Bundesgerichtshof Urteil, 24. Okt. 2018 - 5 StR 477/17

bei uns veröffentlicht am24.10.2018

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
5 StR 477/17
vom
24. Oktober 2018
in der Strafsache
gegen
wegen Betruges
ECLI:DE:BGH:2018:241018U5STR477.17.0

Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 24. Oktober 2018, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof Dr. Mutzbauer,
die Richter am Bundesgerichtshof Prof. Dr. Sander, Dr. Berger, Prof. Dr. Mosbacher, Köhler
als beisitzende Richter,
Bundesanwalt
als Vertreter des Generalbundesanwalts,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Amtsinspektorin
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revision der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Braunschweig vom 9. Juni 2017 mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.
2. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das vorgenannte Urteil im Strafausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.
Die weitergehende Revision wird verworfen.
3. Im Umfang der Aufhebungen wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

- Von Rechts wegen -

Gründe:


1
Das Landgericht hat die Angeklagte wegen Betruges in 265 Fällen zu einer Gesamtgeldstrafe von 120 Tagesätzen zu je 50 € verurteilt. Gegen dieses Urteil wenden sich die Angeklagte und die Staatsanwaltschaft mit ihren auf die Verletzung sachlichen Rechts gestützten Revisionen. Die Angeklagte beanstandet zudem das Verfahren. Das Rechtsmittel der Angeklagten hat mit der Sachrüge Erfolg. Die Revision der Staatsanwaltschaft führt – insoweit wird sie auch vom Generalbundesanwalt vertreten – zur Aufhebung des Strafausspruchs.

I.


1. Das Landgericht hat im Wesentlichen festgestellt:
2
3
Die Angeklagte betreibt in Salzgitter als Einzelunternehmerin ein Bestattungshaus. Seit Dezember 2007 stand das Unternehmen in Geschäftsbeziehungen mit dem Krematorium Stendal. Je Einäscherung entrichtete das Bestattungshaus zunächst einen Betrag von 190 € an das Krematorium und erwarb zudem für die Einäscherungen vom Krematorium bei Bedarf sogenannte Rohsärge zu einem Preis zwischen 45 und 50 € je Stück. Seit September 2008 wurden Einäscherung und Rohsarg-Erwerb in einer „Einäscherungspauschale“ in Höhe von 265,37 € zusammengefasst, von denen 75 € auf die Lieferung eines Rohsarges und der Restbetrag auf die Einäscherung entfielen. Auf Wunsch des Bestattungshauses sollte in den Rechnungen weiterhin nur „Einäscherung“ stehen. Das Krematorium lieferte pro Sterbefall einen Rohsarg an das Bestattungshaus und stellte diesem bei Überführung des Leichnams zusätzlich 228 € in Rechnung. Auf Initiative der Angeklagten, die sämtliche Absprachen zwischen Bestattungshaus und Krematorium kannte und als eigene wollte, stellte das Krematorium jedenfalls ab dem Jahr 2012 Einäscherung und Überführung unmittelbar den Hinterbliebenen in Rechnung.
4
Im Zeitraum von Januar 2012 bis Mitte 2014 schloss das Bestattungshaus in Trauergesprächen in 265 Fällen – teils durch die Angeklagte selbst, teils durch Mitarbeiter – Verträge über Feuerbestattungen ab. Darin wurde als eigene Leistung des Bestattungshauses die Bereitstellung eines Sarges für die Einäscherung mit Angabe der für das Sargmodell anfallenden Kosten zwischen 435 und 595 € vereinbart. In der „unverbindlichen Vorausberechnung“ der Kosten im Rahmen des Trauergesprächs wurde als gesondert vom Krematorium Stendal in Rechnung zu stellende Leistung die Einäscherung zum Preis von 265,37 € und gegebenenfalls eine Überführung für 228 € aufgeführt.
5
Die Hinterbliebenen beantragten „die Durchführung der Einäscherung“ (UA S. 5) auf einem an das Krematorium gerichteten Formular, ohne dass es zu einem direkten Kontakt zum Krematorium kam, worauf die Einäscherung vorgenommen und – gegebenenfalls zuzüglich der Überführung – vom Krematori- um unter dem Rechnungsposten „Einäscherung“ (UA S. 6) in Rechnung gestellt und von den Hinterbliebenen bezahlt wurde. Diese wussten nicht, dass das Krematorium in die Pauschale einen Betrag von 75 € für die Lieferung eines Einäscherungssarges „einrechnete“ (UA S. 6).Hierüber wurden die Hinterbliebenen im Trauergespräch auch nicht aufgeklärt, weswegen sie davon ausgingen , dass sie dem Krematorium gegenüber lediglich Kosten für die Einäscherung (sowie gegebenenfalls Überführungskosten) schuldeten. Seitens des Bestattungshauses wurde den Hinterbliebenen eine Rechnung gestellt, die auch die Kosten für das gewählte Sargmodell enthielt; diese Rechnungen wurden ebenfalls bezahlt.
6
Das Landgericht hat festgestellt, dass die Hinterbliebenen 75 € weniger an das Krematorium bezahlt hätten, wenn ihnen bekannt gewesen wäre, dass dieses in die Einäscherungspauschale einen Betrag von 75 € für die Lieferung eines Bestattungssarges an das Bestattungshaus je Sterbefall einrechnete.
2. Die Überzeugung, dass die Hinterbliebenen irrtumsbedingt verfügt hät7 ten, hat die Strafkammer insbesondere auf die Aussagen von vier Hinterbliebenen gestützt und ist im Übrigen davon ausgegangen, die Vernehmung der weiteren Hinterbliebenen hätte dasselbe Ergebnis erbracht.
8
3. Das Landgericht hat den Tatbestand des Betruges für erfüllt erachtet. Die Angeklagte habe die Hinterbliebenen getäuscht, indem sie konkludent vorgespiegelt habe, sie schuldeten allein dem Bestattungshaus – und nicht (auch) dem Krematorium – Kosten „für die Bereitstellung des gewählten Sarges zur Einäscherung“. Dadurch sei es nicht Teil des Vorstellungsbildes der Hinterblie- benen geworden, dass „das Krematorium dem Bestattungshaus auf ihre Kosten Särge liefern würde“, die „vom Krematorium insoweit berechneten Kosten“ seien in der Einäscherungspauschale „nicht sichtbar versteckt“ gewesen (UA S. 29). Deshalb hätten die Hinterbliebenen auf die Rechnung des Krematoriums hin „einenBetrag in Höhe von 75 € zuviel“ gezahlt und in dieser Höhe einen Vermögensschaden erlitten.

II.


1. Die Revision der Angeklagten hat mit der Sachrüge Erfolg; auf die er9 hobenen Verfahrensbeanstandungen kommt es daher nicht mehr an. Die Feststellungen des Landgerichts belegen nicht die Verwirklichung der Voraussetzungen des Betrugstatbestandes.
10
a) Entgegen der Auffassung des Landgerichts ergibt sich aus den Feststellungen keine konkludente Täuschung dergestalt, dass die Angeklagte – auch über deren Angestellte – den Hinterbliebenen wahrheitswidrig vorge- spiegelt habe, ihnen stünde aus dem Vertrag mit dem Krematorium die Lieferung eines Einäscherungssarges nicht zu. Denn ob die Lieferung eines Ein- äscherungssarges jeweils Gegenstand des Vertrages zwischen Krematorium und den Hinterbliebenen war, lässt sich den Urteilsgründen nicht eindeutige entnehmen.
11
Das Landgericht hat zutreffend angenommen, die im Verhältnis zwischen Bestattungshaus und Krematorium zunächst vereinbarte „Einäscherungspauschale“ beinhalte als Leistung des Krematoriums sowohl die Lieferung eines Einäscherungssarges als auch die Einäscherung selbst. Dies war nach den Feststellungen Gegenstand der ausdrücklichen beiderseitigen vertraglichen Vereinbarung in Fortführung der bereits zuvor geübten Geschäftspraxis.
12
Den Inhalt der vertraglichen Vereinbarung zwischen Krematorium und Hinterbliebenen hat das Landgericht dagegen nur unzureichend beschrieben. Er ist durch Auslegung der gegenseitigen Willenserklärungen zu bestimmen (§§ 133, 157 BGB). Eine solche Auslegung ist Aufgabe des Tatgerichts und nur einer eingeschränkten revisionsgerichtlichen Überprüfung zugänglich (vgl. BGH, Urteile vom 4. September 2014 – 1 StR 75/14 und vom 29. August 2007 – 5StR 103/07). Indes hat das Landgericht versäumt, eine solche Auslegung vorzunehmen; dies erweist sich als durchgreifend rechtsfehlerhaft. Denn der durch die Hinterbliebenen an das Krematorium gerichtete Antrag beinhaltete nach deren im Wortlaut der Erklärung eindeutig zum Ausdruck kommenden Vorstellung (UA S. 5) und nach dem Empfängerhorizont (vgl. BGH, Urteile vom 24. Februar 1988 – VIII ZR 145/87, BGHZ 103, 275, 280; vom 17. Juli 1997 – I ZR 40/95, NJW 1997, 3087, 3088; MüKo-BGB/Busche, 7. Aufl., § 133 Rn. 28; Palandt/Ellenberger, 77. Aufl., § 133 Rn. 9 f.) nur die Einäscherung. Dagegen bleibt unklar, ob die Annahme des Antrags durch das Krematorium, die in dessen Tätigwerden zum Ausdruck kam, auch die Lieferung eines Sarges umfasste oder ob es sich bei den Kosten für den Sarg lediglich um einen Pos- ten in der internen Kalkulation handelte. Damit ist aber in Bezug auf die Lieferung eines Bestattungssarges schon die Grundlage einer Täuschung – nämlich der tatsächliche Erklärungsgehalt – nicht belegt.
13
b) Auch belegen die Feststellungen keine (konkludente) Täuschung dahin , dass den Hinterbliebenen im Trauergespräch vorgespiegelt wurde, es bestehe keine Provisions- oder „Rückvergütungsvereinbarung“ zwischen dem Bestattungshaus und dem Krematorium. Das Landgericht hat zwar festgestellt, dass vom Krematorium je Sterbefall ein Rohsarg an das Bestattungshaus geliefert wurde – dies würde im Grundsatz eine konkludente Vereinbarung einer Provision oder Rückvergütung nahelegen (vgl. aber UA S. 18, 20, 21) – und dass die Hinterbliebenen über diesen Umstand nicht aufgeklärt wurden. Allerdings ist nicht festgestellt, dass sich aus den Äußerungen und dem Verhalten der Angeklagten gegenüber den Hinterbliebenen schlüssig die Erklärung ergab, eine Provisions- oder Rückvergütungsvereinbarung mit dem Krematorium bestehe nicht (vgl. BGH, Urteil vom 15. Dezember 2006 – 5 StR 181/06, BGHSt 51, 165, 169 ff. mwN).

c) Eine Garantenpflicht zur Offenbarung des Umstands, dass seitens des
14
Krematoriums je Sterbefall unentgeltlich ein Einäscherungssarg an das Bestattungshaus geliefert wurde, bestand nach den bisher getroffenen Feststellungen nicht. Eine gesetzliche Pflicht zu einer solchen Offenbarung, wie sie beispielsweise in § 70 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WpHG für Wertpapierdienstleister im Verhältnis zu ihren Kunden bestimmt ist, bestand für die Angeklagte nicht. Der Senat kann dem Urteil wegen der auch insoweit fehlenden Feststellungen nicht selbst entnehmen, ob zwischen dem Krematorium und den Hinterbliebenen ein besonderes Vertrauensverhältnis bestand, das die Wahrung ihrer Vermögensinteressen umfasste und zu einer Offenbarungspflicht aus Treu undGlaube führte (vgl. BGH, Urteil vom 16. November 1993 – 4 StR 648/93, BGHSt 39, 392, 400; LK-StGB/Tiedemann, 12. Aufl., 263 Rn. 61 ff.).
15
d) Schließlich ist auch nicht festgestellt, dass die Angeklagte die Hinterbliebenen in der Weise getäuscht hat, dass sie vorspiegelte, die Einäscherung der Verstorbenen werde in vom Bestattungshaus gestellten, höherwertigen Särgen vorgenommen, während die Verstorbenen tatsächlich in den – qualitativ minderwertigen – Rohsärgen eingeäschert wurden.
16
2. Die zu Ungunsten der Angeklagten eingelegte Revision der Staatsanwaltschaft führt zur Aufhebung des Strafausspruchs. Darauf, dass deren Rechtsmittel im Übrigen auch zugunsten der Angeklagten wirkt (§ 301 StPO), kommt es nach dem Erfolg der Revision der Angeklagten nicht mehr an (vgl. BGH, Urteil vom 25. Oktober 2016 – 5 StR 255/16 Rn. 18 mwN).

a) Das Landgericht hat von seinem Standpunkt aus mit nicht tragfähiger
17
Begründung die Verwirklichung des Regelbeispiels des gewerbsmäßigen Betruges abgelehnt. Zwar setzt Gewerbsmäßigkeit im Sinne von § 263 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 StGB grundsätzlich eigennütziges Handeln und damit tätereigene Einnahmen voraus. Anders verhält es sich jedoch, wenn betrügerisch erlangte Vorteile dem Täter mittelbar zufließen – so etwa betrügerisch für den Arbeitgeber erlangte Betriebseinnahmen, wenn diese dem Täter über das Gehalt oder die Beteiligung an Betriebsgewinnen zu Gute kommen (vgl. BGH, Beschluss vom 19. Dezember 2007 – 5 StR 543/07, NStZ 2008, 282).
18
Entsprechend liegt es hier. Nach den Feststellungen erlangte die Angeklagte in der Weise Vorteile aus den zugunsten des Krematoriums begangenen Betrugstaten, dass ihr Bestattungshaus für jede Einäscherung von diesem ei- nen Rohsarg im Wert von 75 € erhielt. Damit profitierte die Angeklagte mittelbar von ihren fremdnützigen Betrugstaten.
19
b) Die von der Strafkammer hilfsweise angeführten Gesichtspunkte rechtfertigen ein Absehen von der Regelwirkung des § 263 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 StGB nicht. Das Landgericht hat hier namentlich den hohen Gesamtschaden von insgesamt knapp 20.000 € und die zeitliche Ausdehnung der Tatserie über mehr als zwei Jahre nicht erkennbar in den Blick genommen.
20
c) Der Rechtsfehler führt zur Aufhebung der Einzelstrafen; dies zieht die Aufhebung der Gesamtstrafe nach sich.

III.


Für die neue Hauptverhandlung weist der Senat auf Folgendes hin:
21
22
1. Sollte das neu zur Entscheidung berufene Tatgericht feststellen, dass die Angeklagte irrtümlich davon ausging, dass der Vertrag zwischen den Hinterbliebenen und dem Krematorium die Lieferung eines Einäscherungssarges umfasste, sie die Hinterbliebenen hierüber aber gleichwohl täuschen wollte, wird es eine Strafbarkeit wegen (untauglichen) versuchten Betruges zu erwägen haben. In diesem Fall wäre auch zu prüfen, ob sich der etwaige Tatentschluss wie im angefochtenen Urteil angenommen darauf bezog, die Hinterblie- benen dazu zu bringen, die „Einäscherungspauschale“ vollständig zu bezahlen oder ob es der Angeklagten gegebenenfalls darum ging, selbst den Hinterbliebenen auf diese Weise einen Einäscherungssarg verkaufen und dadurch einen Vermögensvorteil für sich erzielen zu können.
Auch wird das neue Tatgericht die Wiedereinbeziehung der im Ermitt23 lungsverfahren ausgeschiedenen Tatteile zu erwägen haben.
24
2. Die Angeklagte ist wegen Betruges in 265 Fällen verurteilt worden. Den Feststellungen ist jedoch zu entnehmen, dass sie die Trauergespräche nur zu einem Teil selbst geführt, im Übrigen aber die Angestellten M. , K. oder W. damit beauftragt hat (UA S. 5 f.). Haben sich die Tatbeiträge der Angeklagten insoweit im Aufbau und der Aufrechterhaltung des auf die Straftaten ausgerichteten „Geschäftsbetriebes“ erschöpft, so wären die Tat- handlungen als – uneigentliches – Organisationsdelikt zu einer einheitlichen Tat im Sinne des § 52 Abs. 1 StGB zusammenzufassen (st. Rspr., vgl. etwa BGH, Beschlüsse vom 14. Oktober 2014 – 3 StR 365/14, NStZ 2015, 334; vom 23. Juli 2015 – 3 StR 518/14, NStZ-RR 2015, 341 f.; jeweils mwN). Für die konkurrenzrechtliche Beurteilung der Taten des Täters oder Teilnehmers kommt es dabei nicht darauf an, ob die anderen Beteiligten, die die tatbestandlichen Ausführungshandlungen vornehmen, (Mit-)Täter oder Gehilfen sind oder ob es sich um gutgläubige Werkzeuge handelt (vgl. BGH, Beschluss vom 20. September 2016 – 3 StR 302/16, wistra 2017, 231, 232 mwN).
25
3. Es ist rechtlich nicht zu beanstanden, wenn sich das Gericht in Massenbetrugsfällen wie dem vorliegenden die Überzeugung vom Vorliegen betrugsrelevanter Fehlvorstellungen der Betrugsopfer aufgrund äußerer Umstände und allgemeiner Erfahrungssätze, auch in Verbindung mit Aussagen ausgewählter Zeugen verschafft. Der Umfang der vom Tatgericht zu treffenden Aufklärungsmaßnahmen bestimmt sich danach, inwieweit nach den Umständen des Einzelfalls normativ geprägte Vorstellungsbilder gegeben sind (vgl. BGH, Beschluss vom 16. August 2018 – 5 StR 348/18 mwN).
Mutzbauer Sander Berger
Mosbacher Köhler

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Urteil, 24. Okt. 2018 - 5 StR 477/17

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Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 133 Auslegung einer Willenserklärung


Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 157 Auslegung von Verträgen


Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Strafgesetzbuch - StGB | § 263 Betrug


(1) Wer in der Absicht, sich oder einem Dritten einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen, das Vermögen eines anderen dadurch beschädigt, daß er durch Vorspiegelung falscher oder durch Entstellung oder Unterdrückung wahrer Tatsachen einen
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(1) Verletzt dieselbe Handlung mehrere Strafgesetze oder dasselbe Strafgesetz mehrmals, so wird nur auf eine Strafe erkannt. (2) Sind mehrere Strafgesetze verletzt, so wird die Strafe nach dem Gesetz bestimmt, das die schwerste Strafe androht. Sie d

Strafprozeßordnung - StPO | § 301 Wirkung eines Rechtsmittels der Staatsanwaltschaft


Jedes von der Staatsanwaltschaft eingelegte Rechtsmittel hat die Wirkung, daß die angefochtene Entscheidung auch zugunsten des Beschuldigten abgeändert oder aufgehoben werden kann.

Wertpapierhandelsgesetz - WpHG | § 70 Zuwendungen und Gebühren; Verordnungsermächtigung


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URTEIL
1 S t R 7 5 / 1 4
vom
4. September 2014
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gegen
1.
2.
wegen Untreue u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat aufgrund der am 5. August 2014
begonnenen Hauptverhandlung in der Sitzung vom 4. September 2014, an denen
teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Raum,
die Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Graf,
Prof. Dr. Jäger,
die Richterin am Bundesgerichtshof
Cirener
und der Richter am Bundesgerichtshof
Prof. Dr. Mosbacher,
Oberstaatsanwalt beim Bundesgerichtshof
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt - in der Verhandlung vom
5. August 2014 -,
Rechtsanwalt - in der Verhandlung vom
5. und 21. August 2014 -
als Verteidiger des Angeklagten M. ,
Rechtsanwalt - in der Verhandlung vom
5. August 2014 -
als Verteidiger des Angeklagten B. ,
der Angeklagte B. persönlich - in der Verhandlung vom
5. August 2014 - ,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Die Revisionen der Angeklagten und der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landgerichts München I vom 7. Februar 2013 werden verworfen.
2. Die Angeklagten tragen die Kosten ihrer Rechtsmittel. Die Kosten der Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft und die hierdurch den Angeklagten entstandenen notwendigen Auslagen trägt die Staatskasse.

Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten M. wegen Untreue in zwanzig tatmehrheitlichen Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und drei Monaten, den Angeklagten B. wegen Untreue in elf tatmehrheitlichen Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und elf Monaten verurteilt. Die Vollstreckung der gegen den Angeklagten B. verhängten Freiheitsstrafe hat es zur Bewährung ausgesetzt und hinsichtlich beider Angeklagter ausgesprochen, dass jeweils drei Monate der verhängten Gesamtfreiheitsstrafe wegen überlanger Verfahrensdauer als vollstreckt gelten.
2
Von weiteren Vorwürfen der Untreue und des Betruges hat das Landgericht beide Angeklagte aus tatsächlichen und rechtlichen Gründen freigesprochen.
3
Die Angeklagten rügen mit ihren Revisionen die Verletzung materiellen und formellen Rechts; die Staatsanwaltschaft erhebt sachlich-rechtliche Beanstandungen.
4
Die Rechtsmittel bleiben erfolglos.

A.


5
Das Landgericht hat folgende Feststellungen getroffen:
6
Im Jahr 2006 erbot sich der Angeklagte M. gegenüber der Zeugin J. , ihr aus der Notlage finanzieller Verschuldung zu helfen. Die Zeugin war mit Ausnahme eines ererbten Nachlassanteils von 5/6, zu dem mehrere unbebaute Grundstücke in S. und E. gehörten, sowie eines von ihr allein ererbten und bewohnten Hausgrundstücks in R. vermögenslos. Wegen ihrer bestehenden Bankschulden i. H. von rund 540.000 Euro drohte die Zwangsversteigerung des Hausgrundstücks.
7
Auf Vorschlag des Angeklagten M. beschlossen die Beteiligten , den gesamten ererbten Grundstücksbestand der Zeugin J. in eine gemeinschaftlich gehaltene Gesellschaft einzubringen und mit einem zugunsten der Gesellschaft aufgenommenen Darlehen die Zwangsversteigerung des Hausgrundstücks in R. abzuwenden. Durch lukrativere freihändige Verkäufe aus dem Grundstücksbestand sollte im Anschluss das Darlehen zurückgeführt und gegebenenfalls sogar ein Überschuss erwirtschaftet werden.
8
Vor diesem Hintergrund schlossen die Zeugin J. und der Angeklagte M. am 16. Oktober 2006 einen notariellen Vertrag zur Umgründung einer von M. bereits gehaltenen Gesellschaft in die „J. V. GmbH“ (im Folgenden: „J. GmbH“). Die Zeugin J. hielt 48 % der Gesellschaftsanteile und wurde zur Geschäftsführerin bestellt; 52 % der Anteile übernahm eine von dem Angeklagten M. beherrschte Aktiengesellschaft (die spätere Mo. AG). Mit weiterem notariellem Vertrag vom selben Tag verkaufte die Zeugin J. der J. GmbH ihren ererbten Nachlassanteil zum Preis von 509.266 Euro und erklärte zugleich dessen dingliche Übertragung an die Gesellschaft. Zusätzlich unterbreitete sie dieser ein unwiderrufliches, gegenüber dem später tatsächlich erzielten Kaufpreis deutlich günstigeres notarielles Kaufangebot für das Hausgrundstück in R. zum Preis von 560.000 Euro.
9
Planmäßig erwirkte der Angeklagte M. im Anschluss auf Vermittlung des Angeklagten B. im November 2006 bei der Raiffeisen Bank O. einen Kredit im Umfang von 535.000 Euro zugunsten derJ. GmbH. Damit konnte in der Folge – wie beabsichtigt – die Zwangsversteigerung des Hausgrundstücks in R. verhindert werden.
10
Noch bevor es zu den avisierten freihändigen Verkäufen aus dem Grundstücksbestand kam, bestellte der Angeklagte M. im Frühjahr 2007 aufgrund seiner Entscheidungsmacht als Inhaber der Mehrheitseignerin anstelle der Zeugin J. den Zeugen W. zum neuen Geschäftsführer der J. GmbH. Dieser schloss für die J. GmbH eine Honorarvereinbarung zugunsten der Mehrheitseignerin ab. In rascher Folge setzte der Angeklagte M. sodann nacheinander die geschäftsunerfahrenen Zeugen C. und, darauf folgend, V. als neue Geschäftsführer ein. Alle Personal- und Sachentscheidungen traf er indes allein; er verfügte auch allein über den Zugriff auf die Geschäftskonten.
11
Im Juni 2007 nahm die J. GmbH das notarielle Kaufangebot der Zeugin J. für das Hausgrundstück in R. vom 16. Oktober 2006 an und veräußerte das Grundstück, vertreten durch den hierzu gesondert bevollmächtigten Angeklagten B. , zum Preis von 1,09 Millionen Euro. Mit der ersten Kaufpreisrate tilgten die Angeklagten wie beabsichtigt das der Gesellschaft gewährte Darlehen der Raiffeisen Bank O. . Zu den erhofften Gewinneinnahmen aus der zweiten Kaufpreisrate kam es jedoch vorerst nicht, weil sich die Zeugin J. weigerte, aus dem Haus auszuziehen, weshalb der Restkaufpreis nicht fällig wurde.
12
In der Folge kam es zu den nachfolgenden Straftaten der Angeklagten zu Lasten des Gesellschaftsvermögens:

I.


13
Im Juni/Juli 2007 beschlossen die Angeklagten, die ausstehende Restkaufpreisrate für das Hausgrundstück in R. vorzufinanzieren. Nach Vermittlung des Angeklagten B. gewährte die Raiffeisen Bank O. der J. GmbH ein weiteres Darlehen in Höhe von 200.000 Euro.
14
Weil die Bank jedoch Misstrauen gegen den Angeklagten M. hegte, wurde der Kreditvertrag „mit folgendem Inhalt unterzeichnet: Die Bank stellt einen Kredit (…) auf das Konto Nr. derRaiBa O. zur Verfü- gung“. Es folgte eine weitere Regelung mit dem Wortlaut „Die Überweisung der Geldmittel erfolgt auf das Anderkonto Nr. von Herrn B. bei der Kreissparkasse Mi. (…). Herr B. überwacht die ordnungsgemäße Verwendung der Gelder“. Der Angeklagte B. zeichnete diese Abrede mit „13.8.07 Einverstanden, B. “.
15
Als Verwendungszweck sah der Darlehensvertrag die Vorfinanzierung der zweiten Kaufpreisrate, den Aufbau von Geldvermögen der Zeugin J. und die Deckung deren künftiger Umzugskosten sowie laufender Kosten der J. GmbH vor. Die Raiffeisen Bank O. überwies die Darlehensvaluta auf das hauseigene Geschäftskonto der J. GmbH; 170.000 Euro leitete die damalige Geschäftsführerin C. auf Anweisung des Angeklagten M. auf das Anderkonto des Angeklagten B. weiter.
16
Zu einem nicht mehr genau bestimmbaren Zeitpunkt nach Abschluss des Kreditvertrages, jedoch vor dem 22. August 2007, entschieden sich die Angeklagten , auch Kosten, die zum Darlehenszweck in keinem Zusammenhang standen, aus dem Guthaben des Anderkontos zu begleichen. Aufgrund der dem Angeklagten B. eingeräumten Verfügungsmacht nahmen sie einvernehmlich die nachstehenden Verfügungen zu Lasten des Kontos vor, wobei sie „den Tatentschluss jeweils dann [fassten], wenn Forderungen drängend wurden“.
17
1.-3. Bei drei Gelegenheiten am 10. September 2007, 17. September 2007 und 27. September 2007 überwies der Angeklagte B. im Be- nehmen mit dem Angeklagten M. jeweils 55.000 Euro an die F. AG. Dabei handelte es sich um den Kaufpreis für drei von W. auf Bitten des Angeklagten M. von der F. AG erworbene Unternehmensmäntel. Die F. AG übereignete diese, indem sie das in die Kaufsummen eingepreiste Stammkapital der Gesellschaften, jeweils 50.000 Euro, auf das Anderkonto zurück überwies und die Gesellschaftspapiere herausgab. Der Differenzbetrag von jeweils 5.000 Euro pro Kauf blieb dem Anderkonto als Gewinn der F. AG dauerhaft entzogen.
18
4.-11. Der Angeklagte B. war Aufsichtsrat der BH. AG, die ein im Eigentum der Br. GbR des Zeugen Br. stehendes Hotel in G. betrieb. Im Juni 2007 beschloss die BH. AG, das Hotel künftig durch eine zwischengeschaltete Gesellschaft zu führen. Hierzu gründeten die Angeklagten die „A. H. V. C. GmbH“ (im Folgenden: „A. GmbH“), an der sie durch von ihnen beherrschte weitere Unternehmen jeweils zu 50 % beteiligt waren.
19
Nach Bedarf wurde auch das Guthaben auf dem Anderkonto zur Deckung von Kosten im Zusammenhang mit dem Betrieb der A. GmbH eingesetzt. Ohne werthaltige Rückführungen zahlte der Angeklagte B. am 22. August 2007 und am 3. September 2007 Beträge von 5.000 Euro bzw. 25.000 Euro auf eine Maklerforderung gegen die BH. AG. Am 23. August 2007 überwies er unter Angabe des Verwendungszwecks „Kostenerstattung V. C. “ weitere 20.000 Euro an die Mo. AG,ohne dass insoweit eine tatsächliche Erstattungspflicht der J. V. GmbH bestand. Am 1. Oktober 2007, 9. Oktober 2007, 2. Januar 2008 und 15. Januar 2008 tätigte er Pacht- und am 2. Januar 2008 Nebenkostenzahlungen in Höhe von insgesamt 82.075 Euro an die Br. GbR.
20
Rückzahlungen auf das Anderkonto im Umfang von insgesamt 13.256,23 Euro erfolgten nur gelegentlich und überwiegend im Zusammenhang mit weiteren nicht verfahrensgegenständlichen Zahlungen.

