgerlichen Rechts im Sinne einer akzessorischen Haftung der Gesellschafter für die Gesellschaftsverbindlichkeiten zu entscheiden. So-
weit der Gesellschafter für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft auch persönlich haftet (BGHZ 142, 315, 318), ist der jeweilige Bestand der Gesellschaftsschuld also auch für die persönliche Haftung maßgebend. Insoweit entspricht das Verhältnis zwischen Gesellschafts- und Gesellschafterhaftung damit der Rechtslage in den Fällen der akzessorischen Gesellschafterhaftung gemäß §§ 128 f. HGB bei der OHG. Danach ist eine unmittelbare Anwendung der §§ 420 ff. BGB nicht möglich, weil kein echtes Gesamtschuldverhältnis besteht; es ist aber zu prüfen, ob unter Berücksichtigung der jeweils verschiedenartigen Interessen der Beteiligten der Rechtsgedanke der §§ 420 ff. BGB im Einzelfall zur Anwendung kommt oder nicht (BGHZ 39, 319, 329; 44, 229, 233; 47, 376, 378 ff.; 104, 76, 78). Für die Gesellschaft als originär Verpflichtete ist die entsprechende Anwendung der Gesamtschuldregeln im Verhältnis zur Gesellschafterhaftung grundsätzlich angebracht. Stehen den Gesellschaftern beispielsweise individuelle Einreden im Sinne des § 425 BGB gegen ihre persönliche Inanspruchnahme zu, wäre es nicht gerechtfertigt, daß sich auch die Gesellschaft darauf berufen könnte.

C.


Hinsichtlich der Abweisung der gegen den Beklagten zu 4 gerichteten Klage auf Haftung kraft Rechtsscheins hält das Berufungsurteil den Angriffen der Revision stand. Eine Rechtsscheinhaftung des Beklagten zu 4 für die Wechselverbindlichkeit der Beklagten zu 1 käme in Betracht, wenn er gegenüber der Klägerin in zurechenbarer Weise den Eindruck erweckt hätte, er sei selbst Mitglied der ARGE und folglich persönlich haftender Gesellschafter (vgl. BGHZ 17, 13, 15). Das Berufungsgericht ist aber zu Recht davon ausgegangen , daß die von der Klägerin dargelegten Umstände nicht den Schluß darauf zulassen, der als Architekt tätige Beklagte zu 4 sei ihr gegenüber als Gesellschafter der ARGE aufgetreten.
Insbesondere reicht es für eine solche Schlußfolgerung nicht aus, daß der Beklagte zu 4 in dem von der ARGE gegenüber der Klägerin - die als Nachunternehmerin der ARGE beauftragt war - verwendeten Briefkopf aufgeführt ist. Dieser Briefkopf ist in der Form gestaltet, daß dort unter der hervorgehobenen Überschrift "Arbeitsgemeinschaft W. " die Beklagten zu 2 und 3 - beides Gesellschaften mit beschränkter Haftung - als "Technische Geschäftsführung" (Beklagte zu 2) und als "Kaufm. Geschäftsführung" (Beklagte zu 3) sowie der Beklagte zu 4 als "Bauleitung" bezeichnet werden. Läßt sich ein Architekt in dieser Weise im Briefkopf einer bauwirtschaftlichen Arbeitsgemeinschaft aufführen, muß er nicht damit rechnen, daß bei deren Nachunternehmern , denen gegenüber der Briefkopf verwendet wird, der Eindruck entsteht , er sei selbst Gesellschafter der Arbeitsgemeinschaft. Bei "technischer Geschäftsführung", "kaufmännischer Geschäftsführung" und "Bauleitung" handelt es sich gemäß § 5 des Mustervertrages des Hauptverbandes der Deut-
schen Bauindustrie für Arbeitsgemeinschaften (ARGE-Vertrag, abgedruckt bei Burchardt/Pfülb, ARGE-Kommentar, 3. Aufl.), der seit vielen Jahren verwendet wird, im Baugewerbe weit verbreitet ist (vgl. Langen in Kapellmann/Vygen, Jahrbuch Baurecht 1999, S. 64, 69) und auch im vorliegenden Fall zur Anwendung kam, um die nach außen in Erscheinung tretenden "Organe" der in Teilen körperschaftlich strukturierten Arbeitsgemeinschaften. Es ist deshalb anzunehmen , daß der baugewerbliche Rechtsverkehr bei einer Auflistung dieser Bezeichnungen im allgemeinen an eine Benennung der Gesellschaftsorgane, nicht aber an eine Benennung der Gesellschafter denkt. Zwar trifft es zu, daß nach dem personengesellschaftsrechtlichen Grundsatz der Selbstorganschaft als technische und kaufmännische Geschäftsführer nur Personen in Frage kommen, die auch Gesellschafter sind. Es würde aber zu weit gehen, würde man dem Rechtsverkehr ein Verständnis dahingehend unterstellen, daß die Nennung von Geschäftsführung und Bauleitung in einem Briefkopf darauf schließen ließe, auch der Bauleiter müsse Gesellschafter sein. Üblicherweise wird nämlich die Bauleitung auf solche Personen übertragen, die zwar Mitarbeiter eines Gesellschafters, nicht aber selbst Gesellschafter sind (Burchardt/Pfülb aaO, § 9 Rdn. 7, 12 ff.). In diese Richtung weist im vorliegenden Fall zudem der Umstand, daß im Vertragsformular des der Hingabe des Wechsels zugrunde liegenden Nachunternehmervertrages zwischen Klägerin und Beklagter zu 1 ausdrücklich zwischen der ARGE als "Auftraggeber und Bauherr i.S. dieses Vertrages" und dem Beklagten zu 4, der unter der Rubrik "Planung und Bauleitung" aufgeführt ist, differenziert wird.
Der Umstand, daß der Beklagte zu 4 nach dem Vortrag der Klägerin sämtliche Vertragsverhandlungen mit ihr geführt und auch das streitgegenständliche Wechselakzept im Namen der Beklagten zu 1 unterschrieben hat,
reicht für die Begründung einer Rechtsscheinhaftung ebenfalls nicht aus. Der Beklagte zu 4 war Geschäftsführer der ihrerseits als technische Geschäftsführerin der ARGE eingesetzten Beklagten zu 2 und in dieser Funktion allgemein zum Abschluß von Nachunternehmerverträgen für die ARGE befugt (§ 7.45 ARGE-Vertrag). Selbst wenn die Klägerin keine Kenntnis von dieser Funktion des Beklagten zu 4 gehabt hätte, hätte dessen Handeln nicht zwangsläufig darauf schließen lassen müssen, daß er in eigener Person Gesellschafter der ARGE ist. Es wäre vielmehr auch denkbar - wenn nicht sogar naheliegender - gewesen, daß Abschluß und Abwicklung des Nachunternehmervertrages von der Geschäftsführung der ARGE auf den Bauleiter als Unterbevollmächtigten weiterdelegiert worden ist, was durchaus zulässig gewesen wäre (vgl. Burchardt/Pfülb aaO, § 9 Rdn. 9) und ebenfalls nicht zu einer persönlichen Haftung des Beklagten zu 4 geführt hätte. Der von der Revision zur Begründung der Rechtsscheinhaftung schließlich noch herangezogene Vortrag der Klägerin, wonach der Beklagte zu 4 sämtliche Bankgeschäfte der ARGE erledigt habe, vermag eine Rechtsscheinhaftung gegenüber der Klägerin schon
deshalb nicht zu begründen, weil nicht ersichtlich ist, inwiefern es sich bei einem solchen Handeln des Beklagten zu 4 gegenüber Dritten um einen im Verhältnis zur Klägerin gesetzten Rechtsschein gehandelt haben könnte.

Röhricht Henze Goette
Kurzwelly Münke

(1) Die Beiträge der Gesellschafter und die durch die Geschäftsführung für die Gesellschaft erworbenen Gegenstände werden gemeinschaftliches Vermögen der Gesellschafter (Gesellschaftsvermögen).

(2) Zu dem Gesellschaftsvermögen gehört auch, was auf Grund eines zu dem Gesellschaftsvermögen gehörenden Rechts oder als Ersatz für die Zerstörung, Beschädigung oder Entziehung eines zu dem Gesellschaftsvermögen gehörenden Gegenstands erworben wird.

(1) Hat der Täter oder Teilnehmer durch eine rechtswidrige Tat oder für sie etwas erlangt, so ordnet das Gericht dessen Einziehung an.

(2) Hat der Täter oder Teilnehmer Nutzungen aus dem Erlangten gezogen, so ordnet das Gericht auch deren Einziehung an.

(3) Das Gericht kann auch die Einziehung der Gegenstände anordnen, die der Täter oder Teilnehmer erworben hat

1.
durch Veräußerung des Erlangten oder als Ersatz für dessen Zerstörung, Beschädigung oder Entziehung oder
2.
auf Grund eines erlangten Rechts.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
1 StR 166/07
vom
Nachschlagewerk: ja
BGHSt: ja
Veröffentlichung: ja
1. Zum Zusammenhang zwischen Werbeaussage und beworbener Ware oder
Leistung als Voraussetzung strafbarer Werbung
2. Werden Kunden mittels strafbarer Werbung zu Warenbestellungen veranlasst
, sind die Kaufpreiszahlungen, welche die Kunden dafür an den Täter
oder Drittbegünstigten leisten, von diesem aus den Taten erlangt und unterliegen
– unbeschadet vorrangiger Ansprüche von Verletzten – in vollem Umfang
dem Verfall.
3. Infolge der strafbaren Werbung können den Bestellern Schadensersatzansprüche
aus unerlaubter Handlung jeweils in Höhe des gezahlten Kaufpreises
zustehen, die den Verfallsbetrag vermindern.
BGH, Urt. vom 30. Mai 2008 - 1 StR 166/07 - LG Mannheim
30. Mai 2008
in der Strafsache
gegen
1.
2.
3.
wegen strafbarer Werbung
Nebenbeteiligte:
1.
2.
3.
4.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat aufgrund der Verhandlung vom
27. Mai 2008 in der Sitzung am 30. Mai 2008, an denen teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Nack
und die Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Boetticher,
Hebenstreit,
die Richterin am Bundesgerichtshof
Elf,
der Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Graf,
Bundesanwalt beim Bundesgerichtshof
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
der Angeklagte G. persönlich - in der Verhandlung -,
Rechtsanwalt - in der Verhandlung -
und Rechtsanwalt
als Verteidiger des Angeklagten G. ,
Rechtsanwalt
als Verteidiger des Angeklagten D. ,
Rechtsanwalt und
Rechtsanwältin
als Verteidiger des Angeklagten S. ,
Rechtsanwalt
als Vertreter der Nebenbeteiligten I. ,
Rechtsanwalt - in der Verhandlung -
als Vertreter der Nebenbeteiligten O.
,
Rechtsanwalt - in der Verhandlung -
als Vertreter der Nebenbeteiligten
V. 3 C. ,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Das Urteil des Landgerichts Mannheim vom 14. Juni 2006 wird bezüglich der Angeklagten D. und S. im Schuldspruch dahin berichtigt, dass diese Angeklagten der strafbaren Werbung in 66 Fällen schuldig sind. 2. Auf die Revision der Nebenbeteiligten I. wird das vorbezeichnete Urteil aufgehoben, soweit gegen sie der Wertersatzverfall angeordnet worden ist und dabei etwaige entgegenstehende Ansprüche von Verletzten unberücksichtigt geblieben sind. 3. Die Revisionen der Angeklagten und der Nebenbeteiligten P. werden verworfen. Die Angeklagten und die Nebenbeteiligte P. haben die Kosten ihrer Rechtsmittel zu tragen. 4. Auf die Revisionen der Staatsanwaltschaft wird das oben bezeichnete Urteil im Ausspruch über den Verfall aufgehoben, soweit
a) zum Vorteil der Nebenbeteiligten I. von einem über die erfolgte Anordnung hinausgehenden Wertersatzverfall abgesehen worden ist,
b) gegen die Nebenbeteiligten O. und V. 3 C. ganz von der Anordnung des Wertersatzverfalls abgesehen worden ist.
5. Die gegen die Angeklagten und die Nebenbeteiligte P. gerichteten Revisionen der Staatsanwaltschaft werden verworfen. Die Kosten dieser Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft sowie die den Angeklagten und der Nebenbeteiligten P. hierdurch entstandenen notwendigen Auslagen fallen der Staatskasse zur Last. 6. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die verbleibenden Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten G. wegen strafbarer Werbung in sechs Fällen zur Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und zwei Monaten verurteilt. Gegen die Angeklagten D. und S. hat es wegen strafbarer Werbung in 62 Fällen auf Gesamtfreiheitsstrafen von jeweils einem Jahr und sechs Monaten erkannt und die Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt. Im Übrigen hat es die Angeklagten freigesprochen. Den Verfall von Wertersatz hat es wie folgt angeordnet: – in das Vermögen des Angeklagten G. in Höhe von 244.467,- €, – in das Vermögen des Angeklagten D. in Höhe von 100.853,- €, – in das Vermögen des Angeklagten S. in Höhe von 58.700,- €, – in das Vermögen der Nebenbeteiligten I. in Höhe von 1.498.677,- €, – in das Vermögen der Nebenbeteiligten P. in Höhe von 671.136,- €.
2
Das Landgericht hat es abgelehnt, Verfallsanordnungen gegen die Nebenbeteiligten O. und V. 3 C. zu treffen.
3
Die Staatsanwaltschaft greift das Urteil mit den zu Ungunsten der Angeklagten und sämtlicher Nebenbeteiligten eingelegten Revisionen an. Sie sind auf den Ausspruch über den Verfall beschränkt und werden auf Verfahrensrügen und die Sachbeschwerde gestützt. Die Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft haben nur hinsichtlich der Nebenbeteiligten I. , O. und 3 C V. Erfolg.
4
Den auf Verfahrensrügen und die Sachbeschwerde gestützten Revisionen der drei Angeklagten bleibt ebenso der Erfolg versagt wie der auf die nicht näher ausgeführte Sachrüge gestützten Revision der Nebenbeteiligten P. . Die Revision der Nebenbeteiligten I. , die die Verletzung formellen und materiellen Rechts geltend macht, dringt demgegenüber mit der Sachbeschwerde durch.
5
Die Revisionen der Staatsanwaltschaft hinsichtlich der Nebenbeteiligten I. , O. und 3 C V. und die Revision der Nebenbeteiligten I. führen zur Teilaufhebung des Urteils und insoweit zur Zurückverweisung der Sache. Die Feststellungen sind indessen rechtsfehlerfrei getroffen und können daher bestehen bleiben (vgl. – auch zur Tenorierung – BGH NJW 2007, 1540). Der nunmehr zur Entscheidung berufene Tatrichter kann ergänzende, hierzu nicht in Widerspruch stehende Feststellungen treffen.

I.

6
Der Verurteilung der Angeklagten wegen strafbarer Werbung und den Verfallsanordnungen liegt zugrunde, dass die Angeklagten nach Auffassung des Landgerichts für im Versandhandel tätige Gesellschaften die Versendung standardisierter Werbesendungen (sog. Mailings), die unzutreffende Gewinnmitteilungen und Geschenkversprechen enthielten, zusammen mit Warenkatalogen veranlassten und organisierten und hierdurch den Warenabsatz steigerten.
7
1. Im Einzelnen ist – soweit im Rahmen der Revisionen von Bedeutung – folgendes festgestellt:
8
a) Zu den Taten:
9
aa) Der Angeklagte G. war im Tatzeitraum vom 30. Dezember 2002 bis zum 25. Oktober 2004 Präsident des Verwaltungsrats der 1964 von seinem Vater gegründeten Nebenbeteiligten I. , einer Holdinggesellschaft, die ihren Domizilsitz in der Schweiz hat. Seit 1993 ist der Bruder des Angeklagten G. , Gi. , alleiniger Aktionär. Seit Beginn der 1980er Jahre hielt die I. alle Geschäftsanteile der in Sc. ansässigen "OM.
", die bis Mitte der 1990er Jahre als Versandhandelsunternehmen am Markt auftrat und – seit 1989 auch über eine Tochtergesellschaft – Werbesendungen mit Gewinnversprechen versandte.
10
Wegen Beanstandungen von Verbraucher- und Wettbewerbsschützern und scharfen Angriffen in den Medien erfolgten zwei Umstrukturierungen, zunächst 1997 und dann 1999. Ziel der zweiten Umstrukturierung war es, die Tätigkeit des in Sc. ansässigen Unternehmens auf diejenige eines reinen Logistikdienstleisters zu beschränken und die rechtliche Verantwortung für künftige Werbesendungen auf abhängige ausländische Domizilgesellschaften (sog. Marketinggesellschaften) zu verlagern. Dementsprechend wurden der Name des nebenbeteiligten Unternehmens in "O. " und der Unternehmensgegenstand in Erbringung sog. "Fullfillment -Dienstleistungen" geändert. Die Konzeption von Werbesendungen wurde nunmehr von einer anderen Gesellschaft durchgeführt, der Se. , deren Anteile treuhänderisch für die I. gehalten wurden. Die Se. übernahm die hierfür zuständigen Mitarbeiter der Marketingabteilung der O. und mietete Büroräume in deren Gebäude in Sc. an.
11
Im Interesse der bzw. für die I. wurden im Ausland Gesellschaften gegründet oder bereits bestehende Gesellschaften "aktiviert", die im Versandhandel mit fünf Kataloglinien nach außen auftraten und unter deren Firma die Werbesendungen mit beigefügten entsprechenden Warenkatalogen verschickt wurden. Die ausländischen Gesellschaften wurden zweimal – ab 2001 und ab 2004 – durch andere ersetzt, als es Empfängern von Werbesendungen jeweils gelang, Vollstreckungstitel gegen sie zu erstreiten und Vollstreckungsmaßnahmen einzuleiten. Im Jahr 2000 hatte der Gesetzgeber mit § 661a BGB einen Leistungsanspruch des Verbrauchers aus Gewinnzusagen geschaffen, so dass sich die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen geändert hatten.
12
Im Zeitraum von 2001 bis 2003 traten folgende ausländische Gesellschaften auf: Unter Angabe der Firma der in Florenz gegründeten SVD wurden die Kataloglinien "Sch. & G. " und "P. B. " vertrieben. Absender der Kataloglinien "He. " und "Vi. " war die EMO mit Sitz in London. Werbesendungen der Kataloglinie "K. & L. " wurden unter Angabe der Firma VH mit Sitz in Paris verschickt. Im Zeitraum ab 2004 traten folgende ausländische Gesellschaften auf: Die Kataloglinie "Sch. & G. " wurde mit der Absenderangabe der Gesellschaft "D. M. C. mit - angeblichem - Sitz in Mailand vertrieben, die aber unter der angegebenen Firma nie errichtet worden war. Absender der Kataloglinien "He. " und "Vi. " war die niederländische B. . Der Versand der Werbesendungen der Kataloglinie "K. & L. " erfolgte unter der Absenderangabe der Nebenbeteiligten 3 C V. mit Sitz in Paris. Die ausländischen Gesellschaften hatten ganz überwiegend weder eigenes Personal noch eigene Räumlichkeiten. Die Konzeption der Werbesendungen für den Versandhandel wurde von der Se. entwickelt; die logistische Abwicklung erfolgte durch die O. . Allein die 3 C V. verfügte über Geschäftsräume im elsässischen L. und beschäftigte mehrere Mitarbeiter; die technische Abwicklung des Versandhandels erfolgte aber auch hier über die O. .
13
bb) Über die ausländischen Gesellschaften veranlassten und organisierten die Angeklagten die Versendung von Werbesendungen für die fünf Kataloglinien an Verbraucher, darunter die der Verurteilung zugrunde liegenden 66 Werbesendungen, die vom 30. Dezember 2002 bis zum 25. Oktober 2004 in einer Auflage von minimal 60.470 und maximal 700.936 Stück ausgesandt wurden. Die Schriftstücke enthielten standardisierten Text, in den die von der Abteilung Adressmarketing der O. selektierten Adressdaten eingedruckt waren; ihnen wurden die Warenkataloge der Kataloglinien beigefügt. Der Kundenstamm bestand vorwiegend aus älteren Personen mit geringem Bildungsniveau.
14
Die Werbesendungen enthielten – so das Landgericht – unzutreffende Gewinnmitteilungen und Geschenkversprechen, da die bezeichneten Gewinne und Geschenke nicht ausgekehrt wurden. Soweit behauptet wurde, es habe eine Vorabziehung eines Geldpreises stattgefunden, traf dies nicht zu oder es waren die gezogenen Gewinnnummern und -namen vernichtet worden. Soweit behauptet wurde, der Empfänger sei ein ausgesuchter "Gewinnberechtigter", der bei einer "Jackpotziehung" aufgrund seiner Gewinnnummer die Chance auf einen Gewinn habe, war dieselbe Gewinnnummer allen Empfängern zugeteilt worden, so dass der auf einen "Spieler" entfallende Gewinnanteil erwartungsgemäß unter der in den Teilnahmebedingungen jeweils festgelegten "Mindestgewinnsumme" von 1,50 € bis zu 5,- € lag. Soweit schließlich behauptet wurde, die Gewinnauskehrung würde im Rahmen einer Jahresendziehung erfolgen, fand hierbei keine Zufallsselektion statt, sondern wurden die Kunden mit den höchsten Umsätzen als "Gewinner" ausgewählt. Waren wertvolle Geschenke (Marken-Fernsehgeräte, -Videorekorder etc.) ausgelobt worden, so wurde der Warenlieferung nur "wertloser Plunder" mit einem Maximalwert von 3,- € beigelegt. War die Mitteilung enthalten, für den Empfänger sei ein – näher beschriebenes – Geschenk "reserviert" (sog. zweistufige Geschenkvergaben), erhielt der Besteller mit der ersten Warenlieferung überhaupt nichts. Ihm wurde hierbei lediglich mitgeteilt, er könne das Geschenk erhalten, wenn er nochmals eine Bestellung aufgebe. Der zweiten Warenlieferung wurde sodann ein solches beigegeben, welches allerdings bezogen auf die Anpreisung minderwertig war.
15
Die optische Gestaltung der Werbesendungen erfolgte in der Weise, dass der Empfänger nur die Anpreisung der Gewinne und Geschenke, nicht aber die Anpreisung einschränkende Aussagen wahrnehmen sollte. Die in Aus- sicht gestellte Chance, einen Gewinn zu erhalten, war nicht an den Erwerb der gleichzeitig angebotenen Waren gebunden. Die Übersendung der ausgelobten Geschenke wurde regelmäßig von einer Warenbestellung mit einem Mindestbestellwert von 15,- € abhängig gemacht. Nach den auf dem Bestellformular abgedruckten Bedingungen waren die Kunden berechtigt, die Waren binnen einer Frist von 30 Tagen zu testen ("Test-Anforderung") und bei Nichtgefallen zurückzusenden ("Kauf auf Probe"), wobei die Rückgabe mit (Versand-)Kosten verbunden war.
16
Exemplarisch kann auf folgende Werbesendung verwiesen werden, die unter dem "Betreff: Gewinnauszahlung 5.800 Euro!" folgendes persönliches Schreiben enthielt (UA S. 51): „Sehr geehrter Herr …, soeben komme ich aus der Buchhaltung, wo ich eigentlich Ihren Gewinnscheck aus der März-Vergabe abholen wollte, denn ich dachte, ich könnte Ihren Scheck gleich diesem Brief an Sie beilegen. Aber Sie wissen ja, wie Buchhalter so sind: immer muss alles 200%ig sein, bevor sie Bargeld oder Schecks aus der Hand geben. Und wehe, es fehlt eine Unterschrift oder ein Stempel! Also, Herr … Die Sache ist folgendermaßen: Herr H. , unser Chefbuchhalter, hat mir noch einmal bestätigt, dass es keinen Zweifel an Ihrem Bargeldgewinn gibt und dass mit der Auszahlung an Sie auch alles in Ordnung ist (die interne Aktennotiz habe ich Ihnen beigelegt). Es gibt also keinen Grund zur Beunruhigung. Allerdings hat er von der internen Firmenrevision natürlich seine Vorgaben , wie Auszahlungen ordnungsgemäß zu verbuchen sind, und da fehlt jetzt eben noch der unterschriebene Auszahlungs-Beleg von Ihnen, Herr …! Daher habe ich nun alle Unterlagen vorbereitet und möchte Sie bitten, den beigelegten Auszahlungs-Beleg schnell zu unterschreiben und um- gehend zurückzuschicken. Dann kann die Auszahlung an Sie bereits in den nächsten Tagen über die Bühne gehen. … Herr H. und ich würden uns übrigens freuen, wenn Sie uns in diesem Zusammenhang auch wieder einmal mit einer kleinen Bestellung beauftragen würden. … Ich möchte Sie wirklich zu nichts überreden, aber wenn Sie sich ohnehin etwas aus unserem aktuellen Angebot aussuchen möchten, könnte ich Ihre Sendung gleich mit anderen Lieferungen rausschicken."
17
Dass der Empfänger noch nicht gewonnen hatte, sondern nur an einem Gewinnspiel teilnehmen werde, ergab sich hier aus optisch schwer zugänglichen "Vergabe-Bedingungen" auf der Rückseite des "Auszahlungs-Belegs". Ein solches Gewinnspiel fand jedoch, wie von den Angeklagten beabsichtigt, überhaupt nicht statt. Des Weiteren enthielt dieselbe Werbesendung auf einem gesonderten Blatt für den Fall eines Mindestbestellwerts von 15,- € folgendes Geschenkversprechen über eine Damenuhr (UA S. 52): "Ein Hauch von Luxus – unser Dankeschön der Extraklasse für Sie … Für Sie GRATIS statt 29,95".
18
Tatsächlich erhielt der Kunde eine Uhr, die in Hongkong für einen Einkaufspreis von 1,80 US-$ beschafft worden war.
19
cc) Der Angeklagte D. , der bis Ende 2003 Geschäftsführer der O. war, hatte im gesamten Tatzeitraum die Entscheidungsgewalt auch bei der Se. , und zwar sowohl in allen Konzeptionsgesprächen für die einzelnen Werbesendungen als auch in allen die ausländischen Gesellschaften betreffenden fachlichen Fragen. Die Geschäftsführerin der Se. führte seine Anweisungen aus. Dem als Rechtsanwalt tätigen Angeklagten S. wurden sämtliche Werbesendungen zur rechtlichen Prüfung vorgelegt. Er wirkte an deren inhaltlicher Gestaltung mit; insoweit hatte er das "letzte Wort". Außerdem hatte er maßgeb- lichen Anteil an der Gründung und Steuerung der ausländischen Gesellschaften. Dass der Angeklagte G. an der Konzeption der einzelnen Werbesendungen beteiligt war, hat die Strafkammer nicht festgestellt. Im Interesse der I. steuerte er allerdings "die operative Tätigkeit der zur I. - Gruppe gehörenden Unternehmen … und (gab) die strategische Richtung" vor; er schuf "den unternehmerischen Rahmen für die Anfertigung und Versendung der auch von ihm gewollten Werbesendungen der hier relevanten Art" (UA S. 110). Der Angeklagte G. traf die Entscheidungen, die Kataloglinien unter der Absenderangabe der jeweiligen ausländischen Gesellschaft zu vertreiben , und erteilte die entsprechenden Weisungen zur "Installierung" und Nutzung der sechs Gesellschaften SVD, EMO, VH , DMC, B. und 3 C V. , unter deren Firmen die verfahrensgegenständlichen Werbesendungen verschickt wurden.
20
Die Angeklagten wussten, dass die Gewinne und Geschenke nicht ausgekehrt würden. Dessen ungeachtet wollten sie durch die Werbesendungen den Eindruck der Großzügigkeit und Kundenfreundlichkeit sowie den Anschein eines besonders günstigen Warenangebots hervorrufen. Sie wollten insbesondere ältere Empfänger beirren, um den Warenabsatz im Versandhandel zu fördern. Die Angeklagten gingen aufgrund mehrjähriger Erfahrungen davon aus, dass der Warenabsatz durch die Gewinnmitteilungen und Geschenkversprechen gefördert werden konnte (UA S. 28) und – so die Notiz über eine Besprechung unter anderem der Angeklagten G. und D. – "dieses Geschäft im Wesentlichen ohne Gewinnspiele nicht läuft" (UA S. 122). Die Angeklagten G. und D. vertrauten allerdings auf die Versicherung des Angeklagten S. , die Werbesendungen, wenngleich sie gegebenenfalls wettbewerbswidrig seien, überschritten die Grenze der Strafbarkeit nicht.
21
b) Zum Verfall:
22
Die ausländischen Gesellschaften hatten zunächst von Mitarbeitern der Buchhaltungsabteilung der O. verwaltete Girokonten gehabt. Nach Einführung der Vorschrift des § 661a BGB im Jahr 2000 entschied der Angeklagte G. auf Rat des Angeklagten S. , die Umsatzerlöse im Interesse der I. über eine weitere Gesellschaft "abzusichern", um sie dem Zugriff etwaiger den Leistungsanspruch aus Gewinnzusagen einklagender Kunden zu entziehen. Dementsprechend gründete der Angeklagte S. die F. , deren Geschäfte im Auftrag des Angeklagten G. und in enger Absprache mit den Angeklagten D. und S. geführt wurden. Indem für die F. eingerichtete Konten auf den für die Warenbestellungen ausgegebenen Rechnungs- und Zahlungsformularen aufgedruckt wurden, wurde nunmehr der gesamte Zahlungsverkehr der ausländischen Gesellschaften über die F. abgewickelt.
23
Im Zeitraum vom 1. Januar 2003 bis zum 4. November 2004 gingen auf Konten der F. Zahlungen von Kunden der ausländischen Gesellschaften in Höhe von insgesamt ca. 149 Mio. € ein, wovon ca. 92 Mio. € ("abgerundet 60%") auf Konten der O. weitergeleitet wurden. Aufgrund sämtlicher im nämlichen Zeitraum zum Versand gegebener Werbesendungen bestellten Kunden bei den ausländischen Gesellschaften Waren für insgesamt ca. 177 Mio. €, wovon 68.006.573,36 € ("= 38%") auf die der Verurteilung zugrunde liegenden 66 Werbesendungen entfielen. Ausgehend von diesem Bestellvolumen für die abgeurteilten Taten hat die Strafkammer durch Abzug eines Sicherheitsabschlags für Forderungsausfälle und Retouren von 20% den entsprechenden Umsatzerlös mit 54.405.258,- € berechnet. Den Anteil, der hiervon an die O. weitergeleitet wurde, hat die Kammer auf 60%, somit 32.643.155,- €, geschätzt. Sie hat insoweit unter Zugrundelegung einer Quote von 5,34% – diese ist dem Jahresabschluss 2003 der O. als Verhältnis des Betriebsgewinns zur Gesamtleistung des Betriebes entnommen – einen Gewinn von 1.743.144,- € ermittelt. Über das Vermögen der O. ist mittlerweile das Insolvenzverfahren eröffnet.
24
In dem benannten Zeitraum leistete die O. an die I. insgesamt 2.300.763,01 € aus eigenen Mitteln. Darin enthalten war der Gewinn aus den abgeurteilten Taten, welchen die O. unverkürzt an die I. weiterleitete. Im Jahr 1999 hatte die I. als damals einzige Gesellschafterin der O. eine Gewinnausschüttung in Höhe von mindestens 16 Mio. DM an sich selbst beschlossen. Da die O. hierzu finanziell nicht imstande war, stundete ihr die I. den Ausschüttungsbetrag; im Gegenzug verpflichtete sich die O. , den Betrag mit jährlich 6% zu verzinsen. Von Seiten der der O. Kredit gewährenden Volksbank wurden diese als Darlehen bezeichneten vertraglichen Regelungen nicht anerkannt.
25
Der Angeklagte G. erhielt Ende Dezember 2003 von der I. einen Betrag von 1 Mio. SFr. (umgerechnet 643.335,05 €). Hiervon waren mindestens 244.467,- € Tatentgelt für die abgeurteilten Taten; dies entspricht dem Anteil von 38% des auf die abgeurteilten Taten entfallenden Bestellvolumens, bezogen auf das Bestellvolumen sämtlicher im nämlichen Zeitraum verschickter Werbesendungen.
26
Der Angeklagte D. erhielt in den Jahren 2003 und 2004 für seine Mitwirkung an der Verwaltung der ausländischen Gesellschaften und an der Konzeption der Werbesendungen insgesamt ein Entgelt von 265.402,82 €, wovon 38%, damit 100.853,- €, auf die abgeurteilten Taten entfielen. Dem Angeklagten S. wurden von den ausländischen Gesellschaften für die Mitwirkung an ihrer Verwaltung und für die rechtliche Prüfung der Werbesendungen tatbezogene Honorare von 58.700,- € gezahlt (38% von 154.473,74 €). Daneben wurden von Konten der F. insgesamt 28.484.315,86 € auf das Geschäftskonto der Rechtsanwaltssozietät Sch. & S. – der Angeklagte S. ist Sozius – transferiert. In der Folge wurden Rechnungen der Lieferanten der ausländischen Gesellschaften von diesem Konto bezahlt. "Auf diese Weise" wurden weitere 19.560.762,38 € auf Konten der O. weitergeleitet (UA S. 142).
27
Die Adressdaten sämtlicher Kunden der ausländischen Gesellschaften waren zentral auf dem Server der O. gespeichert und wurden von Mitarbeitern der Abteilung "Adressmarketing" verwaltet. Aus dem Bestand wurden dabei jeweils die Daten derjenigen Empfänger von Werbesendungen gelöscht, die für eine gewisse Zeit keine Bestellungen aufgegeben hatten (UA S. 105). Auf Anweisung der Angeklagten G. und D. wurden die Adressdaten über die zu diesem Zweck im Interesse der I. gegründete Nebenbeteiligte P. an externe Unternehmen "vermietet". In dem benannten Zeitraum erzielte die P. hieraus Einnahmen von mindestens 1.766.147,- €, wovon mindestens 38%, damit 671.136,- €, auf die abgeurteilten Taten entfielen.
28
Zur Höhe der von der 3 C V. erlangten "Vermögensvorteile" aus den abgeurteilten Taten hat die Strafkammer keine Feststellungen zu treffen vermocht.
29
2. Die Strafkammer hat die Feststellungen rechtlich wie folgt gewürdigt:
30
a) Zu den Taten:
31
Die Versendung der Werbesendungen zusammen mit den Warenkatalogen hat sie als strafbare Werbung nach § 4 Abs. 1 UWG aF und nach § 16 Abs. 1 UWG nF gewertet. Dass sich die unwahren und zur Irreführung geeigneten Angaben in den Werbesendungen nicht ausdrücklich auf die zugleich angebotenen Waren bezogen, sei unschädlich, weil insoweit der zumindest bestehende wirtschaftliche Zusammenhang ausreiche. Die Angeklagten hätten als Mittäter (§ 25 Abs. 2 StGB) gehandelt. Die Angeklagten D. und S. hätten durch ihren Einfluss auf die Konzeption jeder der Werbesendungen jeweils eine eigenständige Tat begangen. Die maßgeblichen Tatbeiträge des Angeklagten G. , dessen Beteiligung an der Konzeption der einzelnen Werbesendungen nicht festgestellt worden ist, hat die Kammer darin gesehen, dass er jeweils die Gründung bzw. Nutzung der sechs ausländischen Gesellschaften zum Zwecke des Versands der Kataloglinien einschließlich der Werbesendungen veranlasste. Sie hat ihn deshalb wegen sechs Taten verurteilt.
32
Weiterhin hat die Kammer angenommen, die Angeklagten G. und D. hätten in einem Verbotsirrtum (§ 17 StGB) gehandelt, weil sie auf die Angaben des Angeklagten S. zur Straflosigkeit der Werbesendungen vertraut hätten. Allerdings sei der Verbotsirrtum für beide vermeidbar gewesen, da sie es versäumt hätten, die Rechtsmeinung eines unparteiischen Rechtskundigen einzuholen.
33
b) Zum Verfall:
34
Die Kammer hat zunächst die ausländischen Gesellschaften als aus den Taten Bereicherte angesehen, die im Sinne von § 73 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 StGB unmittelbar eine erhöhte Chance dahin erlangt hätten, dass durch die Werbesendungen die Empfänger zur Aufgabe einer Bestellung veranlasst wurden. Von einer Verfallsanordnung gegen die 3 C V. hat sie gleichwohl nach § 73c Abs. 1 Satz 2 StGB abgesehen, weil dieser "Wettbewerbsvorteil" letztlich an die I. verschoben und dort abgeschöpft wurde. Weitere "Vermögensvorteile" aus hiesiger Werbung hätten indessen nicht festgestellt werden können (UA S. 156).
35
Auch gegen die O. hat die Kammer den (Wertersatz-)Verfall nicht angeordnet. Zwar sei der von den ausländischen Gesellschaften erlangte Wett- bewerbsvorteil an die O. im Sinne von § 73 Abs. 3 StGB verlagert worden. Dessen – im Wege der Schätzung zu bemessender (§ 73b StGB) – wirtschaftlicher Wert entspreche dem Gewinn, den die O. aus der Abwicklung der Bestellungen erzielt habe, damit dem Betrag von 1.743.144,- €, so dass die Voraussetzungen des Wertersatzverfalls nach § 73a StGB insoweit vorlägen. Die Kammer hat von dessen Anordnung jedoch nach § 73c Abs. 1 Satz 2 StGB abgesehen , weil dieser Gewinn in voller Höhe an die I. weiter verschoben wurde. Im Übrigen würde eine Verfallsanordnung die Insolvenzmasse schmälern, die ohnehin "voraussichtlich" nicht ausreichen werde, um alle Gläubiger zu befriedigen.
36
Die Anordnung des Wertersatzverfalls gegen die I. erfasst nach Auffassung der Kammer einen Teilbetrag von 1.498.677,- €. Dieser entspreche dem durch die O. erzielten und unverkürzt weitergeleiteten Gewinn, der um das anteilige Tatentgelt des Angeklagten G. zu reduzieren sei. Die im Jahr 1999 zwischen der I. und der O. abgeschlossene, als Darlehen bezeichnete Vereinbarung führe nicht zu einer unbemakelten Forderung, welche die Anwendung von § 73 Abs. 3 StGB ausschließe (UA S. 150). Zivilrechtliche Ansprüche von geschädigten Kunden im Sinne von § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB seien nicht ersichtlich (UA S. 151). In Höhe des an den Angeklagten G. gezahlten Tatentgelts hat die Kammer von der Verfallsanordnung nach § 73c Abs. 1 Satz 2 StGB abgesehen, weil "andernfalls mehr abgeschöpft würde, als … tatsächlich erlangt" worden sei (UA S. 153).
37
Gegen den Angeklagten G. hat die Kammer den Wertersatzverfall in Höhe des Tatentgelts von 244.467,- € angeordnet. Sie hat es abgelehnt, darüber hinaus die Einnahmen der I. als relevante Vermögensmehrung beim Angeklagten G. zu bewerten. Auch hinsichtlich der Angeklagten D. und S. hat die Kammer jeweils den Wert des Tatentgelts von 100.853,- € bzw. 58.700,- € für verfallen erklärt. Beim Angeklagten S. hat die Kammer den Betrag von 28.484.315,86 € nicht berücksichtigt, der dem Geschäftskonto der Rechtsanwaltssozietät Sch. & S. von Konten der F. zufloss.
38
Die P. habe aus der "Vermietung" der durch strafbare Werbung erlangten (§ 73 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 StGB) Adressdaten der ausländischen Gesellschaften Einnahmen von anteilig 671.136,- € erzielt, die als gezogene Nutzungen im Sinne von § 73 Abs. 2 Satz 1 StGB dem Wertersatzverfall (§ 73a StGB) unterlägen.

II.

39
Bezüglich der Angeklagten D. und S. kann der Senat den Schuldspruch – wie geschehen – anhand der Urteilsgründe berichtigen. Im Hinblick auf die Anzahl der diesen Angeklagten zuzurechnenden Taten – 66 anstatt 62 Fälle – handelt es sich um ein offensichtliches Fassungsversehen im Urteilstenor (vgl. BGH, Beschl. vom 5. April 2000 – 3 StR 75/00; Beschl. vom 5. September 2001 – 1 StR 317/01).

III.

40
Revisionen der Angeklagten:
41
Den Revisionen der drei Angeklagten bleibt der Erfolg versagt.
42
1. In sachlich-rechtlicher Hinsicht ohne Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten ist die Verurteilung wegen strafbarer Werbung in sechs bzw. 66 Fällen.
43
a) Das Landgericht hat zutreffend angenommen, dass die Versendung der Werbesendungen zusammen mit den Warenkatalogen die tatbestandlichen Voraussetzungen des – bis zum 7. Juli 2004 gültigen – § 4 Abs. 1 UWG aF und des – seither gültigen – § 16 Abs. 1 UWG nF erfüllt.
44
aa) Dass es sich bei den Werbesendungen, die jeweils standardisierten Text enthielten und mit Hilfe von Adressdatenbanken in Auflagen von zumindest 60.470 Stück an die Empfänger verschickt wurden, um Mitteilungen handelte , die für einen größeren Kreis von Personen bestimmt waren, bedarf keiner näheren Begründung.
45
bb) Die Angaben in den Werbesendungen waren nach einem objektiven Maßstab unwahr.
46
Ohne beschwerenden Rechtsfehler hat das Landgericht im Hinblick auf die Gewinnmitteilungen darauf abgestellt, dass eine Chance der Empfänger, bei einem Gewinnspiel einen Geld- oder sonstigen Preis zu erhalten, tatsächlich nicht bestand und daher nur vorgetäuscht war. Hinzu kommt, dass – über die Bewertung des Landgerichts hinaus – bei den einzelnen Gewinnmitteilungen unwahre Angaben schon deswegen gegeben sind, weil der Text nur so verstanden werden kann, dass der Empfänger bereits den Preis gewonnen hatte. Die Unwahrheit derartiger Angaben kann nicht ohne weiteres dadurch beseitigt werden, dass an anderer Stelle – etwa in optisch schwer zugänglichen "Vergabe -Bedingungen" auf der Rückseite eines sog. "Auszahlungs-Belegs" (UA S. 52) – Gegenteiliges behauptet wird (vgl. BGH NJW 2002, 3415; OLG Celle NStZ-RR 2005, 25). Weil die Angeklagten durch den verkürzten rechtlichen Ansatz des Landgerichts nicht beschwert sein können, kommt es in diesem Zusammenhang hierauf allerdings nicht an.
47
Zutreffend ist das Landgericht davon ausgegangen, dass auch die Geschenkversprechen unwahre Angaben enthielten. Denn die der Warenlieferung tatsächlich beigelegten Gegenstände entsprachen nicht den ausgelobten Geschenken (Marken-Fernsehgeräte, -Videorekorder etc.); vielmehr handelte es sich um "wertlosen Plunder". Für die sog. zweistufigen Geschenkvergaben ergibt sich die Unwahrheit insbesondere auch daraus, dass die Wendung, ein näher beschriebenes Geschenk sei "reserviert", in den Werbesendungen sinnentstellt verwendet wurde; hiermit sollte offensichtlich lediglich verbrämt werden, dass ein – noch dazu minderwertiges – Geschenk erst einer zweiten Warenlieferung beigegeben wurde.
48
cc) Aus der Unwahrheit der für die Werbeaussage zentralen Angaben ergab sich hier, dass diese aufgrund ihres – insoweit maßgeblichen (vgl. BGHSt 2, 139, 145; BGHR UWG § 4 [aF] Irreführung 1; Diemer in Erbs/Kohlhaas , Strafrechtliche Nebengesetze 168. Lfg. § 16 UWG Rdn. 32a) – Gesamteindrucks zur Irreführung geeignet waren. Darauf, ob die Empfänger tatsächlich einem Irrtum unterlegen waren, kommt es hingegen nicht an (Bornkamm in Hefermehl /Köhler/Bornkamm, UWG 26. Aufl. § 16 Rdn. 9). Hinzu kommt, dass der Kundenstamm, an den sich die Werbesendungen richtete, vorwiegend aus älteren Personen mit geringem Bildungsniveau bestand, die für die bezeichneten, Großzügigkeit und Kundenfreundlichkeit vortäuschenden Werbeaussagen besonders empfänglich waren (zur Maßgeblichkeit der von der Werbung konkret angesprochenen Zielgruppe für das Verbraucherleitbild vgl. nur Köhler in Hefermehl /Köhler/Bornkamm aaO § 1 Rdn. 20, 27 m.w.N.). Die Werbesendungen waren darauf angelegt, diesen Personen den Eindruck zu vermitteln, der jeweilige Empfänger sei gegenüber anderen Warenbestellern privilegiert (vgl. BGH NJW 2002, 3415, 3416).
49
dd) Die Annahme des Landgerichts, dass sich die Angaben nicht auf persönliche Verhältnisse, Eigenschaften oder Motive des Werbenden, sondern auf geschäftliche Verhältnisse im Sinne von § 4 Abs. 1 UWG aF bezogen, entspricht gefestigter Rechtsprechung (vgl. BGHSt 36, 389, 392; BGH NJW 2002, 3415, 3416; Kempf/Schilling wistra 2007, 41, 45). Daher wirkt sich hier nicht aus, dass der Gesetzgeber dieses Tatbestandsmerkmal in § 16 Abs. 1 UWG nF nicht übernommen hat (vgl. hierzu einerseits Bornkamm aaO § 16 Rdn. 8; andererseits Diemer aaO Rdn. 19, 39 ff.).
50
ee) Entgegen der in den Revisionen der Angeklagten G. und S. geäußerten Auffassung fehlt es ebenso wenig an einem Zusammenhang zwischen den unwahren und zur Irreführung geeigneten Angaben in den Werbesendungen und den (Waren-)Angeboten.
51
(1) Das Erfordernis eines Zusammenhangs zwischen Werbung und beworbener Ware oder Leistung ist zwar im Gesetzeswortlaut nicht ausdrücklich niedergelegt, ergibt sich aber aus der Voraussetzung in § 4 Abs. 1 UWG aF und § 16 Abs. 1 UWG nF, dass der Täter in der Absicht handelt, den Anschein eines besonders günstigen Angebots hervorzurufen (vgl. nur Rengier in Fezer, UWG § 16 Rdn. 98). Ein solcher Zusammenhang ist unzweifelhaft gegeben, wenn im Sinne eines rechtlichen Zusammenhangs der in der Werbeaussage versprochene Vorteil vom beabsichtigten Erwerbsgeschäft abhängig gemacht wird, so dass eine Kopplung der – vermeintlichen – Vorteilserlangung an die Bestellung der beworbenen Ware bzw. an die Inanspruchnahme der beworbenen Leistung vorliegt (vgl. BGH NJW 2002, 3415, 3416: "im Sinne einer vertraglichen Gegenleistung" ; ferner zur Wettbewerbswidrigkeit BGHZ 147, 296, 302 [GewinnZertifikate ]; 151, 84 [Kopplungsangebot I]; BGH WRP 2002, 1259 [Kopplungsangebot II]). In dieser Fallkonstellation versteht sich von selbst, dass das Angebot des Werbenden neben der Ware oder Leistung auch den weiteren Vorteil umfasst. Der Kunde, der eine bestimmte Ware zu einem bestimmten Preis kauft, erwirbt dann nicht nur diese Ware, sondern etwa auch eine Gewinnchance. Ob die Anwendung von § 4 Abs. 1 UWG aF und § 16 UWG nF insoweit auf diese Fallkonstellation beschränkt ist, hat der Bundesgerichtshof zuletzt in der sog. "Kaffeefahrtenentscheidung" ausdrücklich offen gelassen; freilich hat er zugleich Gründe dafür erörtert, dass auch ein sog. wirtschaftlicher Zusammenhang ausreichen könnte (BGH NJW aaO unter kritischer Bewertung von OLG Hamm WRP 1963, 176; OLG Köln MDR 1964, 1028). Denn der Unternehmer setzt die Anpreisung der weiteren geldwerten Vorteile als Werbemaßnahme zur Förderung seines Absatzes ein, aus deren Erlös wiederum die Kosten der Werbung zu finanzieren sind (BGH NJW aaO).
52
Für Fälle der vorliegenden Art entscheidet der Senat die Rechtsfrage nunmehr dahin, dass ein rechtlicher Zusammenhang nicht zwingend erforderlich ist, es also keiner strikt auf das beabsichtigte Erwerbsgeschäft bezogenen sachlichen Verknüpfung des angepriesenen Vorteils bedarf (ebenso Brammsen in MünchKomm-UWG § 16 Rdn. 44; a.A. Rengier aaO Rdn. 98 ff.; Rose wistra 2002, 370, 374 [mit – unzutreffendem – Hinweis auf BGHSt 36, 389]). Eine solche Einschränkung des Tatbestands der strafbaren Werbung läge bereits nach dem Gesetzeswortlaut fern, der lediglich an den beabsichtigten Anschein der Günstigkeit des Angebots anknüpft. Der Gesetzeswortlaut legt vielmehr nahe, dass jeder – vermeintliche – Vorteil genügt, der das Angebot in einem besonders günstigen Licht erscheinen lassen soll (vgl. Bornkamm aaO § 16 Rdn. 17). Von Bedeutung ist in Fällen der vorliegenden Art insoweit nur, ob der angepriesene geldwerte Vorteil mit der Ware oder Leistung als einheitliches Angebot zu qualifizieren ist. Aber auch nach dem Gesetzeszweck ist eine weitergehende Einschränkung des Anwendungsbereichs nicht gerechtfertigt. Denn Schutzzweck des § 4 Abs. 1 UWG aF und des § 16 Abs. 1 UWG nF ist in erster Linie der Verbraucherschutz. Der Verbraucher soll vor zweckverfehltem und – im Vorfeld der Betrugsstrafbarkeit nach § 263 StGB – vermögensschädigendem Mitteleinsatz bewahrt werden (vgl. Bornkamm aaO § 16 Rdn. 2; Piper in Piper /Ohly, UWG 4. Aufl. § 16 Rdn. 4); nur wenn er seine Entscheidung auf zutreffender Tatsachengrundlage treffen kann, wird er auch seiner marktregulierenden Funktion gerecht (vgl. Alexander WRP 2004, 407, 411). Vor dem Hintergrund dieses Schutzzwecks ist nicht ersichtlich, warum gerade die Fälle aus dem Anwendungsbereich der Strafnorm ausgenommen werden sollten, in denen mit bewusst undurchsichtig gehaltenen Paketen aus Waren bzw. Leistungen und sonstigen tatsächlich nicht vorhandenen Vorteilen geworben wird. Unter Schutzzweckgesichtspunkten scheint in diesen Fällen vielmehr die Gefahr für die Dispositionsfreiheit der Verbraucher hoch.
53
Für die Frage, ob ein einheitliches Angebot gegeben ist, ist maßgeblich der – vom Täter intendierte – Gesamteindruck der Werbeaussage auf die Adressaten. Dieser Maßstab ist im Übrigen auch für den die Irreführung regelnden zivilrechtlichen Tatbestand des § 5 Abs. 1 UWG anerkannt (vgl. nur Bornkamm aaO § 5 Rdn. 2.90 m. umfangreichen Nachw. aus der Rspr.). Dabei kommt es im Sinne eines wirtschaftlichen Zusammenhangs entscheidend darauf an, dass nach den Vorstellungen des Täters ("Absicht") die Entscheidung des Adressaten für das Erwerbsgeschäft unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten von dem angepriesenen geldwerten Vorteil beeinflusst wird. Es liegt nahe, dass ein Interessent einen Gewinnvorteil oder ein Geschenkversprechen mit dem Warenangebot zusammen sehen und insgesamt von einem günstigen Angebot ausgehen wird (vgl. BGH NJW 2002, 3415, 3416).
54
(2) Gemessen an den dargelegten Anforderungen hat das Landgericht den Zusammenhang zwischen Werbesendungen und zugleich angebotener Ware rechtsfehlerfrei bejaht.
55
Soweit die Übersendung der ausgelobten Geschenke von einer Warenbestellung mit einem Mindestbestellwert abhängig gemacht wurde, liegt bereits ein rechtlicher Zusammenhang vor. Darauf, dass entsprechend dem Bestellformular ("Test-Anforderung") die Kunden berechtigt waren, die Waren binnen einer näher bestimmten Frist zurückzusenden, kommt es nicht an. Denn auch mit der Vereinbarung eines Kaufs auf Probe – hier entgegen der Auslegungsregel des § 454 Abs. 1 Satz 2 BGB unter der auflösenden Bedingung der fristgerechten Missbilligung – ist ein Kaufvertrag abgeschlossen (vgl. nur Weidenkaff in Palandt, BGB 67. Aufl. § 454 Rdn. 8). Damit standen mit der Warenbestellung Leistung und Gegenleistung bereits in einem synallagmatischen Austauschverhältnis , an dem nach den vertraglichen Absprachen auch das Geschenkversprechen teilnahm. Die Möglichkeit der Kunden, nachträglich von ihrem Gestaltungsrecht Gebrauch zu machen, ändert hieran nichts, zumal dies wiederum mit Kosten verbunden gewesen wäre. Gleiches gilt erst recht für das bei Fernabsatzverträgen wie hier bestehende Widerrufs- und/oder Rückgaberecht (vgl. § 312d BGB).
56
Im Übrigen hat das Landgericht zu Recht das Vorliegen eines wirtschaftlichen Zusammenhangs angenommen. Nach dem Gesamteindruck der Werbesendungen zielte die Absicht der Angeklagten darauf ab, dass die Empfänger die Gewinnmitteilungen in Verbindung mit den Warenkatalogen sehen und insgesamt von einem günstigen Angebot ausgehen. Die angepriesenen Gewinne waren somit Teil des einheitlichen Gesamtangebots. Die enge Verbindung von Werbesendungen und Katalogangebot zeigt sich auch darin, dass beides zusammen verschickt wurde. Die personalisierten Werbesendungen waren darauf ausgerichtet, dass sich der Empfänger gegenüber anderen Warenbestellern privilegiert fühlen sollte. Ihre Gestaltung erfolgte deshalb in der Weise, dass für den Empfänger der Eindruck entstehen sollte, schon begünstigt worden zu sein; vor diesem Hintergrund erschien auch die Ware günstiger, weil der Kunde für sein Geld vermeintlich mehr erhielt als nur diese. Dieser Zusammenhang wird etwa besonders deutlich, wenn nach der Ankündigung einer "Gewinnauszahlung 5.800,- €" der Empfänger darum gebeten wird, anlässlich der Rücksendung des unterschriebenen "Auszahlungsbelegs" das Versandhandelsunternehmen "in diesem Zusammenhang auch wieder einmal mit einer kleinen Bestellung (zu) beauftragen" (UA S. 51). In diesem Sinne suggerierte die Werbung Kundenfreundlichkeit und Großzügigkeit. Allein zu diesem Zweck setzten die Angeklagten die aufwendig gestalteten und sehr kostenintensiven Werbesendungen ein. Auch die Angeklagten gingen davon aus, der Warenabsatz werde durch die Gewinnmitteilungen gefördert und gerade der von den Angeklagten betriebene Versandhandel mit den betreffenden Kataloglinien sei von derartigen Werbemaßnahmen abhängig. Besonders prägnant brachten dies die Angeklagten G. und D. zum Ausdruck, indem sie – einer Notiz über eine Besprechung zufolge – "verdeutlicht(en), dass dieses Geschäft im Wesentlichen ohne Gewinnspiele nicht läuft" (UA S. 122). Die durch das Gesamtangebot bewirkte Umsatzsteigerung war Beweggrund ihres Tuns (UA S. 127).
57
b) Ein von sämtlichen Angeklagten mit ihren Revisionen geltend gemachter unvermeidbarer Verbotsirrtum (§ 17 Satz 1 StGB) liegt nicht vor. Der Senat kann dem Landgericht auch nicht darin folgen, dass die Angeklagten G. und D. überhaupt in einem, wenngleich vermeidbaren Verbotsirrtum (§ 17 Satz 2 StGB) gehandelt hätten; freilich sind diese Angeklagten hierdurch nicht beschwert. Die rechtsirrigen Vorstellungen der drei Angeklagten erweisen sich im Kern lediglich als Fehleinschätzung, sich den für wettbewerbswidrige Werbemaßnahmen vorgesehenen Rechtsfolgen entziehen zu können.
58
Ein Verbotsirrtum im Sinne von § 17 StGB liegt nicht schon dann vor, wenn der Täter keine Kenntnis von der Strafbarkeit seines Verhaltens und der Anwendbarkeit eines Strafgesetzes hat. Dies ergibt sich schon aus dem Wort- laut des § 17 Satz 1 StGB ("Fehlt dem Täter … die Einsicht, Unrecht zu tun"; vgl. BGHSt 45, 97, 100 f.). Für die Unrechtseinsicht ist bereits ausreichend das Bewusstsein eines Verstoßes gegen die Rechtsordnung (BGHR StGB § 17 Unrechtsbewusstsein 1; Bornkamm aaO § 16 Rdn. 19). In einem Verbotsirrtum handelt ein Täter also nur dann, wenn ihm die Einsicht fehlt, dass sein Tun gegen die durch verbindliches Recht erkennbare Wertordnung verstößt (Fischer, StGB 55. Aufl. § 17 Rdn. 3 m.w.N.). Ob der Täter glaubt, straf-, öffentlich- oder zivilrechtliche Normen zu verletzen, hat hingegen grundsätzlich keine Bedeutung (Cramer/Sternberg-Lieben in Schönke/Schröder, StGB 27. Aufl. § 17 Rdn. 5; vgl. auch – zur irrigen Annahme einer Ordnungswidrigkeit anstelle einer Straftat – BGHSt 11, 263, 266; BGHR aaO).
59
Die Angeklagten rechneten – auch nach eigenen Angaben des Angeklagten S. (vgl. UA S. 98) – damit, dass die Werbemaßnahmen wettbewerbsrechtlich unzulässig waren, also gegen verbindliches Recht verstießen. Gerade die Umstrukturierungen des Versandhandelsunternehmens dienten dazu , sich der aus den Wettbewerbsverstößen gezogenen Vorteile zu versichern und sich den Folgen zu entziehen. Dies gilt gleichermaßen für Beanstandungen von Wettbewerbs- und Verbraucherschützern wie für zivilrechtliche Ansprüche von Verbrauchern. Dass "bestehende Kataloglinien ausländischen Gesellschaften ohne Gegenleistung (!) überlassen" wurden, war "eine konsequente Fortsetzung der vom Angeklagten G. praktizierten Strategie …, den in Deutschland betriebenen Versandhandel mit wettbewerbswidriger Werbung zu fördern" (UA S. 116). Weil sich die Angeklagten nach alledem der Normwidrigkeit ihres Verhaltens in Bezug auf die durch § 4 Abs. 1 UWG aF und § 16 Abs. 1 UWG nF geschützten Rechtsgüter bewusst waren, ist es von vornherein ohne Belang, dass sie davon ausgingen, dies habe keine strafrechtlichen Konsequenzen , sondern könne "nur" zivilrechtliche Folgen nach sich ziehen, denen sie erfolgreich entgehen könnten.
60
c) Die Bewertung des Landgerichts, die Angeklagten hätten als Mittäter im Sinne von § 25 Abs. 2 StGB gehandelt, ist nicht zu beanstanden. Zutreffend hat es auch die Anzahl der Taten für jeden Angeklagten nach der Art seiner Tatbeiträge beurteilt.
61
Der Angeklagte G. war dementsprechend nur wegen sechs tatmehrheitlich begangenen Taten zu verurteilen, weil er an der Konzeption der einzelnen 66 Werbesendungen nicht beteiligt war, seine Beiträge vielmehr im Vorfeld der Einzeltaten beging, indem er jeweils die Gründung bzw. Nutzung der sechs ausländischen Gesellschaften veranlasste. Die Einzeltaten sind dem Angeklagten G. zwar als in gleichartiger Tateinheit begangen zuzurechnen (BGH NStZ-RR 2004, 352; Fischer aaO vor § 52 Rdn. 35). Gemäß § 260 Abs. 4 Satz 5 StPO sieht der Senat jedoch aufgrund des Gebots der Klarheit und Verständlichkeit der Urteilsformel davon ab, diese entsprechend zu ergänzen (vgl. BGH NJW 2007, 2864, 2867 m.w.N.; Beschl. vom 4. März 2008 – 5 StR 594/07 – Rdn. 11).
62
2. In sachlich-rechtlicher Hinsicht ohne Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten ist auch der Ausspruch über den (Wertersatz-)Verfall.
63
Das Landgericht hat angenommen, dass die drei Angeklagten folgende Beträge "für" die Taten erlangten (§ 73 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 StGB): der Angeklagte G. 244.467,- €, der Angeklagte D. 100.853,- € und der Angeklagte S. 58.700,- €. Gegen die Bewertung der jeweiligen Vermögensmehrung als Tatentgelt und deren Bemessung gemäß § 73b StGB – anhand eines Anteils von 38% des auf die abgeurteilten Taten entfallenden Bestellvolumens bezogen auf das Bestellvolumen sämtlicher im nämlichen Zeitraum verschickter Werbesendungen – ist revisionsrechtlich nichts zu erinnern.
64
Anlass zu näheren Ausführungen bestehen nur hinsichtlich des Angeklagten G. :
65
Entgegen der Auffassung dieses Beschwerführers genügen die Schilderung der Überweisung von 1 Mio. SFr. aus dem Vermögen der I. an ihn, die von seinem Bruder Gi. Ende Dezember 2003 veranlasst wurde (UA S. 137, 146), und die Bezeichnung eines Anteils als Tatentgelt (UA S. 153, 155), um dem Senat die Prüfung des Merkmals "für die Tat" in § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB zu ermöglichen. Die Sachdarstellung erschöpft sich insoweit nicht bloß in der Wiedergabe des Gesetzeswortlauts oder in der Umschreibung mit einem gleichbedeutenden Wort oder einer allgemeinen Redewendung (hierzu BGHR StPO § 267 Abs. 1 Satz 1 Sachdarstellung 11; Gollwitzer in Löwe /Rosenberg, StPO 25. Aufl. § 267 Rdn. 32). Aus der – "nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme" (UA S. 154) vorgenommenen – Bewertung als (Tat-)Entgelt ergibt sich hinreichend, dass es sich bei dem überwiesenen Gesamtbetrag um eine Gegenleistung für die im Urteil im Einzelnen festgestellte Tätigkeit zugunsten der I. handelte, was sich nach der Interessenlage auch geradezu aufdrängt. Ein Anteil dieser Gegenleistung entfällt dabei eo ipso auf das Versandhandelsgeschäft, das die der Verurteilung zugrunde liegenden Werbesendungen betraf, und ist damit Tatentgelt. Wie hoch das Landgericht diesen Anteil – hier 38% – bemisst, ist hingegen eine Frage des § 73b StGB. Darauf, ob der Bruder des Angeklagten G. an den strafbaren Handlungen beteiligt war oder davon Kenntnis hatte, kommt es nach alledem nicht an.
66
Die Revision des Angeklagten G. stellt indessen an die gebotene Sachdarstellung im Urteil überzogene Anforderungen. Insbesondere ist nicht deswegen ein Rechtsfehler gegeben, weil nicht ("nicht einmal") festgestellt ist, "ob und ggf. inwieweit Gi. in die verfahrensgegenständlichen Taten involviert war und von den Einzelheiten hinsichtlich dieser Taten Kenntnis hatte". Auch ist es unschädlich, dass sich das Urteil nicht dazu verhält, ob der Bruder des Angeklagten die Überweisung mit der "Zweckbestimmung" versah, dass "es sich um eine Zahlung 'als Tatentgelt für die verurteilten Taten' handle" (S. 68 des Schriftsatzes vom 7. September 2007).
67
Da der Angeklagte G. den für verfallen erklärten Betrag somit als Tatentgelt erhielt, ist in diesem Zusammenhang ohne Bedeutung, ob die Überweisung aus Geldern erfolgte, die von der F. über die O. an die I. weitergeleitet wurden, inwieweit also die Voraussetzungen des § 73 Abs. 3 StGB für die I. vorliegen. Für den Verfall des für die Tat Erlangten gilt der Vorrang von Ansprüchen Verletzter nach § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB regelmäßig – wie auch hier – nicht (vgl. Fischer aaO § 73 Rdn. 17).
68
3. Die Verfahrensrügen der Angeklagten dringen nicht durch, wie der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift vom 8. August 2007 zutreffend dargelegt hat.
69
Ergänzend bemerkt der Senat, dass die vom Angeklagten G. im Zusammenhang mit einem Verbotsirrtum erhobenen Verfahrensrügen nach dem oben unter II 1 b Gesagten ohnehin von einem rechtlich unzutreffenden Ansatz ausgehen. Insbesondere kommt es für die Inbegriffsrüge nach § 261 StPO (S. 440 ff. [Punkt D II] des Schriftsatzes vom 6. November 2006) nicht darauf an, ob für die in der Hauptverhandlung verlesene Mustereinstellungsverfügung der Staatsanwaltschaft Offenburg die irrige Annahme tragend war, entsprechend dem in den Spielregeln niedergelegten Verfahren seien Gewinne auch ausgezahlt worden.

IV.

70
Revision der Nebenbeteiligten I. :
71
Die Revision der Nebenbeteiligten I. hat mit der Sachbeschwerde Erfolg. Die Verfahrensrügen sind dagegen aus den vom Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift dargelegten Gründen unbegründet.
72
Zwar hat das Landgericht ohne Rechtsfehler angenommen, die I. habe nach § 73 Abs. 3 StGB durch die Taten 1.743.144,- € erlangt (nachfolgend 1). Die Beschwerdeführerin beanstandet jedoch zu Recht, dass sich das Urteil nicht hinreichend dazu verhält, inwieweit dem Wertersatzverfall, den das Landgericht nur für einen Teilbetrag von 1.498.677,- € angeordnet hat, Ansprüche von Verletzten nach § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB entgegenstehen (nachfolgend

2).

