Bundesgerichtshof Urteil, 25. Okt. 2016 - 5 StR 255/16

ECLI:ECLI:DE:BGH:2016:251016U5STR255.16.0
25.10.2016

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
5 StR 255/16
vom
25. Oktober 2016
in der Strafsache
gegen
wegen Beihilfe zum besonders schweren Raub u.a.
ECLI:DE:BGH:2016:251016U5STR255.16.0

Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 25. Oktober 2016, an der teilgenommen haben:
Richter Prof. Dr. Sander als Vorsitzender,
Richterin Dr. Schneider, Richter Dr. Berger, Richter Bellay, Richter Dr. Feilcke als beisitzende Richter,
Staatsanwältin als Gruppenleiterin als Vertreterin der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt als Verteidiger,
Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Saarbrücken vom 20. November 2015 mit den Feststellungen aufgehoben
a) in den Fällen II.A.2 und A.3 der Urteilsgründe und
b) im Ausspruch über die Gesamtfreiheitsstrafe.
2. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das vorgenannte Urteil mit den Feststellungen aufgehoben
a) im Fall II.B.2 der Urteilsgründe und
b) im Ausspruch über die Gesamtfreiheitsstrafe.
3. Im Umfang der Aufhebungen wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

4. Die weitergehenden Revisionen werden verworfen.
- Von Rechts wegen -

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Beihilfe zum besonders schweren Raub, wegen Beihilfe zum schweren Raub und wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren und neun Monaten verurteilt. Mit seiner Revision beanstandet der Angeklagte das Verfahren und rügt die Verletzung materiellen Rechts. Die Staatsanwaltschaft erstrebt mit ihrer zu Ungunsten des Angeklagten eingelegten und auf die Verletzung sachlichen Rechts gestützten Revision, die vom Generalbundesanwalt weitgehend vertreten wird, in den Fällen II.A.2 und II.A.3 der Urteilsgründe eine Verurteilung des Angeklagten wegen mittäterschaftlicher Tatbegehung und im Fall II.B.2 der Urteilsgründe seine Verurteilung wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge gemäß § 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG. Die Revisionen erzielen jeweils den aus dem Tenor ersichtlichen Teilerfolg. Im Übrigen sind sie unbegründet.

I.


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Das Landgericht hat im Wesentlichen folgende Feststellungen und Wertungen getroffen:
3
1. Der Angeklagte war gut bekannt mit dem früheren Mitangeklagten und gesondert Verurteilten G. , dem er mehrfach Betäubungsmittel geliefert hatte. Er schlug G. , der Geld durch Raubtaten erlangen wollte, in zwei Fällen Tatobjekte vor, ohne selbst bei der Tatausführung in Erscheinung treten zu wollen.

a) Zunächst gab der Angeklagte ihm den Tipp für einen Raubüberfall auf
4
das Juweliergeschäft „D. “ in K. . Beide fuhren dorthin und be- obachteten das Geschäftslokal, das danach auch G. als Tatobjekt für geeignet hielt. Dieser gewann für die Tatbegehung drei Mittäter. Mit dem gesondert verfolgten Mittäter Sc. begab er sich erneut nach K. , um dort die Öffnungszeiten und die Arbeitsgewohnheiten des Geschäftsinhabers auszukundschaften. Er plante den Raubüberfall so akribisch, dass der Angeklagte aufgrund des Zeitablaufs mehrmals nachfragte, wann nun die Tat stattfinden solle. Nach der ursprünglichen Planung des von G. und seinen Komplizen am Vormittag des 9. März 2013 schließlich durchgeführten Überfalls sollte dabei eine Gaspistole des Mittäters Sc. verwendet werden. Da dieser seine Pistole jedoch nicht dabei hatte, erklärte sich der Angeklagte morgens auf telefonische Anfrage G. s bereit, ihm eine Waffe für den Überfall zur Verfügung zu stellen. G. holte bei ihm eine mit scharfer Munition geladene Pistole ab, die er anschließend an Sc. übergab, damit dieser sie zur Drohung einsetzen konnte.
Bei dem nachfolgenden Überfall auf das Juweliergeschäft, dessen Inha5 ber die Schusswaffe vorgehalten wurde, erbeuteten G. und seine Komplizen Gold, Schmuck und Bargeld im Gesamtwert von 33.000 Euro. Auf der Flucht vom Tatort gab Sc. einen Schuss in Richtung des ihn verfolgenden geschädigten Geschäftsinhabers ab und verfehlte ihn knapp. Das erbeutete Bargeld wurde zwischen G. und seinen drei Komplizen geteilt. Das Gold veräußerte G. und beteiligte an dem Erlös nur noch Sc. . Der Angeklagte , der als Tippgeber grundsätzlich an der Beute beteiligt werden sollte, erhielt kein Geld. G. übergab ihm einen Teil des erbeuteten Schmucks zur Veräußerung , ohne dass G. hierfür später einen Erlös erhielt (Fall II.A.2 der Urteilsgründe).