II.


21
Ohne Beteiligung des Angeklagten B. belastete der Angeklagte M. eigenhändig oder durch Anweisung an die jeweiligen formellen Geschäftsführer in den nachstehenden Fällen auch ein Geschäftskonto der J. GmbH bei der Deutschen Bank Mü. zu gesellschaftsfremden Zwecken:
22
1.-4. Auf Anweisung des Angeklagten schloss am 19. Mai2007 W. für die Gesellschaft einen Sponsoringvertrag bis zur Höhe von 100.000 Euro mit der von der Tochter des Angeklagten M. geführten Vo. GmbH. Aufgrund dieses Vertrages zahlte der Angeklagte M. am 19. Juni 2007 einen Betrag von 100 Euro, am 20. Juni 2007 einen Betrag von 2.900 Euro, am 27. Dezember 2007 fünfmal 1.000 Euro und am 2. Januar 2008 einen Betrag von 5.000 Euro an die Vo. GmbH.
23
5.-6. Am 28. Dezember 2007 überwies der Angeklagte M. unter Bezugnahme auf nicht existente Darlehensverträge einen Betrag von 20.000 Euro an die A. GmbH und weitere 30.000 Euro an die Mo. AG.
24
7.-8. Am 13. September 2007 und am 25. September 2007 zahlte der Angeklagte M. Beträge von 5.000 Euro bzw. 4.877 Euro an die Firma Ha. O. . Dem zugrunde lagen Rechnungen der Firma Ha. O. an die Firma N. AG, als deren Vertreter der Angeklagte M. der Firma Ha. O. einen Auftrag zur Errichtung von Sonnenkollektoren- und Wasserenthärtungsanlagen am Haus seiner Tochter erteilt hatte.
25
9. Zu einem nicht näher bekannten Zeitpunkt vor dem 18. April 2008 wies der Angeklagte M. den Zeugen V. als Geschäftsführer der J. GmbH an, einen Steuerrückerstattungsbetrag zugunsten der J. GmbH in Höhe von 17.690,90 Euro an die Mo. AG abzutreten. Dem kam der Zeuge V. am 18. April 2008 nach, woraufhin das Finanzamt noch vor dem 6. Mai 2008 den Betrag auf ein Konto der Mo. AG überwies.

B.


26
Von weiteren Vorwürfen des Betruges und der Untreue hat die Strafkammer die Angeklagten aus tatsächlichen Gründen (nachfolgend B.I.1.-3.) bzw. aus tatsächlichen und rechtlichen Gründen (nachfolgend B.I.4.) freigesprochen.

I.


27
1. Aufgrund unverändert zugelassener Anklage vom 24. März 2010 lag beiden Angeklagten zur Last, bereits beim Abschluss der notariellen Verträge vom 16. Oktober 2006 betrügerisch zum Nachteil der Zeugin J. gehandelt zu haben, um sich den uneingeschränkten Zugriff auf deren Immobilien zu sichern. Der Zeugin sei vorgetäuscht worden, sie werde ein regelmäßiges Geschäftsführergehalt beziehen und behalte als Geschäftsführerin der Gesellschaft die volle Entscheidungsmacht bezüglich künftiger Grundstücksverkäufe; insbesondere könne der Verlust des Hausgrundstücks in R. verhindert oder der Zeugin jedenfalls ein Wohnrecht erhalten werden.
28
2. Als einheitliches Tatgeschehen (§ 52 StGB) mit den oben unter A.I. bezeichneten Untreuevorwürfen warf die Anklage vom 24. März 2010 beiden Angeklagten außerdem vor, die Vertreter der Raiffeisen Bank O. beim Abschluss des (zweiten) Kreditvertrages am 10. August 2007 darüber getäuscht zu haben, dass das valutierte Darlehen von vorneherein nur privaten Zwecken dienen sollte und die J. GmbH nicht in der Lage sein würde, den Darlehensbetrag zurückzuzahlen. Infolge dessen sei die Raiffeisen BankO. , die bei Kenntnis der wahren Verwendungsabsicht das Darlehen nicht gewährt hätte, in Höhe der valutierten Kreditsumme geschädigt worden.
29
3.-7. Schließlich lag aufgrund dieser Anklage (allein) dem Angeklagten M. zur Last, bei fünf (weiteren) Gelegenheiten jeweils ohne rechtliche Verpflichtung und ohne Bezug zum Gesellschaftszweck der J. GmbH von deren Geschäftskonto weitere Beträge an die Mo. AG gezahlt zu haben, nämlich am 31. Mai 2007 einen Betrag i. H. von 21.000 Euro, am 27. Dezember 2007 sechsmal jeweils 1.785 Euro, am 2. Januar 2008 einen Betrag i. H. von 10.000 Euro, am 18. Januar 2008 zweimal jeweils 1.785 Euro und am 22. Januar 2008 einen Betrag i. H. von 1.875 Euro.
30
8. Aufgrund gesonderter, unverändert zugelassener Anklage vom 12. April 2011 lag beiden Angeklagten zudem der Vorwurf des Betruges im Vorfeld der auf die Übertragung des Erbteils der Zeugin J. folgenden Grundbuchberichtigung zur Last.
31
Bezüglich der am 16. Oktober 2006 vereinbarten und vollzogenen Erbteilsübertragung (s.o. A.) hätten die Angeklagten entweder von vorneherein beabsichtigt oder nach Vertragsschluss vereinbart, sich den Kaufpreis für den Erbteil (insgesamt 509.266 Euro) zu ersparen. Gemäß den Regelungen des Vertrages sei jedoch der notarielle Antrag auf Berichtigung des Grundbuchs bezüglich der Grundstücksanteile in S. und E. an die vorherige Zahlung des vollen Kaufpreises geknüpft gewesen. Um dennoch ohne Bezahlung die Eintragung der J. GmbH in das Grundbuch zu erreichen, hätten die Angeklagten zwischen dem 26. März 2007 und dem 12. April 2007 dem Notarassessor Fr. verschiedene Unterlagen vorgelegt, aus denen hervorging, dass im November 2006 ein Betrag von ca. 525.000 Euro von der J. GmbH auf ein Konto der Zeugin J. bei deren Gläubigerbank transferiert worden sei. Der Angeklagte M. habe diese Zahlung als Kaufpreiszahlung für den Erbteilskauf deklariert. Tatsächlich habe es sich um die Überweisung der von der Raiffeisen Bank O. zur Verfügung gestellten (ersten) Darlehensvaluta an die Zeugin J. gehandelt, die mit dem Erbteilskauf nicht in Verbindung standen. Weil Fr. die Überweisung nicht als Nachweis der Kaufpreiszahlung für den Erbteilskauf anerkannte, sei der Angeklagte M. an den Notar K. herangetreten. Dieser habe im Vertrauen auf die Richtig- keit der vorgelegten Unterlagen unter Vorlage einer Unbedenklichkeitsbescheinigung am 12. April 2007 die Grundbuchberichtigung zugunsten der J. V. GmbH beantragt, die am 18. April 2007 erfolgte.
32
Die aus dem anschließenden Weiterverkauf zweier Grundstücke am 12. bzw. am 27. April 2007 erlösten, jeweils dem Geschäftskonto der J. GmbH bei der Deutschen Bank gutgeschriebenen 49.264,85 Euro sollten die Angeklagten in der Folge für eigene Zwecke verbraucht haben.

II.


33
1. Bezüglich des Vorwurfs des Betruges (s.o. B.I.1.) hat sich die Strafkammer (unter Bezugnahme auf den unter A. dargestellten Sachverhalt) aufgrund einer umfassenden Würdigung insbesondere der Einlassung des Angeklagten M. und der Angaben der Zeugin J. keine Überzeugung davon verschaffen können, dass die Zeugin J. beim Abschluss der notariellen Verträge vom 16. Oktober 2006 über die Mehrheitsverhältnisse in der Gesellschaft , ihre Befugnisse als Geschäftsführerin, ihren Anspruch auf Gehalt und den erforderlichen freihändigen Verkauf auch ihres Hausgrundstücks getäuscht worden ist.
34
2. Bezüglich des Vorwurfs des Betruges zum Nachteil der Raiffeisen Bank O. im Rahmen des zweiten Kreditvertrages (s.o. B.I.2.) hat sich die Strafkammer (unter Bezugnahme auf den unter A.I. festgestellten Sachverhalt) keine Überzeugung darüber bilden können, dass die Angeklagten bereits beim Abschluss des Kreditvertrages die Verwendung des Geldes zu privaten Zwecken beabsichtigten.
35
3.-7. Hinsichtlich der weitergehenden Untreuevorwürfe gegen den Angeklagten M. (s.o. B.I.3.-7.) hat die Strafkammer (unter Bezugnahme auf die Feststellungen unter A.II.) zwar die anklagegegenständlichen weiteren Zahlungsvorgänge festgestellt. Indes hat sie nicht ausschließen können, dass jedenfalls diese Zahlungen (auch der Höhe nach) in Erfüllung der von W. für die J. GmbH geschlossenen Honorarvereinbarung (s.o. A.) erfolgten, für deren Sittenwidrigkeit keine Anhaltspunkte bestünden.
36
8. Vom Vorwurf des Betruges zur Erlangung der Grundbuchberichtigung (B.I.8.) hat die Strafkammer die Angeklagten aus tatsächlichen und rechtlichen Gründen freigesprochen.
37
a) Hierzu hat sie – insoweit vom Vorwurf der Anklage abweichend – im Wesentlichen Folgendes festgestellt:
38
Nachdem die Angeklagten Käufer für die Grundstücke in S. und E. gefunden hatten, erkannten sie, dass sie wegen der bezeichneten Vertragsklausel ohne Kaufpreiszahlung keine Berichtigung des Grundbuchs zugunsten der J. GmbH erreichen würden und damit auch nicht über die Grundstücke würden verfügen können. Sie beschlossen spätestens im März 2007, den Notar über die Bewirkung der Kaufpreiszahlung zu täuschen, um ihn zu dem Antrag an das Grundbuchamt zu bewegen.
39
Weil der hierzu angefragte Notarassessor Fr. trotz diverser ihm vom Angeklagten M. vorgelegter, eine Kaufpreiszahlung vorgebender Unterlagen die Antragstellung wiederholt abgelehnt hatte, führte der Angeklagte M. am 12. April 2007 mit dem Notar K. ein persönliches Gespräch. In der Folge forderte K. mit dem Hinweis, die Kaufpreiszah- lung sei ausreichend nachgewiesen, Fr. zur Antragstellung auf, was dieser noch am selben Tage tat.
40
b) Die Strafkammer hat den Freispruch beider Angeklagter maßgeblich darauf gestützt, dass die erwirkte Grundbuchberichtigung keinen Vermögenswert besitze, weshalb es schon an einer Vermögensverfügung i.S.v. § 263 Abs. 1 StGB fehle.
41
Nach den Regelungen des notariellen Vertrages vom 16. Oktober 2006 sei der dingliche Erbteil bereits beim Vertragsschluss auf die J. GmbH übergegangen ; die Grundbuchberichtigung habe nur noch der Wiederherstellung der Grundbuchrichtigkeit gedient. Eine „den Angeklagten bewusste Sittenwidrigkeit“ und eine damit verbundene ihnen „bekannte Nichtigkeit“ des Vertrages erscheine „eher fernliegend“. Auch bezüglich eines festgestellten Verstoßes gegen das Verbot des Selbstkontrahierens (§ 181 BGB) sei kein Vorsatz der Angeklagten erkennbar.
42
Ergänzend hat die Strafkammer in tatsächlicher Hinsicht die Kausalität der von den Angeklagten verübten Täuschung für die spätere Grundbuchberichtigung mit Blick auf eine etwaige Bösgläubigkeit K. s verneint und hinsichtlich des Angeklagten M. einen „Rücktritt“ bejaht.

C.


Revision des Angeklagten M.
43
Der Angeklagte M. rügt mit seiner Revision die Verletzung formellen und materiellen Rechts.
44
Das Rechtsmittel bleibt erfolglos.

I.


45
1. Die erhobene Inbegriffsrüge erweist sich aus den in der Antragsschrift des Generalbundesanwalts vom 25. Februar 2014 zutreffend ausgeführten Gründen als unbegründet.
46
2. Auch die weiteren drei Verfahrensbeanstandungen, mit denen der Angeklagte die Verletzung des Art. 6 Abs. 1 EMRK (s.u. C.I.2.b), RB S. 2 ff.), des Beweisantragsrechts (s.u. C.I.2.c)) und der gerichtlichen Aufklärungspflicht (s.u. C.I.2.d)) rügt, bleiben im Ergebnis ohne Erfolg.
47
a) Den gemeinsamen Hintergrund dieser Rügen bilden die im Zusammenhang mit den Untreuevorwürfen wegen Zahlungen zugunsten der A. GmbH (Fälle A.I.4.-11. und A.II.5.) und der N. AG (Fälle A.II.7.-8.) unternommenen Aufklärungsbemühungen des Gerichts betreffend verschiedene Buchhaltungs-, Darlehens- und Bürgschaftsunterlagen.
48
Hierzu hat die Revision – einmalig im Rahmen der Rüge der Verletzung des Art. 6 Abs. 1 EMRK – im Kern folgendes Prozessgeschehen vorgetragen:
49
Nach einer Durchsuchung im hiesigen Verfahren wurden 2008 die gesamten Festplattendaten eines bei dem Angeklagten M. beschlagnahmten Notebooks gesichert. Deren zunächst schlagwortbezogene Auswertung erbrachte keine Hinweise zu einem Darlehensvertrag insbesondere zwischen der J. GmbH und der A. GmbH oder zu deren Buchhaltungsunterlagen.
50
Bei einer weiteren Durchsuchung in einem von der Staatsanwaltschaft Augsburg gegen den Angeklagten M. geführten Ermittlungsverfahren wurden im Oktober 2009 (erneut) die Daten der Festplatte des Notebooks gesichert sowie zwei externe Datenträger beschlagnahmt, jedoch nicht ausgewertet.
51
Nach Anklageerhebungen vom 24. März 2010 und 12. April 2011 und der (gemeinsamen) Eröffnung des Hauptverfahrens am 29. Juni 2011 begann die Hauptverhandlung im hiesigen Verfahren am 19. September 2011. Bemühungen , im Verlauf der Hauptverhandlung Erkenntnisse zu etwaigen Darlehensverträgen der J. GmbH und der N. AG bzw. der A. GmbH zu gewinnen, blieben zunächst erfolglos, weil die Datensicherungen aus der ersten Beschlagnahme nicht mehr vorhanden und die bei der zweiten Durchsuchung gesicherten Daten und Speichermedien dem Angeklagten bereits 2009 ohne Auswertung wieder ausgehändigt worden waren.
52
Am 29. Hauptverhandlungstag beantragte der Angeklagte B. förmlich die Auswertung des bei dem Angeklagten M. im Jahr 2009 sichergestellten Computers bzw. – wie sich aus der Begründung des Antrages ergibt – der daraus erstellten Datensicherung: Es sei über die Behauptung des Angeklagten M. Beweis zu erheben, dieser habe im August 2007 einen von ihm – B. – entworfenen und unterschriebenen Darlehensvertrag zwischen der J. GmbH und der A. GmbH gegengezeichnet und diesen (sodann) zeitnah auf dem Computer abgespeichert. Diesen Antrag „ergänzte“ der Angeklagte B. am 30. Hauptverhandlungstag und „erweiterte“ ihn auf die Behauptung des Vorhandenseins einer Bürgschafts- oder Garantieerklärung der Mo. AG für die genannte Darlehensschuld.
53
Die Strafkammer lehnte am 32. Hauptverhandlungstag die beantragten Beweiserhebungen durch Beschluss ab.
54
Nachdem – zu späteren Zeitpunkten – der Angeklagte M. die ihm 2009 ausgehändigten Datenträger übergeben hatte, wurden die dort gespeicherten Buchhaltungsunterlagen der A. GmbH ausgewertet; die Ergebnisse wurden in die Hauptverhandlung eingeführt.
55
b) Die unter Bezugnahme auf das vorstehende Prozessgeschehen wegen der unterbliebenen bzw. verzögerten Datenauswertung erhobene Rüge der Verletzung des Art. 6 Abs. 1 EMRK ist unzulässig.
56
Das Revisionsvorbringen genügt, worauf der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift vom 25. Februar 2014 zutreffend hingewiesen hat, nicht den Anforderungen des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO.

57
Der Revisionsführer muss die den Mangel enthaltenden Tatsachen so vollständig und genau angeben, dass das Revisionsgericht allein aufgrund der Begründungsschrift prüfen kann, ob ein Verfahrensfehler vorliegt, wenn die behaupteten Tatsachen bewiesen werden (vgl. bereits BGH, Urteil vom 14. Oktober 1952 – 2 StR 306/52, BGHSt 3, 213, 214; Beschluss vom 25. August 1989 – 3 StR 158/89, bei Miebach NStZ 1990, 226, 230 Nr. 24 mwN; Sander/Cirener NStZ-RR 2008, 1 ff.).
58
Die Revision beschränkt demgegenüber die ihr im Rahmen einer Rüge der rechtsstaatswidrigen Verfahrensverzögerung obliegende Darstellung des Verfahrensablaufs (vgl. dazu Senat, Beschluss vom 18. November 2008 – 1StR 568/08, NStZ-RR 2009, 92 mwN) auf die unmittelbar im Zusammenhang mit den genannten Beweiserhebungen stehenden Verfahrensvorgänge, lässt aber Vortrag dazu vermissen, ob das Verfahren während der Zeiträume, die infolge erneuter Zeugenladung und der Einholung zweier Ergänzungsgutachten verstrichen, durch andere Beweiserhebungen gefördert wurde. Der Senat kann daher aufgrund des Revisionsvortrags nicht beurteilen, ob im Verfahren überhaupt eine relevante Verzögerung eingetreten ist.
59
c) Auch die Rüge der Verletzung des Beweisantragsrechts (§ 244 Abs. 3 StPO) versagt; sie ist ebenfalls unzulässig.
60
aa) Dabei kann der Senat offen lassen, ob dem Angeklagten die Rügeberechtigung fehlte, weil er sich dem von dem Mitangeklagten B. gestellten Beweisantrag in der Hauptverhandlung nicht angeschlossen hatte (vgl. hierzu BGH, Beschlüsse vom 2. August 2011 – 3 StR 217/11, BGHR StPO § 244 Abs. 3 Rügerecht 4 und vom 4. Mai 2011 – 5 StR 124/11, BGHR StPO § 244 Abs. 6 Beweisantrag 49; a.A. BGH, Urteile vom 24. Juli 1998 – 3 StR 78/98, BGHR StPO § 244 Abs. 3 Rügerecht 3 und vom 16. Juni 1983 – 2 StR 837/82, NJW 1983, 2396, 2397).
61
bb) Einer abschließenden Entscheidung hierüber bedarf es jedoch nicht, denn die Rüge ist jedenfalls wegen der Unzulänglichkeiten des Revisionsvortrags unzulässig (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO).
62
(1) Die Revision lässt bereits nicht klar erkennen, welche Beweisantragsablehnung sie als fehlerhaft beanstandet.
63
Das geschilderte Prozessgeschehen zur vorangestellten Verzögerungsrüge (s.o. C.I.2.a)), welches die Revision – schon für sich bedenklich – auch zur hier behandelten Rüge der Verletzung des Beweisantragsrechts und der nachfolgend erhobenen Aufklärungsrüge (s.u. C.I.2.d)) vollständig in Bezug nimmt (RB S. 82), enthält Ausführungen zu zwei Antragsschriftsätzen mit verschiedenen Beweisbehauptungen, die einerseits einen von beiden Angeklagten unterschriebenen Darlehensvertrag, andererseits eine Bürgschafts- oder Garantieer- klärung betreffen. Innerhalb weiterer „Prozesstatsachen“, die die Revision (nur) der hier behandelten Rüge der Verletzung des Beweisantragsrechts und der nachfolgend erhobenen Aufklärungsrüge (s.u. C.I.2.d)) gemeinsam voranstellt, beanstandet sie sodann abweichend vom Wortlaut der in Bezug genommenen Antragsschriftsätze die unterbliebene Beweiserhebung zu einem „Entwurf des Darlehensvertrages zwischen der J. V. GmbH und der N. AG“ und einer „eingescannte[n] Fassung des von dem Angeklagten B. unterzeichneten Darlehensvertrags zwischen der J. V. GmbH und der A. GmbH“. In ihren späteren rechtlichen Aus- führungen (nur) zur Verletzung des Beweisantragsrechts nimmt die Revision Bezug auf „das von den Angeklagten behauptete Dokument“ und auf „eine ganze Reihe an Dokumenten“, die bislang nicht Aktenbestandteil seien, „sich aber auf der Sicherungskopie finden lassen“.
64
Im Ergebnis legt die Revision nicht mit der erforderlichen Bestimmtheit und Klarheit offen, welche Dokumente sich auf den Datenträgern befinden sollen.
65
(2) Durch ihre zur Begründung der behaupteten Verletzung des Beweisantragsrechts gewählte Formulierung, das Vorhandensein der (nicht eindeutig bezeichneten) „Dokumente“ auf der Festplatte könne „nicht ausgeschlossen werden“, wird ein Verfahrensverstoß zudem nicht hinreichend bestimmt be- hauptet. Denn die Revision muss Verfahrensverstöße als Tatsachen, nicht als bloße Möglichkeiten behaupten (BGH, Urteil vom 5. März 1953 – 5 StR 676/52, NJW 1953, 836).
66
(3) Schließlich mangelt es dem umfangreichen Revisionsvorbringen auch an einer die Prüfung überhaupt ermöglichenden Strukturierung.
67
Der Revisionsvortrag muss aus sich heraus so verständlich sein, dass das Revisionsgericht ohne weiteres daran anknüpfen kann (Gericke in KKStPO , 7. Aufl., § 344 Rn. 39 mwN). In diesem Zusammenhang kann es im Einzelfall zwar ausreichen, wenn die Revision auf bereits im Rahmen einer anderen Rüge vorgebrachtes Verfahrensgeschehen verweist (vgl. BGH, Beschluss vom 18. Februar 2010 – 3 StR 486/09, StV 2010, 676). Das hier „vollständig“ in Bezug genommene (RB S. 82) Verfahrensgeschehen zur Verzögerungsrüge (s.o. C.I.2.a)) enthält jedoch eine Vielzahl von Verfahrensvorgängen, die – wahlweise – nur für die Verzögerungsrüge oder (jeweils auch oder aus- schließlich) für die (hier behandelte) Rüge der Verletzung des Beweisantragsrechts und die nachfolgend erhobene Aufklärungsrüge (s.u. C.I.2.d)) Bedeutung erlangen. Es ist – worauf bereits der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift vom 25. Februar 2014 hingewiesen hat – nicht Aufgabe des Revisionsgerichts , den Revisionsvortrag aus verschiedenen Unterlagen jeweils an passender Stelle zu ergänzen und dabei den Sachzusammenhang selbst herzustellen (vgl. BGH, Beschlüsse vom 7. April 2005 – 5 StR 532/04, NStZ 2005, 463; vom 25. September 1986 – 4 StR 496/86, BGHR StPO § 344 Abs. 2 Satz 2 Formerfordernis 1).
68
(4) Lediglich ergänzend kommt hinzu, dass das im Antragsschriftsatz vom 30. Hauptverhandlungstag in Bezug genommene „Schreiben von B. vom 21.08.2007“ nicht mit vorgelegt worden ist.
69
d) Auch die Rüge der Verletzung der Amtsaufklärungspflicht (§ 244 Abs. 2 StPO), mit der der Angeklagte die unterbliebene Auswertung der 2009 sichergestellten Datenträger beanstandet, ist aus den unter C.I.2.c)bb)(3) genannten Gründen unzulässig (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO).
70
Sie wäre im Übrigen auch unbegründet, denn nachdem die Strafkammer aus dem Vorhandensein von Vertragsentwürfen ausdrücklich nicht auf den Abschluss wirksamer Verträge hat schließen wollen, drängten sich ihr – auch unter Berücksichtigung des von der Revision behaupteten Beweiswerts des Faxund Speicherdatums – Beweiserhebungen zum Vorhandensein weiterer, allenfalls einseitig unterzeichneter Entwürfe oder Erklärungen neben den bereits eingeführten Unterlagen (UA S. 104) nicht auf.

71
In Bezug auf die Buchhaltungsunterlagen der A. H. V. C. GmbH wäre die Rüge überdies ohne Erfolg, weil die betreffende Beweiserhebung nach Übergabe der dem Angeklagten M. 2009 überlassenen Datenträger im weiteren Verlauf der Hauptverhandlung noch durchgeführt wurde.

II.