73
1. Die I. erlangte als Drittbegünstigte einen Gesamtbetrag von 1.743.144,- € als weitergeleiteten Gewinn "aus" den Taten. Ob das Landgericht gehalten war, den Wertersatzverfall darüber hinaus auf einen – anteilig verschobenen – (Brutto-)Erlös zu erstrecken, ist im hiesigen Zusammenhang ohne Bedeutung, weil die Beschwerdeführerin insoweit nicht beschwert ist. Gleiches gilt, soweit das Landgericht gemäß § 73c Abs. 1 Satz 2 StGB den der I. zugeflossenen Gewinn um das an den Angeklagten G. gezahlte Tatentgelt reduziert hat.
74
a) Dadurch, dass an Verbraucher Werbesendungen zusammen mit Warenkatalogen verschickt wurden, waren zunächst die ausländischen Gesellschaften begünstigt. Auf hypothetische Kausalverläufe dahin gehend, inwieweit Empfänger Waren auch dann bestellt hätten, wenn ihnen die Kataloge ohne (strafbare) Werbesendungen zugegangen wären, kommt es dabei nicht an. Der Wert des Erlangten floss – jeweils anteilig – anschließend der O. und schließlich der I. zu.
75
§ 73 Abs. 3 StGB ist schon deswegen auf das von den ausländischen Gesellschaften, der O. und der I. Erlangte anwendbar, weil die Angeklagten als Verantwortliche der zur I. -Gruppe gehörenden Gesellschaften auch in deren Interesse handelten und diese vorgefasster Absicht entsprechend aus den Taten – jedenfalls vorübergehend – bereichert wurden. Werden nämlich Organe, Vertreter oder Beauftragte (§ 14 StGB) oder sonstige Angehörige einer Organisation gerade mit dem Ziel tätig, dass bei dieser infolge der Tat eine Vermögensmehrung eintritt, ist die Organisation im Erfolgsfall Drittbegünstigte (sog. Vertretungsfall; vgl. BGHSt 45, 235, 245).
76
Dass die Vermögensmehrung bei der O. und der I. nicht unmittelbar durch die der Verurteilung zugrunde liegenden Taten erfolgte, sondern erst aufgrund weiterer dazwischen geschalteter Rechtsgeschäfte, hindert die Anwendung des § 73 Abs. 3 StGB nicht. Ausreichend, aber auch erforderlich ist insoweit ein zwischen den Taten und dem Zufluss beim Drittbegünstigten bestehender Bereicherungszusammenhang (vgl. BGH aaO 244). Dieser ist durch das Zurechnungsverhältnis der Angeklagten zur O. und zur I. gegeben ; gerade für Straftaten im Interesse von Unternehmen ist es nicht untypisch, dass dadurch erst komplexe Geldkreisläufe in Gang gesetzt werden (vgl. BGH aaO 246). Deshalb wäre es rechtlich auch ohne Bedeutung, wenn – was nahe liegt – die Zahlungen an die O. zur Erfüllung von zwischen dieser und den ausländischen Gesellschaften geschlossenen Dienstleistungsverträgen erfolgt wären.
77
Nach alledem kommt es auch nicht darauf an, ob hinsichtlich der O. und der I. nach den vom Bundesgerichtshof entwickelten Kriterien – wie das Landgericht angenommen hat – jeweils auch ein sog. Verschiebungsfall (vgl. BGH aaO 246) gegeben ist.
78
b) Ohne Rechtsfehler ist das Landgericht davon ausgegangen, die O. habe den von ihr erzielten Gewinn, den es rechtsfehlerfrei mit 1.743.144,- € berechnet hat, unverkürzt an die I. weitergeleitet.
79
aa) Als Ausgangspunkt hat das Landgericht zutreffend die auf die abgeurteilten Taten entfallenden Bruttoeinnahmen der O. (32.643.155,- €) geschätzt (§ 73b StGB). Insoweit hat es das Bestellvolumen aus den abgeurteilten Taten (68.006.573,- €) um Forderungsausfälle und Retouren (20%) bereinigt; anschließend hat es den Anteil (60%) errechnet, der von den eingegangenen Kundengeldern auf verschiedene Weise auf Konten der O. transferiert wurde (UA S. 143). Dagegen ist revisionsrechtlich nichts zu erinnern.
80
bb) Das Landgericht hat die Überzeugung gewonnen, dass – nur – "der von der O. aus dem 'Fullfillment' der verfahrensgegenständlichen Mailings resultierende Gewinn in voller Höhe an die I. weiterverschoben wurde" (UA S. 149 f.).
81
Die Würdigung der Beweise ist Sache des Tatrichters. Ein Urteil ist nur dann aufzuheben, wenn die Beweiswürdigung rechtsfehlerhaft ist. Dies ist etwa dann der Fall, wenn sie widersprüchlich, unklar oder lückenhaft ist, wenn sie gegen Denkgesetze oder gesicherte Erfahrungssätze verstößt oder wenn sie auf einer fehlerhaften Anwendung des Zweifelssatzes beruht (vgl. nur Senatsurt. vom 3. Juli 2007 – 1 StR 3/07 – Rdn. 41 m.w.N.). Rechtsfehlerhaft ist die Beweiswürdigung aber auch dann, wenn sich die Schlussfolgerung so sehr von einer festen Tatsachengrundlage entfernt, dass sie sich als eine bloße Vermutung erweist (vgl. BGHR StPO § 261 Überzeugungsbildung 26, 34; Vermutung 11, jew. m.w.N.).
82
Ein Fehler bei der Beweiswürdigung liegt hier nicht vor. Insbesondere beruht die Überzeugung des Landgerichts auf einer ausreichend tragfähigen Tatsachengrundlage. Als Indizien dafür, dass der Gewinn der I. vorgefasster Absicht entsprechend zufloss, hat das Landgericht auf folgende Umstände heranziehen dürfen, die im Urteil näher ausgeführt sind: Die I. hielt ursprünglich sämtliche Geschäftsanteile der O. . Sie zog als Gesellschafterin "den wirtschaftlichen Nutzen aus dem Versandhandelsgeschäft und der O. " (UA S. 115). Der Angeklagte G. , der "an oberster Stelle" stand (UA S. 116), handelte bei seinen für das Versandhandelgeschäft der zur I. - Gruppe gehörenden Unternehmen und für die unlauteren Werbemaßnahmen grundlegenden Entscheidungen dementsprechend "nach Sachlage im Interesse der I. " (UA S. 110). Rechtsfehlerfrei ist im Urteil auch dargelegt, dass der unverkürzten Weiterleitung des Gewinns nicht die als Darlehen bezeichnete Vereinbarung entgegensteht. Denn gerade aufgrund der im Jahr 1999 beschlossenen Gewinnausschüttung in Höhe von mindestens 16 Mio. DM, die der Vereinbarung zugrunde lag, für die der O. aber liquide Mittel fehlten (UA S. 151), liegt es nahe, dass Gewinne nicht dauerhaft bei der O. verbleiben, sondern der "Muttergesellschaft" zufließen sollten. Das hat auch das Landgericht im Blick gehabt, zumal auch die der O. Kredit gewährende Volksbank diese vertraglichen Regelungen nicht anerkannte.
83
Infolgedessen ist für die Annahme, in dem Gesamtbetrag von ca. 2,3 Mio. €, den die O. aus eigenen Mitteln an die I. leistete, sei ihr Gewinn aus den der Verurteilung zugrunde liegenden Werbesendungen allenfalls quotenmäßig – nämlich im Verhältnis zum sonstigen Gewinn – enthalten, entgegen der in den Revisionen der Beschwerdeführerin und des Beschwerdeführers G. geäußerten Auffassung kein Raum.
84
cc) Den an die I. weitergeleiteten Gewinn hat das Landgericht rechtsfehlerfrei auf der Grundlage des Jahresabschlusses 2003 auf insgesamt 1.743.144,- € geschätzt (§ 73b StGB).
85
2. Das Urteil weist aber einen die Beschwerdeführerin belastenden Rechtsfehler auf, weil es sich nicht hinreichend dazu verhält, inwieweit dem Wertersatzverfall zivilrechtliche Ansprüche von Verletzten im Sinne von § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB entgegenstehen.
86
Der Ausschluss des Verfalls nach § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB gilt auch gegenüber einem Drittbegünstigten (vgl. BGH NStZ-RR 2007, 109; Nack GA 2003, 879, 882 m.w.N.). Der Anwendung des § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB steht nach ständiger Rechtsprechung nicht entgegen, dass eine – noch – unbekannte Vielzahl von Personen geschädigt wurde oder dass Ansprüche tatsächlich nicht geltend gemacht werden; für den Ausschluss kommt es auf die rechtliche Existenz der Ansprüche an (vgl. Fischer, StGB 55. Aufl. § 73 Rdn. 18 m.w.N.). Das bisherige Unterbleiben und die fehlende Erwartung der Geltendmachung solcher Ansprüche ermöglichen also die Verfallsanordnung nicht (BGH NStZ-RR 2007, 110). Vielmehr bleibt sie nur möglich, wenn die Verletzten auf die Geltendmachung wirksam verzichtet haben oder die Ansprüche verjährt sind (BGH NStZ 2006, 621, 623; Fischer aaO Rdn. 19).
87
Zutreffend hat die Beschwerdeführerin darauf hingewiesen, dass aufgrund der der Verurteilung zugrunde liegenden Werbesendungen Schadensersatzansprüche von Kunden auch ihr gegenüber aus § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 16 Abs. 1 UWG nF bzw. § 4 Abs. 1 UWG aF nahe liegen. Für den alten wie für den neuen Straftatbestand der strafbaren Werbung ist die Eigenschaft als Schutzgesetz im Sinne von § 823 Abs. 2 BGB anerkannt (vgl. BTDrucks. 15/1487 S. 22; Alexander WRP 2004, 407, 420; Bornkamm in Hefermehl /Köhler/Bornkamm UWG 26. Aufl. § 16 Rdn. 29; Brammsen in Münch- Komm-UWG § 16 Rdn. 12; Köhler in Hefermehl/Köhler/Bornkamm aaO Einl. Rdn. 7.5; Piper in Piper/Ohly, UWG 4. Aufl., § 16 Rdn. 4, 27; a.A. Dreyer in Harte /Henning, UWG § 16 Rdn. 22). Zwar wird der Schutzgesetzcharakter der Bestimmungen des UWG zu den zivilrechtlichen Rechtsfolgen allgemein verneint, weil sie sowohl hinsichtlich der Klagebefugnis als auch hinsichtlich der Anspruchsgrundlagen abschließend sind. Anderes gilt jedoch für die Strafbestimmungen , da diese keine – abschließende – Regelung der zivilrechtlichen Rechtsfolgen enthalten (BTDrucks. aaO). Anspruchsgegner eines solchen Schadensersatzanspruchs nach § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 16 Abs. 1 UWG nF bzw. § 4 Abs. 1 UWG aF wäre auch die I. , in deren Interesse die Angeklagten letztlich tätig waren und die den wirtschaftlichen Nutzen aus dem Versandhandelsgeschäft zog. Die zivilrechtliche Zurechnung des Verhaltens – jedenfalls des Angeklagten G. – folgt dabei den Grundsätzen der Organhaftung analog § 31 BGB (vgl. Heinrichs/Ellenberger in Palandt, BGB 67. Aufl. § 31 Rdn. 5 f.).
88
Die durch die abgeurteilten Taten irre geführten Kunden könnten mit diesem Anspruch Schadensersatz in Höhe des gezahlten Kaufpreises Zug um Zug gegen Rückübereignung der Ware verlangen. Grundsätzlich richtet sich der Schadensersatzanspruch auf das negative Interesse. Der Verletzte ist also so zu stellen, wie er ohne das haftungsbegründende Ereignis stünde (§ 249 Abs. 1 BGB), auch dann, wenn der Schaden im Abschluss eines Vertrages – etwa durch arglistiges Verleiten hierzu – besteht. Liegt ein wirksamer Vertrag vor, kann der Verletzte Befreiung von der Verbindlichkeit und damit auch dessen Rückabwicklung verlangen; dies gilt unabhängig davon, ob er die Unwirksamkeit durch Ausübung eines Gestaltungsrechts – wie hier gegebenenfalls durch Anfechtung wegen arglistiger Täuschung nach § 123 BGB – herbeiführen könnte (vgl. Sprau in Palandt aaO vor § 823 Rdn. 17).
89
Der Senat kann anhand der Urteilsfeststellungen nicht beurteilen, inwieweit Ansprüche der Kunden verjährt sein könnten. Die Verjährung des Anspruchs aus § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 16 Abs. 1 UWG nF bzw. § 4 Abs. 1 UWG aF richtet sich nach § 195 BGB, nicht nach § 11 UWG nF bzw. § 21 UWG aF (Alexander WRP 2004, 407, 420). Die Verjährungsfrist beträgt damit drei Jahre und beginnt grundsätzlich gemäß § 199 Abs. 1 BGB mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den anspruchsbegründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste. Maßgeblich für den Verjährungsbeginn ist hier also nicht nur der Zeitpunkt der Kaufpreiszahlung durch die Kunden, vielmehr auch ihre Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis von der Unwahrheit der Angaben in den Werbesendungen sowie von den Umständen, welche den Anspruch gerade gegen die I. begründen. Deswegen ist es alles andere als sicher, dass hinsichtlich der Schadensersatzansprüche von Kunden bereits Verjährung eingetreten ist; erst recht gilt dies für den revisionsrechtlich maßgeblichen Zeitpunkt der tatrichterlichen Urteilsverkündung. Der Senat hält es nicht für ausgeschlossen, dass in einer neuen Hauptverhandlung entsprechende Feststellungen – auch unter Anwendung des § 73b StGB – getroffen werden können.

V.

90
Revision der Nebenbeteiligten P. :
91
Die Revision der Nebenbeteiligten P. bleibt erfolglos. Die Wirtschaftsstrafkammer hat ohne sachlichen Rechtsfehler gegen die P. den Wertersatzverfall in Höhe von 671.136,- € angeordnet, weil diese aus der "Vermietung" der Adressdaten der ausländischen Gesellschaften, die durch die strafbaren Werbemaßnahmen gewonnen wurden, entsprechende – anteilige – Einnahmen erzielte.
92
Aus der Tat erlangt im Sinne von § 73 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 StGB sind alle Vermögenswerte, die dem Begünstigten unmittelbar aus der Verwirklichung des Tatbestands in irgendeiner Phase des Tatablaufs zufließen (vgl. Fischer, StGB 55. Aufl. § 73 Rdn. 10 m.w.N.). Die strafbare Werbung hatte zur Folge, dass Verbraucher, die für derartige Werbemaßnahmen empfänglich waren, Bestellungen aufgaben. Das Wissen um diese Kundendaten war damit anteilig aus den abgeurteilten Taten erlangt, worauf der Adressdatenbestand beruhte. Denn durch die Verwaltung der Adressdaten wurde sichergestellt, dass die Daten – nur – derjenigen Empfänger gelöscht wurden, die für eine gewisse Zeit keine Bestellungen aufgaben.
93
Die Einnahmen aus der "Vermietung" der Adressdaten stellen Nutzungen im Sinne von § 73 Abs. 2 Satz 1 StGB dar. Zudem ist die P. Drittbegünstigte nach § 73 Abs. 3 StGB, da die "Vermietung" in ihrem Interesse auf Anweisung der für sie handelnden Angeklagten G. und D. erfolgte (sog. Vertretungsfall; vgl. BGHSt 45, 235, 245). Der P. ist kein (Mit-)Verschulden an den Werbemaßnahmen selbst zuzurechnen, so dass Ansprüche im Sinne von § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB nicht ersichtlich sind. Dass die Kammer die Einnahmen, die anteilig auf die der Verurteilung zugrunde liegenden Werbesendungen entfielen, gemäß § 73b StGB unter Zugrundelegung einer Quote von 38% errechnet hat, ist nicht zu beanstanden.

VI.

94
Revisionen der Staatsanwaltschaft:
95
Die – auf den Ausspruch über den Verfall beschränkten – Revisionen der Staatsanwaltschaft haben den aus dem Urteilstenor ersichtlichen Teilerfolg. Während die gegen die Nebenbeteiligten O. , I. und 3 C V. gerichteten Revisionen jeweils mit der Sachbeschwerde durchdringen, sind die Revisionen unbegründet, soweit die drei Angeklagten und die Nebenbeteiligte P. betroffen sind.
96
1. Zur Nebenbeteiligten O. :
97
Was eine Verfallsanordnung gegen die O. anbelangt, kann der Senat dem Landgericht im Hinblick auf den Umfang des Erlangten schon nicht darin folgen, dass Gegenstand des Wertersatzverfalls nur der (Netto-)Gewinn, nicht der (Brutto-)Umsatzerlös ist (nachfolgend a). Vor allem aber hat das Landgericht von einer Verfallsanordnung aufgrund einer rechtsfehlerhaften Anwendung des § 73c Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 StGB abgesehen (nachfolgend b).
98
a) Das von der O. Erlangte umfasst nicht nur den von ihr erzielten Nettogewinn , sondern die anteilig an sie weitergeleiteten Bruttoeinnahmen, die das Landgericht mit 32.643.155,- € berechnet hat.
99
aa) Die ausländischen Gesellschaften erhielten als Drittbegünstigte "aus" den Taten (§ 73 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 StGB), also dadurch, dass an Verbraucher Werbesendungen zusammen mit Warenkatalogen verschickt wurden, unmittelbar Warenbestellungen; deren Wert floss anteilig der O. zu.
100
Entgegen der Auffassung des Landgerichts ist insoweit ein "Wettbewerbsvorteil" , der zunächst nur in einer Chance auf Warenbestellungen bestanden habe, kein tauglicher Anknüpfungspunkt für den Verfall. Eine solche Chance ist für den Begünstigten überhaupt nur in dem Umfang werthaltig, in dem Empfänger auch tatsächlich Waren bestellen. Einen hiervon zu trennenden Marktwert hat eine solche Chance nicht. Darüber hinaus verwirklicht sich erst in den Vertragsschlüssen selbst die abstrakte Gefahr für die Dispositionsfreiheit der Verbraucher und die Marktaussichten von Mitbewerbern, deren Schutz die strafbare Werbung nach § 4 Abs. 1 UWG aF und § 16 Abs. 1 UWG nF bezweckt. Der 5. Strafsenat hat dementsprechend in einem Fall der Bestechung im geschäftlichen Verkehr als im Sinne von § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB unmittelbar erlangtes "etwas" die Auftragserteilung selbst, also den Vertragsschluss, angesehen, dagegen nicht schon die in der Manipulation des Vergabeverfahrens bestehende Chance auf Auftragserteilung (so BGHSt 50, 299, 309 f. ["Kölner Müllskandal"]; zustimmend Saliger NJW 2006, 3377, 3381; ablehnend Hohn wistra 2006, 321, 322).
101
bb) Der Umfang des Erlangten ist zwingend nach Maßgabe des Bruttoprinzips zu bemessen. Hiernach sind Vermögenswerte, die der Täter oder Teilnehmer in irgendeiner Phase des Tatablaufs unmittelbar erlangt hat, in ihrer Gesamtheit abzuschöpfen, ohne dass Gegenleistungen oder sonstige Aufwendungen in Abzug gebracht werden (BGHSt 47, 369, 370 f.; W. Schmidt in LK 11. Aufl. § 73 Rdn. 18, jew. m.w.N.). Das gilt auch für den Drittbegünstigten im Sinne von § 73 Abs. 3 StGB, zumal dann, wenn er Nutznießer der Tat ist (BGHSt aaO 374; BGH NStZ-RR 2004, 214, 215). Bei der Umstellung auf das Bruttoprinzip durch das Gesetz zur Änderung des Außenwirtschaftsgesetzes, des Strafgesetzbuches und anderer Gesetze vom 28. Februar 1992 (BGBl I 372) hat der Gesetzgeber unter anderem auf den Rechtsgedanken des § 817 Satz 2 BGB abgestellt, wonach das in ein verbotenes Geschäft Investierte unwiederbringlich verloren sein müsse (BTDrucks. 12/899 S. 11; hierzu BGHSt aaO 372). Dass das Bruttoprinzip sachgerecht ist, ergibt sich aus dem Präventionszweck des Verfalls: Müsste der von der Verfallsanordnung Betroffene lediglich die Abschöpfung des Nettogewinns befürchten, so würde sich die Tatbegehung für ihn unter finanziellen Gesichtspunkten als weitgehend risikolos erweisen. Den Drittbegünstigten soll das Bruttoprinzip veranlassen, zur Verhinderung solcher Taten wirksame Kontrollmechanismen zu errichten oder aufrechtzuerhalten (vgl. BGHSt aaO 374; ferner BGHSt 51, 65, 67; BGH NStZ-RR 2004, 214, 215).
102
cc) Aus den Taten erlangt wurden hier nicht nur die Warenbestellungen, also die Vertragsschlüsse, die durch das Verschicken der Werbesendungen zusammen mit den Warenkatalogen kausal hervorgerufen wurden, sondern auch die von den Kunden in Erfüllung der Kaufverträge geleisteten Zahlungen (zum Kriterium der Unmittelbarkeit vgl. BVerfG, Kammerbeschl. vom 7. Juli 2007 – 2 BvR 527/06 – Rdn. 4). Insoweit besteht nach Auffassung des Senats hier kein sachlicher Grund, zwischen schuldrechtlichem Verpflichtungsgeschäft und "dinglichem" Erfüllungsgeschäft zu differenzieren.
103
Der 5. Strafsenat hat freilich in einer anderen Fallgestaltung – einem Fall der Bestechung im geschäftlichen Verkehr – die Notwendigkeit einer derartigen Differenzierung befürwortet (BGHSt 50, 299, 309 ff. ["Kölner Müllskandal"]): Unmittelbar aus einer solchen Tat erlange "ein Werkunternehmer im Rahmen korruptiver Manipulation bei der Auftragsvergabe lediglich die Auftragserteilung – also den Vertragsschluss – selbst, nicht hingegen den vereinbarten Werklohn" (BGH aaO 310). Anders als etwa bei Betäubungsmittelgeschäften oder Embargoverstößen sei bei der Bestechung im geschäftlichen Verkehr strafrechtlich bemakelt lediglich die Art und Weise, wie der Auftrag erlangt sei, nicht dass er ausgeführt werde. Der wirtschaftliche Wert des Auftrags bemesse sich dort vorrangig nach dem zu erwartenden Gewinn (BGH aaO 310 f.). Erst wenn dieser ermittelt worden sei, folge aus dem Bruttoprinzip, dass für den Vertragsschluss getätigte Aufwendungen – wie insbesondere die Bestechungssumme – nicht weiter in Abzug gebracht werden könnten (BGH aaO 312; vgl. auch BGHSt 47, 260, 269 f.).
104
Die Rechtsprechung des 5. Strafsenats steht hier weder der Beurteilung entgegen, dass (auch) die Kaufpreiszahlungen (unmittelbar) aus den abgeurteilten Taten erlangt sind, noch widerspricht sie der Bemessung des anteilig an die O. weitergeleiteten Taterlöses nach dem Bruttoprinzip:
105
Eine Divergenz liegt schon deshalb nicht vor, weil die Durchführung der Kaufverträge hier strafrechtlich bemakelt ist. Wenn es nämlich – wie bereits oben unter III 1 a ee (1) ausgeführt – Schutzzweck von § 16 Abs. 1 UWG nF bzw. § 4 UWG aF ist, den Verbraucher vor zweckverfehltem und vermögensschädigendem Mitteleinsatz zu bewahren, dann kann der Mitteleinsatz selbst nicht als in diesem Sinne strafrechtlich neutral beurteilt werden. Ohne das Verschicken der irreführenden Werbesendungen zusammen mit den Warenkatalogen wäre es nicht zu Bestellungen und entsprechenden Kaufpreiszahlungen der Kunden gekommen. Anderes gilt für den vom 5. Strafsenat entschiedenen Fall. Das Werk wäre nämlich auch ohne korruptive Manipulation der Auftragsvergabe hergestellt worden, so dass ein Werklohn in jedem Fall hätte entrichtet werden müssen. Der Straftatbestand der Bestechung im geschäftlichen Verkehr nach § 299 Abs. 2 StGB schützt dementsprechend – unmittelbar nur – den freien Wettbewerb (vgl. Fischer, StGB 55. Aufl. vor § 298 Rdn. 6, § 299 Rdn. 2). Dies könnte es rechtfertigen, lediglich einen "Mehrerlös", insbesondere soweit er über den regulär erzielbaren Werklohn hinausgeht, als das aus der Straftat Erlangte zu bewerten.
106
Hinzu kommt, dass auch nach der Entscheidung des 5. Strafsenats das in Straftaten Investierte nicht verfallsmindernd berücksichtigt werden darf (vgl. BGHSt 50, 299, 310, 312). Der Gesetzgeber wollte gerade dessen unwiederbringlichen Verlust anordnen (siehe oben unter bb). Die vom Landgericht vorgenommene Berechnung des Gewinns der O. – anhand des Verhältnisses des im Jahresabschluss 2003 ausgewiesenen Betriebsgewinns zur Gesamtleistung des Betriebes (siehe oben unter I 1 b) – dürfte jedoch dazu führen, dass die Aufwendungen für strafbare Werbung unzulässigerweise den Verfallsbetrag schmälern würden.
107
Wäre das vom 5. Strafsenat genannte Kriterium der strafrechtlichen Bemakelung gar dahin zu verstehen, dass die Ausführung eines Vertrags für sich gesehen strafbar sein müsse, könnte der Senat dieser Einschränkung nicht folgen. Das hätte nämlich zur Folge, dass bei "Alltagsgeschäften", etwa bei durch Betrug zustande gekommenen Verträgen über Dienstleistungen, über den Kauf von Autos oder über Geldanlagen, die Rückgewinnungshilfe (vgl. § 111i in Verbindung mit § 111b Abs. 5 StPO) sachwidrig begrenzt wäre. Da in solchen Fällen das Erfüllungsgeschäft als solches regelmäßig nicht verboten ist, wäre eine über den Gewinn hinausgehende Rückgewinnungshilfe von vornherein ausgeschlossen. Der Senat ist demgegenüber der Auffassung, dass auch in diesen Fällen das Erlangte in vollem Umfang dem Verfall unterliegt. Dies hat der Gesetzgeber jedenfalls mit dem Gesetz zur Stärkung der Rückgewinnungshilfe und der Vermögensabschöpfung bei Straftaten vom 24. Oktober 2006 (BGBl I 2350) klargestellt. Ziel des Gesetzes war nach der Begründung des Regierungsentwurfs (BTDrucks. 16/700 S. 8) zu verhindern, dass "Verbrechen sich lohnt". Die Rückgewinnungshilfe sollte insbesondere auch bei den durch Betrug verursachten Massenschäden – also auch in Fällen, in denen die Ausführung eines Vertrags für sich gesehen nicht strafbar ist – verbessert werden. Rückgewinnungshilfe setzt aber voraus, dass der Verfall, auch soweit das Erlangte über den Gewinn hinausgeht, nach § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB überhaupt angeordnet werden könnte. Wenn der Gesetzgeber danach für derartige Fallgestaltungen die Rückgewinnungshilfe nicht nur ermöglichen, sondern sogar noch verbessern wollte, dann hat er damit zugleich entschieden, dass dem Verfall das aus Erfüllungsgeschäften, die als solche nicht verboten sind, Erlangte – nach dem Bruttoprinzip – in voller Höhe unterliegt.
108
Aber auch unabhängig hiervon stößt die Rechtsprechung des 5. Strafsenats , wenngleich es im vorliegenden Zusammenhang nicht darauf ankommt, beim Senat schon im rechtlichen Ausgangspunkt auf Bedenken. Sie bleibt näm- lich eine Erklärung dafür schuldig, aus welchen Gründen die Ermittlung des Werts des schuldrechtlichen Verpflichtungsgeschäfts durch Saldierung – also gleichsam nach dem Nettoprinzip – erfolgt, während sich nur der Wert des "dinglichen" Erfüllungsgeschäfts nach dem Bruttoprinzip richten soll (insoweit krit. auch Hohn wistra 2006, 321, 322 f.; Saliger NJW 2006, 3377, 3381; Fischer aaO § 73 Rdn. 11). Nach dem Bruttoprinzip wäre es vielmehr nahe liegend, auch beim schuldrechtlichen Verpflichtungsgeschäft den Anspruch auf Leistung (auf den vereinbarten Werklohn) so zu bewerten, dass die Verpflichtung zur Gegenleistung (zum Bau einer Restmüllverbrennungsanlage) unberücksichtigt bliebe. Des Weiteren ist das vom 5. Strafsenat vertretene enge Verständnis des Unmittelbarkeitskriteriums nicht ohne weiteres vereinbar mit der gesetzlichen Systematik von § 73 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 StGB, aus der dieses Kriterium hergeleitet wird. § 73 Abs. 2 StGB erfasst als mittelbare Vermögenszuwächse ausschließlich Nutzungen und Surrogate; die Bestimmung ist § 818 Abs. 1 BGB nachgebildet (W. Schmidt in LK 11. Aufl. § 73 Rdn. 43). Dieser knüpft gerade an die Herausgabe nach § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB, also insbesondere die – nach gesetzlicher Wertung somit keineswegs mittelbare – "dingliche" (Rück-)Übertragung bei unwirksamem schuldrechtlichem Verpflichtungsgeschäft an. Es geht daher zu weit, wenn sich aus § 73 Abs. 2 StGB ergeben soll, vom Anwendungsbereich des § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB sei nur ein vertraglicher Anspruch, nicht aber das zu seiner Erfüllung Geleistete erfasst.
109
b) Die Beschwerdeführerin beanstandet weiterhin zu Recht, dass das Landgericht § 73c Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 StGB mit der Begründung angewendet hat, dass die O. den Gewinn an die I. weiterleitete und über ihr Vermögen das Insolvenzverfahren eröffnet ist, so dass eine Verfallsanordnung die Insolvenzmasse schmälern würde und diese – nach Einschätzung des Landgerichts – "voraussichtlich" nicht ausreichen wird, um alle Gläubiger zu befriedigen.
110
aa) Im Hinblick auf § 73c Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 StGB ist der Abfluss des Taterlöses für sich gesehen regelmäßig unbeachtlich. Da die zur I. - Gruppe gehörenden Gesellschaften von den Angeklagten vertreten wurden und durch deren Taten erst komplexe Geldkreisläufe in diesem zusammenwirkenden Firmengeflecht in Gang gesetzt wurden (vgl. BGHSt 45, 235, 245 f.; siehe oben IV 1 a), unterliegt bei jeder dieser Gesellschaften grundsätzlich das von ihr Erlangte bzw. das an sie Weitergeleitete dem (Wertersatz-)Verfall.
111
Die Unbeachtlichkeit des Abflusses des Taterlöses ergibt sich dabei aus dem Präventionszweck des Verfalls, der auf die Verhinderung gewinnorientierter Straftaten gerichtet ist (vgl. BGHSt 51, 65, 72). Eine Auslegung der Vorschriften über den Verfall, nach der die Tatbegehung unter finanziellen Gesichtspunkten weitgehend risikolos bleibt, genügt diesem Zweck nicht (vgl. hierzu BGH aaO 67; ferner BGHSt 47, 369, 374; BGH NStZ-RR 2004, 214, 215). Dass der spätere Abfluss allein den Umfang der rechtlich gebotenen Erlösabschöpfung nicht berührt, korrespondiert dabei mit dem gesetzgeberischen Anliegen , das mit der Einführung des Bruttoprinzips verbunden war (siehe oben unter a bb); dieses Anliegen darf mit Hilfe der Härteklausel des § 73c StGB nicht unterlaufen werden (vgl. BGHR StGB § 73c Härte 7).
112
In der Höhe ist der Gesamtbetrag dessen, was tatsächlich abgeschöpft werden kann, hier lediglich durch das von den Erstbegünstigten Erlangte, also dem Vermögenszufluss bei den ausländischen Gesellschaften begrenzt. Dieser Betrag entspricht dem auf die abgeurteilten Taten entfallenden Bestellvolumen abzüglich der Forderungsausfälle und Retouren (54.405.258,- €). Nahe liegt, dass in Fällen der Drittbegünstigung nach § 73 Abs. 3 StGB, in denen das Erlangte weitergeleitet wurde, ohne dass dadurch erneut eine Straftat begangen wurde, – anders als in Fällen einer Handelskette beim unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln (vgl. BGHSt 51, 65, 71 f.) – von Gesamtschuldner- schaft auszugehen ist, soweit die Verfallsanordnungen in der Summe über das vom Erstbegünstigten Erlangte hinausgehen. Dies bedarf hier jedoch keiner vertieften Erörterung.
113
bb) Eine Ermessensentscheidung nach § 73c Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 StGB scheidet von vornherein aus, soweit und solange der Angeklagte oder Drittbegünstigte über Vermögen verfügt, das wertmäßig nicht hinter dem "verfallbaren" Betrag zurückbleibt. Dabei kommt es grundsätzlich nicht darauf an, ob das vorhandene Vermögen einen konkreten oder unmittelbaren Bezug zu der rechtswidrigen Tat hat (BGH aaO 69 m.w.N.). Weist das Vermögen einen solchen Bezug nicht auf, namentlich weil der Taterlös weitergeleitet wurde, bietet § 73c Abs. 1 Satz 1 StGB in besonders gelagerten Einzelfällen einen hinreichenden Schutz (BGH aaO 70). Im Rahmen des Beurteilungsspielraums, den der Tatrichter für den Rechtsbegriff der unbilligen Härte hat, kann dabei insbesondere ins Gewicht fallen, dass ein Drittbegünstigter – anders als hier die O. über die für sie verantwortlich Handelnden – gutgläubig ist (vgl. BGHSt 47, 369, 376; BGH NStZ-RR 2004, 214, 215; 2007, 109, 110; vgl. auch BGH, Urt. vom 3. Juli 2003 – 1 StR 453/02 – Umdr. S. 45 f.: kein Absehen bei bewusst verfallsvereitelnder Weitergabe von Vermögenswerten).
114
cc) Auch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens hindert die Anordnung des Verfalls grundsätzlich nicht. § 39 Abs. 1 Nr. 3 InsO betrifft lediglich die Frage , wie ein angeordneter Wertersatzverfall rangmäßig im Insolvenzverfahren zu behandeln ist (vgl. BGHSt 50, 299, 312; Hohn wistra 2006, 321). Für die Ermessensentscheidung nach § 73c Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 StGB maßgeblich ist daher nicht schon die Eröffnung des Insolvenzverfahrens, sondern erst die Feststellung , dass die Insolvenzmasse nicht zur Befriedigung vorrangiger Forderungen ausreicht, somit kein verwertbares Vermögen vorhanden ist. Eine derartige – sichere – Feststellung fehlt im angefochtenen Urteil. Inwieweit im Einzelfall auch nachrangige Forderungen, etwa nach § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO solche auf Rückgewähr kapitalersetzender Darlehen eines Gesellschafters, im Rahmen des Ermessens Berücksichtigung finden könnten, braucht der Senat nicht zu entscheiden.
115
Der 5. Strafsenat hat zwar die Angemessenheit des Absehens vom Verfall nach § 73c Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 StGB unter anderem damit begründet, dass kein bleibender "Gewinn" erzielt wurde und sich die Verfallsbeteiligte in der Insolvenz befand (so BGHSt 50, 299, 313). Eine Divergenz zu dieser Entscheidung im Sinne von § 132 Abs. 2 GVG besteht jedoch auch insoweit nicht, weil dort die Anwendung der Vorschrift – anders als hier – insbesondere auch auf die Feststellung im tatrichterlichen Urteil gestützt worden ist, dass sich die Verfallsbeteiligte erheblichen Regressansprüchen konkret ausgesetzt sah.
116
2. Zur Nebenbeteiligten I. :
117
Soweit gegen die I. Verfall der von Wertersatz in Höhe von 1.498.677,- € angeordnet worden ist, enthält das Urteil ebenfalls einen diese begünstigenden Rechtsfehler. Die Beschwerdeführerin beanstandet zwar zu Unrecht, dass die Wirtschaftsstrafkammer den Gewinn von 1.743.177,- €, nicht die Einnahmen von ca. 2,3 Mio. € als das Erlangte angesehen hat. Denn anders als bei der O. entspricht allein dies – wie oben unter IV 1 b bb ausgeführt – den Urteilsfeststellungen, denen zufolge die I. den wirtschaftlichen Nutzen aus dem Versandhandelsgeschäft und der O. ziehen sollte, so dass ihr lediglich der Saldo aus Einnahmen und Ausgaben zufloss. Die Kammer hat jedoch rechtsfehlerhaft den weitergeleiteten Gewinn gemäß § 73c Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 StGB um das an den Angeklagten G. gezahlte Tatentgelt von 244.467,- € reduziert. Gemäß dem oben unter 1 b aa und bb Dargelegten ist im Hinblick auf diese Vorschrift der – teilweise – Abfluss des Taterlöses für sich gesehen regelmäßig unbeachtlich.
118
3. Zur Nebenbeteiligten 3 C V. :
119
Soweit von einer Verfallsanordnung gegen die 3 C V. abgesehen worden ist, ist das Urteil rechtsfehlerhaft, da das Landgericht in zweifacher Hinsicht einen unzutreffenden rechtlichen Maßstab angelegt hat. Auf die von der Beschwerdeführerin insoweit erhobene Aufklärungsrüge, das Landgericht habe näher bestimmten Urkundsbeweis erheben und infolgedessen ergänzende Feststellungen zu Vereinbarungen und Geldflüssen zwischen der F. und der 3 C V. treffen müssen, kommt es daher nicht an.
120
Im Urteil ist ausgeführt, dass zur Höhe der von der 3 C V. aus verfahrensgegenständlicher Werbung erlangten Vermögensvorteile keine Feststellungen hätten getroffen werden können (UA S. 138). Des Weiteren sei der "Wettbewerbsvorteil" letztlich an die I. verschoben und dort abgeschöpft worden, so dass § 73c Abs. 1 Satz 2 StGB anzuwenden sei; "weitere" Vermögensvorteile seien indessen nicht feststellbar (UA S. 156).
121
Im Ansatz zutreffend ist – nach dem oben unter IV 1 a Gesagten – die Annahme, zunächst hätten die ausländischen Gesellschaften, damit auch die 3 C V. als Drittbegünstigte, durch die mit den Warenkatalogen verschickten Werbesendungen etwas erlangt. Die – wenngleich knapp gehaltenen – Ausführungen zeigen jedoch zweierlei:
122
Zum einen hat das Landgericht zu Unrecht angenommen, die Anordnung des Wertersatzverfalls setze voraus, dass der Nettogewinn ermittelt werde. Darauf deutet zunächst die Verwendung des Bergriffs "Vermögensvorteil" im Urteil hin, der dem Wortlaut des § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB aF entsprach, bevor der Gesetzgeber durch das Gesetz zur Änderung des Außenwirtschaftsgesetzes , des Strafgesetzbuches und anderer Gesetze vom 28. Februar 1992 (BGBl I 372) das Bruttoprinzip ("etwas") einführte. Darüber hinaus ist auch nicht ersichtlich, aus welchen Gründen sich die auf die Vertragsschlüsse mit der 3 C V. entfallenden Bruttoeinnahmen – selbst unter Anwendung des § 73b StGB – nicht berechnen ließen. Das Landgericht hat neun unter der Firma 3 C V. verschickte strafbare Werbesendungen mit Aussendedatum und Auflagenstärke festgestellt (UA S. 25). Es spricht nichts dafür, dass der Umsatzerlös der 3 C V. nicht hätte – entsprechend der auch ansonsten verwendeten Berechnungsmethode (vgl. UA S. 142) – geschätzt werden können, zumal, wie sich aus der Revisionsbegründung der Staatsanwaltschaft ergibt (S. 49 ff.), im Rahmen der Anordnung eines dinglichen Arrests gemäß § 111b Abs. 2, § 111d StPO das auf diese neun Werbesendungen entfallende Bestellvolumen (8.888.981,81 €) ermittelt worden war. Auch dass die Zahlungen der Kunden auf Konten der F. "umgeleitet" wurden, um die Einnahmen dem Zugriff von Gläubigern zu entziehen (UA S. 134), bedeutet nicht ohne weiteres, dass keine Vermögensmehrung bei der 3 C V. eintrat. Vielmehr könnten dieser – was angesichts der Feststellungen nahe liegt – Zahlungsansprüche in Bezug auf die erfolgten Bestellungen zugestanden haben.
123
Zum anderen beruhen die Erwägungen wiederum auf einem unzutreffenden rechtlichen Maßstab, was die Ermessensentscheidung nach § 73c Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 StGB anbelangt. Wie bereits oben unter 1 b aa und bb ausgeführt , steht die Weiterleitung des Gewinns an die I. der Verfallsanordnung für sich gesehen regelmäßig nicht entgegen.
124
4. Zum Angeklagten G. :
125
Die gegen den Angeklagten G. gerichtete Revision ist unbegründet. Dass die Kammer nur einen Anteil von 38% der von der I. überwiesenen 1 Mio. SFr. als Tatentgelt bewertet hat, ist sachlich-rechtlich nicht zu beanstanden (hierzu oben unter III 2). Überdies ist im Urteil rechtsfehlerfrei dargelegt , dass die persönliche Vermögensbilanz dieses Angeklagten nicht bereits durch den Zufluss der 1.743.144,- € bei der I. "verbessert" wurde und er selbst hierdurch noch nichts erlangt hat (nachfolgend a); die hierauf bezogene Verfahrensrüge dringt nicht durch (nachfolgend b).
126
a) Die Verfallsanordnung setzt voraus, dass der von ihr Betroffene den Vermögenswert tatsächlich erlangt hat. Erforderlich ist insoweit die tatsächliche Verfügungsgewalt oder – bei Mittätern zumindest – wirtschaftliche Mitverfügungsgewalt (vgl. Fischer, StGB 55. Aufl. § 73 Rdn. 13 ff.). In Vertretungsfällen gemäß § 73 Abs. 3 StGB, in denen – wie hier – der Täter als Organ, Vertreter oder Beauftragter (§ 14 StGB) oder als sonstiger Angehöriger einer juristischen Person für diese handelt und die Vermögensmehrung bei der juristischen Person eintritt, kann nicht ohne weiteres angenommen werden, dass der Täter (Mit-)Verfügungsgewalt an dem Erlangten hat. Regelmäßig ist vielmehr davon auszugehen, dass die juristische Person über eine eigene Vermögensmasse verfügt, die vom Privatvermögen des Täters zu trennen ist. Die dem Vermögen einer juristischen Person zugeflossenen Vermögenswerte sind daher auch dann nicht ohne weiteres durch den Täter im Sinne von § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB erlangt , wenn dieser eine – legale – Zugriffsmöglichkeit auf das Vermögen hat (BVerfG [Kammer] StV 2004, 409, 411; NJW 2005, 3630, 3631). Für eine Verfallsanordnung gegen den Täter bedarf es in derartigen Fällen einer über die faktische Verfügungsgewalt hinausgehenden Feststellung, dass dieser selbst etwas erlangt hat, was zu einer Änderung seiner Vermögensbilanz geführt hat. Eine solche Feststellung rechtfertigende Umstände können etwa darin liegen, dass der Täter die juristische Person nur als einen formalen Mantel seiner Tat nutzt, eine Trennung zwischen der eigenen Vermögenssphäre und derjenigen der Gesellschaft aber nicht vornimmt, oder darin, dass jeder aus der Tat folgende Vermögenszufluss an die Gesellschaft sogleich an den Täter weitergeleitet wird (BVerfG [Kammer] NJW aaO).
127
Dass es sich bei dem Vermögen der Aktiengesellschaft I. und dem Privatvermögen des Angeklagten G. um in diesem Sinne nur vorgeblich getrennte Vermögensmassen handelte, hat das Landgericht nicht festgestellt und dementsprechend ein Erlangen im Sinne von § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB beim Angeklagten G. rechtsfehlerfrei verneint (vgl. UA S. 155). Eine nur vorgegebene Vermögenstrennung liegt in Anbetracht der Urteilsfeststellungen auch nicht nahe, wie die Überweisung der 1 Mio. SFr., in denen das Entgelt für die abgeurteilten Taten enthalten war, zeigt. Ein von der Beschwerdeführerin geltend gemachter Mangel in der Sachdarstellung liegt nicht vor.
128
b) Die Verfahrensrüge, mit der die Beschwerdeführerin die Ablehnung eines Beweisantrags wegen Bedeutungslosigkeit nach § 244 Abs. 3 Satz 2 Var. 2 StPO beanstandet, ist unbegründet. Der Vertreter der Staatsanwaltschaft hatte die Verlesung einiger Urkunden beantragt, wobei die Beweisbehauptungen darauf zielten, dass nicht der Bruder des Angeklagten G. , sondern er selbst (nahezu) alleiniger Aktionär und "Inhaber" der I. sei.
129
Aus dem Ablehnungsbeschluss geht hervor, dass die Kammer die unter Beweis gestellten Indiztatsachen aus rechtlichen Gründen für bedeutungslos gehalten hat. In dem Beschluss ist in Bezug auf den Verfall lediglich ausgeführt, dass die Gesellschaftsverhältnisse der I. für die Abschöpfung etwaiger von dieser gezogener Gewinne keine Rolle spielten, weil der Verfall gegen die I. auch angeordnet werden könne, wenn nicht der oder ein Gesellschafter , sondern ein Organ die Tathandlungen begangen habe. Zwar ist die Begründung des Ablehnungsbeschlusses insoweit unzulänglich, da die Kammer das Beweisziel im Hinblick auf die Verfallsanordnung gegen den Angeklagten G. nicht vollständig erfasst zu haben scheint. Der Senat kann jedoch das Beruhen des Urteils auf diesem Mangel ausschließen, weil insoweit die Gründe der Bedeutungslosigkeit aus tatsächlichen Gründen klar zutage traten (vgl. Herdegen in KK-StPO 5. Aufl. § 244 Rdn. 75 m.w.N.). Auch wenn die Beweisbehauptungen erwiesen worden wären und der Angeklagte G. nahezu alleiniger Aktionär der I. bzw. in diesem Sinne deren "Inhaber" gewesen wäre, wäre nämlich der von der Beschwerdeführerin begehrte Schluss auf nur vorgeblich getrennte Vermögenssphären nicht nahe liegend. Dies hat auch die Kammer erkennbar so gesehen.
130
5. Zum Angeklagten S. :
131
Der Senat teilt die Meinung der Beschwerdeführerin nicht, der Angeklagte S. habe über das Tatentgelt von 58.700,- € hinaus als Taterlös ("aus" den Taten) weitere Beträge nach § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB erlangt, weil sich den Feststellungen zufolge auf dem Geschäftskonto der Rechtsanwaltssozietät Sch. & S. vorübergehend insgesamt 28.484.315,86 € befanden, die von Konten der F. dorthin transferiert wurden.
132
Ein Rechtsfehler in sachlich-rechtlicher Hinsicht, auch in Form eines Erörterungsmangels , liegt nicht vor. Feststellungen, welche die Beurteilung rechtfertigen , durch den Geldzufluss auf dem Kanzleikonto habe sich die private Vermögensbilanz des Angeklagten S. geändert, hat die Kammer nicht getroffen. Dass solche Feststellungen möglich gewesen wären, liegt auch nicht nahe. Vielmehr dürfte es sich bei dem in Rede stehenden Gesamtbetrag entweder um Vermögen der Rechtsanwaltssozietät Sch. & S. als Gesellschaft bürgerlichen Rechts (vgl. BGHZ 146, 341; BGH NJW 2006, 2191) oder – was nahe liegt – um treuhänderisch gebundenes Vermögen der O. handeln , zumal davon 19.560.762,38 € an die O. weitergeleitet wurden (UA S. 143).
133
6. Zum Angeklagten D. und zur Nebenbeteiligten P. :
134
Die Nachprüfung des Urteils hat im Ausspruch über den Verfall keinen Rechtsfehler zum Vorteil des Angeklagten D. und der P. ergeben.

VII.

135
1. Soweit in der neuen Hauptverhandlung die Anordnung des Wertersatzverfalls gegen die Nebenbeteiligte 3 C V. in Betracht kommt, weist der Senat darauf hin, dass ein Gewinnabschöpfungsanspruch nach § 10 UWG nF die Verfallsanordnung nicht nach § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB hindern würde. Dieser Anspruch kann nur in Bezug auf die jeweiligen Vertragsverhältnisse zwischen den Kunden und den Warenlieferanten – hier der 3 C V. – geltend gemacht werden (vgl. Köhler in Hefermehl/Köhler/Bornkamm, UWG 26. Aufl. § 10 Rdn. 11). Er ist kein dem Verletzten aus der Tat erwachsener Anspruch im Sinne von § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB; insbesondere kommt nämlich nach § 10 UWG nF der abgeschöpfte Gewinn dem Bundeshaushalt, nicht den Geschädigten zugute. Einer analogen Anwendung des § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB bedarf es nicht (so aber Alexander WRP 2004, 407, 419), weil der Gefahr der doppelten Inanspruchnahme sowohl im Zivil- als auch im Strafverfahren – namentlich mit § 10 Abs. 2 UWG nF einerseits und § 73c Abs. 1 StGB andererseits – wirksam begegnet werden kann. Im Übrigen unterliegt der Gewinnabschöpfungsanspruch auch anderen Verjährungsregeln (vgl. § 11 UWG nF; hierzu Köhler aaO § 11 Rdn. 1.36).
136
2. Sollte der neue Tatrichter zu dem Ergebnis gelangen, dass Verfallsanordnungen gegen die Nebenbeteiligten I. , O. und 3 C V. allein wegen entgegenstehender Ansprüche Dritter nach § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB ausgeschlossen sind, weist der Senat darauf hin, dass die seit dem 1. Januar 2007 geltenden Absätze 2 bis 8 von § 111i StPO auf Altfälle nicht anwendbar sind (vgl. BGH NJW 2008, 1093; Beschl. vom 19. Februar 2008 – 1 StR 503/07). Nack Boetticher Hebenstreit Elf Graf

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 S t R 3 6 8 / 1 4
vom
11. Juni 2015
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen unerlaubten Erbringens von Zahlungsdiensten
hier: Revisionen der Angeklagten
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 11. Juni 2015 beschlossen:
Die Revisionen der Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 18. März 2014 werden als unbegründet verworfen , da die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigungen keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten ergeben hat (§ 349 Abs. 2 StPO). Die Beschwerdeführer tragen die Kosten ihrer Rechtsmittel.

Gründe:

1
Zur Begründung der Entscheidung wird auf den Beschluss des Senats, mit dem die Revision der Verfallsbeteiligten verworfen wurde, Bezug genommen. Raum Rothfuß Jäger Radtke Fischer

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 StR 352/15
vom
7. September 2016
in der Strafsache
gegen
wegen veruntreuender Unterschlagung
ECLI:DE:BGH:2016:070916B2STR352.15.0

Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 7. September 2016 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Aachen vom 3. März 2015 im Ausspruch über den Wertersatzverfall sowie im Ausspruch nach § 111i Abs. 2 StPO mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.
2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
3. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen veruntreuender Unterschlagung in 15 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt und ihn im Übrigen freigesprochen. Es hat ausgesprochen , dass die in Belgien erlittene Freiheitsentziehung im Verhältnis 1:1 angerechnet wird. Ferner hat das Landgericht über einen Geldbetrag in Höhe von 184.500 Euro den Wertersatzverfall angeordnet und festgestellt, dass lediglich deshalb nicht auf Verfall in Höhe von (weiteren) 373.400,16 Euro erkannt werde , weil Ansprüche Verletzter entgegenstehen.

2
Gegen diese Verurteilung wendet sich der Angeklagte mit seiner auf Verfahrensbeanstandungen und sachlich-rechtliche Einwendungen gestützten Revision.
3
Das Rechtsmittel ist unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO, soweit es sich gegen den Schuld- und Strafausspruch richtet. Hinsichtlich der Anordnung des Wertersatzverfalls sowie der Feststellung nach § 111i Abs. 2 StPO hat die Revision hingegen Erfolg. Diese Entscheidungen begegnen durchgreifenden rechtlichen Bedenken, weil das Landgericht nicht tragfähig begründet hat, dass und in welcher Höhe der Angeklagte aus den von ihm als Geschäftsführer und alleinigem Gesellschafter der von ihm in der Rechtsform einer GmbH betriebenen Firma „etwas“ im Sinne des § 73 Abs. 1 StGB erlangt hat.
4
1. Das Landgericht hat – soweit für die Vermögensabschöpfungsentscheidungen von Bedeutung – im Wesentlichen folgende Feststellungen und Wertungen getroffen:
5
a) Der Angeklagte war alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer der I. GmbH, die insbesondere Gebrauchtfahrzeuge vertrieb. Im Zeitraum von Anfang des Jahres 2009 bis Mitte März 2011 veräußerte er über seine Firma mindestens 15 Kraftfahrzeuge im Nettogesamtwert von rund 557.900 EUR, die ihm zuvor von der J. -Gruppe, einem in A. ansässigen gewerblichen Kraftfahrzeughändler unter Eigentumsvorbehalt zur Weiterveräußerung überlassen worden waren; er übergab die Fahrzeuge an seine überwiegend im Ausland ansässigen Kunden jeweils vor Zahlung des vollständigen Kaufpreises an die J. -Gruppe, obwohl er hierzu – wie er wusste – vor vollständiger Kaufpreiszahlung nicht befugt war. Das Landgericht hat die Taten rechtsfehlerfrei jeweils als veruntreuende Unterschlagungen im Sinne des § 246 Abs. 1 und Abs. 2 StGB gewürdigt.
6
b) Der Angeklagte hat die aus der Verwertung der Kraftfahrzeuge erhaltenen Zahlungen seiner Kunden überwiegend zum Ausgleich anderer Verbindlichkeiten des Unternehmens verwendet und dadurch den Geschäftsbetrieb aufrechterhalten. Nach Auffassung des Landgerichts profitierte der Angeklagte mittelbar durch „regelmäßige, üblichem Umfang entsprechende Entnahmen aus den Einnahmen der Gesellschaft“ sowie durch den Umstand, dass er nicht aus einer zur Sicherung eines Kontokorrentkredits der I. GmbH bei einer Sparkasse übernommenen persönlichen Bürgschaft in Anspruch genommen wurde. Nähere Feststellungen zur Höhe der Entnahmen des Angeklagten im Tatzeitraum sowie zu den Einzelheiten der vom Angeklagten übernommenen Bürgschaft sowie der Kontokorrentabrede hat das Landgericht nicht getroffen.
7
c) Nach dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe ist das Landgericht davon ausgegangen, dass der Angeklagte den in den Kraftfahrzeugen verkörperten Sachwert erlangt habe; es hat diesen Sachwert auf der Grundlage der Nettokaufpreiszahlungen der I. GmbH an die J. -Gruppe auf insgesamt 557.900 EUR geschätzt. Hinsichtlich eines Betrages in Höhe von 184.500 EUR hat es den Verfall von Wertersatz angeordnet, weil die durch die Taten des Angeklagten Verletzten, die Unternehmen der J. -Gruppe, in insgesamt acht Fällen (den Fällen 47, 49, 51-54, 56 und 60) von den Kunden des Angeklagten Zahlungen in Höhe von insgesamt 184.500 EUR erhalten haben und in dieser Höhe Schadenswiedergutmachung eingetreten sei; damit seien die der Entscheidung über den Wertersatzverfall entgegen stehenden Ansprüche der Verletzten in dieser Höhe erloschen. Hinsichtlich des Differenzbetrages in Höhe von 373.400 EUR hat es wegen möglicher Ansprüche der Unternehmen der J. -Gruppe eine Feststellungsentscheidung nach § 111i Abs. 2 StPO getroffen.

8
2. Die Feststellungen erlauben es nicht, revisionsgerichtlich zu überprüfen , ob – wie für die Anordnung des Wertersatzverfalls und für den Ausspruch nach § 111i Abs. 2 StPO gleichermaßen erforderlich (vgl. BGH, Urteil vom 28. Oktober 2010 – 4 StR 215/10, BGHSt 56, 39, 43) – der Angeklagte als von der Verfallsanordnung Betroffener selbst „etwas“ im Sinne des § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB unmittelbar aus den verfahrensgegenständlichen Taten erlangt hat.
9
a) „Aus der Tat erlangt“ im Sinne von § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB sind alle Vermögenswerte, die dem Täter unmittelbar aus der Verwirklichung des Tatbestandes selbst in irgendeiner Phase des Tatablaufs zufließen (BGH, Beschluss vom 11. Juni 2015 – 1 StR 368/14, juris Rn. 30; BGH, Urteil vom 19. Januar 2012 – 3 StR 343/11, BGHSt 57, 79, 82 mwN; Fischer, StGB 63. Aufl. § 73 Rn. 11 mwN). Erfasst ist dabei die Gesamtheit des materiell Erlangten (BGH, Urteil vom 21. August 2002 – 1 StR 115/02, BGHSt 47, 369, 370; BGH, Urteil vom 19. Januar 2012 – 3 StR 343/11, BGHSt 57, 79, 82). Der Verfall ist dabei gemäß § 73 Abs. 2 Satz 2 StGB gegebenenfalls auch auf die Surrogate des Erlangten zu erstrecken (vgl. BGH, Beschluss vom 28. November 2000 – 5 StR 371/00, NStZ 2001, 155, 156 f.).
10
b) Handelt der Täter als Organ, Vertreter oder Beauftragter (§ 14 StGB) eines Unternehmens mit dem Ziel, dass infolge der Tat bei dem Unternehmen eine Vermögensmehrung eintritt, ist das Unternehmen im Erfolgsfall Drittbegünstigter im Sinne des § 73 Abs. 3 StGB (vgl. BGH, Beschluss vom 11. Juni 2015 – 1 StR 368/14, aaO; Urteil vom 30. Mai 2008 – 1 StR 166/07, BGHSt 52, 227, 242; Urteil vom 19. Oktober 1999 – 5 StR 336/99, BGHSt 45, 235, 245; BVerfG, Beschluss vom 3. Mai 2005 – 2 BvR 1378/04, NJW 2005, 3630, 3631).
In Fällen der genannten Art ist das Unternehmen gegebenenfalls gemäß § 442 Abs. 2, § 431 Abs. 1 Satz 1 StPO am Verfahren zu beteiligen oder ein selbstständiges Verfallsverfahren nach den §§ 440, 441, § 442 Abs. 1 StPO gegen es zu führen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 29. Mai 2006 - 2 BvR 820/06, NStZ 2006, 639, 640).
11
c) Regelmäßig ist davon auszugehen, dass die juristische Person über eine eigene Vermögensmasse verfügt, die vom Privatvermögen des Täters zu trennen ist. Die dem Vermögen einer juristischen Person zugeflossenen Vermögenswerte sind daher auch dann nicht ohne Weiteres durch den Täter im Sinne des § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB erlangt, wenn dieser eine – legale – Zugriffsmöglichkeit auf das Vermögen hat (BGH, Urteil vom 30. Mai 2008 – 1 StR 166/07, BGHSt 52, 227, 256). Für eine Verfallsanordnung gegen den Täter bedarf es in derartigen Fällen einer über die faktische Verfügungsgewalt hinausgehenden Feststellung, dass dieser selbst etwas erlangt hat, was zu einer Änderung seiner Vermögensbilanz geführt hat. Umstände, die eine solche Feststellung rechtfertigen, können etwa darin zu sehen sein, dass der Täter die juristische Person lediglich als einen formalen Mantel nutzt und eine Trennung zwischen seiner eigenen Vermögenssphäre und derjenigen der Gesellschaft tatsächlich nicht vornimmt, oder jeder aus der Tat folgende Vermögenszufluss an die Gesellschaft sogleich an den Täter weitergeleitet wird (BGH, Urteile vom 30. Mai 2008 – 1 StR 166/07, BGHSt 52, 227, 256 und vom 29. Juni 2010 – 1 StR 245/09, NStZ 2011, 83, 86; BVerfG, Beschluss vom 14. Juni 2004 – 2 BvR 1136/03, wistra 2004, 378, 382).
12
d) Gemessen hieran ist nicht belegt, dass der als Geschäftsführer für die I. GmbH handelnde Angeklagte – neben der I. GmbH – auch selbst etwas im Sinne des § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB aus der Tat erlangt hat.
13
Dass es sich bei dem Vermögen der I. GmbH und dem Privatvermögen des Angeklagten um nur vorgeblich getrennte Vermögensmassen handelt, hat das Landgericht nicht festgestellt.
14
Allein der Umstand, dass der Angeklagte Geschäftsführer und Alleingesellschafter dieser Gesellschaft war und in dieser Funktion unmittelbare Verfügungsgewalt über die Fahrzeuge und die dafür erhaltenen Erlöse seiner Kunden hatte, genügt für die Annahme einer (Mit-) Verfügungsgewalt nicht (vgl. BGH, Urteil vom 30. Mai 2008 – 1 StR 166/07, BGHSt 52, 227, 256 mwN).
15
Zwar hat der Angeklagte nach den Feststellungen mittelbar durch regelmäßige , üblichem Umfang entsprechende Entnahmen und durch eine unterbliebene Inanspruchnahme aus einer persönlichen Bürgschaft von dem Mittelzufluss an die I. GmbH profitiert. Die Annahme einer Mitverfügungsgewalt über die Mittelzuflüsse an das Unternehmen rechtfertigt dies jedoch nicht: Den Urteilsgründen lässt sich weder entnehmen, in welchem genauen Umfang Einnahmen der Gesellschaft aus den Taten an den Angeklagten weitergeleitet wurden (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 23. Oktober 2013 – 5 StR 505/12, NStZ 2014, 89, 93 Rn. 47, 48), noch ergeben die Feststellungen, dass der Angeklagte eine Trennung zwischen seiner eigenen Vermögenssphäre und derjenigen der Gesellschaft faktisch nicht vornahm.
16
Soweit das Landgericht davon ausgegangen sein sollte, dass der Angeklagte durch die Taten einen Vorteil erlangt habe, weil die aus den Taten herrührenden Mittelzuflüsse an das Unternehmen dazu führten, dass er nicht aus einer persönlich übernommenen Bürgschaft zur Sicherung eines Kontokorrentkredits der I. GmbH bei der Sparkasse A. in Anspruch genommen worden ist, ist damit ein unmittelbar aus den Taten herrührender wirtschaftlicher Vermögenszuwachs des Angeklagten nicht belegt. Nach den Feststellungen verwandte der Angeklagte die Kaufpreiszahlungen seiner Kunden nicht zum Ausgleich bestehender und durch eine persönliche Bürgschaft gesicherter Verbindlichkeiten der I. GmbH gegenüber der Sparkasse, sondern „überwiegend zum Ausgleich anderweitiger Verbindlichkeiten gegenüber den Unternehmen der J. -Gruppe“.
17
3. Dies führt zur Aufhebung des Ausspruchs über den (Wertersatz-) Verfall sowie der Feststellung nach § 111i Abs. 2 StPO. Der Senat hebt auch die zugehörigen Feststellungen auf, um dem neuen Tatrichter widerspruchsfreie Feststellungen - insbesondere auch zu den Vermögensverhältnissen des Angeklagten - zu ermöglichen.
18
Sollte das neue Tatgericht abermals eine Verfallsentscheidung oder eine Feststellung nach § 111i Abs. 2 StPO treffen, wird es im Rahmen seiner Ermessensentscheidung nach § 73c Abs. 1 Satz 2 StGB näher in den Blick zu nehmen haben, dass Geld, das zur allgemeinen Schuldentilgung verwendet wird, wertmäßig im Vermögen des Täters oder verfallsbeteiligten Dritten ebensowenig enthalten ist, wie solches, das für verbrauchbare Sachen ausgegeben wurde (BGH, Urteil vom 5. April 2000 – 2 StR 500/99, NStZ 2000, 480, 481; BGH, Urteil vom 9. Juli 1991 – 1 StR 316/91, BGHSt 38, 23, 25). Appl Eschelbach Zeng Bartel Wimmer

(1) Hat der Täter oder Teilnehmer durch eine rechtswidrige Tat oder für sie etwas erlangt, so ordnet das Gericht dessen Einziehung an.

(2) Hat der Täter oder Teilnehmer Nutzungen aus dem Erlangten gezogen, so ordnet das Gericht auch deren Einziehung an.

(3) Das Gericht kann auch die Einziehung der Gegenstände anordnen, die der Täter oder Teilnehmer erworben hat

1.
durch Veräußerung des Erlangten oder als Ersatz für dessen Zerstörung, Beschädigung oder Entziehung oder
2.
auf Grund eines erlangten Rechts.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
1 StR 166/07
vom
Nachschlagewerk: ja
BGHSt: ja
Veröffentlichung: ja
1. Zum Zusammenhang zwischen Werbeaussage und beworbener Ware oder
Leistung als Voraussetzung strafbarer Werbung
2. Werden Kunden mittels strafbarer Werbung zu Warenbestellungen veranlasst
, sind die Kaufpreiszahlungen, welche die Kunden dafür an den Täter
oder Drittbegünstigten leisten, von diesem aus den Taten erlangt und unterliegen
– unbeschadet vorrangiger Ansprüche von Verletzten – in vollem Umfang
dem Verfall.
3. Infolge der strafbaren Werbung können den Bestellern Schadensersatzansprüche
aus unerlaubter Handlung jeweils in Höhe des gezahlten Kaufpreises
zustehen, die den Verfallsbetrag vermindern.
BGH, Urt. vom 30. Mai 2008 - 1 StR 166/07 - LG Mannheim
30. Mai 2008
in der Strafsache
gegen
1.
2.
3.
wegen strafbarer Werbung
Nebenbeteiligte:
1.
2.
3.
4.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat aufgrund der Verhandlung vom
27. Mai 2008 in der Sitzung am 30. Mai 2008, an denen teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Nack
und die Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Boetticher,
Hebenstreit,
die Richterin am Bundesgerichtshof
Elf,
der Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Graf,
Bundesanwalt beim Bundesgerichtshof
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
der Angeklagte G. persönlich - in der Verhandlung -,
Rechtsanwalt - in der Verhandlung -
und Rechtsanwalt
als Verteidiger des Angeklagten G. ,
Rechtsanwalt
als Verteidiger des Angeklagten D. ,
Rechtsanwalt und
Rechtsanwältin
als Verteidiger des Angeklagten S. ,
Rechtsanwalt
als Vertreter der Nebenbeteiligten I. ,
Rechtsanwalt - in der Verhandlung -
als Vertreter der Nebenbeteiligten O.
,
Rechtsanwalt - in der Verhandlung -
als Vertreter der Nebenbeteiligten
V. 3 C. ,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Das Urteil des Landgerichts Mannheim vom 14. Juni 2006 wird bezüglich der Angeklagten D. und S. im Schuldspruch dahin berichtigt, dass diese Angeklagten der strafbaren Werbung in 66 Fällen schuldig sind. 2. Auf die Revision der Nebenbeteiligten I. wird das vorbezeichnete Urteil aufgehoben, soweit gegen sie der Wertersatzverfall angeordnet worden ist und dabei etwaige entgegenstehende Ansprüche von Verletzten unberücksichtigt geblieben sind. 3. Die Revisionen der Angeklagten und der Nebenbeteiligten P. werden verworfen. Die Angeklagten und die Nebenbeteiligte P. haben die Kosten ihrer Rechtsmittel zu tragen. 4. Auf die Revisionen der Staatsanwaltschaft wird das oben bezeichnete Urteil im Ausspruch über den Verfall aufgehoben, soweit
a) zum Vorteil der Nebenbeteiligten I. von einem über die erfolgte Anordnung hinausgehenden Wertersatzverfall abgesehen worden ist,
b) gegen die Nebenbeteiligten O. und V. 3 C. ganz von der Anordnung des Wertersatzverfalls abgesehen worden ist.
5. Die gegen die Angeklagten und die Nebenbeteiligte P. gerichteten Revisionen der Staatsanwaltschaft werden verworfen. Die Kosten dieser Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft sowie die den Angeklagten und der Nebenbeteiligten P. hierdurch entstandenen notwendigen Auslagen fallen der Staatskasse zur Last. 6. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die verbleibenden Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten G. wegen strafbarer Werbung in sechs Fällen zur Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und zwei Monaten verurteilt. Gegen die Angeklagten D. und S. hat es wegen strafbarer Werbung in 62 Fällen auf Gesamtfreiheitsstrafen von jeweils einem Jahr und sechs Monaten erkannt und die Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt. Im Übrigen hat es die Angeklagten freigesprochen. Den Verfall von Wertersatz hat es wie folgt angeordnet: – in das Vermögen des Angeklagten G. in Höhe von 244.467,- €, – in das Vermögen des Angeklagten D. in Höhe von 100.853,- €, – in das Vermögen des Angeklagten S. in Höhe von 58.700,- €, – in das Vermögen der Nebenbeteiligten I. in Höhe von 1.498.677,- €, – in das Vermögen der Nebenbeteiligten P. in Höhe von 671.136,- €.
2
Das Landgericht hat es abgelehnt, Verfallsanordnungen gegen die Nebenbeteiligten O. und V. 3 C. zu treffen.
3
Die Staatsanwaltschaft greift das Urteil mit den zu Ungunsten der Angeklagten und sämtlicher Nebenbeteiligten eingelegten Revisionen an. Sie sind auf den Ausspruch über den Verfall beschränkt und werden auf Verfahrensrügen und die Sachbeschwerde gestützt. Die Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft haben nur hinsichtlich der Nebenbeteiligten I. , O. und 3 C V. Erfolg.
4
Den auf Verfahrensrügen und die Sachbeschwerde gestützten Revisionen der drei Angeklagten bleibt ebenso der Erfolg versagt wie der auf die nicht näher ausgeführte Sachrüge gestützten Revision der Nebenbeteiligten P. . Die Revision der Nebenbeteiligten I. , die die Verletzung formellen und materiellen Rechts geltend macht, dringt demgegenüber mit der Sachbeschwerde durch.
5
Die Revisionen der Staatsanwaltschaft hinsichtlich der Nebenbeteiligten I. , O. und 3 C V. und die Revision der Nebenbeteiligten I. führen zur Teilaufhebung des Urteils und insoweit zur Zurückverweisung der Sache. Die Feststellungen sind indessen rechtsfehlerfrei getroffen und können daher bestehen bleiben (vgl. – auch zur Tenorierung – BGH NJW 2007, 1540). Der nunmehr zur Entscheidung berufene Tatrichter kann ergänzende, hierzu nicht in Widerspruch stehende Feststellungen treffen.

I.