b) Weiterhin machte der Angeklagte dem früheren Mitangeklagten
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G. den Vorschlag, ein Internetcafé in A. zu überfallen, in dem sich ein Filialgeschäft des Geldtransferunternehmens W. U. befand. Er wusste, wo dort Geld aufbewahrt wurde, und ihm war bekannt, dass insbesondere freitags größere Geldmengen vorhanden wären und dann eine Beute von etwa 10.000 Euro in Aussicht stehen würde. Er gab seine Informationen an G. weiter, und es wurde der Plan entwickelt, das Internetcafé an einem Freitag zu überfallen. G. , der die Tat gemeinsam mit den gesondert verfolgten Mittätern Sc. und M. begehen wollte, kundschaftete zunächst mit dem Angeklagten und M. die Örtlichkeit des geplanten Überfalls aus, bei dem eine Schreckschusswaffe benutzt werden sollte.
7
Nach einer weiteren Erkundung der Geschäftsräume durch G. und M. begaben sich beide gemeinsam mit Sc. zur Ausführung der Tat am 3. Mai 2013, einem Freitag, zum Internetcafé. Wegen der zu großen Anzahl von Besuchern verschoben sie die Tatbegehung jedoch um zwei Tage. Bei ihrem Raubüberfall am Abend des 5. März 2013 wurde der geschädigte Geschäftsinhaber mit einer Pistole bedroht, die – was dem Angeklagten nicht bekannt war – mit scharfer Munition geladen war. Die Beute betrug lediglich 300 Euro. Als G. und M. am nächsten Tag hiervon dem Angeklagten berichteten, verlangte dieser gleichwohl seinen zuvor verabredeten Anteil von 20 % an der Beute; sie wurde letztlich aber nur unter den Mittätern M. und Sc. aufgeteilt (Fall II.A.3 der Urteilsgründe).

c) Die Strafkammer hat den Angeklagten in beiden Fällen jeweils als Ge8 hilfen angesehen und ihn im Fall II.A.2 wegen Beihilfe zum besonders schweren Raub gemäß §§ 249 Abs. 1, 250 Abs. 2 Nr. 1, 27 StGB und im Fall II.A.3 wegen Beihilfe zum schweren Raub gemäß §§ 249 Abs. 1, 250 Abs. 1 Nr. 1b,
27 StGB verurteilt. Sie hat bei ihrer Bewertung der Beteiligungsform maßgeblich darauf abgestellt, dass der Angeklagte, der nicht mehr in die weitere Ablaufplanung oder die Auswahl von Mittätern eingebunden gewesen sei, abgesehen von der Übergabe der Waffe im Fall II.A.2 weder den genauen Zeitpunkt noch die Art der Tatausführung beeinflusst habe. Dies spreche gegen eine üblicherweise einem Mittäter zukommende Tatherrschaft.
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2. a) In einer von ihm angemieteten und allein genutzten Dachgeschosswohnung , die ihm zur Lagerung und Portionierung sowie als „Drogenkü- che“ zur Streckung von Betäubungsmitteln diente und bis auf eine Küchenzeile und einen Werkstattwagen unmöbliert war, verwahrte der Angeklagte insgesamt 1.425 g Marihuana (THC-Wirkstoffanteil 80,5 g) und 1.248 g Amphetamin (114 g Amphetaminbase) nebst 3 kg Streckmittel und Verpackungsmaterial. Die Betäubungsmittel, die er gewinnbringend verkaufen wollte, wurden bei einer Durchsuchung am 8. Dezember 2014 sichergestellt. Dabei wurden in einem unverschlossenen Schrank im Hausflur vor der Wohnung auch Haschischplatten mit einem Gesamtgewicht von 997 g gefunden, bei denen sich eine mit elf Patronen geladene Pistole befand (Fall II.B.2 der Urteilsgründe).
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b) Eine eindeutige Zuordnung der im Vorflur der Wohnung gefundenen Haschischplatten nebst Schusswaffe hielt die Strafkammer nicht für möglich, da dieses Rauschgift in einem unverschlossenen Schrank gelagert habe, der sich im Hausflur in einem über das Treppenhaus für mehrere Personen zugänglichen Bereich befunden habe. Sie hat daher zu Gunsten des Angeklagten angenommen , dass das Haschisch und die Waffe dort von einer dritten Person deponiert worden sein könnten.