72
Auch die näher ausgeführte Sachrüge deckt keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten auf.
73
1. Komplex „Anderkonto“
74
a) Ohne Erfolg bleiben die Revisionsangriffe gegen die Beweiswürdigung zu den Untreuevorwürfen betreffend die Verfügungen über das Anderkonto.
75
Die Beweiswürdigung ist Sache des Tatrichters, der sich unter dem umfassenden Eindruck der Hauptverhandlung ein Urteil über die Schuld oder Unschuld des Angeklagten zu bilden hat (§ 261 StPO). Die tatsächlichen Schlussfolgerungen des Tatgerichts müssen nicht zwingend sein; es genügt, dass sie möglich sind und das Tatgericht von ihrer Richtigkeit überzeugt ist (vgl. BGH, Urteil vom 9. Februar 1957 – 2 StR 508/56, BGHSt 10, 208, 209 ff.; Beschluss vom 7. Juni 1979 – 4 StR 441/78, BGHSt 29, 18, 20 f.). Das Revisionsgericht ist auf die Prüfung beschränkt, ob die Beweiswürdigung des Tatrichters mit Rechtsfehlern behaftet ist, weil sie Lücken oder Widersprüche aufweist, mit den Denkgesetzen oder gesichertem Erfahrungswissen nicht übereinstimmt oder sich soweit von einer Tatsachengrundlage entfernt, dass sich die gezogenen Schlussfolgerungen letztlich als reine Vermutung erweisen (BGH, Urteil vom 21. März 2013 – 3 StR 247/12, NStZ 2013, 420 mwN).
76
aa) Die Strafkammer hat ihre Annahme einer Vermögensbetreuungspflicht des Angeklagten M. gegenüber der J. GmbH zutreffend auf dessen rechtsfehlerfrei festgestellte Rolle als faktischer Geschäftsführer dieser Gesellschaft gestützt (vgl. zur Vermögensbetreuungspflicht des faktischen Geschäftsführers BGH, Beschluss vom 13. Dezember 2012 – 5 StR 407/12; Urteile vom 27. Juni 2005 – II ZR 113/03; vom 25. Februar 2002 – II ZR 196/00; vom 11. Dezember 1997 – 4 StR 323/97).
77
bb) Die Pflichtwidrigkeit der einzelnen Zahlungen hat sie ohne Rechtsfehler aus dem Widerspruch der jeweiligen Zahlungszwecke zum Verwendungszweck aus dem (zweiten) Darlehensvertrag mit der Raiffeisen Bank O. abgeleitet.
78
cc) Auch die Beweiswürdigung zum Vermögensnachteil hält revisionsgerichtlicher Überprüfung stand.
79
(1) Dies gilt insbesondere für die Erwägungen, aufgrund derer die Strafkammer im Komplex A. GmbH (s.o. Fälle A.I.4.-11.) eine Kompensation des durch die Auszahlungen entstandenen Vermögensnachteils durch wirtschaftlich gleichwertige Gegenansprüche oder wegen ausreichend verfügbarer, zum Ausgleich geeigneter und bestimmter finanzieller Mittel der Angeklagten abgelehnt hat (vgl. dazu BGH, Beschluss vom 13. Dezember 1994 – 1 StR 622/94, NStZ 1995, 233, 234 mwN; Urteile vom 27. Januar 1988 – 3 StR 61/87, wistra 1988, 191; vom 16. Dezember 1960 – 4 StR 401/60, NJW 1961, 685, 686).

80
Der Einlassung der Angeklagten, wonach die Auszahlungen auf der Grundlage wirksamer Darlehensverträge – also unter wirksamer und willentlicher Begründung von Rückzahlungspflichten – erfolgt seien, hat die Strafkammer unter umfassender Würdigung einer Vielzahl von Umständen (Fehlen eines schriftlichen Vertrages, fehlende Vertretungsmacht des Angeklagten M. , fehlende Kenntnis vom behaupteten Darlehen bei der Zeugin C. und den mit der Buchhaltung der A. GmbH betrauten Personen, darlehensuntypische Vertragsbedingungen im Entwurf, fehlende Verbuchung eines Darlehens bei der A. GmbH, fehlende Valutierung der Gesamtsumme, Vornahme der ersten Auszahlung bereits vor dem angeblichen Vertragsschluss) keinen Glauben geschenkt. Der im ergänzenden Schriftsatz vom 13. März 2014 gegen diese Würdigung gerichtete Revisionsangriff basiert auf urteilsfremdem Vorbringen zu abweichenden Buchungszeitpunkten und zu Buchungsfehlern; er bleibt – ebenso wie die auf ihm aufbauende abweichende Beweiswürdigung – im Revisionsverfahren unbeachtlich.
81
(2) Nachdem die Strafkammer weder von der Schaffung wirksamer Rückforderungsansprüche noch von einem ernstlichen Rückzahlungswillen der Angeklagten bezüglich zugunsten der A. GmbH ausbezahlter Beträge ausgegangen ist, waren entgegen der Auffassung der Revision Erörterungen zum Vorhandensein etwaige Rückforderungen deckender Geldmittel bei der A. GmbH nicht mehr veranlasst.
82
b) Auch mit ihren Angriffen gegen die rechtliche Bewertung der Strafkammer deckt die Revision insoweit keinen den Angeklagten benachteiligenden Rechtsfehler auf.

83
Entgegen ihrer Auffassung lassen die Urteilsgründe nicht besorgen, dass die Strafkammer die rechtliche Wirksamkeit der Darlehensvereinbarung an deren Schriftform geknüpft hat. Denn ersichtlich hat sie – neben zahlreichen weiteren Umständen (s.o. C.II.1.a)cc)) – das Fehlen eines schriftlichen Vertrages lediglich als (ein) Indiz dafür herangezogen, dass ein wirksamer Vertrag nicht bestand.
84
Rechtsfehlerfrei hat die Strafkammer auch ein tatbestandsausschließendes Einverständnis der J. GmbH in die schädigenden Zahlungen abgelehnt, weil hierzu allein die Zustimmung der vom Angeklagten M. beherrschten Mehrheitsgesellschafterin Mo. AG nicht ausgereicht hätte (BGH, Urteil vom 27. August 2010 – 2 StR 111/09, BGHSt 55, 266 ff.).
85
2. Komplex „Geschäftskonto“
86
Ohne Rechtsfehler hat die Strafkammer auch die Entnahmen des Angeklagten M. vom Geschäftskonto der J. GmbH als Untreuehandlungen bewertet.
87
Ausgehend von dem zutreffenden rechtlichen Maßstab, wonach die Verwendung gesellschaftlicher Geldmittel oder Informationen für gesellschaftsfremde , ausschließlich dem Eigeninteresse dienende Zwecke für den Geschäftsführer eine Treuepflichtverletzung darstellt (vgl. zum formellen Geschäftsführer BGH, Urteil vom 23. September 1985 – II ZR 246/84, NJW 1986, 585; OLG Naumburg NZG 1999, 353 mwN), weil allein das Unternehmensziel, der Gegenstand des Unternehmens und das Unternehmensinteresse ihm gegenüber die maßgeblichen Kriterien für sorgfaltsgemäßes Handeln bilden (vgl. zum formellen Geschäftsführer OLG Naumburg, aaO, mwN; Schneider/Crezelius in Scholz, GmbHG, 11. Aufl., § 43 Rn. 64), hat sich die Strafkammer rechtsfehlerfrei davon überzeugt, dass die festgestellten Auszahlungen und Überweisungen vom Geschäftskonto lediglich privaten Zwecken des Angeklagten dienten.
88
Dies gilt insbesondere für die unter A.II.6. und 9. dargelegten Geldflüsse zugunsten der Mo. AG, hinsichtlich derer die Strafkammer – im Unterschied zu anderen Zahlungen, bezüglich derer eine Verurteilung des Angeklagten nicht erfolgt ist (s.o. B.II.1.) – einen konkreten Bezug zu bestehenden Honorarabreden zugunsten der Mo. AG ausgeschlossen hat.
89
Bezüglich der Zahlungen an die Vo. GmbH & Co. KG (Fälle A.II.1.-4.) hat die Strafkammer unter zutreffender Maßstabsetzung geprüft, ob die Zuwendungen zur Förderung von Kunst als „gravierende“ Pflichtverletzungen einzustufen waren (zum Maßstab vgl. BGH, Urteil vom 6. Dezember 2001 – 1 StR 215/01, NJW 2002, 1585); sie hat dies aufgrund einer Gesamtwürdigung aller Umstände, namentlich der Motive des Angeklagten , des fehlenden Nutzens des Sponsorings für die J. GmbH, der fehlenden Nähe zu deren Unternehmensgegenstand, der fehlenden Angemessenheit im Hinblick auf die schwache Vermögenslage der J. GmbH und der Verwandtschaft zur Nutznießerin als leitendes Motiv der Zahlungen ohne Rechtsfehler bejaht.

III.


90
Auch die Strafzumessung weist keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten auf.
91
Die strafschärfende Berücksichtigung des kollusiven Zusammenwirkens mit dem Mitangeklagten B. begründet keinen Verstoß gegen das Doppelverwertungsverbot (§ 46 Abs. 3 StGB). Denn zur Verwirklichung des Untreuetatbestandes genügte es, dass der Angeklagte aufgrund seiner eigenen Sonderstellung als Pflichtenträger und seiner eigenen Pflichtenverletzung den tatbestandsmäßigen Erfolg zumindest mit herbeigeführt hat.

IV.


92
Eine zusätzliche Kompensation für Verfahrensverzögerungen im Revisionsverfahren ist nicht veranlasst.
93
Dabei kann dahinstehen, ob die von der Revision hierzu „vorsorglich“ erhobene Verfahrensrüge mit Blick auf § 345 Abs. 1 StPO verfristet wäre; dem hiergegen gerichteten Einwand der Revision, die Frist sei mangels einer nach der Protokollberichtigung im Hinblick auf § 273 Abs. 4 StPO erforderlichen nochmaligen Urteilszustellung noch nicht in Gang gesetzt, vermag der Senat schon im Hinblick auf die Entscheidung des Großen Senats für Strafsachen vom 23. April 2007 (GSSt 1/06 Rn. 64) nicht zu folgen. Nachdem ausweislich des Revisionsvorbringens die reklamierte Verfahrensverzögerung jedoch erst nach dem Eingang der Revisionsbegründungsschrift eingetreten sein kann, hatte der Senat eine etwaige rechtsstaatswidrige Verfahrensverzögerung ohnehin von Amts wegen zu überprüfen (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Beschlüsse vom 27. Februar 2014 – 4 StR 575/13 mwN; vom 2. Juli 2013 – 2 StR 179/13 mwN; vom 11. März 2008 – 3 StR 36/08).
94
Indes ist das Beschleunigungsgebot nicht verletzt. Die Revision rügt im Kern eine Untätigkeit der Strafkammer zwischen dem Eingang der Stellungnahme der Staatsanwaltschaft zum Berichtigungsvorhaben am 17. September 2013 und der Berichtigungsentscheidung des Landgerichts vom 23. Oktober 2013. Dieser Zeitraum ist schon deshalb übersetzt, weil – wie die Revision selbst vorträgt – der Verteidigung des Mitangeklagten B. auf deren Ersuchen hin Stellungnahmefrist bis zum 10. Oktober 2013 gewährt worden war; eine Berichtigungsentscheidung konnte jedoch gegenüber beiden Angeklagten nur einheitlich getroffen werden. Der danach verbleibende Zeitraum von dreizehn Tagen begründet keine erhebliche Verzögerung des Verfahrens.

D.


Revision des Angeklagten B.
95
Der Angeklagte B. rügt die Verletzung formellen und materiellen Rechts. Auch sein Rechtsmittel hat keinen Erfolg.

I.


96
1. Die von dem Angeklagten erhobene Inbegriffs- und die daneben erhobene Aufklärungsrüge bleiben jeweils aus den vom Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift vom 25. Februar 2014 zutreffend ausgeführten Gründen erfolglos.
97
Auch die Verfahrensrüge, mit der der Angeklagte die Verletzung des Grundsatzes der Öffentlichkeit (§ 338 Nr. 6 StPO i.V.m. § 177 GVG) beanstandet (RB S. 2 ff.), bleibt mit Blick auf die vom Generalbundesanwalt gegebene Begründung erfolglos. Zudem weist die getroffene sitzungspolizeiliche Maßnahme keinen Rechtsfehler auf.
98
2. Ohne Erfolg bleibt auch die Rüge der Verletzung des § 261 StPO i.V.m. § 249 Abs. 2 StPO, mit der der Angeklagte beanstandet, verschiedene in einer Selbstleseliste aufgeführte Urkunden seien nicht ordnungsgemäß in die Hauptverhandlung eingeführt worden, weil das Gericht und die Schöffen deren Inhalt nicht zur Kenntnis genommen hätten.
99
Die Rüge ist unbegründet, denn der behauptete Verfahrensverstoßliegt nicht vor. Vielmehr ergibt sich aus dem (berichtigten) Hauptverhandlungsproto- koll, „dass die Richter und Schöffen die in der Selbstleseliste, die dem Haupt- verhandlungsprotokoll vom 18.05.2012 beigefügt ist, genannten Urkunden (mit Ausnahme der Ziffer 2) gelesen haben“.
100
Für die Überprüfung des behaupteten Verfahrensverstoßes ist allein das berichtigte Protokoll maßgeblich.
101
Die Strafkammer hat das Protokollberichtigungsverfahren, dessen Ablauf der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift vom 25. Februar 2014 detailliert dargestellt hat, ordnungsgemäß nach Maßgabe der im Beschluss des Großen Senats für Strafsachen des Bundesgerichtshofs vom 23. April 2007 (GSSt 1/06, BGHSt 51, 298 ff.) entwickelten Anforderungen durchgeführt.
102
Die Unrichtigkeit des früheren Protokolls ist erwiesen. Denn beide Urkundspersonen haben die sichere Erinnerung daran, dass zu Beginn der Hauptverhandlung am 15. Juni 2012 auch die Feststellung gemäß § 249 Abs. 2 Satz 3 StPO getroffen wurde. Dies ergibt sich – auch unter Berücksichtigung des Revisionsvorbringens – aus den hierzu vom Vorsitzenden der Strafkammer und der Protokollführerin abgegebenen Erklärungen sowie der ergänzenden Erklärungen der Berichterstatterin und der Beisitzerin. Demgegenüber hat der Angeklagte weder im Rahmen des Berichtigungsverfahrens noch des Revisionsverfahrens substantiiert dargelegt, aus welchen Gründen er oder sein Instanzverteidiger sich im Gegensatz zu den Urkundspersonen der Richtigkeit des zunächst gefertigten Protokolls sicher sind (vgl. hierzu bereits BGH – GSSt – aaO Rn. 63 sowie BGH, Beschluss vom 28. Juni 2011 – 3 StR 485/10, StV 2012, 523 f.). Soweit die Revision sich allgemein auf wissenschaftliche Erkenntnisse über den Verlust von Erinnerungen zu länger zurückliegenden , routinemäßigen Verfahrensabläufen beruft, sind diese Ausführungen nicht geeignet, die die konkreten Besonderheiten gerade dieses Verfahrensablaufs darlegenden Erklärungen der genannten Richter und der Protokollführerin zu entkräften.

II.


103
Die näher ausgeführte Sachrüge deckt keine den Angeklagten benachteiligenden Rechtsfehler auf.
104
1. Die zahlreichen Revisionsangriffe gegen die tatrichterliche Beweiswürdigung zur Verfügungsbefugnis (s.u. D.II.1.a)), zur Vermögensbetreuungspflicht gegenüber der Raiffeisen Bank O. (s.u. D.II.1.b)) und zum Vermögensnachteil (s.u. D.II.1.c)) bleiben ohne Erfolg.
105
a) Es stellt keinen revisiblen Rechtsfehler dar, dass die Strafkammer sich bei der Prüfung der Verfügungsbefugnis des Angeklagten B. nicht explizit mit den von der Revision aufgezeigten abweichenden Interpretationsmöglichkeiten des Darlehensvertrages auseinandergesetzt hat, die der Annahme einer willentlichen Überlassung des Darlehensbetrages durch die Bank an den Angeklagten im Ergebnis entgegen stünden.
106
Die Auslegung von Verträgen ist ein wertender Akt, weil sie unterschiedliche Aspekte in einer richterlichen Feststellung zusammenführt. Deshalb gelten die für die revisionsgerichtliche Kontrolle der tatrichterlichen Beweiswürdigung aufgestellten Regeln (s.o. C.II.1.a)) ebenso für die Würdigung von Erklärungen, Verträgen oder Urkunden durch den Tatrichter. Die revisionsrichterliche Kontrolle beschränkt sich auf die Prüfung, ob ein Verstoß gegen Sprach- und Denkgesetze, Erfahrungssätze oder allgemeine Auslegungsregeln vorliegt (BGH, Urteil vom 13. Mai 2004 – 5 StR 73/03, NJW 2004, 2248, 2450 mwN; Beschluss vom 12. Februar 2003 – 5 StR 165/02, NJW 2003, 1821 mwN).
107
Solche Verstöße zeigt die Revision jedoch nicht auf.
108
Nach dem festgestellten Vertragsinhalt, der zunächst eine Verfügung der Darlehenssumme auf das Geschäftskonto der J. GmbH und sodann von dort eine „Überweisung der Geldmittel“ auf das Anderkonto vorsah (s.o. A.I.), er- weist sich die von der Strafkammer vorgenommene Auslegung der vertraglichen Bestimmungen, wonach die zweistufige Überweisung des Geldes zunächst an die J. GmbH und von dieser sodann auf das Anderkonto des Angeklagten auch dem Willen der Bank entsprach, nicht nur als nachvollziehbar, sondern sogar als naheliegend. Die Revision erschöpft sich diesbezüglich in einer abweichenden, revisionsrechtlich unbeachtlichen Auslegung des Vertrages.
109
Folgerichtig begründet das Schweigen der Urteilsgründe zu den von der Revision aufgrund ihrer abweichenden Auslegung vermuteten alternativen Motiven der Vertreter der J. GmbH für die Überweisung auf das Anderkonto auch keinen revisionsrechtlich beachtlichen Erörterungsmangel.
110
b) Die von der Revision behaupteten Widersprüche bei der Begründung der Vermögensbetreuungspflicht des Angeklagten bestehen, wie bereits der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift vom 25. Februar 2014 aufgezeigt hat, nicht. Zudem lag aufgrund der Urteilsfeststellungen zur treuhänderischen Abrede zwischen dem Angeklagten B. und der J. V. GmbH die Annahme einer Vermögensbetreuungspflicht des Angeklagten auch der Gesellschaft gegenüber nahe; dass die Strafkammer eine solche abgelehnt hat, beschwert ihn indes nicht.
111
c) Die – dem diesbezüglichen Vorbringen im Rechtsmittel des Angeklagten M. (s.o. C.II.1.a)cc)(1) und (2)) entsprechende – Beanstandung des Schweigens der Urteilsgründe zur Bonität der A. GmbH zeigt aus den bereits dort genannten Gründen keinen Erörterungsmangel auf.
112
2. Auch die rechtlichen Wertungen der Strafkammer halten sachlichrechtlicher Überprüfung stand.
113
Entgegen der Auffassung der Revision bestimmte sich die Verfügungsbefugnis des Angeklagten B. über die Darlehenssumme allein aus den zwischen ihm (Treuhänder) und der Raiffeisen Bank O. (Treugeberin ) vertraglich begründeten Pflichten (UA S. 48), nicht durch den Umfang des bestehenden Kontoführungsvertrages zwischen ihm und der das Anderkonto führenden Kreissparkasse Mi. .

III.


114
Die Strafzumessung weist keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten auf. Insbesondere lassen die Urteilsausführungen auch keinen Verstoß gegen das Doppelverwertungsverbot besorgen (s.o. C.III.).

E.


Revisionen der Staatsanwaltschaft
115
Auch den Rechtsmitteln der Staatsanwaltschaft, die vom Generalbundesanwalt nur teilweise vertreten werden, bleibt der Erfolg versagt.

I.


116
1. Die Freisprüche beider Angeklagter von den Vorwürfen des Betruges zum Nachteil der Zeugin J. bei Abschluss der Verträge vom 16. Oktober 2006 (B.I.1. und B.II.1.) und zum Nachteil der Raiffeisen Bank O. beim Abschluss des (zweiten) Darlehensvertrages im Jahr 2007 (B.I.2. und B.II.2.) sowie der Freispruch des Angeklagten M. von weiteren Vorwürfen der Untreue zum Nachteil der J. GmbH (B.I.3.-7. und B.II.3.-7.) weisen – auch unter Berücksichtigung des hiergegen gerichteten Revisionsvorbringens – aus den vom Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift vom 25. Februar 2014 genannten Gründen keine Rechtsfehler auf.
117
2. Auch der Freispruch vom Vorwurf eines Betruges zur Erlangung der Grundbuchberichtigung (B.I.8. und B.II.8.) hält sachlich-rechtlicher Überprüfung stand. Er wird durch die rechtlichen und tatsächlichen Erwägungen zum mangelnden Vermögenswert der Grundbuchberichtigung getragen; eines Eingehens auf die ergänzenden tatsächlichen Erwägungen der Strafkammer zur Kausalität der Täuschungshandlung und zu einem etwaigen „Rücktritt“ des An- geklagten M. bedarf es daher nicht mehr.
118
a) Die Wertung der Strafkammer, bei wirksamer Übertragung des Erbteils verkörpere die Grundbuchberichtigung mangels Vermögenswerts keine betrugsrelevante Vermögensverfügung mehr, ist rechtsfehlerfrei.
119
Eine materielle Beeinträchtigung der Rechtsstellung der Zeugin J. als Erbteilsinhaberin kam nicht in Betracht, nachdem sich – wie die Strafkammer zutreffend ausgeführt hat – die gesamte dingliche Rechtsänderung zugunsten der J. GmbH bereits durch die in Ziffer II. a.E. des notariellen Vertrages vom 16. Oktober 2006 erklärte Abtretung (vgl. dazu Mayer in Beck-OK-BGB, § 2371 Rn. 11 mwN; s.a. Stürner in Jauernig, BGB, 15. Aufl., § 2033 Rn. 1 mwN; Otto in jurisPK-BGB, 6. Aufl., § 2033 Rn. 33) vollständig vollzogen hatte.
120
Auch in Bezug auf den schuldrechtlichen Kaufpreisanspruch bewirkte die Grundbuchberichtigung keine schädigende Vermögensverfügung i.S.v. § 263 Abs. 1 StGB. Denn der Kaufpreisanspruch als solcher blieb durch den Vollzug der Grundbuchberichtigung unberührt.
121
Im Ergebnis zu Recht hat die Strafkammer eine vermögenswerte Position auch nicht darin gesehen, dass mit der Grundbuchberichtigung die vertraglich bestimmte Verknüpfung zwischen dem notariellen Berichtigungsantrag und der vorherigen Zahlung des Kaufpreises hinfällig wurde. Soweit dadurch nach dem Willen der Vertragsparteien – im Sinne eines Zurückbehaltungsrechts – die Durchsetzbarkeit des Kaufpreisanspruchs gesichert werden sollte, mangelte es dieser Sicherheit jedenfalls an Werthaltigkeit. Denn die Verknüpfung hinderte die J. GmbH nicht, die Grundbuchberichtigung auf anderem Wege als über den zur beiderseitigen Interessenwahrung verpflichteten Notar zu betrei- ben. Vielmehr hätte sie den Nachweis der Unrichtigkeit des Grundbuchs auch auf andere Weise direkt gegenüber dem Grundbuchamt erbringen können.
122
b) Die Strafkammer hat sich auch mit der von der Revision reklamierten Möglichkeit auseinandergesetzt, gravierende Mängel – namentlich ein Verstoß gegen das Verbot des Selbstkontrahierens (§ 181 BGB, UA S. 165) und die Sittenwidrigkeit der gesamten Vereinbarung (§ 138 BGB, UA S. 166) – hätten zur Nichtigkeit (auch) der (dinglichen) Erbteilsübertragung geführt, mit der Folge , dass die Zeugin J. im Zeitpunkt der Grundbuchberichtigung Erbteilsinhaberin geblieben wäre. In diesem Fall wäre durch die Eintragung der (dann) nichtberechtigten J. GmbH allerdings eine Vermögensminderung auf Seiten der Zeugin J. eingetreten (vgl. hierzu OLG Stuttgart NStZ 1985, 365; LG Tübingen NStZ-RR 2008, 110, sowie bereits RGSt 66, 371, 373; für die vergleichbare Situation beim Erbschein vgl. RGSt 53, 260, 261 mwN).
123
In diesem Zusammenhang hat die Strafkammer jedoch ohne Rechtsfehler festgestellt, dass die Angeklagten bezüglich der eine etwaige Nichtigkeit begründenden Umstände nicht vorsätzlich handelten. Dies hat sie mit tragfähigen Erwägungen begründet (UA S. 165 f.), die durch das Revisionsvorbringen nicht entkräftet werden. Soweit die Revision zu einer anderen Beurteilung gelangt, weil die Angeklagten – im Wege eines Eingehungsbetruges – bereits beim Vertragsschluss den Willen gehabt haben sollen, den Erbteil ohne Gegenleistung zu erlangen, widerspricht dies den Urteilsfeststellungen.

II.


124
1. Soweit die Angeklagten in den Komplexen A.I. und A.II. wegen Untreuehandlungen verurteilt worden sind, deckt das Revisionsvorbringen ebenfalls keine Rechtsfehler zugunsten der Angeklagten auf.
125
a) Die weit überwiegende Annahme tatmehrheitlicher Begehung begegnet keinen Bedenken.
126
Nach den Urteilsfeststellungen kamen die Angeklagten zunächst allgemein überein, die auf dem Anderkonto ruhenden Geldmittel bei Bedarf zweckfremd zu verwenden (UA S. 48). Sie deckten sodann ab dem 22. August 2007 „in enger Absprache“ finanzielle Engpässe der A. H. V. C. GmbH, wobei sie „den Tatentschluss jeweils dann [fassten], wenn Forderungen drängend wurden“ (UA S. 53).
127
Diese Feststellungen beruhen auf einer rechtsfehlerfreien Beweiswürdigung. Die aus divergierenden Zahlungszeitpunkten und konkret-anlassbezogener Verwendung gezogene Schlussfolgerung der Strafkammer, dass lediglich eine allgemeine Übereinkunft zur Tatbegehung bei Gelegenheit vorlag (vgl. zur bloßen Tatgeneigtheit auch BGH, Beschluss vom 11. Januar 2012 – 1 StR 386/11) und – im Gegenzug – für jede Tat ein neuer Tatentschluss zu bilden war, hält sich innerhalb des dem Tatrichter gewährten Beurteilungsspielraums und ist daher vom Senat nicht zu beanstanden. Mit ihrem entgegengesetzten Vorbringen zeigt die Revision lediglich unbeachtliche abweichende Schlussfolgerungen , jedoch keine Rechtsfehler auf.
128
Damit fehlte aber bereits der festgestellten generellen Unrechtsvereinbarung der Angeklagten, bei Gelegenheit Gelder vom Anderkonto zur Deckung anderweitiger Kosten einzusetzen, die Qualität einer für die Annahme natürlicher Handlungseinheit erforderlichen einheitlichen Willensbildung (vgl. dazu BGH, Urteil vom 1. September 1994 – 4 StR 259/94, NStZ 1995, 46, 47).
129
Die vorstehenden Erwägungen treffen auch auf die Bewertung der vom Angeklagten M. allein begangenen Untreuetaten zu Lasten des Geschäftskontos zu. Rechtsfehlerfrei ist die Strafkammer daher nur im Komplex A.II. bezüglich der fünf am 27. Dezember 2007 jeweils zugunsten der Vo. GmbH erfolgten Zahlungen in Höhe von 1.000 Euro von natürlicher Handlungseinheit ausgegangen; die übrigen Taten hat sie jeweils als rechtlich selbständig bewertet (vgl. auch BGH, Beschluss vom 18. Mai 2010 – 4 StR 182/10).
130
b) Auch die Erwägungen, aus denen die Strafkammer in allen Fällen die Annahme eines besonders schweren Falles infolge gewerbsmäßiger Begehung der Untreuetaten (§§ 266 Abs. 2, 263 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 StGB) abgelehnt hat, halten sachlich-rechtlicher Überprüfung stand.
131
Gewerbsmäßig handelt, wer sich aus wiederholter Tatbegehung eine nicht nur vorübergehende, nicht ganz unerhebliche Einnahmequelle verschaffen will (BGH, Beschluss vom 13. September 2011 – 3 StR 231/11, NJW 2012, 325, 328; Beschluss vom 7. September 2011 – 1 StR 343/11, NStZ-RR 2011, 373; Fischer, StGB, 61. Aufl. 2014, Vor § 52 Rn. 61 mwN). Die hierzu im Rahmen der Beweiswürdigung aus insoweit rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen – namentlich der Verwendung der Gelder und der teilweisen Ausgleichszahlungen zugunsten der in Anspruch genommenen Konten – gezoge- nen Schlüsse der Strafkammer auf das Fehlen einer einheitlichen Gewinnerzielungsabsicht sind jedenfalls möglich und damit vom Revisionsgericht hinzunehmen. Raum Graf Jäger Cirener Mosbacher
Nachschlagewerk: ja
BGHSt : ja
Veröffentlichung : ja
1. Dem Angebot auf Abschluss eines Sportwettenvertrages ist
in aller Regel die konkludente Erklärung zu entnehmen,
dass der in Bezug genommene Vertragsgegenstand nicht
vorsätzlich zum eigenen Vorteil manipuliert ist (im Anschluss
an BGHSt 29, 165).
2. Zur Schadensfeststellung beim Sportwettenbetrug.
BGH, Urteil vom 15. Dezember 2006 – 5 StR 181/06
LG Berlin –

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
vom 15. Dezember 2006
in der Strafsache
gegen
1.
2.
3.
4.
5.
wegen Betruges u. a.
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat aufgrund der Hauptverhandlung
vom 28. November und 15. Dezember 2006, an der teilgenommen haben
:
Vorsitzender Richter Basdorf,
Richter Häger,
Richterin Dr. Gerhardt,
Richter Dr. Raum,
Richter Dr. Jäger
alsbeisitzendeRichter,
Oberstaatsanwalt beim Bundesgerichtshof
alsVertreterderBundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt B. ,
Rechtsanwalt C.
alsVerteidigerfürdenAngeklagt en A. S. ,
Rechtsanwalt H.
alsVerteidigerfürdenAngeklagt en M. S. ,
Rechtsanwalt H. ,
Rechtsanwalt D.
alsVerteidigerfürdenAngeklagt en R. H. ,
Rechtsanwältin Ko.
als Verteidigerin für den Angeklagten D. M. ,
Rechtsanwalt St.
alsVerteidigerfürdenAngeklagt en F. S. ,
Justizangestellte
alsUrkundsbeamtinderGeschäftsstelle,
am 15. Dezember 2006 für Recht erkannt:
Die Revisionen der Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Berlin vom 17. November 2005 werden verworfen.
Jeder Beschwerdeführer trägt die Kosten seines Rechtsmittels.
– Von Rechts wegen – G r ü n d e
1
Das Landgericht hat die Angeklagten wie folgt verurteilt: A. S. wegen Betruges in zehn Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und elf Monaten, M. S. wegen Betruges und wegen Beihilfe zum Betrug in drei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und vier Monaten, R. H. (unter Freisprechung im Übrigen) wegen Beihilfe zum Betrug in sechs Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und fünf Monaten, D. M. (unter Freisprechung im Übrigen) wegen Beihilfe zum Betrug in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten sowie F. S. wegen Beihilfe zum Betrug in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr. Soweit Freiheitsstrafen unter zwei Jahren verhängt worden sind, hat das Landgericht deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt. Die mit der Sachrüge und teilweise mit Verfahrensrügen geführten Revisionen der Angeklagten bleiben erfolglos.

