Bundesgerichtshof Urteil, 27. Sept. 2018 - 4 StR 135/18

bei uns veröffentlicht am27.09.2018

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
4 StR 135/18
vom
27. September 2018
in der Strafsache
gegen
1.
2.
3.
4.
wegen besonders schwerer räuberischer Erpressung u.a.
ECLI:DE:BGH:2018:270918U4STR135.18.0

Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 27. September 2018, an der teilgenommen haben:
Vorsitzende Richterin am Bundesgerichtshof Sost-Scheible,
Richterin am Bundesgerichtshof Roggenbuck, Richter am Bundesgerichtshof Dr. Franke, Bender, Dr. Quentin als beisitzende Richter,
Staatsanwältin beim Bundesgerichtshof als Vertreterin des Generalbundesanwalts,
Rechtsanwalt – in der Verhandlung – als Verteidiger des Angeklagten A. ,
Rechtsanwältin – in der Verhandlung – als Verteidigerin des Angeklagten B. ,
Rechtsanwalt – in der Verhandlung – als Verteidiger des Angeklagten M. ,
Rechtsanwalt – in der Verhandlung – als Verteidiger des Angeklagten P. ,
Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Bielefeld vom 7. Juli 2017, soweit es den Angeklagten A. betrifft, mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben, soweit die Vollstreckung der gegen den Angeklagten verhängten Freiheitsstrafe zur Bewährung ausgesetzt und seine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt abgelehnt worden ist. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten dieses Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 2. Die weiter gehende Revision der Staatsanwaltschaft hinsichtlich des Angeklagten A. , die Revisionen der Staatsanwaltschaft hinsichtlich der Angeklagten B. , M. und P. sowie die Revision des Angeklagten P. werden verworfen. 3. Der Angeklagte P. trägt die Kosten seines Rechtsmittels und die dem Nebenkläger insoweit im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen. Die Kosten der Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft hinsichtlich der Angeklagten B. , M. und P. und die diesen Angeklagten insoweit entstandenen Auslagen trägt die Staatskasse. Von Rechts wegen

Gründe:


1
Das Landgericht hat die Angeklagten A. und B. jeweils der schweren räuberischen Erpressung schuldig gesprochen. Den Angeklagten A. hat es zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren unter Strafaussetzung zur Bewährung , den Angeklagten B. zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und neun Monaten verurteilt und dessen Unterbringung in einer Entziehungsanstalt angeordnet. Die Angeklagten M. und P. hat es jeweils der besonders schweren räuberischen Erpressung in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung schuldig gesprochen. Den Angeklagten M. hat es unter Einbeziehung der Strafe aus einer anderweitigen Verurteilung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten verurteilt und die in dieser Verurteilung angeordnete Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt aufrecht erhalten. Den Angeklagten P. hat es zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und neun Monaten verurteilt. Ferner hat es seine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt angeordnet.
2
Mit ihren zu Ungunsten aller Angeklagten eingelegten, vom Generalbundesanwalt vertretenen Revisionen beanstandet die Staatsanwaltschaft die Verletzung materiellen Rechts und erhebt eine Verfahrensrüge. Der Angeklagte P. wendet sich gegen seine Verurteilung mit der Sachrüge. Die den Ange- klagten A. betreffende Revision der Staatsanwaltschaft hat den aus der Urteilsformel ersichtlichen, geringfügigen Teilerfolg. Im Übrigen bleiben die Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft ebenso wie die Revision des Angeklagten P. ohne Erfolg.

A.


3
Das Landgericht hat folgende Feststellungen und Wertungen getroffen:
4
1. Am Nachmittag des 22. März 2016 veranlassten die Angeklagten A. und P. auf der Suche nach einer Gelegenheit zum Erwerb vonMarihuana den Nebenkläger, der bereit war, ihnen von seinem Vorrat etwas zu verkaufen, mit ihnen die im zweiten Obergeschoss eines Hauses gelegene Wohnung des Angeklagten B. aufzusuchen, wo sich zu diesem Zeitpunkt auch der Angeklagte M. aufhielt. Tatsächlich hatte der Angeklagte A. vor, dem Nebenkläger das Marihuana notfalls mit Gewalt abzunehmen. Auf dem Weg zur Wohnung des Angeklagten B. entnahm er aus einem Versteck eine Schreckschusspistole und steckte diese ein. In der Wohnung angekommen bedrohte der Angeklagte A. mit der Pistole den Nebenkläger und veranlasste ihn, seine Wertsachen auf den Tisch zu legen. Nachdem der Angeklagte B. aus der Jacke des Nebenklägers Hartgeld und ein Tütchen mit Marihuana genommen hatte, entnahmen die Angeklagten dessen Bauchtasche ein Mobiltelefon , ein Portemonnaie und maximal 10 bis 20 Gramm Marihuana, wovon der Angeklagte A. etwas an sich nahm. Er ging sodann auf die Toilette, weshalb er von dem nachfolgenden Geschehen nichts mehr mitbekam. Der Angeklagte B. versetzte dem Nebenkläger nachfolgend einen Schlag auf die Brust, der Angeklagte P. bewaffnete sich mit einem Brotmesser und einem abgebrochenen Besenstiel, um einen Teil des Marihuanas für sich zu behalten. Als er mit dem Messer in Richtung des Nebenklägers fuchtelte, versuchte dieser erfolglos aus der Wohnung zu fliehen. P. schlug daraufhin den Nebenkläger mit dem Besenstiel. Der Angeklagte M. filmte das Geschehen, feuerte den P. an, schubste den Nebenkläger und schlug ihm mit der Faust ins Gesicht, so dass ein Teil eines Zahnes abbrach. Nachdem das gesamte Geschehen zwischen fünf und fünfzehn Minuten gedauert hatte, gelang dem Nebenkläger die Flucht.
5
Der Angeklagte A. entschuldigte sich nach der Tat beim Nebenkläger und zahlte ihm ein Schmerzensgeld in Höhe von 1.000 €.
6
2. Das Landgericht hat den Ladezustand der verwendeten Schreckschusspistole nicht festzustellen vermocht und demzufolge angenommen, die Waffe sei bei der Tat nicht geladen gewesen. Die Tathandlungen der Angeklagten A. und B. hat es als gemeinschaftliche schwere räuberische Erpressung gemäß § 253 Abs. 1, Abs. 2, § 255, § 249 Abs. 1, § 250 Abs. 1 Nr. 1b, § 25 Abs. 2 StGB gewertet. Die Verwendung des Messers und des abgebrochenen Besenstiels durch die Angeklagten M. und P. , die zu deren Verurteilung wegen besonders schwerer räuberischer Erpressung (in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung) geführt hat, hat die Strafkammer den Angeklagten A. und B. hingegen nicht zugerechnet.

B.


I.