6
Der Verurteilung der Angeklagten wegen strafbarer Werbung und den Verfallsanordnungen liegt zugrunde, dass die Angeklagten nach Auffassung des Landgerichts für im Versandhandel tätige Gesellschaften die Versendung standardisierter Werbesendungen (sog. Mailings), die unzutreffende Gewinnmitteilungen und Geschenkversprechen enthielten, zusammen mit Warenkatalogen veranlassten und organisierten und hierdurch den Warenabsatz steigerten.
7
1. Im Einzelnen ist – soweit im Rahmen der Revisionen von Bedeutung – folgendes festgestellt:
8
a) Zu den Taten:
9
aa) Der Angeklagte G. war im Tatzeitraum vom 30. Dezember 2002 bis zum 25. Oktober 2004 Präsident des Verwaltungsrats der 1964 von seinem Vater gegründeten Nebenbeteiligten I. , einer Holdinggesellschaft, die ihren Domizilsitz in der Schweiz hat. Seit 1993 ist der Bruder des Angeklagten G. , Gi. , alleiniger Aktionär. Seit Beginn der 1980er Jahre hielt die I. alle Geschäftsanteile der in Sc. ansässigen "OM.
", die bis Mitte der 1990er Jahre als Versandhandelsunternehmen am Markt auftrat und – seit 1989 auch über eine Tochtergesellschaft – Werbesendungen mit Gewinnversprechen versandte.
10
Wegen Beanstandungen von Verbraucher- und Wettbewerbsschützern und scharfen Angriffen in den Medien erfolgten zwei Umstrukturierungen, zunächst 1997 und dann 1999. Ziel der zweiten Umstrukturierung war es, die Tätigkeit des in Sc. ansässigen Unternehmens auf diejenige eines reinen Logistikdienstleisters zu beschränken und die rechtliche Verantwortung für künftige Werbesendungen auf abhängige ausländische Domizilgesellschaften (sog. Marketinggesellschaften) zu verlagern. Dementsprechend wurden der Name des nebenbeteiligten Unternehmens in "O. " und der Unternehmensgegenstand in Erbringung sog. "Fullfillment -Dienstleistungen" geändert. Die Konzeption von Werbesendungen wurde nunmehr von einer anderen Gesellschaft durchgeführt, der Se. , deren Anteile treuhänderisch für die I. gehalten wurden. Die Se. übernahm die hierfür zuständigen Mitarbeiter der Marketingabteilung der O. und mietete Büroräume in deren Gebäude in Sc. an.
11
Im Interesse der bzw. für die I. wurden im Ausland Gesellschaften gegründet oder bereits bestehende Gesellschaften "aktiviert", die im Versandhandel mit fünf Kataloglinien nach außen auftraten und unter deren Firma die Werbesendungen mit beigefügten entsprechenden Warenkatalogen verschickt wurden. Die ausländischen Gesellschaften wurden zweimal – ab 2001 und ab 2004 – durch andere ersetzt, als es Empfängern von Werbesendungen jeweils gelang, Vollstreckungstitel gegen sie zu erstreiten und Vollstreckungsmaßnahmen einzuleiten. Im Jahr 2000 hatte der Gesetzgeber mit § 661a BGB einen Leistungsanspruch des Verbrauchers aus Gewinnzusagen geschaffen, so dass sich die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen geändert hatten.
12
Im Zeitraum von 2001 bis 2003 traten folgende ausländische Gesellschaften auf: Unter Angabe der Firma der in Florenz gegründeten SVD wurden die Kataloglinien "Sch. & G. " und "P. B. " vertrieben. Absender der Kataloglinien "He. " und "Vi. " war die EMO mit Sitz in London. Werbesendungen der Kataloglinie "K. & L. " wurden unter Angabe der Firma VH mit Sitz in Paris verschickt. Im Zeitraum ab 2004 traten folgende ausländische Gesellschaften auf: Die Kataloglinie "Sch. & G. " wurde mit der Absenderangabe der Gesellschaft "D. M. C. mit - angeblichem - Sitz in Mailand vertrieben, die aber unter der angegebenen Firma nie errichtet worden war. Absender der Kataloglinien "He. " und "Vi. " war die niederländische B. . Der Versand der Werbesendungen der Kataloglinie "K. & L. " erfolgte unter der Absenderangabe der Nebenbeteiligten 3 C V. mit Sitz in Paris. Die ausländischen Gesellschaften hatten ganz überwiegend weder eigenes Personal noch eigene Räumlichkeiten. Die Konzeption der Werbesendungen für den Versandhandel wurde von der Se. entwickelt; die logistische Abwicklung erfolgte durch die O. . Allein die 3 C V. verfügte über Geschäftsräume im elsässischen L. und beschäftigte mehrere Mitarbeiter; die technische Abwicklung des Versandhandels erfolgte aber auch hier über die O. .
13
bb) Über die ausländischen Gesellschaften veranlassten und organisierten die Angeklagten die Versendung von Werbesendungen für die fünf Kataloglinien an Verbraucher, darunter die der Verurteilung zugrunde liegenden 66 Werbesendungen, die vom 30. Dezember 2002 bis zum 25. Oktober 2004 in einer Auflage von minimal 60.470 und maximal 700.936 Stück ausgesandt wurden. Die Schriftstücke enthielten standardisierten Text, in den die von der Abteilung Adressmarketing der O. selektierten Adressdaten eingedruckt waren; ihnen wurden die Warenkataloge der Kataloglinien beigefügt. Der Kundenstamm bestand vorwiegend aus älteren Personen mit geringem Bildungsniveau.
14
Die Werbesendungen enthielten – so das Landgericht – unzutreffende Gewinnmitteilungen und Geschenkversprechen, da die bezeichneten Gewinne und Geschenke nicht ausgekehrt wurden. Soweit behauptet wurde, es habe eine Vorabziehung eines Geldpreises stattgefunden, traf dies nicht zu oder es waren die gezogenen Gewinnnummern und -namen vernichtet worden. Soweit behauptet wurde, der Empfänger sei ein ausgesuchter "Gewinnberechtigter", der bei einer "Jackpotziehung" aufgrund seiner Gewinnnummer die Chance auf einen Gewinn habe, war dieselbe Gewinnnummer allen Empfängern zugeteilt worden, so dass der auf einen "Spieler" entfallende Gewinnanteil erwartungsgemäß unter der in den Teilnahmebedingungen jeweils festgelegten "Mindestgewinnsumme" von 1,50 € bis zu 5,- € lag. Soweit schließlich behauptet wurde, die Gewinnauskehrung würde im Rahmen einer Jahresendziehung erfolgen, fand hierbei keine Zufallsselektion statt, sondern wurden die Kunden mit den höchsten Umsätzen als "Gewinner" ausgewählt. Waren wertvolle Geschenke (Marken-Fernsehgeräte, -Videorekorder etc.) ausgelobt worden, so wurde der Warenlieferung nur "wertloser Plunder" mit einem Maximalwert von 3,- € beigelegt. War die Mitteilung enthalten, für den Empfänger sei ein – näher beschriebenes – Geschenk "reserviert" (sog. zweistufige Geschenkvergaben), erhielt der Besteller mit der ersten Warenlieferung überhaupt nichts. Ihm wurde hierbei lediglich mitgeteilt, er könne das Geschenk erhalten, wenn er nochmals eine Bestellung aufgebe. Der zweiten Warenlieferung wurde sodann ein solches beigegeben, welches allerdings bezogen auf die Anpreisung minderwertig war.
15
Die optische Gestaltung der Werbesendungen erfolgte in der Weise, dass der Empfänger nur die Anpreisung der Gewinne und Geschenke, nicht aber die Anpreisung einschränkende Aussagen wahrnehmen sollte. Die in Aus- sicht gestellte Chance, einen Gewinn zu erhalten, war nicht an den Erwerb der gleichzeitig angebotenen Waren gebunden. Die Übersendung der ausgelobten Geschenke wurde regelmäßig von einer Warenbestellung mit einem Mindestbestellwert von 15,- € abhängig gemacht. Nach den auf dem Bestellformular abgedruckten Bedingungen waren die Kunden berechtigt, die Waren binnen einer Frist von 30 Tagen zu testen ("Test-Anforderung") und bei Nichtgefallen zurückzusenden ("Kauf auf Probe"), wobei die Rückgabe mit (Versand-)Kosten verbunden war.
16
Exemplarisch kann auf folgende Werbesendung verwiesen werden, die unter dem "Betreff: Gewinnauszahlung 5.800 Euro!" folgendes persönliches Schreiben enthielt (UA S. 51): „Sehr geehrter Herr …, soeben komme ich aus der Buchhaltung, wo ich eigentlich Ihren Gewinnscheck aus der März-Vergabe abholen wollte, denn ich dachte, ich könnte Ihren Scheck gleich diesem Brief an Sie beilegen. Aber Sie wissen ja, wie Buchhalter so sind: immer muss alles 200%ig sein, bevor sie Bargeld oder Schecks aus der Hand geben. Und wehe, es fehlt eine Unterschrift oder ein Stempel! Also, Herr … Die Sache ist folgendermaßen: Herr H. , unser Chefbuchhalter, hat mir noch einmal bestätigt, dass es keinen Zweifel an Ihrem Bargeldgewinn gibt und dass mit der Auszahlung an Sie auch alles in Ordnung ist (die interne Aktennotiz habe ich Ihnen beigelegt). Es gibt also keinen Grund zur Beunruhigung. Allerdings hat er von der internen Firmenrevision natürlich seine Vorgaben , wie Auszahlungen ordnungsgemäß zu verbuchen sind, und da fehlt jetzt eben noch der unterschriebene Auszahlungs-Beleg von Ihnen, Herr …! Daher habe ich nun alle Unterlagen vorbereitet und möchte Sie bitten, den beigelegten Auszahlungs-Beleg schnell zu unterschreiben und um- gehend zurückzuschicken. Dann kann die Auszahlung an Sie bereits in den nächsten Tagen über die Bühne gehen. … Herr H. und ich würden uns übrigens freuen, wenn Sie uns in diesem Zusammenhang auch wieder einmal mit einer kleinen Bestellung beauftragen würden. … Ich möchte Sie wirklich zu nichts überreden, aber wenn Sie sich ohnehin etwas aus unserem aktuellen Angebot aussuchen möchten, könnte ich Ihre Sendung gleich mit anderen Lieferungen rausschicken."
17
Dass der Empfänger noch nicht gewonnen hatte, sondern nur an einem Gewinnspiel teilnehmen werde, ergab sich hier aus optisch schwer zugänglichen "Vergabe-Bedingungen" auf der Rückseite des "Auszahlungs-Belegs". Ein solches Gewinnspiel fand jedoch, wie von den Angeklagten beabsichtigt, überhaupt nicht statt. Des Weiteren enthielt dieselbe Werbesendung auf einem gesonderten Blatt für den Fall eines Mindestbestellwerts von 15,- € folgendes Geschenkversprechen über eine Damenuhr (UA S. 52): "Ein Hauch von Luxus – unser Dankeschön der Extraklasse für Sie … Für Sie GRATIS statt 29,95".
18
Tatsächlich erhielt der Kunde eine Uhr, die in Hongkong für einen Einkaufspreis von 1,80 US-$ beschafft worden war.
19
cc) Der Angeklagte D. , der bis Ende 2003 Geschäftsführer der O. war, hatte im gesamten Tatzeitraum die Entscheidungsgewalt auch bei der Se. , und zwar sowohl in allen Konzeptionsgesprächen für die einzelnen Werbesendungen als auch in allen die ausländischen Gesellschaften betreffenden fachlichen Fragen. Die Geschäftsführerin der Se. führte seine Anweisungen aus. Dem als Rechtsanwalt tätigen Angeklagten S. wurden sämtliche Werbesendungen zur rechtlichen Prüfung vorgelegt. Er wirkte an deren inhaltlicher Gestaltung mit; insoweit hatte er das "letzte Wort". Außerdem hatte er maßgeb- lichen Anteil an der Gründung und Steuerung der ausländischen Gesellschaften. Dass der Angeklagte G. an der Konzeption der einzelnen Werbesendungen beteiligt war, hat die Strafkammer nicht festgestellt. Im Interesse der I. steuerte er allerdings "die operative Tätigkeit der zur I. - Gruppe gehörenden Unternehmen … und (gab) die strategische Richtung" vor; er schuf "den unternehmerischen Rahmen für die Anfertigung und Versendung der auch von ihm gewollten Werbesendungen der hier relevanten Art" (UA S. 110). Der Angeklagte G. traf die Entscheidungen, die Kataloglinien unter der Absenderangabe der jeweiligen ausländischen Gesellschaft zu vertreiben , und erteilte die entsprechenden Weisungen zur "Installierung" und Nutzung der sechs Gesellschaften SVD, EMO, VH , DMC, B. und 3 C V. , unter deren Firmen die verfahrensgegenständlichen Werbesendungen verschickt wurden.
20
Die Angeklagten wussten, dass die Gewinne und Geschenke nicht ausgekehrt würden. Dessen ungeachtet wollten sie durch die Werbesendungen den Eindruck der Großzügigkeit und Kundenfreundlichkeit sowie den Anschein eines besonders günstigen Warenangebots hervorrufen. Sie wollten insbesondere ältere Empfänger beirren, um den Warenabsatz im Versandhandel zu fördern. Die Angeklagten gingen aufgrund mehrjähriger Erfahrungen davon aus, dass der Warenabsatz durch die Gewinnmitteilungen und Geschenkversprechen gefördert werden konnte (UA S. 28) und – so die Notiz über eine Besprechung unter anderem der Angeklagten G. und D. – "dieses Geschäft im Wesentlichen ohne Gewinnspiele nicht läuft" (UA S. 122). Die Angeklagten G. und D. vertrauten allerdings auf die Versicherung des Angeklagten S. , die Werbesendungen, wenngleich sie gegebenenfalls wettbewerbswidrig seien, überschritten die Grenze der Strafbarkeit nicht.
21
b) Zum Verfall:
22
Die ausländischen Gesellschaften hatten zunächst von Mitarbeitern der Buchhaltungsabteilung der O. verwaltete Girokonten gehabt. Nach Einführung der Vorschrift des § 661a BGB im Jahr 2000 entschied der Angeklagte G. auf Rat des Angeklagten S. , die Umsatzerlöse im Interesse der I. über eine weitere Gesellschaft "abzusichern", um sie dem Zugriff etwaiger den Leistungsanspruch aus Gewinnzusagen einklagender Kunden zu entziehen. Dementsprechend gründete der Angeklagte S. die F. , deren Geschäfte im Auftrag des Angeklagten G. und in enger Absprache mit den Angeklagten D. und S. geführt wurden. Indem für die F. eingerichtete Konten auf den für die Warenbestellungen ausgegebenen Rechnungs- und Zahlungsformularen aufgedruckt wurden, wurde nunmehr der gesamte Zahlungsverkehr der ausländischen Gesellschaften über die F. abgewickelt.
23
Im Zeitraum vom 1. Januar 2003 bis zum 4. November 2004 gingen auf Konten der F. Zahlungen von Kunden der ausländischen Gesellschaften in Höhe von insgesamt ca. 149 Mio. € ein, wovon ca. 92 Mio. € ("abgerundet 60%") auf Konten der O. weitergeleitet wurden. Aufgrund sämtlicher im nämlichen Zeitraum zum Versand gegebener Werbesendungen bestellten Kunden bei den ausländischen Gesellschaften Waren für insgesamt ca. 177 Mio. €, wovon 68.006.573,36 € ("= 38%") auf die der Verurteilung zugrunde liegenden 66 Werbesendungen entfielen. Ausgehend von diesem Bestellvolumen für die abgeurteilten Taten hat die Strafkammer durch Abzug eines Sicherheitsabschlags für Forderungsausfälle und Retouren von 20% den entsprechenden Umsatzerlös mit 54.405.258,- € berechnet. Den Anteil, der hiervon an die O. weitergeleitet wurde, hat die Kammer auf 60%, somit 32.643.155,- €, geschätzt. Sie hat insoweit unter Zugrundelegung einer Quote von 5,34% – diese ist dem Jahresabschluss 2003 der O. als Verhältnis des Betriebsgewinns zur Gesamtleistung des Betriebes entnommen – einen Gewinn von 1.743.144,- € ermittelt. Über das Vermögen der O. ist mittlerweile das Insolvenzverfahren eröffnet.
24
In dem benannten Zeitraum leistete die O. an die I. insgesamt 2.300.763,01 € aus eigenen Mitteln. Darin enthalten war der Gewinn aus den abgeurteilten Taten, welchen die O. unverkürzt an die I. weiterleitete. Im Jahr 1999 hatte die I. als damals einzige Gesellschafterin der O. eine Gewinnausschüttung in Höhe von mindestens 16 Mio. DM an sich selbst beschlossen. Da die O. hierzu finanziell nicht imstande war, stundete ihr die I. den Ausschüttungsbetrag; im Gegenzug verpflichtete sich die O. , den Betrag mit jährlich 6% zu verzinsen. Von Seiten der der O. Kredit gewährenden Volksbank wurden diese als Darlehen bezeichneten vertraglichen Regelungen nicht anerkannt.
25
Der Angeklagte G. erhielt Ende Dezember 2003 von der I. einen Betrag von 1 Mio. SFr. (umgerechnet 643.335,05 €). Hiervon waren mindestens 244.467,- € Tatentgelt für die abgeurteilten Taten; dies entspricht dem Anteil von 38% des auf die abgeurteilten Taten entfallenden Bestellvolumens, bezogen auf das Bestellvolumen sämtlicher im nämlichen Zeitraum verschickter Werbesendungen.
26
Der Angeklagte D. erhielt in den Jahren 2003 und 2004 für seine Mitwirkung an der Verwaltung der ausländischen Gesellschaften und an der Konzeption der Werbesendungen insgesamt ein Entgelt von 265.402,82 €, wovon 38%, damit 100.853,- €, auf die abgeurteilten Taten entfielen. Dem Angeklagten S. wurden von den ausländischen Gesellschaften für die Mitwirkung an ihrer Verwaltung und für die rechtliche Prüfung der Werbesendungen tatbezogene Honorare von 58.700,- € gezahlt (38% von 154.473,74 €). Daneben wurden von Konten der F. insgesamt 28.484.315,86 € auf das Geschäftskonto der Rechtsanwaltssozietät Sch. & S. – der Angeklagte S. ist Sozius – transferiert. In der Folge wurden Rechnungen der Lieferanten der ausländischen Gesellschaften von diesem Konto bezahlt. "Auf diese Weise" wurden weitere 19.560.762,38 € auf Konten der O. weitergeleitet (UA S. 142).
27
Die Adressdaten sämtlicher Kunden der ausländischen Gesellschaften waren zentral auf dem Server der O. gespeichert und wurden von Mitarbeitern der Abteilung "Adressmarketing" verwaltet. Aus dem Bestand wurden dabei jeweils die Daten derjenigen Empfänger von Werbesendungen gelöscht, die für eine gewisse Zeit keine Bestellungen aufgegeben hatten (UA S. 105). Auf Anweisung der Angeklagten G. und D. wurden die Adressdaten über die zu diesem Zweck im Interesse der I. gegründete Nebenbeteiligte P. an externe Unternehmen "vermietet". In dem benannten Zeitraum erzielte die P. hieraus Einnahmen von mindestens 1.766.147,- €, wovon mindestens 38%, damit 671.136,- €, auf die abgeurteilten Taten entfielen.
28
Zur Höhe der von der 3 C V. erlangten "Vermögensvorteile" aus den abgeurteilten Taten hat die Strafkammer keine Feststellungen zu treffen vermocht.
29
2. Die Strafkammer hat die Feststellungen rechtlich wie folgt gewürdigt:
30
a) Zu den Taten:
31
Die Versendung der Werbesendungen zusammen mit den Warenkatalogen hat sie als strafbare Werbung nach § 4 Abs. 1 UWG aF und nach § 16 Abs. 1 UWG nF gewertet. Dass sich die unwahren und zur Irreführung geeigneten Angaben in den Werbesendungen nicht ausdrücklich auf die zugleich angebotenen Waren bezogen, sei unschädlich, weil insoweit der zumindest bestehende wirtschaftliche Zusammenhang ausreiche. Die Angeklagten hätten als Mittäter (§ 25 Abs. 2 StGB) gehandelt. Die Angeklagten D. und S. hätten durch ihren Einfluss auf die Konzeption jeder der Werbesendungen jeweils eine eigenständige Tat begangen. Die maßgeblichen Tatbeiträge des Angeklagten G. , dessen Beteiligung an der Konzeption der einzelnen Werbesendungen nicht festgestellt worden ist, hat die Kammer darin gesehen, dass er jeweils die Gründung bzw. Nutzung der sechs ausländischen Gesellschaften zum Zwecke des Versands der Kataloglinien einschließlich der Werbesendungen veranlasste. Sie hat ihn deshalb wegen sechs Taten verurteilt.
32
Weiterhin hat die Kammer angenommen, die Angeklagten G. und D. hätten in einem Verbotsirrtum (§ 17 StGB) gehandelt, weil sie auf die Angaben des Angeklagten S. zur Straflosigkeit der Werbesendungen vertraut hätten. Allerdings sei der Verbotsirrtum für beide vermeidbar gewesen, da sie es versäumt hätten, die Rechtsmeinung eines unparteiischen Rechtskundigen einzuholen.
33
b) Zum Verfall:
34
Die Kammer hat zunächst die ausländischen Gesellschaften als aus den Taten Bereicherte angesehen, die im Sinne von § 73 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 StGB unmittelbar eine erhöhte Chance dahin erlangt hätten, dass durch die Werbesendungen die Empfänger zur Aufgabe einer Bestellung veranlasst wurden. Von einer Verfallsanordnung gegen die 3 C V. hat sie gleichwohl nach § 73c Abs. 1 Satz 2 StGB abgesehen, weil dieser "Wettbewerbsvorteil" letztlich an die I. verschoben und dort abgeschöpft wurde. Weitere "Vermögensvorteile" aus hiesiger Werbung hätten indessen nicht festgestellt werden können (UA S. 156).
35
Auch gegen die O. hat die Kammer den (Wertersatz-)Verfall nicht angeordnet. Zwar sei der von den ausländischen Gesellschaften erlangte Wett- bewerbsvorteil an die O. im Sinne von § 73 Abs. 3 StGB verlagert worden. Dessen – im Wege der Schätzung zu bemessender (§ 73b StGB) – wirtschaftlicher Wert entspreche dem Gewinn, den die O. aus der Abwicklung der Bestellungen erzielt habe, damit dem Betrag von 1.743.144,- €, so dass die Voraussetzungen des Wertersatzverfalls nach § 73a StGB insoweit vorlägen. Die Kammer hat von dessen Anordnung jedoch nach § 73c Abs. 1 Satz 2 StGB abgesehen , weil dieser Gewinn in voller Höhe an die I. weiter verschoben wurde. Im Übrigen würde eine Verfallsanordnung die Insolvenzmasse schmälern, die ohnehin "voraussichtlich" nicht ausreichen werde, um alle Gläubiger zu befriedigen.
36
Die Anordnung des Wertersatzverfalls gegen die I. erfasst nach Auffassung der Kammer einen Teilbetrag von 1.498.677,- €. Dieser entspreche dem durch die O. erzielten und unverkürzt weitergeleiteten Gewinn, der um das anteilige Tatentgelt des Angeklagten G. zu reduzieren sei. Die im Jahr 1999 zwischen der I. und der O. abgeschlossene, als Darlehen bezeichnete Vereinbarung führe nicht zu einer unbemakelten Forderung, welche die Anwendung von § 73 Abs. 3 StGB ausschließe (UA S. 150). Zivilrechtliche Ansprüche von geschädigten Kunden im Sinne von § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB seien nicht ersichtlich (UA S. 151). In Höhe des an den Angeklagten G. gezahlten Tatentgelts hat die Kammer von der Verfallsanordnung nach § 73c Abs. 1 Satz 2 StGB abgesehen, weil "andernfalls mehr abgeschöpft würde, als … tatsächlich erlangt" worden sei (UA S. 153).
37
Gegen den Angeklagten G. hat die Kammer den Wertersatzverfall in Höhe des Tatentgelts von 244.467,- € angeordnet. Sie hat es abgelehnt, darüber hinaus die Einnahmen der I. als relevante Vermögensmehrung beim Angeklagten G. zu bewerten. Auch hinsichtlich der Angeklagten D. und S. hat die Kammer jeweils den Wert des Tatentgelts von 100.853,- € bzw. 58.700,- € für verfallen erklärt. Beim Angeklagten S. hat die Kammer den Betrag von 28.484.315,86 € nicht berücksichtigt, der dem Geschäftskonto der Rechtsanwaltssozietät Sch. & S. von Konten der F. zufloss.
38
Die P. habe aus der "Vermietung" der durch strafbare Werbung erlangten (§ 73 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 StGB) Adressdaten der ausländischen Gesellschaften Einnahmen von anteilig 671.136,- € erzielt, die als gezogene Nutzungen im Sinne von § 73 Abs. 2 Satz 1 StGB dem Wertersatzverfall (§ 73a StGB) unterlägen.

II.

39
Bezüglich der Angeklagten D. und S. kann der Senat den Schuldspruch – wie geschehen – anhand der Urteilsgründe berichtigen. Im Hinblick auf die Anzahl der diesen Angeklagten zuzurechnenden Taten – 66 anstatt 62 Fälle – handelt es sich um ein offensichtliches Fassungsversehen im Urteilstenor (vgl. BGH, Beschl. vom 5. April 2000 – 3 StR 75/00; Beschl. vom 5. September 2001 – 1 StR 317/01).

III.

40
Revisionen der Angeklagten:
41
Den Revisionen der drei Angeklagten bleibt der Erfolg versagt.
42
1. In sachlich-rechtlicher Hinsicht ohne Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten ist die Verurteilung wegen strafbarer Werbung in sechs bzw. 66 Fällen.
43
a) Das Landgericht hat zutreffend angenommen, dass die Versendung der Werbesendungen zusammen mit den Warenkatalogen die tatbestandlichen Voraussetzungen des – bis zum 7. Juli 2004 gültigen – § 4 Abs. 1 UWG aF und des – seither gültigen – § 16 Abs. 1 UWG nF erfüllt.
44
aa) Dass es sich bei den Werbesendungen, die jeweils standardisierten Text enthielten und mit Hilfe von Adressdatenbanken in Auflagen von zumindest 60.470 Stück an die Empfänger verschickt wurden, um Mitteilungen handelte , die für einen größeren Kreis von Personen bestimmt waren, bedarf keiner näheren Begründung.
45
bb) Die Angaben in den Werbesendungen waren nach einem objektiven Maßstab unwahr.
46
Ohne beschwerenden Rechtsfehler hat das Landgericht im Hinblick auf die Gewinnmitteilungen darauf abgestellt, dass eine Chance der Empfänger, bei einem Gewinnspiel einen Geld- oder sonstigen Preis zu erhalten, tatsächlich nicht bestand und daher nur vorgetäuscht war. Hinzu kommt, dass – über die Bewertung des Landgerichts hinaus – bei den einzelnen Gewinnmitteilungen unwahre Angaben schon deswegen gegeben sind, weil der Text nur so verstanden werden kann, dass der Empfänger bereits den Preis gewonnen hatte. Die Unwahrheit derartiger Angaben kann nicht ohne weiteres dadurch beseitigt werden, dass an anderer Stelle – etwa in optisch schwer zugänglichen "Vergabe -Bedingungen" auf der Rückseite eines sog. "Auszahlungs-Belegs" (UA S. 52) – Gegenteiliges behauptet wird (vgl. BGH NJW 2002, 3415; OLG Celle NStZ-RR 2005, 25). Weil die Angeklagten durch den verkürzten rechtlichen Ansatz des Landgerichts nicht beschwert sein können, kommt es in diesem Zusammenhang hierauf allerdings nicht an.
47
Zutreffend ist das Landgericht davon ausgegangen, dass auch die Geschenkversprechen unwahre Angaben enthielten. Denn die der Warenlieferung tatsächlich beigelegten Gegenstände entsprachen nicht den ausgelobten Geschenken (Marken-Fernsehgeräte, -Videorekorder etc.); vielmehr handelte es sich um "wertlosen Plunder". Für die sog. zweistufigen Geschenkvergaben ergibt sich die Unwahrheit insbesondere auch daraus, dass die Wendung, ein näher beschriebenes Geschenk sei "reserviert", in den Werbesendungen sinnentstellt verwendet wurde; hiermit sollte offensichtlich lediglich verbrämt werden, dass ein – noch dazu minderwertiges – Geschenk erst einer zweiten Warenlieferung beigegeben wurde.
48
cc) Aus der Unwahrheit der für die Werbeaussage zentralen Angaben ergab sich hier, dass diese aufgrund ihres – insoweit maßgeblichen (vgl. BGHSt 2, 139, 145; BGHR UWG § 4 [aF] Irreführung 1; Diemer in Erbs/Kohlhaas , Strafrechtliche Nebengesetze 168. Lfg. § 16 UWG Rdn. 32a) – Gesamteindrucks zur Irreführung geeignet waren. Darauf, ob die Empfänger tatsächlich einem Irrtum unterlegen waren, kommt es hingegen nicht an (Bornkamm in Hefermehl /Köhler/Bornkamm, UWG 26. Aufl. § 16 Rdn. 9). Hinzu kommt, dass der Kundenstamm, an den sich die Werbesendungen richtete, vorwiegend aus älteren Personen mit geringem Bildungsniveau bestand, die für die bezeichneten, Großzügigkeit und Kundenfreundlichkeit vortäuschenden Werbeaussagen besonders empfänglich waren (zur Maßgeblichkeit der von der Werbung konkret angesprochenen Zielgruppe für das Verbraucherleitbild vgl. nur Köhler in Hefermehl /Köhler/Bornkamm aaO § 1 Rdn. 20, 27 m.w.N.). Die Werbesendungen waren darauf angelegt, diesen Personen den Eindruck zu vermitteln, der jeweilige Empfänger sei gegenüber anderen Warenbestellern privilegiert (vgl. BGH NJW 2002, 3415, 3416).
49
dd) Die Annahme des Landgerichts, dass sich die Angaben nicht auf persönliche Verhältnisse, Eigenschaften oder Motive des Werbenden, sondern auf geschäftliche Verhältnisse im Sinne von § 4 Abs. 1 UWG aF bezogen, entspricht gefestigter Rechtsprechung (vgl. BGHSt 36, 389, 392; BGH NJW 2002, 3415, 3416; Kempf/Schilling wistra 2007, 41, 45). Daher wirkt sich hier nicht aus, dass der Gesetzgeber dieses Tatbestandsmerkmal in § 16 Abs. 1 UWG nF nicht übernommen hat (vgl. hierzu einerseits Bornkamm aaO § 16 Rdn. 8; andererseits Diemer aaO Rdn. 19, 39 ff.).
50
ee) Entgegen der in den Revisionen der Angeklagten G. und S. geäußerten Auffassung fehlt es ebenso wenig an einem Zusammenhang zwischen den unwahren und zur Irreführung geeigneten Angaben in den Werbesendungen und den (Waren-)Angeboten.
51
(1) Das Erfordernis eines Zusammenhangs zwischen Werbung und beworbener Ware oder Leistung ist zwar im Gesetzeswortlaut nicht ausdrücklich niedergelegt, ergibt sich aber aus der Voraussetzung in § 4 Abs. 1 UWG aF und § 16 Abs. 1 UWG nF, dass der Täter in der Absicht handelt, den Anschein eines besonders günstigen Angebots hervorzurufen (vgl. nur Rengier in Fezer, UWG § 16 Rdn. 98). Ein solcher Zusammenhang ist unzweifelhaft gegeben, wenn im Sinne eines rechtlichen Zusammenhangs der in der Werbeaussage versprochene Vorteil vom beabsichtigten Erwerbsgeschäft abhängig gemacht wird, so dass eine Kopplung der – vermeintlichen – Vorteilserlangung an die Bestellung der beworbenen Ware bzw. an die Inanspruchnahme der beworbenen Leistung vorliegt (vgl. BGH NJW 2002, 3415, 3416: "im Sinne einer vertraglichen Gegenleistung" ; ferner zur Wettbewerbswidrigkeit BGHZ 147, 296, 302 [GewinnZertifikate ]; 151, 84 [Kopplungsangebot I]; BGH WRP 2002, 1259 [Kopplungsangebot II]). In dieser Fallkonstellation versteht sich von selbst, dass das Angebot des Werbenden neben der Ware oder Leistung auch den weiteren Vorteil umfasst. Der Kunde, der eine bestimmte Ware zu einem bestimmten Preis kauft, erwirbt dann nicht nur diese Ware, sondern etwa auch eine Gewinnchance. Ob die Anwendung von § 4 Abs. 1 UWG aF und § 16 UWG nF insoweit auf diese Fallkonstellation beschränkt ist, hat der Bundesgerichtshof zuletzt in der sog. "Kaffeefahrtenentscheidung" ausdrücklich offen gelassen; freilich hat er zugleich Gründe dafür erörtert, dass auch ein sog. wirtschaftlicher Zusammenhang ausreichen könnte (BGH NJW aaO unter kritischer Bewertung von OLG Hamm WRP 1963, 176; OLG Köln MDR 1964, 1028). Denn der Unternehmer setzt die Anpreisung der weiteren geldwerten Vorteile als Werbemaßnahme zur Förderung seines Absatzes ein, aus deren Erlös wiederum die Kosten der Werbung zu finanzieren sind (BGH NJW aaO).
52
Für Fälle der vorliegenden Art entscheidet der Senat die Rechtsfrage nunmehr dahin, dass ein rechtlicher Zusammenhang nicht zwingend erforderlich ist, es also keiner strikt auf das beabsichtigte Erwerbsgeschäft bezogenen sachlichen Verknüpfung des angepriesenen Vorteils bedarf (ebenso Brammsen in MünchKomm-UWG § 16 Rdn. 44; a.A. Rengier aaO Rdn. 98 ff.; Rose wistra 2002, 370, 374 [mit – unzutreffendem – Hinweis auf BGHSt 36, 389]). Eine solche Einschränkung des Tatbestands der strafbaren Werbung läge bereits nach dem Gesetzeswortlaut fern, der lediglich an den beabsichtigten Anschein der Günstigkeit des Angebots anknüpft. Der Gesetzeswortlaut legt vielmehr nahe, dass jeder – vermeintliche – Vorteil genügt, der das Angebot in einem besonders günstigen Licht erscheinen lassen soll (vgl. Bornkamm aaO § 16 Rdn. 17). Von Bedeutung ist in Fällen der vorliegenden Art insoweit nur, ob der angepriesene geldwerte Vorteil mit der Ware oder Leistung als einheitliches Angebot zu qualifizieren ist. Aber auch nach dem Gesetzeszweck ist eine weitergehende Einschränkung des Anwendungsbereichs nicht gerechtfertigt. Denn Schutzzweck des § 4 Abs. 1 UWG aF und des § 16 Abs. 1 UWG nF ist in erster Linie der Verbraucherschutz. Der Verbraucher soll vor zweckverfehltem und – im Vorfeld der Betrugsstrafbarkeit nach § 263 StGB – vermögensschädigendem Mitteleinsatz bewahrt werden (vgl. Bornkamm aaO § 16 Rdn. 2; Piper in Piper /Ohly, UWG 4. Aufl. § 16 Rdn. 4); nur wenn er seine Entscheidung auf zutreffender Tatsachengrundlage treffen kann, wird er auch seiner marktregulierenden Funktion gerecht (vgl. Alexander WRP 2004, 407, 411). Vor dem Hintergrund dieses Schutzzwecks ist nicht ersichtlich, warum gerade die Fälle aus dem Anwendungsbereich der Strafnorm ausgenommen werden sollten, in denen mit bewusst undurchsichtig gehaltenen Paketen aus Waren bzw. Leistungen und sonstigen tatsächlich nicht vorhandenen Vorteilen geworben wird. Unter Schutzzweckgesichtspunkten scheint in diesen Fällen vielmehr die Gefahr für die Dispositionsfreiheit der Verbraucher hoch.
53
Für die Frage, ob ein einheitliches Angebot gegeben ist, ist maßgeblich der – vom Täter intendierte – Gesamteindruck der Werbeaussage auf die Adressaten. Dieser Maßstab ist im Übrigen auch für den die Irreführung regelnden zivilrechtlichen Tatbestand des § 5 Abs. 1 UWG anerkannt (vgl. nur Bornkamm aaO § 5 Rdn. 2.90 m. umfangreichen Nachw. aus der Rspr.). Dabei kommt es im Sinne eines wirtschaftlichen Zusammenhangs entscheidend darauf an, dass nach den Vorstellungen des Täters ("Absicht") die Entscheidung des Adressaten für das Erwerbsgeschäft unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten von dem angepriesenen geldwerten Vorteil beeinflusst wird. Es liegt nahe, dass ein Interessent einen Gewinnvorteil oder ein Geschenkversprechen mit dem Warenangebot zusammen sehen und insgesamt von einem günstigen Angebot ausgehen wird (vgl. BGH NJW 2002, 3415, 3416).
54
(2) Gemessen an den dargelegten Anforderungen hat das Landgericht den Zusammenhang zwischen Werbesendungen und zugleich angebotener Ware rechtsfehlerfrei bejaht.
55
Soweit die Übersendung der ausgelobten Geschenke von einer Warenbestellung mit einem Mindestbestellwert abhängig gemacht wurde, liegt bereits ein rechtlicher Zusammenhang vor. Darauf, dass entsprechend dem Bestellformular ("Test-Anforderung") die Kunden berechtigt waren, die Waren binnen einer näher bestimmten Frist zurückzusenden, kommt es nicht an. Denn auch mit der Vereinbarung eines Kaufs auf Probe – hier entgegen der Auslegungsregel des § 454 Abs. 1 Satz 2 BGB unter der auflösenden Bedingung der fristgerechten Missbilligung – ist ein Kaufvertrag abgeschlossen (vgl. nur Weidenkaff in Palandt, BGB 67. Aufl. § 454 Rdn. 8). Damit standen mit der Warenbestellung Leistung und Gegenleistung bereits in einem synallagmatischen Austauschverhältnis , an dem nach den vertraglichen Absprachen auch das Geschenkversprechen teilnahm. Die Möglichkeit der Kunden, nachträglich von ihrem Gestaltungsrecht Gebrauch zu machen, ändert hieran nichts, zumal dies wiederum mit Kosten verbunden gewesen wäre. Gleiches gilt erst recht für das bei Fernabsatzverträgen wie hier bestehende Widerrufs- und/oder Rückgaberecht (vgl. § 312d BGB).
56
Im Übrigen hat das Landgericht zu Recht das Vorliegen eines wirtschaftlichen Zusammenhangs angenommen. Nach dem Gesamteindruck der Werbesendungen zielte die Absicht der Angeklagten darauf ab, dass die Empfänger die Gewinnmitteilungen in Verbindung mit den Warenkatalogen sehen und insgesamt von einem günstigen Angebot ausgehen. Die angepriesenen Gewinne waren somit Teil des einheitlichen Gesamtangebots. Die enge Verbindung von Werbesendungen und Katalogangebot zeigt sich auch darin, dass beides zusammen verschickt wurde. Die personalisierten Werbesendungen waren darauf ausgerichtet, dass sich der Empfänger gegenüber anderen Warenbestellern privilegiert fühlen sollte. Ihre Gestaltung erfolgte deshalb in der Weise, dass für den Empfänger der Eindruck entstehen sollte, schon begünstigt worden zu sein; vor diesem Hintergrund erschien auch die Ware günstiger, weil der Kunde für sein Geld vermeintlich mehr erhielt als nur diese. Dieser Zusammenhang wird etwa besonders deutlich, wenn nach der Ankündigung einer "Gewinnauszahlung 5.800,- €" der Empfänger darum gebeten wird, anlässlich der Rücksendung des unterschriebenen "Auszahlungsbelegs" das Versandhandelsunternehmen "in diesem Zusammenhang auch wieder einmal mit einer kleinen Bestellung (zu) beauftragen" (UA S. 51). In diesem Sinne suggerierte die Werbung Kundenfreundlichkeit und Großzügigkeit. Allein zu diesem Zweck setzten die Angeklagten die aufwendig gestalteten und sehr kostenintensiven Werbesendungen ein. Auch die Angeklagten gingen davon aus, der Warenabsatz werde durch die Gewinnmitteilungen gefördert und gerade der von den Angeklagten betriebene Versandhandel mit den betreffenden Kataloglinien sei von derartigen Werbemaßnahmen abhängig. Besonders prägnant brachten dies die Angeklagten G. und D. zum Ausdruck, indem sie – einer Notiz über eine Besprechung zufolge – "verdeutlicht(en), dass dieses Geschäft im Wesentlichen ohne Gewinnspiele nicht läuft" (UA S. 122). Die durch das Gesamtangebot bewirkte Umsatzsteigerung war Beweggrund ihres Tuns (UA S. 127).
57
b) Ein von sämtlichen Angeklagten mit ihren Revisionen geltend gemachter unvermeidbarer Verbotsirrtum (§ 17 Satz 1 StGB) liegt nicht vor. Der Senat kann dem Landgericht auch nicht darin folgen, dass die Angeklagten G. und D. überhaupt in einem, wenngleich vermeidbaren Verbotsirrtum (§ 17 Satz 2 StGB) gehandelt hätten; freilich sind diese Angeklagten hierdurch nicht beschwert. Die rechtsirrigen Vorstellungen der drei Angeklagten erweisen sich im Kern lediglich als Fehleinschätzung, sich den für wettbewerbswidrige Werbemaßnahmen vorgesehenen Rechtsfolgen entziehen zu können.
58
Ein Verbotsirrtum im Sinne von § 17 StGB liegt nicht schon dann vor, wenn der Täter keine Kenntnis von der Strafbarkeit seines Verhaltens und der Anwendbarkeit eines Strafgesetzes hat. Dies ergibt sich schon aus dem Wort- laut des § 17 Satz 1 StGB ("Fehlt dem Täter … die Einsicht, Unrecht zu tun"; vgl. BGHSt 45, 97, 100 f.). Für die Unrechtseinsicht ist bereits ausreichend das Bewusstsein eines Verstoßes gegen die Rechtsordnung (BGHR StGB § 17 Unrechtsbewusstsein 1; Bornkamm aaO § 16 Rdn. 19). In einem Verbotsirrtum handelt ein Täter also nur dann, wenn ihm die Einsicht fehlt, dass sein Tun gegen die durch verbindliches Recht erkennbare Wertordnung verstößt (Fischer, StGB 55. Aufl. § 17 Rdn. 3 m.w.N.). Ob der Täter glaubt, straf-, öffentlich- oder zivilrechtliche Normen zu verletzen, hat hingegen grundsätzlich keine Bedeutung (Cramer/Sternberg-Lieben in Schönke/Schröder, StGB 27. Aufl. § 17 Rdn. 5; vgl. auch – zur irrigen Annahme einer Ordnungswidrigkeit anstelle einer Straftat – BGHSt 11, 263, 266; BGHR aaO).
59
Die Angeklagten rechneten – auch nach eigenen Angaben des Angeklagten S. (vgl. UA S. 98) – damit, dass die Werbemaßnahmen wettbewerbsrechtlich unzulässig waren, also gegen verbindliches Recht verstießen. Gerade die Umstrukturierungen des Versandhandelsunternehmens dienten dazu , sich der aus den Wettbewerbsverstößen gezogenen Vorteile zu versichern und sich den Folgen zu entziehen. Dies gilt gleichermaßen für Beanstandungen von Wettbewerbs- und Verbraucherschützern wie für zivilrechtliche Ansprüche von Verbrauchern. Dass "bestehende Kataloglinien ausländischen Gesellschaften ohne Gegenleistung (!) überlassen" wurden, war "eine konsequente Fortsetzung der vom Angeklagten G. praktizierten Strategie …, den in Deutschland betriebenen Versandhandel mit wettbewerbswidriger Werbung zu fördern" (UA S. 116). Weil sich die Angeklagten nach alledem der Normwidrigkeit ihres Verhaltens in Bezug auf die durch § 4 Abs. 1 UWG aF und § 16 Abs. 1 UWG nF geschützten Rechtsgüter bewusst waren, ist es von vornherein ohne Belang, dass sie davon ausgingen, dies habe keine strafrechtlichen Konsequenzen , sondern könne "nur" zivilrechtliche Folgen nach sich ziehen, denen sie erfolgreich entgehen könnten.
60
c) Die Bewertung des Landgerichts, die Angeklagten hätten als Mittäter im Sinne von § 25 Abs. 2 StGB gehandelt, ist nicht zu beanstanden. Zutreffend hat es auch die Anzahl der Taten für jeden Angeklagten nach der Art seiner Tatbeiträge beurteilt.
61
Der Angeklagte G. war dementsprechend nur wegen sechs tatmehrheitlich begangenen Taten zu verurteilen, weil er an der Konzeption der einzelnen 66 Werbesendungen nicht beteiligt war, seine Beiträge vielmehr im Vorfeld der Einzeltaten beging, indem er jeweils die Gründung bzw. Nutzung der sechs ausländischen Gesellschaften veranlasste. Die Einzeltaten sind dem Angeklagten G. zwar als in gleichartiger Tateinheit begangen zuzurechnen (BGH NStZ-RR 2004, 352; Fischer aaO vor § 52 Rdn. 35). Gemäß § 260 Abs. 4 Satz 5 StPO sieht der Senat jedoch aufgrund des Gebots der Klarheit und Verständlichkeit der Urteilsformel davon ab, diese entsprechend zu ergänzen (vgl. BGH NJW 2007, 2864, 2867 m.w.N.; Beschl. vom 4. März 2008 – 5 StR 594/07 – Rdn. 11).
62
2. In sachlich-rechtlicher Hinsicht ohne Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten ist auch der Ausspruch über den (Wertersatz-)Verfall.
63
Das Landgericht hat angenommen, dass die drei Angeklagten folgende Beträge "für" die Taten erlangten (§ 73 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 StGB): der Angeklagte G. 244.467,- €, der Angeklagte D. 100.853,- € und der Angeklagte S. 58.700,- €. Gegen die Bewertung der jeweiligen Vermögensmehrung als Tatentgelt und deren Bemessung gemäß § 73b StGB – anhand eines Anteils von 38% des auf die abgeurteilten Taten entfallenden Bestellvolumens bezogen auf das Bestellvolumen sämtlicher im nämlichen Zeitraum verschickter Werbesendungen – ist revisionsrechtlich nichts zu erinnern.
64
Anlass zu näheren Ausführungen bestehen nur hinsichtlich des Angeklagten G. :
65
Entgegen der Auffassung dieses Beschwerführers genügen die Schilderung der Überweisung von 1 Mio. SFr. aus dem Vermögen der I. an ihn, die von seinem Bruder Gi. Ende Dezember 2003 veranlasst wurde (UA S. 137, 146), und die Bezeichnung eines Anteils als Tatentgelt (UA S. 153, 155), um dem Senat die Prüfung des Merkmals "für die Tat" in § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB zu ermöglichen. Die Sachdarstellung erschöpft sich insoweit nicht bloß in der Wiedergabe des Gesetzeswortlauts oder in der Umschreibung mit einem gleichbedeutenden Wort oder einer allgemeinen Redewendung (hierzu BGHR StPO § 267 Abs. 1 Satz 1 Sachdarstellung 11; Gollwitzer in Löwe /Rosenberg, StPO 25. Aufl. § 267 Rdn. 32). Aus der – "nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme" (UA S. 154) vorgenommenen – Bewertung als (Tat-)Entgelt ergibt sich hinreichend, dass es sich bei dem überwiesenen Gesamtbetrag um eine Gegenleistung für die im Urteil im Einzelnen festgestellte Tätigkeit zugunsten der I. handelte, was sich nach der Interessenlage auch geradezu aufdrängt. Ein Anteil dieser Gegenleistung entfällt dabei eo ipso auf das Versandhandelsgeschäft, das die der Verurteilung zugrunde liegenden Werbesendungen betraf, und ist damit Tatentgelt. Wie hoch das Landgericht diesen Anteil – hier 38% – bemisst, ist hingegen eine Frage des § 73b StGB. Darauf, ob der Bruder des Angeklagten G. an den strafbaren Handlungen beteiligt war oder davon Kenntnis hatte, kommt es nach alledem nicht an.
66
Die Revision des Angeklagten G. stellt indessen an die gebotene Sachdarstellung im Urteil überzogene Anforderungen. Insbesondere ist nicht deswegen ein Rechtsfehler gegeben, weil nicht ("nicht einmal") festgestellt ist, "ob und ggf. inwieweit Gi. in die verfahrensgegenständlichen Taten involviert war und von den Einzelheiten hinsichtlich dieser Taten Kenntnis hatte". Auch ist es unschädlich, dass sich das Urteil nicht dazu verhält, ob der Bruder des Angeklagten die Überweisung mit der "Zweckbestimmung" versah, dass "es sich um eine Zahlung 'als Tatentgelt für die verurteilten Taten' handle" (S. 68 des Schriftsatzes vom 7. September 2007).
67
Da der Angeklagte G. den für verfallen erklärten Betrag somit als Tatentgelt erhielt, ist in diesem Zusammenhang ohne Bedeutung, ob die Überweisung aus Geldern erfolgte, die von der F. über die O. an die I. weitergeleitet wurden, inwieweit also die Voraussetzungen des § 73 Abs. 3 StGB für die I. vorliegen. Für den Verfall des für die Tat Erlangten gilt der Vorrang von Ansprüchen Verletzter nach § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB regelmäßig – wie auch hier – nicht (vgl. Fischer aaO § 73 Rdn. 17).
68
3. Die Verfahrensrügen der Angeklagten dringen nicht durch, wie der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift vom 8. August 2007 zutreffend dargelegt hat.
69
Ergänzend bemerkt der Senat, dass die vom Angeklagten G. im Zusammenhang mit einem Verbotsirrtum erhobenen Verfahrensrügen nach dem oben unter II 1 b Gesagten ohnehin von einem rechtlich unzutreffenden Ansatz ausgehen. Insbesondere kommt es für die Inbegriffsrüge nach § 261 StPO (S. 440 ff. [Punkt D II] des Schriftsatzes vom 6. November 2006) nicht darauf an, ob für die in der Hauptverhandlung verlesene Mustereinstellungsverfügung der Staatsanwaltschaft Offenburg die irrige Annahme tragend war, entsprechend dem in den Spielregeln niedergelegten Verfahren seien Gewinne auch ausgezahlt worden.

IV.

70
Revision der Nebenbeteiligten I. :
71
Die Revision der Nebenbeteiligten I. hat mit der Sachbeschwerde Erfolg. Die Verfahrensrügen sind dagegen aus den vom Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift dargelegten Gründen unbegründet.
72
Zwar hat das Landgericht ohne Rechtsfehler angenommen, die I. habe nach § 73 Abs. 3 StGB durch die Taten 1.743.144,- € erlangt (nachfolgend 1). Die Beschwerdeführerin beanstandet jedoch zu Recht, dass sich das Urteil nicht hinreichend dazu verhält, inwieweit dem Wertersatzverfall, den das Landgericht nur für einen Teilbetrag von 1.498.677,- € angeordnet hat, Ansprüche von Verletzten nach § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB entgegenstehen (nachfolgend

2).

73
1. Die I. erlangte als Drittbegünstigte einen Gesamtbetrag von 1.743.144,- € als weitergeleiteten Gewinn "aus" den Taten. Ob das Landgericht gehalten war, den Wertersatzverfall darüber hinaus auf einen – anteilig verschobenen – (Brutto-)Erlös zu erstrecken, ist im hiesigen Zusammenhang ohne Bedeutung, weil die Beschwerdeführerin insoweit nicht beschwert ist. Gleiches gilt, soweit das Landgericht gemäß § 73c Abs. 1 Satz 2 StGB den der I. zugeflossenen Gewinn um das an den Angeklagten G. gezahlte Tatentgelt reduziert hat.
74
a) Dadurch, dass an Verbraucher Werbesendungen zusammen mit Warenkatalogen verschickt wurden, waren zunächst die ausländischen Gesellschaften begünstigt. Auf hypothetische Kausalverläufe dahin gehend, inwieweit Empfänger Waren auch dann bestellt hätten, wenn ihnen die Kataloge ohne (strafbare) Werbesendungen zugegangen wären, kommt es dabei nicht an. Der Wert des Erlangten floss – jeweils anteilig – anschließend der O. und schließlich der I. zu.
75
§ 73 Abs. 3 StGB ist schon deswegen auf das von den ausländischen Gesellschaften, der O. und der I. Erlangte anwendbar, weil die Angeklagten als Verantwortliche der zur I. -Gruppe gehörenden Gesellschaften auch in deren Interesse handelten und diese vorgefasster Absicht entsprechend aus den Taten – jedenfalls vorübergehend – bereichert wurden. Werden nämlich Organe, Vertreter oder Beauftragte (§ 14 StGB) oder sonstige Angehörige einer Organisation gerade mit dem Ziel tätig, dass bei dieser infolge der Tat eine Vermögensmehrung eintritt, ist die Organisation im Erfolgsfall Drittbegünstigte (sog. Vertretungsfall; vgl. BGHSt 45, 235, 245).
76
Dass die Vermögensmehrung bei der O. und der I. nicht unmittelbar durch die der Verurteilung zugrunde liegenden Taten erfolgte, sondern erst aufgrund weiterer dazwischen geschalteter Rechtsgeschäfte, hindert die Anwendung des § 73 Abs. 3 StGB nicht. Ausreichend, aber auch erforderlich ist insoweit ein zwischen den Taten und dem Zufluss beim Drittbegünstigten bestehender Bereicherungszusammenhang (vgl. BGH aaO 244). Dieser ist durch das Zurechnungsverhältnis der Angeklagten zur O. und zur I. gegeben ; gerade für Straftaten im Interesse von Unternehmen ist es nicht untypisch, dass dadurch erst komplexe Geldkreisläufe in Gang gesetzt werden (vgl. BGH aaO 246). Deshalb wäre es rechtlich auch ohne Bedeutung, wenn – was nahe liegt – die Zahlungen an die O. zur Erfüllung von zwischen dieser und den ausländischen Gesellschaften geschlossenen Dienstleistungsverträgen erfolgt wären.
77
Nach alledem kommt es auch nicht darauf an, ob hinsichtlich der O. und der I. nach den vom Bundesgerichtshof entwickelten Kriterien – wie das Landgericht angenommen hat – jeweils auch ein sog. Verschiebungsfall (vgl. BGH aaO 246) gegeben ist.
78
b) Ohne Rechtsfehler ist das Landgericht davon ausgegangen, die O. habe den von ihr erzielten Gewinn, den es rechtsfehlerfrei mit 1.743.144,- € berechnet hat, unverkürzt an die I. weitergeleitet.
79
aa) Als Ausgangspunkt hat das Landgericht zutreffend die auf die abgeurteilten Taten entfallenden Bruttoeinnahmen der O. (32.643.155,- €) geschätzt (§ 73b StGB). Insoweit hat es das Bestellvolumen aus den abgeurteilten Taten (68.006.573,- €) um Forderungsausfälle und Retouren (20%) bereinigt; anschließend hat es den Anteil (60%) errechnet, der von den eingegangenen Kundengeldern auf verschiedene Weise auf Konten der O. transferiert wurde (UA S. 143). Dagegen ist revisionsrechtlich nichts zu erinnern.
80
bb) Das Landgericht hat die Überzeugung gewonnen, dass – nur – "der von der O. aus dem 'Fullfillment' der verfahrensgegenständlichen Mailings resultierende Gewinn in voller Höhe an die I. weiterverschoben wurde" (UA S. 149 f.).
81
Die Würdigung der Beweise ist Sache des Tatrichters. Ein Urteil ist nur dann aufzuheben, wenn die Beweiswürdigung rechtsfehlerhaft ist. Dies ist etwa dann der Fall, wenn sie widersprüchlich, unklar oder lückenhaft ist, wenn sie gegen Denkgesetze oder gesicherte Erfahrungssätze verstößt oder wenn sie auf einer fehlerhaften Anwendung des Zweifelssatzes beruht (vgl. nur Senatsurt. vom 3. Juli 2007 – 1 StR 3/07 – Rdn. 41 m.w.N.). Rechtsfehlerhaft ist die Beweiswürdigung aber auch dann, wenn sich die Schlussfolgerung so sehr von einer festen Tatsachengrundlage entfernt, dass sie sich als eine bloße Vermutung erweist (vgl. BGHR StPO § 261 Überzeugungsbildung 26, 34; Vermutung 11, jew. m.w.N.).
82
Ein Fehler bei der Beweiswürdigung liegt hier nicht vor. Insbesondere beruht die Überzeugung des Landgerichts auf einer ausreichend tragfähigen Tatsachengrundlage. Als Indizien dafür, dass der Gewinn der I. vorgefasster Absicht entsprechend zufloss, hat das Landgericht auf folgende Umstände heranziehen dürfen, die im Urteil näher ausgeführt sind: Die I. hielt ursprünglich sämtliche Geschäftsanteile der O. . Sie zog als Gesellschafterin "den wirtschaftlichen Nutzen aus dem Versandhandelsgeschäft und der O. " (UA S. 115). Der Angeklagte G. , der "an oberster Stelle" stand (UA S. 116), handelte bei seinen für das Versandhandelgeschäft der zur I. - Gruppe gehörenden Unternehmen und für die unlauteren Werbemaßnahmen grundlegenden Entscheidungen dementsprechend "nach Sachlage im Interesse der I. " (UA S. 110). Rechtsfehlerfrei ist im Urteil auch dargelegt, dass der unverkürzten Weiterleitung des Gewinns nicht die als Darlehen bezeichnete Vereinbarung entgegensteht. Denn gerade aufgrund der im Jahr 1999 beschlossenen Gewinnausschüttung in Höhe von mindestens 16 Mio. DM, die der Vereinbarung zugrunde lag, für die der O. aber liquide Mittel fehlten (UA S. 151), liegt es nahe, dass Gewinne nicht dauerhaft bei der O. verbleiben, sondern der "Muttergesellschaft" zufließen sollten. Das hat auch das Landgericht im Blick gehabt, zumal auch die der O. Kredit gewährende Volksbank diese vertraglichen Regelungen nicht anerkannte.
83
Infolgedessen ist für die Annahme, in dem Gesamtbetrag von ca. 2,3 Mio. €, den die O. aus eigenen Mitteln an die I. leistete, sei ihr Gewinn aus den der Verurteilung zugrunde liegenden Werbesendungen allenfalls quotenmäßig – nämlich im Verhältnis zum sonstigen Gewinn – enthalten, entgegen der in den Revisionen der Beschwerdeführerin und des Beschwerdeführers G. geäußerten Auffassung kein Raum.
84
cc) Den an die I. weitergeleiteten Gewinn hat das Landgericht rechtsfehlerfrei auf der Grundlage des Jahresabschlusses 2003 auf insgesamt 1.743.144,- € geschätzt (§ 73b StGB).
85
2. Das Urteil weist aber einen die Beschwerdeführerin belastenden Rechtsfehler auf, weil es sich nicht hinreichend dazu verhält, inwieweit dem Wertersatzverfall zivilrechtliche Ansprüche von Verletzten im Sinne von § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB entgegenstehen.
86
Der Ausschluss des Verfalls nach § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB gilt auch gegenüber einem Drittbegünstigten (vgl. BGH NStZ-RR 2007, 109; Nack GA 2003, 879, 882 m.w.N.). Der Anwendung des § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB steht nach ständiger Rechtsprechung nicht entgegen, dass eine – noch – unbekannte Vielzahl von Personen geschädigt wurde oder dass Ansprüche tatsächlich nicht geltend gemacht werden; für den Ausschluss kommt es auf die rechtliche Existenz der Ansprüche an (vgl. Fischer, StGB 55. Aufl. § 73 Rdn. 18 m.w.N.). Das bisherige Unterbleiben und die fehlende Erwartung der Geltendmachung solcher Ansprüche ermöglichen also die Verfallsanordnung nicht (BGH NStZ-RR 2007, 110). Vielmehr bleibt sie nur möglich, wenn die Verletzten auf die Geltendmachung wirksam verzichtet haben oder die Ansprüche verjährt sind (BGH NStZ 2006, 621, 623; Fischer aaO Rdn. 19).
87
Zutreffend hat die Beschwerdeführerin darauf hingewiesen, dass aufgrund der der Verurteilung zugrunde liegenden Werbesendungen Schadensersatzansprüche von Kunden auch ihr gegenüber aus § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 16 Abs. 1 UWG nF bzw. § 4 Abs. 1 UWG aF nahe liegen. Für den alten wie für den neuen Straftatbestand der strafbaren Werbung ist die Eigenschaft als Schutzgesetz im Sinne von § 823 Abs. 2 BGB anerkannt (vgl. BTDrucks. 15/1487 S. 22; Alexander WRP 2004, 407, 420; Bornkamm in Hefermehl /Köhler/Bornkamm UWG 26. Aufl. § 16 Rdn. 29; Brammsen in Münch- Komm-UWG § 16 Rdn. 12; Köhler in Hefermehl/Köhler/Bornkamm aaO Einl. Rdn. 7.5; Piper in Piper/Ohly, UWG 4. Aufl., § 16 Rdn. 4, 27; a.A. Dreyer in Harte /Henning, UWG § 16 Rdn. 22). Zwar wird der Schutzgesetzcharakter der Bestimmungen des UWG zu den zivilrechtlichen Rechtsfolgen allgemein verneint, weil sie sowohl hinsichtlich der Klagebefugnis als auch hinsichtlich der Anspruchsgrundlagen abschließend sind. Anderes gilt jedoch für die Strafbestimmungen , da diese keine – abschließende – Regelung der zivilrechtlichen Rechtsfolgen enthalten (BTDrucks. aaO). Anspruchsgegner eines solchen Schadensersatzanspruchs nach § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 16 Abs. 1 UWG nF bzw. § 4 Abs. 1 UWG aF wäre auch die I. , in deren Interesse die Angeklagten letztlich tätig waren und die den wirtschaftlichen Nutzen aus dem Versandhandelsgeschäft zog. Die zivilrechtliche Zurechnung des Verhaltens – jedenfalls des Angeklagten G. – folgt dabei den Grundsätzen der Organhaftung analog § 31 BGB (vgl. Heinrichs/Ellenberger in Palandt, BGB 67. Aufl. § 31 Rdn. 5 f.).
88
Die durch die abgeurteilten Taten irre geführten Kunden könnten mit diesem Anspruch Schadensersatz in Höhe des gezahlten Kaufpreises Zug um Zug gegen Rückübereignung der Ware verlangen. Grundsätzlich richtet sich der Schadensersatzanspruch auf das negative Interesse. Der Verletzte ist also so zu stellen, wie er ohne das haftungsbegründende Ereignis stünde (§ 249 Abs. 1 BGB), auch dann, wenn der Schaden im Abschluss eines Vertrages – etwa durch arglistiges Verleiten hierzu – besteht. Liegt ein wirksamer Vertrag vor, kann der Verletzte Befreiung von der Verbindlichkeit und damit auch dessen Rückabwicklung verlangen; dies gilt unabhängig davon, ob er die Unwirksamkeit durch Ausübung eines Gestaltungsrechts – wie hier gegebenenfalls durch Anfechtung wegen arglistiger Täuschung nach § 123 BGB – herbeiführen könnte (vgl. Sprau in Palandt aaO vor § 823 Rdn. 17).
89
Der Senat kann anhand der Urteilsfeststellungen nicht beurteilen, inwieweit Ansprüche der Kunden verjährt sein könnten. Die Verjährung des Anspruchs aus § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 16 Abs. 1 UWG nF bzw. § 4 Abs. 1 UWG aF richtet sich nach § 195 BGB, nicht nach § 11 UWG nF bzw. § 21 UWG aF (Alexander WRP 2004, 407, 420). Die Verjährungsfrist beträgt damit drei Jahre und beginnt grundsätzlich gemäß § 199 Abs. 1 BGB mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den anspruchsbegründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste. Maßgeblich für den Verjährungsbeginn ist hier also nicht nur der Zeitpunkt der Kaufpreiszahlung durch die Kunden, vielmehr auch ihre Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis von der Unwahrheit der Angaben in den Werbesendungen sowie von den Umständen, welche den Anspruch gerade gegen die I. begründen. Deswegen ist es alles andere als sicher, dass hinsichtlich der Schadensersatzansprüche von Kunden bereits Verjährung eingetreten ist; erst recht gilt dies für den revisionsrechtlich maßgeblichen Zeitpunkt der tatrichterlichen Urteilsverkündung. Der Senat hält es nicht für ausgeschlossen, dass in einer neuen Hauptverhandlung entsprechende Feststellungen – auch unter Anwendung des § 73b StGB – getroffen werden können.

V.

90
Revision der Nebenbeteiligten P. :
91
Die Revision der Nebenbeteiligten P. bleibt erfolglos. Die Wirtschaftsstrafkammer hat ohne sachlichen Rechtsfehler gegen die P. den Wertersatzverfall in Höhe von 671.136,- € angeordnet, weil diese aus der "Vermietung" der Adressdaten der ausländischen Gesellschaften, die durch die strafbaren Werbemaßnahmen gewonnen wurden, entsprechende – anteilige – Einnahmen erzielte.
92
Aus der Tat erlangt im Sinne von § 73 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 StGB sind alle Vermögenswerte, die dem Begünstigten unmittelbar aus der Verwirklichung des Tatbestands in irgendeiner Phase des Tatablaufs zufließen (vgl. Fischer, StGB 55. Aufl. § 73 Rdn. 10 m.w.N.). Die strafbare Werbung hatte zur Folge, dass Verbraucher, die für derartige Werbemaßnahmen empfänglich waren, Bestellungen aufgaben. Das Wissen um diese Kundendaten war damit anteilig aus den abgeurteilten Taten erlangt, worauf der Adressdatenbestand beruhte. Denn durch die Verwaltung der Adressdaten wurde sichergestellt, dass die Daten – nur – derjenigen Empfänger gelöscht wurden, die für eine gewisse Zeit keine Bestellungen aufgaben.
93
Die Einnahmen aus der "Vermietung" der Adressdaten stellen Nutzungen im Sinne von § 73 Abs. 2 Satz 1 StGB dar. Zudem ist die P. Drittbegünstigte nach § 73 Abs. 3 StGB, da die "Vermietung" in ihrem Interesse auf Anweisung der für sie handelnden Angeklagten G. und D. erfolgte (sog. Vertretungsfall; vgl. BGHSt 45, 235, 245). Der P. ist kein (Mit-)Verschulden an den Werbemaßnahmen selbst zuzurechnen, so dass Ansprüche im Sinne von § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB nicht ersichtlich sind. Dass die Kammer die Einnahmen, die anteilig auf die der Verurteilung zugrunde liegenden Werbesendungen entfielen, gemäß § 73b StGB unter Zugrundelegung einer Quote von 38% errechnet hat, ist nicht zu beanstanden.

VI.