I.


2
Das Landgericht hat im Wesentlichen folgende Feststellungen getroffen :
3
Der Angeklagte A. S. , ein jüngerer Bruder der Angeklagten M. und F. S. , beschäftigte sich seit vielen Jahren intensiv mit Sportwetten. Seit 2000 riskierte und gewann er jährlich sechsstellige Beträge. Aufgrund seines großen Insiderwissens im Sportbereich verfügte er vielfach über einen Wissensvorsprung gegenüber den Buchmachern und konnte deshalb erhebliche Gewinne erzielen. Die hohen Wetterfolge führten dazu, dass die in Berlin ortsansässigen Buchmacher seine Wettmöglichkeiten erheblich beschränkten und seinen Einsatz limitierten. Im Jahr 2003 konnte A. S. höhere Einsätze praktisch nur noch bei der von der Deutschen Klassenlotterie Berlin (DKLB) unter dem Namen „Oddset“ betriebenen Sportwette plazieren; die dabei vorgegebenen festen Quoten empfand er als „die schlechtesten Wettquoten in ganz Europa“. Sein Wettverhalten wurde zusätzlich dadurch reglementiert, dass er Kombinationswetten spielen musste. Dabei kann der Wettende nicht mehr auf ein Sportereignis allein wetten, sondern muss das Ergebnis verschiedener Sportereignisse, vornehmlich Fußballspiele, vorhersagen.
4
Bis Frühjahr 2004 hatte A. S. bei Oddset insgesamt Spielverluste in Höhe von 300.000 bis 500.000 Euro erlitten. Zu dieser Zeit entschloss er sich, seine Gewinnchancen durch Einflussnahme auf das Spielgeschehen mittels Bestechung von Spielern und Schiedsrichtern entscheidend zu erhöhen, um so den bei Oddset verlorenen Betrag zurückzugewinnen. Selbstverständlich hielt er diese Manipulationen vor dem jeweiligen Wettanbieter geheim, schon um von diesem nicht von der Spielteilnahme ausgeschlossen zu werden. In Ausführung seines Plans kam es zu zehn einzelnen Taten, wobei die Wetten jeweils zu festen Gewinnquoten abgeschlossen wurden.
5
Der Angeklagte A. S. gewann dabei, teilweise unter Mithilfe seiner Brüder, die angeklagten Schiedsrichter H. und M. sowie den gesondert verfolgten Fußballspieler K. und andere Fußballspieler gegen Zahlung oder das Versprechen von erheblichen Geldbeträgen (zwischen 3.000 und 50.000 Euro) dazu, dass diese den Ausgang von Fußballspielen durch falsche Schiedsrichterentscheidungen oder unsportliche Spielzurückhaltung manipulieren. In einem Fall half R. H. , seinen Kollegen M. für eine Manipulation zu gewinnen. Betroffen waren Fußballspiele in der Regionalliga, in der Zweiten Bundesliga und im DFB-Pokal. Teilweise gelangen die von A. S. geplanten Manipulationen nicht, teilweise hatten die kombiniert gewetteten Spiele nicht den von ihm erhofften Ausgang. In vier Fällen (Fälle 2, 6, 7 und 11 der Urteilsgründe) gewann A. S. ganz erhebliche Geldbeträge (zwischen 300.000 und 870.000 Euro), in den übrigen Fällen verlor er seine Einsätze. Im Fall 10 der Urteilsgründe setzte auch M. S. Beträge in eigenem Interesse. Nach den Feststellungen des Landgerichts lag der bei den Wettanbietern in allen zehn Fällen insgesamt verursachte Vermögensschaden bei knapp 2 Mio. Euro (Gewinn abzüglich der jeweiligen Einsätze), in Fällen erfolgloser Wetten nahm das Landgericht darüber hinaus eine schadensgleiche Vermögensgefährdung von insgesamt etwa 1 Mio. Euro an.
6
Das Landgericht hat jeweils einen vollendeten Betrug durch A. S. (im Fall 10 auch durch M. S. ) aufgrund einer konkludenten Täuschung der Angestellten der Wettannahmestellen bei Abgabe der Wettscheine angenommen. Aufgrund dieser Täuschung sei das Personal der Wettannahmestellen dem Irrtum erlegen, es läge bei dem jeweils vorgelegten Spielschein nicht der Ablehnungsgrund einer unlauteren Einflussnahme des Wettenden auf ein wettgegenständliches Spiel vor. Der hierdurch bedingte Abschluss des Wettvertrages habe unmittelbar zu einer schadensgleichen Vermögensgefährdung bei dem jeweiligen Wettanbieter in Höhe des möglichen Wettgewinns abzüglich des Einsatzes geführt.

II.


7
Die Revisionen der Angeklagten bleiben erfolglos.
8
1. Die Verfahrensrügen, in denen jeweils die Behandlung von Wettbedingungen als Verstoß gegen § 244 Abs. 2, Abs. 3 oder § 261 StPO beanstandet wird, zeigen – unabhängig von der Frage der Zulässigkeit der jeweiligen Verfahrensbeanstandungen (vgl. § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO) – keine Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten auf. Entgegen der Auffassung des Landgerichts und der Revisionen sind die Teilnahmebedingungen der DKLB für Oddset-Wetten und die Bedingungen der übrigen Wettanbieter für die rechtliche Lösung des Falls unerheblich:
9
a) Allgemeine Geschäftsbedingungen, die bei Vertragsschluss wirksam einbezogen werden, könnten im vorliegenden Fall allenfalls dann beachtlich sein, wenn sie zum Vorteil manipulierender Wettkunden vom geltenden Recht abweichen würden, also etwa – was überaus fernliegend ist und von den Revisionen auch nicht behauptet wird – ausnahmsweise eine Manipulation des Wettgegenstandes erlauben oder eine diesbezügliche Überprüfung des Wettkunden bzw. der Wetten auf Manipulation ausschließen würden.
10
b) Im Übrigen ergibt sich schon aus dem (allgemein) geltenden Zivilrecht , dass bei einer Wette auf den Ausgang eines zukünftigen Sportereignisses eine vorsätzliche Manipulation des Wettereignisses vertragswidrig ist. Schon hiernach ist selbstverständlich, dass kein Wettanbieter Wetten auf Sportereignisse entgegennehmen muss oder zur Auszahlung des Wettbetrages verpflichtet ist, wenn der Wettende das Wettrisiko durch eine Manipulation des Sportereignisses zu seinen Gunsten erheblich verschiebt. Die Teilnahmebedingungen haben aus diesem Grund auch keinen entscheidenden Einfluss auf die Feststellung des Erklärungsinhalts im Rahmen des Wettvertragsschlusses. Denn dass der Wettanbieter bei einer Manipulation des Sportereignisses nicht an den Wettvertrag gebunden bleibt, ergibt sich schon aus der gravierenden Verletzung vertraglicher Nebenpflichten durch den Wettenden. Ob die Teilnahmebedingungen der DKLB nach den jeweiligen Taten geändert wurden oder nicht, ist entgegen der Auffassung einzelner Revisionen rechtlich unerheblich, weil es allein auf die Umstände zur Tatzeit ankommt.
11
Es ergibt sich aus den Allgemeinen Geschäftsbedingungen hier auch – anders als etwa im Fall der Fehlbuchung (dazu näher BGHSt 39, 392; 46, 196) – kein Ansatzpunkt zum Verständnis der Erklärungen bei Wettabschluss. Bei einer arglistigen Manipulation der Vertragsgrundlage bedarf es keiner Allgemeinen Geschäftsbedingungen, um eine entsprechende Prüfungspflicht bzw. ein Ablehnungs- oder Anfechtungsrecht des Wettanbieters zu statuieren. Dies ergibt sich bereits aus allgemeinen zivilrechtlichen Grundsätzen. Anders als einige Revisionen meinen, bestimmen oder begrenzen die Allgemeinen Geschäftsbedingungen auch nicht Prüfungsrecht und Prüfungspflicht desjenigen, der den Wettschein für den Wettanbieter entgegennimmt. Für den Erklärungsinhalt und die Überprüfungspflicht wichtig können Allgemeine Geschäftsbedingungen allerdings dann sein, wenn es nicht um die aktive Manipulation des Vertragsgegenstandes, sondern um das Ausnutzen von Fehlern wie etwa bei einer Fehlbuchung geht (vgl. BGHSt 46,

196).