Zu den Revisionen der Staatsanwaltschaft
7
1. Soweit das Urteil die Angeklagten A. und B. betrifft, hat die Staatsanwaltschaft mit ihren Revisionen das angefochtene Urteil in vollem Um- fang zur Überprüfung durch den Senat gestellt. Hingegen ergibt die Auslegung des Anfechtungsziels, soweit die Verurteilungen der Angeklagten M. und P. betroffen sind, trotz des auch insoweit umfassend gestellten Aufhebungsantrags der Staatsanwaltschaft eine Beschränkung ihrer Rechtsmittel auf den Rechtsfolgenausspruch.
8
Nach dem insoweit maßgeblichen Sinn der Revisionsrechtfertigung beanstandet die Staatsanwaltschaft lediglich die unterbliebene Verurteilung aller Angeklagten wegen Verwendung einer § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB unterfallenden Schusswaffe mangels entsprechender tatrichterlicher Feststellungen zum Ladezustand der bei der Tat verwendeten Schreckschusspistole. Während dieses Anfechtungsziel bei den Angeklagten A. und B. den Schuldspruch betrifft , hat es hinsichtlich der Angeklagten M. und P. , die bereits wegen besonders schwerer räuberischer Erpressung verurteilt sind, nur für den Schuldumfang Relevanz, weshalb die Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft insoweit als auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkt anzusehen sind.
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2. Die von der Staatsanwaltschaft erhobene Verfahrensrüge hat keinen Erfolg.
10
a) Die Beschwerdeführerin beanstandet, das Landgericht habe einen Beweisantrag auf Inaugenscheinnahme der bei der Tat verwendeten und später sichergestellten Pistole und des dazugehörigen Magazins zu Unrecht wegen Unzulässigkeit der Beweiserhebung zurückgewiesen (§ 244 Abs. 3 Satz 1 StPO).
11
Folgendes Verfahrensgeschehen liegt der Rüge zu Grunde:
12
aa) Die Staatsanwaltschaft hatte beantragt, die im dritten Obergeschoss des Apartmenthauses, das auch der Angeklagte B. bewohnte, im Flur unter einem Kühlschrank sichergestellte Tatwaffe nebst geladenem Magazin zum Beweis der Tatsache in Augenschein zu nehmen, dass es sich um eine geladene Schusswaffe und damit um eine Waffe im Sinne des § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB handele. Trotz Fehlens eines richterlichen Durchsuchungsbeschlusses stehe der beantragten Beweiserhebung, so die Staatsanwaltschaft, kein Beweisverwertungsverbot entgegen. Dabei könne offen bleiben, ob die Waffe von den das Apartmenthaus durchsuchenden Polizeibeamten eigenständig gefunden worden sei oder ob die Auffindung auf einen Hinweis des Angeklagten B. (bei seiner polizeilichen Vernehmung nach der Tat) zurückzuführen gewesen sei. Denn Anhaltspunkte für eine bewusste oder gar willkürliche Missachtung des Richtervorbehalts seien nicht erkennbar. Das Auffinden der Waffe sei zudem mit dem „konkludenten“ Einverständnis des Angeklagten B. erfolgt.
13
bb) Diesen Beweisantrag hat das Landgericht wegen Unzulässigkeit im Sinne des § 244 Abs. 3 Satz 1 StPO abgelehnt. Die beantragte Beweiserhebung und -verwertung sei wegen Verletzung des Richtervorbehalts nicht statthaft.
14
b) Die Verfahrensrüge ist nicht in zulässiger Weise erhoben (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO).
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aa) Gemäß § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO muss der Beschwerdeführer im Rahmen einer Verfahrensrüge die den geltend gemachten Verstoß enthaltenden Tatsachen grundsätzlich so vollständig und genau darlegen, dass das Revisionsgericht allein anhand der Revisionsbegründung in die Lage versetzt wird, über den geltend gemachten Mangel endgültig zu entscheiden. Für den Revisionsvortrag wesentliche Schriftstücke oder Aktenstellen sind im Einzelnen zu bezeichnen und zum Bestandteil der Revisionsbegründung zu machen (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteile vom 8. August 2018 – 2 StR 131/18, Rn. 8; vom 10. Juli 2014 – 3 StR 140/14, NStZ-RR 2014, 318, 319; Beschluss vom 5. Juni 2007 – 5 StR 383/06, NJW 2007, 3010, 3011, jeweils mwN; vgl. auch LR-StPO/ Becker, 26. Aufl., § 244 Rn. 372; SSW-StPO/Sättele, 3. Aufl., § 244 Rn. 249; KK-StPO/Krehl, 7. Aufl., § 244 Rn. 224).
16
Diese Anforderungen gelten auch dann, wenn, wie im vorliegenden Fall, die Beschwerdeführerin rügt, das Gericht habe zu Unrecht das Vorliegen eines Verwertungsverbotes für ein Beweismittel angenommen, das auf Grund einer Wohnungsdurchsuchung erlangt wurde (BGH, Urteil vom 8. August 2018 – 2 StR 131/18, Rn. 9). Zwar kann das Revisionsgericht die für das Vorliegen eines Verwertungsverbotes in tatsächlicher Hinsicht entscheidungserheblichen Fragen gegebenenfalls im Wege des Freibeweises überprüfen; dies kann jedoch wie auch sonst bei behaupteten Verletzungen von Verfahrensvorschriften nur auf der Grundlage eines entsprechenden zulässigen Revisionsvortrags erfolgen (BGH, Beschluss vom 29. April 2015 – 1 StR 235/14, juris Rn. 46; Urteil vom 25. März 1998 – 3 StR 686/97, NJW 1998, 2229). Ist die Annahme eines Beweisverwertungsverbots – wie hier – tragender Grund für die Ablehnung eines Beweisantrags (zu den Darlegungsanforderungen bei einer insoweit erhobenen Aufklärungsrüge vgl. BGH, Urteil vom 8. August 2018 aaO), sind regelmäßig Beweisantrag und Ablehnungsbeschluss im Wortlaut mitzuteilen, da sich die Fehlerhaftigkeit der Annahme eines Beweisverwertungsverbots als Grundlage für die Zurückweisung des Beweisantrags bereits allein aus dessen Begründung ergeben kann (BGH, Urteil vom 10. Juli 2014 – 3 StR 140/14 aaO).
Lässt der Inhalt des Ablehnungsbeschlusses eine abschließende Beurteilung des Vorliegens eines Verwertungsverbots indes nicht zu, ist für die Darlegung des geltend gemachten Verfahrensfehlers weiterer Vortrag zu den maßgeblichen Verfahrenstatsachen erforderlich, um den Anforderungen des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO zu genügen (BGH aaO).
17
bb) Gemessen daran ist es dem Senat im vorliegenden Fall nicht möglich , auf der Grundlage des Revisionsvortrags der Staatsanwaltschaft die erforderliche eigene, umfassende Überprüfung des Verfahrens im Hinblick auf das Vorliegen eines Verwertungsverbots bezüglich der Durchsuchungserkenntnisse vorzunehmen.
18
(1) Zwar hat die Beschwerdeführerin u.a. ihren Beweisantrag und den daraufhin ergangenen ablehnenden Beschluss des Landgerichts im Wortlaut in der Revisionsbegründung vorgelegt. Auch ergibt die Überprüfung des Ablehnungsbeschlusses durch den Senat, dass sich das Landgericht bei seiner Entscheidung über den Beweisantrag von rechtlich fehlerhaften Erwägungen hat leiten lassen.
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(a) Es hat ausgeführt, die Tatwaffe sei unter gröblicher Verletzung des Richtervorbehalts sichergestellt worden; es habe im konkreten Fall einer richterlichen Durchsuchungsanordnung nach § 103 StPO bedurft. Der Angeklagte B. habe auch nicht wirksam in die Durchsuchung des Hausflurs einwilligen können, weil die Waffe in dem oberhalb seiner Wohnung gelegenen Hausflur – seine Wohnung befand sich im zweiten Obergeschoss – unter dem Kühlschrank versteckt gewesen sei. Insoweit stehe dem Angeklagten ein Hausrecht nicht zu. Vielmehr habe es sich um eine nicht richterlich genehmigte Durchsuchung bei einem Nichtverdächtigen gehandelt.
20
(b) Ungeachtet der Tatsache, dass der Flur im dritten Obergeschoss des betreffenden Apartmenthauses mangels allgemeiner Zugänglichkeit jedenfalls als befriedetes Besitztum in den – weit auszulegenden – Schutzbereich von Art. 13 Abs. 1 GG fällt (vgl. nur BVerfG, Beschluss vom 13. Oktober 1971 – 1 BvR 280/66, BVerfGE 32, 54; BGH [Ermittlungsrichter], Beschluss vom 14. März 1997 – 1 BGs 65/97, NJW 1997, 2189; Hofmann in Schmidt-Bleibtreu/ Hofmann/Henneke, GG, 14. Aufl., Art. 13 Rn. 7 mwN), hat das Landgericht bei seiner Entscheidung verkannt, dass der Angeklagte B. als einer der Mieter des Hauses Inhaber des Mitgewahrsams bzw. des Hausrechts an den gemeinschaftlich genutzten Hausfluren war (vgl. dazu RG, Urteil vom 10. Dezember 1879 – Rep. 562/79, RGSt 1, 121, 122; OLG Düsseldorf, NJW 1997, 3383, 3384; vgl. auch MüKo-StGB/Schäfer, 3. Aufl., § 123 Rn. 12 a.E.). Er hätte deshalb sein Einverständnis mit der Nachschau durch die Polizeibeamten erklären können. Wäre dies geschehen, wäre die Sicherstellung der Tatwaffe auf einer rechtsfehlerfreien Grundlage erfolgt; ein Beweisverwertungsverbot bestünde nicht.
21
(2) Dass ein solches Einverständnis des Angeklagten B. zum Zeitpunkt der Durchsuchung des Hausflurs und der Sicherstellung der Tatwaffe vorlag, ergibt sich aber weder aus dem Beweisantrag der Beschwerdeführerin noch aus dem Beschluss des Landgerichts oder dem sonstigen Revisionsvorbringen.
22
(a) Hinsichtlich eines möglicherweise erteilten Einverständnisses – ob ein solches tatsächlich erteilt wurde, bleibt unklar – nimmt die Beschlussbegründung des Landgerichts zwar Bezug auf die polizeiliche Vernehmung des Angeklagten B. kurz nach dessen Festnahme. Die Revision unterlässt es jedoch , den Inhalt dieser Vernehmung in ihrer Revisionsrechtfertigung mitzutei- len. Der Senat kann daher allein auf der Grundlage des Revisionsvorbringens nicht überprüfen, ob ein Beweisverwertungsverbot schon deshalb nicht vorgelegen hat, weil der Angeklagte B. als Mitgewahrsamsinhaber am Hausflur der Polizei die Nachschau gestattet hatte.
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(b) Dass das Landgericht in den Urteilsgründen im Rahmen der Strafzumessung mitteilt, der Angeklagte B. habe bei seiner Vernehmung das Versteck der Tatwaffe preisgegeben, rechtfertigt keine andere Beurteilung. Eine derartige Mitteilung beinhaltet nicht notwendigerweise die Erklärung des Einverständnisses mit einer hoheitlichen Ermittlungsmaßnahme in Gestalt der Nachschau im Haus.
24
(3) Die Revision hätte die polizeiliche Vernehmung des Angeklagten B. auch aus anderen Gründen mitteilen müssen. Denn die Umstände, unter denen dieser Angeklagte das Waffenversteck preisgab, waren auch für die Prüfung der Frage von Bedeutung, ob trotz eines möglichen Verstoßes gegen Beweiserhebungsvorschriften mit Blick auf die erforderliche Abwägung der widerstreitenden Interessen von einem Beweisverwertungsverbot abgesehen werden musste.
25
Darauf, dass die Beschwerdeführerin auch die Umstände der Durchsuchung im Übrigen nicht in einer Weise dargelegt hat, die eine ausreichende Grundlage für diese Abwägung bietet, sondern sich auf die ungeordnete und unvollständige Wiedergabe polizeilicher Ermittlungsvermerke beschränkt, kommt es danach nicht mehr an.
26
3. Die sachlich-rechtlichen Beanstandungen der Staatsanwaltschaft führen zur Aufhebung des angefochtenen Urteils lediglich insoweit, als das Landgericht die Vollstreckung der gegen den Angeklagten A. verhängten Freiheits- strafe zur Bewährung ausgesetzt und eine Unterbringung dieses Angeklagten in einer Entziehungsanstalt abgelehnt hat.
27
a) Hinsichtlich der Angeklagten A. und B. hat die Nachprüfung des Urteils hinsichtlich der Schuldsprüche keinen Rechtsfehler zum Vorteil der Angeklagten ergeben. Entsprechendes gilt für die gemäß § 301 StPO gebotene Überprüfung des Urteils auf Rechtsfehler zu deren Nachteil.
28
b) Zu Unrecht wendet sich die Beschwerdeführerin mit der Sachrüge auch dagegen, dass das Landgericht in Bezug auf alle vier Angeklagten die Voraussetzungen eines minder schweren Falles im Sinne des § 250 Abs. 3 StGB angenommen hat.
29
aa) Nach der gefestigten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs liegt ein minder schwerer Fall dann vor, wenn das gesamte Tatbild einschließlich aller subjektiven Momente und der Täterpersönlichkeit vom Durchschnitt der erfahrungsgemäß gewöhnlich vorkommenden Fälle in einem Maße abweicht, dass die Anwendung des Ausnahmestrafrahmens geboten erscheint. Die danach erforderliche Gesamtbetrachtung und die Würdigung aller wesentlichen entlastenden oder belastenden Gesichtspunkte ist – ebenso wie die Strafzumessung im engeren Sinne – in erster Linie Aufgabe des Tatrichters. Seine Wertung muss das Revisionsgericht bis zur Grenze des Vertretbaren hinnehmen. In die Einzelakte der Strafzumessung kann es in der Regel nur eingreifen, wenn die Zumessungserwägungen in sich fehlerhaft sind, wenn das Tatgericht gegen rechtlich anerkannte Strafzwecke verstößt oder wenn die verhängte Strafe auch unter Berücksichtigung des dem Tatrichter eingeräumten Ermessensspielraums nicht mehr als gerechter Schuldausgleich anzusehen ist. Eine bis ins Einzelne gehende Richtigkeitskontrolle ist dem Revisionsgericht dagegen verwehrt (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Großer Senat für Strafsachen, Beschluss vom 10. April 1987 – GSSt 1/86, BGHSt 34, 345, 349; Urteil vom 26. Mai 1992 – 1 StR 796/91; Urteil vom 23. Juli 1992 – 4 StR 194/92, juris Rn. 27 f.).
30
bb) Gemessen daran liegt in der Annahme minder schwerer Fälle im Sinne des § 250 Abs. 3 StGB kein durchgreifender Rechtsfehler zum Vorteil der Angeklagten.
31
Die erforderliche Gesamtbetrachtung hat das Landgericht, für jeden der vier Angeklagten gesondert, eingehend angestellt und in den Urteilsgründen in dem gebotenen Umfang dargelegt. Dabei hat es den von ihm selbst zutreffend als gewichtig bewerteten belastenden Gesichtspunkten (teilweise erhebliche Vorstrafen, Haftverbüßung, Bewährungsversagen) ebenso bedeutsame, alle Angeklagten betreffende entlastende Umstände gegenübergestellt (milieubedingte Spontantat bei Abhängigkeitserkrankung, geringe Beute, keine gravierenden körperlichen Folgen für den Nebenkläger). Dass es unter weiterer Berücksichtigung spezifischer Strafmilderungsgründe (Entschuldigung des Angeklagten A. , Deeskalationsbemühungen des Angeklagten B. , gruppendynamische Verleitung zur Tat bei den Angeklagten M. und P. ) die Voraussetzungen des § 250 Abs. 3 StGB im Ergebnis bejaht hat, lässt daher durchgreifende Wertungsfehler nicht erkennen.
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c) Jedoch begegnet die Aussetzung der Vollstreckung der gegen den Angeklagten A. verhängten Freiheitsstrafe zur Bewährung durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
33
Die die positive Legalprognose (§ 56 Abs. 1 StGB) tragenden Erwägungen stehen in einem auch unter Berücksichtigung des Gesamtzusammenhangs der Urteilsgründe nicht auflösbaren Widerspruch zu den Ausführungen des Landgerichts im Zusammenhang mit der Nichtanordnung einer Unterbringung dieses Angeklagten in einer Entziehungsanstalt. Während die Strafkammer einerseits bei der Bewährungsentscheidung zur Stützung ihrer günstigen Sozialprognose maßgeblich auf die vom Angeklagten bereits freiwillig angetretene und positiv verlaufende Drogenentwöhnungstherapie abgehoben hat, hat sie andererseits bei der Ablehnung der Maßregel nach § 64 StGB darauf abgestellt, dass die bisherige Deliktsentwicklung des Angeklagten gerade mit seiner Drogensucht nicht in Zusammenhang stehe.
34
d) Auch die Begründung, mit der das Landgericht die Anordnung der Unterbringung des Angeklagten A. in einer Entziehungsanstalt (§ 64 StGB) abgelehnt hat, begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
35
aa) Sachverständig beraten hat es bei dem ausweislich der Urteilsfeststellungen seit seinem 13. Lebensjahr durchgängig Marihuana, Kokain und Alkohol konsumierenden Angeklagten eine multiple Substanzabhängigkeit und damit das Vorliegen eines Hanges im Sinne von § 64 StGB bejaht. Es ist auch davon ausgegangen, dass ein „motivationaler Zusammenhang“ zwischen dem Hang und der abgeurteilten Tat besteht; ferner sei die Behandlungsprognose positiv. Gleichwohl hat es die Voraussetzungen für die Maßregelanordnung verneint, weil eine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt zwar die Begehung weiterer suchtabhängiger Straftaten verhindern werde. Die Vorstrafen wiesen indes keine Kausalität zur Betäubungsmittelabhängigkeit des Angeklagten auf.
36
bb) Diese Erwägungen legen es nahe, dass das Landgericht die Maßregelanordnung von zu engen Voraussetzungen abhängig gemacht hat.
37
(1) Der für die Maßregelanordnung nach § 64 StGB erforderliche symptomatische Zusammenhang zwischen dem Hang des Täters zum übermäßigen Drogengenuss und den begangenen Taten sowie seiner zukünftigen Gefährlichkeit wird nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht dadurch infrage gestellt, dass neben dem Hang auch andere Umstände mit dazu beigetragen haben, dass der Angeklagte erhebliche rechtswidrige Taten begangen hat und dies auch für die Zukunft mit dem erforderlichen Grad von Wahrscheinlichkeit zu besorgen ist (vgl. nur BGH, Beschluss vom 22. September 1999 – 3 StR 393/99, BGHR StGB § 64 Zusammenhang, symptomatischer 2 mwN). Mit Blick auf den Sicherungszweck der Maßregel ist eine Verbesserung der öffentlichen Sicherheit durch eine Suchtbehandlung schon dann erreicht, wenn bei ihrem erfolgreichem Verlauf das Ausmaß der Gefährlichkeit des Täters nach Frequenz und krimineller Intensität den von ihm zu befürchtenden Straftaten deutlich herabgesetzt wird (BGH aaO).
38
(2) Indem das Landgericht, insoweit dem Sachverständigen folgend, einen motivationalen Zusammenhang zwischen dem Hang des Angeklagten und der abgeurteilten Tat angenommen hat, ist der für die Unterbringungsanordnung erforderliche symptomatische Zusammenhang belegt. Darauf, dass die Suchtbehandlung die Gefahr der Begehung weiterer, suchtunabhängiger Taten des Angeklagten in der Zukunft möglicherweise nicht zu verringern vermag , kommt es entgegen der Auffassung des Landgerichts nicht an. Im Übrigen können kriminelle Neigungen und Drogenabhängigkeit ihren Ursprung in denselben , gegebenenfalls therapeutisch beeinflussbaren Persönlichkeitsdefiziten haben, so dass eine erfolgreiche Suchtbehandlung auch zur Schaffung günstiger Voraussetzungen für eine allgemeine und dauerhafte soziale Wiedereingliederung beitragen kann (BGH aaO).
39
Die Verhängung der Maßregel gegenüber dem Angeklagten, der nach den Feststellungen des Landgerichts nach der Tat bereits aus Eigeninitiative mit der Behandlung seiner Drogenabhängigkeit begonnen hat, bedarf daher ebenfalls erneuter Verhandlung und Entscheidung.

II.


Zur Revision des Angeklagten P.
40
Die Revision des Angeklagten P. hat keinen Erfolg.
41
Die Nachprüfung des angefochtenen Urteils aufgrund der Sachrüge hat weder hinsichtlich des Schuldspruchs noch hinsichtlich des Rechtsfolgenausspruchs einen durchgreifenden Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben. Zur Begründung nimmt der Senat auf die zutreffenden Ausführungen in der Antragsschrift des Generalbundesanwalts vom 17. April 2018 Bezug.
Sost-Scheible Roggenbuck Franke
Bender Quentin

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BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL 3 S t R 1 4 0 / 1 4 vom 10. Juli 2014 in der Strafsache gegen wegen Erwerbs von Betäubungsmitteln u.a. Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 10. Juli 2014, an der teilgenommen
2 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Bundesgerichtshof Urteil, 27. Sept. 2018 - 4 StR 135/18.