94
Revisionen der Staatsanwaltschaft:
95
Die – auf den Ausspruch über den Verfall beschränkten – Revisionen der Staatsanwaltschaft haben den aus dem Urteilstenor ersichtlichen Teilerfolg. Während die gegen die Nebenbeteiligten O. , I. und 3 C V. gerichteten Revisionen jeweils mit der Sachbeschwerde durchdringen, sind die Revisionen unbegründet, soweit die drei Angeklagten und die Nebenbeteiligte P. betroffen sind.
96
1. Zur Nebenbeteiligten O. :
97
Was eine Verfallsanordnung gegen die O. anbelangt, kann der Senat dem Landgericht im Hinblick auf den Umfang des Erlangten schon nicht darin folgen, dass Gegenstand des Wertersatzverfalls nur der (Netto-)Gewinn, nicht der (Brutto-)Umsatzerlös ist (nachfolgend a). Vor allem aber hat das Landgericht von einer Verfallsanordnung aufgrund einer rechtsfehlerhaften Anwendung des § 73c Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 StGB abgesehen (nachfolgend b).
98
a) Das von der O. Erlangte umfasst nicht nur den von ihr erzielten Nettogewinn , sondern die anteilig an sie weitergeleiteten Bruttoeinnahmen, die das Landgericht mit 32.643.155,- € berechnet hat.
99
aa) Die ausländischen Gesellschaften erhielten als Drittbegünstigte "aus" den Taten (§ 73 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 StGB), also dadurch, dass an Verbraucher Werbesendungen zusammen mit Warenkatalogen verschickt wurden, unmittelbar Warenbestellungen; deren Wert floss anteilig der O. zu.
100
Entgegen der Auffassung des Landgerichts ist insoweit ein "Wettbewerbsvorteil" , der zunächst nur in einer Chance auf Warenbestellungen bestanden habe, kein tauglicher Anknüpfungspunkt für den Verfall. Eine solche Chance ist für den Begünstigten überhaupt nur in dem Umfang werthaltig, in dem Empfänger auch tatsächlich Waren bestellen. Einen hiervon zu trennenden Marktwert hat eine solche Chance nicht. Darüber hinaus verwirklicht sich erst in den Vertragsschlüssen selbst die abstrakte Gefahr für die Dispositionsfreiheit der Verbraucher und die Marktaussichten von Mitbewerbern, deren Schutz die strafbare Werbung nach § 4 Abs. 1 UWG aF und § 16 Abs. 1 UWG nF bezweckt. Der 5. Strafsenat hat dementsprechend in einem Fall der Bestechung im geschäftlichen Verkehr als im Sinne von § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB unmittelbar erlangtes "etwas" die Auftragserteilung selbst, also den Vertragsschluss, angesehen, dagegen nicht schon die in der Manipulation des Vergabeverfahrens bestehende Chance auf Auftragserteilung (so BGHSt 50, 299, 309 f. ["Kölner Müllskandal"]; zustimmend Saliger NJW 2006, 3377, 3381; ablehnend Hohn wistra 2006, 321, 322).
101
bb) Der Umfang des Erlangten ist zwingend nach Maßgabe des Bruttoprinzips zu bemessen. Hiernach sind Vermögenswerte, die der Täter oder Teilnehmer in irgendeiner Phase des Tatablaufs unmittelbar erlangt hat, in ihrer Gesamtheit abzuschöpfen, ohne dass Gegenleistungen oder sonstige Aufwendungen in Abzug gebracht werden (BGHSt 47, 369, 370 f.; W. Schmidt in LK 11. Aufl. § 73 Rdn. 18, jew. m.w.N.). Das gilt auch für den Drittbegünstigten im Sinne von § 73 Abs. 3 StGB, zumal dann, wenn er Nutznießer der Tat ist (BGHSt aaO 374; BGH NStZ-RR 2004, 214, 215). Bei der Umstellung auf das Bruttoprinzip durch das Gesetz zur Änderung des Außenwirtschaftsgesetzes, des Strafgesetzbuches und anderer Gesetze vom 28. Februar 1992 (BGBl I 372) hat der Gesetzgeber unter anderem auf den Rechtsgedanken des § 817 Satz 2 BGB abgestellt, wonach das in ein verbotenes Geschäft Investierte unwiederbringlich verloren sein müsse (BTDrucks. 12/899 S. 11; hierzu BGHSt aaO 372). Dass das Bruttoprinzip sachgerecht ist, ergibt sich aus dem Präventionszweck des Verfalls: Müsste der von der Verfallsanordnung Betroffene lediglich die Abschöpfung des Nettogewinns befürchten, so würde sich die Tatbegehung für ihn unter finanziellen Gesichtspunkten als weitgehend risikolos erweisen. Den Drittbegünstigten soll das Bruttoprinzip veranlassen, zur Verhinderung solcher Taten wirksame Kontrollmechanismen zu errichten oder aufrechtzuerhalten (vgl. BGHSt aaO 374; ferner BGHSt 51, 65, 67; BGH NStZ-RR 2004, 214, 215).
102
cc) Aus den Taten erlangt wurden hier nicht nur die Warenbestellungen, also die Vertragsschlüsse, die durch das Verschicken der Werbesendungen zusammen mit den Warenkatalogen kausal hervorgerufen wurden, sondern auch die von den Kunden in Erfüllung der Kaufverträge geleisteten Zahlungen (zum Kriterium der Unmittelbarkeit vgl. BVerfG, Kammerbeschl. vom 7. Juli 2007 – 2 BvR 527/06 – Rdn. 4). Insoweit besteht nach Auffassung des Senats hier kein sachlicher Grund, zwischen schuldrechtlichem Verpflichtungsgeschäft und "dinglichem" Erfüllungsgeschäft zu differenzieren.
103
Der 5. Strafsenat hat freilich in einer anderen Fallgestaltung – einem Fall der Bestechung im geschäftlichen Verkehr – die Notwendigkeit einer derartigen Differenzierung befürwortet (BGHSt 50, 299, 309 ff. ["Kölner Müllskandal"]): Unmittelbar aus einer solchen Tat erlange "ein Werkunternehmer im Rahmen korruptiver Manipulation bei der Auftragsvergabe lediglich die Auftragserteilung – also den Vertragsschluss – selbst, nicht hingegen den vereinbarten Werklohn" (BGH aaO 310). Anders als etwa bei Betäubungsmittelgeschäften oder Embargoverstößen sei bei der Bestechung im geschäftlichen Verkehr strafrechtlich bemakelt lediglich die Art und Weise, wie der Auftrag erlangt sei, nicht dass er ausgeführt werde. Der wirtschaftliche Wert des Auftrags bemesse sich dort vorrangig nach dem zu erwartenden Gewinn (BGH aaO 310 f.). Erst wenn dieser ermittelt worden sei, folge aus dem Bruttoprinzip, dass für den Vertragsschluss getätigte Aufwendungen – wie insbesondere die Bestechungssumme – nicht weiter in Abzug gebracht werden könnten (BGH aaO 312; vgl. auch BGHSt 47, 260, 269 f.).
104
Die Rechtsprechung des 5. Strafsenats steht hier weder der Beurteilung entgegen, dass (auch) die Kaufpreiszahlungen (unmittelbar) aus den abgeurteilten Taten erlangt sind, noch widerspricht sie der Bemessung des anteilig an die O. weitergeleiteten Taterlöses nach dem Bruttoprinzip:
105
Eine Divergenz liegt schon deshalb nicht vor, weil die Durchführung der Kaufverträge hier strafrechtlich bemakelt ist. Wenn es nämlich – wie bereits oben unter III 1 a ee (1) ausgeführt – Schutzzweck von § 16 Abs. 1 UWG nF bzw. § 4 UWG aF ist, den Verbraucher vor zweckverfehltem und vermögensschädigendem Mitteleinsatz zu bewahren, dann kann der Mitteleinsatz selbst nicht als in diesem Sinne strafrechtlich neutral beurteilt werden. Ohne das Verschicken der irreführenden Werbesendungen zusammen mit den Warenkatalogen wäre es nicht zu Bestellungen und entsprechenden Kaufpreiszahlungen der Kunden gekommen. Anderes gilt für den vom 5. Strafsenat entschiedenen Fall. Das Werk wäre nämlich auch ohne korruptive Manipulation der Auftragsvergabe hergestellt worden, so dass ein Werklohn in jedem Fall hätte entrichtet werden müssen. Der Straftatbestand der Bestechung im geschäftlichen Verkehr nach § 299 Abs. 2 StGB schützt dementsprechend – unmittelbar nur – den freien Wettbewerb (vgl. Fischer, StGB 55. Aufl. vor § 298 Rdn. 6, § 299 Rdn. 2). Dies könnte es rechtfertigen, lediglich einen "Mehrerlös", insbesondere soweit er über den regulär erzielbaren Werklohn hinausgeht, als das aus der Straftat Erlangte zu bewerten.
106
Hinzu kommt, dass auch nach der Entscheidung des 5. Strafsenats das in Straftaten Investierte nicht verfallsmindernd berücksichtigt werden darf (vgl. BGHSt 50, 299, 310, 312). Der Gesetzgeber wollte gerade dessen unwiederbringlichen Verlust anordnen (siehe oben unter bb). Die vom Landgericht vorgenommene Berechnung des Gewinns der O. – anhand des Verhältnisses des im Jahresabschluss 2003 ausgewiesenen Betriebsgewinns zur Gesamtleistung des Betriebes (siehe oben unter I 1 b) – dürfte jedoch dazu führen, dass die Aufwendungen für strafbare Werbung unzulässigerweise den Verfallsbetrag schmälern würden.
107
Wäre das vom 5. Strafsenat genannte Kriterium der strafrechtlichen Bemakelung gar dahin zu verstehen, dass die Ausführung eines Vertrags für sich gesehen strafbar sein müsse, könnte der Senat dieser Einschränkung nicht folgen. Das hätte nämlich zur Folge, dass bei "Alltagsgeschäften", etwa bei durch Betrug zustande gekommenen Verträgen über Dienstleistungen, über den Kauf von Autos oder über Geldanlagen, die Rückgewinnungshilfe (vgl. § 111i in Verbindung mit § 111b Abs. 5 StPO) sachwidrig begrenzt wäre. Da in solchen Fällen das Erfüllungsgeschäft als solches regelmäßig nicht verboten ist, wäre eine über den Gewinn hinausgehende Rückgewinnungshilfe von vornherein ausgeschlossen. Der Senat ist demgegenüber der Auffassung, dass auch in diesen Fällen das Erlangte in vollem Umfang dem Verfall unterliegt. Dies hat der Gesetzgeber jedenfalls mit dem Gesetz zur Stärkung der Rückgewinnungshilfe und der Vermögensabschöpfung bei Straftaten vom 24. Oktober 2006 (BGBl I 2350) klargestellt. Ziel des Gesetzes war nach der Begründung des Regierungsentwurfs (BTDrucks. 16/700 S. 8) zu verhindern, dass "Verbrechen sich lohnt". Die Rückgewinnungshilfe sollte insbesondere auch bei den durch Betrug verursachten Massenschäden – also auch in Fällen, in denen die Ausführung eines Vertrags für sich gesehen nicht strafbar ist – verbessert werden. Rückgewinnungshilfe setzt aber voraus, dass der Verfall, auch soweit das Erlangte über den Gewinn hinausgeht, nach § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB überhaupt angeordnet werden könnte. Wenn der Gesetzgeber danach für derartige Fallgestaltungen die Rückgewinnungshilfe nicht nur ermöglichen, sondern sogar noch verbessern wollte, dann hat er damit zugleich entschieden, dass dem Verfall das aus Erfüllungsgeschäften, die als solche nicht verboten sind, Erlangte – nach dem Bruttoprinzip – in voller Höhe unterliegt.
108
Aber auch unabhängig hiervon stößt die Rechtsprechung des 5. Strafsenats , wenngleich es im vorliegenden Zusammenhang nicht darauf ankommt, beim Senat schon im rechtlichen Ausgangspunkt auf Bedenken. Sie bleibt näm- lich eine Erklärung dafür schuldig, aus welchen Gründen die Ermittlung des Werts des schuldrechtlichen Verpflichtungsgeschäfts durch Saldierung – also gleichsam nach dem Nettoprinzip – erfolgt, während sich nur der Wert des "dinglichen" Erfüllungsgeschäfts nach dem Bruttoprinzip richten soll (insoweit krit. auch Hohn wistra 2006, 321, 322 f.; Saliger NJW 2006, 3377, 3381; Fischer aaO § 73 Rdn. 11). Nach dem Bruttoprinzip wäre es vielmehr nahe liegend, auch beim schuldrechtlichen Verpflichtungsgeschäft den Anspruch auf Leistung (auf den vereinbarten Werklohn) so zu bewerten, dass die Verpflichtung zur Gegenleistung (zum Bau einer Restmüllverbrennungsanlage) unberücksichtigt bliebe. Des Weiteren ist das vom 5. Strafsenat vertretene enge Verständnis des Unmittelbarkeitskriteriums nicht ohne weiteres vereinbar mit der gesetzlichen Systematik von § 73 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 StGB, aus der dieses Kriterium hergeleitet wird. § 73 Abs. 2 StGB erfasst als mittelbare Vermögenszuwächse ausschließlich Nutzungen und Surrogate; die Bestimmung ist § 818 Abs. 1 BGB nachgebildet (W. Schmidt in LK 11. Aufl. § 73 Rdn. 43). Dieser knüpft gerade an die Herausgabe nach § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB, also insbesondere die – nach gesetzlicher Wertung somit keineswegs mittelbare – "dingliche" (Rück-)Übertragung bei unwirksamem schuldrechtlichem Verpflichtungsgeschäft an. Es geht daher zu weit, wenn sich aus § 73 Abs. 2 StGB ergeben soll, vom Anwendungsbereich des § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB sei nur ein vertraglicher Anspruch, nicht aber das zu seiner Erfüllung Geleistete erfasst.
109
b) Die Beschwerdeführerin beanstandet weiterhin zu Recht, dass das Landgericht § 73c Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 StGB mit der Begründung angewendet hat, dass die O. den Gewinn an die I. weiterleitete und über ihr Vermögen das Insolvenzverfahren eröffnet ist, so dass eine Verfallsanordnung die Insolvenzmasse schmälern würde und diese – nach Einschätzung des Landgerichts – "voraussichtlich" nicht ausreichen wird, um alle Gläubiger zu befriedigen.
110
aa) Im Hinblick auf § 73c Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 StGB ist der Abfluss des Taterlöses für sich gesehen regelmäßig unbeachtlich. Da die zur I. - Gruppe gehörenden Gesellschaften von den Angeklagten vertreten wurden und durch deren Taten erst komplexe Geldkreisläufe in diesem zusammenwirkenden Firmengeflecht in Gang gesetzt wurden (vgl. BGHSt 45, 235, 245 f.; siehe oben IV 1 a), unterliegt bei jeder dieser Gesellschaften grundsätzlich das von ihr Erlangte bzw. das an sie Weitergeleitete dem (Wertersatz-)Verfall.
111
Die Unbeachtlichkeit des Abflusses des Taterlöses ergibt sich dabei aus dem Präventionszweck des Verfalls, der auf die Verhinderung gewinnorientierter Straftaten gerichtet ist (vgl. BGHSt 51, 65, 72). Eine Auslegung der Vorschriften über den Verfall, nach der die Tatbegehung unter finanziellen Gesichtspunkten weitgehend risikolos bleibt, genügt diesem Zweck nicht (vgl. hierzu BGH aaO 67; ferner BGHSt 47, 369, 374; BGH NStZ-RR 2004, 214, 215). Dass der spätere Abfluss allein den Umfang der rechtlich gebotenen Erlösabschöpfung nicht berührt, korrespondiert dabei mit dem gesetzgeberischen Anliegen , das mit der Einführung des Bruttoprinzips verbunden war (siehe oben unter a bb); dieses Anliegen darf mit Hilfe der Härteklausel des § 73c StGB nicht unterlaufen werden (vgl. BGHR StGB § 73c Härte 7).
112
In der Höhe ist der Gesamtbetrag dessen, was tatsächlich abgeschöpft werden kann, hier lediglich durch das von den Erstbegünstigten Erlangte, also dem Vermögenszufluss bei den ausländischen Gesellschaften begrenzt. Dieser Betrag entspricht dem auf die abgeurteilten Taten entfallenden Bestellvolumen abzüglich der Forderungsausfälle und Retouren (54.405.258,- €). Nahe liegt, dass in Fällen der Drittbegünstigung nach § 73 Abs. 3 StGB, in denen das Erlangte weitergeleitet wurde, ohne dass dadurch erneut eine Straftat begangen wurde, – anders als in Fällen einer Handelskette beim unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln (vgl. BGHSt 51, 65, 71 f.) – von Gesamtschuldner- schaft auszugehen ist, soweit die Verfallsanordnungen in der Summe über das vom Erstbegünstigten Erlangte hinausgehen. Dies bedarf hier jedoch keiner vertieften Erörterung.
113
bb) Eine Ermessensentscheidung nach § 73c Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 StGB scheidet von vornherein aus, soweit und solange der Angeklagte oder Drittbegünstigte über Vermögen verfügt, das wertmäßig nicht hinter dem "verfallbaren" Betrag zurückbleibt. Dabei kommt es grundsätzlich nicht darauf an, ob das vorhandene Vermögen einen konkreten oder unmittelbaren Bezug zu der rechtswidrigen Tat hat (BGH aaO 69 m.w.N.). Weist das Vermögen einen solchen Bezug nicht auf, namentlich weil der Taterlös weitergeleitet wurde, bietet § 73c Abs. 1 Satz 1 StGB in besonders gelagerten Einzelfällen einen hinreichenden Schutz (BGH aaO 70). Im Rahmen des Beurteilungsspielraums, den der Tatrichter für den Rechtsbegriff der unbilligen Härte hat, kann dabei insbesondere ins Gewicht fallen, dass ein Drittbegünstigter – anders als hier die O. über die für sie verantwortlich Handelnden – gutgläubig ist (vgl. BGHSt 47, 369, 376; BGH NStZ-RR 2004, 214, 215; 2007, 109, 110; vgl. auch BGH, Urt. vom 3. Juli 2003 – 1 StR 453/02 – Umdr. S. 45 f.: kein Absehen bei bewusst verfallsvereitelnder Weitergabe von Vermögenswerten).
114
cc) Auch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens hindert die Anordnung des Verfalls grundsätzlich nicht. § 39 Abs. 1 Nr. 3 InsO betrifft lediglich die Frage , wie ein angeordneter Wertersatzverfall rangmäßig im Insolvenzverfahren zu behandeln ist (vgl. BGHSt 50, 299, 312; Hohn wistra 2006, 321). Für die Ermessensentscheidung nach § 73c Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 StGB maßgeblich ist daher nicht schon die Eröffnung des Insolvenzverfahrens, sondern erst die Feststellung , dass die Insolvenzmasse nicht zur Befriedigung vorrangiger Forderungen ausreicht, somit kein verwertbares Vermögen vorhanden ist. Eine derartige – sichere – Feststellung fehlt im angefochtenen Urteil. Inwieweit im Einzelfall auch nachrangige Forderungen, etwa nach § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO solche auf Rückgewähr kapitalersetzender Darlehen eines Gesellschafters, im Rahmen des Ermessens Berücksichtigung finden könnten, braucht der Senat nicht zu entscheiden.
115
Der 5. Strafsenat hat zwar die Angemessenheit des Absehens vom Verfall nach § 73c Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 StGB unter anderem damit begründet, dass kein bleibender "Gewinn" erzielt wurde und sich die Verfallsbeteiligte in der Insolvenz befand (so BGHSt 50, 299, 313). Eine Divergenz zu dieser Entscheidung im Sinne von § 132 Abs. 2 GVG besteht jedoch auch insoweit nicht, weil dort die Anwendung der Vorschrift – anders als hier – insbesondere auch auf die Feststellung im tatrichterlichen Urteil gestützt worden ist, dass sich die Verfallsbeteiligte erheblichen Regressansprüchen konkret ausgesetzt sah.
116
2. Zur Nebenbeteiligten I. :
117
Soweit gegen die I. Verfall der von Wertersatz in Höhe von 1.498.677,- € angeordnet worden ist, enthält das Urteil ebenfalls einen diese begünstigenden Rechtsfehler. Die Beschwerdeführerin beanstandet zwar zu Unrecht, dass die Wirtschaftsstrafkammer den Gewinn von 1.743.177,- €, nicht die Einnahmen von ca. 2,3 Mio. € als das Erlangte angesehen hat. Denn anders als bei der O. entspricht allein dies – wie oben unter IV 1 b bb ausgeführt – den Urteilsfeststellungen, denen zufolge die I. den wirtschaftlichen Nutzen aus dem Versandhandelsgeschäft und der O. ziehen sollte, so dass ihr lediglich der Saldo aus Einnahmen und Ausgaben zufloss. Die Kammer hat jedoch rechtsfehlerhaft den weitergeleiteten Gewinn gemäß § 73c Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 StGB um das an den Angeklagten G. gezahlte Tatentgelt von 244.467,- € reduziert. Gemäß dem oben unter 1 b aa und bb Dargelegten ist im Hinblick auf diese Vorschrift der – teilweise – Abfluss des Taterlöses für sich gesehen regelmäßig unbeachtlich.
118
3. Zur Nebenbeteiligten 3 C V. :
119
Soweit von einer Verfallsanordnung gegen die 3 C V. abgesehen worden ist, ist das Urteil rechtsfehlerhaft, da das Landgericht in zweifacher Hinsicht einen unzutreffenden rechtlichen Maßstab angelegt hat. Auf die von der Beschwerdeführerin insoweit erhobene Aufklärungsrüge, das Landgericht habe näher bestimmten Urkundsbeweis erheben und infolgedessen ergänzende Feststellungen zu Vereinbarungen und Geldflüssen zwischen der F. und der 3 C V. treffen müssen, kommt es daher nicht an.
120
Im Urteil ist ausgeführt, dass zur Höhe der von der 3 C V. aus verfahrensgegenständlicher Werbung erlangten Vermögensvorteile keine Feststellungen hätten getroffen werden können (UA S. 138). Des Weiteren sei der "Wettbewerbsvorteil" letztlich an die I. verschoben und dort abgeschöpft worden, so dass § 73c Abs. 1 Satz 2 StGB anzuwenden sei; "weitere" Vermögensvorteile seien indessen nicht feststellbar (UA S. 156).
121
Im Ansatz zutreffend ist – nach dem oben unter IV 1 a Gesagten – die Annahme, zunächst hätten die ausländischen Gesellschaften, damit auch die 3 C V. als Drittbegünstigte, durch die mit den Warenkatalogen verschickten Werbesendungen etwas erlangt. Die – wenngleich knapp gehaltenen – Ausführungen zeigen jedoch zweierlei:
122
Zum einen hat das Landgericht zu Unrecht angenommen, die Anordnung des Wertersatzverfalls setze voraus, dass der Nettogewinn ermittelt werde. Darauf deutet zunächst die Verwendung des Bergriffs "Vermögensvorteil" im Urteil hin, der dem Wortlaut des § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB aF entsprach, bevor der Gesetzgeber durch das Gesetz zur Änderung des Außenwirtschaftsgesetzes , des Strafgesetzbuches und anderer Gesetze vom 28. Februar 1992 (BGBl I 372) das Bruttoprinzip ("etwas") einführte. Darüber hinaus ist auch nicht ersichtlich, aus welchen Gründen sich die auf die Vertragsschlüsse mit der 3 C V. entfallenden Bruttoeinnahmen – selbst unter Anwendung des § 73b StGB – nicht berechnen ließen. Das Landgericht hat neun unter der Firma 3 C V. verschickte strafbare Werbesendungen mit Aussendedatum und Auflagenstärke festgestellt (UA S. 25). Es spricht nichts dafür, dass der Umsatzerlös der 3 C V. nicht hätte – entsprechend der auch ansonsten verwendeten Berechnungsmethode (vgl. UA S. 142) – geschätzt werden können, zumal, wie sich aus der Revisionsbegründung der Staatsanwaltschaft ergibt (S. 49 ff.), im Rahmen der Anordnung eines dinglichen Arrests gemäß § 111b Abs. 2, § 111d StPO das auf diese neun Werbesendungen entfallende Bestellvolumen (8.888.981,81 €) ermittelt worden war. Auch dass die Zahlungen der Kunden auf Konten der F. "umgeleitet" wurden, um die Einnahmen dem Zugriff von Gläubigern zu entziehen (UA S. 134), bedeutet nicht ohne weiteres, dass keine Vermögensmehrung bei der 3 C V. eintrat. Vielmehr könnten dieser – was angesichts der Feststellungen nahe liegt – Zahlungsansprüche in Bezug auf die erfolgten Bestellungen zugestanden haben.
123
Zum anderen beruhen die Erwägungen wiederum auf einem unzutreffenden rechtlichen Maßstab, was die Ermessensentscheidung nach § 73c Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 StGB anbelangt. Wie bereits oben unter 1 b aa und bb ausgeführt , steht die Weiterleitung des Gewinns an die I. der Verfallsanordnung für sich gesehen regelmäßig nicht entgegen.
124
4. Zum Angeklagten G. :
125
Die gegen den Angeklagten G. gerichtete Revision ist unbegründet. Dass die Kammer nur einen Anteil von 38% der von der I. überwiesenen 1 Mio. SFr. als Tatentgelt bewertet hat, ist sachlich-rechtlich nicht zu beanstanden (hierzu oben unter III 2). Überdies ist im Urteil rechtsfehlerfrei dargelegt , dass die persönliche Vermögensbilanz dieses Angeklagten nicht bereits durch den Zufluss der 1.743.144,- € bei der I. "verbessert" wurde und er selbst hierdurch noch nichts erlangt hat (nachfolgend a); die hierauf bezogene Verfahrensrüge dringt nicht durch (nachfolgend b).
126
a) Die Verfallsanordnung setzt voraus, dass der von ihr Betroffene den Vermögenswert tatsächlich erlangt hat. Erforderlich ist insoweit die tatsächliche Verfügungsgewalt oder – bei Mittätern zumindest – wirtschaftliche Mitverfügungsgewalt (vgl. Fischer, StGB 55. Aufl. § 73 Rdn. 13 ff.). In Vertretungsfällen gemäß § 73 Abs. 3 StGB, in denen – wie hier – der Täter als Organ, Vertreter oder Beauftragter (§ 14 StGB) oder als sonstiger Angehöriger einer juristischen Person für diese handelt und die Vermögensmehrung bei der juristischen Person eintritt, kann nicht ohne weiteres angenommen werden, dass der Täter (Mit-)Verfügungsgewalt an dem Erlangten hat. Regelmäßig ist vielmehr davon auszugehen, dass die juristische Person über eine eigene Vermögensmasse verfügt, die vom Privatvermögen des Täters zu trennen ist. Die dem Vermögen einer juristischen Person zugeflossenen Vermögenswerte sind daher auch dann nicht ohne weiteres durch den Täter im Sinne von § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB erlangt , wenn dieser eine – legale – Zugriffsmöglichkeit auf das Vermögen hat (BVerfG [Kammer] StV 2004, 409, 411; NJW 2005, 3630, 3631). Für eine Verfallsanordnung gegen den Täter bedarf es in derartigen Fällen einer über die faktische Verfügungsgewalt hinausgehenden Feststellung, dass dieser selbst etwas erlangt hat, was zu einer Änderung seiner Vermögensbilanz geführt hat. Eine solche Feststellung rechtfertigende Umstände können etwa darin liegen, dass der Täter die juristische Person nur als einen formalen Mantel seiner Tat nutzt, eine Trennung zwischen der eigenen Vermögenssphäre und derjenigen der Gesellschaft aber nicht vornimmt, oder darin, dass jeder aus der Tat folgende Vermögenszufluss an die Gesellschaft sogleich an den Täter weitergeleitet wird (BVerfG [Kammer] NJW aaO).
127
Dass es sich bei dem Vermögen der Aktiengesellschaft I. und dem Privatvermögen des Angeklagten G. um in diesem Sinne nur vorgeblich getrennte Vermögensmassen handelte, hat das Landgericht nicht festgestellt und dementsprechend ein Erlangen im Sinne von § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB beim Angeklagten G. rechtsfehlerfrei verneint (vgl. UA S. 155). Eine nur vorgegebene Vermögenstrennung liegt in Anbetracht der Urteilsfeststellungen auch nicht nahe, wie die Überweisung der 1 Mio. SFr., in denen das Entgelt für die abgeurteilten Taten enthalten war, zeigt. Ein von der Beschwerdeführerin geltend gemachter Mangel in der Sachdarstellung liegt nicht vor.
128
b) Die Verfahrensrüge, mit der die Beschwerdeführerin die Ablehnung eines Beweisantrags wegen Bedeutungslosigkeit nach § 244 Abs. 3 Satz 2 Var. 2 StPO beanstandet, ist unbegründet. Der Vertreter der Staatsanwaltschaft hatte die Verlesung einiger Urkunden beantragt, wobei die Beweisbehauptungen darauf zielten, dass nicht der Bruder des Angeklagten G. , sondern er selbst (nahezu) alleiniger Aktionär und "Inhaber" der I. sei.
129
Aus dem Ablehnungsbeschluss geht hervor, dass die Kammer die unter Beweis gestellten Indiztatsachen aus rechtlichen Gründen für bedeutungslos gehalten hat. In dem Beschluss ist in Bezug auf den Verfall lediglich ausgeführt, dass die Gesellschaftsverhältnisse der I. für die Abschöpfung etwaiger von dieser gezogener Gewinne keine Rolle spielten, weil der Verfall gegen die I. auch angeordnet werden könne, wenn nicht der oder ein Gesellschafter , sondern ein Organ die Tathandlungen begangen habe. Zwar ist die Begründung des Ablehnungsbeschlusses insoweit unzulänglich, da die Kammer das Beweisziel im Hinblick auf die Verfallsanordnung gegen den Angeklagten G. nicht vollständig erfasst zu haben scheint. Der Senat kann jedoch das Beruhen des Urteils auf diesem Mangel ausschließen, weil insoweit die Gründe der Bedeutungslosigkeit aus tatsächlichen Gründen klar zutage traten (vgl. Herdegen in KK-StPO 5. Aufl. § 244 Rdn. 75 m.w.N.). Auch wenn die Beweisbehauptungen erwiesen worden wären und der Angeklagte G. nahezu alleiniger Aktionär der I. bzw. in diesem Sinne deren "Inhaber" gewesen wäre, wäre nämlich der von der Beschwerdeführerin begehrte Schluss auf nur vorgeblich getrennte Vermögenssphären nicht nahe liegend. Dies hat auch die Kammer erkennbar so gesehen.
130
5. Zum Angeklagten S. :
131
Der Senat teilt die Meinung der Beschwerdeführerin nicht, der Angeklagte S. habe über das Tatentgelt von 58.700,- € hinaus als Taterlös ("aus" den Taten) weitere Beträge nach § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB erlangt, weil sich den Feststellungen zufolge auf dem Geschäftskonto der Rechtsanwaltssozietät Sch. & S. vorübergehend insgesamt 28.484.315,86 € befanden, die von Konten der F. dorthin transferiert wurden.
132
Ein Rechtsfehler in sachlich-rechtlicher Hinsicht, auch in Form eines Erörterungsmangels , liegt nicht vor. Feststellungen, welche die Beurteilung rechtfertigen , durch den Geldzufluss auf dem Kanzleikonto habe sich die private Vermögensbilanz des Angeklagten S. geändert, hat die Kammer nicht getroffen. Dass solche Feststellungen möglich gewesen wären, liegt auch nicht nahe. Vielmehr dürfte es sich bei dem in Rede stehenden Gesamtbetrag entweder um Vermögen der Rechtsanwaltssozietät Sch. & S. als Gesellschaft bürgerlichen Rechts (vgl. BGHZ 146, 341; BGH NJW 2006, 2191) oder – was nahe liegt – um treuhänderisch gebundenes Vermögen der O. handeln , zumal davon 19.560.762,38 € an die O. weitergeleitet wurden (UA S. 143).
133
6. Zum Angeklagten D. und zur Nebenbeteiligten P. :
134
Die Nachprüfung des Urteils hat im Ausspruch über den Verfall keinen Rechtsfehler zum Vorteil des Angeklagten D. und der P. ergeben.

VII.

135
1. Soweit in der neuen Hauptverhandlung die Anordnung des Wertersatzverfalls gegen die Nebenbeteiligte 3 C V. in Betracht kommt, weist der Senat darauf hin, dass ein Gewinnabschöpfungsanspruch nach § 10 UWG nF die Verfallsanordnung nicht nach § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB hindern würde. Dieser Anspruch kann nur in Bezug auf die jeweiligen Vertragsverhältnisse zwischen den Kunden und den Warenlieferanten – hier der 3 C V. – geltend gemacht werden (vgl. Köhler in Hefermehl/Köhler/Bornkamm, UWG 26. Aufl. § 10 Rdn. 11). Er ist kein dem Verletzten aus der Tat erwachsener Anspruch im Sinne von § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB; insbesondere kommt nämlich nach § 10 UWG nF der abgeschöpfte Gewinn dem Bundeshaushalt, nicht den Geschädigten zugute. Einer analogen Anwendung des § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB bedarf es nicht (so aber Alexander WRP 2004, 407, 419), weil der Gefahr der doppelten Inanspruchnahme sowohl im Zivil- als auch im Strafverfahren – namentlich mit § 10 Abs. 2 UWG nF einerseits und § 73c Abs. 1 StGB andererseits – wirksam begegnet werden kann. Im Übrigen unterliegt der Gewinnabschöpfungsanspruch auch anderen Verjährungsregeln (vgl. § 11 UWG nF; hierzu Köhler aaO § 11 Rdn. 1.36).
136
2. Sollte der neue Tatrichter zu dem Ergebnis gelangen, dass Verfallsanordnungen gegen die Nebenbeteiligten I. , O. und 3 C V. allein wegen entgegenstehender Ansprüche Dritter nach § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB ausgeschlossen sind, weist der Senat darauf hin, dass die seit dem 1. Januar 2007 geltenden Absätze 2 bis 8 von § 111i StPO auf Altfälle nicht anwendbar sind (vgl. BGH NJW 2008, 1093; Beschl. vom 19. Februar 2008 – 1 StR 503/07). Nack Boetticher Hebenstreit Elf Graf

(1) Hat der Täter oder Teilnehmer durch eine rechtswidrige Tat oder für sie etwas erlangt, so ordnet das Gericht dessen Einziehung an.

(2) Hat der Täter oder Teilnehmer Nutzungen aus dem Erlangten gezogen, so ordnet das Gericht auch deren Einziehung an.

(3) Das Gericht kann auch die Einziehung der Gegenstände anordnen, die der Täter oder Teilnehmer erworben hat

1.
durch Veräußerung des Erlangten oder als Ersatz für dessen Zerstörung, Beschädigung oder Entziehung oder
2.
auf Grund eines erlangten Rechts.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
1 StR 166/07
vom
Nachschlagewerk: ja
BGHSt: ja
Veröffentlichung: ja
1. Zum Zusammenhang zwischen Werbeaussage und beworbener Ware oder
Leistung als Voraussetzung strafbarer Werbung
2. Werden Kunden mittels strafbarer Werbung zu Warenbestellungen veranlasst
, sind die Kaufpreiszahlungen, welche die Kunden dafür an den Täter
oder Drittbegünstigten leisten, von diesem aus den Taten erlangt und unterliegen
– unbeschadet vorrangiger Ansprüche von Verletzten – in vollem Umfang
dem Verfall.
3. Infolge der strafbaren Werbung können den Bestellern Schadensersatzansprüche
aus unerlaubter Handlung jeweils in Höhe des gezahlten Kaufpreises
zustehen, die den Verfallsbetrag vermindern.
BGH, Urt. vom 30. Mai 2008 - 1 StR 166/07 - LG Mannheim
30. Mai 2008
in der Strafsache
gegen
1.
2.
3.
wegen strafbarer Werbung
Nebenbeteiligte:
1.
2.
3.
4.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat aufgrund der Verhandlung vom
27. Mai 2008 in der Sitzung am 30. Mai 2008, an denen teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Nack
und die Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Boetticher,
Hebenstreit,
die Richterin am Bundesgerichtshof
Elf,
der Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Graf,
Bundesanwalt beim Bundesgerichtshof
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
der Angeklagte G. persönlich - in der Verhandlung -,
Rechtsanwalt - in der Verhandlung -
und Rechtsanwalt
als Verteidiger des Angeklagten G. ,
Rechtsanwalt
als Verteidiger des Angeklagten D. ,
Rechtsanwalt und
Rechtsanwältin
als Verteidiger des Angeklagten S. ,
Rechtsanwalt
als Vertreter der Nebenbeteiligten I. ,
Rechtsanwalt - in der Verhandlung -
als Vertreter der Nebenbeteiligten O.
,
Rechtsanwalt - in der Verhandlung -
als Vertreter der Nebenbeteiligten
V. 3 C. ,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Das Urteil des Landgerichts Mannheim vom 14. Juni 2006 wird bezüglich der Angeklagten D. und S. im Schuldspruch dahin berichtigt, dass diese Angeklagten der strafbaren Werbung in 66 Fällen schuldig sind. 2. Auf die Revision der Nebenbeteiligten I. wird das vorbezeichnete Urteil aufgehoben, soweit gegen sie der Wertersatzverfall angeordnet worden ist und dabei etwaige entgegenstehende Ansprüche von Verletzten unberücksichtigt geblieben sind. 3. Die Revisionen der Angeklagten und der Nebenbeteiligten P. werden verworfen. Die Angeklagten und die Nebenbeteiligte P. haben die Kosten ihrer Rechtsmittel zu tragen. 4. Auf die Revisionen der Staatsanwaltschaft wird das oben bezeichnete Urteil im Ausspruch über den Verfall aufgehoben, soweit
a) zum Vorteil der Nebenbeteiligten I. von einem über die erfolgte Anordnung hinausgehenden Wertersatzverfall abgesehen worden ist,
b) gegen die Nebenbeteiligten O. und V. 3 C. ganz von der Anordnung des Wertersatzverfalls abgesehen worden ist.
5. Die gegen die Angeklagten und die Nebenbeteiligte P. gerichteten Revisionen der Staatsanwaltschaft werden verworfen. Die Kosten dieser Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft sowie die den Angeklagten und der Nebenbeteiligten P. hierdurch entstandenen notwendigen Auslagen fallen der Staatskasse zur Last. 6. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die verbleibenden Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten G. wegen strafbarer Werbung in sechs Fällen zur Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und zwei Monaten verurteilt. Gegen die Angeklagten D. und S. hat es wegen strafbarer Werbung in 62 Fällen auf Gesamtfreiheitsstrafen von jeweils einem Jahr und sechs Monaten erkannt und die Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt. Im Übrigen hat es die Angeklagten freigesprochen. Den Verfall von Wertersatz hat es wie folgt angeordnet: – in das Vermögen des Angeklagten G. in Höhe von 244.467,- €, – in das Vermögen des Angeklagten D. in Höhe von 100.853,- €, – in das Vermögen des Angeklagten S. in Höhe von 58.700,- €, – in das Vermögen der Nebenbeteiligten I. in Höhe von 1.498.677,- €, – in das Vermögen der Nebenbeteiligten P. in Höhe von 671.136,- €.
2
Das Landgericht hat es abgelehnt, Verfallsanordnungen gegen die Nebenbeteiligten O. und V. 3 C. zu treffen.
3
Die Staatsanwaltschaft greift das Urteil mit den zu Ungunsten der Angeklagten und sämtlicher Nebenbeteiligten eingelegten Revisionen an. Sie sind auf den Ausspruch über den Verfall beschränkt und werden auf Verfahrensrügen und die Sachbeschwerde gestützt. Die Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft haben nur hinsichtlich der Nebenbeteiligten I. , O. und 3 C V. Erfolg.
4
Den auf Verfahrensrügen und die Sachbeschwerde gestützten Revisionen der drei Angeklagten bleibt ebenso der Erfolg versagt wie der auf die nicht näher ausgeführte Sachrüge gestützten Revision der Nebenbeteiligten P. . Die Revision der Nebenbeteiligten I. , die die Verletzung formellen und materiellen Rechts geltend macht, dringt demgegenüber mit der Sachbeschwerde durch.
5
Die Revisionen der Staatsanwaltschaft hinsichtlich der Nebenbeteiligten I. , O. und 3 C V. und die Revision der Nebenbeteiligten I. führen zur Teilaufhebung des Urteils und insoweit zur Zurückverweisung der Sache. Die Feststellungen sind indessen rechtsfehlerfrei getroffen und können daher bestehen bleiben (vgl. – auch zur Tenorierung – BGH NJW 2007, 1540). Der nunmehr zur Entscheidung berufene Tatrichter kann ergänzende, hierzu nicht in Widerspruch stehende Feststellungen treffen.

I.

6
Der Verurteilung der Angeklagten wegen strafbarer Werbung und den Verfallsanordnungen liegt zugrunde, dass die Angeklagten nach Auffassung des Landgerichts für im Versandhandel tätige Gesellschaften die Versendung standardisierter Werbesendungen (sog. Mailings), die unzutreffende Gewinnmitteilungen und Geschenkversprechen enthielten, zusammen mit Warenkatalogen veranlassten und organisierten und hierdurch den Warenabsatz steigerten.
7
1. Im Einzelnen ist – soweit im Rahmen der Revisionen von Bedeutung – folgendes festgestellt:
8
a) Zu den Taten:
9
aa) Der Angeklagte G. war im Tatzeitraum vom 30. Dezember 2002 bis zum 25. Oktober 2004 Präsident des Verwaltungsrats der 1964 von seinem Vater gegründeten Nebenbeteiligten I. , einer Holdinggesellschaft, die ihren Domizilsitz in der Schweiz hat. Seit 1993 ist der Bruder des Angeklagten G. , Gi. , alleiniger Aktionär. Seit Beginn der 1980er Jahre hielt die I. alle Geschäftsanteile der in Sc. ansässigen "OM.
", die bis Mitte der 1990er Jahre als Versandhandelsunternehmen am Markt auftrat und – seit 1989 auch über eine Tochtergesellschaft – Werbesendungen mit Gewinnversprechen versandte.
10
Wegen Beanstandungen von Verbraucher- und Wettbewerbsschützern und scharfen Angriffen in den Medien erfolgten zwei Umstrukturierungen, zunächst 1997 und dann 1999. Ziel der zweiten Umstrukturierung war es, die Tätigkeit des in Sc. ansässigen Unternehmens auf diejenige eines reinen Logistikdienstleisters zu beschränken und die rechtliche Verantwortung für künftige Werbesendungen auf abhängige ausländische Domizilgesellschaften (sog. Marketinggesellschaften) zu verlagern. Dementsprechend wurden der Name des nebenbeteiligten Unternehmens in "O. " und der Unternehmensgegenstand in Erbringung sog. "Fullfillment -Dienstleistungen" geändert. Die Konzeption von Werbesendungen wurde nunmehr von einer anderen Gesellschaft durchgeführt, der Se. , deren Anteile treuhänderisch für die I. gehalten wurden. Die Se. übernahm die hierfür zuständigen Mitarbeiter der Marketingabteilung der O. und mietete Büroräume in deren Gebäude in Sc. an.
11
Im Interesse der bzw. für die I. wurden im Ausland Gesellschaften gegründet oder bereits bestehende Gesellschaften "aktiviert", die im Versandhandel mit fünf Kataloglinien nach außen auftraten und unter deren Firma die Werbesendungen mit beigefügten entsprechenden Warenkatalogen verschickt wurden. Die ausländischen Gesellschaften wurden zweimal – ab 2001 und ab 2004 – durch andere ersetzt, als es Empfängern von Werbesendungen jeweils gelang, Vollstreckungstitel gegen sie zu erstreiten und Vollstreckungsmaßnahmen einzuleiten. Im Jahr 2000 hatte der Gesetzgeber mit § 661a BGB einen Leistungsanspruch des Verbrauchers aus Gewinnzusagen geschaffen, so dass sich die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen geändert hatten.
12
Im Zeitraum von 2001 bis 2003 traten folgende ausländische Gesellschaften auf: Unter Angabe der Firma der in Florenz gegründeten SVD wurden die Kataloglinien "Sch. & G. " und "P. B. " vertrieben. Absender der Kataloglinien "He. " und "Vi. " war die EMO mit Sitz in London. Werbesendungen der Kataloglinie "K. & L. " wurden unter Angabe der Firma VH mit Sitz in Paris verschickt. Im Zeitraum ab 2004 traten folgende ausländische Gesellschaften auf: Die Kataloglinie "Sch. & G. " wurde mit der Absenderangabe der Gesellschaft "D. M. C. mit - angeblichem - Sitz in Mailand vertrieben, die aber unter der angegebenen Firma nie errichtet worden war. Absender der Kataloglinien "He. " und "Vi. " war die niederländische B. . Der Versand der Werbesendungen der Kataloglinie "K. & L. " erfolgte unter der Absenderangabe der Nebenbeteiligten 3 C V. mit Sitz in Paris. Die ausländischen Gesellschaften hatten ganz überwiegend weder eigenes Personal noch eigene Räumlichkeiten. Die Konzeption der Werbesendungen für den Versandhandel wurde von der Se. entwickelt; die logistische Abwicklung erfolgte durch die O. . Allein die 3 C V. verfügte über Geschäftsräume im elsässischen L. und beschäftigte mehrere Mitarbeiter; die technische Abwicklung des Versandhandels erfolgte aber auch hier über die O. .
13
bb) Über die ausländischen Gesellschaften veranlassten und organisierten die Angeklagten die Versendung von Werbesendungen für die fünf Kataloglinien an Verbraucher, darunter die der Verurteilung zugrunde liegenden 66 Werbesendungen, die vom 30. Dezember 2002 bis zum 25. Oktober 2004 in einer Auflage von minimal 60.470 und maximal 700.936 Stück ausgesandt wurden. Die Schriftstücke enthielten standardisierten Text, in den die von der Abteilung Adressmarketing der O. selektierten Adressdaten eingedruckt waren; ihnen wurden die Warenkataloge der Kataloglinien beigefügt. Der Kundenstamm bestand vorwiegend aus älteren Personen mit geringem Bildungsniveau.
14
Die Werbesendungen enthielten – so das Landgericht – unzutreffende Gewinnmitteilungen und Geschenkversprechen, da die bezeichneten Gewinne und Geschenke nicht ausgekehrt wurden. Soweit behauptet wurde, es habe eine Vorabziehung eines Geldpreises stattgefunden, traf dies nicht zu oder es waren die gezogenen Gewinnnummern und -namen vernichtet worden. Soweit behauptet wurde, der Empfänger sei ein ausgesuchter "Gewinnberechtigter", der bei einer "Jackpotziehung" aufgrund seiner Gewinnnummer die Chance auf einen Gewinn habe, war dieselbe Gewinnnummer allen Empfängern zugeteilt worden, so dass der auf einen "Spieler" entfallende Gewinnanteil erwartungsgemäß unter der in den Teilnahmebedingungen jeweils festgelegten "Mindestgewinnsumme" von 1,50 € bis zu 5,- € lag. Soweit schließlich behauptet wurde, die Gewinnauskehrung würde im Rahmen einer Jahresendziehung erfolgen, fand hierbei keine Zufallsselektion statt, sondern wurden die Kunden mit den höchsten Umsätzen als "Gewinner" ausgewählt. Waren wertvolle Geschenke (Marken-Fernsehgeräte, -Videorekorder etc.) ausgelobt worden, so wurde der Warenlieferung nur "wertloser Plunder" mit einem Maximalwert von 3,- € beigelegt. War die Mitteilung enthalten, für den Empfänger sei ein – näher beschriebenes – Geschenk "reserviert" (sog. zweistufige Geschenkvergaben), erhielt der Besteller mit der ersten Warenlieferung überhaupt nichts. Ihm wurde hierbei lediglich mitgeteilt, er könne das Geschenk erhalten, wenn er nochmals eine Bestellung aufgebe. Der zweiten Warenlieferung wurde sodann ein solches beigegeben, welches allerdings bezogen auf die Anpreisung minderwertig war.
15
Die optische Gestaltung der Werbesendungen erfolgte in der Weise, dass der Empfänger nur die Anpreisung der Gewinne und Geschenke, nicht aber die Anpreisung einschränkende Aussagen wahrnehmen sollte. Die in Aus- sicht gestellte Chance, einen Gewinn zu erhalten, war nicht an den Erwerb der gleichzeitig angebotenen Waren gebunden. Die Übersendung der ausgelobten Geschenke wurde regelmäßig von einer Warenbestellung mit einem Mindestbestellwert von 15,- € abhängig gemacht. Nach den auf dem Bestellformular abgedruckten Bedingungen waren die Kunden berechtigt, die Waren binnen einer Frist von 30 Tagen zu testen ("Test-Anforderung") und bei Nichtgefallen zurückzusenden ("Kauf auf Probe"), wobei die Rückgabe mit (Versand-)Kosten verbunden war.
16
Exemplarisch kann auf folgende Werbesendung verwiesen werden, die unter dem "Betreff: Gewinnauszahlung 5.800 Euro!" folgendes persönliches Schreiben enthielt (UA S. 51): „Sehr geehrter Herr …, soeben komme ich aus der Buchhaltung, wo ich eigentlich Ihren Gewinnscheck aus der März-Vergabe abholen wollte, denn ich dachte, ich könnte Ihren Scheck gleich diesem Brief an Sie beilegen. Aber Sie wissen ja, wie Buchhalter so sind: immer muss alles 200%ig sein, bevor sie Bargeld oder Schecks aus der Hand geben. Und wehe, es fehlt eine Unterschrift oder ein Stempel! Also, Herr … Die Sache ist folgendermaßen: Herr H. , unser Chefbuchhalter, hat mir noch einmal bestätigt, dass es keinen Zweifel an Ihrem Bargeldgewinn gibt und dass mit der Auszahlung an Sie auch alles in Ordnung ist (die interne Aktennotiz habe ich Ihnen beigelegt). Es gibt also keinen Grund zur Beunruhigung. Allerdings hat er von der internen Firmenrevision natürlich seine Vorgaben , wie Auszahlungen ordnungsgemäß zu verbuchen sind, und da fehlt jetzt eben noch der unterschriebene Auszahlungs-Beleg von Ihnen, Herr …! Daher habe ich nun alle Unterlagen vorbereitet und möchte Sie bitten, den beigelegten Auszahlungs-Beleg schnell zu unterschreiben und um- gehend zurückzuschicken. Dann kann die Auszahlung an Sie bereits in den nächsten Tagen über die Bühne gehen. … Herr H. und ich würden uns übrigens freuen, wenn Sie uns in diesem Zusammenhang auch wieder einmal mit einer kleinen Bestellung beauftragen würden. … Ich möchte Sie wirklich zu nichts überreden, aber wenn Sie sich ohnehin etwas aus unserem aktuellen Angebot aussuchen möchten, könnte ich Ihre Sendung gleich mit anderen Lieferungen rausschicken."
17
Dass der Empfänger noch nicht gewonnen hatte, sondern nur an einem Gewinnspiel teilnehmen werde, ergab sich hier aus optisch schwer zugänglichen "Vergabe-Bedingungen" auf der Rückseite des "Auszahlungs-Belegs". Ein solches Gewinnspiel fand jedoch, wie von den Angeklagten beabsichtigt, überhaupt nicht statt. Des Weiteren enthielt dieselbe Werbesendung auf einem gesonderten Blatt für den Fall eines Mindestbestellwerts von 15,- € folgendes Geschenkversprechen über eine Damenuhr (UA S. 52): "Ein Hauch von Luxus – unser Dankeschön der Extraklasse für Sie … Für Sie GRATIS statt 29,95".
18
Tatsächlich erhielt der Kunde eine Uhr, die in Hongkong für einen Einkaufspreis von 1,80 US-$ beschafft worden war.
19
cc) Der Angeklagte D. , der bis Ende 2003 Geschäftsführer der O. war, hatte im gesamten Tatzeitraum die Entscheidungsgewalt auch bei der Se. , und zwar sowohl in allen Konzeptionsgesprächen für die einzelnen Werbesendungen als auch in allen die ausländischen Gesellschaften betreffenden fachlichen Fragen. Die Geschäftsführerin der Se. führte seine Anweisungen aus. Dem als Rechtsanwalt tätigen Angeklagten S. wurden sämtliche Werbesendungen zur rechtlichen Prüfung vorgelegt. Er wirkte an deren inhaltlicher Gestaltung mit; insoweit hatte er das "letzte Wort". Außerdem hatte er maßgeb- lichen Anteil an der Gründung und Steuerung der ausländischen Gesellschaften. Dass der Angeklagte G. an der Konzeption der einzelnen Werbesendungen beteiligt war, hat die Strafkammer nicht festgestellt. Im Interesse der I. steuerte er allerdings "die operative Tätigkeit der zur I. - Gruppe gehörenden Unternehmen … und (gab) die strategische Richtung" vor; er schuf "den unternehmerischen Rahmen für die Anfertigung und Versendung der auch von ihm gewollten Werbesendungen der hier relevanten Art" (UA S. 110). Der Angeklagte G. traf die Entscheidungen, die Kataloglinien unter der Absenderangabe der jeweiligen ausländischen Gesellschaft zu vertreiben , und erteilte die entsprechenden Weisungen zur "Installierung" und Nutzung der sechs Gesellschaften SVD, EMO, VH , DMC, B. und 3 C V. , unter deren Firmen die verfahrensgegenständlichen Werbesendungen verschickt wurden.
20
Die Angeklagten wussten, dass die Gewinne und Geschenke nicht ausgekehrt würden. Dessen ungeachtet wollten sie durch die Werbesendungen den Eindruck der Großzügigkeit und Kundenfreundlichkeit sowie den Anschein eines besonders günstigen Warenangebots hervorrufen. Sie wollten insbesondere ältere Empfänger beirren, um den Warenabsatz im Versandhandel zu fördern. Die Angeklagten gingen aufgrund mehrjähriger Erfahrungen davon aus, dass der Warenabsatz durch die Gewinnmitteilungen und Geschenkversprechen gefördert werden konnte (UA S. 28) und – so die Notiz über eine Besprechung unter anderem der Angeklagten G. und D. – "dieses Geschäft im Wesentlichen ohne Gewinnspiele nicht läuft" (UA S. 122). Die Angeklagten G. und D. vertrauten allerdings auf die Versicherung des Angeklagten S. , die Werbesendungen, wenngleich sie gegebenenfalls wettbewerbswidrig seien, überschritten die Grenze der Strafbarkeit nicht.
21
b) Zum Verfall:
22
Die ausländischen Gesellschaften hatten zunächst von Mitarbeitern der Buchhaltungsabteilung der O. verwaltete Girokonten gehabt. Nach Einführung der Vorschrift des § 661a BGB im Jahr 2000 entschied der Angeklagte G. auf Rat des Angeklagten S. , die Umsatzerlöse im Interesse der I. über eine weitere Gesellschaft "abzusichern", um sie dem Zugriff etwaiger den Leistungsanspruch aus Gewinnzusagen einklagender Kunden zu entziehen. Dementsprechend gründete der Angeklagte S. die F. , deren Geschäfte im Auftrag des Angeklagten G. und in enger Absprache mit den Angeklagten D. und S. geführt wurden. Indem für die F. eingerichtete Konten auf den für die Warenbestellungen ausgegebenen Rechnungs- und Zahlungsformularen aufgedruckt wurden, wurde nunmehr der gesamte Zahlungsverkehr der ausländischen Gesellschaften über die F. abgewickelt.
23
Im Zeitraum vom 1. Januar 2003 bis zum 4. November 2004 gingen auf Konten der F. Zahlungen von Kunden der ausländischen Gesellschaften in Höhe von insgesamt ca. 149 Mio. € ein, wovon ca. 92 Mio. € ("abgerundet 60%") auf Konten der O. weitergeleitet wurden. Aufgrund sämtlicher im nämlichen Zeitraum zum Versand gegebener Werbesendungen bestellten Kunden bei den ausländischen Gesellschaften Waren für insgesamt ca. 177 Mio. €, wovon 68.006.573,36 € ("= 38%") auf die der Verurteilung zugrunde liegenden 66 Werbesendungen entfielen. Ausgehend von diesem Bestellvolumen für die abgeurteilten Taten hat die Strafkammer durch Abzug eines Sicherheitsabschlags für Forderungsausfälle und Retouren von 20% den entsprechenden Umsatzerlös mit 54.405.258,- € berechnet. Den Anteil, der hiervon an die O. weitergeleitet wurde, hat die Kammer auf 60%, somit 32.643.155,- €, geschätzt. Sie hat insoweit unter Zugrundelegung einer Quote von 5,34% – diese ist dem Jahresabschluss 2003 der O. als Verhältnis des Betriebsgewinns zur Gesamtleistung des Betriebes entnommen – einen Gewinn von 1.743.144,- € ermittelt. Über das Vermögen der O. ist mittlerweile das Insolvenzverfahren eröffnet.
24
In dem benannten Zeitraum leistete die O. an die I. insgesamt 2.300.763,01 € aus eigenen Mitteln. Darin enthalten war der Gewinn aus den abgeurteilten Taten, welchen die O. unverkürzt an die I. weiterleitete. Im Jahr 1999 hatte die I. als damals einzige Gesellschafterin der O. eine Gewinnausschüttung in Höhe von mindestens 16 Mio. DM an sich selbst beschlossen. Da die O. hierzu finanziell nicht imstande war, stundete ihr die I. den Ausschüttungsbetrag; im Gegenzug verpflichtete sich die O. , den Betrag mit jährlich 6% zu verzinsen. Von Seiten der der O. Kredit gewährenden Volksbank wurden diese als Darlehen bezeichneten vertraglichen Regelungen nicht anerkannt.
25
Der Angeklagte G. erhielt Ende Dezember 2003 von der I. einen Betrag von 1 Mio. SFr. (umgerechnet 643.335,05 €). Hiervon waren mindestens 244.467,- € Tatentgelt für die abgeurteilten Taten; dies entspricht dem Anteil von 38% des auf die abgeurteilten Taten entfallenden Bestellvolumens, bezogen auf das Bestellvolumen sämtlicher im nämlichen Zeitraum verschickter Werbesendungen.
26
Der Angeklagte D. erhielt in den Jahren 2003 und 2004 für seine Mitwirkung an der Verwaltung der ausländischen Gesellschaften und an der Konzeption der Werbesendungen insgesamt ein Entgelt von 265.402,82 €, wovon 38%, damit 100.853,- €, auf die abgeurteilten Taten entfielen. Dem Angeklagten S. wurden von den ausländischen Gesellschaften für die Mitwirkung an ihrer Verwaltung und für die rechtliche Prüfung der Werbesendungen tatbezogene Honorare von 58.700,- € gezahlt (38% von 154.473,74 €). Daneben wurden von Konten der F. insgesamt 28.484.315,86 € auf das Geschäftskonto der Rechtsanwaltssozietät Sch. & S. – der Angeklagte S. ist Sozius – transferiert. In der Folge wurden Rechnungen der Lieferanten der ausländischen Gesellschaften von diesem Konto bezahlt. "Auf diese Weise" wurden weitere 19.560.762,38 € auf Konten der O. weitergeleitet (UA S. 142).
27
Die Adressdaten sämtlicher Kunden der ausländischen Gesellschaften waren zentral auf dem Server der O. gespeichert und wurden von Mitarbeitern der Abteilung "Adressmarketing" verwaltet. Aus dem Bestand wurden dabei jeweils die Daten derjenigen Empfänger von Werbesendungen gelöscht, die für eine gewisse Zeit keine Bestellungen aufgegeben hatten (UA S. 105). Auf Anweisung der Angeklagten G. und D. wurden die Adressdaten über die zu diesem Zweck im Interesse der I. gegründete Nebenbeteiligte P. an externe Unternehmen "vermietet". In dem benannten Zeitraum erzielte die P. hieraus Einnahmen von mindestens 1.766.147,- €, wovon mindestens 38%, damit 671.136,- €, auf die abgeurteilten Taten entfielen.
28
Zur Höhe der von der 3 C V. erlangten "Vermögensvorteile" aus den abgeurteilten Taten hat die Strafkammer keine Feststellungen zu treffen vermocht.
29
2. Die Strafkammer hat die Feststellungen rechtlich wie folgt gewürdigt:
30
a) Zu den Taten:
31
Die Versendung der Werbesendungen zusammen mit den Warenkatalogen hat sie als strafbare Werbung nach § 4 Abs. 1 UWG aF und nach § 16 Abs. 1 UWG nF gewertet. Dass sich die unwahren und zur Irreführung geeigneten Angaben in den Werbesendungen nicht ausdrücklich auf die zugleich angebotenen Waren bezogen, sei unschädlich, weil insoweit der zumindest bestehende wirtschaftliche Zusammenhang ausreiche. Die Angeklagten hätten als Mittäter (§ 25 Abs. 2 StGB) gehandelt. Die Angeklagten D. und S. hätten durch ihren Einfluss auf die Konzeption jeder der Werbesendungen jeweils eine eigenständige Tat begangen. Die maßgeblichen Tatbeiträge des Angeklagten G. , dessen Beteiligung an der Konzeption der einzelnen Werbesendungen nicht festgestellt worden ist, hat die Kammer darin gesehen, dass er jeweils die Gründung bzw. Nutzung der sechs ausländischen Gesellschaften zum Zwecke des Versands der Kataloglinien einschließlich der Werbesendungen veranlasste. Sie hat ihn deshalb wegen sechs Taten verurteilt.
32
Weiterhin hat die Kammer angenommen, die Angeklagten G. und D. hätten in einem Verbotsirrtum (§ 17 StGB) gehandelt, weil sie auf die Angaben des Angeklagten S. zur Straflosigkeit der Werbesendungen vertraut hätten. Allerdings sei der Verbotsirrtum für beide vermeidbar gewesen, da sie es versäumt hätten, die Rechtsmeinung eines unparteiischen Rechtskundigen einzuholen.
33
b) Zum Verfall:
34
Die Kammer hat zunächst die ausländischen Gesellschaften als aus den Taten Bereicherte angesehen, die im Sinne von § 73 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 StGB unmittelbar eine erhöhte Chance dahin erlangt hätten, dass durch die Werbesendungen die Empfänger zur Aufgabe einer Bestellung veranlasst wurden. Von einer Verfallsanordnung gegen die 3 C V. hat sie gleichwohl nach § 73c Abs. 1 Satz 2 StGB abgesehen, weil dieser "Wettbewerbsvorteil" letztlich an die I. verschoben und dort abgeschöpft wurde. Weitere "Vermögensvorteile" aus hiesiger Werbung hätten indessen nicht festgestellt werden können (UA S. 156).
35
Auch gegen die O. hat die Kammer den (Wertersatz-)Verfall nicht angeordnet. Zwar sei der von den ausländischen Gesellschaften erlangte Wett- bewerbsvorteil an die O. im Sinne von § 73 Abs. 3 StGB verlagert worden. Dessen – im Wege der Schätzung zu bemessender (§ 73b StGB) – wirtschaftlicher Wert entspreche dem Gewinn, den die O. aus der Abwicklung der Bestellungen erzielt habe, damit dem Betrag von 1.743.144,- €, so dass die Voraussetzungen des Wertersatzverfalls nach § 73a StGB insoweit vorlägen. Die Kammer hat von dessen Anordnung jedoch nach § 73c Abs. 1 Satz 2 StGB abgesehen , weil dieser Gewinn in voller Höhe an die I. weiter verschoben wurde. Im Übrigen würde eine Verfallsanordnung die Insolvenzmasse schmälern, die ohnehin "voraussichtlich" nicht ausreichen werde, um alle Gläubiger zu befriedigen.
36
Die Anordnung des Wertersatzverfalls gegen die I. erfasst nach Auffassung der Kammer einen Teilbetrag von 1.498.677,- €. Dieser entspreche dem durch die O. erzielten und unverkürzt weitergeleiteten Gewinn, der um das anteilige Tatentgelt des Angeklagten G. zu reduzieren sei. Die im Jahr 1999 zwischen der I. und der O. abgeschlossene, als Darlehen bezeichnete Vereinbarung führe nicht zu einer unbemakelten Forderung, welche die Anwendung von § 73 Abs. 3 StGB ausschließe (UA S. 150). Zivilrechtliche Ansprüche von geschädigten Kunden im Sinne von § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB seien nicht ersichtlich (UA S. 151). In Höhe des an den Angeklagten G. gezahlten Tatentgelts hat die Kammer von der Verfallsanordnung nach § 73c Abs. 1 Satz 2 StGB abgesehen, weil "andernfalls mehr abgeschöpft würde, als … tatsächlich erlangt" worden sei (UA S. 153).
37
Gegen den Angeklagten G. hat die Kammer den Wertersatzverfall in Höhe des Tatentgelts von 244.467,- € angeordnet. Sie hat es abgelehnt, darüber hinaus die Einnahmen der I. als relevante Vermögensmehrung beim Angeklagten G. zu bewerten. Auch hinsichtlich der Angeklagten D. und S. hat die Kammer jeweils den Wert des Tatentgelts von 100.853,- € bzw. 58.700,- € für verfallen erklärt. Beim Angeklagten S. hat die Kammer den Betrag von 28.484.315,86 € nicht berücksichtigt, der dem Geschäftskonto der Rechtsanwaltssozietät Sch. & S. von Konten der F. zufloss.
38
Die P. habe aus der "Vermietung" der durch strafbare Werbung erlangten (§ 73 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 StGB) Adressdaten der ausländischen Gesellschaften Einnahmen von anteilig 671.136,- € erzielt, die als gezogene Nutzungen im Sinne von § 73 Abs. 2 Satz 1 StGB dem Wertersatzverfall (§ 73a StGB) unterlägen.

II.

39
Bezüglich der Angeklagten D. und S. kann der Senat den Schuldspruch – wie geschehen – anhand der Urteilsgründe berichtigen. Im Hinblick auf die Anzahl der diesen Angeklagten zuzurechnenden Taten – 66 anstatt 62 Fälle – handelt es sich um ein offensichtliches Fassungsversehen im Urteilstenor (vgl. BGH, Beschl. vom 5. April 2000 – 3 StR 75/00; Beschl. vom 5. September 2001 – 1 StR 317/01).

III.