12
Auf Allgemeine Geschäftsbedingungen kommt es vorliegend auch deshalb nicht entscheidend an, weil weder die Feststellungen des Landgerichts noch der Revisionsvortrag eine wirksame Einbeziehung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen belegen (vgl. §§ 305, 305a BGB).
13
c) Dies gilt unabhängig davon, ob es um Wettabschlüsse mit deutschen oder mit ausländischen Wettanbietern über deutsche Sportwettenvermittler geht. In allen diesen Fällen bestimmt sich die Rechtslage nach dem dargestellten deutschen Recht (Art. 28 und Art. 29 EGBGB; vgl. auch Heldrich in Palandt, BGB 66. Aufl. Art. 28 EGBGB Rdn. 19; Martiny in MünchKomm-BGB 4. Aufl. Art. 28 EGBGB Rdn. 376).
14
2. Auch die Sachrügen der Angeklagten haben keinen Erfolg.
15
a) Das Landgericht hat die Taten im Ergebnis zutreffend als zehn Fälle des Betruges zum Nachteil der jeweiligen Wettanbieter angesehen.
16
Der Angeklagte A. S. (im Fall 10 auch M. S. ) hat bei Abgabe der Wettscheine konkludent erklärt, nicht an einer Manipulation des Wettgegenstandes beteiligt zu sein, und hat hierdurch den Mitarbeiter der Annahmestelle getäuscht, so dass dieser irrtumsbedingt die jeweiligen Wettverträge abschloss, wodurch den Wettanbietern täuschungsbedingt ein Schaden entstanden ist.
17
aa) Der 3. Strafsenat hat bereits entschieden, dass ein Wettteilnehmer , der den Gegenstand des Wettvertrages zu seinen Gunsten beeinflusst, einen Betrug begeht, wenn er diesen Umstand bei Abschluss des Wettvertrages verschweigt (BGHSt 29, 165, 167 – „Pferdewetten“): Dem Vertragsangebot könne die stillschweigende Erklärung entnommen werden, der Wetter selbst habe die Geschäftsgrundlage der Wette nicht durch eine rechtswidrige Manipulation verändert; in dem Verschweigen der Manipulation liege eine Täuschung durch schlüssiges Handeln (BGHSt 29, 165, 167 f.). Der Senat sieht entgegen der Bundesanwaltschaft keinen Anlass, von dieser in der Literatur vielfach geteilten Auffassung (vgl. nur Tröndle/Fischer, StGB 53. Aufl. § 263 Rdn. 18; Cramer/Perron in Schönke/Schröder, StGB 27. Aufl. § 263 Rdn. 16e; Hefendehl in MünchKomm-StGB § 263 Rdn. 113; Lackner/Kühl, StGB 25. Aufl. § 263 Rdn. 9; Kindhäuser in NK-StGB 2. Aufl. § 263 Rdn. 133; Fasten/Oppermann JA 2006, 69, 71; Valerius SpuRt 2005, 90, 92; Weber in Pfister [Hrsg.], Rechtsprobleme der Sportwette [1989] S. 39, 62; a. A. etwa Schlösser NStZ 2005, 423, 425 f.; jeweils m.w.N.) im Ergebnis abzurücken.
18
Gegen die Auffassung, beim Abschluss einer Sportwette erkläre der Wetter zugleich die Nichtmanipulation des sportlichen Ereignisses, wird – im Anschluss an BGHSt 16, 120 („Spätwette“, m. abl. Anm. Bockelmann NJW 1961, 1934) – geltend gemacht, die Annahme einer solchen Erklärung liefe auf eine „willkürliche Konstruktion“ hinaus (vgl. Gauger, Die Dogmatik der konkludenten Täuschung [2001] S. 164 f.; Weber aaO S. 57 f.; Schlösser aaO S. 425 f.; Schild ZfWG 2006, 213, 215 ff.); damit werde zudem in unzulässiger Weise ein lediglich gemäß § 13 StGB strafbares Unterlassen in ein aktives Tun umgedeutet (vgl. Schlösser aaO S. 426; Schild aaO S. 216). Gegen diese auch von der Bundesanwaltschaft erhobenen Einwände spricht folgendes:
19
(1) In Rechtsprechung und Literatur ist allgemein anerkannt, dass außer durch ausdrückliche Erklärung, namentlich durch bewusst unwahre Behauptungen , eine Täuschung im Sinne des § 263 Abs. 1 StGB auch konkludent erfolgen kann, nämlich durch irreführendes Verhalten, das nach der Verkehrsanschauung als stillschweigende Erklärung zu verstehen ist. Davon ist auszugehen, wenn der Täter die Unwahrheit zwar nicht expressis verbis zum Ausdruck bringt, sie aber nach der Verkehrsanschauung durch sein Verhalten miterklärt (BGHSt 47, 1, 3; vgl. auch Tröndle/Fischer aaO § 263 Rdn. 12; Tiedemann in LK 11. Aufl. § 263 Rdn. 22; jeweils m.w.N.).
20
Der Erklärungswert eines Verhaltens ergibt sich demnach nicht nur aus demjenigen, was ausdrücklich zum Gegenstand der Kommunikation gemacht wird, sondern auch aus den Gesamtumständen der konkreten Situation (vgl. Vogel in Gedächtnisschrift für Rolf Keller [2003] S. 313, 315). Dieser unausgesprochene Kommunikationsinhalt wird wesentlich durch den dem Erklärenden bekannten Empfängerhorizont und damit durch die ersichtlichen Erwartungen der Beteiligten bestimmt (vgl. Tröndle/Fischer aaO § 263 Rdn. 12). Derartige tatsächliche Erwartungen werden ganz wesentlich auch durch die Anschauungen der jeweiligen Verkehrskreise und die in der Situation relevanten rechtlichen Normen geprägt (vgl. auch Hefendehl aaO § 263 Rdn. 88; Tiedemann aaO § 263 Rdn. 30). In aller Regel muss der Inhalt konkludenter Kommunikation deshalb auch unter Bezugnahme auf die Verkehrsanschauung und den rechtlichen Rahmen bestimmt werden, von denen ersichtlich die Erwartungen der Kommunikationspartner geprägt sind. Bei der Ermittlung des Erklärungswertes eines konkreten Verhaltens sind daher sowohl faktische als auch normative Gesichtspunkte zu berücksichtigen (vgl. Cramer/Perron aaO § 263 Rdn. 14/15; Vogel aaO S. 316).
21
Entscheidende Kriterien für die Auslegung eines rechtsgeschäftlich bedeutsamen Verhaltens sind neben der konkreten Situation der jeweilige Geschäftstyp und die dabei typische Pflichten- und Risikoverteilung zwischen den Partnern (vgl. BGHR StGB § 263 Abs. 1 Täuschung 22; Cramer/Perron aaO § 263 Rdn. 14/15). Liegen keine Besonderheiten vor, kann der Tatrichter regelmäßig von allgemein verbreiteten, durch die Verkehrsanschauung und den rechtlichen Rahmen bestimmten Erwartungen auf den tatsächlichen Inhalt konkludenter Kommunikation schließen. Ein derartiger Schluss des Tatrichters von den Gesamtumständen eines Geschehens, die auch von normativen Erwartungen geprägt sind, auf einen bestimmten Kommunikationsinhalt führt nicht zur „Fiktion“ einer Erklärung.
22
Für eine Vielzahl von Fallgruppen hat die Rechtsprechung anhand des jeweiligen Geschäftstyps und der dabei üblichen Pflichten- und Risikoverteilung den jeweils typischen Inhalt konkludenter Kommunikation herausgearbeitet (vgl. näher Tiedemann aaO § 263 Rdn. 31 ff.; Hefendehl aaO § 263 Rdn. 93 ff.; Tröndle/Fischer aaO § 263 Rdn. 13 ff.; je m.w.N.). Erklärungsinhalt kann danach auch sein, dass etwas nicht geschehen ist (sog. „Negativtatsache“ ), etwa ein Angebot ohne vorherige Preisabsprache zwischen den Bietern zustande kam (vgl. BGHSt 47, 83, 87). Eine konkludente Erklärung derartiger Negativtatsachen kommt insbesondere dann in Betracht, wenn es um erhebliche vorsätzliche Manipulationen des Vertragsgegenstandes geht, auf den sich das kommunikative Verhalten bezieht (vgl. RGSt 20, 144: Überstreichen schwammbefallener Hausteile; RGSt 59, 299, 305 f.: Überdecken schlechter Ware; RGSt 29, 369, 370; 59, 311, 312; BGH MDR 1969, 497 f.: Verfälschen von Lebensmitteln; BGHSt 8, 289: Zurückbehalten des Hauptgewinnloses einer Lotterie; BGH NJW 1988, 150: Erschleichen einer Prädikatsbezeichnung für Wein; BGHSt 38, 186; 47, 83: unzulässige vorherige Preisabsprache; vgl. zur konkludenten Täuschung bei Manipulation auch Pawlik, Das unerlaubte Verhalten beim Betrug [1999] S. 87). Zwar reicht die allgemeine Erwartung, der andere werde sich redlich verhalten, für die Annahme entsprechender konkludenter Erklärungen nicht aus. Abgesehen davon , dass die Vertragspartner aber ein Minimum an Redlichkeit im Rechtsverkehr , das auch verbürgt bleiben muss, voraussetzen dürfen (vgl. Cramer /Perron aaO § 263 Rdn. 14/15), ist die Erwartung, dass keine vorsätzliche sittenwidrige Manipulation des Vertragsgegenstandes durch einen Vertragspartner in Rede steht, unverzichtbare Grundlage jeden Geschäftsverkehrs und deshalb zugleich miterklärter Inhalt entsprechender rechtsgeschäftlicher Erklärungen. Dem Angebot auf Abschluss eines Vertrages ist demnach in aller Regel die konkludente Erklärung zu entnehmen, dass der in Bezug genommene Vertragsgegenstand nicht vorsätzlich zum eigenen Vorteil manipuliert wird.
23
Bei der Sportwette, einer Unterform des wesentlich durch Zufall bestimmten Glücksspiels (vgl. BGH NStZ 2003, 372, 373; Hofmann/Mosbacher NStZ 2006, 249, 251 m.w.N.), ist Gegenstand des Vertrages das in der Zukunft stattfindende und von den Sportwettenteilnehmern nicht beeinflussbare (vgl. Henssler, Risiko als Vertragsgegenstand [1994] S. 471) Sportereignis. Auf diesen Vertragsgegenstand nimmt jede der Parteien bei Abgabe und Annahme des Wettscheins Bezug. Beim Abschluss einer Sportwette erklärt demnach regelmäßig jeder der Beteiligten konkludent, dass das wettgegenständliche Risiko nicht durch eine von ihm veranlasste, dem Vertragspartner unbekannte Manipulation des Sportereignisses zu seinen Gunsten verändert wird (BGHSt 29, 165). Denn dies erwartet nicht nur der Wettanbieter vom Wettenden, sondern auch umgekehrt der Wettende vom Wettanbieter.
24
Weil sich eine Sportwette zwangsläufig auf ein in der Zukunft stattfindendes Ereignis bezieht, kann sich die Erklärung der Manipulationsfreiheit nicht auf eine bereits endgültig durchgeführte, sondern nur auf eine beabsichtigte Manipulation beziehen. Eine Täuschung ist jedenfalls dann anzunehmen , wenn zu dem konkreten Plan der Manipulation des zukünftigen Sportereignisses die konkrete Einflussnahme tritt, etwa wie hier durch die vorherigen Abreden mit Teilnehmern an dem Sportereignis, die ihre Manipulationsbereitschaft zugesagt haben. Nur in einem solchen Fall wird der Wettende auch – wie hier – erhebliche Beträge auf einen eher unwahrscheinlichen (und dafür zu hohen Gewinnquoten angebotenen) Spielausgang setzen. Wer erhebliche Beträge zu hoher Quote auf einen unwahrscheinlichen Spielausgang setzt und in Manipulationen des Spielgeschehens verstrickt ist, hat diese regelmäßig bereits zuvor schon so hinreichend konkret ins Werk gesetzt, dass es bei normalem Lauf der Dinge allein von ihm abhängt, ob es zu der unlauteren Beeinflussung des Spielverlaufs kommt. Dass dies bei A. S. jeweils der Fall war, ist den Feststellungen des Landgerichts zu den Wettvertragsabschlüssen insgesamt mit hinreichender Deutlichkeit zu entnehmen.
25
Dieser Begründung steht die Entscheidung des Senats in BGHSt 16, 120 („Spätwette“) nicht entgegen. Dort ging es nicht um eine Manipulation des Vertragsgegenstandes, sondern um ein überlegenes Wissen des Wettenden , das aus allgemein zugänglichen Informationsquellen stammte. Ob der Wettende bei Abschluss einer Wette auf ein zukünftiges Ereignis auch konkludent erklärt, dieses sei noch nicht eingetreten, so dass er davon nichts wisse, bedarf hier deshalb keiner Entscheidung. Dagegen mag sprechen, dass das Einholen allgemein zugänglicher Informationen über den Wettgegenstand typischerweise in das Risiko jedes Vertragspartners fällt. Berechtigterweise erwartet der Vertragspartner einer Sportwette jedenfalls, dass der andere Teil nicht über Sonderwissen verfügt, das aus einer verwerflichen Manipulation des Wettgegenstandes resultiert (vgl. aber auch Habersack in MünchKomm-BGB 4. Aufl. § 762 Rdn. 19).
26
(2) Entgegen einer in der Literatur verbreiteten Meinung (vgl. Schlösser aaO S. 426; Schild aaO S. 216) handelt es sich bei der Täuschung der jeweiligen Wettbüro-Mitarbeiter um eine konkludente Täuschung durch aktives Tun und nicht um eine Täuschung durch Unterlassen.
27
Die Grenze zwischen einer aktiven konkludenten Täuschung und einer Täuschung durch Unterlassen bestimmt sich nach dem durch Auslegung zu ermittelnden Erklärungswert des aktiven Verhaltens. Deshalb darf der Tatrichter grundsätzlich nicht an ein Unterlassen, sondern muss an das aktive Tun – also insbesondere den jeweiligen Vertragsschluss – anknüpfen (missverständlich deshalb BGHSt 29, 165, 167, soweit dort auf ein „Verschweigen“ abgestellt wird), wenn in der Erklärung bereits die Täuschungshandlung zu sehen ist. In diesen Fällen liegt der relevante Handlungsschwerpunkt in einem positiven Tun, weil der Täter inzident die Essentialia zusichert, die – wie oben dargestellt – zur unverzichtbaren Grundlage des Geschäfts zählen. Deshalb ist im vorliegenden Fall ein aktives Verhalten, nämlich der Abschluss des Wettvertrages, die strafbarkeitsbegründende Täuschungshandlung , weil ihm der Erklärungswert zukommt, nicht auf Manipulationen des Vertragsgegenstandes hingewirkt zu haben. Da bereits ein Betrug durch aktives Tun vorliegt, kann dahinstehen, ob hier auch ein Betrug durch Unterlassen der Aufklärung über die Spielmanipulation (vgl. zu einer möglichen Aufklärungspflicht Henssler aaO S. 471; Habersack aaO § 762 Rdn. 19) oder später (vgl. etwa in Fall 7 der Urteilsgründe das Gespräch mit den Vertretern des Wettveranstalters) gegeben ist (vgl. allgemein zu den Schwierigkeiten bei der Abgrenzung zwischen einer Täuschung durch Tun und durch Unterlassen Tiedemann aaO § 263 Rdn. 29 m.w.N.; Schlösser aaO S. 426).
28
bb) Durch die konkludente Täuschung über die Manipulationsfreiheit des Wettgegenstandes ist bei den jeweiligen Mitarbeitern der Wettanbieter auch ein entsprechender Irrtum erregt worden (vgl. BGHSt 29, 165, 168). Die Mitarbeiter der Wettanbieter gingen – jedenfalls in Form des sachgedanklichen Mitbewusstseins (hierzu näher Tröndle/Fischer aaO § 263 Rdn. 35 m.w.N.) – jeweils davon aus, dass das wettgegenständliche Risiko nicht durch Manipulation des Sportereignisses zu Ungunsten ihres Unternehmens ganz erheblich verändert wird. Ansonsten hätten sie die jeweiligen Wettangebote zu der angebotenen Quote zurückgewiesen. Gerade weil die Manipulationsfreiheit des Wettgegenstandes beim Abschluss einer Sportwette mit festen Quoten für die Vertragspartner von entscheidender Bedeutung für die Einschätzung des Wettrisikos ist, verbinden Wettender und Wettanbieter mit ihren rechtsgeschäftlichen Erklärungen regelmäßig die Vorstellung, dass der Wettgegenstand nicht manipuliert wird (vgl. auch BGHSt 24, 386, 389). Hierüber irren sie aber infolge des Verhaltens des anderen Teils. Dieser Irrtum führte auch zu einer Vermögensverfügung, nämlich zum Vertragsabschluss mit dem jeweiligen Wettanbieter.
29
cc) Bei den jeweiligen Wettveranstaltern ist durch diese täuschungsbedingte Vermögensverfügung auch ein Schaden entstanden.
30
(1) In allen Fällen liegt bereits mit Abschluss der jeweiligen Wettverträge ein vollendeter Betrug vor.
31
Beim Betrug durch Abschluss eines Vertrages (Eingehungsbetrug) ergibt der Vergleich der Vermögenslage vor und nach Abschluss des Vertrages , ob ein Vermögensschaden eingetreten ist. Zu vergleichen sind die beiderseitigen Vertragsverpflichtungen. Wenn der Wert des Anspruchs auf die Leistung des Täuschenden hinter dem Wert der Verpflichtung zur Gegenleistung des Getäuschten zurückbleibt, ist der Getäuschte geschädigt (vgl. BGHSt 16, 220, 221; BGH NStZ 1991, 488). Entscheidend ist für die Tatbestandserfüllung beim (Eingehungs-)Betrug nämlich, dass der Verfügende aus dem Bestand seines Vermögens aufgrund der Täuschung mehr weggibt, als er zurückerhält (BGHR StGB § 263 Abs. 1 Vermögensschaden 64 m.w.N.). Diese für übliche Austauschgeschäfte entwickelte Rechtsprechung bedarf der Anpassung an die Besonderheiten der hier gegenständlichen Sportwetten , bei denen zur Eingehung der vertraglichen Verpflichtungen der Aus- tausch von Einsatz und Wettschein (einer Inhaberschuldverschreibung, vgl. Sprau in Palandt aaO § 793 Rdn. 5) hinzukommt:
32
Bei Sportwetten mit festen Quoten (sog. Oddset-Wetten) stellt die aufgrund eines bestimmten Risikos ermittelte Quote gleichsam den „Verkaufspreis“ der Wettchance dar; die Quote bestimmt, mit welchem Faktor der Einsatz im Gewinnfall multipliziert wird. Weil die von A. S. geplante und ins Werk gesetzte Manipulation der Fußballspiele das Wettrisiko ganz erheblich zu seinen Gunsten verschoben hatte, entsprachen die bei dem Vertragsschluss vom Wettanbieter vorgegebenen Quoten nicht mehr dem Risiko, das jeder Wettanbieter seiner eigenen kaufmännischen Kalkulation zugrunde gelegt hatte. Eine derart erheblich höhere Chance auf den Wettgewinn ist aber wesentlich mehr wert, als A. S. hierfür jeweils in Ausnutzung der erfolgten Täuschung gezahlt hat. Für seinen jeweiligen Einsatz hätte er bei realistischer Einschätzung des Wettrisikos unter Berücksichtigung der verabredeten Manipulation nur die Chance auf einen erheblich geringeren Gewinn erkaufen können. Diese „Quotendifferenz“ stellt bereits bei jedem Wettvertragsabschluss einen nicht unerheblichen Vermögensschaden dar. Dieser ähnelt infolge des für Wetten typischen Zusammenhangs zwischen Wettchance und realisiertem Wettrisiko der vom Landgericht angenommenen schadensgleichen Vermögensgefährdung (gegen deren Annahme indes durchgreifende Bedenken bestehen, vgl. unten [3]) und stellt wirtschaftlich bereits einen erheblichen Teil des beabsichtigten Wettgewinns dar. Dass Wetten für erkannt manipulierte Spiele nicht angeboten werden, ist insoweit ohne Bedeutung. Maßgeblich ist allein, dass der Wettanbieter täuschungsbedingt aus seinem Vermögen eine Gewinnchance einräumt, die (unter Berücksichtigung der Preisbildung des Wettanbieters) gemessen am Wetteinsatz zu hoch ist. Mithin verschafft sich der Täuschende eine höhere Gewinnchance , als der Wettanbieter ihm für diesen Preis bei richtiger Risikoeinschätzung „verkaufen“ würde.
33
Ein derartiger Quotenschaden muss nicht beziffert werden. Es reicht aus, wenn die insoweit relevanten Risikofaktoren gesehen und bewertet werden. Realisiert sich der vom Wettenden infolge seiner Manipulation erstrebte Gewinn nicht, verbleibt es vielmehr bei dem mit erfolgreicher Täuschung bereits erzielten Quotenschaden, so ist dem wegen der geringeren Auswirkungen der Tat im Rahmen der Strafzumessung Rechnung zu tragen.
34
(2) In denjenigen Fällen, in denen es zur Auszahlung von Wettgewinnen auf manipulierte Spiele kam (Fälle 2, 6, 7, 11), ist das mit dem Eingehungsbetrug verbundene erhöhte Verlustrisiko in einen endgültigen Vermögensverlust der jeweiligen Wettanbieter in Höhe der Differenz zwischen Wetteinsatz und Wettgewinn umgeschlagen (vgl. zur Schadensberechnung näher Fasten/Oppermann JA 2006, 69, 73; Tröndle/Fischer aaO § 263 Rdn. 71 m.w.N.); der so erzielte Vermögensvorteil war insbesondere das Endziel des mit Hilfe von Manipulationen Wettenden. Weil sich Sportwettenverträge auf ein in der Zukunft stattfindendes Ereignis beziehen, stellt der Quotenschaden das notwendige Durchgangsstadium und damit einen erheblichen Teil des beabsichtigten endgültigen Schadens bei dem Wettanbieter dar.
35
Entgegen einer in der Literatur vertretenen Ansicht (Kutzner JZ 2006 S. 712, 717; Schild aaO S. 219) liegt der betrugsrelevante Vermögensschaden in diesen Fällen nicht in der – kaum feststellbaren – Differenz zwischen der auf Grund des „normalen Wettverhaltens“ prognostizierten Gesamtgewinnausschüttung und der nach Manipulation tatsächlich auszuschüttenden Gesamtgewinnsumme. Diese mögliche Vermögenseinbuße stünde zudem in keinem unmittelbaren Zusammenhang mit der vom Wettenden beabsichtigten Vermögensmehrung, so dass insoweit Bedenken hinsichtlich der Stoffgleichheit der erstrebten Bereicherung bestünden. Ausreichend und allein maßgeblich ist, dass der jeweilige Wettanbieter täuschungsbedingt den Wettgewinn auszahlt, auf den der Wettende wegen der Spielmanipulation keinen Anspruch hat, und in dieser Höhe sein Vermögen mindert; gerade diese Bereicherung erstrebt auch der Wettende. Die Ersparnis anderweitig zu erwartender Gewinnausschüttungen durch den Wettanbieter infolge der Manipulation ist allenfalls mittelbar relevant (vgl. auch BGHR StGB § 263 Abs. 1 Vermögensschaden 54).
36
Für die Schadensfeststellung kommt es entgegen der Auffassung einiger Revisionen auch nicht darauf an, ob sich die von A. S. ins Werk gesetzten Manipulationen kausal im Spielergebnis oder wenigstens entscheidend im Spielverlauf niedergeschlagen haben. Es reicht vielmehr aus, dass der jeweilige Wettanbieter täuschungsbedingt Wettverträge abgeschlossen hat, die er bei Kenntnis der beabsichtigten Manipulationen nicht abgeschlossen hätte. Denn nicht der Erfolg der Manipulation ist Tatbestandsmerkmal des § 263 StGB, sondern allein die täuschungsbedingte Vermögensschädigung. Im Übrigen ist für die Risikoverschiebung die Zusage der Manipulation durch einen Mannschaftsspieler oder gar einen Schiedsrichter – anders als von einigen Verteidigern in der Revisionshauptverhandlung vorgetragen – regelmäßig von erheblicher Bedeutung.
37
(3) In denjenigen Fällen, in denen die Manipulationen keinen oder keinen vollständigen Wetterfolg einbrachten, hat das Landgericht allerdings den Schaden nicht gemäß den vorstehenden Grundsätzen bestimmt. Abgesehen davon sind auch die rechtlichen Erwägungen des Landgerichts nicht tragfähig , soweit es bereits beim Abschluss der Wettverträge eine schadensgleiche Vermögensgefährdung der jeweiligen Wettanbieter in Höhe des möglichen Wettgewinns (abzüglich des Einsatzes) angenommen hat.
38
Zwar kann auch schon die bloße konkrete Gefährdung einen Vermögensschaden i. S. von § 263 StGB darstellen. Diese Gefährdung muss aber nach wirtschaftlicher Betrachtungsweise bereits eine Verschlechterung der gegenwärtigen Vermögenslage bedeuten. Die täuschungsbedingte Gefahr des endgültigen Verlustes eines Vermögensbestandteils muss zum Zeitpunkt der Verfügung so groß sein, dass sie schon jetzt eine Minderung des Ge- samtvermögens zur Folge hat (vgl. BGHSt 34, 394, 395; BGH NStZ 2004, 264). Eine derartige konkrete Gefährdung, die bereits einem Schaden entspricht , kann nur dann anerkannt werden, wenn der Betrogene ernstlich mit wirtschaftlichen Nachteilen zu rechnen hat (BGHSt 21, 112, 113). Diese Voraussetzungen sind jedoch nicht erfüllt, wenn der Eintritt wirtschaftlicher Nachteile nicht einmal überwiegend wahrscheinlich ist, sondern von zukünftigen Ereignissen abhängt, die sich einer Einflussnahme trotz der Manipulation immer noch in ganz wesentlichem Umfang entziehen.
39
Durch den Abschluss der Wettverträge ist es über den oben dargestellten Quotenschaden hinaus erst zu einer abstrakten Gefährdung der Vermögen der jeweiligen Wettanbieter in Höhe des durch die Wettquote bestimmten Auszahlungsbetrages abzüglich des Einsatzes gekommen. Ein Erfolg der Manipulationen war nach den Feststellungen des Landgerichts nicht einmal überwiegend wahrscheinlich, sondern schlug in vielen Fällen trotz beträchtlicher Eingriffe in das Spielgeschehen fehl, insbesondere auch, weil die kombinierten Spiele teilweise einen anderen Ausgang nahmen; dies macht deutlich, dass die Manipulation des Spielgeschehens nur die Wahrscheinlichkeit eines bestimmten Spielausgangs um einen gewissen – regelmäßig freilich, wie ausgeführt, erheblichen – Grad erhöhen konnte (vgl. dazu Kutzner aaO S. 717; Mosbacher NJW 2006, 3529, 3530).
40
b) Die Feststellungen des Landgerichts belegen ohne Weiteres die abgeurteilten Beihilfehandlungen der Angeklagten M. und F. S. sowie R. H. und D. M. .
41
aa) Die Betrugstaten des Haupttäters A. S. waren in dem von ihm beabsichtigten und von den Teilnehmern erkannten Umfang frühestens mit der Auszahlung des zu Unrecht beanspruchten Wettgewinns beendet. Bis zu diesem Zeitpunkt förderten alle Handlungen, die unmittelbar der Manipulation des wettgegenständlichen Spielereignisses dienten oder durch die Spieler bzw. Schiedsrichter zur Manipulation des Spielgeschehens angehal- ten oder dabei bestärkt wurden, den beabsichtigten unrechtmäßigen Wettgewinn von A. S. . Aufgrund der Eigenart der Sportwette, die ein in der Zukunft liegendes Sportereignis betrifft, ist eine derartige Beihilfe zum Wettbetrug mittels Manipulation des Wettereignisses nicht nur durch deren vorherige Zusage, sondern auch nach Wettvertragsabschluss möglich. Dass die jeweiligen Teilnehmer insoweit vorsätzlich gehandelt haben, ergibt sich nach den Feststellungen des Landgerichts aus der Kenntnis vom beabsichtigten bzw. erfolgten Abschluss der Sportwetten; nur der Wettvertragsabschluss gab den Spielmanipulationen aus Sicht der Beteiligten hier einen nachvollziehbaren wirtschaftlichen Sinn.
42
bb) Der Angeklagte H. hat auch im Fall 8 der Urteilsgründe eine Beihilfe zum Wettbetrug A. S. begangen. Entgegen der Auffassung der Revision zu diesem Fall belegen die Feststellungen des Landgerichts hinreichend, dass H. in diesem Fall dem Haupttäter A. S. konkret bei seinem Betrug geholfen hat, indem er ihn bei der Anwerbung des Angeklagten M. für eine Spielmanipulation unterstützte. Soweit das Landgericht bei der rechtlichen Würdigung der Taten und im Rahmen der Strafzumessung – ersichtlich versehentlich – nicht zwischen dem Fall 8 der Urteilsgründe und den Einflussnahmen H. s als Schiedsrichter auf dem Spielfeld differenziert hat (vgl. UA S. 47, 53), ist dies im Ergebnis unschädlich: Das Unrecht H. s wiegt in Fall 8 nicht minder schwer als in den Fällen einer Manipulation auf dem Spielfeld. H. hat in diesem Fall sogar ganz erheblich dazu beigetragen, einen weiteren zur Unparteilichkeit verpflichteten Schiedsrichter in kriminelle Machenschaften zu verstricken.
43
cc) Im Fall 10 tragen die Feststellungen des Landgerichts auch die Annahme einer Beihilfe F. S. s zum gemeinschaftlich von A. und M. S. begangenen Betrug. F. S. hat danach R. H. ausdrücklich zur Manipulation des Fußballspiels in dem von seinem Bruder A. S. gewünschten Sinne ermutigt. Er hat aufgrund der Gesamtumstände des Geschehens auch ersichtlich in der Kenntnis gehandelt, dass auf dieses manipulierte Spiel Sportwetten abgeschlossen sind oder werden und dass sein Handeln den beabsichtigten Eintritt des Wetterfolges fördert.
44
c) Dass im Fall 10 der Urteilsgründe nach dem Gesamtzusammenhang der Feststellungen M. S. die Sportwetten in Italien abgeschlossen hat, hindert eine Bestrafung der in diesem Fall Beteiligten nach deutschem Recht nicht:
45
Eine als Betrug nach § 263 StGB strafbare Haupttat M. S. s ist noch hinreichend durch Feststellungen belegt. Wie sich aus den gleichsam „vor die Klammer“ gezogenen Feststellungen des Landgerichts ergibt, gab der Angeklagte M. S. die Wettscheine auch in diesem Fall in den Geschäftsräumen des Wettanbieters ab und erklärte damit zugleich konkludent, nicht an einer Manipulation des wettgenständlichen Sportereignisses beteiligt zu sein. Aus dem einschlägigen italienischen Recht ergibt sich weder zum Erklärungswert seines Verhaltens noch in anderer Hinsicht ein relevanter Unterschied zum deutschen Recht; insbesondere besteht auch dort die Möglichkeit , sich bei einer bewussten Täuschung ohne weiteres vom Vertrag zu lösen (vgl. Art. 1427 ff. Codice Civile).
46
Für die Tat von M. S. im Fall 10 der Urteilsgründe gilt nach § 3 StGB das deutsche Strafrecht, weil die Tat (auch) im Inland begangen worden ist. Weil M. S. nach den (insoweit tragfähigen) Feststellungen des Landgerichts in diesem Fall als Mittäter des Angeklagten A. S. gehandelt hat, und ihm deshalb aufgrund des gemeinsamen Tatplans das Handeln A. S. s in Deutschland und auch der Ort dieses Handelns zuzurechnen ist, ist Tatort im Sinne von § 9 StGB auch für M. S. Deutschland (vgl. BGHSt 39, 88, 91; Tröndle/Fischer aaO § 9 Rdn. 3). Für die Teilnehmer ergibt sich ein Tatort im Bundesgebiet in diesem Fall jedenfalls aus § 9 Abs. 2 StGB. Zudem ergibt sich aus den Urteilsgründen, dass auch A. S. in diesem Fall – was angesichts der von ihm versprochenen Bestechungssumme von 50.000 Euro mehr als nahe liegt – auf das ma- nipulierte Spiel gewettet hat; das Landgericht konnte lediglich keine Feststellungen dazu treffen, wo und in welcher Höhe dies geschehen ist.
47
d) Auch die weiteren Einwände der Revisionen gegen den Schuldspruch tragen nicht:
48
Soweit unter Hinweis auf nicht im Urteil wiedergegebene Allgemeine Geschäftsbedingungen vorgetragen wird, beim Wettvertragsschluss könnte keine reale Person getäuscht werden, weil der Vertragsschluss letztlich nur elektronisch erfolge, widerspricht dies den (nicht angegriffenen) Feststellungen des Landgerichts. Danach hat stets ein Mitarbeiter des Wettbüros die Wettscheine entgegengenommen, nach Prüfung weitergeleitet und insbesondere den Wetteinsatz vereinnahmt.
49
Der Einwand der Revision, ausländischen Wettanbietern könne in Hinblick auf §§ 762, 763 BGB wegen der Rechtswidrigkeit ungenehmigter ausländischer Wetten kein Schaden entstehen, verfängt nicht. Zwar findet auf Sportwetten § 763 Satz 2 i.V.m. § 762 BGB grundsätzlich Anwendung (vgl. BGH NJW 1999, 54). Unabhängig von der Frage, ob im EU-Ausland genehmigte Sportwetten auch im Bundesgebiet ohne zusätzliche Genehmigung zulässig vermittelt werden dürfen oder nicht (vgl. hierzu OLG München NJW 2006, 3588; Mosbacher NJW 2006, 3529), ist hier jedenfalls aus wirtschaftlicher Sicht eine Schädigung der ausländischen Wettanbieter eingetreten (vgl. auch Weber aaO S. 67; Cramer/Perron aaO § 263 Rdn. 91; RGSt 68, 379, 380).
50
Auch die Beweiswürdigung des Landgerichts hält revisionsgerichtlicher Überprüfung stand. Dies gilt namentlich hinsichtlich des Angeklagten M. . Die Feststellungen des Landgerichts zu seiner Tatbeteiligung beruhen auf einer tragfähigen Grundlage, nämlich auf seinem Eingeständnis, von A. S. die festgestellten Zahlungen erhalten zu haben, sowie im Übri- gen auf den vom Landgericht als glaubhaft angesehenen Angaben der geständigen Angeklagten A. S. und R. H. .
51
e) Die Rechtsfolgenaussprüche können bestehen bleiben.
52
aa) Auch wenn das Landgericht in demjenigen Teil der Fälle, in denen die Manipulationen nicht zu dem gewünschten Spielergebnis geführt haben oder die Kombinationswetten aus anderen Gründen keinen Erfolg hatten, der Strafzumessung einen zu großen Schadensumfang zugrunde gelegt hat, kann der Senat ausschließen (§ 354 Abs. 1 StPO), dass das Landgericht bei einer zutreffenden rechtlichen Bewertung niedrigere Einzelstrafen und niedrigere Gesamtstrafen verhängt hätte: Zum einen ist ein Gefährdungsschaden für die Strafzumessung ohnehin nicht mit dem darüber hinaus erstrebten endgültigen Schaden gleichzusetzen (vgl. BGH wistra 1999, 185, 187). Zum zweiten ähnelt der vom Landgericht nicht ausdrücklich bezifferte Quotenschaden dem angenommenen Gefährdungsschaden und stellt jedenfalls einen erheblichen Teil hiervon dar; die Wettanbieter hätten bei nicht täuschungsbedingter Fehleinschätzung des Wettrisikos für die gezahlten Einsätze allenfalls wesentlich geringere Wettchancen eingeräumt. Schließlich war ohnehin strafschärfend zu berücksichtigen, dass sich der Vorsatz über den durch Eingehung der Wetten bereits vollendeten Schadenseintritt hinaus auf eine ganz erhebliche Gewinnsumme bezog und damit das vom Vorsatz umfasste Handlungsziel den als „Durchgangsschaden“ erfassten Quotenschaden des Wettanbieters jeweils ganz erheblich überstieg (vgl. auch BGHSt 43, 270, 276; BGH NStZ 2000, 38, 39).
53
bb) Auch im Übrigen hält die Strafzumessung im Ergebnis revisionsrechtlicher Überprüfung stand: Das Landgericht hat zwar verkannt, dass es sich bei § 263 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 erste Alt. StGB nicht um einen Qualifikationstatbestand des gewerbsmäßigen Betruges, sondern um eine Strafzumessungsregel handelt, die grundsätzlich eine Gesamtwürdigung aller schuldrelevanten Gesichtspunkte erfordert (vgl. BGHR StGB § 266 Abs. 2 Besonders schwerer Fall 1) und insbesondere auch deshalb ausscheiden kann, weil die Voraussetzungen eines vertypten Strafmilderungsgrunds (hier etwa §§ 21, 27 StGB) vorliegen (BGH wistra 2003, 297). Bei den wegen Beihilfe zum Betrug verurteilten Angeklagten hat das Landgericht auch nicht bedacht, dass die Teilnahmehandlung als solche als besonders schwerer Fall zu werten sein muss (vgl. Tröndle/Fischer aaO § 46 Rdn. 105 m.w.N.) und das täterbezogene Merkmal der Gewerbsmäßigkeit nur demjenigen Tatbeteiligten angelastet werden kann, der dieses Merkmal selbst aufweist (vgl. Eser in Schönke /Schröder, StGB 27. Aufl. § 243 Rdn. 47 m.w.N.). Der Senat kann jedoch ausschließen (§ 354 Abs. 1 StPO), dass sich diese Fehler bei der Strafzumessung ausgewirkt haben.
54
(1) Bei A. S. war ein Absehen von der Regelwirkung des § 263 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 erste Alt. StGB nach den Gesamtumständen der mit hoher krimineller Energie ins Werk gesetzten Betrügereien, bei denen es jeweils um ganz erhebliche Summen ging, auch unter Berücksichtigung von § 21 StGB offensichtlich nicht veranlasst. Dem Senat erscheint es im Übrigen angesichts des jahrelangen professionellen Agierens von A. S. auf dem Sportwettenmarkt, seines kompliziert angelegten Wett- und Manipulationssystems und des damit verbundenen erheblichen organisatorischen Aufwands ohnehin eher fernliegend, dass bei diesem Angeklagten die Steuerungsfähigkeit bei der Begehung sämtlicher Taten wegen „Spielsucht“ erheblich eingeschränkt gewesen sein soll (vgl. zu den Anforderungen BGHSt 49, 365, 369 f. m.w.N.). Die vom Landgericht angenommene Strafrahmenverschiebung nach §§ 21, 49 Abs. 1 StGB beschwert den Angeklagten jedoch nicht. In den Fällen 2, 6, 7 und 11 liegen zudem zusätzlich – auch bei den Teilnehmern, die angesichts der Kenntnis von den Gesamtumständen und angesichts der Höhe der gezahlten Bestechungsgelder insoweit zumindest mit bedingtem Vorsatz handelten – die Voraussetzungen eines besonders schweren Falls nach § 263 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 erste Alt. StGB vor.
55
(2) Bei den Angeklagten H. und M. hat das Landgericht rechtsfehlerfrei festgestellt, dass auch diese Angeklagten selbst gewerbsmäßig gehandelt haben. Sie wollten sich durch die Zusammenarbeit mit A. S. eine auf Dauer angelegte Einnahmequelle von einigem Umfang erschließen. Bei diesen Angeklagten liegt aufgrund der besonders pflichtwidrigen Ausnutzung ihrer Stellung als unparteiische Schiedsrichter im Übrigen auch die Annahme eines unbenannten besonders schweren Falls nach § 263 Abs. 3 Satz 1 StGB auf der Hand.
56
(3) Eigenes gewerbsmäßiges Handeln hat das Landgericht auch für M. S. festgestellt. Es kann dahinstehen, ob diese Wertung tatsächlich ausreichend belegt ist. Der Senat kann angesichts der Vielzahl erschwerender Gesichtspunkte jedenfalls ausschließen (§ 354 Abs. 1 StPO), dass das Landgericht bei den Angeklagten M. und F. S. bei bloßer Anwendung von § 263 Abs. 1 StGB auf noch niedrigere Einzel- und Gesamtstrafen erkannt hätte. Das Landgericht hat sich bei der Bemessung der ohnehin maßvollen Strafen ersichtlich nicht am oberen Ende des – abgesehen von Fall 10 für M. S. – gemäß § 27 Abs. 2, § 49 Abs. 1 StGB verschobenen Strafrahmens des § 263 Abs. 3 StGB orientiert.
57
(4) Die verhängten Einzelstrafen und die verhängte Gesamtstrafe sind darüber hinaus auch aus folgenden Gründen angemessen im Sinne von § 354 Abs. 1a Satz 1 StPO: Es geht bei den durch die Angeklagten unterstützen Betrügereien von A. S. ganz überwiegend um erhebliche Summen und insgesamt um Beträge von mehreren Millionen Euro. Die Spielmanipulationen haben nicht nur die jeweiligen Wettanbieter geschädigt, sondern – wie die Angeklagten wussten – einer Vielzahl Unbeteiligter ganz erhebliche Schäden zugefügt: Die jeweiligen Fußballmannschaften und alle zahlenden Zuschauer wurden um ein faires Spiel gebracht. Die infolge von Manipulationen unterlegenen Mannschaften und ihre Trainer mussten erhebliche wirtschaftliche Schäden gewärtigen, die sich etwa im Fall des Ausscheidens des Hamburger SV aus dem DFB-Pokal auch durch die Entlas- sung des damaligen Trainers realisiert haben. Die massive Bestechung von Spielern und Schiedsrichtern zum Zweck der Spielmanipulation hat zudem dem gesamten professionellen Fußballsport einen ganz erheblichen Rufschaden zugefügt, indem das Vertrauen von Millionen sportbegeisterter Zuschauer in die Fairness des Fußballsports und in die Unparteilichkeit der Schiedsrichter massiv enttäuscht wurde. Im Übrigen sind auch viele redliche Wettkunden, die auf ein anderes Ergebnis gesetzt hatten, im Falle gelungener Spielmanipulationen um ihre Gewinnchancen gebracht worden. Diese offenkundigen erschwerenden Gesichtspunkte hat das Landgericht im Rahmen seiner Strafzumessung nicht einmal umfassend ausdrücklich bedacht.
58
(5) Bei F. S. ist die Gesamtstrafe von einem Jahr Freiheitsstrafe auch deshalb angemessen, weil das Landgericht zugunsten dieses Angeklagten einen nicht gerechtfertigten Härteausgleich vorgenommen hat. Die Strafkammer hat sich hierfür auf eine am 25. Oktober 2004 erfolgte Verurteilung zu einer bereits vollstreckten Geldstrafe bezogen und mit Rücksicht auf die fehlende Gesamtstrafenfähigkeit einen Härteausgleich in Höhe von einem Monat Freiheitsstrafe gewährt. Unbeachtet blieb dabei, dass zu diesem Zeitpunkt die Tat Nr. 10 der Urteilsgründe noch nicht begangen worden war. Wegen der Erledigung der Geldstrafe entfiel mithin lediglich die Zäsurwirkung der Verurteilung vom 25. Oktober 2005. Daher hat sich der Angeklagte durch die Erledigung der Geldstrafe die Verhängung zweier – notwendig in der Summe gegenüber der verhängten Gesamtfreiheitsstrafe höherer – Freiheitsstrafen erspart, mithin keinen Nachteil, sondern einen Vorteil erlangt. Deshalb war kein Härteausgleich gerechtfertigt (vgl. BGHR StGB § 55 Abs. 1 Satz 1 Härteausgleich 4).
59
3. Der Senat weist abschließend darauf hin, dass die missverständliche Entscheidung des Landgerichts im Adhäsionsverfahren nicht bedeutet, dass die Adhäsionskläger ihr Ziel nicht anderweitig weiter verfolgen könnten (§ 406 Abs. 3 Satz 3 StPO). Daher wäre lediglich ein Absehen von einer Ent- scheidung, nicht etwa, wie zu weitgehend erfolgt, eine Antragsabweisung zu tenorieren gewesen (vgl. BGHR StPO § 406 Teilentscheidung 1).
Basdorf Häger Gerhardt Raum Jäger

(1) Ein Wertpapierdienstleistungsunternehmen darf im Zusammenhang mit der Erbringung von Wertpapierdienstleistungen oder Wertpapiernebendienstleistungen keine Zuwendungen von Dritten annehmen oder an Dritte gewähren, die nicht Kunden dieser Dienstleistung sind oder nicht im Auftrag des Kunden tätig werden, es sei denn,

1.
die Zuwendung ist darauf ausgelegt, die Qualität der für den Kunden erbrachten Dienstleistung zu verbessern und steht der ordnungsgemäßen Erbringung der Dienstleistung im bestmöglichen Interesse des Kunden im Sinne des § 63 Absatz 1 nicht entgegen und
2.
Existenz, Art und Umfang der Zuwendung oder, soweit sich der Umfang noch nicht bestimmen lässt, die Art und Weise seiner Berechnung, wird dem Kunden vor der Erbringung der Wertpapierdienstleistung oder Wertpapiernebendienstleistung in umfassender, zutreffender und verständlicher Weise unmissverständlich offen gelegt.
Wertpapierdienstleistungsunternehmen müssen nachweisen können, dass jegliche von ihnen erhaltenen oder gewährten Zuwendungen dazu bestimmt sind, die Qualität der jeweiligen Dienstleistung für den Kunden zu verbessern. Konnte ein Wertpapierdienstleistungsunternehmen den Umfang der Zuwendung noch nicht bestimmen und hat es dem Kunden statt dessen die Art und Weise der Berechnung offengelegt, so muss es den Kunden nachträglich auch über den genauen Betrag der Zuwendung, die es erhalten oder gewährt hat, unterrichten. Solange das Wertpapierdienstleistungsunternehmen im Zusammenhang mit den für die betreffenden Kunden erbrachten Wertpapierdienstleistungen fortlaufend Zuwendungen erhält, muss es seine Kunden mindestens einmal jährlich individuell über die tatsächliche Höhe der angenommenen oder gewährten Zuwendungen unterrichten.