Bundesgerichtshof Beschluss, 26. Feb. 2019 - 4 StR 547/18

bei uns veröffentlicht am 26.02.2019

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 4 StR 547/18 vom 26. Februar 2019 in der Strafsache gegen 1. 2. wegen Vergewaltigung u.a. Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung der Beschwerdeführer am 26. Febr

Bundesgerichtshof Beschluss, 19. Dez. 2018 - 2 StR 247/18

bei uns veröffentlicht am 19.12.2018

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 2 StR 247/18 vom 19. Dezember 2018 in der Strafsache gegen 1. 2. Zu 1: wegen versuchten Totschlags u.a. Zu 2: wegen Bildung bewaffneter Gruppen u.a. ECLI:DE:BGH:2018:191218B2STR247.18.1 Der 2. Strafsenat des Bundes

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(1) Wer einen Menschen rechtswidrig mit Gewalt oder durch Drohung mit einem empfindlichen Übel zu einer Handlung, Duldung oder Unterlassung nötigt und dadurch dem Vermögen des Genötigten oder eines anderen Nachteil zufügt, um sich oder einen Dritten zu Unrecht zu bereichern, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Rechtswidrig ist die Tat, wenn die Anwendung der Gewalt oder die Androhung des Übels zu dem angestrebten Zweck als verwerflich anzusehen ist.

(3) Der Versuch ist strafbar.

(4) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung einer Erpressung verbunden hat.

Wird die Erpressung durch Gewalt gegen eine Person oder unter Anwendung von Drohungen mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben begangen, so ist der Täter gleich einem Räuber zu bestrafen.

(1) Wer mit Gewalt gegen eine Person oder unter Anwendung von Drohungen mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben eine fremde bewegliche Sache einem anderen in der Absicht wegnimmt, die Sache sich oder einem Dritten rechtswidrig zuzueignen, wird mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr bestraft.

(2) In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren.

(1) Auf Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren ist zu erkennen, wenn

1.
der Täter oder ein anderer Beteiligter am Raub
a)
eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug bei sich führt,
b)
sonst ein Werkzeug oder Mittel bei sich führt, um den Widerstand einer anderen Person durch Gewalt oder Drohung mit Gewalt zu verhindern oder zu überwinden,
c)
eine andere Person durch die Tat in die Gefahr einer schweren Gesundheitsschädigung bringt oder
2.
der Täter den Raub als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Raub oder Diebstahl verbunden hat, unter Mitwirkung eines anderen Bandenmitglieds begeht.

(2) Auf Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren ist zu erkennen, wenn der Täter oder ein anderer Beteiligter am Raub

1.
bei der Tat eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug verwendet,
2.
in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 eine Waffe bei sich führt oder
3.
eine andere Person
a)
bei der Tat körperlich schwer mißhandelt oder
b)
durch die Tat in die Gefahr des Todes bringt.

(3) In minder schweren Fällen der Absätze 1 und 2 ist die Strafe Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren.

(1) Als Täter wird bestraft, wer die Straftat selbst oder durch einen anderen begeht.

(2) Begehen mehrere die Straftat gemeinschaftlich, so wird jeder als Täter bestraft (Mittäter).

(1) Auf Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren ist zu erkennen, wenn

1.
der Täter oder ein anderer Beteiligter am Raub
a)
eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug bei sich führt,
b)
sonst ein Werkzeug oder Mittel bei sich führt, um den Widerstand einer anderen Person durch Gewalt oder Drohung mit Gewalt zu verhindern oder zu überwinden,
c)
eine andere Person durch die Tat in die Gefahr einer schweren Gesundheitsschädigung bringt oder
2.
der Täter den Raub als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Raub oder Diebstahl verbunden hat, unter Mitwirkung eines anderen Bandenmitglieds begeht.

(2) Auf Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren ist zu erkennen, wenn der Täter oder ein anderer Beteiligter am Raub

1.
bei der Tat eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug verwendet,
2.
in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 eine Waffe bei sich führt oder
3.
eine andere Person
a)
bei der Tat körperlich schwer mißhandelt oder
b)
durch die Tat in die Gefahr des Todes bringt.

(3) In minder schweren Fällen der Absätze 1 und 2 ist die Strafe Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren.

(1) Nach der Vernehmung des Angeklagten folgt die Beweisaufnahme.

(2) Das Gericht hat zur Erforschung der Wahrheit die Beweisaufnahme von Amts wegen auf alle Tatsachen und Beweismittel zu erstrecken, die für die Entscheidung von Bedeutung sind.

(3) Ein Beweisantrag liegt vor, wenn der Antragsteller ernsthaft verlangt, Beweis über eine bestimmt behauptete konkrete Tatsache, die die Schuld- oder Rechtsfolgenfrage betrifft, durch ein bestimmt bezeichnetes Beweismittel zu erheben und dem Antrag zu entnehmen ist, weshalb das bezeichnete Beweismittel die behauptete Tatsache belegen können soll. Ein Beweisantrag ist abzulehnen, wenn die Erhebung des Beweises unzulässig ist. Im Übrigen darf ein Beweisantrag nur abgelehnt werden, wenn

1.
eine Beweiserhebung wegen Offenkundigkeit überflüssig ist,
2.
die Tatsache, die bewiesen werden soll, für die Entscheidung ohne Bedeutung ist,
3.
die Tatsache, die bewiesen werden soll, schon erwiesen ist,
4.
das Beweismittel völlig ungeeignet ist,
5.
das Beweismittel unerreichbar ist oder
6.
eine erhebliche Behauptung, die zur Entlastung des Angeklagten bewiesen werden soll, so behandelt werden kann, als wäre die behauptete Tatsache wahr.

(4) Ein Beweisantrag auf Vernehmung eines Sachverständigen kann, soweit nichts anderes bestimmt ist, auch abgelehnt werden, wenn das Gericht selbst die erforderliche Sachkunde besitzt. Die Anhörung eines weiteren Sachverständigen kann auch dann abgelehnt werden, wenn durch das frühere Gutachten das Gegenteil der behaupteten Tatsache bereits erwiesen ist; dies gilt nicht, wenn die Sachkunde des früheren Gutachters zweifelhaft ist, wenn sein Gutachten von unzutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen ausgeht, wenn das Gutachten Widersprüche enthält oder wenn der neue Sachverständige über Forschungsmittel verfügt, die denen eines früheren Gutachters überlegen erscheinen.

(5) Ein Beweisantrag auf Einnahme eines Augenscheins kann abgelehnt werden, wenn der Augenschein nach dem pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts zur Erforschung der Wahrheit nicht erforderlich ist. Unter derselben Voraussetzung kann auch ein Beweisantrag auf Vernehmung eines Zeugen abgelehnt werden, dessen Ladung im Ausland zu bewirken wäre. Ein Beweisantrag auf Verlesung eines Ausgangsdokuments kann abgelehnt werden, wenn nach pflichtgemäßem Ermessen des Gerichts kein Anlass besteht, an der inhaltlichen Übereinstimmung mit dem übertragenen Dokument zu zweifeln.

(6) Die Ablehnung eines Beweisantrages bedarf eines Gerichtsbeschlusses. Einer Ablehnung nach Satz 1 bedarf es nicht, wenn die beantragte Beweiserhebung nichts Sachdienliches zu Gunsten des Antragstellers erbringen kann, der Antragsteller sich dessen bewusst ist und er die Verschleppung des Verfahrens bezweckt; die Verfolgung anderer verfahrensfremder Ziele steht der Verschleppungsabsicht nicht entgegen. Nach Abschluss der von Amts wegen vorgesehenen Beweisaufnahme kann der Vorsitzende eine angemessene Frist zum Stellen von Beweisanträgen bestimmen. Beweisanträge, die nach Fristablauf gestellt werden, können im Urteil beschieden werden; dies gilt nicht, wenn die Stellung des Beweisantrags vor Fristablauf nicht möglich war. Wird ein Beweisantrag nach Fristablauf gestellt, sind die Tatsachen, die die Einhaltung der Frist unmöglich gemacht haben, mit dem Antrag glaubhaft zu machen.

(1) Auf Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren ist zu erkennen, wenn

1.
der Täter oder ein anderer Beteiligter am Raub
a)
eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug bei sich führt,
b)
sonst ein Werkzeug oder Mittel bei sich führt, um den Widerstand einer anderen Person durch Gewalt oder Drohung mit Gewalt zu verhindern oder zu überwinden,
c)
eine andere Person durch die Tat in die Gefahr einer schweren Gesundheitsschädigung bringt oder
2.
der Täter den Raub als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Raub oder Diebstahl verbunden hat, unter Mitwirkung eines anderen Bandenmitglieds begeht.

(2) Auf Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren ist zu erkennen, wenn der Täter oder ein anderer Beteiligter am Raub

1.
bei der Tat eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug verwendet,
2.
in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 eine Waffe bei sich führt oder
3.
eine andere Person
a)
bei der Tat körperlich schwer mißhandelt oder
b)
durch die Tat in die Gefahr des Todes bringt.

(3) In minder schweren Fällen der Absätze 1 und 2 ist die Strafe Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren.

(1) Nach der Vernehmung des Angeklagten folgt die Beweisaufnahme.

(2) Das Gericht hat zur Erforschung der Wahrheit die Beweisaufnahme von Amts wegen auf alle Tatsachen und Beweismittel zu erstrecken, die für die Entscheidung von Bedeutung sind.

(3) Ein Beweisantrag liegt vor, wenn der Antragsteller ernsthaft verlangt, Beweis über eine bestimmt behauptete konkrete Tatsache, die die Schuld- oder Rechtsfolgenfrage betrifft, durch ein bestimmt bezeichnetes Beweismittel zu erheben und dem Antrag zu entnehmen ist, weshalb das bezeichnete Beweismittel die behauptete Tatsache belegen können soll. Ein Beweisantrag ist abzulehnen, wenn die Erhebung des Beweises unzulässig ist. Im Übrigen darf ein Beweisantrag nur abgelehnt werden, wenn

1.
eine Beweiserhebung wegen Offenkundigkeit überflüssig ist,
2.
die Tatsache, die bewiesen werden soll, für die Entscheidung ohne Bedeutung ist,
3.
die Tatsache, die bewiesen werden soll, schon erwiesen ist,
4.
das Beweismittel völlig ungeeignet ist,
5.
das Beweismittel unerreichbar ist oder
6.
eine erhebliche Behauptung, die zur Entlastung des Angeklagten bewiesen werden soll, so behandelt werden kann, als wäre die behauptete Tatsache wahr.

(4) Ein Beweisantrag auf Vernehmung eines Sachverständigen kann, soweit nichts anderes bestimmt ist, auch abgelehnt werden, wenn das Gericht selbst die erforderliche Sachkunde besitzt. Die Anhörung eines weiteren Sachverständigen kann auch dann abgelehnt werden, wenn durch das frühere Gutachten das Gegenteil der behaupteten Tatsache bereits erwiesen ist; dies gilt nicht, wenn die Sachkunde des früheren Gutachters zweifelhaft ist, wenn sein Gutachten von unzutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen ausgeht, wenn das Gutachten Widersprüche enthält oder wenn der neue Sachverständige über Forschungsmittel verfügt, die denen eines früheren Gutachters überlegen erscheinen.

(5) Ein Beweisantrag auf Einnahme eines Augenscheins kann abgelehnt werden, wenn der Augenschein nach dem pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts zur Erforschung der Wahrheit nicht erforderlich ist. Unter derselben Voraussetzung kann auch ein Beweisantrag auf Vernehmung eines Zeugen abgelehnt werden, dessen Ladung im Ausland zu bewirken wäre. Ein Beweisantrag auf Verlesung eines Ausgangsdokuments kann abgelehnt werden, wenn nach pflichtgemäßem Ermessen des Gerichts kein Anlass besteht, an der inhaltlichen Übereinstimmung mit dem übertragenen Dokument zu zweifeln.

(6) Die Ablehnung eines Beweisantrages bedarf eines Gerichtsbeschlusses. Einer Ablehnung nach Satz 1 bedarf es nicht, wenn die beantragte Beweiserhebung nichts Sachdienliches zu Gunsten des Antragstellers erbringen kann, der Antragsteller sich dessen bewusst ist und er die Verschleppung des Verfahrens bezweckt; die Verfolgung anderer verfahrensfremder Ziele steht der Verschleppungsabsicht nicht entgegen. Nach Abschluss der von Amts wegen vorgesehenen Beweisaufnahme kann der Vorsitzende eine angemessene Frist zum Stellen von Beweisanträgen bestimmen. Beweisanträge, die nach Fristablauf gestellt werden, können im Urteil beschieden werden; dies gilt nicht, wenn die Stellung des Beweisantrags vor Fristablauf nicht möglich war. Wird ein Beweisantrag nach Fristablauf gestellt, sind die Tatsachen, die die Einhaltung der Frist unmöglich gemacht haben, mit dem Antrag glaubhaft zu machen.

(1) Der Beschwerdeführer hat die Erklärung abzugeben, inwieweit er das Urteil anfechte und dessen Aufhebung beantrage (Revisionsanträge), und die Anträge zu begründen.

(2) Aus der Begründung muß hervorgehen, ob das Urteil wegen Verletzung einer Rechtsnorm über das Verfahren oder wegen Verletzung einer anderen Rechtsnorm angefochten wird. Ersterenfalls müssen die den Mangel enthaltenden Tatsachen angegeben werden.

8
a) Danach sind im Rahmen einer Verfahrensrüge die den geltend gemachten Verstoß enthaltenen Tatsachen grundsätzlich so vollständig und genau darzulegen, dass das Revisionsgericht allein anhand der Revisionsbegründung in die Lage versetzt wird, über den geltend gemachten Mangel endgültig zu entscheiden. Für den Revisionsvortrag wesentliche Schriftstücke oder Aktenstellen sind im Einzelnen zu bezeichnen und – in der Regel durch wörtliche Zitate beziehungsweise eingefügte Abschriften oder Ablichtungen – zum Bestandteil der Revisionsbegründung zu machen (BGH, Urteil vom 10. Juli 2014 – 3 StR 140/14, NStZ-RR 2014, 318 ff.; Beschluss vom 24. Januar 2012 – 4 StR 493/11, juris; KK-StPO/Gericke, 7. Aufl., § 344 Rn. 38 ff. mwN; ebenso Nr. 156 Abs. 3 RiStBV).