II.


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Die Revision des Angeklagten führt auf die Sachrüge zur Aufhebung der Schuldsprüche in den Fällen II.A.2 und II.A.3 Insoweit hält die revisionsgerichtlicher Kontrolle nur begrenzt zugängliche Beweiswürdigung des Landgerichts rechtlicher Überprüfung nicht stand. Im Übrigen ist das Rechtsmittel aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts unbegründet.
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1. Die Beweiswürdigung zu Fall II.A.2 erweist sich als lückenhaft.
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In den Urteilsgründen wird die Aussage des als Zeugen vernommenen Mittäters Sc. nur am Rande mit der Feststellung erwähnt, er habe zu einer Beteiligung des Angeklagten an der Tat in K. nichts bekunden können (UA S. 20). Damit lässt sich dem Urteil nicht entnehmen, ob sich dieser Zeuge zu der Behauptung des einzigen Belastungszeugen G. geäußert hat, Sc. habe am Morgen der Tat seine beim Überfall als Waffe vorgesehene Gasdruckpistole vergessen, sodass er, G. , kurzfristig eine andere Waffe habe beschaffen müssen, die er Sc. danach ausgehändigt habe. Diese Dar- stellung hat das Landgericht seiner Feststellung zugrunde gelegt, dass der Angeklagte die Tatwaffe zur Verfügung gestellt habe. Eine Hinterfragung dieser eine Tatbeteiligung des Angeklagten betreffenden Schilderung G. s hat insbesondere deshalb nahe gelegen, weil ihr zufolge der Mittäter Sc. entgegen der ursprünglichen Planung nunmehr eine scharfe Waffe verwendet und mit ihr auch geschossen hatte. Auch versteht es sich nach den Urteilsgründen nicht von selbst, weshalb G. gemeinsam mit seinen Mittätern zur Beschaf- fung einer Tatwaffe einen Umweg zum Tatort in Kauf genommen haben will, statt Sc. veranlasst zu haben, seine „vergessene" Waffe noch zu holen. Eine nähere inhaltliche Auseinandersetzung mit der Aussage des ZeugenSc. , in dessen Wahrnehmungsbereich die gemeinsame Fahrt mit G. zum Tatort und die Umstände einer Beschaffung der Tatwaffe fielen, ist hier angesichts der auch vom Landgericht bei Würdigung der Beweislage angenommenen Aussage -gegen-Aussage-Konstellation geboten gewesen, zumal das Landgericht zu Recht davon ausgegangen ist, dass bei dem Zeugen G. , der mit seinen früheren Aussagen in den Genuss einer Strafmilderung nach § 46b StGB kommen wollte, die Gefahr einer Falschbelastung des Angeklagten bestanden habe.
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Hinzu kommt, dass das Landgericht bei den Schilderungen des Zeugen G. , denen es „eine hohe Konstanz“ beigemessen hat, eine erhebliche Divergenz in seinen Angaben zur Fahrt zum Tatort und zur Reihenfolge von Beschaffung der Waffe und Fahrtantritt unzureichend gewürdigt hat: Während G. nach seiner Zeugenaussage in der Hauptverhandlung die Waffe auf der gemeinsamen Fahrt zum Tatort beim Angeklagten besorgt haben will (UA S. 17), schilderte er in seiner früheren Einlassung als Angeklagter in seinem eigenen Verfahren, erst die Waffe beim Angeklagten inA. besorgt und sich hernach mit den Mittätern in seiner Wohnung in Ka. getroffen zu haben , um sodann zum Tatort nach K. zu fahren (UA S. 18). Diese Abweichung hat das Landgericht verkürzend allein unter dem Gesichtspunkt der Fahrt zum Tatort als eine nur unterlassene Erwähnung eines „Zwischenstopps" gewürdigt (UA S. 19). Bei der Erörterung dieses Aspekts hat es zudem nicht erkennbar den Umstand aussagekritisch bedacht, dass bei der von G. als Zeugen behaupteten Komplikation einer erst „kurzfristig“ am Morgen des Tattages von ihm zu beschaffenden anderen Tatwaffe trotz eines erheblichen Umwegs mit zwei Zwischenhalten auf dem Weg vonKa. nach K. , bei denen auch eine längere Fahrtstrecke in einer zum Tatort entgegengesetzten Richtung zurückzulegen war, die ursprünglich geplante Tatzeit von 9:30 Uhr (UA S. 17) mit der tatsächlich festgestellten Tatzeit von 9:40 Uhr (UA S. 9) nahezu eingehalten wurde.
2. Auch hinsichtlich des Falls II.A.3 beruhen die Feststellungen auf keiner
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tragfähigen Beweiswürdigung.
Zwar hat sich das Landgericht bei seiner Überzeugungsbildung nicht nur
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auf die Aussage des Zeugen G. , sondern auch auf die des weiteren Mittäters M. stützen können. Zudem hatte der Angeklagte zu diesem von ihm ebenfalls bestrittenen Tatvorwurf eingeräumt, mit G. und M. den späteren Tatort in A. einmal aufgesucht und von G. erfahren zu haben, dass dieser dort Geld an sich bringen wolle. Im Rahmen seiner Gesamtwürdigung hat das Landgericht jedoch ausgeführt, dass sich bereits „ein Muster im straf- rechtlichen Verhalten“ des Angeklagten abzeichne, der sich als Tippgeber für Überfälle im Hintergrund halte und sich für seine Informationen entlohnen lasse (UA S. 26). Insoweit hat das Landgericht allerdings maßgeblich auf die indizielle Bedeutung der festgestellten ersten Tatbeteiligung beim Überfall inK. abgestellt und damit auf einen Umstand, der – nach den vorstehenden Ausführungen zu II.1 – nicht berücksichtigt werden durfte.
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3. Die Aufhebung der Verurteilung in den Fällen II.A.2 und II.A.3 zieht die Aufhebung der Gesamtfreiheitsstrafe nach sich.

III.