40
Revisionen der Angeklagten:
41
Den Revisionen der drei Angeklagten bleibt der Erfolg versagt.
42
1. In sachlich-rechtlicher Hinsicht ohne Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten ist die Verurteilung wegen strafbarer Werbung in sechs bzw. 66 Fällen.
43
a) Das Landgericht hat zutreffend angenommen, dass die Versendung der Werbesendungen zusammen mit den Warenkatalogen die tatbestandlichen Voraussetzungen des – bis zum 7. Juli 2004 gültigen – § 4 Abs. 1 UWG aF und des – seither gültigen – § 16 Abs. 1 UWG nF erfüllt.
44
aa) Dass es sich bei den Werbesendungen, die jeweils standardisierten Text enthielten und mit Hilfe von Adressdatenbanken in Auflagen von zumindest 60.470 Stück an die Empfänger verschickt wurden, um Mitteilungen handelte , die für einen größeren Kreis von Personen bestimmt waren, bedarf keiner näheren Begründung.
45
bb) Die Angaben in den Werbesendungen waren nach einem objektiven Maßstab unwahr.
46
Ohne beschwerenden Rechtsfehler hat das Landgericht im Hinblick auf die Gewinnmitteilungen darauf abgestellt, dass eine Chance der Empfänger, bei einem Gewinnspiel einen Geld- oder sonstigen Preis zu erhalten, tatsächlich nicht bestand und daher nur vorgetäuscht war. Hinzu kommt, dass – über die Bewertung des Landgerichts hinaus – bei den einzelnen Gewinnmitteilungen unwahre Angaben schon deswegen gegeben sind, weil der Text nur so verstanden werden kann, dass der Empfänger bereits den Preis gewonnen hatte. Die Unwahrheit derartiger Angaben kann nicht ohne weiteres dadurch beseitigt werden, dass an anderer Stelle – etwa in optisch schwer zugänglichen "Vergabe -Bedingungen" auf der Rückseite eines sog. "Auszahlungs-Belegs" (UA S. 52) – Gegenteiliges behauptet wird (vgl. BGH NJW 2002, 3415; OLG Celle NStZ-RR 2005, 25). Weil die Angeklagten durch den verkürzten rechtlichen Ansatz des Landgerichts nicht beschwert sein können, kommt es in diesem Zusammenhang hierauf allerdings nicht an.
47
Zutreffend ist das Landgericht davon ausgegangen, dass auch die Geschenkversprechen unwahre Angaben enthielten. Denn die der Warenlieferung tatsächlich beigelegten Gegenstände entsprachen nicht den ausgelobten Geschenken (Marken-Fernsehgeräte, -Videorekorder etc.); vielmehr handelte es sich um "wertlosen Plunder". Für die sog. zweistufigen Geschenkvergaben ergibt sich die Unwahrheit insbesondere auch daraus, dass die Wendung, ein näher beschriebenes Geschenk sei "reserviert", in den Werbesendungen sinnentstellt verwendet wurde; hiermit sollte offensichtlich lediglich verbrämt werden, dass ein – noch dazu minderwertiges – Geschenk erst einer zweiten Warenlieferung beigegeben wurde.
48
cc) Aus der Unwahrheit der für die Werbeaussage zentralen Angaben ergab sich hier, dass diese aufgrund ihres – insoweit maßgeblichen (vgl. BGHSt 2, 139, 145; BGHR UWG § 4 [aF] Irreführung 1; Diemer in Erbs/Kohlhaas , Strafrechtliche Nebengesetze 168. Lfg. § 16 UWG Rdn. 32a) – Gesamteindrucks zur Irreführung geeignet waren. Darauf, ob die Empfänger tatsächlich einem Irrtum unterlegen waren, kommt es hingegen nicht an (Bornkamm in Hefermehl /Köhler/Bornkamm, UWG 26. Aufl. § 16 Rdn. 9). Hinzu kommt, dass der Kundenstamm, an den sich die Werbesendungen richtete, vorwiegend aus älteren Personen mit geringem Bildungsniveau bestand, die für die bezeichneten, Großzügigkeit und Kundenfreundlichkeit vortäuschenden Werbeaussagen besonders empfänglich waren (zur Maßgeblichkeit der von der Werbung konkret angesprochenen Zielgruppe für das Verbraucherleitbild vgl. nur Köhler in Hefermehl /Köhler/Bornkamm aaO § 1 Rdn. 20, 27 m.w.N.). Die Werbesendungen waren darauf angelegt, diesen Personen den Eindruck zu vermitteln, der jeweilige Empfänger sei gegenüber anderen Warenbestellern privilegiert (vgl. BGH NJW 2002, 3415, 3416).
49
dd) Die Annahme des Landgerichts, dass sich die Angaben nicht auf persönliche Verhältnisse, Eigenschaften oder Motive des Werbenden, sondern auf geschäftliche Verhältnisse im Sinne von § 4 Abs. 1 UWG aF bezogen, entspricht gefestigter Rechtsprechung (vgl. BGHSt 36, 389, 392; BGH NJW 2002, 3415, 3416; Kempf/Schilling wistra 2007, 41, 45). Daher wirkt sich hier nicht aus, dass der Gesetzgeber dieses Tatbestandsmerkmal in § 16 Abs. 1 UWG nF nicht übernommen hat (vgl. hierzu einerseits Bornkamm aaO § 16 Rdn. 8; andererseits Diemer aaO Rdn. 19, 39 ff.).
50
ee) Entgegen der in den Revisionen der Angeklagten G. und S. geäußerten Auffassung fehlt es ebenso wenig an einem Zusammenhang zwischen den unwahren und zur Irreführung geeigneten Angaben in den Werbesendungen und den (Waren-)Angeboten.
51
(1) Das Erfordernis eines Zusammenhangs zwischen Werbung und beworbener Ware oder Leistung ist zwar im Gesetzeswortlaut nicht ausdrücklich niedergelegt, ergibt sich aber aus der Voraussetzung in § 4 Abs. 1 UWG aF und § 16 Abs. 1 UWG nF, dass der Täter in der Absicht handelt, den Anschein eines besonders günstigen Angebots hervorzurufen (vgl. nur Rengier in Fezer, UWG § 16 Rdn. 98). Ein solcher Zusammenhang ist unzweifelhaft gegeben, wenn im Sinne eines rechtlichen Zusammenhangs der in der Werbeaussage versprochene Vorteil vom beabsichtigten Erwerbsgeschäft abhängig gemacht wird, so dass eine Kopplung der – vermeintlichen – Vorteilserlangung an die Bestellung der beworbenen Ware bzw. an die Inanspruchnahme der beworbenen Leistung vorliegt (vgl. BGH NJW 2002, 3415, 3416: "im Sinne einer vertraglichen Gegenleistung" ; ferner zur Wettbewerbswidrigkeit BGHZ 147, 296, 302 [GewinnZertifikate ]; 151, 84 [Kopplungsangebot I]; BGH WRP 2002, 1259 [Kopplungsangebot II]). In dieser Fallkonstellation versteht sich von selbst, dass das Angebot des Werbenden neben der Ware oder Leistung auch den weiteren Vorteil umfasst. Der Kunde, der eine bestimmte Ware zu einem bestimmten Preis kauft, erwirbt dann nicht nur diese Ware, sondern etwa auch eine Gewinnchance. Ob die Anwendung von § 4 Abs. 1 UWG aF und § 16 UWG nF insoweit auf diese Fallkonstellation beschränkt ist, hat der Bundesgerichtshof zuletzt in der sog. "Kaffeefahrtenentscheidung" ausdrücklich offen gelassen; freilich hat er zugleich Gründe dafür erörtert, dass auch ein sog. wirtschaftlicher Zusammenhang ausreichen könnte (BGH NJW aaO unter kritischer Bewertung von OLG Hamm WRP 1963, 176; OLG Köln MDR 1964, 1028). Denn der Unternehmer setzt die Anpreisung der weiteren geldwerten Vorteile als Werbemaßnahme zur Förderung seines Absatzes ein, aus deren Erlös wiederum die Kosten der Werbung zu finanzieren sind (BGH NJW aaO).
52
Für Fälle der vorliegenden Art entscheidet der Senat die Rechtsfrage nunmehr dahin, dass ein rechtlicher Zusammenhang nicht zwingend erforderlich ist, es also keiner strikt auf das beabsichtigte Erwerbsgeschäft bezogenen sachlichen Verknüpfung des angepriesenen Vorteils bedarf (ebenso Brammsen in MünchKomm-UWG § 16 Rdn. 44; a.A. Rengier aaO Rdn. 98 ff.; Rose wistra 2002, 370, 374 [mit – unzutreffendem – Hinweis auf BGHSt 36, 389]). Eine solche Einschränkung des Tatbestands der strafbaren Werbung läge bereits nach dem Gesetzeswortlaut fern, der lediglich an den beabsichtigten Anschein der Günstigkeit des Angebots anknüpft. Der Gesetzeswortlaut legt vielmehr nahe, dass jeder – vermeintliche – Vorteil genügt, der das Angebot in einem besonders günstigen Licht erscheinen lassen soll (vgl. Bornkamm aaO § 16 Rdn. 17). Von Bedeutung ist in Fällen der vorliegenden Art insoweit nur, ob der angepriesene geldwerte Vorteil mit der Ware oder Leistung als einheitliches Angebot zu qualifizieren ist. Aber auch nach dem Gesetzeszweck ist eine weitergehende Einschränkung des Anwendungsbereichs nicht gerechtfertigt. Denn Schutzzweck des § 4 Abs. 1 UWG aF und des § 16 Abs. 1 UWG nF ist in erster Linie der Verbraucherschutz. Der Verbraucher soll vor zweckverfehltem und – im Vorfeld der Betrugsstrafbarkeit nach § 263 StGB – vermögensschädigendem Mitteleinsatz bewahrt werden (vgl. Bornkamm aaO § 16 Rdn. 2; Piper in Piper /Ohly, UWG 4. Aufl. § 16 Rdn. 4); nur wenn er seine Entscheidung auf zutreffender Tatsachengrundlage treffen kann, wird er auch seiner marktregulierenden Funktion gerecht (vgl. Alexander WRP 2004, 407, 411). Vor dem Hintergrund dieses Schutzzwecks ist nicht ersichtlich, warum gerade die Fälle aus dem Anwendungsbereich der Strafnorm ausgenommen werden sollten, in denen mit bewusst undurchsichtig gehaltenen Paketen aus Waren bzw. Leistungen und sonstigen tatsächlich nicht vorhandenen Vorteilen geworben wird. Unter Schutzzweckgesichtspunkten scheint in diesen Fällen vielmehr die Gefahr für die Dispositionsfreiheit der Verbraucher hoch.
53
Für die Frage, ob ein einheitliches Angebot gegeben ist, ist maßgeblich der – vom Täter intendierte – Gesamteindruck der Werbeaussage auf die Adressaten. Dieser Maßstab ist im Übrigen auch für den die Irreführung regelnden zivilrechtlichen Tatbestand des § 5 Abs. 1 UWG anerkannt (vgl. nur Bornkamm aaO § 5 Rdn. 2.90 m. umfangreichen Nachw. aus der Rspr.). Dabei kommt es im Sinne eines wirtschaftlichen Zusammenhangs entscheidend darauf an, dass nach den Vorstellungen des Täters ("Absicht") die Entscheidung des Adressaten für das Erwerbsgeschäft unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten von dem angepriesenen geldwerten Vorteil beeinflusst wird. Es liegt nahe, dass ein Interessent einen Gewinnvorteil oder ein Geschenkversprechen mit dem Warenangebot zusammen sehen und insgesamt von einem günstigen Angebot ausgehen wird (vgl. BGH NJW 2002, 3415, 3416).
54
(2) Gemessen an den dargelegten Anforderungen hat das Landgericht den Zusammenhang zwischen Werbesendungen und zugleich angebotener Ware rechtsfehlerfrei bejaht.
55
Soweit die Übersendung der ausgelobten Geschenke von einer Warenbestellung mit einem Mindestbestellwert abhängig gemacht wurde, liegt bereits ein rechtlicher Zusammenhang vor. Darauf, dass entsprechend dem Bestellformular ("Test-Anforderung") die Kunden berechtigt waren, die Waren binnen einer näher bestimmten Frist zurückzusenden, kommt es nicht an. Denn auch mit der Vereinbarung eines Kaufs auf Probe – hier entgegen der Auslegungsregel des § 454 Abs. 1 Satz 2 BGB unter der auflösenden Bedingung der fristgerechten Missbilligung – ist ein Kaufvertrag abgeschlossen (vgl. nur Weidenkaff in Palandt, BGB 67. Aufl. § 454 Rdn. 8). Damit standen mit der Warenbestellung Leistung und Gegenleistung bereits in einem synallagmatischen Austauschverhältnis , an dem nach den vertraglichen Absprachen auch das Geschenkversprechen teilnahm. Die Möglichkeit der Kunden, nachträglich von ihrem Gestaltungsrecht Gebrauch zu machen, ändert hieran nichts, zumal dies wiederum mit Kosten verbunden gewesen wäre. Gleiches gilt erst recht für das bei Fernabsatzverträgen wie hier bestehende Widerrufs- und/oder Rückgaberecht (vgl. § 312d BGB).
56
Im Übrigen hat das Landgericht zu Recht das Vorliegen eines wirtschaftlichen Zusammenhangs angenommen. Nach dem Gesamteindruck der Werbesendungen zielte die Absicht der Angeklagten darauf ab, dass die Empfänger die Gewinnmitteilungen in Verbindung mit den Warenkatalogen sehen und insgesamt von einem günstigen Angebot ausgehen. Die angepriesenen Gewinne waren somit Teil des einheitlichen Gesamtangebots. Die enge Verbindung von Werbesendungen und Katalogangebot zeigt sich auch darin, dass beides zusammen verschickt wurde. Die personalisierten Werbesendungen waren darauf ausgerichtet, dass sich der Empfänger gegenüber anderen Warenbestellern privilegiert fühlen sollte. Ihre Gestaltung erfolgte deshalb in der Weise, dass für den Empfänger der Eindruck entstehen sollte, schon begünstigt worden zu sein; vor diesem Hintergrund erschien auch die Ware günstiger, weil der Kunde für sein Geld vermeintlich mehr erhielt als nur diese. Dieser Zusammenhang wird etwa besonders deutlich, wenn nach der Ankündigung einer "Gewinnauszahlung 5.800,- €" der Empfänger darum gebeten wird, anlässlich der Rücksendung des unterschriebenen "Auszahlungsbelegs" das Versandhandelsunternehmen "in diesem Zusammenhang auch wieder einmal mit einer kleinen Bestellung (zu) beauftragen" (UA S. 51). In diesem Sinne suggerierte die Werbung Kundenfreundlichkeit und Großzügigkeit. Allein zu diesem Zweck setzten die Angeklagten die aufwendig gestalteten und sehr kostenintensiven Werbesendungen ein. Auch die Angeklagten gingen davon aus, der Warenabsatz werde durch die Gewinnmitteilungen gefördert und gerade der von den Angeklagten betriebene Versandhandel mit den betreffenden Kataloglinien sei von derartigen Werbemaßnahmen abhängig. Besonders prägnant brachten dies die Angeklagten G. und D. zum Ausdruck, indem sie – einer Notiz über eine Besprechung zufolge – "verdeutlicht(en), dass dieses Geschäft im Wesentlichen ohne Gewinnspiele nicht läuft" (UA S. 122). Die durch das Gesamtangebot bewirkte Umsatzsteigerung war Beweggrund ihres Tuns (UA S. 127).
57
b) Ein von sämtlichen Angeklagten mit ihren Revisionen geltend gemachter unvermeidbarer Verbotsirrtum (§ 17 Satz 1 StGB) liegt nicht vor. Der Senat kann dem Landgericht auch nicht darin folgen, dass die Angeklagten G. und D. überhaupt in einem, wenngleich vermeidbaren Verbotsirrtum (§ 17 Satz 2 StGB) gehandelt hätten; freilich sind diese Angeklagten hierdurch nicht beschwert. Die rechtsirrigen Vorstellungen der drei Angeklagten erweisen sich im Kern lediglich als Fehleinschätzung, sich den für wettbewerbswidrige Werbemaßnahmen vorgesehenen Rechtsfolgen entziehen zu können.
58
Ein Verbotsirrtum im Sinne von § 17 StGB liegt nicht schon dann vor, wenn der Täter keine Kenntnis von der Strafbarkeit seines Verhaltens und der Anwendbarkeit eines Strafgesetzes hat. Dies ergibt sich schon aus dem Wort- laut des § 17 Satz 1 StGB ("Fehlt dem Täter … die Einsicht, Unrecht zu tun"; vgl. BGHSt 45, 97, 100 f.). Für die Unrechtseinsicht ist bereits ausreichend das Bewusstsein eines Verstoßes gegen die Rechtsordnung (BGHR StGB § 17 Unrechtsbewusstsein 1; Bornkamm aaO § 16 Rdn. 19). In einem Verbotsirrtum handelt ein Täter also nur dann, wenn ihm die Einsicht fehlt, dass sein Tun gegen die durch verbindliches Recht erkennbare Wertordnung verstößt (Fischer, StGB 55. Aufl. § 17 Rdn. 3 m.w.N.). Ob der Täter glaubt, straf-, öffentlich- oder zivilrechtliche Normen zu verletzen, hat hingegen grundsätzlich keine Bedeutung (Cramer/Sternberg-Lieben in Schönke/Schröder, StGB 27. Aufl. § 17 Rdn. 5; vgl. auch – zur irrigen Annahme einer Ordnungswidrigkeit anstelle einer Straftat – BGHSt 11, 263, 266; BGHR aaO).
59
Die Angeklagten rechneten – auch nach eigenen Angaben des Angeklagten S. (vgl. UA S. 98) – damit, dass die Werbemaßnahmen wettbewerbsrechtlich unzulässig waren, also gegen verbindliches Recht verstießen. Gerade die Umstrukturierungen des Versandhandelsunternehmens dienten dazu , sich der aus den Wettbewerbsverstößen gezogenen Vorteile zu versichern und sich den Folgen zu entziehen. Dies gilt gleichermaßen für Beanstandungen von Wettbewerbs- und Verbraucherschützern wie für zivilrechtliche Ansprüche von Verbrauchern. Dass "bestehende Kataloglinien ausländischen Gesellschaften ohne Gegenleistung (!) überlassen" wurden, war "eine konsequente Fortsetzung der vom Angeklagten G. praktizierten Strategie …, den in Deutschland betriebenen Versandhandel mit wettbewerbswidriger Werbung zu fördern" (UA S. 116). Weil sich die Angeklagten nach alledem der Normwidrigkeit ihres Verhaltens in Bezug auf die durch § 4 Abs. 1 UWG aF und § 16 Abs. 1 UWG nF geschützten Rechtsgüter bewusst waren, ist es von vornherein ohne Belang, dass sie davon ausgingen, dies habe keine strafrechtlichen Konsequenzen , sondern könne "nur" zivilrechtliche Folgen nach sich ziehen, denen sie erfolgreich entgehen könnten.
60
c) Die Bewertung des Landgerichts, die Angeklagten hätten als Mittäter im Sinne von § 25 Abs. 2 StGB gehandelt, ist nicht zu beanstanden. Zutreffend hat es auch die Anzahl der Taten für jeden Angeklagten nach der Art seiner Tatbeiträge beurteilt.
61
Der Angeklagte G. war dementsprechend nur wegen sechs tatmehrheitlich begangenen Taten zu verurteilen, weil er an der Konzeption der einzelnen 66 Werbesendungen nicht beteiligt war, seine Beiträge vielmehr im Vorfeld der Einzeltaten beging, indem er jeweils die Gründung bzw. Nutzung der sechs ausländischen Gesellschaften veranlasste. Die Einzeltaten sind dem Angeklagten G. zwar als in gleichartiger Tateinheit begangen zuzurechnen (BGH NStZ-RR 2004, 352; Fischer aaO vor § 52 Rdn. 35). Gemäß § 260 Abs. 4 Satz 5 StPO sieht der Senat jedoch aufgrund des Gebots der Klarheit und Verständlichkeit der Urteilsformel davon ab, diese entsprechend zu ergänzen (vgl. BGH NJW 2007, 2864, 2867 m.w.N.; Beschl. vom 4. März 2008 – 5 StR 594/07 – Rdn. 11).
62
2. In sachlich-rechtlicher Hinsicht ohne Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten ist auch der Ausspruch über den (Wertersatz-)Verfall.
63
Das Landgericht hat angenommen, dass die drei Angeklagten folgende Beträge "für" die Taten erlangten (§ 73 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 StGB): der Angeklagte G. 244.467,- €, der Angeklagte D. 100.853,- € und der Angeklagte S. 58.700,- €. Gegen die Bewertung der jeweiligen Vermögensmehrung als Tatentgelt und deren Bemessung gemäß § 73b StGB – anhand eines Anteils von 38% des auf die abgeurteilten Taten entfallenden Bestellvolumens bezogen auf das Bestellvolumen sämtlicher im nämlichen Zeitraum verschickter Werbesendungen – ist revisionsrechtlich nichts zu erinnern.
64
Anlass zu näheren Ausführungen bestehen nur hinsichtlich des Angeklagten G. :
65
Entgegen der Auffassung dieses Beschwerführers genügen die Schilderung der Überweisung von 1 Mio. SFr. aus dem Vermögen der I. an ihn, die von seinem Bruder Gi. Ende Dezember 2003 veranlasst wurde (UA S. 137, 146), und die Bezeichnung eines Anteils als Tatentgelt (UA S. 153, 155), um dem Senat die Prüfung des Merkmals "für die Tat" in § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB zu ermöglichen. Die Sachdarstellung erschöpft sich insoweit nicht bloß in der Wiedergabe des Gesetzeswortlauts oder in der Umschreibung mit einem gleichbedeutenden Wort oder einer allgemeinen Redewendung (hierzu BGHR StPO § 267 Abs. 1 Satz 1 Sachdarstellung 11; Gollwitzer in Löwe /Rosenberg, StPO 25. Aufl. § 267 Rdn. 32). Aus der – "nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme" (UA S. 154) vorgenommenen – Bewertung als (Tat-)Entgelt ergibt sich hinreichend, dass es sich bei dem überwiesenen Gesamtbetrag um eine Gegenleistung für die im Urteil im Einzelnen festgestellte Tätigkeit zugunsten der I. handelte, was sich nach der Interessenlage auch geradezu aufdrängt. Ein Anteil dieser Gegenleistung entfällt dabei eo ipso auf das Versandhandelsgeschäft, das die der Verurteilung zugrunde liegenden Werbesendungen betraf, und ist damit Tatentgelt. Wie hoch das Landgericht diesen Anteil – hier 38% – bemisst, ist hingegen eine Frage des § 73b StGB. Darauf, ob der Bruder des Angeklagten G. an den strafbaren Handlungen beteiligt war oder davon Kenntnis hatte, kommt es nach alledem nicht an.
66
Die Revision des Angeklagten G. stellt indessen an die gebotene Sachdarstellung im Urteil überzogene Anforderungen. Insbesondere ist nicht deswegen ein Rechtsfehler gegeben, weil nicht ("nicht einmal") festgestellt ist, "ob und ggf. inwieweit Gi. in die verfahrensgegenständlichen Taten involviert war und von den Einzelheiten hinsichtlich dieser Taten Kenntnis hatte". Auch ist es unschädlich, dass sich das Urteil nicht dazu verhält, ob der Bruder des Angeklagten die Überweisung mit der "Zweckbestimmung" versah, dass "es sich um eine Zahlung 'als Tatentgelt für die verurteilten Taten' handle" (S. 68 des Schriftsatzes vom 7. September 2007).
67
Da der Angeklagte G. den für verfallen erklärten Betrag somit als Tatentgelt erhielt, ist in diesem Zusammenhang ohne Bedeutung, ob die Überweisung aus Geldern erfolgte, die von der F. über die O. an die I. weitergeleitet wurden, inwieweit also die Voraussetzungen des § 73 Abs. 3 StGB für die I. vorliegen. Für den Verfall des für die Tat Erlangten gilt der Vorrang von Ansprüchen Verletzter nach § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB regelmäßig – wie auch hier – nicht (vgl. Fischer aaO § 73 Rdn. 17).
68
3. Die Verfahrensrügen der Angeklagten dringen nicht durch, wie der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift vom 8. August 2007 zutreffend dargelegt hat.
69
Ergänzend bemerkt der Senat, dass die vom Angeklagten G. im Zusammenhang mit einem Verbotsirrtum erhobenen Verfahrensrügen nach dem oben unter II 1 b Gesagten ohnehin von einem rechtlich unzutreffenden Ansatz ausgehen. Insbesondere kommt es für die Inbegriffsrüge nach § 261 StPO (S. 440 ff. [Punkt D II] des Schriftsatzes vom 6. November 2006) nicht darauf an, ob für die in der Hauptverhandlung verlesene Mustereinstellungsverfügung der Staatsanwaltschaft Offenburg die irrige Annahme tragend war, entsprechend dem in den Spielregeln niedergelegten Verfahren seien Gewinne auch ausgezahlt worden.

IV.

70
Revision der Nebenbeteiligten I. :
71
Die Revision der Nebenbeteiligten I. hat mit der Sachbeschwerde Erfolg. Die Verfahrensrügen sind dagegen aus den vom Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift dargelegten Gründen unbegründet.
72
Zwar hat das Landgericht ohne Rechtsfehler angenommen, die I. habe nach § 73 Abs. 3 StGB durch die Taten 1.743.144,- € erlangt (nachfolgend 1). Die Beschwerdeführerin beanstandet jedoch zu Recht, dass sich das Urteil nicht hinreichend dazu verhält, inwieweit dem Wertersatzverfall, den das Landgericht nur für einen Teilbetrag von 1.498.677,- € angeordnet hat, Ansprüche von Verletzten nach § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB entgegenstehen (nachfolgend

2).

73
1. Die I. erlangte als Drittbegünstigte einen Gesamtbetrag von 1.743.144,- € als weitergeleiteten Gewinn "aus" den Taten. Ob das Landgericht gehalten war, den Wertersatzverfall darüber hinaus auf einen – anteilig verschobenen – (Brutto-)Erlös zu erstrecken, ist im hiesigen Zusammenhang ohne Bedeutung, weil die Beschwerdeführerin insoweit nicht beschwert ist. Gleiches gilt, soweit das Landgericht gemäß § 73c Abs. 1 Satz 2 StGB den der I. zugeflossenen Gewinn um das an den Angeklagten G. gezahlte Tatentgelt reduziert hat.
74
a) Dadurch, dass an Verbraucher Werbesendungen zusammen mit Warenkatalogen verschickt wurden, waren zunächst die ausländischen Gesellschaften begünstigt. Auf hypothetische Kausalverläufe dahin gehend, inwieweit Empfänger Waren auch dann bestellt hätten, wenn ihnen die Kataloge ohne (strafbare) Werbesendungen zugegangen wären, kommt es dabei nicht an. Der Wert des Erlangten floss – jeweils anteilig – anschließend der O. und schließlich der I. zu.
75
§ 73 Abs. 3 StGB ist schon deswegen auf das von den ausländischen Gesellschaften, der O. und der I. Erlangte anwendbar, weil die Angeklagten als Verantwortliche der zur I. -Gruppe gehörenden Gesellschaften auch in deren Interesse handelten und diese vorgefasster Absicht entsprechend aus den Taten – jedenfalls vorübergehend – bereichert wurden. Werden nämlich Organe, Vertreter oder Beauftragte (§ 14 StGB) oder sonstige Angehörige einer Organisation gerade mit dem Ziel tätig, dass bei dieser infolge der Tat eine Vermögensmehrung eintritt, ist die Organisation im Erfolgsfall Drittbegünstigte (sog. Vertretungsfall; vgl. BGHSt 45, 235, 245).
76
Dass die Vermögensmehrung bei der O. und der I. nicht unmittelbar durch die der Verurteilung zugrunde liegenden Taten erfolgte, sondern erst aufgrund weiterer dazwischen geschalteter Rechtsgeschäfte, hindert die Anwendung des § 73 Abs. 3 StGB nicht. Ausreichend, aber auch erforderlich ist insoweit ein zwischen den Taten und dem Zufluss beim Drittbegünstigten bestehender Bereicherungszusammenhang (vgl. BGH aaO 244). Dieser ist durch das Zurechnungsverhältnis der Angeklagten zur O. und zur I. gegeben ; gerade für Straftaten im Interesse von Unternehmen ist es nicht untypisch, dass dadurch erst komplexe Geldkreisläufe in Gang gesetzt werden (vgl. BGH aaO 246). Deshalb wäre es rechtlich auch ohne Bedeutung, wenn – was nahe liegt – die Zahlungen an die O. zur Erfüllung von zwischen dieser und den ausländischen Gesellschaften geschlossenen Dienstleistungsverträgen erfolgt wären.
77
Nach alledem kommt es auch nicht darauf an, ob hinsichtlich der O. und der I. nach den vom Bundesgerichtshof entwickelten Kriterien – wie das Landgericht angenommen hat – jeweils auch ein sog. Verschiebungsfall (vgl. BGH aaO 246) gegeben ist.
78
b) Ohne Rechtsfehler ist das Landgericht davon ausgegangen, die O. habe den von ihr erzielten Gewinn, den es rechtsfehlerfrei mit 1.743.144,- € berechnet hat, unverkürzt an die I. weitergeleitet.
79
aa) Als Ausgangspunkt hat das Landgericht zutreffend die auf die abgeurteilten Taten entfallenden Bruttoeinnahmen der O. (32.643.155,- €) geschätzt (§ 73b StGB). Insoweit hat es das Bestellvolumen aus den abgeurteilten Taten (68.006.573,- €) um Forderungsausfälle und Retouren (20%) bereinigt; anschließend hat es den Anteil (60%) errechnet, der von den eingegangenen Kundengeldern auf verschiedene Weise auf Konten der O. transferiert wurde (UA S. 143). Dagegen ist revisionsrechtlich nichts zu erinnern.
80
bb) Das Landgericht hat die Überzeugung gewonnen, dass – nur – "der von der O. aus dem 'Fullfillment' der verfahrensgegenständlichen Mailings resultierende Gewinn in voller Höhe an die I. weiterverschoben wurde" (UA S. 149 f.).
81
Die Würdigung der Beweise ist Sache des Tatrichters. Ein Urteil ist nur dann aufzuheben, wenn die Beweiswürdigung rechtsfehlerhaft ist. Dies ist etwa dann der Fall, wenn sie widersprüchlich, unklar oder lückenhaft ist, wenn sie gegen Denkgesetze oder gesicherte Erfahrungssätze verstößt oder wenn sie auf einer fehlerhaften Anwendung des Zweifelssatzes beruht (vgl. nur Senatsurt. vom 3. Juli 2007 – 1 StR 3/07 – Rdn. 41 m.w.N.). Rechtsfehlerhaft ist die Beweiswürdigung aber auch dann, wenn sich die Schlussfolgerung so sehr von einer festen Tatsachengrundlage entfernt, dass sie sich als eine bloße Vermutung erweist (vgl. BGHR StPO § 261 Überzeugungsbildung 26, 34; Vermutung 11, jew. m.w.N.).
82
Ein Fehler bei der Beweiswürdigung liegt hier nicht vor. Insbesondere beruht die Überzeugung des Landgerichts auf einer ausreichend tragfähigen Tatsachengrundlage. Als Indizien dafür, dass der Gewinn der I. vorgefasster Absicht entsprechend zufloss, hat das Landgericht auf folgende Umstände heranziehen dürfen, die im Urteil näher ausgeführt sind: Die I. hielt ursprünglich sämtliche Geschäftsanteile der O. . Sie zog als Gesellschafterin "den wirtschaftlichen Nutzen aus dem Versandhandelsgeschäft und der O. " (UA S. 115). Der Angeklagte G. , der "an oberster Stelle" stand (UA S. 116), handelte bei seinen für das Versandhandelgeschäft der zur I. - Gruppe gehörenden Unternehmen und für die unlauteren Werbemaßnahmen grundlegenden Entscheidungen dementsprechend "nach Sachlage im Interesse der I. " (UA S. 110). Rechtsfehlerfrei ist im Urteil auch dargelegt, dass der unverkürzten Weiterleitung des Gewinns nicht die als Darlehen bezeichnete Vereinbarung entgegensteht. Denn gerade aufgrund der im Jahr 1999 beschlossenen Gewinnausschüttung in Höhe von mindestens 16 Mio. DM, die der Vereinbarung zugrunde lag, für die der O. aber liquide Mittel fehlten (UA S. 151), liegt es nahe, dass Gewinne nicht dauerhaft bei der O. verbleiben, sondern der "Muttergesellschaft" zufließen sollten. Das hat auch das Landgericht im Blick gehabt, zumal auch die der O. Kredit gewährende Volksbank diese vertraglichen Regelungen nicht anerkannte.
83
Infolgedessen ist für die Annahme, in dem Gesamtbetrag von ca. 2,3 Mio. €, den die O. aus eigenen Mitteln an die I. leistete, sei ihr Gewinn aus den der Verurteilung zugrunde liegenden Werbesendungen allenfalls quotenmäßig – nämlich im Verhältnis zum sonstigen Gewinn – enthalten, entgegen der in den Revisionen der Beschwerdeführerin und des Beschwerdeführers G. geäußerten Auffassung kein Raum.
84
cc) Den an die I. weitergeleiteten Gewinn hat das Landgericht rechtsfehlerfrei auf der Grundlage des Jahresabschlusses 2003 auf insgesamt 1.743.144,- € geschätzt (§ 73b StGB).
85
2. Das Urteil weist aber einen die Beschwerdeführerin belastenden Rechtsfehler auf, weil es sich nicht hinreichend dazu verhält, inwieweit dem Wertersatzverfall zivilrechtliche Ansprüche von Verletzten im Sinne von § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB entgegenstehen.
86
Der Ausschluss des Verfalls nach § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB gilt auch gegenüber einem Drittbegünstigten (vgl. BGH NStZ-RR 2007, 109; Nack GA 2003, 879, 882 m.w.N.). Der Anwendung des § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB steht nach ständiger Rechtsprechung nicht entgegen, dass eine – noch – unbekannte Vielzahl von Personen geschädigt wurde oder dass Ansprüche tatsächlich nicht geltend gemacht werden; für den Ausschluss kommt es auf die rechtliche Existenz der Ansprüche an (vgl. Fischer, StGB 55. Aufl. § 73 Rdn. 18 m.w.N.). Das bisherige Unterbleiben und die fehlende Erwartung der Geltendmachung solcher Ansprüche ermöglichen also die Verfallsanordnung nicht (BGH NStZ-RR 2007, 110). Vielmehr bleibt sie nur möglich, wenn die Verletzten auf die Geltendmachung wirksam verzichtet haben oder die Ansprüche verjährt sind (BGH NStZ 2006, 621, 623; Fischer aaO Rdn. 19).
87
Zutreffend hat die Beschwerdeführerin darauf hingewiesen, dass aufgrund der der Verurteilung zugrunde liegenden Werbesendungen Schadensersatzansprüche von Kunden auch ihr gegenüber aus § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 16 Abs. 1 UWG nF bzw. § 4 Abs. 1 UWG aF nahe liegen. Für den alten wie für den neuen Straftatbestand der strafbaren Werbung ist die Eigenschaft als Schutzgesetz im Sinne von § 823 Abs. 2 BGB anerkannt (vgl. BTDrucks. 15/1487 S. 22; Alexander WRP 2004, 407, 420; Bornkamm in Hefermehl /Köhler/Bornkamm UWG 26. Aufl. § 16 Rdn. 29; Brammsen in Münch- Komm-UWG § 16 Rdn. 12; Köhler in Hefermehl/Köhler/Bornkamm aaO Einl. Rdn. 7.5; Piper in Piper/Ohly, UWG 4. Aufl., § 16 Rdn. 4, 27; a.A. Dreyer in Harte /Henning, UWG § 16 Rdn. 22). Zwar wird der Schutzgesetzcharakter der Bestimmungen des UWG zu den zivilrechtlichen Rechtsfolgen allgemein verneint, weil sie sowohl hinsichtlich der Klagebefugnis als auch hinsichtlich der Anspruchsgrundlagen abschließend sind. Anderes gilt jedoch für die Strafbestimmungen , da diese keine – abschließende – Regelung der zivilrechtlichen Rechtsfolgen enthalten (BTDrucks. aaO). Anspruchsgegner eines solchen Schadensersatzanspruchs nach § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 16 Abs. 1 UWG nF bzw. § 4 Abs. 1 UWG aF wäre auch die I. , in deren Interesse die Angeklagten letztlich tätig waren und die den wirtschaftlichen Nutzen aus dem Versandhandelsgeschäft zog. Die zivilrechtliche Zurechnung des Verhaltens – jedenfalls des Angeklagten G. – folgt dabei den Grundsätzen der Organhaftung analog § 31 BGB (vgl. Heinrichs/Ellenberger in Palandt, BGB 67. Aufl. § 31 Rdn. 5 f.).
88
Die durch die abgeurteilten Taten irre geführten Kunden könnten mit diesem Anspruch Schadensersatz in Höhe des gezahlten Kaufpreises Zug um Zug gegen Rückübereignung der Ware verlangen. Grundsätzlich richtet sich der Schadensersatzanspruch auf das negative Interesse. Der Verletzte ist also so zu stellen, wie er ohne das haftungsbegründende Ereignis stünde (§ 249 Abs. 1 BGB), auch dann, wenn der Schaden im Abschluss eines Vertrages – etwa durch arglistiges Verleiten hierzu – besteht. Liegt ein wirksamer Vertrag vor, kann der Verletzte Befreiung von der Verbindlichkeit und damit auch dessen Rückabwicklung verlangen; dies gilt unabhängig davon, ob er die Unwirksamkeit durch Ausübung eines Gestaltungsrechts – wie hier gegebenenfalls durch Anfechtung wegen arglistiger Täuschung nach § 123 BGB – herbeiführen könnte (vgl. Sprau in Palandt aaO vor § 823 Rdn. 17).
89
Der Senat kann anhand der Urteilsfeststellungen nicht beurteilen, inwieweit Ansprüche der Kunden verjährt sein könnten. Die Verjährung des Anspruchs aus § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 16 Abs. 1 UWG nF bzw. § 4 Abs. 1 UWG aF richtet sich nach § 195 BGB, nicht nach § 11 UWG nF bzw. § 21 UWG aF (Alexander WRP 2004, 407, 420). Die Verjährungsfrist beträgt damit drei Jahre und beginnt grundsätzlich gemäß § 199 Abs. 1 BGB mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den anspruchsbegründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste. Maßgeblich für den Verjährungsbeginn ist hier also nicht nur der Zeitpunkt der Kaufpreiszahlung durch die Kunden, vielmehr auch ihre Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis von der Unwahrheit der Angaben in den Werbesendungen sowie von den Umständen, welche den Anspruch gerade gegen die I. begründen. Deswegen ist es alles andere als sicher, dass hinsichtlich der Schadensersatzansprüche von Kunden bereits Verjährung eingetreten ist; erst recht gilt dies für den revisionsrechtlich maßgeblichen Zeitpunkt der tatrichterlichen Urteilsverkündung. Der Senat hält es nicht für ausgeschlossen, dass in einer neuen Hauptverhandlung entsprechende Feststellungen – auch unter Anwendung des § 73b StGB – getroffen werden können.

V.

90
Revision der Nebenbeteiligten P. :
91
Die Revision der Nebenbeteiligten P. bleibt erfolglos. Die Wirtschaftsstrafkammer hat ohne sachlichen Rechtsfehler gegen die P. den Wertersatzverfall in Höhe von 671.136,- € angeordnet, weil diese aus der "Vermietung" der Adressdaten der ausländischen Gesellschaften, die durch die strafbaren Werbemaßnahmen gewonnen wurden, entsprechende – anteilige – Einnahmen erzielte.
92
Aus der Tat erlangt im Sinne von § 73 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 StGB sind alle Vermögenswerte, die dem Begünstigten unmittelbar aus der Verwirklichung des Tatbestands in irgendeiner Phase des Tatablaufs zufließen (vgl. Fischer, StGB 55. Aufl. § 73 Rdn. 10 m.w.N.). Die strafbare Werbung hatte zur Folge, dass Verbraucher, die für derartige Werbemaßnahmen empfänglich waren, Bestellungen aufgaben. Das Wissen um diese Kundendaten war damit anteilig aus den abgeurteilten Taten erlangt, worauf der Adressdatenbestand beruhte. Denn durch die Verwaltung der Adressdaten wurde sichergestellt, dass die Daten – nur – derjenigen Empfänger gelöscht wurden, die für eine gewisse Zeit keine Bestellungen aufgaben.
93
Die Einnahmen aus der "Vermietung" der Adressdaten stellen Nutzungen im Sinne von § 73 Abs. 2 Satz 1 StGB dar. Zudem ist die P. Drittbegünstigte nach § 73 Abs. 3 StGB, da die "Vermietung" in ihrem Interesse auf Anweisung der für sie handelnden Angeklagten G. und D. erfolgte (sog. Vertretungsfall; vgl. BGHSt 45, 235, 245). Der P. ist kein (Mit-)Verschulden an den Werbemaßnahmen selbst zuzurechnen, so dass Ansprüche im Sinne von § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB nicht ersichtlich sind. Dass die Kammer die Einnahmen, die anteilig auf die der Verurteilung zugrunde liegenden Werbesendungen entfielen, gemäß § 73b StGB unter Zugrundelegung einer Quote von 38% errechnet hat, ist nicht zu beanstanden.

VI.

94
Revisionen der Staatsanwaltschaft:
95
Die – auf den Ausspruch über den Verfall beschränkten – Revisionen der Staatsanwaltschaft haben den aus dem Urteilstenor ersichtlichen Teilerfolg. Während die gegen die Nebenbeteiligten O. , I. und 3 C V. gerichteten Revisionen jeweils mit der Sachbeschwerde durchdringen, sind die Revisionen unbegründet, soweit die drei Angeklagten und die Nebenbeteiligte P. betroffen sind.
96
1. Zur Nebenbeteiligten O. :
97
Was eine Verfallsanordnung gegen die O. anbelangt, kann der Senat dem Landgericht im Hinblick auf den Umfang des Erlangten schon nicht darin folgen, dass Gegenstand des Wertersatzverfalls nur der (Netto-)Gewinn, nicht der (Brutto-)Umsatzerlös ist (nachfolgend a). Vor allem aber hat das Landgericht von einer Verfallsanordnung aufgrund einer rechtsfehlerhaften Anwendung des § 73c Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 StGB abgesehen (nachfolgend b).
98
a) Das von der O. Erlangte umfasst nicht nur den von ihr erzielten Nettogewinn , sondern die anteilig an sie weitergeleiteten Bruttoeinnahmen, die das Landgericht mit 32.643.155,- € berechnet hat.
99
aa) Die ausländischen Gesellschaften erhielten als Drittbegünstigte "aus" den Taten (§ 73 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 StGB), also dadurch, dass an Verbraucher Werbesendungen zusammen mit Warenkatalogen verschickt wurden, unmittelbar Warenbestellungen; deren Wert floss anteilig der O. zu.
100
Entgegen der Auffassung des Landgerichts ist insoweit ein "Wettbewerbsvorteil" , der zunächst nur in einer Chance auf Warenbestellungen bestanden habe, kein tauglicher Anknüpfungspunkt für den Verfall. Eine solche Chance ist für den Begünstigten überhaupt nur in dem Umfang werthaltig, in dem Empfänger auch tatsächlich Waren bestellen. Einen hiervon zu trennenden Marktwert hat eine solche Chance nicht. Darüber hinaus verwirklicht sich erst in den Vertragsschlüssen selbst die abstrakte Gefahr für die Dispositionsfreiheit der Verbraucher und die Marktaussichten von Mitbewerbern, deren Schutz die strafbare Werbung nach § 4 Abs. 1 UWG aF und § 16 Abs. 1 UWG nF bezweckt. Der 5. Strafsenat hat dementsprechend in einem Fall der Bestechung im geschäftlichen Verkehr als im Sinne von § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB unmittelbar erlangtes "etwas" die Auftragserteilung selbst, also den Vertragsschluss, angesehen, dagegen nicht schon die in der Manipulation des Vergabeverfahrens bestehende Chance auf Auftragserteilung (so BGHSt 50, 299, 309 f. ["Kölner Müllskandal"]; zustimmend Saliger NJW 2006, 3377, 3381; ablehnend Hohn wistra 2006, 321, 322).
101
bb) Der Umfang des Erlangten ist zwingend nach Maßgabe des Bruttoprinzips zu bemessen. Hiernach sind Vermögenswerte, die der Täter oder Teilnehmer in irgendeiner Phase des Tatablaufs unmittelbar erlangt hat, in ihrer Gesamtheit abzuschöpfen, ohne dass Gegenleistungen oder sonstige Aufwendungen in Abzug gebracht werden (BGHSt 47, 369, 370 f.; W. Schmidt in LK 11. Aufl. § 73 Rdn. 18, jew. m.w.N.). Das gilt auch für den Drittbegünstigten im Sinne von § 73 Abs. 3 StGB, zumal dann, wenn er Nutznießer der Tat ist (BGHSt aaO 374; BGH NStZ-RR 2004, 214, 215). Bei der Umstellung auf das Bruttoprinzip durch das Gesetz zur Änderung des Außenwirtschaftsgesetzes, des Strafgesetzbuches und anderer Gesetze vom 28. Februar 1992 (BGBl I 372) hat der Gesetzgeber unter anderem auf den Rechtsgedanken des § 817 Satz 2 BGB abgestellt, wonach das in ein verbotenes Geschäft Investierte unwiederbringlich verloren sein müsse (BTDrucks. 12/899 S. 11; hierzu BGHSt aaO 372). Dass das Bruttoprinzip sachgerecht ist, ergibt sich aus dem Präventionszweck des Verfalls: Müsste der von der Verfallsanordnung Betroffene lediglich die Abschöpfung des Nettogewinns befürchten, so würde sich die Tatbegehung für ihn unter finanziellen Gesichtspunkten als weitgehend risikolos erweisen. Den Drittbegünstigten soll das Bruttoprinzip veranlassen, zur Verhinderung solcher Taten wirksame Kontrollmechanismen zu errichten oder aufrechtzuerhalten (vgl. BGHSt aaO 374; ferner BGHSt 51, 65, 67; BGH NStZ-RR 2004, 214, 215).
102
cc) Aus den Taten erlangt wurden hier nicht nur die Warenbestellungen, also die Vertragsschlüsse, die durch das Verschicken der Werbesendungen zusammen mit den Warenkatalogen kausal hervorgerufen wurden, sondern auch die von den Kunden in Erfüllung der Kaufverträge geleisteten Zahlungen (zum Kriterium der Unmittelbarkeit vgl. BVerfG, Kammerbeschl. vom 7. Juli 2007 – 2 BvR 527/06 – Rdn. 4). Insoweit besteht nach Auffassung des Senats hier kein sachlicher Grund, zwischen schuldrechtlichem Verpflichtungsgeschäft und "dinglichem" Erfüllungsgeschäft zu differenzieren.
103
Der 5. Strafsenat hat freilich in einer anderen Fallgestaltung – einem Fall der Bestechung im geschäftlichen Verkehr – die Notwendigkeit einer derartigen Differenzierung befürwortet (BGHSt 50, 299, 309 ff. ["Kölner Müllskandal"]): Unmittelbar aus einer solchen Tat erlange "ein Werkunternehmer im Rahmen korruptiver Manipulation bei der Auftragsvergabe lediglich die Auftragserteilung – also den Vertragsschluss – selbst, nicht hingegen den vereinbarten Werklohn" (BGH aaO 310). Anders als etwa bei Betäubungsmittelgeschäften oder Embargoverstößen sei bei der Bestechung im geschäftlichen Verkehr strafrechtlich bemakelt lediglich die Art und Weise, wie der Auftrag erlangt sei, nicht dass er ausgeführt werde. Der wirtschaftliche Wert des Auftrags bemesse sich dort vorrangig nach dem zu erwartenden Gewinn (BGH aaO 310 f.). Erst wenn dieser ermittelt worden sei, folge aus dem Bruttoprinzip, dass für den Vertragsschluss getätigte Aufwendungen – wie insbesondere die Bestechungssumme – nicht weiter in Abzug gebracht werden könnten (BGH aaO 312; vgl. auch BGHSt 47, 260, 269 f.).
104
Die Rechtsprechung des 5. Strafsenats steht hier weder der Beurteilung entgegen, dass (auch) die Kaufpreiszahlungen (unmittelbar) aus den abgeurteilten Taten erlangt sind, noch widerspricht sie der Bemessung des anteilig an die O. weitergeleiteten Taterlöses nach dem Bruttoprinzip:
105
Eine Divergenz liegt schon deshalb nicht vor, weil die Durchführung der Kaufverträge hier strafrechtlich bemakelt ist. Wenn es nämlich – wie bereits oben unter III 1 a ee (1) ausgeführt – Schutzzweck von § 16 Abs. 1 UWG nF bzw. § 4 UWG aF ist, den Verbraucher vor zweckverfehltem und vermögensschädigendem Mitteleinsatz zu bewahren, dann kann der Mitteleinsatz selbst nicht als in diesem Sinne strafrechtlich neutral beurteilt werden. Ohne das Verschicken der irreführenden Werbesendungen zusammen mit den Warenkatalogen wäre es nicht zu Bestellungen und entsprechenden Kaufpreiszahlungen der Kunden gekommen. Anderes gilt für den vom 5. Strafsenat entschiedenen Fall. Das Werk wäre nämlich auch ohne korruptive Manipulation der Auftragsvergabe hergestellt worden, so dass ein Werklohn in jedem Fall hätte entrichtet werden müssen. Der Straftatbestand der Bestechung im geschäftlichen Verkehr nach § 299 Abs. 2 StGB schützt dementsprechend – unmittelbar nur – den freien Wettbewerb (vgl. Fischer, StGB 55. Aufl. vor § 298 Rdn. 6, § 299 Rdn. 2). Dies könnte es rechtfertigen, lediglich einen "Mehrerlös", insbesondere soweit er über den regulär erzielbaren Werklohn hinausgeht, als das aus der Straftat Erlangte zu bewerten.
106
Hinzu kommt, dass auch nach der Entscheidung des 5. Strafsenats das in Straftaten Investierte nicht verfallsmindernd berücksichtigt werden darf (vgl. BGHSt 50, 299, 310, 312). Der Gesetzgeber wollte gerade dessen unwiederbringlichen Verlust anordnen (siehe oben unter bb). Die vom Landgericht vorgenommene Berechnung des Gewinns der O. – anhand des Verhältnisses des im Jahresabschluss 2003 ausgewiesenen Betriebsgewinns zur Gesamtleistung des Betriebes (siehe oben unter I 1 b) – dürfte jedoch dazu führen, dass die Aufwendungen für strafbare Werbung unzulässigerweise den Verfallsbetrag schmälern würden.
107
Wäre das vom 5. Strafsenat genannte Kriterium der strafrechtlichen Bemakelung gar dahin zu verstehen, dass die Ausführung eines Vertrags für sich gesehen strafbar sein müsse, könnte der Senat dieser Einschränkung nicht folgen. Das hätte nämlich zur Folge, dass bei "Alltagsgeschäften", etwa bei durch Betrug zustande gekommenen Verträgen über Dienstleistungen, über den Kauf von Autos oder über Geldanlagen, die Rückgewinnungshilfe (vgl. § 111i in Verbindung mit § 111b Abs. 5 StPO) sachwidrig begrenzt wäre. Da in solchen Fällen das Erfüllungsgeschäft als solches regelmäßig nicht verboten ist, wäre eine über den Gewinn hinausgehende Rückgewinnungshilfe von vornherein ausgeschlossen. Der Senat ist demgegenüber der Auffassung, dass auch in diesen Fällen das Erlangte in vollem Umfang dem Verfall unterliegt. Dies hat der Gesetzgeber jedenfalls mit dem Gesetz zur Stärkung der Rückgewinnungshilfe und der Vermögensabschöpfung bei Straftaten vom 24. Oktober 2006 (BGBl I 2350) klargestellt. Ziel des Gesetzes war nach der Begründung des Regierungsentwurfs (BTDrucks. 16/700 S. 8) zu verhindern, dass "Verbrechen sich lohnt". Die Rückgewinnungshilfe sollte insbesondere auch bei den durch Betrug verursachten Massenschäden – also auch in Fällen, in denen die Ausführung eines Vertrags für sich gesehen nicht strafbar ist – verbessert werden. Rückgewinnungshilfe setzt aber voraus, dass der Verfall, auch soweit das Erlangte über den Gewinn hinausgeht, nach § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB überhaupt angeordnet werden könnte. Wenn der Gesetzgeber danach für derartige Fallgestaltungen die Rückgewinnungshilfe nicht nur ermöglichen, sondern sogar noch verbessern wollte, dann hat er damit zugleich entschieden, dass dem Verfall das aus Erfüllungsgeschäften, die als solche nicht verboten sind, Erlangte – nach dem Bruttoprinzip – in voller Höhe unterliegt.
108
Aber auch unabhängig hiervon stößt die Rechtsprechung des 5. Strafsenats , wenngleich es im vorliegenden Zusammenhang nicht darauf ankommt, beim Senat schon im rechtlichen Ausgangspunkt auf Bedenken. Sie bleibt näm- lich eine Erklärung dafür schuldig, aus welchen Gründen die Ermittlung des Werts des schuldrechtlichen Verpflichtungsgeschäfts durch Saldierung – also gleichsam nach dem Nettoprinzip – erfolgt, während sich nur der Wert des "dinglichen" Erfüllungsgeschäfts nach dem Bruttoprinzip richten soll (insoweit krit. auch Hohn wistra 2006, 321, 322 f.; Saliger NJW 2006, 3377, 3381; Fischer aaO § 73 Rdn. 11). Nach dem Bruttoprinzip wäre es vielmehr nahe liegend, auch beim schuldrechtlichen Verpflichtungsgeschäft den Anspruch auf Leistung (auf den vereinbarten Werklohn) so zu bewerten, dass die Verpflichtung zur Gegenleistung (zum Bau einer Restmüllverbrennungsanlage) unberücksichtigt bliebe. Des Weiteren ist das vom 5. Strafsenat vertretene enge Verständnis des Unmittelbarkeitskriteriums nicht ohne weiteres vereinbar mit der gesetzlichen Systematik von § 73 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 StGB, aus der dieses Kriterium hergeleitet wird. § 73 Abs. 2 StGB erfasst als mittelbare Vermögenszuwächse ausschließlich Nutzungen und Surrogate; die Bestimmung ist § 818 Abs. 1 BGB nachgebildet (W. Schmidt in LK 11. Aufl. § 73 Rdn. 43). Dieser knüpft gerade an die Herausgabe nach § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB, also insbesondere die – nach gesetzlicher Wertung somit keineswegs mittelbare – "dingliche" (Rück-)Übertragung bei unwirksamem schuldrechtlichem Verpflichtungsgeschäft an. Es geht daher zu weit, wenn sich aus § 73 Abs. 2 StGB ergeben soll, vom Anwendungsbereich des § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB sei nur ein vertraglicher Anspruch, nicht aber das zu seiner Erfüllung Geleistete erfasst.
109
b) Die Beschwerdeführerin beanstandet weiterhin zu Recht, dass das Landgericht § 73c Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 StGB mit der Begründung angewendet hat, dass die O. den Gewinn an die I. weiterleitete und über ihr Vermögen das Insolvenzverfahren eröffnet ist, so dass eine Verfallsanordnung die Insolvenzmasse schmälern würde und diese – nach Einschätzung des Landgerichts – "voraussichtlich" nicht ausreichen wird, um alle Gläubiger zu befriedigen.
110
aa) Im Hinblick auf § 73c Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 StGB ist der Abfluss des Taterlöses für sich gesehen regelmäßig unbeachtlich. Da die zur I. - Gruppe gehörenden Gesellschaften von den Angeklagten vertreten wurden und durch deren Taten erst komplexe Geldkreisläufe in diesem zusammenwirkenden Firmengeflecht in Gang gesetzt wurden (vgl. BGHSt 45, 235, 245 f.; siehe oben IV 1 a), unterliegt bei jeder dieser Gesellschaften grundsätzlich das von ihr Erlangte bzw. das an sie Weitergeleitete dem (Wertersatz-)Verfall.
111
Die Unbeachtlichkeit des Abflusses des Taterlöses ergibt sich dabei aus dem Präventionszweck des Verfalls, der auf die Verhinderung gewinnorientierter Straftaten gerichtet ist (vgl. BGHSt 51, 65, 72). Eine Auslegung der Vorschriften über den Verfall, nach der die Tatbegehung unter finanziellen Gesichtspunkten weitgehend risikolos bleibt, genügt diesem Zweck nicht (vgl. hierzu BGH aaO 67; ferner BGHSt 47, 369, 374; BGH NStZ-RR 2004, 214, 215). Dass der spätere Abfluss allein den Umfang der rechtlich gebotenen Erlösabschöpfung nicht berührt, korrespondiert dabei mit dem gesetzgeberischen Anliegen , das mit der Einführung des Bruttoprinzips verbunden war (siehe oben unter a bb); dieses Anliegen darf mit Hilfe der Härteklausel des § 73c StGB nicht unterlaufen werden (vgl. BGHR StGB § 73c Härte 7).
112
In der Höhe ist der Gesamtbetrag dessen, was tatsächlich abgeschöpft werden kann, hier lediglich durch das von den Erstbegünstigten Erlangte, also dem Vermögenszufluss bei den ausländischen Gesellschaften begrenzt. Dieser Betrag entspricht dem auf die abgeurteilten Taten entfallenden Bestellvolumen abzüglich der Forderungsausfälle und Retouren (54.405.258,- €). Nahe liegt, dass in Fällen der Drittbegünstigung nach § 73 Abs. 3 StGB, in denen das Erlangte weitergeleitet wurde, ohne dass dadurch erneut eine Straftat begangen wurde, – anders als in Fällen einer Handelskette beim unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln (vgl. BGHSt 51, 65, 71 f.) – von Gesamtschuldner- schaft auszugehen ist, soweit die Verfallsanordnungen in der Summe über das vom Erstbegünstigten Erlangte hinausgehen. Dies bedarf hier jedoch keiner vertieften Erörterung.
113
bb) Eine Ermessensentscheidung nach § 73c Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 StGB scheidet von vornherein aus, soweit und solange der Angeklagte oder Drittbegünstigte über Vermögen verfügt, das wertmäßig nicht hinter dem "verfallbaren" Betrag zurückbleibt. Dabei kommt es grundsätzlich nicht darauf an, ob das vorhandene Vermögen einen konkreten oder unmittelbaren Bezug zu der rechtswidrigen Tat hat (BGH aaO 69 m.w.N.). Weist das Vermögen einen solchen Bezug nicht auf, namentlich weil der Taterlös weitergeleitet wurde, bietet § 73c Abs. 1 Satz 1 StGB in besonders gelagerten Einzelfällen einen hinreichenden Schutz (BGH aaO 70). Im Rahmen des Beurteilungsspielraums, den der Tatrichter für den Rechtsbegriff der unbilligen Härte hat, kann dabei insbesondere ins Gewicht fallen, dass ein Drittbegünstigter – anders als hier die O. über die für sie verantwortlich Handelnden – gutgläubig ist (vgl. BGHSt 47, 369, 376; BGH NStZ-RR 2004, 214, 215; 2007, 109, 110; vgl. auch BGH, Urt. vom 3. Juli 2003 – 1 StR 453/02 – Umdr. S. 45 f.: kein Absehen bei bewusst verfallsvereitelnder Weitergabe von Vermögenswerten).
114
cc) Auch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens hindert die Anordnung des Verfalls grundsätzlich nicht. § 39 Abs. 1 Nr. 3 InsO betrifft lediglich die Frage , wie ein angeordneter Wertersatzverfall rangmäßig im Insolvenzverfahren zu behandeln ist (vgl. BGHSt 50, 299, 312; Hohn wistra 2006, 321). Für die Ermessensentscheidung nach § 73c Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 StGB maßgeblich ist daher nicht schon die Eröffnung des Insolvenzverfahrens, sondern erst die Feststellung , dass die Insolvenzmasse nicht zur Befriedigung vorrangiger Forderungen ausreicht, somit kein verwertbares Vermögen vorhanden ist. Eine derartige – sichere – Feststellung fehlt im angefochtenen Urteil. Inwieweit im Einzelfall auch nachrangige Forderungen, etwa nach § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO solche auf Rückgewähr kapitalersetzender Darlehen eines Gesellschafters, im Rahmen des Ermessens Berücksichtigung finden könnten, braucht der Senat nicht zu entscheiden.
115
Der 5. Strafsenat hat zwar die Angemessenheit des Absehens vom Verfall nach § 73c Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 StGB unter anderem damit begründet, dass kein bleibender "Gewinn" erzielt wurde und sich die Verfallsbeteiligte in der Insolvenz befand (so BGHSt 50, 299, 313). Eine Divergenz zu dieser Entscheidung im Sinne von § 132 Abs. 2 GVG besteht jedoch auch insoweit nicht, weil dort die Anwendung der Vorschrift – anders als hier – insbesondere auch auf die Feststellung im tatrichterlichen Urteil gestützt worden ist, dass sich die Verfallsbeteiligte erheblichen Regressansprüchen konkret ausgesetzt sah.
116
2. Zur Nebenbeteiligten I. :
117
Soweit gegen die I. Verfall der von Wertersatz in Höhe von 1.498.677,- € angeordnet worden ist, enthält das Urteil ebenfalls einen diese begünstigenden Rechtsfehler. Die Beschwerdeführerin beanstandet zwar zu Unrecht, dass die Wirtschaftsstrafkammer den Gewinn von 1.743.177,- €, nicht die Einnahmen von ca. 2,3 Mio. € als das Erlangte angesehen hat. Denn anders als bei der O. entspricht allein dies – wie oben unter IV 1 b bb ausgeführt – den Urteilsfeststellungen, denen zufolge die I. den wirtschaftlichen Nutzen aus dem Versandhandelsgeschäft und der O. ziehen sollte, so dass ihr lediglich der Saldo aus Einnahmen und Ausgaben zufloss. Die Kammer hat jedoch rechtsfehlerhaft den weitergeleiteten Gewinn gemäß § 73c Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 StGB um das an den Angeklagten G. gezahlte Tatentgelt von 244.467,- € reduziert. Gemäß dem oben unter 1 b aa und bb Dargelegten ist im Hinblick auf diese Vorschrift der – teilweise – Abfluss des Taterlöses für sich gesehen regelmäßig unbeachtlich.
118
3. Zur Nebenbeteiligten 3 C V. :
119
Soweit von einer Verfallsanordnung gegen die 3 C V. abgesehen worden ist, ist das Urteil rechtsfehlerhaft, da das Landgericht in zweifacher Hinsicht einen unzutreffenden rechtlichen Maßstab angelegt hat. Auf die von der Beschwerdeführerin insoweit erhobene Aufklärungsrüge, das Landgericht habe näher bestimmten Urkundsbeweis erheben und infolgedessen ergänzende Feststellungen zu Vereinbarungen und Geldflüssen zwischen der F. und der 3 C V. treffen müssen, kommt es daher nicht an.
120
Im Urteil ist ausgeführt, dass zur Höhe der von der 3 C V. aus verfahrensgegenständlicher Werbung erlangten Vermögensvorteile keine Feststellungen hätten getroffen werden können (UA S. 138). Des Weiteren sei der "Wettbewerbsvorteil" letztlich an die I. verschoben und dort abgeschöpft worden, so dass § 73c Abs. 1 Satz 2 StGB anzuwenden sei; "weitere" Vermögensvorteile seien indessen nicht feststellbar (UA S. 156).
121
Im Ansatz zutreffend ist – nach dem oben unter IV 1 a Gesagten – die Annahme, zunächst hätten die ausländischen Gesellschaften, damit auch die 3 C V. als Drittbegünstigte, durch die mit den Warenkatalogen verschickten Werbesendungen etwas erlangt. Die – wenngleich knapp gehaltenen – Ausführungen zeigen jedoch zweierlei:
122
Zum einen hat das Landgericht zu Unrecht angenommen, die Anordnung des Wertersatzverfalls setze voraus, dass der Nettogewinn ermittelt werde. Darauf deutet zunächst die Verwendung des Bergriffs "Vermögensvorteil" im Urteil hin, der dem Wortlaut des § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB aF entsprach, bevor der Gesetzgeber durch das Gesetz zur Änderung des Außenwirtschaftsgesetzes , des Strafgesetzbuches und anderer Gesetze vom 28. Februar 1992 (BGBl I 372) das Bruttoprinzip ("etwas") einführte. Darüber hinaus ist auch nicht ersichtlich, aus welchen Gründen sich die auf die Vertragsschlüsse mit der 3 C V. entfallenden Bruttoeinnahmen – selbst unter Anwendung des § 73b StGB – nicht berechnen ließen. Das Landgericht hat neun unter der Firma 3 C V. verschickte strafbare Werbesendungen mit Aussendedatum und Auflagenstärke festgestellt (UA S. 25). Es spricht nichts dafür, dass der Umsatzerlös der 3 C V. nicht hätte – entsprechend der auch ansonsten verwendeten Berechnungsmethode (vgl. UA S. 142) – geschätzt werden können, zumal, wie sich aus der Revisionsbegründung der Staatsanwaltschaft ergibt (S. 49 ff.), im Rahmen der Anordnung eines dinglichen Arrests gemäß § 111b Abs. 2, § 111d StPO das auf diese neun Werbesendungen entfallende Bestellvolumen (8.888.981,81 €) ermittelt worden war. Auch dass die Zahlungen der Kunden auf Konten der F. "umgeleitet" wurden, um die Einnahmen dem Zugriff von Gläubigern zu entziehen (UA S. 134), bedeutet nicht ohne weiteres, dass keine Vermögensmehrung bei der 3 C V. eintrat. Vielmehr könnten dieser – was angesichts der Feststellungen nahe liegt – Zahlungsansprüche in Bezug auf die erfolgten Bestellungen zugestanden haben.
123
Zum anderen beruhen die Erwägungen wiederum auf einem unzutreffenden rechtlichen Maßstab, was die Ermessensentscheidung nach § 73c Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 StGB anbelangt. Wie bereits oben unter 1 b aa und bb ausgeführt , steht die Weiterleitung des Gewinns an die I. der Verfallsanordnung für sich gesehen regelmäßig nicht entgegen.
124
4. Zum Angeklagten G. :
125
Die gegen den Angeklagten G. gerichtete Revision ist unbegründet. Dass die Kammer nur einen Anteil von 38% der von der I. überwiesenen 1 Mio. SFr. als Tatentgelt bewertet hat, ist sachlich-rechtlich nicht zu beanstanden (hierzu oben unter III 2). Überdies ist im Urteil rechtsfehlerfrei dargelegt , dass die persönliche Vermögensbilanz dieses Angeklagten nicht bereits durch den Zufluss der 1.743.144,- € bei der I. "verbessert" wurde und er selbst hierdurch noch nichts erlangt hat (nachfolgend a); die hierauf bezogene Verfahrensrüge dringt nicht durch (nachfolgend b).
126
a) Die Verfallsanordnung setzt voraus, dass der von ihr Betroffene den Vermögenswert tatsächlich erlangt hat. Erforderlich ist insoweit die tatsächliche Verfügungsgewalt oder – bei Mittätern zumindest – wirtschaftliche Mitverfügungsgewalt (vgl. Fischer, StGB 55. Aufl. § 73 Rdn. 13 ff.). In Vertretungsfällen gemäß § 73 Abs. 3 StGB, in denen – wie hier – der Täter als Organ, Vertreter oder Beauftragter (§ 14 StGB) oder als sonstiger Angehöriger einer juristischen Person für diese handelt und die Vermögensmehrung bei der juristischen Person eintritt, kann nicht ohne weiteres angenommen werden, dass der Täter (Mit-)Verfügungsgewalt an dem Erlangten hat. Regelmäßig ist vielmehr davon auszugehen, dass die juristische Person über eine eigene Vermögensmasse verfügt, die vom Privatvermögen des Täters zu trennen ist. Die dem Vermögen einer juristischen Person zugeflossenen Vermögenswerte sind daher auch dann nicht ohne weiteres durch den Täter im Sinne von § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB erlangt , wenn dieser eine – legale – Zugriffsmöglichkeit auf das Vermögen hat (BVerfG [Kammer] StV 2004, 409, 411; NJW 2005, 3630, 3631). Für eine Verfallsanordnung gegen den Täter bedarf es in derartigen Fällen einer über die faktische Verfügungsgewalt hinausgehenden Feststellung, dass dieser selbst etwas erlangt hat, was zu einer Änderung seiner Vermögensbilanz geführt hat. Eine solche Feststellung rechtfertigende Umstände können etwa darin liegen, dass der Täter die juristische Person nur als einen formalen Mantel seiner Tat nutzt, eine Trennung zwischen der eigenen Vermögenssphäre und derjenigen der Gesellschaft aber nicht vornimmt, oder darin, dass jeder aus der Tat folgende Vermögenszufluss an die Gesellschaft sogleich an den Täter weitergeleitet wird (BVerfG [Kammer] NJW aaO).
127
Dass es sich bei dem Vermögen der Aktiengesellschaft I. und dem Privatvermögen des Angeklagten G. um in diesem Sinne nur vorgeblich getrennte Vermögensmassen handelte, hat das Landgericht nicht festgestellt und dementsprechend ein Erlangen im Sinne von § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB beim Angeklagten G. rechtsfehlerfrei verneint (vgl. UA S. 155). Eine nur vorgegebene Vermögenstrennung liegt in Anbetracht der Urteilsfeststellungen auch nicht nahe, wie die Überweisung der 1 Mio. SFr., in denen das Entgelt für die abgeurteilten Taten enthalten war, zeigt. Ein von der Beschwerdeführerin geltend gemachter Mangel in der Sachdarstellung liegt nicht vor.
128
b) Die Verfahrensrüge, mit der die Beschwerdeführerin die Ablehnung eines Beweisantrags wegen Bedeutungslosigkeit nach § 244 Abs. 3 Satz 2 Var. 2 StPO beanstandet, ist unbegründet. Der Vertreter der Staatsanwaltschaft hatte die Verlesung einiger Urkunden beantragt, wobei die Beweisbehauptungen darauf zielten, dass nicht der Bruder des Angeklagten G. , sondern er selbst (nahezu) alleiniger Aktionär und "Inhaber" der I. sei.
129
Aus dem Ablehnungsbeschluss geht hervor, dass die Kammer die unter Beweis gestellten Indiztatsachen aus rechtlichen Gründen für bedeutungslos gehalten hat. In dem Beschluss ist in Bezug auf den Verfall lediglich ausgeführt, dass die Gesellschaftsverhältnisse der I. für die Abschöpfung etwaiger von dieser gezogener Gewinne keine Rolle spielten, weil der Verfall gegen die I. auch angeordnet werden könne, wenn nicht der oder ein Gesellschafter , sondern ein Organ die Tathandlungen begangen habe. Zwar ist die Begründung des Ablehnungsbeschlusses insoweit unzulänglich, da die Kammer das Beweisziel im Hinblick auf die Verfallsanordnung gegen den Angeklagten G. nicht vollständig erfasst zu haben scheint. Der Senat kann jedoch das Beruhen des Urteils auf diesem Mangel ausschließen, weil insoweit die Gründe der Bedeutungslosigkeit aus tatsächlichen Gründen klar zutage traten (vgl. Herdegen in KK-StPO 5. Aufl. § 244 Rdn. 75 m.w.N.). Auch wenn die Beweisbehauptungen erwiesen worden wären und der Angeklagte G. nahezu alleiniger Aktionär der I. bzw. in diesem Sinne deren "Inhaber" gewesen wäre, wäre nämlich der von der Beschwerdeführerin begehrte Schluss auf nur vorgeblich getrennte Vermögenssphären nicht nahe liegend. Dies hat auch die Kammer erkennbar so gesehen.
130
5. Zum Angeklagten S. :
131
Der Senat teilt die Meinung der Beschwerdeführerin nicht, der Angeklagte S. habe über das Tatentgelt von 58.700,- € hinaus als Taterlös ("aus" den Taten) weitere Beträge nach § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB erlangt, weil sich den Feststellungen zufolge auf dem Geschäftskonto der Rechtsanwaltssozietät Sch. & S. vorübergehend insgesamt 28.484.315,86 € befanden, die von Konten der F. dorthin transferiert wurden.
132
Ein Rechtsfehler in sachlich-rechtlicher Hinsicht, auch in Form eines Erörterungsmangels , liegt nicht vor. Feststellungen, welche die Beurteilung rechtfertigen , durch den Geldzufluss auf dem Kanzleikonto habe sich die private Vermögensbilanz des Angeklagten S. geändert, hat die Kammer nicht getroffen. Dass solche Feststellungen möglich gewesen wären, liegt auch nicht nahe. Vielmehr dürfte es sich bei dem in Rede stehenden Gesamtbetrag entweder um Vermögen der Rechtsanwaltssozietät Sch. & S. als Gesellschaft bürgerlichen Rechts (vgl. BGHZ 146, 341; BGH NJW 2006, 2191) oder – was nahe liegt – um treuhänderisch gebundenes Vermögen der O. handeln , zumal davon 19.560.762,38 € an die O. weitergeleitet wurden (UA S. 143).
133
6. Zum Angeklagten D. und zur Nebenbeteiligten P. :
134
Die Nachprüfung des Urteils hat im Ausspruch über den Verfall keinen Rechtsfehler zum Vorteil des Angeklagten D. und der P. ergeben.

VII.

135
1. Soweit in der neuen Hauptverhandlung die Anordnung des Wertersatzverfalls gegen die Nebenbeteiligte 3 C V. in Betracht kommt, weist der Senat darauf hin, dass ein Gewinnabschöpfungsanspruch nach § 10 UWG nF die Verfallsanordnung nicht nach § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB hindern würde. Dieser Anspruch kann nur in Bezug auf die jeweiligen Vertragsverhältnisse zwischen den Kunden und den Warenlieferanten – hier der 3 C V. – geltend gemacht werden (vgl. Köhler in Hefermehl/Köhler/Bornkamm, UWG 26. Aufl. § 10 Rdn. 11). Er ist kein dem Verletzten aus der Tat erwachsener Anspruch im Sinne von § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB; insbesondere kommt nämlich nach § 10 UWG nF der abgeschöpfte Gewinn dem Bundeshaushalt, nicht den Geschädigten zugute. Einer analogen Anwendung des § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB bedarf es nicht (so aber Alexander WRP 2004, 407, 419), weil der Gefahr der doppelten Inanspruchnahme sowohl im Zivil- als auch im Strafverfahren – namentlich mit § 10 Abs. 2 UWG nF einerseits und § 73c Abs. 1 StGB andererseits – wirksam begegnet werden kann. Im Übrigen unterliegt der Gewinnabschöpfungsanspruch auch anderen Verjährungsregeln (vgl. § 11 UWG nF; hierzu Köhler aaO § 11 Rdn. 1.36).
136
2. Sollte der neue Tatrichter zu dem Ergebnis gelangen, dass Verfallsanordnungen gegen die Nebenbeteiligten I. , O. und 3 C V. allein wegen entgegenstehender Ansprüche Dritter nach § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB ausgeschlossen sind, weist der Senat darauf hin, dass die seit dem 1. Januar 2007 geltenden Absätze 2 bis 8 von § 111i StPO auf Altfälle nicht anwendbar sind (vgl. BGH NJW 2008, 1093; Beschl. vom 19. Februar 2008 – 1 StR 503/07). Nack Boetticher Hebenstreit Elf Graf

(1) Hat der Täter oder Teilnehmer durch eine rechtswidrige Tat oder für sie etwas erlangt, so ordnet das Gericht dessen Einziehung an.

(2) Hat der Täter oder Teilnehmer Nutzungen aus dem Erlangten gezogen, so ordnet das Gericht auch deren Einziehung an.