(2) Zuwendungen im Sinne dieser Vorschrift sind Provisionen, Gebühren oder sonstige Geldleistungen sowie alle nichtmonetären Vorteile. Die Bereitstellung von Analysen durch Dritte an das Wertpapierdienstleistungsunternehmen stellt keine Zuwendung dar, wenn sie die Gegenleistung ist für

1.
eine direkte Zahlung des Wertpapierdienstleistungsunternehmens aus seinen eigenen Mitteln oder
2.
Zahlungen von einem durch das Wertpapierdienstleistungsunternehmen kontrollierten separaten Analysekonto, wenn
a)
auf diesem vom Kunden entrichtete spezielle Analysegebühren verbucht werden,
b)
das Wertpapierdienstleistungsunternehmen ein Analysebudget als Bestandteil der Einrichtung eines Analysekontos festlegt und dieses einer regelmäßigen Bewertung unterzieht,
c)
das Wertpapierdienstleistungsunternehmen für das Analysekonto haftbar ist und
d)
das Wertpapierdienstleistungsunternehmen die Analysen regelmäßig anhand belastbarer Qualitätskriterien und dahingehend bewertet, ob sie zu besseren Anlageentscheidungen beitragen können.
Die Bereitstellung von Analysen nach Satz 2 stellt auch dann keine Zuwendung dar, wenn die Voraussetzungen gemäß des Absatzes 6a Satz 1 Nummer 1 bis 3 erfüllt sind. Hat ein Wertpapierdienstleistungsunternehmen ein Analysekonto eingerichtet, muss es den jeweiligen Kunden vor der Erbringung einer Wertpapierdienstleistung Informationen über die für Analysen veranschlagten Mittel und die Höhe der geschätzten Gebühren sowie jährlich Informationen über die Gesamtkosten, die auf jeden Kunden für die Analysen Dritter entfallen, übermitteln. Für die Bewertung nach Satz 2 Nummer 2 Buchstabe d müssen Wertpapierdienstleistungsunternehmen über alle erforderlichen Bestandteile schriftliche Grundsätze aufstellen und diese ihren Kunden übermitteln.

(3) Führt ein Wertpapierdienstleistungsunternehmen ein Analysekonto, ist es verpflichtet, auf Verlangen des Kunden oder der Bundesanstalt eine Zusammenstellung vorzulegen, die Folgendes beinhaltet:

1.
die von einem Analysekonto im Sinne des Absatzes 2 Satz 2 Nummer 2 vergüteten Anbieter,
2.
den an die Anbieter von Analysen in einem bestimmten Zeitraum gezahlten Gesamtbetrag,
3.
die von dem Wertpapierdienstleistungsunternehmen erhaltenen Vorteile und Dienstleistungen und
4.
eine Gegenüberstellung des von dem Analysekonto gezahlten Gesamtbetrages mit dem von dem Unternehmen für diesen Zeitraum veranschlagten Analysebudget,
wobei jede Rückerstattung oder jeder Übertrag, falls Mittel auf dem Konto verbleiben, auszuweisen ist.

(4) Die Offenlegung nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 und Satz 4 kann im Falle geringfügiger nichtmonetärer Vorteile in Form einer generischen Beschreibung erfolgen. Andere nichtmonetäre Vorteile, die das Wertpapierdienstleistungsunternehmen im Zusammenhang mit der für einen Kunden erbrachten Wertpapierdienstleistung oder Wertpapiernebendienstleistung annimmt oder gewährt, sind der Höhe nach anzugeben und separat offenzulegen. Nähere Einzelheiten zu den Anforderungen nach diesem Absatz sowie nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 und Satz 3 und 4 ergeben sich aus Artikel 50 der Delegierten Verordnung (EU) 2017/565; darüber hinaus haben Wertpapierdienstleistungsunternehmen den Vorgaben des § 63 Absatz 7 Satz 3 Nummer 2 Rechnung zu tragen.

(5) Ist ein Wertpapierdienstleistungsunternehmen dazu verpflichtet, Zuwendungen, die es im Zusammenhang mit der Erbringung von Wertpapierdienstleistungen oder Wertpapiernebendienstleistungen erhält, an den Kunden auszukehren, muss es ihn über die diesbezüglichen Verfahren informieren.

(6) Ein Wertpapierdienstleistungsunternehmen muss für jede Wertpapierdienstleistung, durch die Aufträge von Kunden ausgeführt werden, separate Gebühren ausweisen, die nur den Kosten für die Ausführung des Geschäfts entsprechen. Die Gewährung jedes anderen Vorteils oder die Erbringung jeder anderen Dienstleistung durch dasselbe Wertpapierdienstleistungsunternehmen für ein anderes Wertpapierdienstleistungsunternehmen, das seinen Sitz in der Europäischen Union hat, wird mit einer separat erkennbaren Gebühr ausgewiesen. Die Gewährung eines anderen Vorteils oder die Erbringung einer anderen Dienstleistung nach Satz 2 und die dafür verlangten Gebühren dürfen nicht beeinflusst sein oder abhängig gemacht werden von der Höhe der Zahlungen für Wertpapierdienstleistungen, durch die Aufträge von Kunden ausgeführt werden.

(6a) Abweichend von Absatz 6 Satz 1 und 2 ist eine Bereitstellung von Analysen durch Dritte an Wertpapierdienstleistungsunternehmen auch ohne Ausweis einer separaten Gebühr für Analysen und jede Wertpapierdienstleistung, durch die Aufträge von Kunden ausgeführt werden, zulässig, wenn

1.
vor der Erbringung der Ausführungs- oder Analysedienstleistungen eine Vereinbarung zwischen dem Wertpapierdienstleistungsunternehmen und dem Analyseanbieter getroffen wurde, in der festgelegt ist, welcher Teil der kombinierten Gebühren oder gemeinsamen Zahlungen für Ausführungs- und Analysedienstleistungen auf Analysedienstleistungen entfallen,
2.
die Analysen annehmende Wertpapierdienstleistungsunternehmen seine Kunden über die gemeinsamen Zahlungen für Ausführungs- und Analysedienstleistungen informiert, die an die Drittanbieter von Analysen geleistet werden, und
3.
die Analysen, für welche die kombinierten Gebühren geleistet werden oder die gemeinsame Zahlung erfolgt, Emittenten betreffen, die in den 36 Monaten vor der Bereitstellung der Analysen eine Marktkapitalisierung von 1 Milliarde Euro nicht überschritten haben, ausgedrückt durch die Notierungen am Ende der Jahre, in denen sie an einem Handelsplatz notiert sind oder waren, oder durch das Eigenkapital für die Geschäftsjahre, in denen sie nicht an einem Handelsplatz notiert waren.
Analysen im Sinne dieses Absatzes sind Analysematerial und Analysedienstleistungen in Bezug auf ein oder mehrere Finanzinstrumente oder sonstige Vermögenswerte oder in Bezug auf die Emittenten oder potenziellen Emittenten von Finanzinstrumenten oder Analysematerial oder -dienstleistungen, die in engem Zusammenhang mit einem bestimmten Wirtschaftszweig oder Markt stehen, sodass die Analysen die Grundlage für die Einschätzung von Finanzinstrumenten, Vermögenswerten oder Emittenten des Wirtschaftszweigs oder des Marktes liefern. Zu Analysen gehören auch Material oder Dienstleistungen, mit denen eine Anlagestrategie empfohlen oder nahegelegt und eine fundierte Stellungnahme zum aktuellen oder künftigen Wert oder Preis solcher Instrumente oder Vermögenswerte abgegeben oder anderweitig eine Analyse und neuartige Erkenntnisse vermittelt werden und auf der Grundlage neuer oder bereits vorhandener Informationen Schlussfolgerungen gezogen werden, die genutzt werden könnten, um eine Anlagestrategie zu begründen, und die für die Entscheidungen, die das Wertpapierinstitut für die die Analysegebühr entrichtenden Kunden trifft, relevant und von Nutzen sein könnten.

(7) Gebühren und Entgelte, die die Erbringung von Wertpapierdienstleistungen erst ermöglichen oder dafür notwendig sind, und die ihrer Art nach nicht geeignet sind, die Erfüllung der Pflicht nach § 63 Absatz 1 zu gefährden, sind von dem Verbot nach Absatz 1 ausgenommen.

(8) Nähere Bestimmungen betreffend die Annahme von Zuwendungen nach Absatz 1 ergeben sich aus Artikel 40 der Delegierten Verordnung (EU) 2017/565.

(9) Das Bundesministerium der Finanzen kann durch Rechtsverordnung, die nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf, nähere Bestimmungen erlassen zu

1.
Kriterien für die Art und Bestimmung einer Verbesserung der Qualität im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1,
2.
Art und Inhalt des Nachweises nach Absatz 1 Satz 2,
3.
Art, Inhalt und Verfahren zur Erhebung einer Analysegebühr sowie der Festlegung, Verwaltung und Verwendung des Analysebudgets nach Absatz 2 Satz 2 Nummer 2 Buchstabe a und b,
4.
Art, Inhalt und Verfahren betreffend die Verwaltung und Verwendung des von Wertpapierdienstleistungsunternehmen geführten Analysekontos nach Absatz 2 Nummer 2,
5.
Art und Inhalt der schriftlichen Grundsätze nach Absatz 2 Satz 4.
Das Bundesministerium der Finanzen kann die Ermächtigung durch Rechtsverordnung auf die Bundesanstalt übertragen.

Jedes von der Staatsanwaltschaft eingelegte Rechtsmittel hat die Wirkung, daß die angefochtene Entscheidung auch zugunsten des Beschuldigten abgeändert oder aufgehoben werden kann.

18
Verurteilung im Fall II.B.2 der Urteilsgründe (dazu unter III.2). Darauf, dass das Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft in den Fällen II.A.2 und II.A.3 der Urteilsgründe auch zu Gunsten des Angeklagten wirkt (§ 301 StPO), kommt es nach dem diesbezüglichen Erfolg der Revision des Angeklagten nicht mehr an(vgl. BGH, Urteile vom 23. Januar 2003 – 4 StR 412/02, NJW 2003, 2036, 2037; vom 11. März 2003 – 1 StR 507/02, NStZ-RR 2003, 186, 189; vom 15. Juli 2008 – 1 StR 144/08; vom 28. September 2011 – 2 StR 93/11; vom 20. Dezember 2012 – 4 StR 55/12, BGHSt 58, 102, 110, und vom 14. August 2014 – 4 StR 163/14, NJW 2014, 3382, 3384 mwN). Im Übrigen ist das Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft unbegründet, soweit sie sich zu Ungunsten des Angeklagten gegen die Schuldsprüche in den Fällen II.A.2 und II.A.3 wendet (dazu nachfolgend unter III.1).

(1) Wer in der Absicht, sich oder einem Dritten einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen, das Vermögen eines anderen dadurch beschädigt, daß er durch Vorspiegelung falscher oder durch Entstellung oder Unterdrückung wahrer Tatsachen einen Irrtum erregt oder unterhält, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung von Urkundenfälschung oder Betrug verbunden hat,
2.
einen Vermögensverlust großen Ausmaßes herbeiführt oder in der Absicht handelt, durch die fortgesetzte Begehung von Betrug eine große Zahl von Menschen in die Gefahr des Verlustes von Vermögenswerten zu bringen,
3.
eine andere Person in wirtschaftliche Not bringt,
4.
seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger oder Europäischer Amtsträger mißbraucht oder
5.
einen Versicherungsfall vortäuscht, nachdem er oder ein anderer zu diesem Zweck eine Sache von bedeutendem Wert in Brand gesetzt oder durch eine Brandlegung ganz oder teilweise zerstört oder ein Schiff zum Sinken oder Stranden gebracht hat.

(4) § 243 Abs. 2 sowie die §§ 247 und 248a gelten entsprechend.

(5) Mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren wird bestraft, wer den Betrug als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Straftaten nach den §§ 263 bis 264 oder 267 bis 269 verbunden hat, gewerbsmäßig begeht.

(6) Das Gericht kann Führungsaufsicht anordnen (§ 68 Abs. 1).

(7) (weggefallen)

5 StR 543/07

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
vom 19. Dezember 2007
in der Strafsache
gegen
wegen Betrugs
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 19. Dezember 2007

beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Chemnitz vom 11. Mai 2007 nach § 349 Abs. 4 StPO im gesamten Strafausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.
2. Die weitergehende Revision wird nach § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.
3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
G r ü n d e
1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Betrugs in 18 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und vier Monaten verurteilt. Die Revision des Angeklagten hat mit der Sachrüge den aus dem Tenor ersichtlichen Teilerfolg. Im Übrigen ist sie aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
2
1. Der Senat bemerkt ergänzend zum Schuldspruch:
3
Der Angeklagte hat sich dadurch am fremdnützigen Betrug zugunsten der Firma T. GmbH beteiligt, dass er als Vorstand der T. AG in 18 Einzelfällen den betroffenen Arbeitnehmern dieser Gesellschaft die Aufhebung des bisherigen Arbeitsvertrages nahelegte und zugleich mit der T. GmbH einen Subunternehmervertrag abschloss, mit dem sich die T. GmbH zur Fortführung der Leitschienendemontage verpflichtete und zu dessen Erfüllung dieses Unternehmen das von der T. AG übernommene Personal einsetzte. Dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe ist der mit dem gesondert verfolgten A. , dem faktischen Geschäftsführer der T. GmbH, verabredete Tatplan zu entnehmen, wonach es von vornherein feststand, dass die T. AG nach Verrechnung mit vorgeschobenen Gegenansprüchen die Werklohnforderungen der Subunternehmerin T. GmbH nicht würde bezahlen können und folglich die T. GmbH, die, wie beabsichtigt, im Dezember 2004 insolvent wurde, die Arbeitslöhne nicht würde bezahlen können. Angesichts des nicht unerheblichen Tatbeitrags des Angeklagten und seines Interesses am Taterfolg, das darin bestand, die Arbeitsverhältnisse mit den Angestellten der T. AG ohne Rechtsstreitigkeiten bei gleichzeitiger Fortführung des Werkvertrags mit der Hauptauftraggeberin zu beenden, ist der Schluss des Landgerichts auf mittäterschaftliches Handeln des Angeklagten und nicht lediglich auf Beihilfe revisionsgerichtlich nicht zu beanstanden.
4
2. Indes wird die Annahme von Gewerbsmäßigkeit durch die Feststellungen nicht belegt. Es ist daher rechtsfehlerhaft, dass das Landgericht die Einzelstrafen nach dem für besonders schwere Fälle des Betrugs vorgesehenen Strafrahmen (§ 263 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 StGB) bestimmt hat.
5
a) Gewerbsmäßig handelt, wer sich durch wiederholte Tatbegehung eine nicht nur vorübergehende Einnahmequelle von einigem Umfang und einiger Dauer verschaffen will (st. Rspr.; BGHR StGB § 263 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 Gewerbsmäßig 1 m.w.N.). Gewerbsmäßigkeit setzt daher stets – im Unterschied zu den Voraussetzungen des Betrugstatbestandes – eigennütziges Handeln und damit tätereigene Einnahmen voraus. Betrügerisch erlangte Betriebseinnahmen für den Arbeitgeber reichen daher nur dann aus, wenn diese dem Täter mittelbar – etwa über das Gehalt oder Beteiligung an Betriebsgewinnen – zufließen sollen (BGH NStZ 1998, 622, 623; Stree/Stern- berg-Lieben in Schönke/Schröder, StGB 27. Aufl. 2006 Vorbem. §§ 52 ff. Rdn. 95). Liegt die Eigennützigkeitsabsicht vor, ist bereits die erste Tat als gewerbsmäßig begangen einzustufen, auch wenn es entgegen den ursprünglichen Intentionen des Täters zu weiteren Taten nicht kommt (BGHR aaO). Wenn der Täter nur ein einziges, wenngleich für ihn auskömmliches Betrugsgeschäft plant, fehlt es an der Absicht wiederholter Tatbegehung. Das Merkmal der Gewerbsmäßigkeit wird daher nicht schon dann verwirklicht , wenn die vereinbarte Vergütung für ein einziges Geschäft in Teilbeträgen gezahlt werden soll (BGH, Urteil vom 4. April 1989 – 1 StR 87/89).
6
b) Die vom Landgericht zugrunde gelegten Vorteile entsprechen den genannten Voraussetzungen nicht. Das Landgericht hat bereits dazu keine Feststellungen getroffen, ob der Angeklagte aus den Betrugstaten Einnahmen oder vergleichbare geldwerte Vorteile für sich erzielen wollte:
7
Soweit das Landgericht den wirtschaftlichen Nutzen für den Mittäter A. darin gesehen hat, dass dieser von den Auftraggeberfirmen 8 Euro pro Arbeitnehmerstunde „schwarz“ erhalten sollte, hat es sich nicht von der Beteiligung des Angeklagten an diesen Taterlösen überzeugt (vgl. insbesondere UA S. 23).
8
Sofern das Landgericht einen wirtschaftlichen Vorteil für den Angeklagten deswegen angenommen hat, weil die T. AG den Auftrag von der W. H. V. GmbH über die Subunternehmerfirma weiterführen konnte, ohne als Arbeitgeberin Arbeitslohn zu schulden, sich ohne arbeitsgerichtliche Streitigkeiten von den betroffenen Arbeitnehmern lösen konnte und damit – unter Berücksichtigung der geplanten Verrechnung mit erfundenen Gegenforderungen – die Aussicht auf eine erhebliche Gewinnspanne aus dem Werkvertrag mit der Auftraggeberfirma hatte, genügt dies nicht zur Annahme von Gewerbsmäßigkeit. Denn dies sind Vorteile für die T. AG. Feststellungen dazu, ob die beabsichtigten Gewinne mittelbar dem Angeklagten zugute kommen sollten, insbesondere ob dieser neben einem Festgehalt als Vorstand an den Betriebsgewinnen der AG beteiligt werden sollte, enthält das Urteil nicht. Den Feststellungen ist auch in ihrer Gesamtheit nicht zu entnehmen, dass die T. GmbH überhaupt keine legale Tätigkeit entfaltete und ihre Einnahmen nur aus der rechtswidrigen Vergabe von Subunternehmeraufträgen auf Kosten von deren Arbeitnehmern erzielen sollte.
9
Darüber hinaus ist mangels Feststellungen zu dem Abrechnungsverhältnis zwischen der Auftraggeberin und der T. AG nicht auszuschließen , dass es dem Angeklagten im Tatzeitraum September 2004 bis Dezember 2004 nur um die Abwicklung eines zuvor bereits begonnenen Geschäfts ging. Dann würde es auch an der erforderlichen Wiederholungsabsicht fehlen, zumal das Landgericht in der Beweiswürdigung ausführt, dass es sich bei der Übertragung der Arbeitsverträge auf die Subunternehmerin nur um die Ausnutzung einer sich „kurzfristig bietende[n] Möglichkeit“ (UA S. 28) handelte.
10
c) Der Senat vermag nicht auszuschließen, dass in der neuen Hauptverhandlung Feststellungen dazu, ob an den Angeklagten Gelder geflossen sind, möglich sind. Er hebt daher die Feststellungen, die den Strafausspruch betreffen, insgesamt auf, um umfassende neue Feststellungen zu § 263 Abs. 3 StGB zu ermöglichen.
Gerhardt Raum Brause Schaal Jäger

(1) Wer in der Absicht, sich oder einem Dritten einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen, das Vermögen eines anderen dadurch beschädigt, daß er durch Vorspiegelung falscher oder durch Entstellung oder Unterdrückung wahrer Tatsachen einen Irrtum erregt oder unterhält, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung von Urkundenfälschung oder Betrug verbunden hat,
2.
einen Vermögensverlust großen Ausmaßes herbeiführt oder in der Absicht handelt, durch die fortgesetzte Begehung von Betrug eine große Zahl von Menschen in die Gefahr des Verlustes von Vermögenswerten zu bringen,
3.
eine andere Person in wirtschaftliche Not bringt,
4.
seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger oder Europäischer Amtsträger mißbraucht oder
5.
einen Versicherungsfall vortäuscht, nachdem er oder ein anderer zu diesem Zweck eine Sache von bedeutendem Wert in Brand gesetzt oder durch eine Brandlegung ganz oder teilweise zerstört oder ein Schiff zum Sinken oder Stranden gebracht hat.

(4) § 243 Abs. 2 sowie die §§ 247 und 248a gelten entsprechend.

(5) Mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren wird bestraft, wer den Betrug als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Straftaten nach den §§ 263 bis 264 oder 267 bis 269 verbunden hat, gewerbsmäßig begeht.

(6) Das Gericht kann Führungsaufsicht anordnen (§ 68 Abs. 1).

(7) (weggefallen)

(1) Verletzt dieselbe Handlung mehrere Strafgesetze oder dasselbe Strafgesetz mehrmals, so wird nur auf eine Strafe erkannt.

(2) Sind mehrere Strafgesetze verletzt, so wird die Strafe nach dem Gesetz bestimmt, das die schwerste Strafe androht. Sie darf nicht milder sein, als die anderen anwendbaren Gesetze es zulassen.

(3) Geldstrafe kann das Gericht unter den Voraussetzungen des § 41 neben Freiheitsstrafe gesondert verhängen.