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
3 S t R 1 4 0 / 1 4
vom
10. Juli 2014
in der Strafsache
gegen
wegen Erwerbs von Betäubungsmitteln u.a.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 10. Juli 2014,
an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Becker,
die Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Schäfer,
Mayer,
Gericke,
Richterin am Bundesgerichtshof
Dr. Spaniol
als beisitzende Richter,
Staatsanwalt
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Justizobersekretärin
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Die Revision der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landgerichts Mönchengladbach vom 28. Oktober 2013 wird verworfen. Die Kosten des Rechtsmittels und die dem Angeklagten dadurch entstandenen notwendigen Auslagen trägt die Staatskasse.

Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Erwerbs von Betäubungsmitteln in dreizehn Fällen zu einer Gesamtgeldstrafe von 80 Tagessätzen zu je 30 € verurteilt und ihn im Übrigen freigesprochen. Die Staatsanwaltschaft wendet sich mit einer Verfahrensrüge gegen den Teilfreispruch. Daneben beanstandet sie mit der Sachrüge die Strafzumessungserwägungen des Landgerichts. Das vom Generalbundesanwalt bezüglich des Angriffs gegen den Teilfreispruch vertretene Rechtsmittel bleibt insgesamt ohne Erfolg.
2
Nach den Feststellungen kaufte der Angeklagte von Januar bis März 2013 bei dem früheren Mitangeklagten J. in insgesamt dreizehn Fällen zwischen zwei und fünfzehn Gramm Marihuana überwiegend zum Eigenkonsum.
3
Mit der Anklage war ihm darüber hinaus zur Last gelegt worden, dem J. zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln Beihilfe geleistet zu haben, indem er diesem die von ihm selbst angemietete Wohnung im Hause F. straße in M. als Drogenbunker zur Verfügung gestellt habe. Von diesem Vorwurf hat das Landgericht den Angeklagten freigesprochen und zur Begründung ausgeführt, zu den in der genannten Wohnung sichergestellten Betäubungsmitteln und sonstigen Gegenständen hätten keine Feststellungen getroffen werden können. Insoweit bestehe ein Beweisverwertungsverbot , das auch die polizeilichen Einlassungen des Angeklagten und J. s umfasse.
4
I. Die Staatsanwaltschaft wendet sich gegen den freisprechenden Teil des Urteils mit der Beanstandung, das Landgericht habe mehrere Beweisanträge zu Unrecht zurückgewiesen (§ 244 Abs. 3 StPO). Die Rüge dringt nicht durch, denn sie ist nicht in zulässiger Weise erhoben (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO).
5
1. Folgendes Verfahrensgeschehen liegt zugrunde:
6
Die Staatsanwaltschaft hat die Vernehmung mehrerer Polizeibeamter, welche die Wohnung des Angeklagten durchsucht und danach den Angeklagten sowie J. vernommen haben, und die Verlesung eines Wirkstoffgutachtens des Landeskriminalamts Nordrhein-Westfalen zum Beweis dessen beantragt , was bei der Durchsuchung sichergestellt und in den anschließenden Vernehmungen angegeben wurde. Das Landgericht hat diese Anträge durch Beschluss mit der Begründung abgelehnt, die begehrte Beweiserhebung sei unzulässig (§ 244 Abs. 3 Satz 1 StPO).
7
2. Die Beschwerdeführerin hat mit ihrer Revisionsbegründung lediglich die Beweisanträge und den diese zurückweisenden Beschluss des Landgerichts mitgeteilt. Dies genügt hier den sich aus § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO ergebenden Anforderungen nicht.
8
a) Die Fehlerhaftigkeit des die Beweisanträge zurückweisenden Beschlusses ergibt sich nicht bereits allein aus dessen Begründung, so dass die Vorlage weiteren Verfahrensstoffes durch den Revisionsführer nicht bereits aus diesem Grunde entbehrlich ist.
9
aa) Das Landgericht hat ein Beweisverwertungsverbot angenommen und auf dieser Grundlage zutreffend die beantragte Beweiserhebung als unzulässig im Sinne des § 244 Abs. 3 Satz 1 StPO bewertet (BGH, Urteil vom 29. April 2010 - 3 StR 63/10 juris Rn. 10).
10
bb) Der Umfang der Beschlussbegründung ist nicht zu beanstanden.
11
Die Begründung des Beschlusses, mit dem ein Beweisantrag zurückgewiesen wird, soll zum einen den Antragsteller davon unterrichten, wie das Gericht das Begehren beurteilt, damit er in der Lage ist, sich auf die Verfahrenslage einzustellen, die durch die Antragsablehnung entstanden ist. Zum anderen soll dem Revisionsgericht die rechtliche Überprüfung der Ablehnung ermöglicht werden (st. Rspr.; vgl. etwa Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 57. Aufl., § 244 Rn. 41a mwN). Dies gilt auch im Rahmen des § 244 Abs. 3 Satz 1 StPO (aA möglicherweise noch Alsberg/Nüse/Meyer, Der Beweisantrag im Strafprozess, 5. Aufl., S. 760, wonach ein "kurzer Hinweis" genüge; vgl. hierzu LR/Becker, StPO, 26. Aufl., § 244 Rn. 201).
12
Dem wird der Beschluss des Landgerichts gerecht. Die Strafkammer hat ausgeführt, die Beweismittel beruhten auf dem Ergebnis der ohne die erforderliche richterliche Anordnung durchgeführten Wohnungsdurchsuchung. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme habe kein Grund zu der Annahme bestanden , es liege Gefahr im Verzug vor. Aufgrund der willkürlichen, bewussten und groben Missachtung des Richtervorbehalts bestehe hinsichtlich der gewonnenen Beweismittel ein Verwertungsverbot. Dieses betreffe sowohl die bei der Durchsuchung gewonnenen Beweismittel als auch die auf Vorhalt der Durchsuchungsergebnisse ohne "qualifizierte" Belehrung gegenüber den Vernehmungsbeamten gemachten Angaben. Damit war für die Verfahrensbeteiligten ausreichend erkennbar, aus welchen Gründen das Tatgericht die begehrte Beweiserhebung für unzulässig hielt. Sie konnten ihr weiteres Prozessverhalten darauf einstellen und insbesondere auch erwägen, weitere (Beweis-)Anträge zu den Umständen der Wohnungsdurchsuchung zu stellen. Zur angemessenen Wahrung ihrer Rechte war es insbesondere nicht erforderlich, dass das Landgericht die nach seiner Auffassung zur Annahme eines Beweisverwertungsverbotes führende Würdigung des Verfahrensstoffes im Einzelnen darlegte. Dies war auch nicht nötig, um eine revisionsrechtliche Überprüfung zu ermöglichen, denn das Revisionsgericht hat zu der Frage, ob ein Beweisverwertungsverbot vorliegt, - anders als bei der revisionsrechtlichen Überprüfung der im Wege des Strengbeweises gewonnenen Umstände, auf deren Grundlage das Tatgericht über den Schuldspruch und die daran anknüpfenden Rechtsfolgen zu entscheiden hat - nicht lediglich diese Würdigung auf Rechtsfehler zu überprüfen, sondern selbst im Wege des Freibeweises festzustellen, ob der behauptete Verfahrensfehler vorliegt (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 22. Februar 1978 - 2 StR 334/77, NJW 1978, 1390; aA LR/Becker, aaO, § 244 Rn. 32).
13
b) Gemäß den danach geltenden allgemeinen Grundsätzen des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO muss der Beschwerdeführer im Rahmen einer Verfahrensrüge die den geltend gemachten Verstoß enthaltenden Tatsachen grundsätzlich so vollständig und genau darlegen, dass das Revisionsgericht allein an Hand der Revisionsbegründung in die Lage versetzt wird, über den geltend gemachten Mangel endgültig zu entscheiden. Für den Revisionsvortrag wesentliche Schriftstücke oder Aktenstellen sind im Einzelnen zu bezeichnen und - in der Regel durch wörtliche Zitate oder eingefügte Abschriften oder Ablichtungen - zum Bestandteil der Revisionsbegründung zu machen. Rügt der Beschwerdeführer die rechtsfehlerhafte Ablehnung von Beweisanträgen, so muss er, sofern sich die Fehlerhaftigkeit des Beschlusses nicht schon aus dessen Begründung ergibt, neben der Mitteilung von Antragswortlaut und Ablehnungsbegründung diejenigen weiteren Tatsachen darlegen, aus denen die Fehlerhaftigkeit des Ablehnungsbeschlusses folgt. Zum notwendigen vollständigen Rügevortrag kann es deshalb erforderlich sein, Einzelheiten des Verfahrensablaufs mitzuteilen (st. Rspr.; vgl. etwa LR/Becker, aaO, § 244 Rn. 372 ff.; KK-Gericke, 7. Aufl., § 344 Rn. 38 ff., jeweils m. zahlr. w. N.).
14
Diesen Vorgaben ist die Beschwerdeführerin mit der Vorlage allein der Beweisanträge und des diese zurückweisenden Gerichtsbeschlusses nicht nachgekommen. Dem Senat ist es nicht möglich, auf dieser Grundlage die erforderliche eigene umfassende Überprüfung des Verfahrens im Hinblick auf den behaupteten Rechtsfehler vorzunehmen. Dies beruht auf folgenden Erwägungen :
15
Der beanstandete Beschluss ist dann rechtsfehlerfrei, wenn die Ergebnisse der Wohnungsdurchsuchung sowie die Angaben des Angeklagten und des J. einem Beweisverwertungsverbot unterlagen. Deshalb ist zunächst zu beurteilen, ob die Beweisgewinnung rechtsfehlerhaft war. Dies erfordert hier die Prüfung, ob die Voraussetzungen für die Annahme von Gefahr im Verzug vorlagen mit der Folge, dass eine richterliche Anordnung der Ermittlungsmaßnahme entbehrlich war (§ 105 Abs. 1 StPO). Das setzt voraus, dass die richterliche Anordnung nicht eingeholt werden konnte, ohne dass der Zweck der Maßnahme gefährdet wurde, etwa weil der Verlust der Beweismittel drohte (BGH, Beschluss vom 11. August 2005 - 5 StR 200/05, BGHR StPO § 105 Abs. 1 Durchsuchung 6; Beschluss vom 19. Januar 2010 - 3 StR 530/09, BGHR StPO § 105 Abs. 1 Gefahr im Verzug 1). War die Beweisgewinnung rechtswidrig, ist sodann zu prüfen, ob hieraus im konkreten Fall ein Beweisverwertungsverbot folgt. Dies ist nach den Umständen des Einzelfalles unter Abwägung aller maßgeblichen Gesichtspunkte und der widerstreitenden Interessen zu entscheiden. Bedeutsam ist dabei vor allem das Gewicht des in Rede stehenden Verfahrensverstoßes (vgl. im Einzelnen BVerfG, Beschluss vom 9. November 2010 - 2 BvR 2101/09, NStZ 2011, 103, 104 Rn. 42 ff.; BGH, Urteil vom 14. August 2009 - 3 StR 552/08, BGHSt 54, 69, 87; Urteil vom 20. Dezember 2012 - 3 StR 117/12, BGHSt 58, 84, 96; für den Fall einer rechtsfehlerhaften Durchsuchung vgl. BGH, Beschluss vom 18. November 2003 - 1 StR 455/03, BGHR StPO § 105 Abs. 1 Durchsuchung 4; Urteil vom 18. April 2007 - 5 StR 546/06, BGHR StPO § 105 Abs. 1 Durchsuchung 7; Beschluss vom 30. August 2011 - 3 StR 210/11, BGHR StPO § 105 Abs. 1 Durchsuchung 8). Schließlich ist gegebenenfalls zu entscheiden, wie weit das möglicherweise vorliegende Beweisverwertungsverbot reicht. Dafür könnte hier etwa von Bedeutung sein, ob die Durchsuchungsergebnisse dem Angeklagten und dem J. bei deren polizeilichen Vernehmung vorgehalten wordensind und dieser Vorhalt im Zusammenhang mit ihren Einlassungen steht, diese mithin von der rechtswidrigen Maßnahme unmittelbar beeinflusst worden sind (vgl. BGH, Urteil vom 6. August 1987 - 4 StR 333/87, BGHSt 35, 32, 34). In diesem Fall würde der Annahme eines Verwertungsverbots bezüglich der polizeilichen Einlassung der Beschluss des Senats vom 16. Oktober 2007 (3 StR 413/07) nicht entgegen stehen; denn dieser betraf die Verwertbarkeit einer geständigen Einlassung, die der Angeklagte in der Hauptverhandlung abgegeben hatte und damit einen sich von der hiesigen Fallgestaltung wesentlich unterscheidenden Sachverhalt.
16
All diese Gesichtspunkte können vom Senat ohne Kenntnis des die durchgeführte Durchsuchung und die anschließenden Vernehmungen betreffenden Akteninhalts nicht bewertet werden. So ist etwa der Inhalt der anlässlich der Durchsuchung gefertigten polizeilichen Vermerke sowohl für die Annahme von Gefahr im Verzug als auch für die Beurteilung des Gewichts eines eventuellen Verfahrensverstoßes von wesentlicher Bedeutung.
17
c) Der Vortrag des maßgebenden Verfahrensstoffs durch die Revisionsführerin war auch nicht deshalb entbehrlich, weil sie auch die Sachrüge erhoben und das Landgericht im Rahmen seiner schriftlichen Urteilsgründe nähere Ausführungen zu dem nach seiner Ansicht bestehenden Beweisverwertungsverbot gemacht hat (vgl. BGH, Urteil vom 23. September 1999 - 4 StR 189/99, BGHSt 45, 203, 204 f.; KK-Gericke, aaO, § 344 Rn. 39 mwN). Denn den vorliegenden Urteilsgründen können die maßgebenden Verfahrensvorgänge jedenfalls nicht mit der erforderlichen Klarheit entnommen werden. Das Landgericht hat lediglich die von ihm für wesentlich erachteten Beweisergebnisse dargestellt und in erster Linie unter deren Würdigung seine Auffassung begründet, es liege ein Beweisverwertungsverbot vor. Der Senat hat indes - wie dargelegt - als Revisionsgericht eine eigene freibeweisliche Würdigung vorzunehmen. Hierzu ist im vorliegenden Fall aus den dargelegten Gründen die Kenntnisnahme des maßgebenden Akteninhalts durch ihn selbst unerlässlich; diese kann nicht durch die Darstellung vom Landgericht ausgewählter Teile ersetzt werden. Auch der Generalbundesanwalt hat in seiner Antragsschrift auf bestimmte, die Vernehmungen betreffende tatsächliche Umstände abgestellt, die dem Senat weder im Revisionsverfahren zur Kenntnis gebracht worden sind noch sich aus den schriftlichen Urteilsgründen ergeben (s. etwa Antragsschrift S. 8).
18
II. Bezüglich der Sachrüge, mit der die Revision die Strafzumessung angreift und dabei eine Verletzung des § 46 StGB geltend macht, ist das Rechtsmittel aus den in der Antragsschrift des Generalbundesanwalts zutreffend ausgeführten Erwägungen unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
Becker Schäfer Mayer RiBGH Gericke befindet sich Spaniol im Urlaub und ist daher gehindert zu unterschreiben. Becker
Nachschlagewerk: ja
BGHSt : nein
Veröffentlichung : ja
GG Art. 1; Art. 20 Abs. 3; MRK Art. 6 Abs. 1 Satz 1;
BerlLBG § 27 Abs. 3
Zur Abwägung der im Widerstreit stehenden verfassungsrechtlichen
Rechtsgüter bei der Beschränkung des Rechts auf umfassende
Verteidigung aufgrund beamtenrechtlicher Vorschriften.
BGH, Beschluss vom 5. Juni 2007 – 5 StR 383/06
LG Berlin –