(3) Das Gericht kann auch die Einziehung der Gegenstände anordnen, die der Täter oder Teilnehmer erworben hat

1.
durch Veräußerung des Erlangten oder als Ersatz für dessen Zerstörung, Beschädigung oder Entziehung oder
2.
auf Grund eines erlangten Rechts.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
und
VERSÄ UMNISURTEIL
II ZR 331/00 Verkündet am:
29. Januar 2001
Boppel
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja

a) Die (Außen-)Gesellschaft bürgerlichen Rechts besitzt Rechtsfähigkeit, soweit
sie durch Teilnahme am Rechtsverkehr eigene Rechte und Pflichten
begründet.

b) In diesem Rahmen ist sie zugleich im Zivilprozeß aktiv- und passiv parteifähig.

c) Soweit der Gesellschafter für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft bürgerlichen
Rechts persönlich haftet, entspricht das Verhältnis zwischen der Verbindlichkeit
der Gesellschaft und der Haftung des Gesellschafters derjenigen
bei der OHG (Akzessorietät) - Fortführung von BGHZ 142, 315.
BGH, Urteil vom 29. Januar 2001 – II ZR 331/00 – OLG Nürnberg
LG Ansbach
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 8. Januar 2001 durch den Vorsitzenden Richter Dr. h.c. Röhricht, die
Richter Prof. Dr. Henze, Prof. Dr. Goette, Dr. Kurzwelly und die Richterin Münke

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 12. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Nürnberg vom 15. März 2000 unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels im Kostenpunkt und hinsichtlich der Abweisung der gegen die Beklagte zu 1 gerichteten Klage aufgehoben.
Die Berufung der Beklagten zu 1 gegen das Vorbehaltsurteil der Kammer für Handelssachen des Landgerichts Ansbach vom 26. November 1999 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, daß die Beklagte zu 1 neben den Beklagten zu 2 und 3 wie eine Gesamtschuldnerin verurteilt wird.
Die außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 4 trägt die Klägerin. Die Beklagten zu 1, 2 und 3 tragen ihre außergerichtlichen Kosten selbst. Hinsichtlich des ersten Rechtszuges tragen die Beklagten zu 2 und 3 gesamtschuldnerisch und daneben die Beklagte zu 1 wie eine Gesamtschuldnerin 3/4 und die Klägerin 1/4 der Gerichtskosten und der außergerichtlichen Kosten der Klägerin. Die außergerichtlichen Kosten der Klägerin in den Rechts- mittelinstanzen sowie die Gerichtskosten der Berufungsinstanz tragen die Klägerin und die Beklagte zu 1 je zur Hälfte. Die Gerichtskosten der Revisionsinstanz tragen die Klägerin zu 4/5 und die Beklagte zu 1 zu 1/5.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Klägerin klagt im Wechselprozeß auf Zahlung der Wechselsumme von 90.000,00 DM zuzüglich Nebenforderungen gegen die Beklagte zu 1, eine bauwirtschaftliche Arbeitsgemeinschaft (ARGE) in der Rechtsform einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts, als Wechselakzeptantin und die früheren Beklagten zu 2 und 3 als deren Gesellschafterinnen. Die Haftung des Beklagten zu 4 für die Wechselforderung leitet sie aus Rechtsscheinsgesichtspunkten her. Das Landgericht hat die Beklagten antragsgemäß gesamtschuldnerisch zur Zahlung verurteilt. Das Oberlandesgericht hat die Klage hinsichtlich der Beklagten zu 1 und 4 auf deren Berufung hin abgewiesen. Hiergegen richtet sich die Revision der Klägerin, mit der sie die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils begehrt.

Entscheidungsgründe:


Da die Beklagte zu 1 im Verhandlungstermin trotz dessen rechtzeitiger Bekanntgabe nicht vertreten war, ist über die sie betreffende Revision der Klägerin durch Versäumnisurteil zu entscheiden (§§ 557, 331 ZPO). Das Urteil beruht jedoch inhaltlich nicht auf der Säumnis, sondern auf einer Sachprüfung (vgl. BGHZ 37, 79, 82).
Die Revision hat Erfolg, soweit sie sich gegen die Abweisung der gegen die Beklagte zu 1 gerichteten Klage wendet. Im übrigen ist sie unbegründet.

A.


Nach Auffassung des Berufungsgerichts ist die Klage gegen die Beklagte zu 1 unzulässig, weil es sich bei dieser um eine nicht parteifähige Gesellschaft bürgerlichen Rechts handele. Das hält revisionsrechtlicher Prüfung nicht stand. Der Senat hält es unter Aufgabe der bisherigen Rechtsprechung für geboten, die (Außen-)Gesellschaft bürgerlichen Rechts in dem Umfang als im Zivilprozeß parteifähig anzusehen (§ 50 ZPO), in dem sie als Teilnehmer am Rechtsverkehr Träger von Rechten und Pflichten sein kann.
I. Nach neuerer Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann die Gesellschaft bürgerlichen Rechts als Gesamthandsgemeinschaft ihrer Gesellschafter im Rechtsverkehr grundsätzlich, das heißt soweit nicht spezielle Gesichtspunkte entgegenstehen, jede Rechtsposition einnehmen (BGHZ 116, 86, 88; 136, 254, 257; im Ansatz auch bereits BGHZ 79, 374, 378 f.). Soweit sie in
diesem Rahmen eigene Rechte und Pflichten begründet, ist sie (ohne juristische Person zu sein) rechtsfähig (vgl. § 14 Abs. 2 BGB).
1. Über die Rechtsnatur der Gesellschaft bürgerlichen Rechts finden sich im Gesetz keine umfassenden und abschließenden Regeln. Im ersten Entwurf des BGB war die Gesellschaft nach römischrechtlichem Vorbild als ein ausschließlich schuldrechtliches Rechtsverhältnis unter den Gesellschaftern ohne eigenes, von dem ihrer Gesellschafter verschiedenen, Gesellschaftsvermögen gestaltet (vgl. Mot. II 591 = Mugdan II 330). Die zweite Kommission konstituierte hingegen ein Gesellschaftsvermögen als Gesamthandsvermögen (vgl. die heutigen §§ 718, 719 BGB), ohne jedoch die aus dem Gesamthandsprinzip folgenden Konsequenzen im einzelnen zu regeln. Es ist vielmehr im wesentlichen bei der Regelung des Gesellschaftsverhältnisses als Schuldverhältnis geblieben, dem in unvollständiger Weise das Gesamthandsprinzip "darüber gestülpt" wurde (Flume, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts Bd. I/1 1977, S. 3 f.; vgl. auch Ulmer, FS Robert Fischer 1979, S. 785, 788 f.). Zum Inhalt des Gesamthandsprinzips heißt es in den Protokollen lediglich, die Meinungen "darüber, wie die Rechtsgemeinschaft der gesammten Hand theoretisch zu konstruiren sei und was man als das charakteristische Merkmal derselben anzusehen habe, (gingen) auseinander" (Prot. II 429 = Mugdan II 990). "Die Kom. glaubte, zu der wissenschaftlichen Streitfrage über das Wesen der gesammten Hand nicht Stellung nehmen zu sollen, vielmehr nur entscheiden zu müssen, welche Bestimmungen sachlich den Vorzug verdienen" (Prot. II 430 = Mugdan II 990).
2. Die Unvollständigkeit der gesetzlichen Regelung und das erkennbare Bestreben des historischen Gesetzgebers, eine konkrete Festlegung zu ver-
meiden, lassen Raum für eine an den praktischen Bedürfnissen der Verwirklichung des Gesamthandsprinzips orientierte Beurteilung der Rechtsnatur der Gesellschaft bürgerlichen Rechts. Danach verdient die Auffassung von der nach außen bestehenden beschränkten Rechtssubjektivität der bürgerlichrechtlichen Gesellschaft den Vorzug. Diese Auffassung geht auf die deutschrechtliche Gesamthandslehre des 19. Jahrhunderts zurück (vgl. Otto Gierke, Deutsches Privatrecht Bd. 1 1895, S. 663 ff., 682). Sie wurde maßgeblich von Flume (aaO S. 50 ff.; ZHR 136 [1972], 177 ff.) in die moderne Diskussion eingeführt und hat sich im neueren Schrifttum weitgehend durchgesetzt (vgl. vor allem MünchKommBGB/Ulmer, 3. Aufl. § 705 Rdn. 130 ff. m.w.N. in Fn. 373; ders. AcP 198 [1998], 113 ff.; ebenso K. Schmidt, Gesellschaftsrecht 3. Aufl. § 8 III, S. 203 ff.; Wiedemann, WM 1994 Sonderbeilage 4, S. 6 ff.; Huber, FS Lutter 2000, 107, 122 ff.; Hüffer, Gesellschaftsrecht 5. Aufl. S. 47 ff.; DaunerLieb , Die BGB-Gesellschaft im System der Personengesellschaften, in: Die Reform des Handelsstandes und der Personengesellschaften [Schriftenreihe der Bayer-Stiftung für deutsches und internationales Arbeits- und Wirtschaftsrecht ] 1999, S. 95, 99 ff.; Reiff, ZIP 1999, 517, 518; Mülbert, AcP 1999, 39, 43 ff.; Wertenbruch, Die Haftung von Gesellschaften und Gesellschaftsanteilen in der Zwangsvollstreckung 2000, S. 211 ff.).

a) Dieses Verständnis der Rechtsnatur der gesellschaftsrechtlichen Gesamthandsgemeinschaft bietet ein praktikables und weitgehend widerspruchsfreies Modell für die vom Gesetz (§§ 718-720 BGB) gewollte rechtliche Absonderung des Gesellschaftsvermögens vom Privatvermögen der Gesellschafter. Die sogenannte traditionelle Auffassung, die ausschließlich die einzelnen Gesellschafter als Zuordnungssubjekte der die Gesellschaft betreffenden Rechte und Pflichten ansieht (vgl. Zöllner, FS Gernhuber 1993, S. 563 ff.; ders. FS
Kraft 1998, S. 701 ff.; Hueck, FS Zöllner 1998, S. 275 ff.) weist demgegenüber konzeptionelle Schwächen auf. Betrachtet man die Gesellschaftsverbindlichkeiten lediglich als gemeinschaftliche Verbindlichkeiten der Gesellschafter gemäß § 427 BGB, widerspricht dies dem Gesamthandsprinzip. Der einzelne Gesellschafter kann, wenn sich der geschuldete Gegenstand im Gesellschaftsvermögen befindet, die Leistung wegen § 719 BGB nicht als Gesamtschuldner allein erbringen. Dies führt dazu, daß auch die Vertreter der traditionellen Auffassung zwischen der Gesellschaftsschuld und der Gesellschafterschuld differenzieren müssen. Bei der für die "Gesellschaft" abgeschlossenen Verbindlichkeit handele es sich um eine "einheitliche Verpflichtung mit doppelter Wirkung" in Bezug auf einerseits das Gesamthandsvermögen, andererseits das persönliche Vermögen der Gesellschafter (vgl. Hueck, FS Zöllner, S. 293; Zöllner, FS Gernhuber, S. 573). Dies verwischt aber die Grenzen zwischen Schuld und Haftung, denn eine Schuld kann immer nur Subjekte, nicht aber Vermögensmassen treffen (Aderhold, Das Schuldmodell der BGB-Gesellschaft 1981, S. 110 f.; Dauner-Lieb aaO, S. 100 ff.).

b) Ein für die Praxis bedeutsamer Vorzug der nach außen bestehenden Rechtssubjektivität der Gesellschaft bürgerlichen Rechts im oben beschriebenen Sinne besteht darin, daß danach ein Wechsel im Mitgliederbestand keinen Einfluß auf den Fortbestand der mit der Gesellschaft bestehenden Rechtsverhältnisse hat (vgl. Senat, BGHZ 79, 374, 378 f.). Bei strikter Anwendung der traditionellen Auffassung müßten Dauerschuldverhältnisse mit der "Gesellschaft" bei jedem Wechsel im Mitgliederbestand von den Vertragsparteien neu geschlossen bzw. bestätigt werden. Wenn die Gesellschaft im Außenverhältnis nur ein Schuldverhältnis darstellt, können zwei aus verschiedenen Mitgliedern bestehende Schuldverhältnisse nicht identisch sein. Das Erfordernis von
Neuabschlüssen von Dauerschuldverhältnissen bei einem Gesellschafterwechsel ist aber ohne innere Rechtfertigung und würde die Handlungsfähigkeit der Gesellschaft im Rechtsverkehr erheblich beeinträchtigen. Die traditionelle Auffassung vermag im übrigen keine befriedigende Erklärung dafür zu liefern, warum auch ein neu in die Gesellschaft eintretender Gesellschafter mit dem Gesellschaftsvermögen für Altschulden haften sollte. Die dafür angebotene Begründung, wonach der neue Gesellschafter in einer Art Gesamtrechtsnachfolge "in alle bestehenden Rechts- und Vertragspositionen hineinwachse" (Zöllner, FS Kraft, S. 715), läßt sich mit der Auffassung der Gesellschaft als reines Schuldverhältnis der Gesellschafter im Grunde nicht vereinbaren (dazu auch Ulmer, AcP 198 [1998], 113, 142).

c) Die hier vertretene Auffassung ist zudem eher in der Lage, identitätswahrende Umwandlungen von Gesellschaften bürgerlichen Rechts in andere Rechtsformen und aus anderen Rechtsformen zu erklären. Betreibt eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts ein Gewerbe, dann wird sie von Gesetzes wegen ohne jeden Publizitätsakt zu einer personen- und strukturgleichen OHG, sobald das Unternehmen nach Art und Umfang einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert (§ 105 Abs. 1 in Verbindung mit § 1 HGB). Da der OHG jedenfalls Rechtssubjektivität im oben beschriebenen Sinne zukommt (vgl. § 124 Abs. 1 HGB), würden sich bei konsequenter Anwendung der traditionellen Auffassung die Eigentumsverhältnisse an den zum Gesellschaftsvermögen gehörenden Gegenständen mit der Umwandlung zur OHG ändern. Dies würde für die Praxis insbesondere deshalb schwierige Probleme bereiten (vgl. Reiff, ZIP 1999, 517, 518 f.), weil für den Übergang von der Gesellschaft bürgerlichen Rechts zur OHG infolge des wertungsabhängigen Kriteriums des Erfordernisses eines kaufmännischen Geschäftsbetriebs ein genauer
Zeitpunkt der Umwandlung kaum ausgemacht werden kann. Auch der Umstand , daß im neuen Umwandlungsrecht (§§ 190 ff., 226 ff. UmwG) Kapitalgesellschaften im Wege des identitätswahrenden Formwechsels in Personengesellschaften - auch in Gesellschaften bürgerlichen Rechts, vgl. § 191 Abs. 2 Nr. 1 UmwG - umgewandelt werden können, läßt sich auf der Grundlage der hier vertretenen Auffassung ohne weiteres, aus Sicht der traditionellen Auffassung aber - wenn überhaupt - nur mit Mühe erklären (vgl. dazu Wiedemann, ZGR 1996, 286, 289 f.; Mülbert, AcP 199 [1999], 38, 60 ff.; Timm, NJW 1995, 3209 ff.; Hueck, FS Zöllner, S. 280 ff.; Zöllner, FS Claussen 1997, 423, 429 ff.).

d) Schließlich unterstützt die Tatsache, daß der Gesetzgeber mittlerweile die Insolvenzfähigkeit der Gesellschaft bürgerlichen Rechts anerkannt hat (§ 11 Abs. 2 Nr. 1 InsO wie auch schon § 1 Abs. 1 GesO), die Gesellschaft mithin als Träger der Insolvenzmasse ansieht, ebenfalls die Annahme der Rechtssubjektivität.
3. Gegen diese Auffassung läßt sich nicht mit dem Gesetzeswortlaut insbesondere des § 714 BGB argumentieren. Zwar zeigt der Umstand, daß dort nur von einer Vertretungsmacht für die Gesellschafter, nicht aber für die "Gesellschaft" die Rede ist, daß bei der Formulierung der Norm an eine Verselbständigung der Gesellschaft bürgerlichen Rechts zu einer verpflichtungsfähigen Organisation nicht gedacht worden ist (Senat, BGHZ 142, 315, 319 f.). Bedenkt man aber, daß die Vorschrift im Kern unverändert aus § 640 Abs. 1 des ersten Entwurfs (abgedruckt bei Mugdan II CVI) in das BGB übernommen wurde und dieser erste Entwurf das Gesamthandsprinzip noch nicht kannte, gibt der Wortlaut für eine Deutung der Rechtsnatur der bürgerlichrechtlichen Gesellschaft nichts her. Der Senat braucht insoweit nicht der Frage nachzugehen,
ob bereits der historische Gesetzgeber in Ansehung der deutschrechtlichen Gesamthandslehre des 19. Jahrhunderts die Rechtsfähigkeit der Gesellschaft als ungeschriebenes geltendes Recht angesehen hat (dazu Wertenbruch aaO, S. 34 ff.). Entscheidend ist, daß er jedenfalls eine solche Annahme nicht hat ausschließen wollen.
4. In der Anerkennung der Rechtsfähigkeit der Gesellschaft liegt kein Widerspruch zu den §§ 21, 22, 54 BGB, wo mit Rechtsfähigkeit offensichtlich die Fähigkeit der Gesellschaft gemeint ist, Träger von Rechten und Pflichten aufgrund eigener Rechtspersönlichkeit und damit "als solcher" und nicht als Gruppe ihrer gesamthänderisch verbundenen Mitglieder zu sein. Wie § 14 Abs. 2 BGB zeigt, geht aber das Gesetz davon aus, daß es auch Personengesellschaften gibt, die Rechtsfähigkeit besitzen. So ist es praktisch unbestritten, daß OHG und KG Träger von Rechten und Pflichten sein können und damit rechtsfähig sind, ohne als Gesamthandsgemeinschaften den Status einer juristischen Person zu besitzen. Entsprechendes gilt nach ständiger Rechtsprechung (BGHZ 80, 129, 132; 117, 323, 326) für die Vorgesellschaften von Kapitalgesellschaften.
II. Erkennt man die Fähigkeit der Gesellschaft bürgerlichen Rechts an, Träger von Rechten und Pflichten zu sein, kann ihr die Parteifähigkeit im Zivilprozeß , die gemäß § 50 ZPO mit der Rechtsfähigkeit korrespondiert, nicht abgesprochen werden.
1. Die Parteifähigkeit der Gesellschaft bürgerlichen Rechts ist die notwendige prozeßrechtliche Konsequenz der Anerkennung der Rechtssubjektivität der Gesellschaft im Verhältnis zu Dritten (bejahend auch Wiedemann
aaO, S. 9 f.; Hüffer, FS Stimpel 1985, S. 165, 168 ff.; Soergel/Hadding, BGB 11. Aufl. § 714 BGB Rdn. 52; Wertenbruch aaO, S. 213 ff.; MünchKomm ZPO/Lindacher, § 50 Rdn. 23 ff.; Musielak/Weth, ZPO 2. Aufl. § 50 Rdn. 22; für die Mitunternehmer-Gesellschaft auch K. Schmidt aaO, § 60 IV 1, S. 1805 ff.). Im Zivilprozeß ist aktivlegitimiert, das heißt "richtige" Partei, wer Inhaber des geltend gemachten Rechts ist; derjenige ist passivlegitimiert, also "richtiger" Beklagter, der Verpflichteter aus dem geltend gemachten Recht ist. Dieser Sachbefugnis entspricht - von den Fällen der Prozeßstandschaft abgesehen - grundsätzlich auch die Prozeßführungsbefugnis. Da nicht die einzelnen Gesellschafter , sondern die Gesellschaft materiell Rechtsinhaberin oder Verpflichtete ist, ist diese "richtige" Partei eines Rechtsstreits um eine Gesellschaftsforderung oder -verpflichtung und insoweit parteifähig und prozeßführungsbefugt.
2. Die Anerkennung der Parteifähigkeit der Gesellschaft bürgerlichen Rechts ist dem bisher praktizierten Modell, wonach die aktive und passive Prozeßführungsbefugnis hinsichtlich das Gesellschaftsvermögen betreffender Forderungen und Verbindlichkeiten bei den eine notwendige Streitgenossenschaft im Sinne des § 62 Abs. 1 ZPO bildenden Gesellschaftern liegt (vgl. Senat, BGHZ 30, 195, 197; Urt. v. 12. März 1990 - II ZR 312/88, ZIP 1990, 715, 716; MünchKommBGB/Ulmer aaO, § 718 Rdn. 42 f.; Stein/Jonas/Bork, ZPO 21. Aufl. § 50 Rdn. 17; Heller, Der Zivilprozeß der Gesellschaft bürgerlichen Rechts 1989, S. 56 ff., 110 ff.), in mehrfacher Hinsicht vorzuziehen.

a) Die notwendige Streitgenossenschaft der Gesellschafter kann nicht als adäquater Ersatz für die Anerkennung der Parteifähigkeit der Gesellschaft angesehen werden, weil das Instrument der notwendigen Streitgenossenschaft
nicht die angemessenen prozessualen Konsequenzen aus den gesellschaftsrechtlichen Gesamthandsregeln zieht. Zwar stimmen notwendige Streitgenossenschaft und Gesamthandsprinzip insoweit überein, als die Klage nur gegen alle Gesamthänder erhoben werden kann und das Urteil einheitlich ergehen muß. Im übrigen gewährleistet aber die notwendige Streitgenossenschaft keine den Besonderheiten der gesellschaftsrechtlichen Gesamthand entsprechende Prozeßführung, denn bei der notwendigen Streitgenossenschaft betreibt jeder Streitgenosse seinen eigenen Prozeß (§ 63 ZPO). Die Verbindung mit den anderen Streitgenossen besteht lediglich in der erforderlichen Einheitlichkeit des Urteils und der Zurechnung des Verhandelns der anderen Streitgenossen im Falle der Säumnis eines Teils der Streitgenossen (§ 62 Abs. 1 ZPO). Es gibt bei der notwendigen Streitgenossenschaft aber keine Verpflichtung zur gemeinschaftlichen Vornahme von Prozeßhandlungen. Vielmehr kann jeder Streitgenosse unabhängig von den anderen Prozeßhandlungen mit Wirkung für sein Prozeßrechtsverhältnis vornehmen (BGHZ 131, 376, 379) und kann jeder Streitgenosse auch einen eigenen Prozeßbevollmächtigten bestellen. Sich widersprechenden Vortrag verschiedener Streitgenossen kann das Gericht gemäß § 286 ZPO frei würdigen (MünchKommZPO/Schilken, § 62 Rdn. 48; Heller aaO, S. 159). Jeder der Streitgenossen kann gesondert Rechtsmittel mit der Folge einlegen, daß das Urteil auch gegenüber den anderen Streitgenossen nicht rechtskräftig wird (BGHZ 131, 376, 382).
Es bestehen somit wesentliche Unterschiede zur materiellrechtlichen Vertretungs- und Verfügungsbefugnis bei der Gesellschaft bürgerlichen Rechts. Wenn beispielsweise nur ein Gesellschafter geschäftsführungsbefugt ist, können die anderen Gesellschafter materiellrechtlich für die Gesellschaft
keine wirksamen Erklärungen abgeben; wenn zwei nur gemeinschaftlich geschäftsführungsbefugte Gesellschafter sich widersprechende materiellrechtliche Erklärungen abgeben, kann keine davon wirksam sein. Das Modell der notwendigen Streitgenossenschaft ist also nicht in der Lage, eine den materiellrechtlichen Verhältnissen adäquate Prozeßführung zu gewährleisten, weil die Prozeßführung bei einer notwendigen Streitgenossenschaft anderen Regeln unterliegt als sie für die Vertretung der Gesellschaft gelten.
Dieses Ergebnis ließe sich allenfalls dadurch umgehen, daß man die materiellrechtliche Vertretungsbefugnis auf die Prozeßführungsbefugnis der Gesamthänder als Streitgenossen überträgt, die Gesellschafter prozessual als "Gruppe", vertreten durch ihren Geschäftsführer, behandelt und nur vom Geschäftsführer vorgenommene Prozeßhandlungen als wirksam anerkennt. Eine solche Lösung wäre jedoch mit den Grundprinzipien der notwendigen Streitgenossenschaft nicht vereinbar. Die Bevollmächtigung des Geschäftsführers im Gesellschaftsvertrag kann dem einzelnen als Streitgenossen verklagten Gesellschafter nicht die Prozeßführungsbefugnis in einem Prozeß nehmen, in dem er selbst Partei ist. Im Ergebnis liefe ein derartiger Korrekturversuch auf eine verschleierte Anerkennung der Parteifähigkeit der Gesellschaft hinaus. Geht man hingegen offen von der Parteifähigkeit der Gesellschaft bürgerlichen Rechts aus, läßt sich die gewünschte Übereinstimmung von Prozeßführungsund gesellschaftsrechtlicher Vertretungsbefugnis zwanglos und ohne Verletzung prozessualer Grundsätze erreichen. Es sind dann von vornherein nur diejenigen Prozeßhandlungen wirksam, die in Übereinstimmung mit den gesellschaftsrechtlichen Vertretungsregeln erfolgen.

b) Gegen das Modell der notwendigen Streitgenossenschaft der Gesellschafter spricht des weiteren, daß unter seiner Geltung sowohl im Aktiv- als auch im Passivprozeß immer sämtliche gegenwärtigen Mitglieder der Gesellschaft verklagt werden und klagen müssen, um einen Titel gegen und für die Gesamthand zu erhalten. Das kann den Gesellschaftsgläubigern bei größeren Gesellschaften und bei solchen mit häufigem Mitgliederwechsel erfahrungsgemäß erhebliche Probleme bereiten. Als Beispiele hierfür sei auf die den Urteilen des Bundesgerichtshofs vom 12. März 1990 (Senat aaO, ZIP 1990, 715) und vom 15. Oktober 1999 (V ZR 141/98, ZIP 1999, 2009) zugrundeliegenden Sachverhalte verwiesen. Der Senat ist im erstgenannten Fall dem klagenden Gesellschaftsgläubiger, der aus eigener Kenntnis nicht über die Namen der inzwischen mehr als 70 Gesellschafter verfügte, dadurch entgegengekommen, daß er die korrekte Einbeziehung aller Gesellschafter in die Klage lediglich als einen Akt der Rubrumsberichtigung aufgefaßt hat (Senat aaO, ZIP 1990, 715, 716). Diese Lösung verläßt im Grunde bereits die Auffassung von den Gesellschaftern als notwendigen Streitgenossen, denn die unterbliebene Benennung aller aus materiellrechtlichen Gründen notwendigen Streitgenossen hätte zur Unzulässigkeit der Klage führen müssen (vgl. BGH, Urt. v. 25. Oktober 1991 - V ZR 196/90, WM 1992, 313, 315; Stein/Jonas/Bork aaO, § 62 Rdn. 20 f., 25; Musielak/Weth aaO, § 62 Rdn. 11). Im Ergebnis ist dieser Fall bereits so behandelt worden, als sei die Gesellschaft selbst die beklagte Partei und mithin parteifähig. Vor ähnlichen Schwierigkeiten stehen die Beteiligten auf der Grundlage der Streitgenossenschaftslösung auch in den nicht seltenen Fällen, in denen die Mitgliedschaft eines Gesellschafters unklar und streitig ist. In diesen Fällen muß - sei es im Aktivverfahren oder im Passivverfahren - vor einer Entscheidung in der Sache zunächst die mit dem Kern des Rechtsstreits in keiner Weise zusammenhängende Frage geklärt werden, inwiefern die fragliche
Person wirksam Mitglied geworden ist, bzw. inwiefern sie wirksam ausgeschieden ist. Auch hier hat sich die Rechtsprechung damit zu behelfen versucht, daß bei irrtümlich unterbliebener Aufführung eines Gesellschafters lediglich das Rubrum unrichtig sei (BGH, Beschl. v. 10. Oktober 1996 - IX ZR 135/95, NJW 1997, 1236; vgl. auch OLG Hamburg LZ 1917, 78). Diese Hilfskonstruktionen der bisherigen Rechtsprechung, die es im Interesse der Sachgerechtigkeit ermöglichen sollten, trotz formalen Festhaltens am Streitgenossenschaftsmodell die Gesellschaft bürgerlichen Rechts als parteifähig zu behandeln, können aber letztlich nicht überzeugen. Insbesondere versagen sie im Stadium der Zwangsvollstreckung, denn der Gerichtsvollzieher hat in Zweifelsfällen nicht die Möglichkeit zu prüfen, ob es sich bei den in einem Titel aufgeführten Gesellschaftern um sämtliche Gesellschafter handelt. Die Anerkennung der Parteifähigkeit der Gesellschaft bürgerlichen Rechts ist demgegenüber sowohl im Erkenntnis-, als auch im Vollstreckungsverfahren die einfachere und konsequentere Lösung.

c) Zu erheblichen Problemen, die praktisch nicht befriedigend gelöst werden können, kommt die Streitgenossenschaftslösung auch im Falle des Neueintritts und des Mitgliederwechsels während des Erkenntnis- und des Vollstreckungsverfahrens im Gesamthandsschuldprozeß. Die Vertreter der Streitgenossenschaftslösung gehen bei einem während des Erkenntnisverfahrens eingetretenen Parteiwechsel analog §§ 239, 241, 246 ZPO von einem gesetzlichen Parteiwechsel aus (MünchKommBGB/Ulmer aaO, § 718 Rdn. 60 ff.; Heller aaO, S. 200 f.): Auf Antrag sei der Prozeß in diesem Fall analog § 246 ZPO bis zur Aufnahme des Verfahrens durch den neuen Gesellschafter zu unterbrechen; das Rubrum sei vom Gericht zu berichtigen; bleibe ein nach Rechtshängigkeit erfolgter Neueintritt oder Mitgliederwechsel bis zum Abschluß
des Erkenntnisverfahrens unbekannt, könne der Titel nachträglich analog § 727 ZPO auf den neueingetretenen Gesellschafter umgeschrieben werden; gleiches gelte für den nach Abschluß des Erkenntnisverfahrens und vor Beginn der Zwangsvollstreckung neu eingetretenen Gesellschafter.
Dieser Lösungsvorschlag ist in praktischer Hinsicht unzulänglich. So ist eine Titelumschreibung gemäß § 727 ZPO jedenfalls dann nicht mehr möglich, wenn der unerkannte Neueintritt oder Mitgliederwechsel vor Rechtshängigkeit der Klage erfolgt ist. Die Vorschrift ist nur auf nach Rechtshängigkeit eingetretene Rechtsänderungen anwendbar (BGHZ 120, 387, 392). Die Möglichkeit der Titelumschreibung versagt zudem, wenn der Gläubiger den Neueintritt nicht in der gemäß § 727 ZPO erforderlichen Art und Weise (Offenkundigkeit bei Gericht oder öffentliche bzw. öffentlich beglaubigte Urkunden) nachweisen kann. Er müßte dann erst Klage auf Klauselerteilung gemäß § 731 ZPO erheben. Im übrigen ist zu bedenken, daß bei Bekanntwerden eines vom Titel abweichenden Bestandes der Gesellschafter zunächst in jedem Fall erst einmal das Zwangsvollstreckungsverfahren eingestellt werden müßte. Etwa bereits eingeleitete Forderungspfändungen und andere Zwangsmaßnahmen gingen ins Leere und die Gesellschaft könnte inzwischen anderweitig über die zur Zwangsvollstreckung ausersehenen Gegenstände verfügen. Im übrigen könnte die Gesellschaft - die Gefahr ist insbesondere bei Publikumsgesellschaften gegeben - die Vollstreckung durch sukzessive Bekanntgabe immer weiterer Veränderungen im Gesellschafterbestand nahezu gänzlich unmöglich machen (vgl. Wiedemann aaO, S. 5). Die Streitgenossenschaftslösung kann demnach die infolge des Auseinanderfallens von materieller Berechtigung (die der Gesellschaft zukommt) und Prozeßführungsbefugnis (die bei den Gesellschaftern liegen soll) unweigerlich auftretenden Probleme nicht befriedigend lösen, sondern
verlagert sie lediglich vom Erkenntnis- in das Vollstreckungsverfahren. Bei Anerkennung der Parteifähigkeit der Gesellschaft hindert eine Veränderung im Gesellschafterbestand - sei sie vor, während oder nach dem Prozeß erfolgt - die Rechtsdurchsetzung hingegen in keiner Weise.
3. Die Regelung des § 736 ZPO, wonach zur Zwangsvollstreckung in das Vermögen der Gesellschaft bürgerlichen Rechts ein gegen alle Gesellschafter ergangenes Urteil erforderlich ist, steht der Anerkennung der Parteifähigkeit nicht entgegen. Ein gegen die Gesamtheit der gesamthänderisch verbundenen Gesellschafter als Partei ergangenes Urteil ist ein Urteil "gegen alle Gesellschafter" im Sinne des § 736 ZPO. Die Vorschrift verlangt weder vom Wortlaut noch vom Zweck her ein Urteil gegen jeden einzelnen Gesellschafter.

a) Aus der Entstehungsgeschichte des § 736 ZPO folgt, daß Zweck dieser Regelung die Verhinderung der Vollstreckung von Privatgläubigern einzelner Gesellschafter in das Gesellschaftsvermögen, nicht aber der Ausschluß der Parteifähigkeit der Gesellschaft ist (ausführlich Wertenbruch aaO, S. 122 ff.; vgl. auch Wiedemann aaO, S. 10). Nach § 645 des ersten Entwurfs (E I) zum BGB (abgedruckt bei Mugdan II CVII), der die Gesellschaft als römischrechtliche Bruchteilsgemeinschaft gestaltete, war die Verfügung des Gesellschafters über seinen Anteil nicht dinglich, sondern nur schuldrechtlich ausgeschlossen. Privatgläubiger einzelner Gesellschafter hätten im Rahmen der Zwangsvollstreckung also direkt Zugriff auf deren Anteile am Gesellschaftsvermögen gehabt. Um eine solche Vollstreckung von Privatgläubigern einzelner Gesellschafter in das Gesellschaftsvermögen zu verhindern, beschloß die zweite Kommission zunächst "in eventueller Abstimmung, für den Fall der Beibehaltung des § 645 des Entwurfs" (Prot. II 428 = Mugdan II 989) folgenden § 645 a:

"Die Zwangsvollstreckung in die gemeinschaftlichen Gegenstände findet nur aufgrund eines gegen sämmtliche Gesellschafter vollstreckbaren Schuldtitels statt. Aufgrund eines nur gegen einen Gesellschafter vollstreckbaren Schuldtitels findet die Zwangsvollstreckung nur in dasjenige statt, was dem Gesellschafter als Gewinnantheil oder bei der Auseinandersetzung zukommt. ..." (Prot. II 426 = Mugdan II 988). Im weiteren Verlauf der Beratungen entschied sich die zweite Kommission , an Stelle des § 645 E I das Prinzip der gesamten Hand zu setzen (Prot. II 428 ff. = Mugdan II 990 ff.), welches in § 658 des zweiten Entwurfs (abgedruckt bei Jakobs/Schubert, Die Beratung des Bürgerlichen Gesetzbuchs Bd. III 1983, S. 296) seinen Ausdruck fand. § 658 E II entspricht dem heutigen § 719 BGB und enthielt zunächst zusätzlich folgenden Absatz 3:
"Die Zwangsvollstreckung in das Gesellschaftsvermögen findet nur aufgrund eines gegen sämmtliche Gesellschafter vollstreckbaren Schuldtitels statt." Später wurde dieser Abs. 3 aus dem zweiten Entwurf zum BGB gestrichen. "Als Ersatz" sollte "im Art. 11 des Einführungsgesetzes vor dem § 671 a folgender § 671 in die Civilprozeßordnung eingestellt werden" (Jakobs /Schubert aaO, S. 297 Fn. 20):
"Zur Zwangsvollstreckung in das Gesellschaftsvermögen einer nach § 745 des Bürgerlichen Gesetzbuchs eingegangenen Gesellschaft ist ein gegen alle Gesellschafter vollstreckbares Urtheil erforderlich." Hieraus wurde schließlich die Bestimmung des § 736 ZPO.
Diese Entwicklung zeigt, daß die Regelung eine Ausprägung des Prinzips der gesamthänderischen Bindung des Gesellschaftsvermögens darstellt, mit dessen Übernahme der historische Gesetzgeber erreichen wollte, daß der einzelne Gesellschafter nicht über seinen Anteil am Gesellschaftsvermögen verfügen (§ 719 Abs. 1 BGB), daß er sich nicht durch Aufrechnung mit einer ihm nur gegen einen der anderen Gesellschafter zustehenden Forderung aus einer Verpflichtung gegenüber der Gesellschaft befreien (§ 719 Abs. 2 BGB) und daß nicht ein Gläubiger nur eines Gesellschafters in das Gesamthandsvermögen vollstrecken können soll (§ 736 ZPO). Diese Zielsetzung ist in der dem Reichstag mit dem Gesetzentwurf des BGB vom Reichsjustizamt vorgelegten Denkschrift (Denkschrift zum Entwurf eines Bürgerlichen Gesetzbuchs 1896, S. 87 f.) ausdrücklich in diesem Sinne formuliert worden. Die Regelung in § 736 ZPO stellt mithin als Ausdruck der gesamthänderischen Vermögensbindung das vollstreckungsrechtliche Pendant zu § 719 Abs. 1 BGB dar und wird treffend auch als "§ 719 Abs. 3 BGB" (Wertenbruch aaO, S. 124, 129) bezeichnet.
Das Ziel der Verhinderung einer Vollstreckung in das Gesellschaftsvermögen durch Gläubiger nur einzelner Gesellschafter wird bei Anerkennung der Parteifähigkeit der Gesellschaft mindestens ebenso gut erreicht wie bei Zulassung von Klagen nur gegen die einzelnen Gesellschafter. Es kann deshalb nicht festgestellt werden, daß die Regelung des § 736 ZPO zum Ziel hat, die Parteifähigkeit der Gesellschaft bürgerlichen Rechts im Zivilprozeß auszuschließen. Die Parteifähigkeit der Gesellschaft ist vom Gesetzgeber ebensowenig abschließend geregelt worden wie das "Wesen der Gesamthand" allgemein. Dementsprechend hat Gottlieb Planck, Generalreferent der zweiten Kommission, bereits in der im Jahre 1900 erschienenen ersten Auflage seines
Kommentars zum BGB trotz Ablehnung der Parteifähigkeit ausgeführt, die §§ 736, 859 ZPO berührten die Parteifähigkeit der Gesellschaft nicht, sie seien lediglich mit Rücksicht auf das Gesamthandsprinzip in das Gesetz aufgenommen worden (vor § 705 Anm. II 2, S. 453).

b) Kein durchgreifendes Argument gegen die Anerkennung einer Parteifähigkeit kann auch der amtlichen Begründung der CPO-Novelle zu § 670 b CPO (später § 736 ZPO) aus dem Jahre 1897 (Hahn/Mugdan, Die gesammten Materialien zu den Reichs-Justizgesetzen, 8. Band, 1898, S. 138 f.) entnommen werden. Soweit es darin heißt, die Gesellschaft könne nicht "als solche" verklagt werden, muß das nicht im Sinne einer Ablehnung der Parteifähigkeit gemeint sein. Im 19. und beginnenden 20. Jahrhundert galt der Begriff "Gesellschaft als solche" - wie Wertenbruch (aaO S. 9 ff.; 46 ff.; 132) nachgewiesen hat - als Umschreibung für juristische Person. So hieß es in Art. 231 ADHGB zur Aktiengesellschaft, diese könne "als solche" klagen und verklagt werden (vgl. auch den heutigen § 41 Abs. 1 AktG). Bei der OHG hingegen wurde der Zusatz, die Gesellschaft habe "als solche" ihre Rechte und Pflichten und ihr besonderes Vermögen, wie er noch in Art. 87 des preußischen Entwurfs zum ADHGB aus dem Jahre 1857 enthalten war, nicht in den späteren Art. 111 ADHGB (heute § 124 HGB) übernommen, weil darin eine Definition der juristischen Person zu sehen sei (vgl. Lutz, Protokolle der Kommission zur Berathung eines allgemeinen deutschen Handelsgesetzbuches 1858, S. 156). Daß die Formulierung "als solche" in bezug auf die Aktiengesellschaft die Gestaltung als juristische Person zum Ausdruck bringen soll, geht auch aus den Ausführungen von Makower (HGB Band I 13. Aufl. 1906, § 210 Anm. I a) und Flechtheim (in Düringer/Hachenburg, HGB 3. Aufl. 1934, § 210 Anm. 2) hervor.

c) Die Bestimmung des § 736 ZPO wird durch die Anerkennung der Parteifähigkeit der Gesellschaft nicht überflüssig. Versteht man die Bestimmung so, daß der Gläubiger nicht nur mit einem Titel gegen die Gesellschaft als Partei in das Gesellschaftsvermögen vollstrecken kann, sondern auch mit einem Titel gegen alle einzelnen Gesellschafter aus ihrer persönlichen Mithaftung (vgl. auch MünchKommBGB/Ulmer aaO, § 718 Rdn. 54), behält sie durchaus einen eigenständigen Regelungsgehalt. Die Rechtslage bei der Gesellschaft bürgerlichen Rechts ist insoweit anders als bei der OHG, wo gemäß § 124 Abs. 2 HGB eine Vollstreckung in das Gesellschaftsvermögen ausschließlich mit einem gegen die Gesellschaft lautenden Titel möglich ist.
4. Auch der Umstand der fehlenden Registerpublizität der Gesellschaft bürgerlichen Rechts hindert nicht die Anerkennung ihrer Parteifähigkeit. Der Senat verkennt zwar nicht, daß es wegen der fehlenden Publizität in einigen Fällen schwierig werden könnte, eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts im Prozeß so klar zu bezeichnen, daß eine eindeutige Identifizierung - vor allem auch im Vollstreckungsverfahren - möglich ist. Auch ist von außen nicht immer leicht zu ermitteln, inwieweit ein Zusammenschluß mehrerer tatsächlich als (Außen -)Gesellschaft bürgerlichen Rechts organisiert ist (vgl. K. Schmidt aaO, § 60 IV 1, S. 1806 f.). Diese Schwierigkeiten wiegen aber nicht so schwer, daß daran die Anerkennung der Parteifähigkeit scheitern müßte.
Im Aktivprozeß der Gesellschaft ist es den für die Gesellschaft auftretenden Personen ohne weiteres zumutbar, die Gesellschaft - beispielsweise durch die möglichst exakte Bezeichnung der Gesellschafter, der gesetzlichen Vertreter und der Bezeichnung, unter der die Gesellschaft im Verkehr auftritt - identifizierbar zu beschreiben. Sollte sich im Verlauf des Prozesses heraus-
stellen, daß tatsächlich keine Außengesellschaft existiert, müßte zumindest derjenige für die Prozeßkosten aufkommen, der im Namen der vermeintlichen Gesellschaft den Prozeß als deren Vertreter ausgelöst hat. Im Falle des Auftretens für eine nicht existierende Partei trägt der in deren Namen auftretende und die Existenz der Partei behauptende Vertreter als Veranlasser des unzulässigen Verfahrens die Prozeßkosten (Sen.Urt. v. 25. Januar 1999 - II ZR 383/96, ZIP 1999, 489, 491 m.w.N.). Es ist also immer zumindest eine natürliche Person als Kostenschuldner vorhanden.
Im Passivprozeß ist es wegen der persönlichen Gesellschafterhaftung für den Kläger - wie bei der OHG (vgl. Behr, NJW 2000, 1137, 1139) - praktisch immer ratsam, neben der Gesellschaft auch die Gesellschafter persönlich zu verklagen. Das kommt insbesondere dann in Betracht, wenn nicht sicher ist, ob eine wirkliche Außengesellschaft mit Gesamthandsvermögen existiert. Stellt sich während des Prozesses heraus, daß die Gesellschafter nicht als Gesamthandsgemeinschaft verpflichtet sind, sondern nur einzeln als Gesamtschuldner aus einer gemeinschaftlichen Verpflichtung schulden (§ 427 BGB), wird nur die Klage gegen die Gesellschaft - nicht aber die gegen die Gesellschafter persönlich - abgewiesen. Stellt sich erst während der Zwangsvollstreckung heraus, daß überhaupt kein Gesellschaftsvermögen vorhanden ist, bleiben dem Gläubiger noch die Titel gegen die einzelnen Gesellschafter. Es besteht also bei Annahme einer Parteifähigkeit der Gesellschaft kein Unterschied zur Situation, wie sie sich auf der Grundlage der Streitgenossenschaftslösung darstellt, denn auch hier wird zwischen der Klage gegen die Gesamthand (Gesamthandsschuldklage ) und gegen die Gesellschafter (Gesamtschuldklage) unterschieden (MünchKommBGB/Ulmer aaO, § 718 Rdn. 47 ff.; Heller aaO, S. 73 ff.). Im übrigen bleibt es dem Gesellschaftsgläubiger auch bei Anerkennung der Par-
teifähigkeit der Gesellschaft bürgerlichen Rechts unbenommen, ausschließlich die Gesellschafter persönlich in Anspruch zu nehmen. Dem Gesellschaftsgläubiger wird die Rechtsverfolgung demnach durch die Anerkennung der Parteifähigkeit in keiner Weise erschwert.

B.


Die gegen die Beklagte zu 1 gerichtete Klage ist auch begründet. Insbesondere ist die Beklagte zu 1 wechselfähig. Die Gründe, die vom Bundesgerichtshof zur Begründung der Scheckfähigkeit der Gesellschaft bürgerlichen Rechts herangezogen worden sind (BGHZ 136, 254, 257 f.), sprechen in gleichem Maße auch für deren Wechselfähigkeit (vgl. auch Flume, Allgemeiner Teil aaO, S. 108 f.; Baumbach/Hefermehl, Wechselgesetz und Scheckgesetz, 21. Aufl. Einl. WG Rdn. 20 a).
Damit erweist sich das landgerichtliche Urteil, soweit es die Verurteilung der Beklagten zu 1, 2 und 3 betrifft, im Grunde als zutreffend. Im Urteilstenor war jedoch kenntlich zu machen, daß zwischen den Ansprüchen gegen die Beklagte zu 1 einerseits und denen gegen die Beklagten zu 2 und 3 andererseits kein echtes Gesamtschuldverhältnis besteht, jedoch die Beklagte zu 1 neben den ihrerseits untereinander gesamtschuldnerisch haftenden Gesellschafterinnen wie eine Gesamtschuldnerin verpflichtet ist. Der Senat hat in seiner Entscheidung vom 27. September 1999 (BGHZ 142, 315, 318 ff.) die Frage der rechtlichen Einordnung der Gesellschafterhaftung noch offengelassen. Sie ist nunmehr in Konsequenz der Anerkennung der beschränkten Rechtsfähigkeit der Gesellschaft bürgerlichen Rechts im Sinne einer akzessorischen Haftung der Gesellschafter für die Gesellschaftsverbindlichkeiten zu entscheiden. So-
weit der Gesellschafter für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft auch persönlich haftet (BGHZ 142, 315, 318), ist der jeweilige Bestand der Gesellschaftsschuld also auch für die persönliche Haftung maßgebend. Insoweit entspricht das Verhältnis zwischen Gesellschafts- und Gesellschafterhaftung damit der Rechtslage in den Fällen der akzessorischen Gesellschafterhaftung gemäß §§ 128 f. HGB bei der OHG. Danach ist eine unmittelbare Anwendung der §§ 420 ff. BGB nicht möglich, weil kein echtes Gesamtschuldverhältnis besteht; es ist aber zu prüfen, ob unter Berücksichtigung der jeweils verschiedenartigen Interessen der Beteiligten der Rechtsgedanke der §§ 420 ff. BGB im Einzelfall zur Anwendung kommt oder nicht (BGHZ 39, 319, 329; 44, 229, 233; 47, 376, 378 ff.; 104, 76, 78). Für die Gesellschaft als originär Verpflichtete ist die entsprechende Anwendung der Gesamtschuldregeln im Verhältnis zur Gesellschafterhaftung grundsätzlich angebracht. Stehen den Gesellschaftern beispielsweise individuelle Einreden im Sinne des § 425 BGB gegen ihre persönliche Inanspruchnahme zu, wäre es nicht gerechtfertigt, daß sich auch die Gesellschaft darauf berufen könnte.

C.


Hinsichtlich der Abweisung der gegen den Beklagten zu 4 gerichteten Klage auf Haftung kraft Rechtsscheins hält das Berufungsurteil den Angriffen der Revision stand. Eine Rechtsscheinhaftung des Beklagten zu 4 für die Wechselverbindlichkeit der Beklagten zu 1 käme in Betracht, wenn er gegenüber der Klägerin in zurechenbarer Weise den Eindruck erweckt hätte, er sei selbst Mitglied der ARGE und folglich persönlich haftender Gesellschafter (vgl. BGHZ 17, 13, 15). Das Berufungsgericht ist aber zu Recht davon ausgegangen , daß die von der Klägerin dargelegten Umstände nicht den Schluß darauf zulassen, der als Architekt tätige Beklagte zu 4 sei ihr gegenüber als Gesellschafter der ARGE aufgetreten.
Insbesondere reicht es für eine solche Schlußfolgerung nicht aus, daß der Beklagte zu 4 in dem von der ARGE gegenüber der Klägerin - die als Nachunternehmerin der ARGE beauftragt war - verwendeten Briefkopf aufgeführt ist. Dieser Briefkopf ist in der Form gestaltet, daß dort unter der hervorgehobenen Überschrift "Arbeitsgemeinschaft W. " die Beklagten zu 2 und 3 - beides Gesellschaften mit beschränkter Haftung - als "Technische Geschäftsführung" (Beklagte zu 2) und als "Kaufm. Geschäftsführung" (Beklagte zu 3) sowie der Beklagte zu 4 als "Bauleitung" bezeichnet werden. Läßt sich ein Architekt in dieser Weise im Briefkopf einer bauwirtschaftlichen Arbeitsgemeinschaft aufführen, muß er nicht damit rechnen, daß bei deren Nachunternehmern , denen gegenüber der Briefkopf verwendet wird, der Eindruck entsteht , er sei selbst Gesellschafter der Arbeitsgemeinschaft. Bei "technischer Geschäftsführung", "kaufmännischer Geschäftsführung" und "Bauleitung" handelt es sich gemäß § 5 des Mustervertrages des Hauptverbandes der Deut-
schen Bauindustrie für Arbeitsgemeinschaften (ARGE-Vertrag, abgedruckt bei Burchardt/Pfülb, ARGE-Kommentar, 3. Aufl.), der seit vielen Jahren verwendet wird, im Baugewerbe weit verbreitet ist (vgl. Langen in Kapellmann/Vygen, Jahrbuch Baurecht 1999, S. 64, 69) und auch im vorliegenden Fall zur Anwendung kam, um die nach außen in Erscheinung tretenden "Organe" der in Teilen körperschaftlich strukturierten Arbeitsgemeinschaften. Es ist deshalb anzunehmen , daß der baugewerbliche Rechtsverkehr bei einer Auflistung dieser Bezeichnungen im allgemeinen an eine Benennung der Gesellschaftsorgane, nicht aber an eine Benennung der Gesellschafter denkt. Zwar trifft es zu, daß nach dem personengesellschaftsrechtlichen Grundsatz der Selbstorganschaft als technische und kaufmännische Geschäftsführer nur Personen in Frage kommen, die auch Gesellschafter sind. Es würde aber zu weit gehen, würde man dem Rechtsverkehr ein Verständnis dahingehend unterstellen, daß die Nennung von Geschäftsführung und Bauleitung in einem Briefkopf darauf schließen ließe, auch der Bauleiter müsse Gesellschafter sein. Üblicherweise wird nämlich die Bauleitung auf solche Personen übertragen, die zwar Mitarbeiter eines Gesellschafters, nicht aber selbst Gesellschafter sind (Burchardt/Pfülb aaO, § 9 Rdn. 7, 12 ff.). In diese Richtung weist im vorliegenden Fall zudem der Umstand, daß im Vertragsformular des der Hingabe des Wechsels zugrunde liegenden Nachunternehmervertrages zwischen Klägerin und Beklagter zu 1 ausdrücklich zwischen der ARGE als "Auftraggeber und Bauherr i.S. dieses Vertrages" und dem Beklagten zu 4, der unter der Rubrik "Planung und Bauleitung" aufgeführt ist, differenziert wird.
Der Umstand, daß der Beklagte zu 4 nach dem Vortrag der Klägerin sämtliche Vertragsverhandlungen mit ihr geführt und auch das streitgegenständliche Wechselakzept im Namen der Beklagten zu 1 unterschrieben hat,
reicht für die Begründung einer Rechtsscheinhaftung ebenfalls nicht aus. Der Beklagte zu 4 war Geschäftsführer der ihrerseits als technische Geschäftsführerin der ARGE eingesetzten Beklagten zu 2 und in dieser Funktion allgemein zum Abschluß von Nachunternehmerverträgen für die ARGE befugt (§ 7.45 ARGE-Vertrag). Selbst wenn die Klägerin keine Kenntnis von dieser Funktion des Beklagten zu 4 gehabt hätte, hätte dessen Handeln nicht zwangsläufig darauf schließen lassen müssen, daß er in eigener Person Gesellschafter der ARGE ist. Es wäre vielmehr auch denkbar - wenn nicht sogar naheliegender - gewesen, daß Abschluß und Abwicklung des Nachunternehmervertrages von der Geschäftsführung der ARGE auf den Bauleiter als Unterbevollmächtigten weiterdelegiert worden ist, was durchaus zulässig gewesen wäre (vgl. Burchardt/Pfülb aaO, § 9 Rdn. 9) und ebenfalls nicht zu einer persönlichen Haftung des Beklagten zu 4 geführt hätte. Der von der Revision zur Begründung der Rechtsscheinhaftung schließlich noch herangezogene Vortrag der Klägerin, wonach der Beklagte zu 4 sämtliche Bankgeschäfte der ARGE erledigt habe, vermag eine Rechtsscheinhaftung gegenüber der Klägerin schon
deshalb nicht zu begründen, weil nicht ersichtlich ist, inwiefern es sich bei einem solchen Handeln des Beklagten zu 4 gegenüber Dritten um einen im Verhältnis zur Klägerin gesetzten Rechtsschein gehandelt haben könnte.

Röhricht Henze Goette
Kurzwelly Münke

(1) Hat der Täter oder Teilnehmer durch eine rechtswidrige Tat oder für sie etwas erlangt, so ordnet das Gericht dessen Einziehung an.

(2) Hat der Täter oder Teilnehmer Nutzungen aus dem Erlangten gezogen, so ordnet das Gericht auch deren Einziehung an.

(3) Das Gericht kann auch die Einziehung der Gegenstände anordnen, die der Täter oder Teilnehmer erworben hat

1.
durch Veräußerung des Erlangten oder als Ersatz für dessen Zerstörung, Beschädigung oder Entziehung oder
2.
auf Grund eines erlangten Rechts.

Nachschlagewerk: ja
BGHSt : ja
Veröffentlichung : ja
StGB § 11 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c, § 73 Abs. 1 Satz 1, § 266;
1. Privatrechtlich organisierte Unternehmen im Bereich der Daseinsvorsorge
sind keine "sonstigen Stellen" im Sinne von § 11 Abs. 1
Nr. 2 Buchst. c StGB, wenn ein Privater daran in einem Umfang beteiligt
ist, dass er durch eine Sperrminorität wesentliche unternehmerische
Entscheidungen mitbestimmen kann.
2. Bei der Auftragserlangung durch Bestechung im geschäftlichen
Verkehr bildet der auf den Preis aufgeschlagene Betrag, der lediglich
der Finanzierung des Schmiergelds dient, regelmäßig die
Mindestsumme des beim Auftraggeber entstandenen Vermögensnachteils
im Sinne von § 266 Abs. 1 StGB.
3. Durch Bestechung erlangt im Sinne von § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB
ist bei der korruptiven Manipulation einer Auftragsvergabe der gesamte
wirtschaftliche Wert des Auftrags im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses
, nicht der vereinbarte Werklohn.
4. Wer Bestechungsgelder erhält, muss diese versteuern. Dem steht
der Grundsatz der Selbstbelastungsfreiheit auch in Fällen des
§ 393 Abs. 2 Satz 2 AO nicht entgegen, soweit sich die Erklärungspflicht
auf die betragsmäßige Angabe der Einnahmen beschränkt
und nicht deren deliktische Herkunft umfasst.
BGH, Urteil vom 2. Dezember 2005 – 5 StR 119/05
LG Köln –

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
vom 2. Dezember 2005
in der Strafsache
gegen
1.
2.
3.
- Verfallsbeteiligte:
wegen Untreue u. a.
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat aufgrund der Hauptverhandlung
vom 1. und 2. Dezember 2005, an der teilgenommen haben:
Vorsitzende Richterin Harms,
Richter Häger,
Richter Basdorf,
Richterin Dr. Gerhardt,
Richter Dr. Raum
alsbeisitzendeRichter,
Oberstaatsanwalt beim Bundesgerichtshof
alsVertreterderBundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt Sc
alsVerteidigerfürdenAngeklagten E ,
Rechtsanwalt W ,
Rechtsanwältin We
als Verteidiger für den Angeklagten M ,
Rechtsanwalt L ,
Rechtsanwältin H
alsVerteidigerfürdenA ngeklagten R ,
Rechtsanwalt M
alsVertreterderVerfallsbeteiligten,
Justizhauptsekretärin
alsUrkundsbeamtinderGeschäftsstelle,
in der Sitzung vom 2. Dezember 2005 für Recht erkannt:
Die Revisionen der Staatsanwaltschaft sowie der Angeklagten E und M gegen das Urteil des Landgerichts Köln vom 13. Mai 2004 werden verworfen.
Die Staatskasse trägt die Kosten der Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft und die hierdurch entstandenen notwendigen Auslagen der Angeklagten und der Verfallsbeteiligten; die Angeklagten E und M tragen die Kosten ihrer Rechtsmittel.
– Von Rechts wegen – G r ü n d e Das Landgericht hat den Angeklagten E wegen Untreue und Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr sowie wegen Steuerhinterziehung in vier Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und neun Monaten verurteilt. Gegen den Angeklagten M hat es wegen Beihilfe zur Untreue und wegen Bestechung im geschäftlichen Verkehr eine Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren verhängt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt und daneben eine Geldstrafe von 270 Tagessätzen zu je 165 Euro festgesetzt. Aus tatsächlichen Gründen freigesprochen hat das Landgericht den Angeklagten R insgesamt sowie den Angeklagten M , soweit diesem eine Steuerhinterziehung vorgeworfen wurde; zudem hat es die Anordnung des Verfalls von Wertersatz gegen die Angeklagten und die Verfallsbeteiligte abgelehnt.
Die zuungunsten der Angeklagten und der Verfallsbeteiligten eingelegten Revisionen der Staatsanwaltschaft richten sich mit der Sachrüge zum einen gegen die Freisprüche, die Strafzumessung und die Strafaussetzung zur Bewährung beim Angeklagten M sowie die Nichtanordnung des Verfalls von Wertersatz gegen die Verfallsbeteiligte; nur insoweit werden sie vom Generalbundesanwalt vertreten. Darüber hinaus beanstandet die Staatsanwaltschaft, dass die Angeklagten nicht wegen Bestechung bzw. Bestechlichkeit verurteilt worden sind, ferner auch die Strafzumessung bei dem Angeklagten E . Die Angeklagten E und M wenden sich mit ihren auf die Sachrüge gestützten Revisionen umfassend gegen ihre Verurteilung.
Sämtliche Revisionen bleiben erfolglos.

I.


Das Landgericht hat im Wesentlichen folgende Feststellungen getroffen :
Im Jahr 1990 beschloss der Rat der Stadt Köln die Gründung einer Abfallverwertungsgesellschaft in Form einer städtisch beherrschten Mischgesellschaft unter maßgeblicher Beteiligung der Privatwirtschaft. Die Einbeziehung eines privaten Unternehmers sollte dessen Fachwissen und wirtschaftliche Erfahrung nutzbar machen sowie zur Kostenersparnis beitragen. Als Mitgesellschafter wurde der gesondert Verfolgte T gewonnen, der über verschiedene Gesellschaften eine beherrschende Stellung – vom Zeugen A anschaulich als „Monopölchen“ bezeichnet – auf dem Abfallsektor im Rheinland besaß. Die Stadt Köln (Anteil am Stammkapital 50,1 %), die S K G (Anteil 24,8 %) und die T E G V (Anteil 25,1 %) gründeten 1992 die „AVG “ (nachfolgend: AVG). Gegenstand der Gesellschaft waren insbesondere die Errichtung und der Be-
trieb von Anlagen für die thermische Behandlung und die Kompostierung von Abfällen sowie das Baustellen- und Gewerbeabfallrecycling unter Beachtung der Leitlinien des Abfallwirtschaftskonzepts der Stadt Köln. Der Gesellschaftsvertrag sah bei wichtigen Entscheidungen die Notwendigkeit einer Dreiviertel-Mehrheit vor. Die Stadt Köln schloss mit der AVG einen langfristigen Entsorgungsvertrag, wonach sie die AVG als sog. „Dritte“ mit der Wahrnehmung der Abfallentsorgungsaufgaben in zentralen Bereichen des Recyclings , der Kompostierung und der thermischen Behandlung beauftragte. Alleiniger Geschäftsführer der AVG wurde der Angeklagte E . Die Stadt Köln regelte die Müllentsorgung weiterhin durch Abfallsatzungen, nach denen die Abfallwirtschaft als öffentliche Einrichtung im Sinne einer rechtlichen , wirtschaftlichen und organisatorischen Einheit betrieben wurde.
Eine der zentralen Aufgaben der AVG war in den folgenden Jahren der Bau einer Restmüllverbrennungsanlage (nachfolgend: RMVA) in Köln zum Zweck der thermischen Müllentsorgung. Nach der Ausschreibung der Aufträge zur Planung und zum Bau der RMVA gaben mehrere Firmen Angebote ab; sie stellten teilweise auch die Zahlung von Schmiergeldern zwischen 2 % und 3 % des Auftragsvolumens bei Auftragsvergabe in Aussicht. Einer der Mitwettbewerber war die Verfallsbeteiligte L & C (nachfolgend: LCS), deren Geschäftsführer der Angeklagte M war. Unter maßgeblicher Einflussnahme des gesondert Verfolgten Wi , der seit mehreren Jahren als Unternehmensberater für die LCS tätig war und durch seine politische Laufbahn zahlreiche Kontakte zu den Entscheidungsträgern der Stadt Köln hatte, wurde schließlich im Herbst 1993 – einige Zeit vor dem Submissionstermin – zwischen E , T und M vereinbart, dass im Falle der Auftragsvergabe an die LCS von dieser ein Schmiergeld in Höhe von insgesamt 3 % des Auftragswerts in gleichen Teilen an E , T und Wi gezahlt werde, und zwar ein Drittel nach Vertragsschluss, ein Drittel nach Baubeginn und das letzte Drittel nach Abschluss der Bauarbeiten. E und M manipulierten die Ausschreibung, so dass die LCS nach Kenntnis der
anderen Angebote als günstigster Bieter schließlich den Zuschlag erhielt. In dem durch Verhandlungsgeschick des Angeklagten E schließlich erzielten, für die AVG insgesamt günstigen Festpreis von 792 Mio. DM war durch verschiedene Aufschläge auf einzelne Bau-Lose eine schmiergeldbedingte Erhöhung des Werklohns um rund 24 Mio. DM enthalten. Da sich dieser Betrag aus Sicht der LCS lediglich als Durchlaufposten darstellte, wäre der Angeklagte M auch bereit gewesen, für die LCS zu einem um den Schmiergeldbetrag verminderten Preis abzuschließen.
Die AVG zahlte den vereinbarten Werklohn einschließlich des darin enthaltenen Schmiergeldanteils bis August 2000 fast vollständig an die LCS. Die Abwicklung der Schmiergeldzahlungen, die in Höhe von insgesamt 21,6 Mio. DM flossen, erfolgte über verschiedene Schweizer Firmen, die der gesondert Verfolgte T absprachegemäß zur Verschleierung der Zahlungsflüsse vermittelte. An diese Firmen zahlte LCS im Jahr 1994 insgesamt 9 Mio. DM, 1995 2,7 Mio. DM, 1996 insgesamt 5,5 Mio. DM, 1998 insgesamt 3,4 Mio. DM und 1999 einen Restbetrag von 1 Mio. DM. Hiervon erhielt der Angeklagte E insgesamt 14,29 Mio. DM, und zwar 1994 3,2 Mio. DM, 1995 2 Mio. DM, 1996 5,2 Mio. DM, 1998 2 Mio. DM und 1999 schließlich 1,89 Mio. DM. Einen weiteren Betrag von mindestens 1 Mio. DM gab E 1995 oder 1996 an den Angeklagten M weiter; T und Wi erhielten zumindest 1994 jeweils 2 Mio. DM, wobei T seinen Anteil an Wi weiterreichte. Dass E von seinem Anteil weitere Millionensummen an die Angeklagten R und M sowie den gesondert Verfolgten Wienand auskehrte, konnte das Landgericht nicht sicher feststellen; es hat indes zugunsten des Angeklagten E angenommen, dass diesem lediglich Schmiergeldbeträge von insgesamt 7,49 Mio. DM verblieben sind.
Die Verfallsbeteiligte LCS rechnete das Projekt RMVA – nach einem zwischenzeitlichen vorläufigen Gewinn in Höhe von ca. 8 bis 9 Mio. Euro – im Jahr 2001 wegen verschiedener Gewährleistungsarbeiten endgültig mit
einem Verlust in Höhe von 688.000 Euro ab. Über das Vermögen der Verfallsbeteiligten ist inzwischen das Insolvenzverfahren eröffnet worden.

II.