(4) Auf Nebenstrafen, Nebenfolgen und Maßnahmen (§ 11 Absatz 1 Nummer 8) muss oder kann erkannt werden, wenn eines der anwendbaren Gesetze dies vorschreibt oder zulässt.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 S t R 3 6 5 / 1 4
vom
14. Oktober 2014
in der Strafsache
gegen
wegen Betruges
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers
und des Generalbundesanwalts - zu 2. auf dessen Antrag - am
14. Oktober 2014 gemäß § 349 Abs. 2 und 4, § 354 Abs. 1 analog StPO einstimmig

beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Kleve vom 14. März 2014, soweit es ihn betrifft, im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte des Betruges in acht Fällen schuldig ist. 2. Die weitergehende Revision wird verworfen. 3. Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Betruges in 20 Fällen zur Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und neun Monaten verurteilt. Hiergegen wendet sich der Angeklagte mit seiner auf die Rügen der Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützten Revision. Die Verfahrensrüge ist nicht ausgeführt und daher unzulässig (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO). Die allgemein erhobene Sachbeschwerde hat zum Schuldspruch teilweise Erfolg; im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.
2
1. Nach den Feststellungen des Landgerichts war der Angeklagte - zusammen mit den Mitangeklagten - an dem Vertrieb eines "Finanzierungsmodells" beteiligt, bei dem Kunden gegen Vorleistung von "Zinsvorauszahlungen" und "Aufwandsentschädigungen" versprochen wurde, nach einigen Monaten hohe zins- und tilgungsfreie Darlehen zu erhalten. Tatsächlich kam es den Angeklagten allein darauf an, die Vorabzahlungen der Kunden zu vereinnahmen und für sich zu verbrauchen; das "Finanzierungsmodell" diente nach der Vorstellung der Angeklagten der Täuschung der Geschädigten und war - was allen Angeklagten klar war - von vornherein nicht zu realisieren. Der Angeklagte war vor allem für die Kundengewinnung zuständig und setzte hierfür auch die für ihn bereits zuvor tätigen Vermittler - unter anderem die nicht revidierenden Mitangeklagten M. und Me. - ein, die anfangs von dem Mitangeklagten H. in das "Finanzierungmodell" eingewiesen worden waren. Zur Täuschung der Kunden entwarf der Angeklagte eine Excel-Tabelle, die nach seiner Anweisung von den Vermittlern zur Erläuterung des "Finanzierungsmodells" verwendet wurde, um bei den Kunden mittels eines Zahlenwerkes den Eindruck zu erwecken, mit einer relativ geringen Vorauszahlung sei eine sehr hohe Auszahlungssumme zu erreichen.
3
2. Soweit das Landgericht (auch) in den Einzelfällen einen jeweils rechtlich selbständigen Betrug des Angeklagten gemäß § 53 Abs. 1 StGB angenommen hat, in denen er nicht selbst, sondern (allein) seine Vermittler gehandelt hatten (II. 3., Fälle 7, 9 bis 11, 13, 14, 16, 17, 19 bis 21, 24 und 25 der Urteilsgründe ), kann der Schuldspruch nicht bestehen bleiben.
4
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bestimmt sich bei Zusammenarbeit mehrerer Beteiligter im Rahmen einer Tatserie die Zahl der rechtlich selbständigen Handlungen im Sinne von § 53 Abs. 1 StGB für jeden Täter grundsätzlich nach der Anzahl seiner eigenen Handlungen zur Verwirklichung der Einzeldelikte. Wirkt ein Täter an einzelnen Taten anderer Beteiligter selbst nicht unmittelbar mit, sondern erschöpfen sich seine Tatbeiträge hierzu im Aufbau und in der Aufrechterhaltung des auf die Straftaten ausgerichteten "Geschäftsbetriebes", sind diese Tathandlungen als - uneigentliches - Organisationsdelikt zu einer einheitlichen Tat im Sinne des § 52 Abs. 1 StGB zusammenzufassen (st. Rspr.; vgl. BGH, Beschlüsse vom 29. Juli 2009 - 2 StR 160/09, StV 2010, 363, vom 14. November 2012 - 3 StR 403/12, StV 2013, 386 und vom 23. Mai 2013 - 2 StR 555/12, wistra 2013, 389). Von dieser Handlungseinheit sind nur die Fälle ausgenommen, in denen der Täter selbst einen individuellen Tatbeitrag erbringt. Danach sind hier für den Angeklagten alle festgestellten Einzelfälle des Betruges, in denen allein seine Vermittler tätig waren - abweichend von der konkurrenzrechtlichen Würdigung durch das Landgericht und entgegen der Auffassung des Generalbundesanwalts - rechtlich als unselbständige Teile eines derartigen Organisationsdelikts zu bewerten. Daraus folgt, dass sich der Angeklagte lediglich in insgesamt acht rechtlich selbständigen Fällen (zusätzlich zum Organisationsdelikt in den Fällen 2 bis 6, 22 und 23 der Urteilsgründe) des Betruges schuldig gemacht hat.
5
Der Senat ändert den Schuldspruch entsprechend ab (§ 354 Abs. 1 StPO analog). § 265 Abs. 1 StPO steht dem nicht entgegen, weil der Angeklagte sich nicht anders als geschehen hätte verteidigen können.
6
3. Die Änderung des Schuldspruchs führt zum Wegfall der Einzelstrafen in den Fällen 7, 9 bis 11, 13, 14, 16, 17, 19 bis 21, 24 und 25 der Urteilsgründe. Für das einheitliche Organisationsdelikt setzt der Senat die höchste der in den vorgenannten Fällen durch das Landgericht verhängten Einzelstrafen (Fall 25 der Urteilsgründe), mithin eine Freiheitsstrafe von zwei Jahren neu fest (§ 354 Abs. 1 StPO analog; vgl. Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 57. Aufl., § 354 Rn. 27 mwN). Der Ausspruch über die Gesamtfreiheitsstrafe hat gleichwohl Bestand. Angesichts der weiteren - rechtsfehlerfrei zugemessenen und daher verblei- benden - Einzelfreiheitsstrafen von zwei Jahren (Fall 23), einem Jahr und neun Monaten (Fall 22), einem Jahr und sechs Monaten (Fall 3), einem Jahr und drei Monaten (Fall 2), zweimal einem Jahr (Fälle 5 und 6) sowie von neun Monaten (Fall 4) kann der Senat ausschließen, dass das Landgericht bei zutreffender rechtlicher Würdigung eine mildere Gesamtfreiheitsstrafe als die verhängte von zwei Jahren und neun Monaten zugemessen hätte.
Becker Hubert Schäfer
Gericke Spaniol

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 S t R 5 1 8 / 1 4
vom
23. Juli 2015
in der Strafsache
gegen
1.
2.
3.
wegen zu 1.: Bankrottes u.a.
zu 2.: Betruges u.a.
zu 3.: Betruges u.a.
hier: Revisionen der Angeklagten Am. und M.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung der Beschwerdeführer
und des Generalbundesanwalts - zu 2. auf dessen Antrag - am 23. Juli
2015 gemäß § 349 Abs. 2 und 4, § 354 Abs. 1 analog, § 357 StPO einstimmig

beschlossen:
1. Auf die Revisionen der Angeklagten M. und Am. wird das Urteil des Landgerichts Hildesheim vom 16. Juni 2014,
a) soweit es den Angeklagten M. betrifft, aa) im Schuldspruch dahin geändert und neu gefasst, dass der Angeklagte schuldig ist des Betruges in drei Fällen, der Insolvenzverschleppung, des Bankrotts in Tateinheit mit Untreue in vier Fällen sowie des Bankrotts, bb) mit den jeweils zugehörigen Feststellungen aufgehoben in den Aussprüchen über die Einzelstrafen in den Fällen III. 2. b) cc) (1)-(2), III. 2. b) dd) (1)-(2), III. 3. b)-c) und III. 4. a)-b) der Urteilsgründe sowie über die Gesamtstrafe;
b) soweit es die Angeklagte Am. betrifft, aa) im Schuldspruch dahin geändert und neu gefasst, dass die Angeklagte schuldig ist der Beihilfe zum Betrug, der Insolvenzverschleppung, des Bankrotts in Tateinheit mit Untreue in drei Fällen sowie des Bankrotts, bb) mit den jeweils zugehörigen Feststellungen aufgehoben in den Aussprüchen über die Einzelstrafen in den Fällen III. 3. a)-c) und III. 4. a)-b) der Urteilsgründe, über die Gesamtstrafe sowie über die Kompensation wegen Verfahrensverzögerung ;
c) soweit es den Mitangeklagten G. betrifft, aa) im Schuldspruch dahin geändert und neu gefasst, dass der Mitangeklagte schuldig ist des Betruges, der Beihilfe zum Betrug, der Insolvenzverschleppung, des Bankrotts in Tateinheit mit Untreue in drei Fällen sowie des Bankrotts , bb) mit den jeweils zugehörigen Feststellungen aufgehoben in den Aussprüchen über die Einzelstrafen in den Fällen III. 3. a)-c) der Urteilsgründe sowie über die Gesamtstrafe.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die weitergehenden Revisionen werden verworfen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten M. unter Freispruch im Übrigen wegen Betruges in fünf Fällen, vorsätzlicher Insolvenzverschleppung sowie vorsätzlichen Bankrotts in sechs Fällen, davon in fünf Fällen in Tateinheit mit Untreue , zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt und bestimmt, dass drei Monate der Strafe als bereits vollstreckt gelten. Die Angeklagte Am. hat es der Beihilfe zum Betrug, der vorsätzlichen Insolvenzverschleppung sowie des vorsätzlichen Bankrotts in sechs Fällen, davon in fünf Fällen in Tateinheit mit Untreue schuldig gesprochen und gegen sie eine Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und acht Monaten verhängt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt und dahin erkannt, dass zwei Monate als bereits vollstreckt gelten. Den nicht revidierenden Mitangeklagten G. hat die Strafkammer wegen Betruges, Beihilfe zum Betrug, Insolvenzverschleppung sowie vorsätzlichen Bankrotts in sechs Fällen, davon in fünf Fällen in Tateinheit mit Untreue, zu einer Bewährungsstrafe von zwei Jahren verurteilt und ebenfalls eine Kompensationsentscheidung getroffen. Die Revisionsführer wenden sich gegen ihre Verurteilungen mit der Rüge der Verletzung sachlichen Rechts. Die Rechtsmittel haben in dem aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Umfang Erfolg; im Übrigen sind sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
2
I. Revision des Angeklagten M.
3
1. Der Schuldspruch weist mit Blick auf die konkurrenzrechtliche Bewertung einen durchgreifenden Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten M. auf, soweit dieser wegen Betruges in fünf Fällen sowie wegen Bankrotts in Tateinheit mit Untreue in fünf Fällen verurteilt worden ist. Im Einzelnen:
4
a) In den Fällen III. 2. b) cc) [S. GmbH] und dd) [h. GmbH & Co. KG] der Urteilsgründe täuschte der Angeklagte zu verschiedenen Zeitpunkten die jeweiligen Vertreter der geschädigten Gesellschaften vorsätzlich und mit Bereicherungsabsicht handelnd über die Leistungsfähigkeit der A. GmbH (im Folgenden: A. ) als Verkäuferin von Solarmodulen und erwirkte hierdurch jeweils den Abschluss eines entsprechenden Kaufvertrages. Die S. GmbH zahlte als Käuferin auf eine erstellte Ab- schlagsrechnung zunächst 26.850,51 € und - nach weiteren bewussten Falsch- angaben des Angeklagten - auf eine zweite Abschlagsrechnung weitere 61.830,08 €. Im Fall h. GmbH& Co. KG leistete die getäuschte Käuferin auf eine erstellte Abschlagsrechnung zunächst eine Anzahlung in Höhe von 58.152,91 € und- ebenfalls nach einer weiteren Täuschung durch den Angeklagten - später auch den Restkaufpreis in Höhe von 135.690,12 €. Beide Verträge erfüllte die A. in der Folgezeit nicht.
5
Hiernach hat sich der Angeklagte nicht wegen vier, sondern nur wegen zwei tatmehrheitlich zueinander stehender Taten des Betruges (§ 263 Abs. 1 StGB) strafbar gemacht. Mehrere Handlungen während eines Gesamtablaufs, die ebenso wie die erste Täuschung nur auf die Herbeiführung des vom Täter von vornherein ins Auge gefassten endgültigen Erfüllungsschadens gerichtet sind, haben rechtlich keine selbständige Bedeutung, mag sich der Erfüllungsschaden auch nur in Etappen realisieren (vgl. BGH, Beschlüsse vom 21. Juli 1998 - 4 StR 274/98, NStZ-RR 1999, 110; vom 21. November 2001 - 2 StR 260/01, BGHSt 47, 160, 168). So liegt der Fall hier. Das Vermögen der Geschädigten war bereits durch den jeweiligen Vertragsabschluss geschädigt worden. Mit der Erbringung der versprochenen Leistung in jeweils zwei Raten (Erfüllungsschaden) materialisierte sich der zunächst durch die rein rechnerische Gegenüberstellung der wirtschaftlichen Werte der gegenseitigen vertragli- chen Ansprüche zu bestimmende Schaden und bemaß sich - wie vom Landgericht zutreffend angenommen - nach deren vollen wirtschaftlichen Wert, da die Gegenleistung völlig ausblieb (vgl. BGH, Beschlüsse vom 7. Dezember 2010 - 3 StR 434/10, StraFo 2011, 238, 239; vom 14. April 2011 - 2 StR 616/10, NStZ 2011, 638, 639; Urteil vom 8. Oktober 2014 - 1 StR 359/13, NStZ 2015, 89, 91).
6
b) Auch in den Fällen III. 3. a)-c) der Urteilsgründe (Zahlungen zum Vorteil der P. GmbH) hält die konkurrenzrechtliche Beurteilung durch das Landgericht, das drei selbständige Taten des Bankrotts in Tateinheit mit Untreue angenommen hat, einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand. Bei einer Deliktsserie unter Beteiligung mehrerer Personen ist die Frage, ob die einzelnen Taten tateinheitlich oder tatmehrheitlich zusammentreffen, für jeden einzelnen Beteiligten gesondert zu prüfen und dabei auf seinen individuellen Tatbeitrag abzustellen. Wirkt ein Täter an einzelnen Taten anderer Beteiligter selbst nicht unmittelbar mit, sondern erschöpfen sich seine Tatbeiträge hierzu im Aufbau und in der Aufrechterhaltung des auf die Straftaten ausgerichteten "Geschäftsbetriebes", sind diese Tathandlungen als uneigentliches Organisationsdelikt zu einer einheitlichen Tat im Sinne des § 52 Abs. 1 StGB zusammenzufassen. Als rechtlich selbständige Taten können dem Mittäter - soweit keine natürliche Handlungseinheit vorliegt - nur solche Einzeltaten der Serie zugerechnet werden, für die er einen individuellen, nur je diese fördernden Tatbeitrag leistet (st. Rspr.; vgl. BGH, Beschlüsse vom 14. Oktober 2014 - 3 StR 365/14, NStZ 2015, 334; vom 17. September 2013 - 3 StR 259/13, juris Rn. 3).
7
Nach diesen Maßstäben liegen in den Fällen III. 3. a)-c) der Urteilsgründe nur zwei Taten des Angeklagten vor: Die Strafkammer hat lediglich mit der von dem Angeklagten M. durchgeführten Überweisung vom 19. Mai 2008 einen individualisierten, nur diese Einzeltat [Fall III. 3. a) der Urteilsgründe] för- dernden Tatbeitrag dieses Angeklagten festgestellt. Im Übrigen hat sie keine Feststellungen dahin getroffen, welcher der Angeklagten den gemeinsam gefassten Tatentschluss hinsichtlich der im Einzelnen dargestellten Zahlungen zum Vorteil der P. GmbH jeweils umsetzte. Der Beitrag desAngeklagten erschöpfte sich insoweit neben seiner Mitwirkung an der Tatabrede darin, dass er sich weiter um die Kundenakquise kümmerte und hierdurch half, den Geschäftsbetrieb der A. , aus dem heraus die Zahlungen zu Gunsten der P. GmbH getätigt wurden, aufrecht zu erhalten. Zu dem durch die Überweisung vom 19. Mai 2008 verwirklichten Delikt des Bankrotts in Tateinheit mit Untreue tritt somit lediglich eine weitere Tat des Bankrotts in Tateinheit mit Untreue als uneigentliches Organisationdelikt hinzu.
8
c) Der Senat ändert den Schuldspruch entsprechend § 354 Abs. 1 StPO (KK-Gericke, StPO, 7. Aufl., § 354 Rn. 15 mwN) ab. Es ist auszuschließen, dass in einer neuen Hauptverhandlung noch Feststellungen getroffen werden können, die eine andere konkurrenzrechtliche Beurteilung tragen. Zusammen mit Fall III. 2. b) "cc)" (richtig "ee"), Fall 17 der Anklage) der Urteilsgründe ergeben sich insgesamt drei selbständige Delikte des Betruges und mit den Fällen III. 4. a)-b) vier Fälle des Bankrotts in Tateinheit mit Untreue. § 265 Abs. 1 StPO steht der Änderung des Schuldspruchs nicht entgegen, weil sich der Angeklagte nicht anders als geschehen hätte verteidigen können. Bei der Neufassung des Schuldspruchs hatte die Bezeichnung des Bankrotts und der Insolvenzverschleppung als "vorsätzlich" zu entfallen (vgl. BGH, Beschluss vom 29. Juli 1992 - 3 StR 61/92, BGHR StPO § 260 Abs. 4 Satz 1 Tatbezeichnung

7).


9
2. Zum Strafausspruch gilt:
10
a) Die Änderung der Konkurrenzverhältnisse führt zum Wegfall der für die Fälle III. 2. b) cc) (1)-(2) und dd) (1)-(2) sowie für die Fälle III. 3. b) und c) der Urteilsgründe festgesetzten Einzelstrafen. Die im Fall II. 3. a) festgesetzte Einzelstrafe kann bestehen bleiben, weil sie angesichts des von der Kammer festgestellten individualisierten Tatbeitrages des Angeklagten von dem Rechtsfehler nicht betroffen ist.
11
b) Keinen Bestand haben auch die Einzelstrafen für die Fälle III. 4. a) und b) der Urteilsgründe (Darlehensgewährung an die AngeklagtenM. und G. ). Die Strafkammer hat insoweit das Vorliegen besonders schwerer Fälle gemäß § 266 Abs. 2, § 263 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 StGB mit der Erwägung bejaht, dass der Angeklagte bei beiden Taten gewerbsmäßig gehandelt habe. Diese Annahme tragen die Urteilsgründe nicht. Gewerbsmäßig handelt, wer sich durch wiederholte Tatbegehung eine nicht nur vorübergehende Einnahmequelle von einigem Umfang und einiger Dauer verschaffen will (BGH, Beschluss vom 19. Dezember 2007 - 5 StR 543/07, NStZ 2008, 282). Zu der hiernach erforderlichen Wiederholungsabsicht verhalten sich die Urteilsgründe - auch im Gesamtzusammenhang des Urteils - nicht.
12
c) Die Aufhebung der vorstehend genannten Einzelstrafen entzieht auch dem Ausspruch über die Gesamtstrafe die Grundlage.
13
3. Im Übrigen hat die auf die Sachbeschwerde gebotene umfassende materiellrechtliche Überprüfung des Urteils keinen durchgreifenden Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten M. ergeben. Der näheren Erörterung bedarf nur Folgendes:
14
a) Im Ergebnis zu Recht ist das Landgericht davon ausgegangen, dass sich der Angeklagte wegen Insolvenzverschleppung nach § 15a Abs. 4 InsO strafbar gemacht hat.
15
aa) Nach den diesbezüglichen Feststellungen waren die Angeklagten und der nicht revidierende Mitangeklagte G. Geschäftsführer und Gesellschafter der A. . Ab Dezember 2007 kam es mangels Deckung der auf Guthabenbasis geführten Geschäftskonten zu näher dargestellten Rückbuchungen in Höhe von insgesamt 12.716,77 €. Am 31. Dezember 2007 betrug "das Ver- mögen derA. … 177.753,42 €", während sich "die Schulden auf 275.279,57 €" beliefen, "so dass sich ein negatives Reinvermögen und damit eine rechnerische Überschuldung in Höhe von 97.526,15 € ergaben. Zu diesem Zeitpunkt wussten die Angeklagten zumindest, dass die A. ihre fälligen Zahlungsverpflichtungen nicht erfüllen konnte." In der Folgezeit besserte sich die Situation nicht. Mit Versäumnisurteil vom 2. Januar 2008 titulierte das Landgericht Traunstein gegen die A. einen Zahlungsanspruch in Höhe von 63.592,89 €, es folgten weitere - in den Urteilsgründen näher dargelegte - Rückbuchungen, eine Kontenpfändung seitens des Finanzamtes, die Anmahnung zur Abgabe der Umsatzsteuervoranmeldung für die Monate August bis Oktober 2007 sowie am 18. April 2008 eine erneute Pfändungsandrohung durch das Finanzamt. In der Gesellschafterversammlung vom 27. April 2008 beschlossen die Angeklagten mit dem Mitangeklagten G. , dass die vollen Geschäftsführer-Gehälter zunächst nur noch anteilsmäßig gezahlt würden, wenn Geld auf dem Firmenkonto vorhanden sei. Einen Insolvenzantrag stellten die Angeklagten nicht; erst am 13. Januar 2009 wurde das Insolvenzverfahren aufgrund des Insolvenzantrags einer Gläubigerin eingeleitet.
16
bb) Diese Feststellungen belegen entgegen der Auffassung des Landgerichts nicht, dass die A. bereits zum 31. Dezember 2007 zahlungsunfähig oder überschuldet im Sinne von § 15a Abs. 1 Satz 1 InsO war.
17
Zahlungsunfähigkeit liegt gemäß § 17 Abs. 2 Satz 1 InsO vor, wenn der Schuldner nicht in der Lage ist, die fälligen Zahlungsverpflichtungen zu erfüllen. Sie ist in der Regel durch eine stichtagsbezogene Gegenüberstellung der fälligen Verbindlichkeiten einerseits und der zu ihrer Tilgung vorhandenen oder kurzfristig herbeizuschaffenden Mittel andererseits festzustellen (BGH, Beschluss vom 30. Januar 2003 - 3 StR 437/02, NStZ 2003, 546, 547, sog. betriebswirtschaftliche Methode). Eine derartige Gegenüberstellung enthält das Urteil nicht. Soweit dort die am 31. Dezember 2007 bestehenden "Schulden" dem "Vermögen" der A. gegenübergestellt werden, lässt sich - auch im Gesamtzusammenhang des Urteils - nicht erkennen, dass hiermit ausschließlich fällige Verbindlichkeiten gemeint waren.
18
Die Zahlungsunfähigkeit kann zwar auch durch sogenannte wirtschaftskriminalistische Beweisanzeichen belegt werden (sog. wirtschaftskriminalistische Methode; vgl. BGH, Urteil vom 20. Juli 1999 - 1 StR 668/98, NJW 2000, 154, 156). Als solche kommen unter anderem in Betracht die ausdrückliche Erklärung, nicht zahlen zu können, das Ignorieren von Rechnungen und Mahnungen , gescheiterte Vollstreckungsversuche, Nichtzahlung von Löhnen und Gehältern, der Sozialversicherungsabgaben oder der sonstigen Betriebskosten, Scheck- und Wechselproteste oder Insolvenzanträge von Gläubigern (vgl. BGH, Beschluss vom 21. August 2013 - 1 StR 665/12, BGHR InsO § 15a Abs. 4 Zahlungsunfähigkeit 1; G/J/W/Otte, Wirtschafts- und Steuerstrafrecht, § 15a InsO Rn. 68 mwN). Auch aufgrund derartiger Indizien lässt sich anhand der Urteilsgründe aber nicht nachvollziehen, dass die A. zum 31. Dezember 2007 zahlungsunfähig war. Festgestellt sind bis zu diesem Tag nur Rückbu- chungen in Höhe von insgesamt 12.716,77 € und eine- durch ein zwei Tage später ergangenes Versäumnisurteil titulierte - Verbindlichkeit in Höhe von 63.592,84 €. Diesen Schulden stand jedoch ein Vermögen in Höhe von 177.753,42 € gegenüber. Angesichts dessen versteht es sich nicht von selbst, dass keine Finanzmittel zur Tilgung der fälligen Verbindlichkeiten bereitstanden , was daher der näheren Begründung bedurft hätte.
19
Auch eine Überschuldung der A. zum 31. Dezember 2007 lässt sich den Urteilsgründen nicht entnehmen. Diese liegt gemäß § 19 Abs. 2 Satz 1 InsO vor, wenn das Vermögen die Schulden nicht mehr deckt. Um sie zu ermitteln , bedarf es eines Überschuldungsstatus in Form einer Vermögensbilanz, die über die tatsächlichen Werte des Gesellschaftsvermögens Auskunft gibt (BGH, Beschluss vom 30. Januar 2003 - 3 StR 437/02, NStZ 2003, 546, 547). Eine solche bilanzielle Darstellung des Überschuldungsstatus enthalten die Urteilsgründe nicht. Darüber hinaus ist hinsichtlich der Tatbestandsalternative der Überschuldung auch ein vorsätzliches Handeln des Angeklagten nicht festgestellt.
20
cc) Die Urteilsgründe belegen aber eine Zahlungsunfähigkeit der A. jedenfalls zum 27. April 2008. Neben den bereits dargestellten Krisensignalen sind insoweit weitere Rückbuchungen in Höhe von mindestens 15.945,45 €, eine Kontenpfändung in Höhe von 7.695,58 € und eine weitere Pfändungsan- drohung seitens des Finanzamtes in die Bewertung einzustellen, die schließlich in dem Gesellschafterbeschluss vom 27. April 2008 mündeten, wonach die Gehälter für die Geschäftsführung nur noch dann anteilsmäßig ausgezahlt werden sollten, soweit die - auf Guthabenbasis geführten - Gesellschaftskonten entsprechende Guthaben auswiesen. In einer Gesamtschau belegen diese Beweisanzeichen sicher, dass die A. zu diesem Zeitpunkt nicht mehr in der Lage war, ihre fälligen Verbindlichkeiten kurzfristig zu erfüllen. Soweit die Urteilsgründe an anderer Stelle Zahlungseingänge vom 25. April 2008 (UA S. 19) und vom 30. April 2008 (UA S. 13) in fünf- und sechsstelliger Höhe ausweisen, sind diese nicht geeignet, die Indizwirkung der aufgeführten Beweisanzeichen zu entkräften. Da es sich hierbei um - rechtsfehlerfrei festgestellte - betrügerisch erwirkte Vorauszahlungen der Kunden der A. handelte, bestanden insoweit bereits mit der Zahlung fällige Rückzahlungsansprüche (§ 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 StGB, § 31 BGB) in entsprechender Höhe.
21
dd) Soweit entgegen der Auffassung des Landgerichts für den Eintritt der Zahlungsunfähigkeit nicht bereits auf den 31. Dezember 2007, sondern auf den 27. April 2008 abgestellt wird, steht § 265 StPO dem nicht entgegen. Der Angeklagte hätte sich gegen den so gefassten Tatvorwurf nicht wirksamer als geschehen verteidigen können; insbesondere hat die Strafkammer eine vom 31. Dezember 2007 an durchgängig bestehende Zahlungsunfähigkeit angenommen und sich insoweit auch mit Angaben des Angeklagten zu wirtschaftlichen Vorgängen auseinandergesetzt, die zeitlich nach dem 27. April 2008 lagen ("5-Megawatt-Deal").
22
ee) Auch der Strafausspruch bleibt unberührt. Soweit die Strafkammer im Rahmen der Strafzumessung strafschärfend berücksichtigt hat, dass der Insolvenzantrag "über einen langen Zeitraum" nicht gestellt worden ist, trägt diese Erwägung auch hinsichtlich des 27. Aprils 2008 als maßgeblichem Stichtag für die Zahlungsunfähigkeit.
23