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
vom 5. Juni 2007
in der Strafsache
gegen
1.
2.
3.
wegen Beihilfe zum bandenmäßigen Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in
nicht geringer Menge u. a.
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 5. Juni 2007

beschlossen:
Die Revisionen der Staatsanwaltschaft und der Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Berlin vom 13. Januar 2006 werden nach § 349 Abs. 1 StPO als unzulässig verworfen.
Die Staatskasse trägt die Kosten der Revisionen der Staatsanwaltschaft und die den Angeklagten hierdurch entstandenen notwendigen Auslagen. Jeder Angeklagte hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
G r ü n d e
1
Das Landgericht hat das Verfahren gegen die Angeklagten wegen eines Verfahrenshindernisses durch Urteil gemäß § 260 Abs. 3 StPO eingestellt. Die hiergegen gerichteten Revisionen der Staatsanwaltschaft, die – vertreten vom Generalbundesanwalt – die Aufhebung des Einstellungsurteils und Fortführung des Verfahrens erstrebt, sowie der Angeklagten, die ihre Freisprechung erreichen wollen, sind unzulässig.

I.


2
Mit unverändert zur Hauptverhandlung zugelassener Anklage wurde den Angeklagten eine größere Zahl von Straftaten zur Last gelegt, die sie im Zeitraum von Juni 2001 bis zum 30. Juli 2004 im Zusammenhang mit ihrer bis Sommer 2003 andauernden Tätigkeit als Polizeibeamte bei der Berliner Polizei im Bereich der Fahndung, Aufklärung und Observation, insbesondere im Umgang mit Informanten bzw. bei der Führung von Vertrauenspersonen, begangen haben sollen.
3
Im Einzelnen handelt es sich um Tatvorwürfe der Beihilfe zum bandenmäßigen Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in einer Vielzahl von Fällen (alle Angeklagte), der versuchten Strafvereitelung im Amt (Angeklagter N. ), der Vorteilsannahme und der uneidlichen Falschaussage (Angeklagte N. und H. ) sowie des Meineides und der Anstiftung zur Fälschung beweiserheblicher Daten (Angeklagter H.

).


II.


4
Nach den Feststellungen des Landgerichts wurde der Angeklagte N. seit September 1999 in der Direktion 5 (FAO) der Berliner Polizei als Teamführer im Bereich der Führung von Vertrauenspersonen und Informanten eingesetzt. Seine Aufgabenstellung war die „Strukturerhellung“ von ethnischen Gruppen, insbesondere arabischen Großfamilien, im Bereich der Schwerstkriminalität. Der Angeklagte Hö. war seit 1999 im Team des Angeklagten N. mit der Führung von Informanten und Vertrauenspersonen betraut. Zur Tätigkeit des Angeklagten H. , der sich weder zu seinen persönlichen Verhältnissen noch zur Sache eingelassen hat, sind keine Feststellungen getroffen. Alle Angeklagten sind seit Sommer 2003 mit einem Verbot der Amtsausübung belegt.

III.


5
Der Verfahrenseinstellung ging nach den Feststellungen des Landgerichts folgendes Prozessgeschehen voraus:
6
1. Die Angeklagten N. und Hö. haben die gegen sie erhobenen Tatvorwürfe bestritten und durch ihre Verteidiger erklären lassen, sie sähen sich als Polizeibeamte wegen ihrer Verpflichtung zur Amtsverschwiegenheit daran gehindert, sich gegen die nicht zutreffenden und willkürlich aus dem Zusammenhang gerissenen Anklagevorwürfe substantiiert zu verteidigen. Auch verbiete ihnen diese Pflicht, die Sach- und Rechtslage mit ihren Verteidigern zu erörtern. Insbesondere um Gesamtzusammenhänge und mögliche Interessen Dritter an ihrer Diskreditierung zu dokumentieren, seien Angaben zu Sachverhalten unabdingbar, die grundsätzlich der Geheimhaltung unterlägen. Dazu gehörten Kriminaltaktik – auch und gerade im Hinblick auf Einzelfälle –, Polizeiinterna wie der Aufbau der VP- und Informantenführung bei der Direktion 5 (FAO) und die spätere zentrale Organisation der VPFührung bei dem LKA 15 einschließlich der damit einhergehenden Kompetenzstreitigkeiten sowie nach dem 11. September 2001 geltende polizeiinterne Anweisungen und geheime dienstliche Vorschriften zur Führung von Quellen arabischer Herkunft.
7
2. Der Angeklagte N. hat beantragt, ihm eine „erweiterte“ Aussagegenehmigung zu erteilen, hilfsweise erst nach vorherigem Ausschluss der Öffentlichkeit und Verpflichtung der Prozessbeteiligten zur Verschwiegenheit. Auf diesen Antrag hin hat das Landgericht für die Dauer der von dem Angeklagten N. beabsichtigten Sacheinlassung und einer sich gegebenenfalls daran anschließenden Vernehmung zur Sache gemäß § 172 Nr. 1 GVG die Öffentlichkeit ausgeschlossen, die Anfertigung von Mitschriften durch den Prozessbeobachter des Polizeipräsidenten untersagt (§ 175 Abs. 2 Satz 1 GVG) und alle nach Ausschluss der Öffentlichkeit anwesenden Personen zur Verschwiegenheit verpflichtet (§ 174 Abs. 3 Satz 1 GVG).
8
3. Gleichwohl haben auf Anfragen von Verteidigern, Ersuchen des Strafkammervorsitzenden und schließlich eine Gegenvorstellung der Strafkammer , die den Hinweis auf ein andernfalls drohendes Prozesshindernis enthielt, der Polizeipräsident in Berlin und sodann auch die Senatsverwaltung für Inneres des Landes Berlin die Erteilung einer umfassenden Aussagegenehmigung an die Angeklagten für Angaben gegenüber dem Gericht und gegenüber ihren Verteidigern abgelehnt. Die Angeklagten könnten sich aufgrund ihnen erteilter eingeschränkter Aussagegenehmigungen zu allen Punkten der Anklage gegenüber dem Gericht und ihren Verteidigern äußern, soweit nicht bislang unbekannte Vertrauenspersonen oder Informanten oder geheimhaltungsbedürftige polizeiinterne Regelungen zu Kriminaltaktik und zur Führung von Vertrauenspersonen und Informanten betroffen seien. Die erteilten Aussagegenehmigungen umfassten sämtliche rechtlichen Grundlagen der Inanspruchnahme von Informanten und des Einsatzes von Vertrauenspersonen mit Ausnahme als Verschlusssache eingestufter polizeiinterner Geschäftsanweisungen. Für den Fall, dass sich bestimmte Regelungen hierin doch als verteidigungsrelevant erweisen sollten, bestehe die Möglichkeit, zu konkreten Fragen eine erweiterte Aussagegenehmigung zu erhalten. Auch könne ein als sachverständiger Zeuge benannter Mitarbeiter der Polizei zu diesen Angelegenheiten befragt werden. Da das vorliegende Verfahren wegen Beihilfe zum bandenmäßigen Handeltreiben mit Betäubungsmitteln untrennbar mit der organisierten Betäubungsmittelszene der Region verbunden sei, komme indes eine umfassende Aussagegenehmigung nicht in Betracht. Die Belange der umfassenden gerichtlichen Wahrheitsfindung müssten in einem solchen Deliktsfeld zurückstehen, soweit dies der Einsatz der besonderen Ermittlungsmethoden des Einsatzes von Vertrauenspersonen und Informanten unbedingt erfordere. Denn diese Ermittlungsmethoden seien unverzichtbar und dürften nicht auf Dauer vereitelt werden.

IV.


9
Das Landgericht hat das Strafverfahren durch Urteil gemäß § 260 Abs. 3 StPO mit der Begründung eingestellt, dass das Grundrecht der Angeklagten auf umfassende Verteidigung der Fortführung des Verfahrens entgegenstehe. Denn der verfassungsrechtlich garantierte Anspruch der Angeklagten aus Art. 1 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG sowie Art. 6 MRK auf ein faires , rechtsstaatliches Verfahren sei durch die Versagung der unbeschränkten Aussagegenehmigungen durch die Senatsverwaltung für Inneres im Kernbe- reich tangiert. Dem könne hier nur durch die Annahme eines Verfahrenshindernisses von Verfassungs wegen Rechnung getragen werden.
10
1. Zwar dürfe das Recht auf Verteidigung, dem Verfassungsrang zukomme , dann eingeschränkt werden, wenn es nur in seinem Randbereich betroffen werde. Eine Beschränkung der Aussagegenehmigung, die das Recht auf Verteidigung in seinem Wesensgehalt antaste, könne dagegen nicht hingenommen werden. Der Inhalt und die Auslegung polizeiinterner Regelwerke beträfen hier den Schuldvorwurf gegen die Angeklagten im Kern und ließen allein die Beantwortung zentraler Fragestellungen zu. Den angeklagten Amtsträgern sei nicht zuzumuten, ihre Einlassung Satz für Satz danach abzutasten, ob sie im Einzelnen fremde Rechte verletzen könnte; sie müssten ihren Vortrag frei und im Zusammenhang halten und relevante Tatsachen mitteilen können. Ihnen sei auch nicht zuzumuten, das Risiko disziplinar - und strafrechtlicher Vorwürfe auf sich zu nehmen, wenn sie ohne eine umfassend erteilte Aussagegenehmigung Sachverhalte offenbarten, die der Amtsverschwiegenheit unterliegen. Zudem sei es in Ansehung des verfassungsrechtlichen Stellenwerts des Äußerungsrechts der Angeklagten nicht hinzunehmen, dass diese vor der Beratung mit ihren Verteidigern mit der Senatsverwaltung für Inneres oder mit der Polizei Rücksprache zu nehmen hätten. Dies stelle eine externe Steuerung des Strafprozesses durch die Exekutive dar, die dem Rechtsstaat fremd sei. Auch würden den Angeklagten schwere Straftaten vorgeworfen, so dass ihnen Freiheitsstrafen sowie der Verlust ihres Amtes und ihrer beruflichen Reputation drohten.
11
2. Zwar würden die durch eine verweigerte Aussagegenehmigung eingeschränkten Verteidigungsmöglichkeiten regelmäßig ein ausreichendes Regulativ durch den Grundsatz der freien Beweiswürdigung gemäß § 261 StPO und das Prinzip „im Zweifel für den Angeklagten“ erfahren. Dies gelte jedoch nur dann, wenn sich das Strafverfahren trotz der Verkürzung der Beweisgrundlage in seiner Gesamtheit als rechtsstaatlich und fair erweise. Das sei hier jedoch nicht mehr der Fall.

V.