Die Revisionen der Staatsanwaltschaft haben keinen Erfolg.
1. Dass die Angeklagten E und M nicht wegen Bestechlichkeit bzw. Bestechung, sondern nur wegen Bestechlichkeit bzw. Bestechung im geschäftlichen Verkehr gemäß §§ 299, 300 StGB verurteilt worden sind, ist nicht rechtsfehlerhaft. Das Landgericht hat eine Amtsträgerstellung des Angeklagten E als Geschäftsführer der AVG nach § 11 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c StGB zutreffend verneint, weil es sich bei der AVG nicht um eine „sonstige Stelle“ im Sinne dieser Vorschrift handelt.

a) Amtsträger im Sinne des § 11 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c StGB ist, wer sonst dazu bestellt ist, bei einer Behörde oder sonstigen Stelle oder in deren Auftrag Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrzunehmen. „Sonstige Stellen“ sind – ohne Rücksicht auf ihre Organisationsform – behördenähnliche Institutionen, die zwar keine Behörden im organisatorischen Sinne sind, aber rechtlich befugt sind, bei der Ausführung von Gesetzen und bei der Erfüllung öffentlicher Aufgaben mitzuwirken (vgl. BGHSt 43, 370, 375 ff.; 49, 214, 219). Es entspricht gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs , dass auch als juristische Personen des Privatrechts organisierte Einrichtungen und Unternehmen der öffentlichen Hand als „sonstige Stellen“ den Behörden gleichzustellen sind, wenn bei ihnen Merkmale vorliegen, die eine Gleichstellung rechtfertigen. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn sie bei ihrer Tätigkeit öffentliche Aufgaben wahrnehmen und dabei derart staatlicher – gegebenenfalls auch kommunaler – Steuerung unterliegen, dass sie bei einer Gesamtbewertung der sie kennzeichnenden Merkmale als „verlängerter Arm“ des Staates erscheinen (vgl. BGHSt 49, 214, 219 m.w.N.).

b) Diese Voraussetzungen liegen bei der AVG nicht vor.
aa) Die AVG ist zwar nach dem Gesellschaftsvertrag auf dem Gebiet der Müllentsorgung und damit in einem Bereich der Daseinsvorsorge tätig (vgl. BGHZ 40, 355, 360; BGH MDR 1983, 824; KG-Report 2005, 145); solche Tätigkeit wird von der Rechtsprechung seit jeher als öffentliche Aufgabe angesehen (vgl. BGHSt 12, 89, 90; 31, 264, 268; 45, 16, 19; BGHR StGB § 11 Abs. 1 Nr. 2 Amtsträger 7; vgl. auch den Gesetzentwurf zum Korruptionsbekämpfungsgesetz BT-Drucks. 13/5584, S. 12). Als „verlängerter Arm“ des Staates und damit als „sonstige Stellen“ im Sinne von § 11 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c StGB können aber privatrechtlich organisierte Unternehmen im Bereich der Daseinsvorsorge jedenfalls dann nicht mehr verstanden werden, wenn ein Privater an dem Unternehmen in einem Umfang beteiligt ist, dass er durch eine Sperrminorität wesentliche unternehmerische Entscheidungen mitbestimmen kann.
bb) In der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist anerkannt, dass eine Tätigkeit auf dem Gebiet der Daseinsvorsorge für sich genommen nicht ausreicht, um eine der Behörde gleichgestellte „sonstige Stelle“ im Sinne von § 11 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c StGB anzunehmen (vgl. BGHSt 43, 370, 377; 45, 16, 19). Die Tatsache, dass vielfältige der Daseinsvorsorge zugerechnete Aufgaben wie etwa die Energie- und Wasserversorgung oder die Müllentsorgung nach einer Liberalisierung der entsprechenden Märkte auch von privaten Unternehmen erbracht werden und dass die öffentliche Hand daneben in unterschiedlicher Organisations- und Beteiligungsform weiterhin auf diesen Gebieten tätig ist, erfordert jedenfalls im Bereich der Daseinsvorsorge ein aussagekräftiges zusätzliches Unterscheidungskriterium, um privates Handeln von staatlichem Handeln hinreichend abgrenzen zu können.
cc) Mit der Ergänzung von § 11 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c StGB durch die Worte „unbeschadet der zur Aufgabenerfüllung gewählten Organisationsform“ durch das Korruptionsbekämpfungsgesetz vom 13. August 1997
(BGBl I S. 2038) hat der Gesetzgeber klargestellt, dass die Wahl der Organisationsform – privatrechtlich oder öffentlich-rechtlich – für sich gesehen kein solches Abgrenzungskriterium sein kann. Der Bundesgerichtshof hat anstelle eines solchen formalen ein inhaltliches Abgrenzungskriterium entwickelt: Die „sonstige Stelle“ muss bei der Erfüllung öffentlicher Aufgaben derart staatlicher Steuerung unterliegen, dass sie als „verlängerter Arm“ des Staates erscheint ; erforderlich ist dabei eine Gesamtbewertung aller relevanten Umstände des Einzelfalls (BGHSt 43, 370, 377; 45, 16, 19; 46, 310, 312 f.; 49, 214, 219; BGHR StGB § 11 Abs. 1 Nr. 2 Amtsträger 6; BGH NJW 2004, 693, 694 m. Anm. Krehl StV 2005, 325 und Dölling JR 2005, 30, insoweit in BGHR StGB § 11 Abs. 1 Nr. 2 Amtsträger 7 nicht abgedruckt).
dd) Soweit ersichtlich noch nicht entschieden hat der Bundesgerichtshof dabei die Frage, ob auch ein solches Unternehmen im Bereich der Daseinsvorsorge eine „sonstige Stelle“ im Sinne von § 11 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c StGB sein kann, an dem ein Privater beteiligt ist.
(1) Nach der bisherigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sind weder die alleinige Inhaberschaft einer Gesellschaft noch die damit verbundenen Aufsichtsbefugnisse für sich genommen geeignet, eine für die Annahme von § 11 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c StGB ausreichende staatliche oder kommunale Steuerung zu bejahen (vgl. BGHSt 43, 370, 378; 45, 16, 20; BGH NJW 2001, 3062, 3064, insoweit in BGHR StGB § 11 Abs. 1 Nr. 2 Amtsträger 6 nicht abgedruckt; BGH NJW 2004, 693, 694). Auch bei solchen Konstellationen ist vielmehr entscheidend, ob zusätzlich zu der alleinigen Inhaberschaft die Umstände des Einzelfalls bei einer Gesamtbewertung aller relevanten Umstände die Gleichstellung mit einer Behörde rechtfertigen können (vgl. BGH aaO). Daraus folgt, dass – anders als die Staatsanwaltschaft meint – auf eine Ähnlichkeit mit dem Begriff des „herrschenden Unternehmens“ i. S. von § 17 AktG allein nicht maßgeblich abzustellen ist.
(2) Ist schon die Alleininhaberschaft der öffentlichen Hand bei Unternehmen auf dem Gebiet der Daseinsvorsorge kein hinreichendes Kriterium zur Annahme behördenähnlicher staatlicher Steuerung, gilt dies erst recht, wenn Private an einem Unternehmen beteiligt sind, das sich lediglich im Mehrheitsbesitz der öffentlichen Hand befindet. Unabhängig von der Frage, ob jede Beteiligung von Privaten an öffentlich beherrschten Unternehmen schon die Anwendung von § 11 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c StGB hindert, liegt die Gleichstellung eines Unternehmens mit einer Behörde jedenfalls dann fern, wenn der Private durch seine Beteiligung über derart weitgehende Einflussmöglichkeiten verfügt, dass er wesentliche unternehmerische Entscheidungen mitbestimmen kann (vgl. auch EuGH NVwZ 2005, 187, 190 zum Vergaberecht). Räumt der Gesellschaftsvertrag dem Privaten aufgrund der Höhe seiner Beteiligung eine Sperrminorität für wesentliche unternehmerische Entscheidungen ein, kann das Unternehmen nicht mehr als „verlängerter Arm“ des Staates und sein Handeln damit nicht mehr als unmittelbar staatliches Handeln verstanden werden.
ee) Nach diesen Kriterien ist die AVG nicht als „sonstige Stelle“ im Sinne von § 11 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c StGB anzusehen:
Die Gesellschafterin T besaß aufgrund ihrer Beteiligung in Höhe von 25,1 % eine Sperrminorität für wesentliche unternehmerische Entscheidungen der AVG: Der Gesellschaftsvertrag der AVG sah vor, dass wesentliche Angelegenheiten der Gesellschaft nur mit DreiviertelMehrheit beschlossen werden können. Dazu zählten neben der Veräußerung eines Gesellschaftsanteils, der Änderung des Gesellschaftsvertrages und der Abberufung des Geschäftsführers insbesondere die Investitions- und Darlehensaufnahme , der Abschluss und die Kündigung von Unternehmensverträgen , die Bestellung eines Abschlussprüfers und die Feststellung des Wirtschaftsplans. Der Gesellschafterin T wurde zudem das Recht zur Stellung eines Prokuristen für den technischen Bereich eingeräumt und T selbst erhielt den stellvertretenden Vorsitz des – freilich von
den kommunalen Mitgesellschaftern dominierten – siebzehnköpfigen Aufsichtsrats , der die Geschäftsführung der AVG beraten, überwachen und überprüfen sollte.
Schon allein aufgrund dieser vom Gesellschaftsvertrag ausdrücklich vorgesehenen wesentlichen Einflussmöglichkeiten des privaten Gesellschafters auf Kernbereiche unternehmerischen Handelns wie etwa die Möglichkeit einer Darlehensaufnahme stellte die AVG nicht mehr den „verlängerten Arm“ des Staates dar. Die weiteren, von der Staatsanwaltschaft in ihrer Revisionsbegründungsschrift zutreffend aufgeführten Möglichkeiten der Stadt Köln – insbesondere durch ihre Mehrheitsbeteiligung, den Aufsichtsrat, den Abschluss des langfristigen Entsorgungsvertrages und die im Gesellschaftsvertrag verankerte Bindung der AVG an die von der Stadt Köln beschlossenen Leitlinien des Abfallwirtschaftskonzepts –, Einfluss auf das Unternehmen AVG zu nehmen, hat das Landgericht bei seiner ausführlichen Gesamtbetrachtung hinreichend gesehen und im Ergebnis zutreffend gewürdigt. Diese Gesichtspunkte rechtfertigen es angesichts der dargestellten Sperrminorität der privaten Gesellschafterin auch in der Gesamtschau nicht, die AVG als behördenähnlich zu verstehen und wie eine Behörde zu behandeln.
ff) Ob die AVG bereits keine „sonstige Stelle“ im Sinne von § 11 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c StGB sein kann, weil sie für einen Bereich (Abfallentsorgung) gegründet wurde, auf dem auch Private – wie etwa der Unternehmer T – als Marktteilnehmer unternehmerisch tätig sind, bedarf hier deshalb keiner weiteren Vertiefung. Angesichts der zunehmenden Schaffung wettbewerblicher Strukturen und der Öffnung auch zentraler Bereiche der Daseinsvorsorge für private Marktteilnehmer wie etwa beim Bahnverkehr (hierzu BGHSt 49, 214), bei der Wärmeversorgung (hierzu BGHR StGB § 11 Abs. 1 Nr. 2 Amtsträger 7) oder bei der Energie- und Wasserversorgung spricht allerdings einiges dafür, dass privatrechtlich organisierte Gesellschaften der öffentlichen Hand, die auf solchen Märkten tätig werden, – wie andere (rein private) Marktteilnehmer auch – allein erwerbswirtschaftlich tätig sind (vgl.
BGH wistra 2001, 267, 270, insoweit in BGHR StGB § 11 Abs. 1 Nr. 2 Amtsträger 5 nicht abgedruckt). Wie der Bundesgerichtshof bereits entschieden hat, kann insbesondere im Bereich der Daseinsvorsorge von einer öffentlichen Aufgabe dann nicht (mehr) gesprochen werden, wenn der Hoheitsträger diesen Bereich aus der Hand gibt und ihre Erledigung einem privaten, marktwirtschaftlichen Unternehmen überlässt (Aufgabenprivatisierung im Gegensatz zur Organisationsprivatisierung), selbst wenn das private Unternehmen einer staatlichen Aufsicht unterstellt wird (BGHSt 49, 214, 221). In diesen Fällen fehlt der spezifisch öffentlich-rechtliche Bezug, der eine Gleichstellung mit behördlichem Handeln rechtfertigt. Auch eine Gesellschaft in alleiniger staatlicher Inhaberschaft würde letztlich nur einen weiteren Wettbewerber auf einem Markt darstellen, der vom Staat eröffnet wurde und sich um die Erfüllung öffentlicher Aufgaben gebildet hat.
2. Das mithin verbleibende Vergehen der Bestechung bzw. Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr ist nicht etwa verjährt.

a) Nach § 78a Satz 1 StGB beginnt die Verjährung, sobald die Tat beendet ist. Die Beendigung tritt erst in dem Zeitpunkt ein, in dem das Tatunrecht seinen tatsächlichen Abschluss findet. Die Verjährung setzt nur ein, wenn der Täter sein rechtsverneinendes Tun insgesamt abgeschlossen hat. Vorher besteht kein Anlass, durch den Beginn der Verjährungsfrist einen Verfolgungsverzicht in Aussicht zu stellen (BGHR StGB § 78a Satz 1 Bestechung 1). Die Bestechung im geschäftlichen Verkehr ist in diesem Sinne erst mit der letzten Annahme des von der Unrechtsvereinbarung umfassten Vorteils beendet (BGHR UWG § 12 Abs. 2 Angestelltenbestechlichkeit 1; Tröndle /Fischer, StGB 53. Aufl. § 299 Rdn. 21; Heine in Schönke/Schröder, StGB 26. Aufl. § 299 Rdn. 31; vgl. auch BGHSt 10, 237, 243; 11, 345, 347; BGHR StGB § 334 Verjährung 1; jeweils zu §§ 331 ff. StGB).

b) Das Landgericht hat für die Frage der Beendigung zutreffend auf die letzte Zahlung von Schmiergeld an den Angeklagten E im Früh-
jahr 1999 abgestellt. Demgegenüber meinen die Angeklagten, die Unrechtsvereinbarung sei mit derjenigen Zahlung im Jahr 1996 an den Angeklagten E beendet worden, durch die – zumindest nicht ausschließbar – die Summe der ursprünglich allein für diesen Angeklagten vorgesehenen Zahlungen erreicht worden sei; sämtliche späteren Zahlungen an die Angeklagten E und M beruhten auf einer neuen, nicht von § 12 UWG a.F. oder § 299 StGB erfassten Vereinbarung.

c) Mit dieser Bewertung lösen sich die Revisionen von den Feststellungen des Landgerichts:
aa) Der von den Revisionen in Zweifel gezogene Ausgangspunkt des Landgerichts – sämtliche gemeinschaftlich vereinbarten und schließlich geleisteten Schmiergeldzahlungen seien vom Tatbestand der Bestechung bzw. Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr umfasst und daher für die Verjährungsfrage erheblich – trifft zu. Nicht nur die vereinbarten Zahlungen an E selbst, sondern auch diejenigen an T und Wi stellen sich als „Vorteile“ für E im Sinne von § 12 UWG a.F. und § 299 StGB dar.
(1) Zahlungen an Dritte wurden – wie in §§ 331 ff. StGB a.F. – schon vor den Änderungen des Tatbestands der Angestelltenbestechlichkeit durch das Korruptionsbekämpfungsgesetz vom 13. August 1997 (BGBl I S. 2038) von § 12 UWG a.F. erfasst, wenn sie dem bestochenen Angestellten oder Beauftragten mittelbar zugute kamen (von Gamm, Wettbewerbsrecht 5. Aufl. Kap. 47 Rdn. 12; vgl. auch BGHSt 14, 123, 128; 33, 336, 339; 35, 128, 133; jeweils zu §§ 331 ff. StGB a.F.). Für die Frage, ob bei einer Drittzuwendung ein solcher Vorteil vorliegt, kommt es auf die konkreten Umstände des Einzelfalls an, wobei dem persönlichen Interesse des Bestochenen entscheidende Bedeutung zukommt (vgl. BGHSt 33, 336, 339 f.). Mit Einfügung der Worte „für sich oder einen Dritten“ in § 299 Abs. 1 StGB bzw. „für diesen oder einen Dritten“ in § 299 Abs. 2 StGB (sowie entsprechend in §§ 331 ff.
StGB) wurde nach dem Willen des Gesetzgebers im Wesentlichen lediglich eine Klarstellung erstrebt, aber keine Änderung des bisherigen Rechtszustands (vgl. Gesetzesbegründung BT-Drucks. 13/5584 S. 15 f.; Tiedemann in LK 11. Aufl. § 299 Rdn. 25).
(2) Nach diesen Kriterien waren auch sämtliche gemeinsam vereinbarten Zahlungen an T (und auch an Wi ) mittelbar für E von Vorteil: Nur durch die Einbeziehung des an maßgeblichen Stellen in entscheidender Position tätigen T (stellvertretender Vorsitzender des AVG-Aufsichtsrats und Geschäftsführer der Mitgesellschafterin) konnte sichergestellt werden, dass es zu dem von E gewünschten und für den Empfang seines Schmiergeldanteils notwendigen Vertragsschluss zwischen der AVG und der LCS kommt; nur seine Beteiligung ermöglichte zudem die notwendige verdeckte Zahlungsabwicklung über die Schweiz. Die verabredeten Zahlungen an T gereichten E also selbst zum Vorteil, weil sie notwendige Voraussetzung des Geldflusses an ihn selbst waren. Für die Beteiligung Wi s als in der SPD einflussreicher „Strippenzieher“ sowie Mitinitiator und -organisator der Schmiergeldabrede, dessen Einbindung aus Sicht E s Grundvoraussetzung für deren Durchführung war, gilt – zumal ein mittelbarer Vorteil ausreichte – nichts anderes. Im Übrigen käme es auf Wi s Beteiligung für die Frage der Verjährung angesichts der festgestellten höchstmöglichen Zuflüsse von Schmiergeldern bei E nicht einmal an.
Zudem hatte E – mit Ausnahme von 4 Mio. DM, die zu Anfang direkt an T und Wi überreicht wurden – zunächst jeweils persönlich die Verfügungsmöglichkeit über sämtliche aus der Schweiz weitergegebene Schmiergelder erhalten (vgl. hierzu BGHSt 35, 128, 134 f.). Da bei § 12 UWG a.F. und bei § 299 StGB jeweils auf die gesamte vereinbarte Schmiergeldsumme abzustellen ist, konnte die Verjährung erst mit der letzten in diesem Rahmen geflossenen Zahlung beginnen; dies war die Zahlung an E im Frühjahr 1999.
bb) Die ursprüngliche Schmiergeldvereinbarung – Zahlung von insgesamt 3 % der Auftragssumme in drei Zeitabschnitten – ist auch nicht durch eine spätere Zahlungsvereinbarung ersetzt worden. Ursprung des Zahlungsflusses blieb bis zum Frühjahr 1999 die Abrede vom Herbst 1993. Das zwischenzeitliche Ausscheiden von Wi und T aus dem Kreis der Zahlungsempfänger hatte lediglich eine Veränderung der Zahlungsströme zur Folge. Die bloße Änderung der Richtung des Zahlungsflusses ist jedoch nicht derart wesentlich, dass hierin eine gänzlich neue, die Ursprungsvereinbarung ersetzende Vereinbarung gesehen werden muss, weil damit nicht das „Ob“, sondern nur das „Wie“ der Zahlung modifiziert wurde. Ein solches bloßes Umleiten von Geldern führt auch nicht zu einem für den Verjährungsbeginn entscheidenden Abschluss des rechtsverneinenden Handelns.
cc) Zudem ist für den Verjährungsbeginn nicht allein auf die vereinbarten Beträge, sondern gleichermaßen auf den vereinbarten Zahlungszeitraum abzustellen. Nach dem gemeinsam verabredeten Zahlungsplan sollte die Zahlung des Schmiergelds an E , T und den gesondert verfolgten Wi zu gleichen Teilen in drei Zahlungsabschnitten entsprechend dem Baufortschritt erfolgen. Tatsächlich hat der Angeklagte E nach den Feststellungen des Landgerichts den vereinbarten Bestechungslohn im Wesentlichen entsprechend dieser Fälligkeitsabrede erhalten, nämlich einen ersten Teil 1994 nach Abschluss des Vertrages, weitere Beträge nach Beginn der Bauarbeiten sowie den Rest nach deren Ende. Damit wurde die Schmiergeldabrede in dem Zeitrahmen erfüllt, den die Beteiligten vereinbart hatten. Dass der Angeklagte E über seinen ursprünglich vereinbarten Anteil hinaus aufgrund des Ausscheidens von Wi und T als Zahlungsempfänger nicht ausschließbar bereits in den Jahren bis 1996 mehr Geld erhalten hatte, als ihm eigentlich zu diesem Zeitpunkt zufließen sollte, ist demgegenüber unbeachtlich, da jedenfalls die Zahlungen in den Jahren 1998 und 1999 dem ursprünglich vereinbarten Zahlungsplan entsprachen, wonach die letzte Zahlung nach Beendigung der Bauarbeiten erfolgen sollte.
3. Der Freispruch des Angeklagten R und der Teilfreispruch des Angeklagten M vom Vorwurf der Steuerhinterziehung haben Bestand.
In beiden Fällen war einziges Beweismittel für den Vorwurf, den Angeklagten seien in unverjährter Zeit erhebliche Geldbeträge zugeflossen, die sie nicht versteuert hätten, die belastende Aussage des Mitangeklagten E . Dass sich das Landgericht allein auf dieser Grundlage keine für eine Verurteilung hinreichende Überzeugung vom Geldzufluss hat bilden können, ist aus revisionsgerichtlicher Sicht nicht zu beanstanden.

a) Spricht der Tatrichter einen Angeklagten frei, weil er Zweifel an seiner Täterschaft nicht zu überwinden vermag, so ist das durch das Revisionsgericht grundsätzlich hinzunehmen, da die Beweiswürdigung Sache des Tatrichters ist. Der Beurteilung durch das Revisionsgericht unterliegt nur, ob dem Tatrichter Rechtsfehler unterlaufen sind. Das ist dann der Fall, wenn die Beweiswürdigung widersprüchlich, unklar oder lückenhaft ist, wenn sie gegen Denkgesetze oder gesicherte Erfahrungssätze verstößt oder das Gericht überspannte Anforderungen an die zur Verurteilung erforderliche Überzeugungsbildung gestellt hat (st. Rspr.: vgl. BGHR StPO § 261 Beweiswürdigung 16; BGHR StPO § 261 Überzeugungsbildung 33; BGH NStZ 2000, 48; BGH wistra 2002, 260, 261). Aus den Urteilsgründen muss sich auch ergeben , dass die einzelnen Beweisergebnisse nicht nur isoliert gewertet, sondern in eine umfassende Gesamtwürdigung eingestellt wurden (vgl. BGHR StPO § 261 Beweiswürdigung 2, 11, 24). Weitergehende zum Schutz des Angeklagten aufgestellte besonders strikte Anforderungen an die Begründung der Beweiswürdigung in der Situation „Aussage gegen Aussage“ (BGHSt 44, 153, 158 f.; 44, 256, 257) gelten zwar – wie die Revision des Angeklagten M zutreffend hervorgehoben hat – grundsätzlich unmittelbar nur in Verurteilungsfällen. Gleichwohl kann das Bedürfnis nach vollständiger , nachprüfbarer Beweiswürdigung in Fällen gleich karger und widersprüchlicher Beweisgrundlage in ähnlicher Weise auch dann zum Tragen
kommen, wenn ein Angeklagter freigesprochen wird, weil sich das Gericht von der Richtigkeit der belastenden Aussage eines Zeugen nicht überzeugen kann (vgl. BGH NStZ-RR 2002, 174, 175).

b) Den genannten Anforderungen genügt die Darstellung der Beweiswürdigung durch das Landgericht, soweit es sich keine hinreichende Überzeugung von der Richtigkeit der belastenden Angaben des Angeklagten E zu den von den Mitangeklagten bestrittenen Schmiergeldweitergaben gebildet hat, gerade noch.
Folgende Umstände waren aus Sicht des Landgerichts maßgebend: E hat die Mitangeklagten erstmals in Zusammenhang mit Gesprächen über einen Strafnachlass belastet; er hatte ein gewichtiges Motiv, den bei ihm verbliebenen Anteil des Schmiergeldes möglichst gering darzustellen , und hatte im Verlauf der Ermittlungen auch anderweitig versucht, sich durch unrichtige Angaben Teile der Tatbeute zu sichern; seine – zudem eher farblosen – Angaben zur zeitlichen Einordnung und zu Begleitumständen im Zusammenhang mit mehreren Geldübergaben waren uneinheitlich.
Den genannten Umständen hat das Landgericht sämtliche für die Glaubhaftigkeit der Angaben E s sprechenden Tatsachen gegenübergestellt , insbesondere dass andere Angaben E s in der Hauptverhandlung ihre Bestätigung gefunden haben, er maßgeblich und frühzeitig zur Aufklärung der Taten beigetragen hat und die Angaben von R und M zu diesem Vorwurf wenig überzeugend waren. Aufgrund einer Gesamtschau der für und gegen die Glaubhaftigkeit der Angaben E sprechenden s Gesichtspunkte hat sich das Landgericht schließlich außer Stande gesehen, sich eine Überzeugung von der Richtigkeit dieser einzigen Belastungsangaben zu bilden; Anhaltspunkte für weitergehende Ermittlungsansätze waren nicht ersichtlich.
Diese tatrichterliche Wertung ist letztlich hinzunehmen. Der Revision der Staatsanwaltschaft ist allerdings zuzugeben, dass – wie der Generalbundesanwalt im Einzelnen ausgeführt hat – das Landgericht Umstände wie insbesondere die Aussagegenese und den Inhalt divergierender oder detailarmer Aussagen von E nicht in einer Weise dargestellt hat, wie dies in dem sonst überaus umfangreichen Urteil konsequent und wünschenswert gewesen wäre. Lediglich im Hinblick auf die umgekehrt strengen Anforderungen an eine Verurteilung in der vorliegenden besonderen Konstellation, bei der der einzige Belastungszeuge ein erhebliches Motiv für eine Falschbelastung hat und seine Aussage auch sonst Ungereimtheiten aufweist, lässt der Senat im vorliegenden Fall den Freispruch unbeanstandet.
4. Die Strafzumessung des Landgerichts weist im Ergebnis keine Rechtsfehler zu Gunsten der Angeklagten E und M auf.

a) Die Strafzumessung ist grundsätzlich Sache des Tatrichters. Ihm obliegt es, auf der Grundlage des umfassenden Eindrucks, den er in der Hauptverhandlung von der Tat und der Persönlichkeit des Täters gewonnen hat, die wesentlichen entlastenden und belastenden Umstände festzustellen, sie zu bewerten und gegeneinander abzuwägen. Ein Eingriff des Revisionsgerichts ist in der Regel nur möglich, wenn die Zumessungserwägungen in sich fehlerhaft sind, wenn der Tatrichter gegen rechtlich anerkannte Strafzwecke verstößt oder wenn sich die verhängten Strafen nach oben oder unten von ihrer Bestimmung lösen, gerechter Schuldausgleich zu sein (BGHSt 34, 345, 349; st. Rspr.).

b) Solche Rechtsfehler zeigt die Beschwerdeführerin, wie der Generalbundesanwalt zutreffend ausgeführt hat, bei dem Angeklagten E nicht auf. Insbesondere durfte das Landgericht den Umstand zu seinen Gunsten berücksichtigen, dass er von der ihm zustehenden Möglichkeit, die Aussetzung der Hauptverhandlung nach § 265 Abs. 4 StPO wegen erst spä-
ter bekannt gewordenen umfangreichen Aktenmaterials zu verlangen, keinen Gebrauch gemacht und damit eine zügige Erledigung der Hauptverhandlung ermöglicht hat. Anhaltspunkte dafür, dass diesem Umstand vom Landgericht unangebracht großes Gewicht zugemessen worden wäre, bestehen nicht. Die gegen den Angeklagten E verhängten Einzelstrafen sind ebenso wenig unvertretbar milde wie die Gesamtstrafe.

c) Gleichfalls weist die Strafzumessung keinen Rechtsfehler zu Gunsten des Angeklagten M auf; dies gilt auch für die Aussetzung der Vollstreckung der Gesamtfreiheitsstrafe zur Bewährung.
aa) Hinreichende Anhaltspunkte, dass das Landgericht, etwa nur um zu einer Strafaussetzung zur Bewährung zu gelangen, die Einzelstrafen und die Gesamtstrafe unangemessen niedrig bemessen hätte, liegen nicht vor, letztlich auch nicht im Blick auf die für sich rechtsfehlerfreie Anwendung des § 41 StGB.
bb) Das Landgericht durfte im Hinblick auf zahlreiche gewichtige Strafmilderungsgründe – insbesondere Unbestraftheit, erstmalige Verbüßung von Untersuchungshaft, lange Dauer der seit der Tat vergangenen Zeit, Handeln auch im Interesse des Unternehmens, Abgabe eines Schuldanerkenntnisses über 1 Mio. DM – besondere Umstände im Sinne von § 56 Abs. 2 StGB annehmen, die die Aussetzung der zweijährigen Gesamtfreiheitsstrafe zur Bewährung gestatteten. Die Entscheidung des Landgerichts, dass auch § 56 Abs. 3 StGB einer Strafaussetzung zur Bewährung nicht entgegenstehe, ist ebenfalls rechtlich noch hinzunehmen. Allerdings erfordern die durch Bestechung im geschäftlichen Verkehr und durch damit einhergehende Untreue hervorgerufenen erheblichen wirtschaftlichen Schäden ein nachdrückliches und energisches Vorgehen der Strafverfolgungsbehörden. Doch dürfen auch bei der Ahndung solcher Taten die besonderen Umstände des Einzelfalles nicht außer Acht gelassen werden. Sie sind insbesondere in der mangelnden Tatinitiative des Angeklagten M und in seiner Kon-
frontation als Unternehmer mit ersichtlich verbreiteten skrupellosen Geschäftspraktiken bei der Konzeption von Großanlagen und dabei – sogar ungeachtet gegebener „Staatsnähe“ – bedenkenlos angebrachten Schmiergeldforderungen des von ihm gewünschten Vertragspartners zu finden. Danach kann die Entscheidung des Landgerichts nach § 56 Abs. 3 StGB noch als vertretbar angesehen werden, wenngleich eine gegenteilige Würdigung des Landgerichts rechtlich möglich gewesen wäre und im Blick auf die spätere Eigenbereicherung des Angeklagten M sogar näher gelegen hätte.
cc) In diesem Zusammenhang sieht der Senat Anlass zu folgender Anmerkung: Nach der Erfahrung des Senats kommt es bei einer Vielzahl von großen Wirtschaftsstrafverfahren dazu, dass eine dem Unrechtsgehalt schwerwiegender Korruptions- und Steuerhinterziehungsdelikte adäquate Bestrafung allein deswegen nicht erfolgen kann, weil für die gebotene Aufklärung derart komplexer Sachverhalte keine ausreichenden justiziellen Ressourcen zur Verfügung stehen. Die seit der Tat vergangene Zeit und auch die Dauer des Ermittlungs- und Strafverfahrens (vgl. Art. 6 Abs. 1 Satz 1 MRK) werden in vergleichbaren Verfahren häufig zu derart bestimmenden Strafzumessungsfaktoren , dass die Verhängung mehrjähriger Freiheitsstrafen oder – wie hier – die Versagung einer Strafaussetzung zur Bewährung nach § 56 Abs. 3 StGB namentlich wegen des Zeitfaktors ausscheidet. Dem in § 56 Abs. 3 StGB zum Ausdruck gekommenen Anliegen des Gesetzgebers, das Vertrauen der Bevölkerung in die Unverbrüchlichkeit des Rechts vor einer Erschütterung durch unangemessen milde Sanktionen zu bewahren, kann im Bereich des überwiegend tatsächlich und rechtlich schwierigen Wirtschaftsund Steuerstrafrechts nach Eindruck des Senats nur durch eine spürbare Stärkung der Justiz in diesem Bereich Rechnung getragen werden. Nur auf diese Weise – nicht durch bloße Gesetzesverschärfungen – wird es möglich sein, dem drohenden Ungleichgewicht zwischen der Strafpraxis bei der allgemeinen Kriminalität und der Strafpraxis in Steuer- und Wirtschaftsstrafverfahren entgegenzutreten und dem berechtigten besonderen öffentlichen Inte-
resse an einer effektiven Strafverfolgung schwerwiegender Wirtschaftskriminalität gerecht zu werden.
5. Im Ergebnis zutreffend hat das Landgericht von der Anordnung des Verfalls von Wertersatz gegen die Verfallsbeteiligte abgesehen; der Senat geht mit dem Generalbundesanwalt davon aus, dass die Staatsanwaltschaft insoweit ihre Revision auf das Fehlen einer entsprechenden Nebenentscheidung gegenüber der Verfallsbeteiligten beschränkt hat, zumal das Absehen von der Anordnung des Verfalls bei den Angeklagten E und M im Hinblick auf § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB keinen Bedenken begegnet.

a) Zutreffend hat der Generalbundesanwalt allerdings darauf hingewiesen , dass das Landgericht das „Erlangte“ im Sinne von § 73 Abs. 1 Satz 1, § 73a Satz 1 StGB nicht hinreichend genau bestimmt hat; entgegen der – insoweit vom Generalbundesanwalt nicht vertretenen – Auffassung der Staatsanwaltschaft ist das Erlangte aber auch nicht der für den Bau der RMVA vereinbarte Werklohn in Höhe von 792 Mio. DM. Durch Bestechung (im geschäftlichen Verkehr) erlangt im Sinne von § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB ist bei der korruptiven Manipulation einer Auftragsvergabe nicht der vereinbarte Preis, sondern der gesamte wirtschaftliche Wert des Auftrags im Zeitpunkt des Vertragsschlusses; dieser umfasst den kalkulierten Gewinn und etwaige weitere, gegebenenfalls nach § 73b StGB zu schätzende wirtschaftliche Vorteile.
aa) „Aus der Tat erlangt“ im Sinne von § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB sind alle Vermögenswerte, die dem Täter unmittelbar aus der Verwirklichung des Tatbestandes selbst in irgendeiner Phase des Tatablaufs zufließen (BGH NStZ 2001, 155, 156); „für die Tat erlangt“ im Sinne von § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB sind dagegen Vermögenswerte, die dem Täter als Gegenleistung für sein rechtswidriges Handeln gewährt werden, aber – wie etwa ein Lohn für die Tatbegehung – nicht auf der Tatbestandsverwirklichung selbst beruhen
(vgl. BGHR StGB § 73 Erlangtes 4). Für die Bestimmung desjenigen, was der Täter in diesem Sinne aus einer Tat oder für sie erlangt hat, ist das Bruttoprinzip unerheblich. Erst wenn feststeht, worin der erlangte Vorteil des Täters besteht, besagt dieses Prinzip, dass bei der Bemessung der Höhe des Erlangten gewinnmindernde Abzüge unberücksichtigt bleiben müssen (vgl. BGHSt 47, 260, 269). Zudem muss die Abschöpfung spiegelbildlich dem Vermögensvorteil entsprechen, den der Täter gerade aus der Tat gezogen hat; dies setzt eine Unmittelbarkeitsbeziehung zwischen Tat und Vorteil voraus (vgl. BGHSt 45, 235, 247 f.; 47, 260, 269; Schmidt in LK 11. Aufl. § 73 Rdn. 17; Eser in Schönke/Schröder, StGB 26. Aufl. § 73 Rdn. 16; jeweils m.w.N.).
bb) Unmittelbar aus einer Bestechung (im geschäftlichen Verkehr) erlangt ein Werkunternehmer im Rahmen korruptiver Manipulation bei der Auftragsvergabe lediglich die Auftragserteilung – also den Vertragsschluss – selbst, nicht hingegen den vereinbarten Werklohn (vgl. Sedemund DB 2003, 323, 325 ff.; a. A. OLG Köln ZIP 2004, 2013; OLG Thüringen wistra 2005, 114). Bei der Auftragserlangung durch Bestechung (im geschäftlichen Verkehr ) führt die „Tat“ als solche unmittelbar nur zu dem Vorteil des schuldrechtlichen Vertragsschlusses; die Vorteile aus der Ausführung des Auftrags wären hingegen nicht mehr unmittelbar aus der „Tat“ erlangt (vgl. Joecks in MünchKomm-StGB § 73 Rdn. 30). Strafrechtlich bemakelt ist lediglich die Art und Weise, wie der Auftrag erlangt ist, nicht dass er ausgeführt wird. In diesem Punkt unterscheidet sich der Fall einer Auftragserlangung durch Bestechung von verbotenen Betäubungsmittelgeschäften oder Embargoverstößen. Nur in solchen Fällen ist es deshalb gerechtfertigt, als das „Erlangte“ i. S. von § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB den gesamten vereinbarten Kaufpreis anzusehen (vgl. BGH NStZ 2000, 480; BGHSt 47, 369).
cc) Der wirtschaftliche Wert des Auftrags im Zeitpunkt der Auftragserlangung bemisst sich vorrangig nach dem zu erwartenden Gewinn. Aussagekräftiges Indiz hierfür wird regelmäßig die Gewinnspanne sein, die der Auftragnehmer in die Kalkulation des Werklohns hat einfließen lassen.
tragnehmer in die Kalkulation des Werklohns hat einfließen lassen. Fehlen hierfür Anhaltspunkte, kann u. U. auch ein branchenüblicher Gewinnaufschlag Grundlage einer Schätzung (§ 73b StGB) sein. Mit dem zu erwartenden Gewinn wird in aller Regel der wirtschaftliche Wert des durch Bestechung erlangten Auftrags und damit das „Erlangte“ im Sinne von § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB hinreichend erfasst.
Im Einzelfall können darüber hinaus konkrete Anhaltspunkte für weitergehende wirtschaftliche Vorteile bestehen, die durch den Vertragsschluss als solchen erlangt wurden (vgl. Sedemund DB 2003, 323, 328; vgl. zum Begriff des wirtschaftlichen Vorteils auch § 17 Abs. 4 Satz 1 OWiG). Hierzu zählen mittelbare Vorteile wie etwa die konkrete Chance auf Abschluss von Wartungsverträgen für eine errichtete Anlage oder von sonstigen Folgegeschäften durch Aufbau einer Geschäftsbeziehung, die Chance zur Erlangung weiterer Aufträge für vergleichbare Anlagen, die Steigerung des wirtschaftlich werthaltigen „Goodwill“ eines Unternehmens durch Errichtung eines Prestigeobjekts für einen renommierten Auftraggeber, die Vermeidung von Verlusten durch Auslastung bestehender Kapazitäten oder die Verbesserung der Marktposition durch Ausschalten von Mitwettbewerbern (vgl. BayObLG wistra 1998, 199, 200; König in Göhler, OWiG 13. Aufl. § 17 Rdn. 41; Lemke /Mosbacher, OWiG 2. Aufl. § 17 Rdn. 38). Solche Vorteile hat auch das Landgericht bei der LCS durch den Vertragsschluss festgestellt (UA S. 78).
Bestehen im Einzelfall hinreichende Anhaltspunkte für derartige weitere konkrete wirtschaftliche Vorteile, kann deren Wert, wenn der konkrete Sachverhalt eine tragfähige Grundlage dafür bietet (hierzu BGHR StGB § 73b Schätzung 1, 2), nach § 73b StGB geschätzt werden. Gegebenenfalls wird sich hierfür die Hinzuziehung von Sachverständigen anbieten (vgl. Tröndle/Fischer, StGB 53. Aufl. § 73b Rdn. 5).
Ein tragfähiger Anhaltspunkt im Rahmen der Bestimmung eines solchen über den kalkulierten Gewinn hinausgehenden Werts eines Auftrags
kann u. U. auch der Preis sein, den für die Auftragsvergabe zu zahlen der Auftragnehmer bereit ist. Wird ein Auftrag durch Bestechung (im geschäftlichen Verkehr) erlangt, wird die Bestechungssumme allerdings nur dann ein aussagekräftiges Indiz für eine Art „Marktpreis“ der Auftragsvergabe jenseits des kalkulierten Gewinns sein, wenn der Auftragnehmer selbst die Bestechungssumme aufbringt und nicht – wie hier – in korruptivem Zusammenwirken mit den Verantwortlichen des Auftraggebers der Auftragssumme aufschlägt , so dass sie aus seiner Sicht einen bloßen Durchlaufposten bildet.
dd) Ist der Wert des durch Bestechung erlangten Auftrags im Zeitpunkt der Auftragsvergabe auf diese Weise – ggf. mit sachverständiger Hilfe und mittels Schätzung nach § 73b StGB – ermittelt worden, folgt aus dem Bruttoprinzip , dass etwaige für den Vertragsschluss getätigte Aufwendungen (wie insbesondere eine vom Auftragnehmer gezahlte Bestechungssumme) nicht weiter in Abzug gebracht, sondern allenfalls im Rahmen von § 73c StGB berücksichtigt werden können.

b) Der Anordnung des Verfalls steht – entgegen der Auffassung der Verfallsbeteiligten – nicht bereits grundsätzlich die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Verfallsbeteiligten unter dem Gesichtspunkt eines vorrangigen Schutzes der Geschädigten in der Insolvenz entgegen. Die Vorschrift des § 39 Abs. 1 Nr. 3 InsO betrifft lediglich die Frage, wie ein angeordneter Verfall rangmäßig im Insolvenzverfahren zu behandeln ist (vgl. OLG Schleswig wistra 2001, 312, 313). Anders als nach § 240 ZPO kommt auch eine Unterbrechung des Strafverfahrens insoweit nicht in Betracht , weil die Anordnung des Verfalls als strafrechtliche Nebenfolge dem strafrichterlichen Erkenntnis vorbehalten bleiben muss. Ansprüche der Geschädigten werden im Rahmen von § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB hinreichend berücksichtigt.

c) Auch wenn das Landgericht den Umfang des Erlangten nicht in der vorbeschriebenen Weise ermittelt, sondern letztlich eher unbestimmt gelas-
sen hat, was es genau als das „Erlangte“ in diesem Sinne ansieht, hat es doch zumindest im Ergebnis zu Recht von einer Anordnung des Verfalls von Wertersatz bei der Verfallsbeteiligten nach § 73c Abs. 1 StGB abgesehen.
aa) Schadensersatzansprüche der AVG stehen nach § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB einer Verfallsentscheidung zu Lasten der Verfallsbeteiligten zumindest in der Höhe entgegen, in denen diese Ansprüche noch nicht durch Zahlungen der Angeklagten erfüllt worden sind. Ob der Wert des Auftrags im Zeitpunkt des Vertragsschlusses diese noch vorhandenen – gegebenenfalls nach § 254 BGB geminderten – Ansprüche übersteigt, kann letztlich offen bleiben.
bb) Die Voraussetzungen von § 73c Abs. 1 Satz 1 StGB hat das Landgericht zwar – auch in Abgrenzung zu Satz 2 – nicht hinreichend dargelegt (vgl. hierzu BGH wistra 2000, 379, 382; Tröndle/Fischer, StGB 53. Aufl. § 73c Rdn. 3 m.w.N.). Ergänzend hat es jedoch unter Hinweis auf § 73c Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 StGB folgende Umstände genannt, die eine Verfallsanordnung jedenfalls unangemessen erscheinen lassen: Ein bleibender Gewinn , der Schadensersatzansprüche der AVG übersteigen würde, ist bei der LCS nicht vorhanden; letztlich ergab sich bei der endgültigen Abrechnung des Projekts im Jahr 2001 aufgrund von Gewährleistungsarbeiten ein Verlust von insgesamt 688.000 Euro (UA S. 159); zudem befindet sich die Verfallsbeteiligte in der Insolvenz.
cc) Ungeachtet der rechtlich nicht unbedenklichen Ausführungen des Landgerichts zu §§ 73 ff. StGB ist es aus Sicht des Senats im Hinblick auf § 73c Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 StGB jedenfalls angemessen (vgl. § 354 Abs. 1a StPO), gegenüber der insolventen Verfallsbeteiligten, die letztlich keinen Gewinn erzielt hat und sich erheblichen Regressansprüchen gegenüber sieht, von einer Anordnung des Verfalls von Wertersatz abzusehen.

III.


Die Revisionen der Angeklagten bleiben ebenfalls erfolglos.
1. Die Verurteilungen des Angeklagten E wegen Untreue nach § 266 StGB und des Angeklagten M wegen Beihilfe zu dieser Tat begegnen keinen Bedenken.

a) Zutreffend weist die Revision des Angeklagten E allerdings zunächst darauf hin, dass die Annahme des Landgerichts, dieser Angeklagte habe mit seinem Verhalten die Missbrauchalternative des § 266 Abs. 1 StGB erfüllt, unzutreffend ist. Voraussetzung dieser Alternative ist, dass der rechtsgeschäftliche Missbrauch der Verpflichtungsbefugnis zu einer wirksamen Verpflichtung des Treugebers führt (vgl. BGH bei Holtz, MDR 1983, 92; Tröndle/Fischer, StGB 53. Aufl. § 266 Rdn. 20, 22 m.w.N.; Seier in Achenbach/Ransiek, Handbuch Wirtschaftsstrafrecht, 2004, Abschnitt V 2 Rdn. 47). Dem steht hier bereits § 138 BGB entgegen. Die Sittenwidrigkeit der kollusiven Absprache zwischen den Angeklagten E und M zur Schädigung der AVG durch Vereinbarung eines um den Schmiergeldanteil überhöhten Preises wirkt sich auch auf den Hauptvertrag aus (vgl. BGH NJW 1989, 26, 27; Tröndle/Fischer aaO Rdn. 21; Seier aaO Rdn. 48; vgl. auch BGHZ 141, 357, 362 f.; BGH BB 1990, 733, 734; BGH NJW 2000, 511, 512). Zudem hat E bei dem Abschluss des um den Schmiergeldanteil überhöhten Vertrages im kollusiven Zusammenwirken mit dem Angeklagten M ersichtlich seine Vertretungsmacht zum Nachteil der AVG missbraucht (vgl. hierzu Tröndle/Fischer aaO § 266 Rdn. 22 m.w.N.; BGHZ 50, 112, 114; Bernsmann StV 2005, 576, 577).
Hieraus folgt indes unmittelbar, dass der Angeklagte E durch Abschluss des dergestalt unerkannt nichtigen Vertrages mit einem kollusiv überhöhten Auftragspreis die Treubruchalternative des § 266 Abs. 1 StGB erfüllt und der Angeklagte M zu solcher Tat Beihilfe geleistet
hat. Hierauf kann der Senat von sich aus erkennen (vgl. BGHR StGB § 266 Abs. 1 Missbrauch 2). Es ist auszuschließen, dass sich die Angeklagten gegen den tatsächlich identisch fundierten Vorwurf des Treubruchs anders als geschehen hätten verteidigen können.

b) Zutreffend ist das Landgericht davon ausgegangen, dass der Angeklagte E durch den Abschluss des Vertrages mit der LCS zum Gesamtpreis von 792 Mio. DM seine als Geschäftsführer gegenüber der AVG bestehende Vermögensbetreuungspflicht verletzt und hierdurch der AVG einen Vermögensnachteil in Höhe des vereinbarten Schmiergeldaufschlags zugefügt hat.
aa) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs liegt bei der Vereinbarung von Schmiergeldzahlungen in Form eines prozentualen Preisaufschlags regelmäßig ein Nachteil im Sinne des § 266 Abs. 1 StGB vor (vgl. BGHSt 47, 295, 298 f.; 49, 317, 332 f.; BGHR StGB § 266 Abs. 1 Nachteil 49, insoweit in BGHSt 46, 310 nicht abgedruckt). Diese Rechtsprechung beruht auf der Erwägung, dass jedenfalls mindestens der Betrag, den der Vertragspartner für Schmiergelder aufwendet, auch in Form eines Preisnachlasses dem Geschäftsherrn des Empfängers hätte gewährt werden können (vgl. Raum in Wabnitz/Janovsky, Handbuch des Wirtschafts- und Steuerstrafrechts 2. Aufl. S. 304 m.w.N.). Bei der Auftragserlangung durch Bestechung im geschäftlichen Verkehr bildet deshalb der auf den Preis aufgeschlagene Betrag, der lediglich der Finanzierung des Schmiergelds dient, regelmäßig die Mindestsumme des beim Auftraggeber entstandenen Vermögensnachteils im Sinne von § 266 Abs. 1 StGB.
bb) Die Vermögensbetreuungspflicht gebietet in diesen Fällen, dass der Treupflichtige die Möglichkeit des vorteilhaften Vertragsschlusses im Interesse des betreuten Vermögens nutzt und den Vertrag zu dem günstigeren Preis abschließt (BGH wistra 1984, 109, 110; 1989, 224, 225). Zumeist liegt auf der Hand, dass das Geschäft auch für einen um den aufgeschlagenen
Schmiergeldanteil verminderten Preis abgeschlossen worden wäre, wenn das Schmiergeld – wie hier – einen bloßen Durchlaufposten darstellt (vgl. BGH wistra 1983, 118, 119; 1986, 67; 2001, 295, 296). Inwieweit andere Anbieter noch teurere Angebote eingereicht haben, bleibt demgegenüber unerheblich (vgl. BGH wistra 2001, 295, 296).
Der Schwerpunkt der Vorwerfbarkeit liegt in diesem Fall im aktiven Tun, nämlich im Abschluss des um den Schmiergeldanteil überteuerten Vertrages und in der damit einhergehenden Verlagerung der Schmiergeldzahlungen zugunsten des Geschäftsführers auf die vertretene Gesellschaft durch Vereinbarung entsprechend überhöhter Zahlungsverpflichtungen mit Dritten (vgl. Tröndle/Fischer, StGB 53. Aufl. § 266 Rdn. 38a m.w.N.). Der Abschluss des überteuerten Vertrages hindert gleichzeitig den Abschluss eines um den Schmiergeldanteil verminderten günstigeren. Zudem steht der eingegangenen Zahlungsverpflichtung in Höhe des vereinbarten Schmiergelds keinerlei Gegenleistung gegenüber. Nach anderer, aber gleichgerichteter Betrachtungsweise ist der Unrechtsschwerpunkt in der bewussten Verhandlung mit einem sachlich nicht gerechtfertigten Verteuerungsfaktor zu finden, der dem Geschäftsführer zu Unrecht einen von der vertretenen Gesellschaft nicht genehmigten, über seine Vergütung hinausgehenden wirtschaftlichen Vorteil verschaffen soll (vgl. auch BGHSt 49, 317, 333 ff.).
cc) Nach den Feststellungen des Landgerichts war in der vereinbarten Auftragssumme von 792 Mio. DM ein Schmiergeldanteil in Höhe von rund 24 Mio. DM enthalten. Dieser Anteil sollte als bloßer Durchlaufposten nicht der LCS, sondern auf Kosten der AVG allein den an der Schmiergeldabrede Beteiligten zukommen. Der vom Landgericht gezogene Schluss, die LCS wäre bereit gewesen, den Vertrag auch zu einem um diesen Schmiergeldanteil verminderten Betrag abzuschließen, ist nicht nur nachvollziehbar, sondern vielmehr naheliegend.
dd) Demgegenüber verfängt der Einwand der Revision nicht, der Angeklagte E habe ein solches Geschäft zum verminderten Preis überhaupt nicht abschließen dürfen, weil dieses durch die vorangegangene Vergabemanipulation nach wie vor wettbewerbswidrig gewesen wäre; vom Treupflichtigen könne nicht der Abschluss verbotener oder wettbewerbswidriger Geschäfte verlangt werden (vgl. Bernsmann StV 2005, 576, 578).
Nachdem sich E für den Zuschlag an die LCS entschlossen hatte, bestand die Alternative lediglich in dem Abschluss des Vertrages zum Preis von 792 Mio. DM oder zu einem um mehr als 24 Mio. DM verminderten Preis. Seine Vermögensbetreuungspflicht gebot E in dieser Situation den Abschluss zum geringeren statt zum höheren Preis. Da es für den Vorwurf der Untreue entscheidend auf den Vertragsschluss zu einem um den Schmiergeldanteil überhöhten Preis ankommt, sind die von der Revision angeführten Alternativszenarien ohne Bedeutung.
ee) Das Landgericht geht auch zutreffend von einem Nachteilsumfang in Höhe von rund 24 Mio. DM aus.
Die Berechnung des im vereinbarten Preis enthaltenen Schmiergeldanteils (3 % Aufschlag bei einem Teil der Lose, zusätzliche Anhebung beim Los Abgasbehandlung um 20 Mio. DM) ist nicht zu beanstanden. Das Landgericht ist zudem richtigerweise davon ausgegangen, dass Vorteile, die der Angeklagte E durch besonders nachdrückliche und geschickte Verhandlungen bei der Preisgestaltung erreicht hat oder die zur Ermöglichung einer Vergabe des Auftrags an die LCS notwendig waren, nicht gegengerechnet werden können (treffend UA S. 309, 317). Dies gilt insbesondere für die Absenkung des Preises beim Los Bauteil um 9 Mio. DM im Rahmen der Vergabemanipulation. Denn es kommt allein darauf an, ob – was das Landgericht rechtsfehlerfrei festgestellt hat – der Angeklagte M letztendlich bereit war, im Zeitpunkt des Vertragsschlusses den Vertrag auch ohne den Schmiergeldanteil abzuschließen oder nicht. Es kann deshalb da-
hinstehen, ob der abweichende Ansatz der Verteidigung auch im Blick auf die zur Schmiergeldfinanzierung überhöhte Kalkulation des Gesamtpreises im ersten Angebot der LCS verfehlt ist. Selbst wenn man vom festgestellten Nachteilsumfang einen für Wi ursprünglich vorgesehenen Provisionsanteil in Höhe von 0,5 % der Auftragssumme abziehen würde, wäre dies angesichts des verbleibenden Nachteilumfangs in Höhe von etwa 20 Mio. DM letztlich unerheblich; auch ein solcher Nachteil rechtfertigt ohne weiteres die für die Untreue bzw. die Beihilfe hierzu verhängten Einzelfreiheitsstrafen (vgl. § 354 Abs. 1a StPO).
2. Der Schuldspruch wegen – wie ausgeführt, nicht verjährter – Bestechlichkeit bzw. Bestechung im geschäftlichen Verkehr (§§ 299, 300 Nr. 1 StGB) ist rechtsfehlerfrei. Auch die Bestimmung der Konkurrenzverhältnisse zur Untreue bzw. Beihilfe dazu hält revisionsgerichtlicher Überprüfung stand.
Zutreffend ist das Landgericht bezüglich der Untreue und der Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr bei dem Angeklagten E (a) sowie hinsichtlich der Beihilfe zur Untreue und der Bestechung im geschäftlichen Verkehr durch den Angeklagten M (b) jeweils von zwei Taten im Sinne von § 53 StGB ausgegangen.

a) Regelmäßig besteht zwischen Angestelltenbestechlichkeit und der in Aussicht gestellten „bevorzugenden Handlung“ Tatmehrheit (BGHR UWG § 12 Abs. 2 Angestelltenbestechlichkeit 1; vgl. auch BGHSt 47, 22, 25 f., zu § 332 StGB). Dies gilt auch dann, wenn die Taten auf eine einheitliche Unrechtsvereinbarung zurückgehen (vgl. BGHSt 47, 22, 26; BGH NStZ 1987, 326, 327; BGH wistra 1993, 189, 190). Denn die Vornahme der durch die Unrechtsvereinbarung verabredeten unlauteren Bevorzugung im Wettbewerb gehört nicht zum Tatbestand der Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr (BGH NStZ 1987, 326, 327; vgl. auch BGHSt 47, 22, 26; jeweils zu § 332 StGB).
Tateinheit ist lediglich in solchen Fällen möglich, in denen die Verwirklichung beider Tatbestände in einer Ausführungshandlung zusammentrifft (BGHSt 47, 22, 26, zu § 332 StGB). Solches hat das Landgericht nicht festgestellt. Verletzt hat der Angeklagte E seine Vermögensbetreuungspflicht gegenüber der AVG erst durch den Abschluss des um den Schmiergeldanteil überhöhten Vertrages; erst dadurch kam es auch zu einer schadensgleichen konkreten Vermögensgefährdung (UA S. 500). Die Unrechtsvereinbarung , mit der die Angestelltenbestechlichkeit vollendet war (vgl. Tröndle/Fischer, StGB 53. Aufl. § 299 Rdn. 21), gehört angesichts der Notwendigkeit zahlreicher weiterer Zwischenschritte im vorliegenden Fall nicht zum Ausführungsstadium der Untreue.
Soweit die Revision für ihre Ansicht auf die Entscheidung BGHSt 47, 22 verweist, war der dortige Fall im Tatsächlichen anders gelagert; dort ging es um die Schaffung eines eingespielten Preisabsprachesystems unter Einbindung weiterer Mitwettbewerber im Rahmen langfristiger Geschäftsbeziehungen (vgl. BGHSt 47, 22, 28), nicht – wie hier – um den Abschluss eines einzigen Vertrages. Zudem war es nach dem Inhalt der Unrechtsvereinbarung zwar naheliegend, aber nicht einmal zwingend notwendig, dass der Schmiergeldanteil durch eine Untreue zu Lasten der AVG erwirtschaftet wird. Nach den Feststellungen des Landgerichts machte sich der Angeklagte M erst nach der Unrechtsvereinbarung vom Herbst 1993 Gedanken darüber, wie dieser Betrag aufgebracht werden soll (UA S. 97). Erst als er erfuhr, dass LCS über keinen „Topf“ für solche Gelder verfügt, entschloss er sich, das verabredete Schmiergeld durch einen entsprechenden Aufschlag auf den Werklohn zu Lasten der AVG zu erwirtschaften.

b) Rechtlich vertretbar ist das Landgericht auch davon ausgegangen, dass die Bestechung im geschäftlichen Verkehr und die Beihilfe zur Untreue durch den Angeklagten M im vorliegenden Fall materiellrechtlich als zwei Taten im Sinne von § 53 StGB zu bewerten sind. Die Bestechung im geschäftlichen Verkehr war bereits mit dem Abschluss der Un-
rechtsvereinbarung im Herbst 1993 vollendet. Dagegen bestand die Beihilfe zu der vom Angeklagten E begangenen Untreue im Abschluss des um den Schmiergeldanteil überhöhten Vertrages für die von M vertretene LCS. Die Vertragsunterzeichnung durch den Angeklagten E – die eigentliche Untreuehandlung – konnte nur zu einem Vermögensnachteil bei der AVG führen, weil auch der Angeklagte M den Vertrag seinerseits für die LCS unterzeichnete. Gegenüber dieser notwendigen Mitwirkung an der eigentlichen Untreuehandlung konnten für die Beurteilung der Konkurrenzen die im Vorfeld begangenen Vorbereitungsbeiträge als nachrangig bewertet werden. Selbst wenn das Landgericht das Konkurrenzverhältnis bei dem Angeklagten M falsch beurteilt hätte, wäre im Übrigen die verhängte Gesamtstrafe angesichts des gleichbleibenden Schuldumfangs als Einzelfreiheitsstrafe angemessen (vgl. § 354 Abs. 1a StPO).
3. Die Verurteilung des Angeklagten E wegen Steuerhinterziehung in vier Fällen ist rechtsfehlerfrei.

a) Bei den erhaltenen Bestechungsgeldern handelt es sich um erklärungspflichtige sonstige Einkünfte gemäß § 22 Nr. 3 EStG (vgl. BFH DStRE 2000, 1187; BFHE 191, 274; BGHR AO § 393 Abs. 1 Erklärungspflicht 4 m.w.N.). Die Kapitalerträge aus der Anlage der verschwiegenen Schmiergelder stellen erklärungspflichtige Einkünfte aus Kapitalvermögen gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG dar. Für die Jahre 1995 bis 1998 hat der Angeklagte E solche Einkünfte in Höhe von rund 4 Mio. DM verschwiegen und hierdurch Einkommensteuer und Solidaritätszuschlag in der Gesamthöhe von rund 2,2 Mio. DM hinterzogen.

b) Die Pflicht zur Abgabe einer wahrheitsgemäßen Steuererklärung war auch nicht unter dem Gesichtspunkt suspendiert, dass niemand verpflichtet ist, sich selbst anzuklagen oder sonst zur eigenen Überführung bei-
zutragen (nemo tenetur se ipsum accusare; hierzu näher Jäger NStZ 2005, 552, 556 ff. m.w.N.).
aa) Ein Steuerpflichtiger, der Einkünfte aus Bestechungsgeldern anzugeben hat, wird seiner durch § 370 AO strafbewehrten Erklärungspflicht regelmäßig bereits dadurch nachkommen können, dass er diese Einkünfte betragsmäßig offen legt und einer Einkunftsart zuordnet, ohne die genaue Einkunftsquelle zu benennen (vgl. auch BGHR AO § 393 Abs. 1 Erklärungspflicht 4). Denn diese Erklärung reicht regelmäßig zu einer Festsetzung von Einkommensteuer aus, durch die im Ergebnis eine Verkürzung von Steuern – also der von § 370 AO vorausgesetzte Taterfolg – vermieden wird. Derartige Angaben, durch die sich der Steuerpflichtige nicht selbst einer Straftat bezichtigt, sondern lediglich Einkünfte offenbart, sind ihm ohne weiteres zumutbar. Die strafrechtliche Erzwingbarkeit dieser Erklärungspflicht in dem genannten beschränkten Umfang gerät regelmäßig nicht in Konflikt mit dem verfassungsrechtlich verbürgten Grundsatz der Selbstbelastungsfreiheit.
bb) Soweit nach der AO darüber hinaus Erläuterungspflichten (§§ 93 ff. AO) bestehen, die mit den in §§ 328 ff. AO genannten Zwangsmitteln durchsetzbar sind, ist der Steuerpflichtige zunächst durch das Steuergeheimnis (§ 30 AO) sowie das in § 393 Abs. 2 AO normierte begrenzte strafrechtliche Verwertungsverbot geschützt (vgl. BVerfGE 56, 37, 47; BGHR aaO). In dem Umfang, in dem dieser Schutz aufgrund überragender öffentlicher Interessen durch § 393 Abs. 2 Satz 2, § 30 Abs. 4 Nr. 5 AO durchbrochen wird, gebietet der Grundsatz der Selbstbelastungsfreiheit allenfalls, dass sich die erzwingbare Erklärungspflicht auf die betragsmäßige Angabe der Einkünfte als solche beschränkt und der Steuerpflichtige nicht mit Zwangsmitteln zur Abgabe weitergehender Erläuterungen zur – allein hierdurch nicht ermittelbaren – deliktischen Herkunft der Einkünfte angehalten werden kann (vgl. BGHR aaO). Nur soweit die steuerrechtliche Pflicht zur umfassenden Auskunft mit Zwangsmitteln durchsetzbar wäre, könnte ein Konflikt mit dem verfassungsrechtlich verbürgten Grundsatz bestehen, dass
niemand zur eigenen Überführung beitragen muss (vgl. BVerfG – Kammer – NJW 2005, 352, 353).
cc) Weder das allgemeine Persönlichkeitsrecht noch die Menschenwürde werden schon allein dadurch tangiert, dass ein Steuerpflichtiger zur Angabe von Einnahmen aus Straftaten verpflichtet ist (vgl. auch BVerfG – Vorprüfungsausschuss – wistra 1988, 302). Denn der Grundsatz der Selbstbelastungsfreiheit schützt nicht vor einer Bestrafung strafbaren Verhaltens , sondern lediglich vor einer strafrechtlichen Verurteilung, die auf einem rechtlichen Zwang zur Selbstbelastung beruht (vgl. BVerfG – Kammer – NJW 2005, 352, 353). Die Grundrechte des Steuerpflichtigen sind jedenfalls dann gewahrt, wenn sich die Erzwingbarkeit der Erklärung nur auf die Angabe der Einnahme als solche und nicht auf deren – allein hierdurch nicht ermittelbare – deliktische Herkunft bezieht.
4. Die Strafzumessung lässt keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten erkennen. Insbesondere hat das Landgericht entgegen der Auffassung der Revision des Angeklagten E bei diesem den besonders engen Zusammenhang zwischen der Bestechlichkeit und der Steuerhinterziehung bei der Gesamtstrafbildung (vgl. hierzu BGHR AO § 393 Abs. 1 Erklärungspflicht
4) ersichtlich dadurch hinreichend berücksichtigt, dass es die verhängten Einzelfreiheitsstrafen von drei Jahren, einem Jahr und sechs Monaten, zweimal einem Jahr, neun und vier Monaten straff zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und neun Monaten zusammengezogen
hat; ausdrücklicher Erwähnung bedurfte dieser Gesichtspunkt im vorliegenden Fall nicht.
Harms Häger Basdorf Gerhardt Raum

(1) Hat der Täter oder Teilnehmer durch eine rechtswidrige Tat oder für sie etwas erlangt, so ordnet das Gericht dessen Einziehung an.

(2) Hat der Täter oder Teilnehmer Nutzungen aus dem Erlangten gezogen, so ordnet das Gericht auch deren Einziehung an.

(3) Das Gericht kann auch die Einziehung der Gegenstände anordnen, die der Täter oder Teilnehmer erworben hat

1.
durch Veräußerung des Erlangten oder als Ersatz für dessen Zerstörung, Beschädigung oder Entziehung oder
2.
auf Grund eines erlangten Rechts.

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe wird bestraft, wer im geschäftlichen Verkehr als Angestellter oder Beauftragter eines Unternehmens

1.
einen Vorteil für sich oder einen Dritten als Gegenleistung dafür fordert, sich versprechen lässt oder annimmt, dass er bei dem Bezug von Waren oder Dienstleistungen einen anderen im inländischen oder ausländischen Wettbewerb in unlauterer Weise bevorzuge, oder
2.
ohne Einwilligung des Unternehmens einen Vorteil für sich oder einen Dritten als Gegenleistung dafür fordert, sich versprechen lässt oder annimmt, dass er bei dem Bezug von Waren oder Dienstleistungen eine Handlung vornehme oder unterlasse und dadurch seine Pflichten gegenüber dem Unternehmen verletze.

(2) Ebenso wird bestraft, wer im geschäftlichen Verkehr einem Angestellten oder Beauftragten eines Unternehmens

1.
einen Vorteil für diesen oder einen Dritten als Gegenleistung dafür anbietet, verspricht oder gewährt, dass er bei dem Bezug von Waren oder Dienstleistungen ihn oder einen anderen im inländischen oder ausländischen Wettbewerb in unlauterer Weise bevorzuge, oder
2.
ohne Einwilligung des Unternehmens einen Vorteil für diesen oder einen Dritten als Gegenleistung dafür anbietet, verspricht oder gewährt, dass er bei dem Bezug von Waren oder Dienstleistungen eine Handlung vornehme oder unterlasse und dadurch seine Pflichten gegenüber dem Unternehmen verletze.

Nachschlagewerk: ja
BGHSt : ja
Veröffentlichung : ja
StGB § 11 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c, § 73 Abs. 1 Satz 1, § 266;
1. Privatrechtlich organisierte Unternehmen im Bereich der Daseinsvorsorge
sind keine "sonstigen Stellen" im Sinne von § 11 Abs. 1
Nr. 2 Buchst. c StGB, wenn ein Privater daran in einem Umfang beteiligt
ist, dass er durch eine Sperrminorität wesentliche unternehmerische
Entscheidungen mitbestimmen kann.
2. Bei der Auftragserlangung durch Bestechung im geschäftlichen
Verkehr bildet der auf den Preis aufgeschlagene Betrag, der lediglich
der Finanzierung des Schmiergelds dient, regelmäßig die
Mindestsumme des beim Auftraggeber entstandenen Vermögensnachteils
im Sinne von § 266 Abs. 1 StGB.
3. Durch Bestechung erlangt im Sinne von § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB
ist bei der korruptiven Manipulation einer Auftragsvergabe der gesamte
wirtschaftliche Wert des Auftrags im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses
, nicht der vereinbarte Werklohn.
4. Wer Bestechungsgelder erhält, muss diese versteuern. Dem steht
der Grundsatz der Selbstbelastungsfreiheit auch in Fällen des
§ 393 Abs. 2 Satz 2 AO nicht entgegen, soweit sich die Erklärungspflicht
auf die betragsmäßige Angabe der Einnahmen beschränkt
und nicht deren deliktische Herkunft umfasst.
BGH, Urteil vom 2. Dezember 2005 – 5 StR 119/05
LG Köln –

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
vom 2. Dezember 2005
in der Strafsache
gegen
1.
2.
3.
- Verfallsbeteiligte:
wegen Untreue u. a.
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat aufgrund der Hauptverhandlung
vom 1. und 2. Dezember 2005, an der teilgenommen haben:
Vorsitzende Richterin Harms,
Richter Häger,
Richter Basdorf,
Richterin Dr. Gerhardt,
Richter Dr. Raum
alsbeisitzendeRichter,
Oberstaatsanwalt beim Bundesgerichtshof
alsVertreterderBundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt Sc
alsVerteidigerfürdenAngeklagten E ,
Rechtsanwalt W ,
Rechtsanwältin We
als Verteidiger für den Angeklagten M ,
Rechtsanwalt L ,
Rechtsanwältin H
alsVerteidigerfürdenA ngeklagten R ,
Rechtsanwalt M
alsVertreterderVerfallsbeteiligten,
Justizhauptsekretärin
alsUrkundsbeamtinderGeschäftsstelle,
in der Sitzung vom 2. Dezember 2005 für Recht erkannt:
Die Revisionen der Staatsanwaltschaft sowie der Angeklagten E und M gegen das Urteil des Landgerichts Köln vom 13. Mai 2004 werden verworfen.
Die Staatskasse trägt die Kosten der Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft und die hierdurch entstandenen notwendigen Auslagen der Angeklagten und der Verfallsbeteiligten; die Angeklagten E und M tragen die Kosten ihrer Rechtsmittel.
– Von Rechts wegen – G r ü n d e Das Landgericht hat den Angeklagten E wegen Untreue und Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr sowie wegen Steuerhinterziehung in vier Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und neun Monaten verurteilt. Gegen den Angeklagten M hat es wegen Beihilfe zur Untreue und wegen Bestechung im geschäftlichen Verkehr eine Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren verhängt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt und daneben eine Geldstrafe von 270 Tagessätzen zu je 165 Euro festgesetzt. Aus tatsächlichen Gründen freigesprochen hat das Landgericht den Angeklagten R insgesamt sowie den Angeklagten M , soweit diesem eine Steuerhinterziehung vorgeworfen wurde; zudem hat es die Anordnung des Verfalls von Wertersatz gegen die Angeklagten und die Verfallsbeteiligte abgelehnt.
Die zuungunsten der Angeklagten und der Verfallsbeteiligten eingelegten Revisionen der Staatsanwaltschaft richten sich mit der Sachrüge zum einen gegen die Freisprüche, die Strafzumessung und die Strafaussetzung zur Bewährung beim Angeklagten M sowie die Nichtanordnung des Verfalls von Wertersatz gegen die Verfallsbeteiligte; nur insoweit werden sie vom Generalbundesanwalt vertreten. Darüber hinaus beanstandet die Staatsanwaltschaft, dass die Angeklagten nicht wegen Bestechung bzw. Bestechlichkeit verurteilt worden sind, ferner auch die Strafzumessung bei dem Angeklagten E . Die Angeklagten E und M wenden sich mit ihren auf die Sachrüge gestützten Revisionen umfassend gegen ihre Verurteilung.
Sämtliche Revisionen bleiben erfolglos.

I.