Die Revision der Staatsanwaltschaft führt überdies zur Aufhebung der
18
Verurteilung im Fall II.B.2 der Urteilsgründe (dazu unter III.2). Darauf, dass das Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft in den Fällen II.A.2 und II.A.3 der Urteilsgründe auch zu Gunsten des Angeklagten wirkt (§ 301 StPO), kommt es nach dem diesbezüglichen Erfolg der Revision des Angeklagten nicht mehr an(vgl. BGH, Urteile vom 23. Januar 2003 – 4 StR 412/02, NJW 2003, 2036, 2037; vom 11. März 2003 – 1 StR 507/02, NStZ-RR 2003, 186, 189; vom 15. Juli 2008 – 1 StR 144/08; vom 28. September 2011 – 2 StR 93/11; vom 20. Dezember 2012 – 4 StR 55/12, BGHSt 58, 102, 110, und vom 14. August 2014 – 4 StR 163/14, NJW 2014, 3382, 3384 mwN). Im Übrigen ist das Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft unbegründet, soweit sie sich zu Ungunsten des Angeklagten gegen die Schuldsprüche in den Fällen II.A.2 und II.A.3 wendet (dazu nachfolgend unter III.1).
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1. Auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen in den Fällen II.A.2 und II.A.3 hält die Bewertung der Beteiligung des Angeklagten an den beiden Raubtaten lediglich als Beihilfe rechtlicher Prüfung stand.
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a) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist Mittäter , wer nicht nur fremdes Tun fördert, sondern einen eigenen Tatbeitrag derart in eine gemeinschaftliche Tat einfügt, dass sein Beitrag als Teil der Tätigkeit des anderen und umgekehrt dessen Tun als Ergänzung seines eigenen Tatanteils erscheint. Ob ein Beteiligter ein so enges Verhältnis zur Tat hat, ist nach den von seiner Vorstellung umfassten gesamten Umständen in wertender Betrachtung zu beurteilen. Wesentliche Anhaltspunkte können der Grad des eigenen Interesses am Taterfolg, der Umfang der Tatbeteiligung und die Tatherrschaft oder wenigstens der Wille zur Tatherrschaft sein, sodass Durchführung und Ausgang der Tat maßgeblich von seinem Willen abhängen (BGH, Urteil vom 15. Januar 1991 – 5 StR 492/90, BGHSt 37, 289, 291; Beschlüsse vom 29. September 2005 – 4 StR 420/05, NStZ 2006, 94; vom 26. März 2014 – 5 StR 91/14, und vom 14. Juli 2016 – 3 StR 129/16, StraFo 2016, 392, 393). In Grenzfällen hat der Bundesgerichtshof dem Tatgericht für die ihm obliegende Wertung einen Beurteilungsspielraum eröffnet. Lässt das angefochtene Urteil erkennen, dass das Tatgericht die genannten Maßstäbe erkannt und den Sachverhalt vollständig gewürdigt hat, so kann das gefundene Ergebnis vom Revisionsgericht auch dann nicht als rechtsfehlerhaft beanstandet werden, wenn eine andere tatrichterliche Beurteilung möglich gewesen wäre (BGH, Urteile vom 17. Juli 1997 – 1 StR 781/96, NJW 1997, 3385, 3387; vom 20. Januar 1998 – 5 StR 501/97, NStZ-RR 1998, 136; vom 31. Oktober 2001 – 2 StR 315/01, NStZ-RR 2002, 74, 75; vom 17. Oktober 2002 – 3 StR 153/02, NStZ 2003, 253, 254; vom 10. November 2004 – 5 StR 403/04, NStZ-RR 2005, 71; vom 27. September 2012 – 4 StR 255/12, NStZ-RR 2013, 40, 41, und vom 10. Dezember 2013 – 5 StR 387/13).