12
Die gegen die Verfahrenseinstellung durch Urteil gerichteten Revisionen der Staatsanwaltschaft sind als unzulässig zu verwerfen, weil die allein erhobene Verfahrensrüge nicht den Anforderungen des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO genügt.
13
1. Zur Begründung der Verfahrensrüge ist der Beschwerdeführer verpflichtet , „die den Mangel enthaltenden Tatsachen“ anzugeben. Diese Angaben haben mit Bestimmtheit und so genau und vollständig zu geschehen, dass das Revisionsgericht allein auf Grund der Revisionsrechtfertigungsschrift prüfen kann, ob ein Verfahrensfehler vorläge, wenn die behaupteten Tatsachen erwiesen wären (vgl. BVerfG NJW 2005, 1999, 2001; BGHR StPO § 344 Abs. 2 Satz 2 Aufklärungsrüge 7). Daran fehlt es hier.
14
a) Die Staatsanwaltschaft beanstandet allein, das Landgericht habe einen Beweisantrag auf Vernehmung von drei Polizeibeamten als Zeugen mit Unrecht als aus rechtlichen Gründen ohne Bedeutung (§ 244 Abs. 3 Satz 2 StPO) abgelehnt. Sie ist der Auffassung, die Strafkammer hätte die beantragte Beweiserhebung vornehmen müssen, da sich hieraus ergeben hätte, dass das vom Landgericht angenommene Prozesshindernis nicht bestanden habe.
15
b) Der Senat kann hier nicht allein aufgrund der Revisionsrechtfertigungsschrift prüfen, ob ein Verfahrensfehler vorläge, wenn die behaupteten Tatsachen wahr wären. Denn die Staatsanwaltschaft hat an mehreren Stellen zur Darlegung des von ihr geltend gemachten Verfahrensfehlers auf bei den Akten befindliche Schriftstücke Bezug genommen, ohne diese in ihrem Wortlaut oder ihrem wesentlichen Inhalt nach in der Revisionsrechtfertigungsschrift mitzuteilen (vgl. BGHSt 40, 3, 5; BGH NStZ-RR 2006, 48, 49; BGH, Beschluss vom 30. September 2003 – 4 StR 315/03 – und vom 1. Juni 2006 – 4 StR 75/06, insoweit in NStZ-RR 2007, 107 nicht abgedruckt). Der Umstand, dass die Bezugnahme unter Benennung der Blattzahlen in den Strafakten erfolgt ist, ändert hieran nichts (vgl. BGH NStZ-RR 2006, 48, 49).
16
Zwar steht eine Bezugnahme auf Aktenteile der Zulässigkeit einer Verfahrensrüge dann nicht entgegen, wenn die Bezugnahme ohne Bedeutung für den geltend gemachten Verfahrensverstoß ist (vgl. BGHSt 40, 3, 5). So verhält es sich hier indes nicht. Vielmehr hat die Staatsanwaltschaft erkennbar deswegen mehrfach auf die in den Strafakten befindliche, in der Revisionsrechtfertigungsschrift aber nicht mitgeteilte schriftliche Einlassung des Angeklagten N. Bezug genommen, um die nach ihrer Ansicht bestehende tatsächliche oder rechtliche Bedeutsamkeit bestimmter Umstände für die Frage zu untermauern, ob – entgegen der Annahme des Landgerichts bei Ablehnung des Beweisantrags – die Voraussetzungen für ein Verfahrenshindernis durch die begehrte Beweisaufnahme zu widerlegen sind. Insgesamt will die Staatsanwaltschaft mit ihren Bezugnahmen die Richtigkeit ihrer Auffassung belegen, „dass der Zusammenhang zwischen den in Rede stehenden Straftaten und den internen Regelungen über die Arbeit mit Quellen fehl(e)“ (Revisionsbegründungsschrift S. 30). Dafür war die vollständige Mitteilung der in Bezug genommenen Aktenstellen unverzichtbar.
17
2. Die Sachrüge ist nicht erhoben worden. Zwar genügt es, wenn sich aus den Einzelausführungen die den Inhalt der Sachrüge ausmachende schlüssige Behauptung ergibt, dass auf den im Urteil festgestellten Sachverhalt materielles Recht falsch angewendet worden sei (BGHR StPO § 344 Abs. 2 Satz 1 Revisionsbegründung 2). Dies ist hier indes nicht der Fall. Vielmehr rügt die Staatsanwaltschaft ausdrücklich nur die Verletzung formellen Rechts und macht lediglich geltend, das Landgericht wäre auf der Grundlage des von ihr gestellten Beweisantrags zu anderen Feststellungen gelangt , die die Annahme eines Verfahrenshindernisses nicht gerechtfertigt hätten. Hätte die Staatsanwaltschaft neben ihrer Verfahrensbeanstandung auch die Sachrüge erheben wollen, hätte sie diese Angriffsrichtung eindeutig zum Ausdruck bringen müssen (vgl. BGH NStE Nr. 9 zu § 344 StPO; vgl. auch zu unklarem Anfechtungsziel BGH NJW 2003, 839 und BGH, Beschluss vom 21. Mai 2003 – 5 StR 69/03).
18
3. Die Unzulässigkeit der Verfahrensrüge führt bei Fehlen der Sachrüge zur Unzulässigkeit der Revision insgesamt (BGH NJW 1995, 2047; BGH, Beschluss vom 22. November 2005 – 1 StR 432/05 – und vom 17. Oktober 2000 – 1 StR 413/00). Die Revisionen der Staatsanwaltschaft sind daher gemäß § 349 Abs. 1 StPO als unzulässig zu verwerfen. Der Senat ist somit an der Prüfung gehindert, ob die Strafkammer zu Recht von einem Verfahrenshindernis ausgegangen ist.

VI.


19
Auch die Revisionen der Angeklagten sind, wie insoweit vom Generalbundesanwalt zutreffend beantragt, unzulässig (§ 349 Abs. 1 StPO). Die Angeklagten sind durch die Einstellung des Verfahrens durch Prozessurteil gemäß § 260 Abs. 3 StPO nicht beschwert. Eine Beschwer wird durch ein das Verfahren einstellendes Urteil regelmäßig nicht bewirkt (vgl. BGHSt 23, 257, 259; vgl. auch BGHR StPO § 333 Beschwer 2 betreffend Nebenentscheidungen

).


20
Wollte man aus einer verminderten Rechtskraftwirkung – Verfahrenseinstellung durch Prozessurteil wegen eines behebbaren Verfahrenshindernisses (vgl. Meyer-Goßner StPO 49. Aufl. § 260 Rdn. 48) – eine Beschwer der Angeklagten herleiten, wären die Revisionen aus den vom Generalbundesanwalt für die Unzulässigkeit angeführten Gründen – nach einstimmiger Auffassung des Senats – offensichtlich unbegründet. Ein Fall, in dem der Freispruch Vorrang vor der Einstellung des Verfahrens hat, liegt nicht vor. Der Sachverhalt ist infolge des angenommenen Verfahrenshindernisses gerade nicht abschließend im Sinne eines Freispruchs geklärt worden (vgl. Meyer-Goßner aaO Rdn. 44 m.w.N.).

VII.


21
Der Senat weist auf Folgendes hin:
22
1. Ungeachtet nicht eingetretenen Strafklageverbrauchs bewirkt die materielle Rechtskraft der Verfahrenseinstellung, dass die Angeklagten nicht verfolgt werden dürfen, solange sich die Umstände, die nach Auffassung des Landgerichts zur Annahme des Verfahrenshindernisses geführt haben, nicht verändert haben (vgl. dazu Meyer-Goßner aaO Einl. Rdn. 142 ff., 172).
23
Hierfür bedürfte es der Erteilung noch weitergehender Aussagegenehmigungen für die Angeklagten gegenüber ihren Verteidigern und gegenüber dem Gericht. Für diesen Fall müsste das Gericht dann gegebenenfalls zur Wahrung staatlicher Geheimhaltungsinteressen die in der bisherigen Hauptverhandlung vorgesehenen Maßnahmen treffen (vgl. zum strafrechtlichen Schutz § 353d StGB). Die Verteidiger wären an einer Offenbarung des ihnen von ihren Mandanten Anvertrauten durch ihre berufliche Verschwiegenheitspflicht gehindert (vgl. zum strafrechtlichen Schutz § 203 Abs. 1 Nr. 3 StGB), von der die Angeklagten, soweit deren amtliche Verschwiegenheitspflicht reicht, sie nicht entbinden dürften (vgl. auch § 353b StGB).
24
2. Für die Beurteilung von Fällen der hier vorliegenden Art gilt allgemein Folgendes:
25
a) Die Einschränkung der einem Angeklagten erteilten Aussagegenehmigung aufgrund beamtenrechtlicher Vorschriften kann das Recht auf umfassende Verteidigung mehr oder weniger beeinträchtigen. Wie der Grundsatz, dass niemand gezwungen werden darf, durch eigene Aussagen die Voraussetzungen für seine strafrechtliche Verurteilung zu liefern, hat dieses Recht Verfassungsrang (vgl. BVerfGE 56, 37, 49). Es gehört zu den fundamentalen Attributen menschlicher Würde und zu den grundlegenden Prinzipien des Rechtsstaats. Eine Beschränkung der Aussagegenehmigung, die das Recht auf Verteidigung in seinem Wesensgehalt antastet, kann als Verstoß gegen die Grundnorm des Art. 1 Abs. 1 GG von Verfassungs wegen nicht hingenommen werden. Sie träfe einen obersten in seiner Substanz nicht zur Disposition stehenden Wert (vgl. BGHSt 36, 44, 48 m.w.N.). Daraus folgt, dass ein Strafverfahren nicht durchgeführt werden darf, wenn staatliche Geheimhaltungsinteressen von großem Gewicht nicht anders als durch die Beschneidung wesentlicher Verteidigungsmöglichkeiten gewahrt werden können. Die aufgrund dieser Alternative vom Tatgericht geforderte prospektive Betrachtung wird sich vor allem an dem bestehenden oder fehlenden argumentativen Zusammenhang zwischen der von der Aussagebeschränkung betroffenen Thematik und dem historischen Geschehen, das Gegenstand der Kognition ist, orientieren müssen (BGH aaO).
26
Dort, wo das Recht auf Verteidigung nur in seinem Randbereich betroffen wird, darf es indes eingeschränkt werden, wenn seine uneingeschränkte Ausübung die Wahrnehmung sehr gewichtiger, verfassungsmäßig legitimierter Aufgaben, die zu ihrer Erfüllung der Geheimhaltung bedürfen, unmöglich machen oder erschweren könnte (vgl. BGHSt 36, 44, 48 f.). Hierzu gehört auch der Einsatz von Vertrauenspersonen zur Aufklärung von Bandenstrukturen im Bereich des Handels mit Betäubungsmitteln (vgl. BVerfGE 57, 250, 284). Erforderlich ist aber stets eine sorgfältige Abwägung der im Widerstreit stehenden verfassungsrechtlichen Rechtsgüter unter Berücksichtigung des gesamten konkreten Sachverhalts (vgl. BVerwGE 66, 39, 44). Denn das Staatswohl und die Wahrung der öffentlichen Belange erfordern es, sowohl die Grundrechte Einzelner zu schützen und niemanden einer ungerechtfertigten Verurteilung auszuliefern als auch den Strafanspruch des Staates durchzusetzen (BVerfG aaO). Dabei darf nicht aus dem Blick geraten , dass die wirksame Aufklärung gerade schwerer Straftaten ein wesentlicher Auftrag des rechtsstaatlichen Gemeinwesens ist (vgl. BVerfGE 109, 279, 336; 107, 299, 316; 100, 313, 389; 80, 367, 375; 77, 65, 76).
27
Die Pflicht zur Abwägung trifft auch und in erster Linie die Behörde, deren Erklärung oder Entscheidung zu einer Einschränkung des Rechts des Angeklagten auf umfassende Verteidigung führt. Sie hat nicht nur die von ihr wahrzunehmenden Aufgaben zu beachten, die zu ihrer Erfüllung der Geheimhaltung bedürfen, sondern muss auch dem hohen Rang des Verteidigungsinteresses Rechnung tragen (vgl. BVerfGE 57, 250, 283 f.). Diesen Anforderungen genügt § 27 Abs. 3 i.V.m. Abs. 1 des Landesbeamtengesetzes (Berlin), der die Versagung der Aussagegenehmigung für beschuldigte Beamte nur in ganz engen Grenzen zulässt. Danach darf einem Beschuldigten die Genehmigung, in einem gerichtlichen Verfahren auszusagen, nur dann versagt werden, wenn die Aussage dem Wohle des Bundes oder eines deutschen Landes Nachteile bereiten oder die Erfüllung öffentlicher Aufgaben ernstlich gefährden oder erheblich erschweren würde und wenn die dienstlichen Rücksichten dies unabweisbar erfordern. Aus diesem Grund müssen Staatsanwaltschaft und Tatgericht durch entsprechende Anträge an den Dienstherrn der Angeklagten und vorgesetzte Behörden sowie gegebenenfalls mit Gegenvorstellungen darauf hinwirken, dass die für eine umfassende Verteidigung erforderlichen Aussagegenehmigungen erteilt werden.
28
Bleibt solches erfolglos, kommt eine Klage des Angeklagten gegen den Dienstherrn im Verwaltungsrechtsweg auf Erteilung der Aussagegenehmigung in Betracht, wenn der Dienstherr auch auf die Gegenvorstellung des Gerichts hin die beantragte Aussagegenehmigung nicht erteilt. Um dem zur Klage bereiten Angeklagten hierzu Gelegenheit zu geben, kann im Einzelfall auch die Aussetzung des Strafverfahrens in Betracht kommen (vgl. dazu Senge in KK-StPO 5. Aufl. § 54 Rdn. 20 f.). Ob gegebenenfalls in solchen Fällen die Justizorgane als klagebefugt anzusehen wären (abl. Beulke, Strafprozessrecht 9. Aufl. Rdn. 190 sowie Pfeiffer, StPO 5. Aufl. § 96 Rdn. 4 und HK-Lemke, StPO 3. Aufl. § 96 Rdn. 16; abw. Ellbogen NStZ 2007, 310), ob sogar ein verteidigungs- und einlassungswilliger Angeklagter zu einer solchen Klage zu veranlassen wäre, erscheint höchst problematisch.
29
Jedenfalls gilt, dass eine Verweigerung der Aussagegenehmigung, wenn der Kernbereich der Verteidigung betroffen ist, angesichts auch strafrechtlicher Absicherungsmöglichkeiten gegen unbefugte Offenbarungen nur bei überragend wichtigen Gemeinschaftsgütern in Betracht käme, so bei einer erheblichen Lebens- oder Gesundheitsgefährdung von Personen, etwa auch Vertrauensleuten der Ermittlungsbehörden. Halten Gericht und Staatsanwaltschaft die Versagung der Aussagegenehmigung für rechtswidrig, haben sie nach Ausschöpfung aller sonstigen Möglichkeiten zur Herbeiführung einer abweichenden Entscheidung die oberste Justizbehörde mit dem Ziel einzuschalten, an die oberste Innenbehörde eine Gegenvorstellung zu richten. Die oberste Justizbehörde wird nach dem Grundsatz, dass über Sperrungen , die eine ordnungsgemäße Durchführung von Strafverfahren gefährden , an höchster Stelle zu entscheiden ist (vgl. BVerfGE 57, 250, 289), bei fortdauernder Weigerung der Innenbehörde eine Entscheidung der Landesregierung durch Kabinettsbeschluss herbeizuführen haben.
30
Eine Einstellung des Strafverfahrens kommt jedenfalls vor Ausschöpfung dieser Möglichkeiten nicht in Betracht. Der Senat braucht nicht zu entscheiden , ob für den Fall, dass tatsächlich einmal überragend wichtige Gemeinschaftsgüter der skizzierten Qualität im Widerstreit zur unerlässlich gebotenen Durchführung eines Strafverfahrens stehen sollten, der Angeklagte eine schwer wiegende Einschränkung seiner Verteidigungsmöglichkeiten hinnehmen müsste und ihm als Schutz nur das Gebot zu außerordentlich zurückhaltender belastender Beweiswürdigung verbliebe (vgl. BGHSt 49, 112). Von einer derartigen Extremsituation ist das vorliegende Verfahren sowohl nach der Bedeutung der Tatvorwürfe als auch nach den in Frage stehenden Geheimhaltungsbelangen weit entfernt.
31
b) Zunächst hat der Tatrichter, wenn einem Angeklagten – wie auch im vorliegenden Fall – mehrere Straftaten zur Last liegen, die sich in Art und Schwere oder hinsichtlich der Beweislage unterscheiden, regelmäßig für jeden Tatvorwurf gesondert zu prüfen, ob die Versagung der Aussagegeneh- migung den Kernbereich oder lediglich den Randbereich des Rechts auf umfassende Verteidigung betrifft. Dasselbe gilt – wenn lediglich der Randbereich betroffen ist – für die gebotene Abwägung der im Widerstreit stehenden verfassungsrechtlichen Rechtsgüter.
32
Vorliegend erscheint der pauschale Ansatz des Landgerichts, der nicht nach einzelnen Tatvorwürfen differenziert, zweifelhaft, weil es für die einzelnen Straftaten den bestehenden oder fehlenden argumentativen Zusammenhang zwischen der von der Aussagebeschränkung betroffenen Thematik und dem Tatvorwurf (vgl. BGHSt 36, 44, 48) nicht näher in den Blick nimmt. Besonders schwer nachvollziehbar ist, aus welchem Grund hier polizeiinterne Richtlinien für die Verteidigung gegen den Tatvorwurf der Anstiftung zur Manipulation eines privaten Premiere-Decoders von Bedeutung sein sollen. Jenseits davon liegt es zwar fern, dass polizeiinterne Dienstanweisungen einen Verstoß gegen die Strafgesetze und die Strafprozessordnung erlauben könnten. Gleichwohl erscheint es bei den übrigen gegen die Angeklagten erhobenen Vorwürfen jedenfalls im Ansatz nicht ausgeschlossen, dass der Kernbereich der Verteidigung betroffen sein könnte. Im Bereich von Betäubungsmitteldelikten – wie auch bei Strafvereitelung – ist zum wirkungsvollen Einsatz von Vertrauensleuten die Annahme eines weiten Handlungsspielraumes nicht undenkbar, wonach ein unmittelbar deliktisch anmutendes Verhalten in Ermangelung der tatbestandlich verlangten Zielsetzung – u. a. Betäubungsmittelumsatz – als nicht strafbar bewertet werden könnte. Bei Aus- sagedelikten kämen problematische Kollisionen zwischen der Verpflichtung zu vollständiger Aussage und Verschwiegenheitspflichten, bei Amtsdelikten relevante dienstliche Genehmigungen in Betracht.
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8
a) Danach sind im Rahmen einer Verfahrensrüge die den geltend gemachten Verstoß enthaltenen Tatsachen grundsätzlich so vollständig und genau darzulegen, dass das Revisionsgericht allein anhand der Revisionsbegründung in die Lage versetzt wird, über den geltend gemachten Mangel endgültig zu entscheiden. Für den Revisionsvortrag wesentliche Schriftstücke oder Aktenstellen sind im Einzelnen zu bezeichnen und – in der Regel durch wörtliche Zitate beziehungsweise eingefügte Abschriften oder Ablichtungen – zum Bestandteil der Revisionsbegründung zu machen (BGH, Urteil vom 10. Juli 2014 – 3 StR 140/14, NStZ-RR 2014, 318 ff.; Beschluss vom 24. Januar 2012 – 4 StR 493/11, juris; KK-StPO/Gericke, 7. Aufl., § 344 Rn. 38 ff. mwN; ebenso Nr. 156 Abs. 3 RiStBV).
46
Die Rüge ist unzulässig. Um die Anforderungen des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO zu erfüllen, sind alle Umstände, die für die Prüfung, ob das Tatgericht den Beweisantrag rechtlich richtig gewertet und beschieden hat, Bedeutung haben, vorzutragen (vgl. BGH, Urteil vom 17. Juli 2014 – 4 StR 78/14, NStZ 2014, 604, 606; BGH, Urteil vom 10. Juli 2014 – 3 StR 140/14, NStZ-RR 2014, 318 f.; Gericke in KK, StPO, 7. Aufl., § 344 Rn. 38 ff. mwN). Dem genügt die Rüge schon deswegen nicht, da der Beschluss zur Ablehnung der Beweisanträge Nr. 9, 11, 14 bis 21, auf dessen Ausführungen die Strafkammer im Ablehnungsbeschluss Bezug nimmt, nicht vorgetragen wird.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
3 S t R 1 4 0 / 1 4
vom
10. Juli 2014
in der Strafsache
gegen
wegen Erwerbs von Betäubungsmitteln u.a.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 10. Juli 2014,
an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Becker,
die Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Schäfer,
Mayer,
Gericke,
Richterin am Bundesgerichtshof
Dr. Spaniol
als beisitzende Richter,
Staatsanwalt
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Justizobersekretärin
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Die Revision der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landgerichts Mönchengladbach vom 28. Oktober 2013 wird verworfen. Die Kosten des Rechtsmittels und die dem Angeklagten dadurch entstandenen notwendigen Auslagen trägt die Staatskasse.

Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Erwerbs von Betäubungsmitteln in dreizehn Fällen zu einer Gesamtgeldstrafe von 80 Tagessätzen zu je 30 € verurteilt und ihn im Übrigen freigesprochen. Die Staatsanwaltschaft wendet sich mit einer Verfahrensrüge gegen den Teilfreispruch. Daneben beanstandet sie mit der Sachrüge die Strafzumessungserwägungen des Landgerichts. Das vom Generalbundesanwalt bezüglich des Angriffs gegen den Teilfreispruch vertretene Rechtsmittel bleibt insgesamt ohne Erfolg.
2
Nach den Feststellungen kaufte der Angeklagte von Januar bis März 2013 bei dem früheren Mitangeklagten J. in insgesamt dreizehn Fällen zwischen zwei und fünfzehn Gramm Marihuana überwiegend zum Eigenkonsum.
3
Mit der Anklage war ihm darüber hinaus zur Last gelegt worden, dem J. zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln Beihilfe geleistet zu haben, indem er diesem die von ihm selbst angemietete Wohnung im Hause F. straße in M. als Drogenbunker zur Verfügung gestellt habe. Von diesem Vorwurf hat das Landgericht den Angeklagten freigesprochen und zur Begründung ausgeführt, zu den in der genannten Wohnung sichergestellten Betäubungsmitteln und sonstigen Gegenständen hätten keine Feststellungen getroffen werden können. Insoweit bestehe ein Beweisverwertungsverbot , das auch die polizeilichen Einlassungen des Angeklagten und J. s umfasse.
4
I. Die Staatsanwaltschaft wendet sich gegen den freisprechenden Teil des Urteils mit der Beanstandung, das Landgericht habe mehrere Beweisanträge zu Unrecht zurückgewiesen (§ 244 Abs. 3 StPO). Die Rüge dringt nicht durch, denn sie ist nicht in zulässiger Weise erhoben (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO).
5
1. Folgendes Verfahrensgeschehen liegt zugrunde:
6
Die Staatsanwaltschaft hat die Vernehmung mehrerer Polizeibeamter, welche die Wohnung des Angeklagten durchsucht und danach den Angeklagten sowie J. vernommen haben, und die Verlesung eines Wirkstoffgutachtens des Landeskriminalamts Nordrhein-Westfalen zum Beweis dessen beantragt , was bei der Durchsuchung sichergestellt und in den anschließenden Vernehmungen angegeben wurde. Das Landgericht hat diese Anträge durch Beschluss mit der Begründung abgelehnt, die begehrte Beweiserhebung sei unzulässig (§ 244 Abs. 3 Satz 1 StPO).
7
2. Die Beschwerdeführerin hat mit ihrer Revisionsbegründung lediglich die Beweisanträge und den diese zurückweisenden Beschluss des Landgerichts mitgeteilt. Dies genügt hier den sich aus § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO ergebenden Anforderungen nicht.
8
a) Die Fehlerhaftigkeit des die Beweisanträge zurückweisenden Beschlusses ergibt sich nicht bereits allein aus dessen Begründung, so dass die Vorlage weiteren Verfahrensstoffes durch den Revisionsführer nicht bereits aus diesem Grunde entbehrlich ist.
9
aa) Das Landgericht hat ein Beweisverwertungsverbot angenommen und auf dieser Grundlage zutreffend die beantragte Beweiserhebung als unzulässig im Sinne des § 244 Abs. 3 Satz 1 StPO bewertet (BGH, Urteil vom 29. April 2010 - 3 StR 63/10 juris Rn. 10).
10
bb) Der Umfang der Beschlussbegründung ist nicht zu beanstanden.
11
Die Begründung des Beschlusses, mit dem ein Beweisantrag zurückgewiesen wird, soll zum einen den Antragsteller davon unterrichten, wie das Gericht das Begehren beurteilt, damit er in der Lage ist, sich auf die Verfahrenslage einzustellen, die durch die Antragsablehnung entstanden ist. Zum anderen soll dem Revisionsgericht die rechtliche Überprüfung der Ablehnung ermöglicht werden (st. Rspr.; vgl. etwa Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 57. Aufl., § 244 Rn. 41a mwN). Dies gilt auch im Rahmen des § 244 Abs. 3 Satz 1 StPO (aA möglicherweise noch Alsberg/Nüse/Meyer, Der Beweisantrag im Strafprozess, 5. Aufl., S. 760, wonach ein "kurzer Hinweis" genüge; vgl. hierzu LR/Becker, StPO, 26. Aufl., § 244 Rn. 201).
12
Dem wird der Beschluss des Landgerichts gerecht. Die Strafkammer hat ausgeführt, die Beweismittel beruhten auf dem Ergebnis der ohne die erforderliche richterliche Anordnung durchgeführten Wohnungsdurchsuchung. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme habe kein Grund zu der Annahme bestanden , es liege Gefahr im Verzug vor. Aufgrund der willkürlichen, bewussten und groben Missachtung des Richtervorbehalts bestehe hinsichtlich der gewonnenen Beweismittel ein Verwertungsverbot. Dieses betreffe sowohl die bei der Durchsuchung gewonnenen Beweismittel als auch die auf Vorhalt der Durchsuchungsergebnisse ohne "qualifizierte" Belehrung gegenüber den Vernehmungsbeamten gemachten Angaben. Damit war für die Verfahrensbeteiligten ausreichend erkennbar, aus welchen Gründen das Tatgericht die begehrte Beweiserhebung für unzulässig hielt. Sie konnten ihr weiteres Prozessverhalten darauf einstellen und insbesondere auch erwägen, weitere (Beweis-)Anträge zu den Umständen der Wohnungsdurchsuchung zu stellen. Zur angemessenen Wahrung ihrer Rechte war es insbesondere nicht erforderlich, dass das Landgericht die nach seiner Auffassung zur Annahme eines Beweisverwertungsverbotes führende Würdigung des Verfahrensstoffes im Einzelnen darlegte. Dies war auch nicht nötig, um eine revisionsrechtliche Überprüfung zu ermöglichen, denn das Revisionsgericht hat zu der Frage, ob ein Beweisverwertungsverbot vorliegt, - anders als bei der revisionsrechtlichen Überprüfung der im Wege des Strengbeweises gewonnenen Umstände, auf deren Grundlage das Tatgericht über den Schuldspruch und die daran anknüpfenden Rechtsfolgen zu entscheiden hat - nicht lediglich diese Würdigung auf Rechtsfehler zu überprüfen, sondern selbst im Wege des Freibeweises festzustellen, ob der behauptete Verfahrensfehler vorliegt (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 22. Februar 1978 - 2 StR 334/77, NJW 1978, 1390; aA LR/Becker, aaO, § 244 Rn. 32).
13
b) Gemäß den danach geltenden allgemeinen Grundsätzen des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO muss der Beschwerdeführer im Rahmen einer Verfahrensrüge die den geltend gemachten Verstoß enthaltenden Tatsachen grundsätzlich so vollständig und genau darlegen, dass das Revisionsgericht allein an Hand der Revisionsbegründung in die Lage versetzt wird, über den geltend gemachten Mangel endgültig zu entscheiden. Für den Revisionsvortrag wesentliche Schriftstücke oder Aktenstellen sind im Einzelnen zu bezeichnen und - in der Regel durch wörtliche Zitate oder eingefügte Abschriften oder Ablichtungen - zum Bestandteil der Revisionsbegründung zu machen. Rügt der Beschwerdeführer die rechtsfehlerhafte Ablehnung von Beweisanträgen, so muss er, sofern sich die Fehlerhaftigkeit des Beschlusses nicht schon aus dessen Begründung ergibt, neben der Mitteilung von Antragswortlaut und Ablehnungsbegründung diejenigen weiteren Tatsachen darlegen, aus denen die Fehlerhaftigkeit des Ablehnungsbeschlusses folgt. Zum notwendigen vollständigen Rügevortrag kann es deshalb erforderlich sein, Einzelheiten des Verfahrensablaufs mitzuteilen (st. Rspr.; vgl. etwa LR/Becker, aaO, § 244 Rn. 372 ff.; KK-Gericke, 7. Aufl., § 344 Rn. 38 ff., jeweils m. zahlr. w. N.).
14
Diesen Vorgaben ist die Beschwerdeführerin mit der Vorlage allein der Beweisanträge und des diese zurückweisenden Gerichtsbeschlusses nicht nachgekommen. Dem Senat ist es nicht möglich, auf dieser Grundlage die erforderliche eigene umfassende Überprüfung des Verfahrens im Hinblick auf den behaupteten Rechtsfehler vorzunehmen. Dies beruht auf folgenden Erwägungen :
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Der beanstandete Beschluss ist dann rechtsfehlerfrei, wenn die Ergebnisse der Wohnungsdurchsuchung sowie die Angaben des Angeklagten und des J. einem Beweisverwertungsverbot unterlagen. Deshalb ist zunächst zu beurteilen, ob die Beweisgewinnung rechtsfehlerhaft war. Dies erfordert hier die Prüfung, ob die Voraussetzungen für die Annahme von Gefahr im Verzug vorlagen mit der Folge, dass eine richterliche Anordnung der Ermittlungsmaßnahme entbehrlich war (§ 105 Abs. 1 StPO). Das setzt voraus, dass die richterliche Anordnung nicht eingeholt werden konnte, ohne dass der Zweck der Maßnahme gefährdet wurde, etwa weil der Verlust der Beweismittel drohte (BGH, Beschluss vom 11. August 2005 - 5 StR 200/05, BGHR StPO § 105 Abs. 1 Durchsuchung 6; Beschluss vom 19. Januar 2010 - 3 StR 530/09, BGHR StPO § 105 Abs. 1 Gefahr im Verzug 1). War die Beweisgewinnung rechtswidrig, ist sodann zu prüfen, ob hieraus im konkreten Fall ein Beweisverwertungsverbot folgt. Dies ist nach den Umständen des Einzelfalles unter Abwägung aller maßgeblichen Gesichtspunkte und der widerstreitenden Interessen zu entscheiden. Bedeutsam ist dabei vor allem das Gewicht des in Rede stehenden Verfahrensverstoßes (vgl. im Einzelnen BVerfG, Beschluss vom 9. November 2010 - 2 BvR 2101/09, NStZ 2011, 103, 104 Rn. 42 ff.; BGH, Urteil vom 14. August 2009 - 3 StR 552/08, BGHSt 54, 69, 87; Urteil vom 20. Dezember 2012 - 3 StR 117/12, BGHSt 58, 84, 96; für den Fall einer rechtsfehlerhaften Durchsuchung vgl. BGH, Beschluss vom 18. November 2003 - 1 StR 455/03, BGHR StPO § 105 Abs. 1 Durchsuchung 4; Urteil vom 18. April 2007 - 5 StR 546/06, BGHR StPO § 105 Abs. 1 Durchsuchung 7; Beschluss vom 30. August 2011 - 3 StR 210/11, BGHR StPO § 105 Abs. 1 Durchsuchung 8). Schließlich ist gegebenenfalls zu entscheiden, wie weit das möglicherweise vorliegende Beweisverwertungsverbot reicht. Dafür könnte hier etwa von Bedeutung sein, ob die Durchsuchungsergebnisse dem Angeklagten und dem J. bei deren polizeilichen Vernehmung vorgehalten wordensind und dieser Vorhalt im Zusammenhang mit ihren Einlassungen steht, diese mithin von der rechtswidrigen Maßnahme unmittelbar beeinflusst worden sind (vgl. BGH, Urteil vom 6. August 1987 - 4 StR 333/87, BGHSt 35, 32, 34). In diesem Fall würde der Annahme eines Verwertungsverbots bezüglich der polizeilichen Einlassung der Beschluss des Senats vom 16. Oktober 2007 (3 StR 413/07) nicht entgegen stehen; denn dieser betraf die Verwertbarkeit einer geständigen Einlassung, die der Angeklagte in der Hauptverhandlung abgegeben hatte und damit einen sich von der hiesigen Fallgestaltung wesentlich unterscheidenden Sachverhalt.
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All diese Gesichtspunkte können vom Senat ohne Kenntnis des die durchgeführte Durchsuchung und die anschließenden Vernehmungen betreffenden Akteninhalts nicht bewertet werden. So ist etwa der Inhalt der anlässlich der Durchsuchung gefertigten polizeilichen Vermerke sowohl für die Annahme von Gefahr im Verzug als auch für die Beurteilung des Gewichts eines eventuellen Verfahrensverstoßes von wesentlicher Bedeutung.
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c) Der Vortrag des maßgebenden Verfahrensstoffs durch die Revisionsführerin war auch nicht deshalb entbehrlich, weil sie auch die Sachrüge erhoben und das Landgericht im Rahmen seiner schriftlichen Urteilsgründe nähere Ausführungen zu dem nach seiner Ansicht bestehenden Beweisverwertungsverbot gemacht hat (vgl. BGH, Urteil vom 23. September 1999 - 4 StR 189/99, BGHSt 45, 203, 204 f.; KK-Gericke, aaO, § 344 Rn. 39 mwN). Denn den vorliegenden Urteilsgründen können die maßgebenden Verfahrensvorgänge jedenfalls nicht mit der erforderlichen Klarheit entnommen werden. Das Landgericht hat lediglich die von ihm für wesentlich erachteten Beweisergebnisse dargestellt und in erster Linie unter deren Würdigung seine Auffassung begründet, es liege ein Beweisverwertungsverbot vor. Der Senat hat indes - wie dargelegt - als Revisionsgericht eine eigene freibeweisliche Würdigung vorzunehmen. Hierzu ist im vorliegenden Fall aus den dargelegten Gründen die Kenntnisnahme des maßgebenden Akteninhalts durch ihn selbst unerlässlich; diese kann nicht durch die Darstellung vom Landgericht ausgewählter Teile ersetzt werden. Auch der Generalbundesanwalt hat in seiner Antragsschrift auf bestimmte, die Vernehmungen betreffende tatsächliche Umstände abgestellt, die dem Senat weder im Revisionsverfahren zur Kenntnis gebracht worden sind noch sich aus den schriftlichen Urteilsgründen ergeben (s. etwa Antragsschrift S. 8).
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II. Bezüglich der Sachrüge, mit der die Revision die Strafzumessung angreift und dabei eine Verletzung des § 46 StGB geltend macht, ist das Rechtsmittel aus den in der Antragsschrift des Generalbundesanwalts zutreffend ausgeführten Erwägungen unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
Becker Schäfer Mayer RiBGH Gericke befindet sich Spaniol im Urlaub und ist daher gehindert zu unterschreiben. Becker