Das Landgericht hat im Wesentlichen folgende Feststellungen getroffen :
Im Jahr 1990 beschloss der Rat der Stadt Köln die Gründung einer Abfallverwertungsgesellschaft in Form einer städtisch beherrschten Mischgesellschaft unter maßgeblicher Beteiligung der Privatwirtschaft. Die Einbeziehung eines privaten Unternehmers sollte dessen Fachwissen und wirtschaftliche Erfahrung nutzbar machen sowie zur Kostenersparnis beitragen. Als Mitgesellschafter wurde der gesondert Verfolgte T gewonnen, der über verschiedene Gesellschaften eine beherrschende Stellung – vom Zeugen A anschaulich als „Monopölchen“ bezeichnet – auf dem Abfallsektor im Rheinland besaß. Die Stadt Köln (Anteil am Stammkapital 50,1 %), die S K G (Anteil 24,8 %) und die T E G V (Anteil 25,1 %) gründeten 1992 die „AVG “ (nachfolgend: AVG). Gegenstand der Gesellschaft waren insbesondere die Errichtung und der Be-
trieb von Anlagen für die thermische Behandlung und die Kompostierung von Abfällen sowie das Baustellen- und Gewerbeabfallrecycling unter Beachtung der Leitlinien des Abfallwirtschaftskonzepts der Stadt Köln. Der Gesellschaftsvertrag sah bei wichtigen Entscheidungen die Notwendigkeit einer Dreiviertel-Mehrheit vor. Die Stadt Köln schloss mit der AVG einen langfristigen Entsorgungsvertrag, wonach sie die AVG als sog. „Dritte“ mit der Wahrnehmung der Abfallentsorgungsaufgaben in zentralen Bereichen des Recyclings , der Kompostierung und der thermischen Behandlung beauftragte. Alleiniger Geschäftsführer der AVG wurde der Angeklagte E . Die Stadt Köln regelte die Müllentsorgung weiterhin durch Abfallsatzungen, nach denen die Abfallwirtschaft als öffentliche Einrichtung im Sinne einer rechtlichen , wirtschaftlichen und organisatorischen Einheit betrieben wurde.
Eine der zentralen Aufgaben der AVG war in den folgenden Jahren der Bau einer Restmüllverbrennungsanlage (nachfolgend: RMVA) in Köln zum Zweck der thermischen Müllentsorgung. Nach der Ausschreibung der Aufträge zur Planung und zum Bau der RMVA gaben mehrere Firmen Angebote ab; sie stellten teilweise auch die Zahlung von Schmiergeldern zwischen 2 % und 3 % des Auftragsvolumens bei Auftragsvergabe in Aussicht. Einer der Mitwettbewerber war die Verfallsbeteiligte L & C (nachfolgend: LCS), deren Geschäftsführer der Angeklagte M war. Unter maßgeblicher Einflussnahme des gesondert Verfolgten Wi , der seit mehreren Jahren als Unternehmensberater für die LCS tätig war und durch seine politische Laufbahn zahlreiche Kontakte zu den Entscheidungsträgern der Stadt Köln hatte, wurde schließlich im Herbst 1993 – einige Zeit vor dem Submissionstermin – zwischen E , T und M vereinbart, dass im Falle der Auftragsvergabe an die LCS von dieser ein Schmiergeld in Höhe von insgesamt 3 % des Auftragswerts in gleichen Teilen an E , T und Wi gezahlt werde, und zwar ein Drittel nach Vertragsschluss, ein Drittel nach Baubeginn und das letzte Drittel nach Abschluss der Bauarbeiten. E und M manipulierten die Ausschreibung, so dass die LCS nach Kenntnis der
anderen Angebote als günstigster Bieter schließlich den Zuschlag erhielt. In dem durch Verhandlungsgeschick des Angeklagten E schließlich erzielten, für die AVG insgesamt günstigen Festpreis von 792 Mio. DM war durch verschiedene Aufschläge auf einzelne Bau-Lose eine schmiergeldbedingte Erhöhung des Werklohns um rund 24 Mio. DM enthalten. Da sich dieser Betrag aus Sicht der LCS lediglich als Durchlaufposten darstellte, wäre der Angeklagte M auch bereit gewesen, für die LCS zu einem um den Schmiergeldbetrag verminderten Preis abzuschließen.
Die AVG zahlte den vereinbarten Werklohn einschließlich des darin enthaltenen Schmiergeldanteils bis August 2000 fast vollständig an die LCS. Die Abwicklung der Schmiergeldzahlungen, die in Höhe von insgesamt 21,6 Mio. DM flossen, erfolgte über verschiedene Schweizer Firmen, die der gesondert Verfolgte T absprachegemäß zur Verschleierung der Zahlungsflüsse vermittelte. An diese Firmen zahlte LCS im Jahr 1994 insgesamt 9 Mio. DM, 1995 2,7 Mio. DM, 1996 insgesamt 5,5 Mio. DM, 1998 insgesamt 3,4 Mio. DM und 1999 einen Restbetrag von 1 Mio. DM. Hiervon erhielt der Angeklagte E insgesamt 14,29 Mio. DM, und zwar 1994 3,2 Mio. DM, 1995 2 Mio. DM, 1996 5,2 Mio. DM, 1998 2 Mio. DM und 1999 schließlich 1,89 Mio. DM. Einen weiteren Betrag von mindestens 1 Mio. DM gab E 1995 oder 1996 an den Angeklagten M weiter; T und Wi erhielten zumindest 1994 jeweils 2 Mio. DM, wobei T seinen Anteil an Wi weiterreichte. Dass E von seinem Anteil weitere Millionensummen an die Angeklagten R und M sowie den gesondert Verfolgten Wienand auskehrte, konnte das Landgericht nicht sicher feststellen; es hat indes zugunsten des Angeklagten E angenommen, dass diesem lediglich Schmiergeldbeträge von insgesamt 7,49 Mio. DM verblieben sind.
Die Verfallsbeteiligte LCS rechnete das Projekt RMVA – nach einem zwischenzeitlichen vorläufigen Gewinn in Höhe von ca. 8 bis 9 Mio. Euro – im Jahr 2001 wegen verschiedener Gewährleistungsarbeiten endgültig mit
einem Verlust in Höhe von 688.000 Euro ab. Über das Vermögen der Verfallsbeteiligten ist inzwischen das Insolvenzverfahren eröffnet worden.

II.


Die Revisionen der Staatsanwaltschaft haben keinen Erfolg.
1. Dass die Angeklagten E und M nicht wegen Bestechlichkeit bzw. Bestechung, sondern nur wegen Bestechlichkeit bzw. Bestechung im geschäftlichen Verkehr gemäß §§ 299, 300 StGB verurteilt worden sind, ist nicht rechtsfehlerhaft. Das Landgericht hat eine Amtsträgerstellung des Angeklagten E als Geschäftsführer der AVG nach § 11 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c StGB zutreffend verneint, weil es sich bei der AVG nicht um eine „sonstige Stelle“ im Sinne dieser Vorschrift handelt.

a) Amtsträger im Sinne des § 11 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c StGB ist, wer sonst dazu bestellt ist, bei einer Behörde oder sonstigen Stelle oder in deren Auftrag Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrzunehmen. „Sonstige Stellen“ sind – ohne Rücksicht auf ihre Organisationsform – behördenähnliche Institutionen, die zwar keine Behörden im organisatorischen Sinne sind, aber rechtlich befugt sind, bei der Ausführung von Gesetzen und bei der Erfüllung öffentlicher Aufgaben mitzuwirken (vgl. BGHSt 43, 370, 375 ff.; 49, 214, 219). Es entspricht gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs , dass auch als juristische Personen des Privatrechts organisierte Einrichtungen und Unternehmen der öffentlichen Hand als „sonstige Stellen“ den Behörden gleichzustellen sind, wenn bei ihnen Merkmale vorliegen, die eine Gleichstellung rechtfertigen. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn sie bei ihrer Tätigkeit öffentliche Aufgaben wahrnehmen und dabei derart staatlicher – gegebenenfalls auch kommunaler – Steuerung unterliegen, dass sie bei einer Gesamtbewertung der sie kennzeichnenden Merkmale als „verlängerter Arm“ des Staates erscheinen (vgl. BGHSt 49, 214, 219 m.w.N.).

b) Diese Voraussetzungen liegen bei der AVG nicht vor.
aa) Die AVG ist zwar nach dem Gesellschaftsvertrag auf dem Gebiet der Müllentsorgung und damit in einem Bereich der Daseinsvorsorge tätig (vgl. BGHZ 40, 355, 360; BGH MDR 1983, 824; KG-Report 2005, 145); solche Tätigkeit wird von der Rechtsprechung seit jeher als öffentliche Aufgabe angesehen (vgl. BGHSt 12, 89, 90; 31, 264, 268; 45, 16, 19; BGHR StGB § 11 Abs. 1 Nr. 2 Amtsträger 7; vgl. auch den Gesetzentwurf zum Korruptionsbekämpfungsgesetz BT-Drucks. 13/5584, S. 12). Als „verlängerter Arm“ des Staates und damit als „sonstige Stellen“ im Sinne von § 11 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c StGB können aber privatrechtlich organisierte Unternehmen im Bereich der Daseinsvorsorge jedenfalls dann nicht mehr verstanden werden, wenn ein Privater an dem Unternehmen in einem Umfang beteiligt ist, dass er durch eine Sperrminorität wesentliche unternehmerische Entscheidungen mitbestimmen kann.
bb) In der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist anerkannt, dass eine Tätigkeit auf dem Gebiet der Daseinsvorsorge für sich genommen nicht ausreicht, um eine der Behörde gleichgestellte „sonstige Stelle“ im Sinne von § 11 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c StGB anzunehmen (vgl. BGHSt 43, 370, 377; 45, 16, 19). Die Tatsache, dass vielfältige der Daseinsvorsorge zugerechnete Aufgaben wie etwa die Energie- und Wasserversorgung oder die Müllentsorgung nach einer Liberalisierung der entsprechenden Märkte auch von privaten Unternehmen erbracht werden und dass die öffentliche Hand daneben in unterschiedlicher Organisations- und Beteiligungsform weiterhin auf diesen Gebieten tätig ist, erfordert jedenfalls im Bereich der Daseinsvorsorge ein aussagekräftiges zusätzliches Unterscheidungskriterium, um privates Handeln von staatlichem Handeln hinreichend abgrenzen zu können.
cc) Mit der Ergänzung von § 11 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c StGB durch die Worte „unbeschadet der zur Aufgabenerfüllung gewählten Organisationsform“ durch das Korruptionsbekämpfungsgesetz vom 13. August 1997
(BGBl I S. 2038) hat der Gesetzgeber klargestellt, dass die Wahl der Organisationsform – privatrechtlich oder öffentlich-rechtlich – für sich gesehen kein solches Abgrenzungskriterium sein kann. Der Bundesgerichtshof hat anstelle eines solchen formalen ein inhaltliches Abgrenzungskriterium entwickelt: Die „sonstige Stelle“ muss bei der Erfüllung öffentlicher Aufgaben derart staatlicher Steuerung unterliegen, dass sie als „verlängerter Arm“ des Staates erscheint ; erforderlich ist dabei eine Gesamtbewertung aller relevanten Umstände des Einzelfalls (BGHSt 43, 370, 377; 45, 16, 19; 46, 310, 312 f.; 49, 214, 219; BGHR StGB § 11 Abs. 1 Nr. 2 Amtsträger 6; BGH NJW 2004, 693, 694 m. Anm. Krehl StV 2005, 325 und Dölling JR 2005, 30, insoweit in BGHR StGB § 11 Abs. 1 Nr. 2 Amtsträger 7 nicht abgedruckt).
dd) Soweit ersichtlich noch nicht entschieden hat der Bundesgerichtshof dabei die Frage, ob auch ein solches Unternehmen im Bereich der Daseinsvorsorge eine „sonstige Stelle“ im Sinne von § 11 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c StGB sein kann, an dem ein Privater beteiligt ist.
(1) Nach der bisherigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sind weder die alleinige Inhaberschaft einer Gesellschaft noch die damit verbundenen Aufsichtsbefugnisse für sich genommen geeignet, eine für die Annahme von § 11 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c StGB ausreichende staatliche oder kommunale Steuerung zu bejahen (vgl. BGHSt 43, 370, 378; 45, 16, 20; BGH NJW 2001, 3062, 3064, insoweit in BGHR StGB § 11 Abs. 1 Nr. 2 Amtsträger 6 nicht abgedruckt; BGH NJW 2004, 693, 694). Auch bei solchen Konstellationen ist vielmehr entscheidend, ob zusätzlich zu der alleinigen Inhaberschaft die Umstände des Einzelfalls bei einer Gesamtbewertung aller relevanten Umstände die Gleichstellung mit einer Behörde rechtfertigen können (vgl. BGH aaO). Daraus folgt, dass – anders als die Staatsanwaltschaft meint – auf eine Ähnlichkeit mit dem Begriff des „herrschenden Unternehmens“ i. S. von § 17 AktG allein nicht maßgeblich abzustellen ist.
(2) Ist schon die Alleininhaberschaft der öffentlichen Hand bei Unternehmen auf dem Gebiet der Daseinsvorsorge kein hinreichendes Kriterium zur Annahme behördenähnlicher staatlicher Steuerung, gilt dies erst recht, wenn Private an einem Unternehmen beteiligt sind, das sich lediglich im Mehrheitsbesitz der öffentlichen Hand befindet. Unabhängig von der Frage, ob jede Beteiligung von Privaten an öffentlich beherrschten Unternehmen schon die Anwendung von § 11 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c StGB hindert, liegt die Gleichstellung eines Unternehmens mit einer Behörde jedenfalls dann fern, wenn der Private durch seine Beteiligung über derart weitgehende Einflussmöglichkeiten verfügt, dass er wesentliche unternehmerische Entscheidungen mitbestimmen kann (vgl. auch EuGH NVwZ 2005, 187, 190 zum Vergaberecht). Räumt der Gesellschaftsvertrag dem Privaten aufgrund der Höhe seiner Beteiligung eine Sperrminorität für wesentliche unternehmerische Entscheidungen ein, kann das Unternehmen nicht mehr als „verlängerter Arm“ des Staates und sein Handeln damit nicht mehr als unmittelbar staatliches Handeln verstanden werden.
ee) Nach diesen Kriterien ist die AVG nicht als „sonstige Stelle“ im Sinne von § 11 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c StGB anzusehen:
Die Gesellschafterin T besaß aufgrund ihrer Beteiligung in Höhe von 25,1 % eine Sperrminorität für wesentliche unternehmerische Entscheidungen der AVG: Der Gesellschaftsvertrag der AVG sah vor, dass wesentliche Angelegenheiten der Gesellschaft nur mit DreiviertelMehrheit beschlossen werden können. Dazu zählten neben der Veräußerung eines Gesellschaftsanteils, der Änderung des Gesellschaftsvertrages und der Abberufung des Geschäftsführers insbesondere die Investitions- und Darlehensaufnahme , der Abschluss und die Kündigung von Unternehmensverträgen , die Bestellung eines Abschlussprüfers und die Feststellung des Wirtschaftsplans. Der Gesellschafterin T wurde zudem das Recht zur Stellung eines Prokuristen für den technischen Bereich eingeräumt und T selbst erhielt den stellvertretenden Vorsitz des – freilich von
den kommunalen Mitgesellschaftern dominierten – siebzehnköpfigen Aufsichtsrats , der die Geschäftsführung der AVG beraten, überwachen und überprüfen sollte.
Schon allein aufgrund dieser vom Gesellschaftsvertrag ausdrücklich vorgesehenen wesentlichen Einflussmöglichkeiten des privaten Gesellschafters auf Kernbereiche unternehmerischen Handelns wie etwa die Möglichkeit einer Darlehensaufnahme stellte die AVG nicht mehr den „verlängerten Arm“ des Staates dar. Die weiteren, von der Staatsanwaltschaft in ihrer Revisionsbegründungsschrift zutreffend aufgeführten Möglichkeiten der Stadt Köln – insbesondere durch ihre Mehrheitsbeteiligung, den Aufsichtsrat, den Abschluss des langfristigen Entsorgungsvertrages und die im Gesellschaftsvertrag verankerte Bindung der AVG an die von der Stadt Köln beschlossenen Leitlinien des Abfallwirtschaftskonzepts –, Einfluss auf das Unternehmen AVG zu nehmen, hat das Landgericht bei seiner ausführlichen Gesamtbetrachtung hinreichend gesehen und im Ergebnis zutreffend gewürdigt. Diese Gesichtspunkte rechtfertigen es angesichts der dargestellten Sperrminorität der privaten Gesellschafterin auch in der Gesamtschau nicht, die AVG als behördenähnlich zu verstehen und wie eine Behörde zu behandeln.
ff) Ob die AVG bereits keine „sonstige Stelle“ im Sinne von § 11 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c StGB sein kann, weil sie für einen Bereich (Abfallentsorgung) gegründet wurde, auf dem auch Private – wie etwa der Unternehmer T – als Marktteilnehmer unternehmerisch tätig sind, bedarf hier deshalb keiner weiteren Vertiefung. Angesichts der zunehmenden Schaffung wettbewerblicher Strukturen und der Öffnung auch zentraler Bereiche der Daseinsvorsorge für private Marktteilnehmer wie etwa beim Bahnverkehr (hierzu BGHSt 49, 214), bei der Wärmeversorgung (hierzu BGHR StGB § 11 Abs. 1 Nr. 2 Amtsträger 7) oder bei der Energie- und Wasserversorgung spricht allerdings einiges dafür, dass privatrechtlich organisierte Gesellschaften der öffentlichen Hand, die auf solchen Märkten tätig werden, – wie andere (rein private) Marktteilnehmer auch – allein erwerbswirtschaftlich tätig sind (vgl.
BGH wistra 2001, 267, 270, insoweit in BGHR StGB § 11 Abs. 1 Nr. 2 Amtsträger 5 nicht abgedruckt). Wie der Bundesgerichtshof bereits entschieden hat, kann insbesondere im Bereich der Daseinsvorsorge von einer öffentlichen Aufgabe dann nicht (mehr) gesprochen werden, wenn der Hoheitsträger diesen Bereich aus der Hand gibt und ihre Erledigung einem privaten, marktwirtschaftlichen Unternehmen überlässt (Aufgabenprivatisierung im Gegensatz zur Organisationsprivatisierung), selbst wenn das private Unternehmen einer staatlichen Aufsicht unterstellt wird (BGHSt 49, 214, 221). In diesen Fällen fehlt der spezifisch öffentlich-rechtliche Bezug, der eine Gleichstellung mit behördlichem Handeln rechtfertigt. Auch eine Gesellschaft in alleiniger staatlicher Inhaberschaft würde letztlich nur einen weiteren Wettbewerber auf einem Markt darstellen, der vom Staat eröffnet wurde und sich um die Erfüllung öffentlicher Aufgaben gebildet hat.
2. Das mithin verbleibende Vergehen der Bestechung bzw. Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr ist nicht etwa verjährt.

a) Nach § 78a Satz 1 StGB beginnt die Verjährung, sobald die Tat beendet ist. Die Beendigung tritt erst in dem Zeitpunkt ein, in dem das Tatunrecht seinen tatsächlichen Abschluss findet. Die Verjährung setzt nur ein, wenn der Täter sein rechtsverneinendes Tun insgesamt abgeschlossen hat. Vorher besteht kein Anlass, durch den Beginn der Verjährungsfrist einen Verfolgungsverzicht in Aussicht zu stellen (BGHR StGB § 78a Satz 1 Bestechung 1). Die Bestechung im geschäftlichen Verkehr ist in diesem Sinne erst mit der letzten Annahme des von der Unrechtsvereinbarung umfassten Vorteils beendet (BGHR UWG § 12 Abs. 2 Angestelltenbestechlichkeit 1; Tröndle /Fischer, StGB 53. Aufl. § 299 Rdn. 21; Heine in Schönke/Schröder, StGB 26. Aufl. § 299 Rdn. 31; vgl. auch BGHSt 10, 237, 243; 11, 345, 347; BGHR StGB § 334 Verjährung 1; jeweils zu §§ 331 ff. StGB).

b) Das Landgericht hat für die Frage der Beendigung zutreffend auf die letzte Zahlung von Schmiergeld an den Angeklagten E im Früh-
jahr 1999 abgestellt. Demgegenüber meinen die Angeklagten, die Unrechtsvereinbarung sei mit derjenigen Zahlung im Jahr 1996 an den Angeklagten E beendet worden, durch die – zumindest nicht ausschließbar – die Summe der ursprünglich allein für diesen Angeklagten vorgesehenen Zahlungen erreicht worden sei; sämtliche späteren Zahlungen an die Angeklagten E und M beruhten auf einer neuen, nicht von § 12 UWG a.F. oder § 299 StGB erfassten Vereinbarung.

c) Mit dieser Bewertung lösen sich die Revisionen von den Feststellungen des Landgerichts:
aa) Der von den Revisionen in Zweifel gezogene Ausgangspunkt des Landgerichts – sämtliche gemeinschaftlich vereinbarten und schließlich geleisteten Schmiergeldzahlungen seien vom Tatbestand der Bestechung bzw. Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr umfasst und daher für die Verjährungsfrage erheblich – trifft zu. Nicht nur die vereinbarten Zahlungen an E selbst, sondern auch diejenigen an T und Wi stellen sich als „Vorteile“ für E im Sinne von § 12 UWG a.F. und § 299 StGB dar.
(1) Zahlungen an Dritte wurden – wie in §§ 331 ff. StGB a.F. – schon vor den Änderungen des Tatbestands der Angestelltenbestechlichkeit durch das Korruptionsbekämpfungsgesetz vom 13. August 1997 (BGBl I S. 2038) von § 12 UWG a.F. erfasst, wenn sie dem bestochenen Angestellten oder Beauftragten mittelbar zugute kamen (von Gamm, Wettbewerbsrecht 5. Aufl. Kap. 47 Rdn. 12; vgl. auch BGHSt 14, 123, 128; 33, 336, 339; 35, 128, 133; jeweils zu §§ 331 ff. StGB a.F.). Für die Frage, ob bei einer Drittzuwendung ein solcher Vorteil vorliegt, kommt es auf die konkreten Umstände des Einzelfalls an, wobei dem persönlichen Interesse des Bestochenen entscheidende Bedeutung zukommt (vgl. BGHSt 33, 336, 339 f.). Mit Einfügung der Worte „für sich oder einen Dritten“ in § 299 Abs. 1 StGB bzw. „für diesen oder einen Dritten“ in § 299 Abs. 2 StGB (sowie entsprechend in §§ 331 ff.
StGB) wurde nach dem Willen des Gesetzgebers im Wesentlichen lediglich eine Klarstellung erstrebt, aber keine Änderung des bisherigen Rechtszustands (vgl. Gesetzesbegründung BT-Drucks. 13/5584 S. 15 f.; Tiedemann in LK 11. Aufl. § 299 Rdn. 25).
(2) Nach diesen Kriterien waren auch sämtliche gemeinsam vereinbarten Zahlungen an T (und auch an Wi ) mittelbar für E von Vorteil: Nur durch die Einbeziehung des an maßgeblichen Stellen in entscheidender Position tätigen T (stellvertretender Vorsitzender des AVG-Aufsichtsrats und Geschäftsführer der Mitgesellschafterin) konnte sichergestellt werden, dass es zu dem von E gewünschten und für den Empfang seines Schmiergeldanteils notwendigen Vertragsschluss zwischen der AVG und der LCS kommt; nur seine Beteiligung ermöglichte zudem die notwendige verdeckte Zahlungsabwicklung über die Schweiz. Die verabredeten Zahlungen an T gereichten E also selbst zum Vorteil, weil sie notwendige Voraussetzung des Geldflusses an ihn selbst waren. Für die Beteiligung Wi s als in der SPD einflussreicher „Strippenzieher“ sowie Mitinitiator und -organisator der Schmiergeldabrede, dessen Einbindung aus Sicht E s Grundvoraussetzung für deren Durchführung war, gilt – zumal ein mittelbarer Vorteil ausreichte – nichts anderes. Im Übrigen käme es auf Wi s Beteiligung für die Frage der Verjährung angesichts der festgestellten höchstmöglichen Zuflüsse von Schmiergeldern bei E nicht einmal an.
Zudem hatte E – mit Ausnahme von 4 Mio. DM, die zu Anfang direkt an T und Wi überreicht wurden – zunächst jeweils persönlich die Verfügungsmöglichkeit über sämtliche aus der Schweiz weitergegebene Schmiergelder erhalten (vgl. hierzu BGHSt 35, 128, 134 f.). Da bei § 12 UWG a.F. und bei § 299 StGB jeweils auf die gesamte vereinbarte Schmiergeldsumme abzustellen ist, konnte die Verjährung erst mit der letzten in diesem Rahmen geflossenen Zahlung beginnen; dies war die Zahlung an E im Frühjahr 1999.
bb) Die ursprüngliche Schmiergeldvereinbarung – Zahlung von insgesamt 3 % der Auftragssumme in drei Zeitabschnitten – ist auch nicht durch eine spätere Zahlungsvereinbarung ersetzt worden. Ursprung des Zahlungsflusses blieb bis zum Frühjahr 1999 die Abrede vom Herbst 1993. Das zwischenzeitliche Ausscheiden von Wi und T aus dem Kreis der Zahlungsempfänger hatte lediglich eine Veränderung der Zahlungsströme zur Folge. Die bloße Änderung der Richtung des Zahlungsflusses ist jedoch nicht derart wesentlich, dass hierin eine gänzlich neue, die Ursprungsvereinbarung ersetzende Vereinbarung gesehen werden muss, weil damit nicht das „Ob“, sondern nur das „Wie“ der Zahlung modifiziert wurde. Ein solches bloßes Umleiten von Geldern führt auch nicht zu einem für den Verjährungsbeginn entscheidenden Abschluss des rechtsverneinenden Handelns.
cc) Zudem ist für den Verjährungsbeginn nicht allein auf die vereinbarten Beträge, sondern gleichermaßen auf den vereinbarten Zahlungszeitraum abzustellen. Nach dem gemeinsam verabredeten Zahlungsplan sollte die Zahlung des Schmiergelds an E , T und den gesondert verfolgten Wi zu gleichen Teilen in drei Zahlungsabschnitten entsprechend dem Baufortschritt erfolgen. Tatsächlich hat der Angeklagte E nach den Feststellungen des Landgerichts den vereinbarten Bestechungslohn im Wesentlichen entsprechend dieser Fälligkeitsabrede erhalten, nämlich einen ersten Teil 1994 nach Abschluss des Vertrages, weitere Beträge nach Beginn der Bauarbeiten sowie den Rest nach deren Ende. Damit wurde die Schmiergeldabrede in dem Zeitrahmen erfüllt, den die Beteiligten vereinbart hatten. Dass der Angeklagte E über seinen ursprünglich vereinbarten Anteil hinaus aufgrund des Ausscheidens von Wi und T als Zahlungsempfänger nicht ausschließbar bereits in den Jahren bis 1996 mehr Geld erhalten hatte, als ihm eigentlich zu diesem Zeitpunkt zufließen sollte, ist demgegenüber unbeachtlich, da jedenfalls die Zahlungen in den Jahren 1998 und 1999 dem ursprünglich vereinbarten Zahlungsplan entsprachen, wonach die letzte Zahlung nach Beendigung der Bauarbeiten erfolgen sollte.
3. Der Freispruch des Angeklagten R und der Teilfreispruch des Angeklagten M vom Vorwurf der Steuerhinterziehung haben Bestand.
In beiden Fällen war einziges Beweismittel für den Vorwurf, den Angeklagten seien in unverjährter Zeit erhebliche Geldbeträge zugeflossen, die sie nicht versteuert hätten, die belastende Aussage des Mitangeklagten E . Dass sich das Landgericht allein auf dieser Grundlage keine für eine Verurteilung hinreichende Überzeugung vom Geldzufluss hat bilden können, ist aus revisionsgerichtlicher Sicht nicht zu beanstanden.

a) Spricht der Tatrichter einen Angeklagten frei, weil er Zweifel an seiner Täterschaft nicht zu überwinden vermag, so ist das durch das Revisionsgericht grundsätzlich hinzunehmen, da die Beweiswürdigung Sache des Tatrichters ist. Der Beurteilung durch das Revisionsgericht unterliegt nur, ob dem Tatrichter Rechtsfehler unterlaufen sind. Das ist dann der Fall, wenn die Beweiswürdigung widersprüchlich, unklar oder lückenhaft ist, wenn sie gegen Denkgesetze oder gesicherte Erfahrungssätze verstößt oder das Gericht überspannte Anforderungen an die zur Verurteilung erforderliche Überzeugungsbildung gestellt hat (st. Rspr.: vgl. BGHR StPO § 261 Beweiswürdigung 16; BGHR StPO § 261 Überzeugungsbildung 33; BGH NStZ 2000, 48; BGH wistra 2002, 260, 261). Aus den Urteilsgründen muss sich auch ergeben , dass die einzelnen Beweisergebnisse nicht nur isoliert gewertet, sondern in eine umfassende Gesamtwürdigung eingestellt wurden (vgl. BGHR StPO § 261 Beweiswürdigung 2, 11, 24). Weitergehende zum Schutz des Angeklagten aufgestellte besonders strikte Anforderungen an die Begründung der Beweiswürdigung in der Situation „Aussage gegen Aussage“ (BGHSt 44, 153, 158 f.; 44, 256, 257) gelten zwar – wie die Revision des Angeklagten M zutreffend hervorgehoben hat – grundsätzlich unmittelbar nur in Verurteilungsfällen. Gleichwohl kann das Bedürfnis nach vollständiger , nachprüfbarer Beweiswürdigung in Fällen gleich karger und widersprüchlicher Beweisgrundlage in ähnlicher Weise auch dann zum Tragen
kommen, wenn ein Angeklagter freigesprochen wird, weil sich das Gericht von der Richtigkeit der belastenden Aussage eines Zeugen nicht überzeugen kann (vgl. BGH NStZ-RR 2002, 174, 175).

b) Den genannten Anforderungen genügt die Darstellung der Beweiswürdigung durch das Landgericht, soweit es sich keine hinreichende Überzeugung von der Richtigkeit der belastenden Angaben des Angeklagten E zu den von den Mitangeklagten bestrittenen Schmiergeldweitergaben gebildet hat, gerade noch.
Folgende Umstände waren aus Sicht des Landgerichts maßgebend: E hat die Mitangeklagten erstmals in Zusammenhang mit Gesprächen über einen Strafnachlass belastet; er hatte ein gewichtiges Motiv, den bei ihm verbliebenen Anteil des Schmiergeldes möglichst gering darzustellen , und hatte im Verlauf der Ermittlungen auch anderweitig versucht, sich durch unrichtige Angaben Teile der Tatbeute zu sichern; seine – zudem eher farblosen – Angaben zur zeitlichen Einordnung und zu Begleitumständen im Zusammenhang mit mehreren Geldübergaben waren uneinheitlich.
Den genannten Umständen hat das Landgericht sämtliche für die Glaubhaftigkeit der Angaben E s sprechenden Tatsachen gegenübergestellt , insbesondere dass andere Angaben E s in der Hauptverhandlung ihre Bestätigung gefunden haben, er maßgeblich und frühzeitig zur Aufklärung der Taten beigetragen hat und die Angaben von R und M zu diesem Vorwurf wenig überzeugend waren. Aufgrund einer Gesamtschau der für und gegen die Glaubhaftigkeit der Angaben E sprechenden s Gesichtspunkte hat sich das Landgericht schließlich außer Stande gesehen, sich eine Überzeugung von der Richtigkeit dieser einzigen Belastungsangaben zu bilden; Anhaltspunkte für weitergehende Ermittlungsansätze waren nicht ersichtlich.
Diese tatrichterliche Wertung ist letztlich hinzunehmen. Der Revision der Staatsanwaltschaft ist allerdings zuzugeben, dass – wie der Generalbundesanwalt im Einzelnen ausgeführt hat – das Landgericht Umstände wie insbesondere die Aussagegenese und den Inhalt divergierender oder detailarmer Aussagen von E nicht in einer Weise dargestellt hat, wie dies in dem sonst überaus umfangreichen Urteil konsequent und wünschenswert gewesen wäre. Lediglich im Hinblick auf die umgekehrt strengen Anforderungen an eine Verurteilung in der vorliegenden besonderen Konstellation, bei der der einzige Belastungszeuge ein erhebliches Motiv für eine Falschbelastung hat und seine Aussage auch sonst Ungereimtheiten aufweist, lässt der Senat im vorliegenden Fall den Freispruch unbeanstandet.
4. Die Strafzumessung des Landgerichts weist im Ergebnis keine Rechtsfehler zu Gunsten der Angeklagten E und M auf.

a) Die Strafzumessung ist grundsätzlich Sache des Tatrichters. Ihm obliegt es, auf der Grundlage des umfassenden Eindrucks, den er in der Hauptverhandlung von der Tat und der Persönlichkeit des Täters gewonnen hat, die wesentlichen entlastenden und belastenden Umstände festzustellen, sie zu bewerten und gegeneinander abzuwägen. Ein Eingriff des Revisionsgerichts ist in der Regel nur möglich, wenn die Zumessungserwägungen in sich fehlerhaft sind, wenn der Tatrichter gegen rechtlich anerkannte Strafzwecke verstößt oder wenn sich die verhängten Strafen nach oben oder unten von ihrer Bestimmung lösen, gerechter Schuldausgleich zu sein (BGHSt 34, 345, 349; st. Rspr.).

b) Solche Rechtsfehler zeigt die Beschwerdeführerin, wie der Generalbundesanwalt zutreffend ausgeführt hat, bei dem Angeklagten E nicht auf. Insbesondere durfte das Landgericht den Umstand zu seinen Gunsten berücksichtigen, dass er von der ihm zustehenden Möglichkeit, die Aussetzung der Hauptverhandlung nach § 265 Abs. 4 StPO wegen erst spä-
ter bekannt gewordenen umfangreichen Aktenmaterials zu verlangen, keinen Gebrauch gemacht und damit eine zügige Erledigung der Hauptverhandlung ermöglicht hat. Anhaltspunkte dafür, dass diesem Umstand vom Landgericht unangebracht großes Gewicht zugemessen worden wäre, bestehen nicht. Die gegen den Angeklagten E verhängten Einzelstrafen sind ebenso wenig unvertretbar milde wie die Gesamtstrafe.

c) Gleichfalls weist die Strafzumessung keinen Rechtsfehler zu Gunsten des Angeklagten M auf; dies gilt auch für die Aussetzung der Vollstreckung der Gesamtfreiheitsstrafe zur Bewährung.
aa) Hinreichende Anhaltspunkte, dass das Landgericht, etwa nur um zu einer Strafaussetzung zur Bewährung zu gelangen, die Einzelstrafen und die Gesamtstrafe unangemessen niedrig bemessen hätte, liegen nicht vor, letztlich auch nicht im Blick auf die für sich rechtsfehlerfreie Anwendung des § 41 StGB.
bb) Das Landgericht durfte im Hinblick auf zahlreiche gewichtige Strafmilderungsgründe – insbesondere Unbestraftheit, erstmalige Verbüßung von Untersuchungshaft, lange Dauer der seit der Tat vergangenen Zeit, Handeln auch im Interesse des Unternehmens, Abgabe eines Schuldanerkenntnisses über 1 Mio. DM – besondere Umstände im Sinne von § 56 Abs. 2 StGB annehmen, die die Aussetzung der zweijährigen Gesamtfreiheitsstrafe zur Bewährung gestatteten. Die Entscheidung des Landgerichts, dass auch § 56 Abs. 3 StGB einer Strafaussetzung zur Bewährung nicht entgegenstehe, ist ebenfalls rechtlich noch hinzunehmen. Allerdings erfordern die durch Bestechung im geschäftlichen Verkehr und durch damit einhergehende Untreue hervorgerufenen erheblichen wirtschaftlichen Schäden ein nachdrückliches und energisches Vorgehen der Strafverfolgungsbehörden. Doch dürfen auch bei der Ahndung solcher Taten die besonderen Umstände des Einzelfalles nicht außer Acht gelassen werden. Sie sind insbesondere in der mangelnden Tatinitiative des Angeklagten M und in seiner Kon-
frontation als Unternehmer mit ersichtlich verbreiteten skrupellosen Geschäftspraktiken bei der Konzeption von Großanlagen und dabei – sogar ungeachtet gegebener „Staatsnähe“ – bedenkenlos angebrachten Schmiergeldforderungen des von ihm gewünschten Vertragspartners zu finden. Danach kann die Entscheidung des Landgerichts nach § 56 Abs. 3 StGB noch als vertretbar angesehen werden, wenngleich eine gegenteilige Würdigung des Landgerichts rechtlich möglich gewesen wäre und im Blick auf die spätere Eigenbereicherung des Angeklagten M sogar näher gelegen hätte.
cc) In diesem Zusammenhang sieht der Senat Anlass zu folgender Anmerkung: Nach der Erfahrung des Senats kommt es bei einer Vielzahl von großen Wirtschaftsstrafverfahren dazu, dass eine dem Unrechtsgehalt schwerwiegender Korruptions- und Steuerhinterziehungsdelikte adäquate Bestrafung allein deswegen nicht erfolgen kann, weil für die gebotene Aufklärung derart komplexer Sachverhalte keine ausreichenden justiziellen Ressourcen zur Verfügung stehen. Die seit der Tat vergangene Zeit und auch die Dauer des Ermittlungs- und Strafverfahrens (vgl. Art. 6 Abs. 1 Satz 1 MRK) werden in vergleichbaren Verfahren häufig zu derart bestimmenden Strafzumessungsfaktoren , dass die Verhängung mehrjähriger Freiheitsstrafen oder – wie hier – die Versagung einer Strafaussetzung zur Bewährung nach § 56 Abs. 3 StGB namentlich wegen des Zeitfaktors ausscheidet. Dem in § 56 Abs. 3 StGB zum Ausdruck gekommenen Anliegen des Gesetzgebers, das Vertrauen der Bevölkerung in die Unverbrüchlichkeit des Rechts vor einer Erschütterung durch unangemessen milde Sanktionen zu bewahren, kann im Bereich des überwiegend tatsächlich und rechtlich schwierigen Wirtschaftsund Steuerstrafrechts nach Eindruck des Senats nur durch eine spürbare Stärkung der Justiz in diesem Bereich Rechnung getragen werden. Nur auf diese Weise – nicht durch bloße Gesetzesverschärfungen – wird es möglich sein, dem drohenden Ungleichgewicht zwischen der Strafpraxis bei der allgemeinen Kriminalität und der Strafpraxis in Steuer- und Wirtschaftsstrafverfahren entgegenzutreten und dem berechtigten besonderen öffentlichen Inte-
resse an einer effektiven Strafverfolgung schwerwiegender Wirtschaftskriminalität gerecht zu werden.
5. Im Ergebnis zutreffend hat das Landgericht von der Anordnung des Verfalls von Wertersatz gegen die Verfallsbeteiligte abgesehen; der Senat geht mit dem Generalbundesanwalt davon aus, dass die Staatsanwaltschaft insoweit ihre Revision auf das Fehlen einer entsprechenden Nebenentscheidung gegenüber der Verfallsbeteiligten beschränkt hat, zumal das Absehen von der Anordnung des Verfalls bei den Angeklagten E und M im Hinblick auf § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB keinen Bedenken begegnet.

a) Zutreffend hat der Generalbundesanwalt allerdings darauf hingewiesen , dass das Landgericht das „Erlangte“ im Sinne von § 73 Abs. 1 Satz 1, § 73a Satz 1 StGB nicht hinreichend genau bestimmt hat; entgegen der – insoweit vom Generalbundesanwalt nicht vertretenen – Auffassung der Staatsanwaltschaft ist das Erlangte aber auch nicht der für den Bau der RMVA vereinbarte Werklohn in Höhe von 792 Mio. DM. Durch Bestechung (im geschäftlichen Verkehr) erlangt im Sinne von § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB ist bei der korruptiven Manipulation einer Auftragsvergabe nicht der vereinbarte Preis, sondern der gesamte wirtschaftliche Wert des Auftrags im Zeitpunkt des Vertragsschlusses; dieser umfasst den kalkulierten Gewinn und etwaige weitere, gegebenenfalls nach § 73b StGB zu schätzende wirtschaftliche Vorteile.
aa) „Aus der Tat erlangt“ im Sinne von § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB sind alle Vermögenswerte, die dem Täter unmittelbar aus der Verwirklichung des Tatbestandes selbst in irgendeiner Phase des Tatablaufs zufließen (BGH NStZ 2001, 155, 156); „für die Tat erlangt“ im Sinne von § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB sind dagegen Vermögenswerte, die dem Täter als Gegenleistung für sein rechtswidriges Handeln gewährt werden, aber – wie etwa ein Lohn für die Tatbegehung – nicht auf der Tatbestandsverwirklichung selbst beruhen
(vgl. BGHR StGB § 73 Erlangtes 4). Für die Bestimmung desjenigen, was der Täter in diesem Sinne aus einer Tat oder für sie erlangt hat, ist das Bruttoprinzip unerheblich. Erst wenn feststeht, worin der erlangte Vorteil des Täters besteht, besagt dieses Prinzip, dass bei der Bemessung der Höhe des Erlangten gewinnmindernde Abzüge unberücksichtigt bleiben müssen (vgl. BGHSt 47, 260, 269). Zudem muss die Abschöpfung spiegelbildlich dem Vermögensvorteil entsprechen, den der Täter gerade aus der Tat gezogen hat; dies setzt eine Unmittelbarkeitsbeziehung zwischen Tat und Vorteil voraus (vgl. BGHSt 45, 235, 247 f.; 47, 260, 269; Schmidt in LK 11. Aufl. § 73 Rdn. 17; Eser in Schönke/Schröder, StGB 26. Aufl. § 73 Rdn. 16; jeweils m.w.N.).
bb) Unmittelbar aus einer Bestechung (im geschäftlichen Verkehr) erlangt ein Werkunternehmer im Rahmen korruptiver Manipulation bei der Auftragsvergabe lediglich die Auftragserteilung – also den Vertragsschluss – selbst, nicht hingegen den vereinbarten Werklohn (vgl. Sedemund DB 2003, 323, 325 ff.; a. A. OLG Köln ZIP 2004, 2013; OLG Thüringen wistra 2005, 114). Bei der Auftragserlangung durch Bestechung (im geschäftlichen Verkehr ) führt die „Tat“ als solche unmittelbar nur zu dem Vorteil des schuldrechtlichen Vertragsschlusses; die Vorteile aus der Ausführung des Auftrags wären hingegen nicht mehr unmittelbar aus der „Tat“ erlangt (vgl. Joecks in MünchKomm-StGB § 73 Rdn. 30). Strafrechtlich bemakelt ist lediglich die Art und Weise, wie der Auftrag erlangt ist, nicht dass er ausgeführt wird. In diesem Punkt unterscheidet sich der Fall einer Auftragserlangung durch Bestechung von verbotenen Betäubungsmittelgeschäften oder Embargoverstößen. Nur in solchen Fällen ist es deshalb gerechtfertigt, als das „Erlangte“ i. S. von § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB den gesamten vereinbarten Kaufpreis anzusehen (vgl. BGH NStZ 2000, 480; BGHSt 47, 369).
cc) Der wirtschaftliche Wert des Auftrags im Zeitpunkt der Auftragserlangung bemisst sich vorrangig nach dem zu erwartenden Gewinn. Aussagekräftiges Indiz hierfür wird regelmäßig die Gewinnspanne sein, die der Auftragnehmer in die Kalkulation des Werklohns hat einfließen lassen.
tragnehmer in die Kalkulation des Werklohns hat einfließen lassen. Fehlen hierfür Anhaltspunkte, kann u. U. auch ein branchenüblicher Gewinnaufschlag Grundlage einer Schätzung (§ 73b StGB) sein. Mit dem zu erwartenden Gewinn wird in aller Regel der wirtschaftliche Wert des durch Bestechung erlangten Auftrags und damit das „Erlangte“ im Sinne von § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB hinreichend erfasst.
Im Einzelfall können darüber hinaus konkrete Anhaltspunkte für weitergehende wirtschaftliche Vorteile bestehen, die durch den Vertragsschluss als solchen erlangt wurden (vgl. Sedemund DB 2003, 323, 328; vgl. zum Begriff des wirtschaftlichen Vorteils auch § 17 Abs. 4 Satz 1 OWiG). Hierzu zählen mittelbare Vorteile wie etwa die konkrete Chance auf Abschluss von Wartungsverträgen für eine errichtete Anlage oder von sonstigen Folgegeschäften durch Aufbau einer Geschäftsbeziehung, die Chance zur Erlangung weiterer Aufträge für vergleichbare Anlagen, die Steigerung des wirtschaftlich werthaltigen „Goodwill“ eines Unternehmens durch Errichtung eines Prestigeobjekts für einen renommierten Auftraggeber, die Vermeidung von Verlusten durch Auslastung bestehender Kapazitäten oder die Verbesserung der Marktposition durch Ausschalten von Mitwettbewerbern (vgl. BayObLG wistra 1998, 199, 200; König in Göhler, OWiG 13. Aufl. § 17 Rdn. 41; Lemke /Mosbacher, OWiG 2. Aufl. § 17 Rdn. 38). Solche Vorteile hat auch das Landgericht bei der LCS durch den Vertragsschluss festgestellt (UA S. 78).
Bestehen im Einzelfall hinreichende Anhaltspunkte für derartige weitere konkrete wirtschaftliche Vorteile, kann deren Wert, wenn der konkrete Sachverhalt eine tragfähige Grundlage dafür bietet (hierzu BGHR StGB § 73b Schätzung 1, 2), nach § 73b StGB geschätzt werden. Gegebenenfalls wird sich hierfür die Hinzuziehung von Sachverständigen anbieten (vgl. Tröndle/Fischer, StGB 53. Aufl. § 73b Rdn. 5).
Ein tragfähiger Anhaltspunkt im Rahmen der Bestimmung eines solchen über den kalkulierten Gewinn hinausgehenden Werts eines Auftrags
kann u. U. auch der Preis sein, den für die Auftragsvergabe zu zahlen der Auftragnehmer bereit ist. Wird ein Auftrag durch Bestechung (im geschäftlichen Verkehr) erlangt, wird die Bestechungssumme allerdings nur dann ein aussagekräftiges Indiz für eine Art „Marktpreis“ der Auftragsvergabe jenseits des kalkulierten Gewinns sein, wenn der Auftragnehmer selbst die Bestechungssumme aufbringt und nicht – wie hier – in korruptivem Zusammenwirken mit den Verantwortlichen des Auftraggebers der Auftragssumme aufschlägt , so dass sie aus seiner Sicht einen bloßen Durchlaufposten bildet.
dd) Ist der Wert des durch Bestechung erlangten Auftrags im Zeitpunkt der Auftragsvergabe auf diese Weise – ggf. mit sachverständiger Hilfe und mittels Schätzung nach § 73b StGB – ermittelt worden, folgt aus dem Bruttoprinzip , dass etwaige für den Vertragsschluss getätigte Aufwendungen (wie insbesondere eine vom Auftragnehmer gezahlte Bestechungssumme) nicht weiter in Abzug gebracht, sondern allenfalls im Rahmen von § 73c StGB berücksichtigt werden können.

b) Der Anordnung des Verfalls steht – entgegen der Auffassung der Verfallsbeteiligten – nicht bereits grundsätzlich die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Verfallsbeteiligten unter dem Gesichtspunkt eines vorrangigen Schutzes der Geschädigten in der Insolvenz entgegen. Die Vorschrift des § 39 Abs. 1 Nr. 3 InsO betrifft lediglich die Frage, wie ein angeordneter Verfall rangmäßig im Insolvenzverfahren zu behandeln ist (vgl. OLG Schleswig wistra 2001, 312, 313). Anders als nach § 240 ZPO kommt auch eine Unterbrechung des Strafverfahrens insoweit nicht in Betracht , weil die Anordnung des Verfalls als strafrechtliche Nebenfolge dem strafrichterlichen Erkenntnis vorbehalten bleiben muss. Ansprüche der Geschädigten werden im Rahmen von § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB hinreichend berücksichtigt.

c) Auch wenn das Landgericht den Umfang des Erlangten nicht in der vorbeschriebenen Weise ermittelt, sondern letztlich eher unbestimmt gelas-
sen hat, was es genau als das „Erlangte“ in diesem Sinne ansieht, hat es doch zumindest im Ergebnis zu Recht von einer Anordnung des Verfalls von Wertersatz bei der Verfallsbeteiligten nach § 73c Abs. 1 StGB abgesehen.
aa) Schadensersatzansprüche der AVG stehen nach § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB einer Verfallsentscheidung zu Lasten der Verfallsbeteiligten zumindest in der Höhe entgegen, in denen diese Ansprüche noch nicht durch Zahlungen der Angeklagten erfüllt worden sind. Ob der Wert des Auftrags im Zeitpunkt des Vertragsschlusses diese noch vorhandenen – gegebenenfalls nach § 254 BGB geminderten – Ansprüche übersteigt, kann letztlich offen bleiben.
bb) Die Voraussetzungen von § 73c Abs. 1 Satz 1 StGB hat das Landgericht zwar – auch in Abgrenzung zu Satz 2 – nicht hinreichend dargelegt (vgl. hierzu BGH wistra 2000, 379, 382; Tröndle/Fischer, StGB 53. Aufl. § 73c Rdn. 3 m.w.N.). Ergänzend hat es jedoch unter Hinweis auf § 73c Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 StGB folgende Umstände genannt, die eine Verfallsanordnung jedenfalls unangemessen erscheinen lassen: Ein bleibender Gewinn , der Schadensersatzansprüche der AVG übersteigen würde, ist bei der LCS nicht vorhanden; letztlich ergab sich bei der endgültigen Abrechnung des Projekts im Jahr 2001 aufgrund von Gewährleistungsarbeiten ein Verlust von insgesamt 688.000 Euro (UA S. 159); zudem befindet sich die Verfallsbeteiligte in der Insolvenz.
cc) Ungeachtet der rechtlich nicht unbedenklichen Ausführungen des Landgerichts zu §§ 73 ff. StGB ist es aus Sicht des Senats im Hinblick auf § 73c Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 StGB jedenfalls angemessen (vgl. § 354 Abs. 1a StPO), gegenüber der insolventen Verfallsbeteiligten, die letztlich keinen Gewinn erzielt hat und sich erheblichen Regressansprüchen gegenüber sieht, von einer Anordnung des Verfalls von Wertersatz abzusehen.

III.


Die Revisionen der Angeklagten bleiben ebenfalls erfolglos.
1. Die Verurteilungen des Angeklagten E wegen Untreue nach § 266 StGB und des Angeklagten M wegen Beihilfe zu dieser Tat begegnen keinen Bedenken.

a) Zutreffend weist die Revision des Angeklagten E allerdings zunächst darauf hin, dass die Annahme des Landgerichts, dieser Angeklagte habe mit seinem Verhalten die Missbrauchalternative des § 266 Abs. 1 StGB erfüllt, unzutreffend ist. Voraussetzung dieser Alternative ist, dass der rechtsgeschäftliche Missbrauch der Verpflichtungsbefugnis zu einer wirksamen Verpflichtung des Treugebers führt (vgl. BGH bei Holtz, MDR 1983, 92; Tröndle/Fischer, StGB 53. Aufl. § 266 Rdn. 20, 22 m.w.N.; Seier in Achenbach/Ransiek, Handbuch Wirtschaftsstrafrecht, 2004, Abschnitt V 2 Rdn. 47). Dem steht hier bereits § 138 BGB entgegen. Die Sittenwidrigkeit der kollusiven Absprache zwischen den Angeklagten E und M zur Schädigung der AVG durch Vereinbarung eines um den Schmiergeldanteil überhöhten Preises wirkt sich auch auf den Hauptvertrag aus (vgl. BGH NJW 1989, 26, 27; Tröndle/Fischer aaO Rdn. 21; Seier aaO Rdn. 48; vgl. auch BGHZ 141, 357, 362 f.; BGH BB 1990, 733, 734; BGH NJW 2000, 511, 512). Zudem hat E bei dem Abschluss des um den Schmiergeldanteil überhöhten Vertrages im kollusiven Zusammenwirken mit dem Angeklagten M ersichtlich seine Vertretungsmacht zum Nachteil der AVG missbraucht (vgl. hierzu Tröndle/Fischer aaO § 266 Rdn. 22 m.w.N.; BGHZ 50, 112, 114; Bernsmann StV 2005, 576, 577).
Hieraus folgt indes unmittelbar, dass der Angeklagte E durch Abschluss des dergestalt unerkannt nichtigen Vertrages mit einem kollusiv überhöhten Auftragspreis die Treubruchalternative des § 266 Abs. 1 StGB erfüllt und der Angeklagte M zu solcher Tat Beihilfe geleistet
hat. Hierauf kann der Senat von sich aus erkennen (vgl. BGHR StGB § 266 Abs. 1 Missbrauch 2). Es ist auszuschließen, dass sich die Angeklagten gegen den tatsächlich identisch fundierten Vorwurf des Treubruchs anders als geschehen hätten verteidigen können.

b) Zutreffend ist das Landgericht davon ausgegangen, dass der Angeklagte E durch den Abschluss des Vertrages mit der LCS zum Gesamtpreis von 792 Mio. DM seine als Geschäftsführer gegenüber der AVG bestehende Vermögensbetreuungspflicht verletzt und hierdurch der AVG einen Vermögensnachteil in Höhe des vereinbarten Schmiergeldaufschlags zugefügt hat.
aa) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs liegt bei der Vereinbarung von Schmiergeldzahlungen in Form eines prozentualen Preisaufschlags regelmäßig ein Nachteil im Sinne des § 266 Abs. 1 StGB vor (vgl. BGHSt 47, 295, 298 f.; 49, 317, 332 f.; BGHR StGB § 266 Abs. 1 Nachteil 49, insoweit in BGHSt 46, 310 nicht abgedruckt). Diese Rechtsprechung beruht auf der Erwägung, dass jedenfalls mindestens der Betrag, den der Vertragspartner für Schmiergelder aufwendet, auch in Form eines Preisnachlasses dem Geschäftsherrn des Empfängers hätte gewährt werden können (vgl. Raum in Wabnitz/Janovsky, Handbuch des Wirtschafts- und Steuerstrafrechts 2. Aufl. S. 304 m.w.N.). Bei der Auftragserlangung durch Bestechung im geschäftlichen Verkehr bildet deshalb der auf den Preis aufgeschlagene Betrag, der lediglich der Finanzierung des Schmiergelds dient, regelmäßig die Mindestsumme des beim Auftraggeber entstandenen Vermögensnachteils im Sinne von § 266 Abs. 1 StGB.
bb) Die Vermögensbetreuungspflicht gebietet in diesen Fällen, dass der Treupflichtige die Möglichkeit des vorteilhaften Vertragsschlusses im Interesse des betreuten Vermögens nutzt und den Vertrag zu dem günstigeren Preis abschließt (BGH wistra 1984, 109, 110; 1989, 224, 225). Zumeist liegt auf der Hand, dass das Geschäft auch für einen um den aufgeschlagenen
Schmiergeldanteil verminderten Preis abgeschlossen worden wäre, wenn das Schmiergeld – wie hier – einen bloßen Durchlaufposten darstellt (vgl. BGH wistra 1983, 118, 119; 1986, 67; 2001, 295, 296). Inwieweit andere Anbieter noch teurere Angebote eingereicht haben, bleibt demgegenüber unerheblich (vgl. BGH wistra 2001, 295, 296).
Der Schwerpunkt der Vorwerfbarkeit liegt in diesem Fall im aktiven Tun, nämlich im Abschluss des um den Schmiergeldanteil überteuerten Vertrages und in der damit einhergehenden Verlagerung der Schmiergeldzahlungen zugunsten des Geschäftsführers auf die vertretene Gesellschaft durch Vereinbarung entsprechend überhöhter Zahlungsverpflichtungen mit Dritten (vgl. Tröndle/Fischer, StGB 53. Aufl. § 266 Rdn. 38a m.w.N.). Der Abschluss des überteuerten Vertrages hindert gleichzeitig den Abschluss eines um den Schmiergeldanteil verminderten günstigeren. Zudem steht der eingegangenen Zahlungsverpflichtung in Höhe des vereinbarten Schmiergelds keinerlei Gegenleistung gegenüber. Nach anderer, aber gleichgerichteter Betrachtungsweise ist der Unrechtsschwerpunkt in der bewussten Verhandlung mit einem sachlich nicht gerechtfertigten Verteuerungsfaktor zu finden, der dem Geschäftsführer zu Unrecht einen von der vertretenen Gesellschaft nicht genehmigten, über seine Vergütung hinausgehenden wirtschaftlichen Vorteil verschaffen soll (vgl. auch BGHSt 49, 317, 333 ff.).
cc) Nach den Feststellungen des Landgerichts war in der vereinbarten Auftragssumme von 792 Mio. DM ein Schmiergeldanteil in Höhe von rund 24 Mio. DM enthalten. Dieser Anteil sollte als bloßer Durchlaufposten nicht der LCS, sondern auf Kosten der AVG allein den an der Schmiergeldabrede Beteiligten zukommen. Der vom Landgericht gezogene Schluss, die LCS wäre bereit gewesen, den Vertrag auch zu einem um diesen Schmiergeldanteil verminderten Betrag abzuschließen, ist nicht nur nachvollziehbar, sondern vielmehr naheliegend.
dd) Demgegenüber verfängt der Einwand der Revision nicht, der Angeklagte E habe ein solches Geschäft zum verminderten Preis überhaupt nicht abschließen dürfen, weil dieses durch die vorangegangene Vergabemanipulation nach wie vor wettbewerbswidrig gewesen wäre; vom Treupflichtigen könne nicht der Abschluss verbotener oder wettbewerbswidriger Geschäfte verlangt werden (vgl. Bernsmann StV 2005, 576, 578).
Nachdem sich E für den Zuschlag an die LCS entschlossen hatte, bestand die Alternative lediglich in dem Abschluss des Vertrages zum Preis von 792 Mio. DM oder zu einem um mehr als 24 Mio. DM verminderten Preis. Seine Vermögensbetreuungspflicht gebot E in dieser Situation den Abschluss zum geringeren statt zum höheren Preis. Da es für den Vorwurf der Untreue entscheidend auf den Vertragsschluss zu einem um den Schmiergeldanteil überhöhten Preis ankommt, sind die von der Revision angeführten Alternativszenarien ohne Bedeutung.
ee) Das Landgericht geht auch zutreffend von einem Nachteilsumfang in Höhe von rund 24 Mio. DM aus.
Die Berechnung des im vereinbarten Preis enthaltenen Schmiergeldanteils (3 % Aufschlag bei einem Teil der Lose, zusätzliche Anhebung beim Los Abgasbehandlung um 20 Mio. DM) ist nicht zu beanstanden. Das Landgericht ist zudem richtigerweise davon ausgegangen, dass Vorteile, die der Angeklagte E durch besonders nachdrückliche und geschickte Verhandlungen bei der Preisgestaltung erreicht hat oder die zur Ermöglichung einer Vergabe des Auftrags an die LCS notwendig waren, nicht gegengerechnet werden können (treffend UA S. 309, 317). Dies gilt insbesondere für die Absenkung des Preises beim Los Bauteil um 9 Mio. DM im Rahmen der Vergabemanipulation. Denn es kommt allein darauf an, ob – was das Landgericht rechtsfehlerfrei festgestellt hat – der Angeklagte M letztendlich bereit war, im Zeitpunkt des Vertragsschlusses den Vertrag auch ohne den Schmiergeldanteil abzuschließen oder nicht. Es kann deshalb da-
hinstehen, ob der abweichende Ansatz der Verteidigung auch im Blick auf die zur Schmiergeldfinanzierung überhöhte Kalkulation des Gesamtpreises im ersten Angebot der LCS verfehlt ist. Selbst wenn man vom festgestellten Nachteilsumfang einen für Wi ursprünglich vorgesehenen Provisionsanteil in Höhe von 0,5 % der Auftragssumme abziehen würde, wäre dies angesichts des verbleibenden Nachteilumfangs in Höhe von etwa 20 Mio. DM letztlich unerheblich; auch ein solcher Nachteil rechtfertigt ohne weiteres die für die Untreue bzw. die Beihilfe hierzu verhängten Einzelfreiheitsstrafen (vgl. § 354 Abs. 1a StPO).
2. Der Schuldspruch wegen – wie ausgeführt, nicht verjährter – Bestechlichkeit bzw. Bestechung im geschäftlichen Verkehr (§§ 299, 300 Nr. 1 StGB) ist rechtsfehlerfrei. Auch die Bestimmung der Konkurrenzverhältnisse zur Untreue bzw. Beihilfe dazu hält revisionsgerichtlicher Überprüfung stand.
Zutreffend ist das Landgericht bezüglich der Untreue und der Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr bei dem Angeklagten E (a) sowie hinsichtlich der Beihilfe zur Untreue und der Bestechung im geschäftlichen Verkehr durch den Angeklagten M (b) jeweils von zwei Taten im Sinne von § 53 StGB ausgegangen.

a) Regelmäßig besteht zwischen Angestelltenbestechlichkeit und der in Aussicht gestellten „bevorzugenden Handlung“ Tatmehrheit (BGHR UWG § 12 Abs. 2 Angestelltenbestechlichkeit 1; vgl. auch BGHSt 47, 22, 25 f., zu § 332 StGB). Dies gilt auch dann, wenn die Taten auf eine einheitliche Unrechtsvereinbarung zurückgehen (vgl. BGHSt 47, 22, 26; BGH NStZ 1987, 326, 327; BGH wistra 1993, 189, 190). Denn die Vornahme der durch die Unrechtsvereinbarung verabredeten unlauteren Bevorzugung im Wettbewerb gehört nicht zum Tatbestand der Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr (BGH NStZ 1987, 326, 327; vgl. auch BGHSt 47, 22, 26; jeweils zu § 332 StGB).
Tateinheit ist lediglich in solchen Fällen möglich, in denen die Verwirklichung beider Tatbestände in einer Ausführungshandlung zusammentrifft (BGHSt 47, 22, 26, zu § 332 StGB). Solches hat das Landgericht nicht festgestellt. Verletzt hat der Angeklagte E seine Vermögensbetreuungspflicht gegenüber der AVG erst durch den Abschluss des um den Schmiergeldanteil überhöhten Vertrages; erst dadurch kam es auch zu einer schadensgleichen konkreten Vermögensgefährdung (UA S. 500). Die Unrechtsvereinbarung , mit der die Angestelltenbestechlichkeit vollendet war (vgl. Tröndle/Fischer, StGB 53. Aufl. § 299 Rdn. 21), gehört angesichts der Notwendigkeit zahlreicher weiterer Zwischenschritte im vorliegenden Fall nicht zum Ausführungsstadium der Untreue.
Soweit die Revision für ihre Ansicht auf die Entscheidung BGHSt 47, 22 verweist, war der dortige Fall im Tatsächlichen anders gelagert; dort ging es um die Schaffung eines eingespielten Preisabsprachesystems unter Einbindung weiterer Mitwettbewerber im Rahmen langfristiger Geschäftsbeziehungen (vgl. BGHSt 47, 22, 28), nicht – wie hier – um den Abschluss eines einzigen Vertrages. Zudem war es nach dem Inhalt der Unrechtsvereinbarung zwar naheliegend, aber nicht einmal zwingend notwendig, dass der Schmiergeldanteil durch eine Untreue zu Lasten der AVG erwirtschaftet wird. Nach den Feststellungen des Landgerichts machte sich der Angeklagte M erst nach der Unrechtsvereinbarung vom Herbst 1993 Gedanken darüber, wie dieser Betrag aufgebracht werden soll (UA S. 97). Erst als er erfuhr, dass LCS über keinen „Topf“ für solche Gelder verfügt, entschloss er sich, das verabredete Schmiergeld durch einen entsprechenden Aufschlag auf den Werklohn zu Lasten der AVG zu erwirtschaften.

b) Rechtlich vertretbar ist das Landgericht auch davon ausgegangen, dass die Bestechung im geschäftlichen Verkehr und die Beihilfe zur Untreue durch den Angeklagten M im vorliegenden Fall materiellrechtlich als zwei Taten im Sinne von § 53 StGB zu bewerten sind. Die Bestechung im geschäftlichen Verkehr war bereits mit dem Abschluss der Un-
rechtsvereinbarung im Herbst 1993 vollendet. Dagegen bestand die Beihilfe zu der vom Angeklagten E begangenen Untreue im Abschluss des um den Schmiergeldanteil überhöhten Vertrages für die von M vertretene LCS. Die Vertragsunterzeichnung durch den Angeklagten E – die eigentliche Untreuehandlung – konnte nur zu einem Vermögensnachteil bei der AVG führen, weil auch der Angeklagte M den Vertrag seinerseits für die LCS unterzeichnete. Gegenüber dieser notwendigen Mitwirkung an der eigentlichen Untreuehandlung konnten für die Beurteilung der Konkurrenzen die im Vorfeld begangenen Vorbereitungsbeiträge als nachrangig bewertet werden. Selbst wenn das Landgericht das Konkurrenzverhältnis bei dem Angeklagten M falsch beurteilt hätte, wäre im Übrigen die verhängte Gesamtstrafe angesichts des gleichbleibenden Schuldumfangs als Einzelfreiheitsstrafe angemessen (vgl. § 354 Abs. 1a StPO).
3. Die Verurteilung des Angeklagten E wegen Steuerhinterziehung in vier Fällen ist rechtsfehlerfrei.

a) Bei den erhaltenen Bestechungsgeldern handelt es sich um erklärungspflichtige sonstige Einkünfte gemäß § 22 Nr. 3 EStG (vgl. BFH DStRE 2000, 1187; BFHE 191, 274; BGHR AO § 393 Abs. 1 Erklärungspflicht 4 m.w.N.). Die Kapitalerträge aus der Anlage der verschwiegenen Schmiergelder stellen erklärungspflichtige Einkünfte aus Kapitalvermögen gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG dar. Für die Jahre 1995 bis 1998 hat der Angeklagte E solche Einkünfte in Höhe von rund 4 Mio. DM verschwiegen und hierdurch Einkommensteuer und Solidaritätszuschlag in der Gesamthöhe von rund 2,2 Mio. DM hinterzogen.

b) Die Pflicht zur Abgabe einer wahrheitsgemäßen Steuererklärung war auch nicht unter dem Gesichtspunkt suspendiert, dass niemand verpflichtet ist, sich selbst anzuklagen oder sonst zur eigenen Überführung bei-
zutragen (nemo tenetur se ipsum accusare; hierzu näher Jäger NStZ 2005, 552, 556 ff. m.w.N.).
aa) Ein Steuerpflichtiger, der Einkünfte aus Bestechungsgeldern anzugeben hat, wird seiner durch § 370 AO strafbewehrten Erklärungspflicht regelmäßig bereits dadurch nachkommen können, dass er diese Einkünfte betragsmäßig offen legt und einer Einkunftsart zuordnet, ohne die genaue Einkunftsquelle zu benennen (vgl. auch BGHR AO § 393 Abs. 1 Erklärungspflicht 4). Denn diese Erklärung reicht regelmäßig zu einer Festsetzung von Einkommensteuer aus, durch die im Ergebnis eine Verkürzung von Steuern – also der von § 370 AO vorausgesetzte Taterfolg – vermieden wird. Derartige Angaben, durch die sich der Steuerpflichtige nicht selbst einer Straftat bezichtigt, sondern lediglich Einkünfte offenbart, sind ihm ohne weiteres zumutbar. Die strafrechtliche Erzwingbarkeit dieser Erklärungspflicht in dem genannten beschränkten Umfang gerät regelmäßig nicht in Konflikt mit dem verfassungsrechtlich verbürgten Grundsatz der Selbstbelastungsfreiheit.
bb) Soweit nach der AO darüber hinaus Erläuterungspflichten (§§ 93 ff. AO) bestehen, die mit den in §§ 328 ff. AO genannten Zwangsmitteln durchsetzbar sind, ist der Steuerpflichtige zunächst durch das Steuergeheimnis (§ 30 AO) sowie das in § 393 Abs. 2 AO normierte begrenzte strafrechtliche Verwertungsverbot geschützt (vgl. BVerfGE 56, 37, 47; BGHR aaO). In dem Umfang, in dem dieser Schutz aufgrund überragender öffentlicher Interessen durch § 393 Abs. 2 Satz 2, § 30 Abs. 4 Nr. 5 AO durchbrochen wird, gebietet der Grundsatz der Selbstbelastungsfreiheit allenfalls, dass sich die erzwingbare Erklärungspflicht auf die betragsmäßige Angabe der Einkünfte als solche beschränkt und der Steuerpflichtige nicht mit Zwangsmitteln zur Abgabe weitergehender Erläuterungen zur – allein hierdurch nicht ermittelbaren – deliktischen Herkunft der Einkünfte angehalten werden kann (vgl. BGHR aaO). Nur soweit die steuerrechtliche Pflicht zur umfassenden Auskunft mit Zwangsmitteln durchsetzbar wäre, könnte ein Konflikt mit dem verfassungsrechtlich verbürgten Grundsatz bestehen, dass
niemand zur eigenen Überführung beitragen muss (vgl. BVerfG – Kammer – NJW 2005, 352, 353).
cc) Weder das allgemeine Persönlichkeitsrecht noch die Menschenwürde werden schon allein dadurch tangiert, dass ein Steuerpflichtiger zur Angabe von Einnahmen aus Straftaten verpflichtet ist (vgl. auch BVerfG – Vorprüfungsausschuss – wistra 1988, 302). Denn der Grundsatz der Selbstbelastungsfreiheit schützt nicht vor einer Bestrafung strafbaren Verhaltens , sondern lediglich vor einer strafrechtlichen Verurteilung, die auf einem rechtlichen Zwang zur Selbstbelastung beruht (vgl. BVerfG – Kammer – NJW 2005, 352, 353). Die Grundrechte des Steuerpflichtigen sind jedenfalls dann gewahrt, wenn sich die Erzwingbarkeit der Erklärung nur auf die Angabe der Einnahme als solche und nicht auf deren – allein hierdurch nicht ermittelbare – deliktische Herkunft bezieht.
4. Die Strafzumessung lässt keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten erkennen. Insbesondere hat das Landgericht entgegen der Auffassung der Revision des Angeklagten E bei diesem den besonders engen Zusammenhang zwischen der Bestechlichkeit und der Steuerhinterziehung bei der Gesamtstrafbildung (vgl. hierzu BGHR AO § 393 Abs. 1 Erklärungspflicht
4) ersichtlich dadurch hinreichend berücksichtigt, dass es die verhängten Einzelfreiheitsstrafen von drei Jahren, einem Jahr und sechs Monaten, zweimal einem Jahr, neun und vier Monaten straff zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und neun Monaten zusammengezogen
hat; ausdrücklicher Erwähnung bedurfte dieser Gesichtspunkt im vorliegenden Fall nicht.
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(1) Hat der Täter oder Teilnehmer durch eine rechtswidrige Tat oder für sie etwas erlangt, so ordnet das Gericht dessen Einziehung an.

(2) Hat der Täter oder Teilnehmer Nutzungen aus dem Erlangten gezogen, so ordnet das Gericht auch deren Einziehung an.

(3) Das Gericht kann auch die Einziehung der Gegenstände anordnen, die der Täter oder Teilnehmer erworben hat

1.
durch Veräußerung des Erlangten oder als Ersatz für dessen Zerstörung, Beschädigung oder Entziehung oder
2.
auf Grund eines erlangten Rechts.