21
b) Dem angefochtenen Urteil ist zu entnehmen, dass die Strafkammer diese Maßstäbe erkannt und ihrer Beurteilung der Tatbeiträge des Angeklagten zugrunde gelegt hat. Dies ergibt sich bereits daraus, dass sie unter ausdrücklicher Darstellung der vorgenannten Abgrenzungskriterien im Rahmen der rechtlichen Würdigung der Raubtaten eine differenzierende Betrachtung der jeweiligen Tatbeiträge des Angeklagten vorgenommen hat. Dabei hat die Strafkammer berücksichtigt, dass der Angeklagte an der konkreten Tatplanung und unmittelbaren Tatausführung durch G. und dessen Mittäter nicht beteiligt war. Umstände, die für mittäterschaftliches Handeln sprechen könnten, hat sie nicht außer Acht gelassen, deren Gewicht jedoch mit vertretbaren Erwägungen relativiert.
So hat das Landgericht im Hinblick auf eine Beteiligung an der Beute ge22 sehen, dass der Angeklagte im Fall II.A.2 keinen festen prozentualen Anteil erhalten sollte und von G. erst nach Teilung zwischen ihm und seinen Mittätern beteiligt wurde, die von dem Angeklagten als Tippgeber auch nichts wuss-
ten (vgl. BGH, Urteil vom 31. Oktober 2001 – 2 StR 315/01, NStZ-RR 2002, 74, 75). Im Fall II.A.3 erhielt er letztlich nicht den vereinbarten prozentualen Anteil an der Beute, der für die mittäterschaftliche Beteiligung eines Tippgebers sprechen kann (vgl. BGH, Urteil vom 26. April 1990 – 4 StR 143/90, BGHR StGB § 25 Abs. 2 Tatherrschaft 4). Soweit der Angeklagte im Rahmen der Tatvorbereitung vor beiden Raubtaten die Örtlichkeiten mit G. in Augenschein nahm, machte es dessen weiteres eingehendes Auskundschaften mit anderen Tatgenossen zur näheren Tatplanung nicht entbehrlich. Die Zurverfügungstellung der Tatwaffe durch den Angeklagten im Fall II.A.2 war zwar eine wesentliche Voraussetzung für eine erfolgreiche Durchführung des geplanten Überfalles , jedoch erfolgte dies nicht aufgrund eigener Initiative des Angeklagten. Im Rahmen seiner Gesamtwürdigung hat das Landgericht die Nähe der Tatbeiträge des Angeklagten zur Beteiligungsform der Mittäterschaft nicht verkannt, allerdings maßgeblich darauf abgestellt, dass vor allem die fehlende Tatherrschaft für Teilnahmehandlungen in Form der Beihilfe sprechen.
23
Das Landgericht hat das Beweisergebnis danach umfassend gewürdigt und sich bei der Einordnung der Beteiligung des Angeklagten noch im tatrichterlichen Beurteilungsspielraum gehalten. Dass eine andere Bewertung möglich gewesen wäre, macht das gefundene Ergebnis nicht rechtsfehlerhaft.
24
2. Die Verurteilung im Fall II.B.2 der Urteilsgründe hält rechtlicher Nachprüfung hingegen nicht stand. Die Revision wendet sich mit Recht gegen die Beweiswürdigung, die der unterlassenen Zuordnung der Haschischplatten und der Schusswaffe zum Betäubungsmittelhandel des Angeklagten zugrunde liegt, und gegen den Schuldspruch nur wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge.