(1) Der Beschwerdeführer hat die Erklärung abzugeben, inwieweit er das Urteil anfechte und dessen Aufhebung beantrage (Revisionsanträge), und die Anträge zu begründen.

(2) Aus der Begründung muß hervorgehen, ob das Urteil wegen Verletzung einer Rechtsnorm über das Verfahren oder wegen Verletzung einer anderen Rechtsnorm angefochten wird. Ersterenfalls müssen die den Mangel enthaltenden Tatsachen angegeben werden.

(1) Bei anderen Personen sind Durchsuchungen nur zur Ergreifung des Beschuldigten oder zur Verfolgung von Spuren einer Straftat oder zur Beschlagnahme bestimmter Gegenstände und nur dann zulässig, wenn Tatsachen vorliegen, aus denen zu schließen ist, daß die gesuchte Person, Spur oder Sache sich in den zu durchsuchenden Räumen befindet. Zum Zwecke der Ergreifung eines Beschuldigten, der dringend verdächtig ist, eine Straftat nach § 89a oder § 89c Absatz 1 bis 4 des Strafgesetzbuchs oder nach § 129a, auch in Verbindung mit § 129b Abs. 1, des Strafgesetzbuches oder eine der in dieser Vorschrift bezeichneten Straftaten begangen zu haben, ist eine Durchsuchung von Wohnungen und anderen Räumen auch zulässig, wenn diese sich in einem Gebäude befinden, von dem auf Grund von Tatsachen anzunehmen ist, daß sich der Beschuldigte in ihm aufhält.

(2) Die Beschränkungen des Absatzes 1 Satz 1 gelten nicht für Räume, in denen der Beschuldigte ergriffen worden ist oder die er während der Verfolgung betreten hat.

(1) Die Wohnung ist unverletzlich.

(2) Durchsuchungen dürfen nur durch den Richter, bei Gefahr im Verzuge auch durch die in den Gesetzen vorgesehenen anderen Organe angeordnet und nur in der dort vorgeschriebenen Form durchgeführt werden.

(3) Begründen bestimmte Tatsachen den Verdacht, daß jemand eine durch Gesetz einzeln bestimmte besonders schwere Straftat begangen hat, so dürfen zur Verfolgung der Tat auf Grund richterlicher Anordnung technische Mittel zur akustischen Überwachung von Wohnungen, in denen der Beschuldigte sich vermutlich aufhält, eingesetzt werden, wenn die Erforschung des Sachverhalts auf andere Weise unverhältnismäßig erschwert oder aussichtslos wäre. Die Maßnahme ist zu befristen. Die Anordnung erfolgt durch einen mit drei Richtern besetzten Spruchkörper. Bei Gefahr im Verzuge kann sie auch durch einen einzelnen Richter getroffen werden.

(4) Zur Abwehr dringender Gefahren für die öffentliche Sicherheit, insbesondere einer gemeinen Gefahr oder einer Lebensgefahr, dürfen technische Mittel zur Überwachung von Wohnungen nur auf Grund richterlicher Anordnung eingesetzt werden. Bei Gefahr im Verzuge kann die Maßnahme auch durch eine andere gesetzlich bestimmte Stelle angeordnet werden; eine richterliche Entscheidung ist unverzüglich nachzuholen.

(5) Sind technische Mittel ausschließlich zum Schutze der bei einem Einsatz in Wohnungen tätigen Personen vorgesehen, kann die Maßnahme durch eine gesetzlich bestimmte Stelle angeordnet werden. Eine anderweitige Verwertung der hierbei erlangten Erkenntnisse ist nur zum Zwecke der Strafverfolgung oder der Gefahrenabwehr und nur zulässig, wenn zuvor die Rechtmäßigkeit der Maßnahme richterlich festgestellt ist; bei Gefahr im Verzuge ist die richterliche Entscheidung unverzüglich nachzuholen.

(6) Die Bundesregierung unterrichtet den Bundestag jährlich über den nach Absatz 3 sowie über den im Zuständigkeitsbereich des Bundes nach Absatz 4 und, soweit richterlich überprüfungsbedürftig, nach Absatz 5 erfolgten Einsatz technischer Mittel. Ein vom Bundestag gewähltes Gremium übt auf der Grundlage dieses Berichts die parlamentarische Kontrolle aus. Die Länder gewährleisten eine gleichwertige parlamentarische Kontrolle.

(7) Eingriffe und Beschränkungen dürfen im übrigen nur zur Abwehr einer gemeinen Gefahr oder einer Lebensgefahr für einzelne Personen, auf Grund eines Gesetzes auch zur Verhütung dringender Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung, insbesondere zur Behebung der Raumnot, zur Bekämpfung von Seuchengefahr oder zum Schutze gefährdeter Jugendlicher vorgenommen werden.

Jedes von der Staatsanwaltschaft eingelegte Rechtsmittel hat die Wirkung, daß die angefochtene Entscheidung auch zugunsten des Beschuldigten abgeändert oder aufgehoben werden kann.

(1) Auf Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren ist zu erkennen, wenn

1.
der Täter oder ein anderer Beteiligter am Raub
a)
eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug bei sich führt,
b)
sonst ein Werkzeug oder Mittel bei sich führt, um den Widerstand einer anderen Person durch Gewalt oder Drohung mit Gewalt zu verhindern oder zu überwinden,
c)
eine andere Person durch die Tat in die Gefahr einer schweren Gesundheitsschädigung bringt oder
2.
der Täter den Raub als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Raub oder Diebstahl verbunden hat, unter Mitwirkung eines anderen Bandenmitglieds begeht.

(2) Auf Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren ist zu erkennen, wenn der Täter oder ein anderer Beteiligter am Raub

1.
bei der Tat eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug verwendet,
2.
in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 eine Waffe bei sich führt oder
3.
eine andere Person
a)
bei der Tat körperlich schwer mißhandelt oder
b)
durch die Tat in die Gefahr des Todes bringt.

(3) In minder schweren Fällen der Absätze 1 und 2 ist die Strafe Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren.

(1) Bei der Verurteilung zu Freiheitsstrafe von nicht mehr als einem Jahr setzt das Gericht die Vollstreckung der Strafe zur Bewährung aus, wenn zu erwarten ist, daß der Verurteilte sich schon die Verurteilung zur Warnung dienen lassen und künftig auch ohne die Einwirkung des Strafvollzugs keine Straftaten mehr begehen wird. Dabei sind namentlich die Persönlichkeit des Verurteilten, sein Vorleben, die Umstände seiner Tat, sein Verhalten nach der Tat, seine Lebensverhältnisse und die Wirkungen zu berücksichtigen, die von der Aussetzung für ihn zu erwarten sind.

(2) Das Gericht kann unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 auch die Vollstreckung einer höheren Freiheitsstrafe, die zwei Jahre nicht übersteigt, zur Bewährung aussetzen, wenn nach der Gesamtwürdigung von Tat und Persönlichkeit des Verurteilten besondere Umstände vorliegen. Bei der Entscheidung ist namentlich auch das Bemühen des Verurteilten, den durch die Tat verursachten Schaden wiedergutzumachen, zu berücksichtigen.

(3) Bei der Verurteilung zu Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten wird die Vollstreckung nicht ausgesetzt, wenn die Verteidigung der Rechtsordnung sie gebietet.

(4) Die Strafaussetzung kann nicht auf einen Teil der Strafe beschränkt werden. Sie wird durch eine Anrechnung von Untersuchungshaft oder einer anderen Freiheitsentziehung nicht ausgeschlossen.

Hat eine Person den Hang, alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen, und wird sie wegen einer rechtswidrigen Tat, die sie im Rausch begangen hat oder die auf ihren Hang zurückgeht, verurteilt oder nur deshalb nicht verurteilt, weil ihre Schuldunfähigkeit erwiesen oder nicht auszuschließen ist, so soll das Gericht die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt anordnen, wenn die Gefahr besteht, dass sie infolge ihres Hanges erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird. Die Anordnung ergeht nur, wenn eine hinreichend konkrete Aussicht besteht, die Person durch die Behandlung in einer Entziehungsanstalt innerhalb der Frist nach § 67d Absatz 1 Satz 1 oder 3 zu heilen oder über eine erhebliche Zeit vor dem Rückfall in den Hang zu bewahren und von der Begehung erheblicher rechtswidriger Taten abzuhalten, die auf ihren Hang zurückgehen.