b) Die Kompensationsentscheidung wird von der Teilaufhebung des Schuld- und Strafausspruches nicht erfasst (BGH, Urteil vom 27. August 2009 - 3 StR 250/09, NStZ 2010, 531, 532).
24
Sie ist auch nicht deshalb aufzuheben, weil sich das Landgericht bei der Bemessung der Kompensation rechtsfehlerhaft an der Höhe der verhängten Gesamtfreiheitsstrafe orientiert hat. Die im Wege des sog. Vollstreckungsmodells vorzunehmende Kompensation koppelt den Ausgleich für das erlittene Verfahrensunrecht von Fragen des Tatunrechts, der Schuld und der Strafhöhe ab. Der Ausgleich für eine rechtsstaatswidrige Verfahrensverzögerung stellt eine rein am Entschädigungsgedanken orientierte eigene Rechtsfolge neben der Strafzumessung dar. Sie richtet sich nicht nach der Höhe der Strafe. Auch das Gewicht der Tat und das Maß der Schuld spielen weder für die Frage, ob das Verfahren rechtsstaatswidrig verzögert worden ist, noch für Art und Umfang der zu gewährenden Kompensation eine Rolle (BGH, Beschlüsse vom 25. Oktober 2011 - 3 StR 206/11, NStZ 2012, 316, 317 mwN; vom 17. Januar 2008 - GSSt 1/07, BGHSt 52, 124, 138). Der Senat kann aber ausschließen, dass die Strafkammer bei Anwendung des richtigen Maßstabs auf eine noch höhere Kompensation als drei Monate entschieden hätte.
25
II. Revision der Angeklagten Am.
26
1. Die konkurrenzrechtliche Bewertung der Fälle III. 3. a)-c) der Urteilsgründe (Taten zum Vorteil der P. GmbH) durch das Landgericht als drei selbständige Delikte des Bankrotts in Tateinheit mit Untreue erweist sich auch hinsichtlich der Angeklagten Am. aus den zur Revision des Angeklagten M. dargestellten Gründen als rechtsfehlerhaft. Da die Strafkammer keine nur jeweils eine Einzeltat fördernden Tatbeiträge der Angeklagten Am. festge- stellt hat, ist die - im Übrigen rechtsfehlerfrei festgestellte - mittäterschaftliche Mitwirkung der Angeklagten Am. hinsichtlich der Zahlungen zu Gunsten der P. GmbH nach den im Rahmen der Revision des Angeklagten M. dargestellten Maßstäben zum uneigentlichen Organisationsdelikt als eine Tat zu werten.
27
Der Schuldspruch war entsprechend § 354 Abs. 1 StPO zu ändern. Der Senat kann ausschließen, dass in einer neuen Hauptverhandlung noch Feststellungen zu individualisierten Tatbeiträgen der Angeklagten Am. möglich wären. Zusammen mit den Fällen III. 4. a) und b) der Urteilsgründe ergeben sich insgesamt drei Fälle des Bankrotts in Tateinheit mit Untreue. § 265 StPO steht der Änderung des Schuldspruchs nicht entgegen, da sich die Angeklagte nicht anders als geschehen hätte verteidigen können.
28
2. Die Änderung des Konkurrenzverhältnisses führt zum Wegfall der in den Fällen III. 3. a) bis c) festgesetzten Einzelstrafen.
29
Aufzuheben sind darüber hinaus die in den Fällen III. 4. a) und b) der Urteilsgründe (Darlehensgewährung an die Angeklagten M. und G. ) verhängten Einzelstrafen. Die Strafkammer ist bei der Strafrahmenwahl vom Vorliegen besonders schwerer Fälle gemäß § 266 Abs. 2, § 263 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 StGB ausgegangen. Wie bereits dargelegt, handelt gewerbsmäßig, wer sich aus wiederholter Tatbegehung eine nicht nur vorübergehende, nicht ganz unerhebliche Einnahmequelle verschaffen will. Die Gewerbsmäßigkeit setzt dabei stets eigennütziges Handeln und damit einen vom Täter erstrebten Zufluss von Vermögensvorteilen an sich selbst voraus; es genügt daher nicht, wenn eine Einnahmequelle allein für Dritte geschaffen werden soll (BGH, Beschlüsse vom 26. Februar 2014 - 4 StR 584/13, StraFo 2014, 215; vom 19. De- zember 2007 - 5 StR 543/07, NStZ 2008, 282). Dass die AngeklagteAm. aus den Darlehensgewährungen der A. an den Angeklagten M. und den Mitangeklagten G. eigene finanzielle Vorteile gezogen hat oder ziehen wollte, ist nicht festgestellt. Daneben belegen die Urteilsgründe auch nicht, dass die Angeklagte Am. mit der erforderlichen Wiederholungsabsicht handelte.
30
Auch wenn das Landgericht im Rahmen der konkreten Strafzumessung mildernd zu Gunsten der Angeklagten Am. bedacht hat, dass diese von den Darlehen nicht selbst profitierte, kann der Senat nicht ausschließen, dass die Strafkammer bei Anwendung des Regelstrafrahmens auf eine mildere Rechtsfolge erkannt hätte.
31
Der Wegfall der genannten Einzelstrafen entzieht auch dem Ausspruch über die Gesamtstrafe die Grundlage.
32
Für die neue Hauptverhandlung weist der Senat darauf hin, dass die Gewerbsmäßigkeit ein besonderes persönliches Merkmal im Sinne des § 28 Abs. 2 StGB ist. Der Beteiligte, bei dem sie fehlt, kann daher nicht allein deshalb nach § 266 Abs. 2, § 263 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 StGB bestraft werden, weil andere Mittäter gewerbsmäßig gehandelt haben (vgl. BGH, Beschluss vom 26. Februar 2014 - 4 StR 584/13, StraFo 2014, 215).
33
3. Die Kompensationsentscheidung des Landgerichts kann keinen Bestand haben. Die Strafkammer hat den Ausgleich für die festgestellten Verfahrensverzögerungen auch bei der Angeklagten Am. unter Berücksichtigung der konkreten Höhe der verhängten Freiheitsstrafen bestimmt. Dies ist aus den zur Revision des Angeklagten M. dargelegten Gründen rechtsfehlerhaft. Es ist nicht auszuschließen, dass die Strafkammer bei Anwendung der zutreffenden Maßstäbe zu einer der Angeklagten Am. günstigeren Entscheidung gelangt wäre.
34
4. Im Übrigen hat die Revision keinen Erfolg. Insbesondere hält auch der Schuldspruch wegen Insolvenzverschleppung (§ 15a Abs. 4 InsO) der rechtlichen Nachprüfung stand. Der Senat nimmt insoweit auf die diesbezüglichen Ausführungen zur Revision des Angeklagten M. Bezug.
35
III. Nach § 357 StPO ist die Entscheidung im Hinblick auf die fehlerhafte konkurrenzrechtliche Beurteilung der Fälle III. 3. a)-c) der Urteilsgründe auf den Mitangeklagten G. zu erstrecken, da insoweit Schuld- und Strafausspruch auf demselben sachlich-rechlichen Mangel (vgl. BGH, Urteil vom 28. Oktober 2004 - 5 StR 276/04, NJW 2005, 374, 376) beruhen.
36
Im Übrigen scheidet eine Erstreckung aus: Hinsichtlich der rechtsfehlerhaften Annahme eines gewerbsmäßigen Handelns im Rahmen der Fälle III. 4. a)-b) der Urteilsgründe handelt es sich um einen Darstellungsmangel der Strafzumessung , der bei dem Mitangeklagten G. aufgrund derErleichterungen des § 267 Abs. 4 StPO (vgl. LR/Stuckenberg, StPO, 26. Aufl., § 267 Rn. 137) nicht gegeben ist. Bei der fehlerhaften Bestimmung der Kompensation kommt eine direkte oder analoge Anwendung von § 357 StPO schließlich ebenfalls nicht in Betracht (BGH, Beschluss vom 21. Oktober 2008 - 4 StR 364/08, NJW 2009, 307, 308 mwN). Becker Hubert Schäfer RiBGH Gericke befindet sich im Urlaub und ist daher gehindert zu unterschreiben. Mayer Becker

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 302/16
vom
20. September 2016
in der Strafsache
gegen
wegen Betruges
ECLI:DE:BGH:2016:200916B3STR302.16.0

Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers und des Generalbundesanwalts - zu 2. auf dessen Antrag - am 20. September 2016 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO einstimmig beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Lüneburg vom 1. März 2016 mit den Feststellungen aufgehoben ; jedoch bleiben die Feststellungen zu den einzelnen Bestellungen aufrechterhalten. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Betruges in 104 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und neun Monaten verurteilt. Seine auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision hat den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Erfolg; im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.

I.

2
Nach den Feststellungen des Landgerichts machte sich der Angeklagte "um das Jahr 2008" als Einzelkaufmann mit dem Onlinehandel von Badezimmermöbeln selbständig. Er richtete eine Verkaufsplattform unter der Internetadresse "www.s. .de" ein. Der Onlinehandel entwickelte sich defizitär. Spätestens im Verlauf des Jahres 2011 geriet der Angeklagte in derartige wirtschaftliche Schwierigkeiten, dass er vielen Kunden, die an ihn in der Annahme eines seriösen Geschäftskontakts den Kaufpreis vorab überwiesen, die vertragsgegenständliche Ware nicht zu liefern vermochte; zur Rückzahlung des Kaufpreises war er ebenso wenig in der Lage. Dies wusste er. Im Jahr 2012 richtete der Angeklagte daneben eine zweite Verkaufsplattform mit einem höherwertigen Möbelangebot unter der Internetadresse "www.m. .de" ein, insbesondere auch aufgrund negativer Bewertungen der ersten Plattform im Internet. Gegenüber den Kunden, die beim Angeklagten über die zweite Plattform bestellten, hatte er, wie ihm bewusst war, dieselben Schwierigkeiten, seine Verpflichtungen zu erfüllen, wie bereits zuvor. Die Büroarbeit in dem einzelkaufmännischen Unternehmen, insbesondere auch den Kontakt zu den Kunden, erledigten - neben dem Angeklagten selbst - seine Lebensgefährtin und verschiedene geringfügig beschäftigte Mitarbeiterinnen.
3
Zwischen dem 4. Januar 2012 und dem 3. März 2015 kam es zu 104 einzelnen Käufen mit Kaufpreisanzahlung, bei denen die Möbellieferung und die Kaufpreisrückzahlung ausblieben. 31 Bestellungen wurden über die Plattform "www.s. .de" aufgegeben (Einzelfälle Nr. 5, 6, 10, 11, 13, 14, 16 - 19, 23, 26, 28, 29, 31, 46, 47, 49, 52, 58, 59, 62, 65, 70, 74, 76, 82, 86, 89, 97, 104), 16 Bestellungen über die Plattform "www.m. .de" (Einzelfälle Nr. 22, 24, 32, 37, 39, 53, 60, 72, 73, 77, 85, 91, 94, 99 - 101) sowie 51 Bestellungen - ohne nähere Konkretisierung - im "Internethandel" bzw.
"Onlinehandel des Angeklagten" (Einzelfälle Nr. 3, 4, 7 - 9, 12, 15, 20, 21, 27, 30, 34 - 36, 38, 40, 41, 43 - 45, 48, 50, 51, 54 - 56, 61, 63, 64, 66 - 69, 71, 75, 78 - 81, 83, 84, 87, 88, 90, 92, 93, 95, 96, 98, 102, 103). Darüber hinaus bestellten vier Kunden telefonisch (Einzelfälle Nr. 25, 33, 42, 57). Schließlich kauften zwei Kunden Ware, die der Angeklagte über das Internetportal "Ebay" unter Nutzung des Ebay-Kontos einer Bekannten angeboten hatte (Einzelfälle Nr. 1,

2).

4
Das Landgericht hat angenommen, die einzelnen Betrugstaten stünden zueinander im Konkurrenzverhältnis der Tatmehrheit (§ 53 StGB), ohne allerdings diese rechtliche Wertung zu erläutern.

II.

5
Die Feststellungen rechtfertigen nicht die Verurteilung des Angeklagten wegen 104 tatmehrheitlich begangener Taten.
6
1. Sind mehrere Personen an einer Deliktserie beteiligt, so ist bei der Bewertung des Konkurrenzverhältnisses für jeden Täter oder Teilnehmer gesondert zu prüfen und zu entscheiden, ob die einzelnen Straftaten der Serie in seiner Person tateinheitlich oder tatmehrheitlich zusammentreffen. Maßgeblich ist hierbei der Umfang des Tatbeitrages bzw. der Tatbeiträge des Beteiligten. Erfüllt er hinsichtlich aller oder einzelner Taten der Serie sämtliche Tatbestandsmerkmale in eigener Person oder leistet er für alle oder einige Einzeltaten zumindest einen individuellen, nur je diese fördernden Tatbeitrag, so sind ihm diese Taten, soweit nicht natürliche Handlungseinheit vorliegt, als tatmehrheitlich begangen zuzurechnen. Erbringt er dagegen im Vorfeld oder während des Laufs der Deliktserie Tatbeiträge, durch die alle oder je mehrere Einzelde- likte der Tatgenossen gleichzeitig gefördert werden, so sind ihm die je gleichzeitig geförderten einzelnen Straftaten als tateinheitlich begangen zuzurechnen, da sie in seiner Person durch den jeweiligen einheitlichen Tatbeitrag zu einer Handlung im Sinne des § 52 Abs. 1 StGB verknüpft werden. Ob die anderen Beteiligten die einzelnen Delikte nach obigen Grundsätzen gegebenenfalls tatmehrheitlich begangen haben, ist demgegenüber ohne Bedeutung (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteil vom 17. Juni 2004 - 3 StR 344/03, BGHSt 49, 177, 182 f.; Beschlüsse vom 7. Dezember 2010 - 3 StR 434/10, juris Rn. 7; vom 18. Oktober 2011 - 4 StR 346/11, juris Rn. 3). Erschöpfen sich die Tatbeiträge im Aufbau und der Aufrechterhaltung des auf die Straftaten ausgerichteten "Geschäftsbetriebes", sind diese Tathandlungen als - uneigentliches - Organisationsdelikt zu einer einheitlichen Tat im Sinne des § 52 Abs. 1 StGB zusammenzufassen (BGH, Beschlüsse vom 14. Oktober 2014 - 3 StR 365/14, NStZ 2015, 334 mwN; vom 23. Juli 2015 - 3 StR 518/14, NStZ-RR 2015, 341 f.). Für die konkurrenzrechtliche Beurteilung der Taten des Täters oder Teilnehmers kommt es dabei nicht darauf an, ob die anderen Beteiligten, die die tatbestandlichen Ausführungshandlungen vornehmen, (Mit-)Täter oder Gehilfen sind oder ob es sich um gutgläubige Werkzeuge handelt (vgl. Fischer, StGB, 63. Aufl., § 263 Rn. 203; S/S-Sternberg-Lieben/Bosch, StGB, 29. Aufl., § 52 Rn. 20 f.).
7
2. An diesen Maßstäben gemessen, belegen die Feststellungen nicht, dass der Angeklagte in jedem der Einzelfälle einen individuellen tatfördernden Beitrag erbrachte. Den Urteilsgründen lässt sich nicht entnehmen, dass der Angeklagte an jedem Einzelfall beteiligt war, indem er etwa persönlich eine E-Mail-Bestätigung oder eine Rechnung übersandte. Zwar ist in den Urteilsgründen im Rahmen der Beweiswürdigung ausgeführt, dass sich in zahlreichen Einzelfällen der Erwerb von Badezimmermöbeln durch die Geschädigten im Internethandel des Angeklagten ebenso wie der jeweilige Kaufpreis "aus den durch den Angeklagten ausgestellten Rechnungen" ergebe; in zahlreichen an- deren Fällen beruhe der Nachweis auf "Bestätigungen in Emails des Angeklagten" (UA S. 35). Dies kann aber nicht ohne weiteres dahin verstanden werden, dass er die Rechnungen und E-Mail-Bestätigungen individuell erstellte, zeichnete oder versandte. Solches liegt hier vielmehr fern. Die Beweisaufnahme hat ergeben, dass die Büroarbeit und der Kundenkontakt überwiegend in den Händen der Lebensgefährtin des Angeklagten und seiner weiteren Mitarbeiterinnen lagen (UA S. 31). Er selbst wandte den größten Teil seiner Arbeitszeit für Werbemaßnahmen im Internet auf (UA S. 30). Soweit der Angeklagte selbst einzelne geschädigte Kunden vertröstete und hinhielt, handelt es sich nicht mehr um tatbestandsrelevante Beiträge, weil die Handlungen erst nach Beendigung der Taten vorgenommen wurden.
8
3. Allerdings erschöpfen sich die Tatbeiträge des Angeklagten nicht allein in der Organisation seines Geschäftsbetriebes. Auf der Grundlage der Urteilsfeststellungen hat der Angeklagte vielmehr mindestens drei materiellrechtliche Betrugstaten begangen, wobei dem Senat eine abschließende Beurteilung indes nicht möglich ist:
9
Hinsichtlich der 31 Bestellungen über die erste Plattform "www.s. .de" und der 16 festgestellten Bestellungen über die zweite Plattform "www.m. .de" liegen zwei tatmehrheitliche Fälle des Betruges vor. Der Angeklagte trug selbst maßgeblich durch das Einrichten und Betreiben der beiden Verkaufsplattformen im Internet zu der Täuschung der Kunden und der Irrtumserregung bei. Die Angebote auf diesen Plattformen schlossen konkludent die - wahrheitswidrige - Erklärung des Angeklagten ein, zur fristgemäßen Lieferung der Möbel imstande zu sein. Die Einrichtung einer zweiten Plattform mit einem grundsätzlich anderen (höherwertigen) Möbelangebot - zumal aus Anlass negativer Bewertungen der ersten Plattform im Internet - stellt eine eigenständige Tathandlung des Angeklagten dar, mit der er die Bestellungen der auf dieser Plattform angebotenen Möbel individuell förderte. Unabhängig davon, ob und wie sich das Möbelsortiment auf der Plattform noch änderte, stellt deren Einrichtung einen über das bloße Aufrechterhalten des Geschäftsbetriebes hinausgehenden tatbestandsrelevanten Beitrag dar.
10
Soweit das Landgericht in 51 Einzelfällen verallgemeinernd festgestellt hat, dass die Bestellungen im "Internethandel" bzw. "Onlinehandel des Angeklagten" aufgegeben wurden, muss es sich um Bestellungen entweder über "www.s. .de" oder über "www.m. .de" gehandelt haben. Insoweit hat die Kammer eine Zuordnung nicht vorgenommen, ohne dass ersichtlich ist, dass ihr dies nicht möglich gewesen wäre.
11
Gleiches dürfte für die vier telefonischen Bestellungen gelten. Auch diesen dürften auf der Grundlage der Angebote jeweils auf einer der beiden Plattformen vorgenommen worden sein. Besonders nahe liegt das in den Einzelfällen Nr. 42 ("seriös wirkende Internetpräsenz" [UA S. 16]) und Nr. 57 ("Nachfragen zu einigen Details" [UA S. 19]).
12
Bezüglich der beiden Bestellungen der Kunden über Ebay liegt zumindest ein weiterer tatmehrheitlicher Fall des Betruges vor. In den beiden Einzelfällen , in denen der Angeklagte über das Ebay-Konto einer Bekannten Möbel an zwei Geschädigte verkaufte, waren die entsprechenden Angebote unabhängig von den beiden benannten Verkaufsplattformen. Das Einstellen der Angebote auf Ebay stellt einen weiteren individuellen Tatbeitrag des Angeklagten dar. Allerdings verhalten sich die Urteilsgründe nicht dazu, ob der Angeklagte die jeweiligen Angebote zu verschiedenen Zeitpunkten oder gleichzeitig einstellte.

III.

13
Infolgedessen ist das Urteil aufzuheben. Die Feststellungen zu den einzelnen Bestellungen können jedoch bestehen bleiben, weil sie rechtsfehlerfrei getroffen sind (s. § 353 Abs. 2 StPO). Ergänzende Feststellungen sind möglich, sofern sie den bislang getroffenen nicht widersprechen, und, was die unterbliebene Zuordnung von Einzelbestellungen zu den Verkaufsplattformen betrifft, auch geboten.
14
Von der Aufhebung umfasst sind indes die Feststellungen zum Rahmengeschehen , insbesondere zu Art und Anzahl der individuellen Tatbeiträge des Angeklagten zu den einzelnen Betrugstaten sowie zur Schadenswiedergutmachung.
Becker Schäfer Spaniol RiBGH Dr. Tiemann befindet Berg sich im Urlaub und ist daher gehindert zu unterschreiben. Becker

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
5 StR 348/18
vom
16. August 2018
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen Betruges
ECLI:DE:BGH:2018:160818B5STR348.18.0

Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung der Beschwerdeführer am 16. August 2018 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Die Revision des Angeklagten S. gegen das Urteil des Landgerichts Göttingen vom 9. Januar 2018 wird verworfen.
Der Angeklagte S. hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
2. Auf die Revision des Angeklagten T. wird das vorgenannte Urteil hinsichtlich dieses Angeklagten im Gesamtstrafenausspruch und im Ausspruch über das Absehen von der Einbeziehung der Geldstrafe aus dem Urteil des Amtsgerichts Plauen vom 15. Oktober 2015 in Verbindung mit dem Strafbefehl des Amtsgerichts Plauen vom 31. August 2015 aufgehoben.
In diesem Umfang wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Die weitergehende Revision des Angeklagten T. wird verworfen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten S. wegen Betruges in 85 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten verurteilt und eine Einziehungsentscheidung getroffen. Gegen den Angeklagten T. hat es wegen Betruges in 23 Fällen eine Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und zwei Monaten verhängt. Dabei hat es die Freiheitsstrafe aus einem Urteil des Amtsgerichts Plauen vom 11. August 2016 einbezogen, hingegen von der Einbeziehung einer Geldstrafe aus einem Urteil desselben Gerichts vom 15. Oktober 2015 ausdrücklich abgesehen. Hinsichtlich beider Angeklagten hat es ferner jeweils zwei Monate der Gesamtfreiheitsstrafe wegen rechtsstaatswidriger Verfahrensverzögerung für vollstreckt erklärt. Gegen die Verurteilung richten sich auf die Verletzung formellen sowie sachlichen Rechts gestützten Revisionen der Angeklagten. Während das Rechtsmittel des Angeklagten S. nicht durchdringt, erzielt das des Angeklagten T. den aus der Beschlussformel ersichtlichen Erfolg. Im Übrigen ist es unbegründet nach § 349 Abs. 2 StPO.
2
1. Die Schuldsprüche gegen die Angeklagten wegen Betruges halten rechtlicher Überprüfung stand. Näherer Erörterung bedarf über die zutreffenden Ausführungen des Generalbundesanwalts hinaus nur die Annahme des Landgerichts , die Geschädigten hätten einem durch Täuschung der Angeklagten veranlassten Irrtum im Sinne von § 263 Abs. 1 StGB unterlegen.
3
a) Nach den Feststellungen des Landgerichts bot der Angeklagte S. in den Jahren 2012 und 2013 Kaufverträge über neue, meist hochwertige Kraftfahrzeuge mit Rabattversprechen von bis zu 30 % an. Dabei spiegelte er den Kunden vor, die Verträge nach den vereinbarten Bedingungen erfüllen oder Vorauszahlungen jedenfalls zurückzahlen zu können. Im Vertrauen darauf ent- richteten Käufer in 85 Fällen bei Vertragsschluss den vollen Kaufpreis oder Abschlagszahlungen. Der höchste Rabatt (30 %) wurde bei Überweisung der Vo- rauszahlungen auf ein „Fahrzeugbeschaffungskonto“ des Angeklagten S. versprochen. Ein etwas geringerer Rabatt wurde in Aussicht gestellt, wenn auf ein durch einen Mittäter gehaltenes „Treuhandkonto“ eingezahlt würde.
4
In Wahrheit verfügte der Angeklagte S. jedoch nicht über die notwendigen Verbindungen, um die versprochenen hohen Rabatte erzielen zu können. Entsprechend vorgefasstem Tatentschluss verwendete er die Gelder vielmehr für hochspekulative Kapitalanlagen mit dem Risiko eines – später eingetretenen – Totalverlustes, im Rahmen derer Renditen bis zu 10.000 % pro Jahr versprochen worden waren. Mit einem (geringeren) Teil der Gelder zahlte er Provisionen und finanzierte die Abwicklung anderer Verträge. Die Fähigkeit, das jeweilige Fahrzeug zum vereinbarten Preis zu liefern oder wenigstens die Anzahlung zurückzuzahlen, hing demnach davon ab, dass Erträge aus den hochriskanten Kapitalanlagen erzielt bzw. weitere Gelder von Neukunden beschafft werden könnten. Der Angeklagte T. wirkte an 23 Taten mit.
5
b) Das Landgericht hat die Geschädigten nicht als Zeugen vernommen. Deren für die Tatbestandserfüllung erforderliche Fehlvorstellung hat es mit der Begründung angenommen, es sei lebensfremd, dass diese die Vorauszahlungen bei Kenntnis der wahren Sachlage entrichtet hätten.
6
Hiermit hat es in der Sache Maßgaben zugrunde gelegt, die die neuere Rechtsprechung für Massenbetrugsfälle entwickelt hat. Danach ist es rechtlich nicht zu beanstanden, wenn sich das Gericht zur Feststellung des Irrtums nicht auf die Aussage eines oder mehrerer ausgewählter Zeugen stützt, sondern sich die Überzeugung vom Vorliegen betrugsrelevanter Fehlvorstellungen aufgrund äußerer Umstände und allgemeiner Erfahrungssätze verschafft (vgl. BGH, Be- schluss vom 4. September 2014 − 1 StR 314/14, NStZ 2015, 98, 100; Urteile vom 22. November 2013 – 3 StR 162/13, NStZ 2014, 215, 216; vom 6. September 2017 – 5 StR 268/17, NStZ-RR 2017, 375, 376).
7
Das gilt gerade bei normativ geprägten Vorstellungsbildern wie den vorliegenden. Die Kunden hatten die Zahlungen zweckgebunden für den Erwerb eines Neuwagens entrichtet. Die Zweckgebundenheit tritt dabei in den Fällen besonders deutlich hervor, in denen die Vorauszahlungen unter Hinnahme eines etwas geringeren Rabatts auf ein vorgebliches „Treuhandkonto“ überwiesen wurden. In anderen Fällen enthielten die Vertragsunterlagen den Hinweis, dass die durch den Angeklagten S. geführten Unternehmen die „Vorfinan- zierung der Fahrzeuge“ übernähmen und der Kaufpreis als „Sicherheitsleis- tung“ eingezahlt werde. Unter diesen Vorzeichen konnte es das Landgericht als ausgeschlossen ansehen, dass die Kunden sich auf das Geschäft eingelassen und die Vorauszahlungen entrichtet hätten, wenn sie gewusst hätten, dass der Angeklagte S. das Geld in hochgradig riskante Spekulationsgeschäfte zu investierten beabsichtigte und es vom Erfolg dieser Spekulationen oder von der Akquirierung immer neuer Kunden im Wege eines „Schneeballsystems“ ab- hängen würde, ob das jeweilige Fahrzeug beschafft oder die Vorauszahlungen erstattet werden könnten.
8
2. Der Gesamtstrafausspruch gegen den Angeklagten T. kann hingegen nicht bestehen bleiben. Der Generalbundesanwalt hat insoweit ausgeführt : „Ausweislich der Feststellungen auf UA S. 5 f. wurde der Ange- klagte rechtskräftig durch das Amtsgericht Plauen am 15. Oktober 2015 zu einer Geldstrafe von 120 Tagessätzen zu je 30 EUR und am 11. August 2016 zu einer Freiheitsstrafe von neun Monaten verurteilt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde. Letztgenannte Strafe hat das Landgericht in die zu bildende Gesamtfreiheitstrafe einbezogen (vgl. UA S. 2, 49). Damit erweist sich das angefochtene Urteil in mehrfacher Hinsicht als rechtsfehlerhaft: Zum einen teilt es den Vollstreckungsstand hinsichtlich der verhängten Geldstrafe aus der Entscheidung vom 15. Oktober 2015 nicht mit. Es kann deswegen nicht beurteilt werden, ob das Landgericht überhaupt ihr gesondertes Bestehenbleiben – ungeachtet der Erforderlichkeit einer entsprechenden Tenorierung (vgl. Fischer, StGB, 65. Aufl., § 55 Rdnr. 38) – in den Urteilsgründen feststellen konnte (vgl. Senat, Beschluss vom 22. Februar 2000 – 5 StR 1/00 –, juris Rdnr. 7) und die Gesamtstrafenbildung rechtsfehlerfrei erfolgt ist. Soweit das Urteil des Amtsgerichts Plauen vom 15. Oktober 2015 nämlich bereits vollständig vollstreckt worden wäre, hätte das Landgericht derartige Feststellungen auf der Grundlage von § 53 Abs. 2 Satz 2 StGB jedenfalls nicht vornehmen dürfen. Indessen wäre für den gegenteiligen – bei noch nicht vollständig abgeschlossener Vollstreckung – Falldie Zäsurwirkung der auf die Geldstrafe lautenden Vorverurteilung nicht entfallen (vgl. Senat, Beschlüsse vom 16. April 1991 – 5 StR 156/91 –, BGHR StGB § 55 Abs. 1 Satz 1 Zäsurwirkung 9; vom 2. Juni 2010 – 5 StR 198/10 –; BGH, Urteil vom 12. August 1998 – 3 StR 537/97, BGHSt 44, 179, 184; Beschlüsse vom 21. Februar 2008 – 4 StR 666/07 –, juris Rdnr. 3; und vom 29. November 2017 – 3 StR 507/17 –, juris). Dann aber hätte die Strafe aus dem Urteil vom 11. August 2016 nicht in die zu bildende Gesamtstrafe einfließen dürfen, weil die zur Aburteilung gelangten Taten in den Jahren 2012 bis 2013 und damit bereits vor der Zäsurwirkung entfaltenden ersten Vorverurteilung vom 15. Oktober 2015 begangen wurden (vgl. UA S. 16-29). Dies würde den Angeklagten auch beschweren, weil hierdurch die für ihn vorteilhafte Bewährungssausetzung der einbezogenen neunmonatigen Freiheitsstrafe in Wegfall geraten ist. Die Entscheidung über die neu zu bildende Gesamtstrafe kann nicht gemäß § 354 Abs. 1b StPO dem Beschlussverfahren nach §§ 460, 462 StPO überlassen werden; denn nach den vorstehenden Ausführungen steht nicht sicher fest, ob und in welcher Weise die Gesamtstrafenbildung fehlerhaft war (vgl. Schmitt in Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 61. Aufl., § 354 Rn. 31; Schäfer/Sander/van Gemmeren, Praxis der Strafzumessung , 6. Aufl., Rdnr. 1267). Die Kompensationsentscheidung ist rechtsfehlerfrei begründet. Da sie eine rein am Entschädigungsgedanken orientierte eigene Rechtsfolge neben der Strafzumessung darstellt, bleibt sie von der Aufhebung des Gesamtstrafenausspruchs unberührt (vgl. BGH, Urteil vom 27. August 2009 – 3 StR 250/09 –, BGHSt 54, 135, 138).“
9
Dem tritt der Senat bei.
Mutzbauer König Berger
Mosbacher Köhler