a) Das Revisionsgericht hat es allerdings grundsätzlich hinzunehmen,
25
wenn das Tatgericht Zweifel an der Täterschaft des Angeklagten nicht zu überwinden vermag; dies gilt auch für die Verwirklichung der Voraussetzungen einer Qualifikation. Die Beweiswürdigung ist Sache des Tatgerichts. Die revisionsgerichtliche Prüfung beschränkt sich darauf, ob ihm Rechtsfehler unterlaufen sind. Dies ist in sachlich-rechtlicher Hinsicht etwa der Fall, wenn die Beweiswürdigung lückenhaft ist oder wenn an die zur Verurteilung erforderliche Gewissheit übertriebene Anforderungen gestellt worden sind. Insbesondere ist es weder im Hinblick auf den Zweifelssatz noch sonst geboten, zu Gunsten des Angeklagten von Annahmen auszugehen, für deren Vorliegen das Beweisergebnis keine konkreten tatsächlichen Anhaltspunkte erbracht hat (st. Rspr., vgl. BGH, Urteile vom 23. März 1995 – 4 StR 746/94, NJW 1995, 2300, 2301, und vom 3. Juni 2015 – 5 StR 55/15, NStZ-RR 2015, 255, 256 mwN).
26
b) Hier hat das Landgericht die Anforderungen an die für eine Verurteilung erforderliche richterliche Überzeugungsbildung überspannt. Schon angesichts der räumlichen Nähe des unverschlossenen Schranks zu der allein vom Angeklagten genutzten Dachgeschosswohnung war es wahrscheinlich, dass er das Haschisch und die Waffe dort abgelegt hatte, zumal sich in diesem Obergeschoss keine weitere Wohnung befand. In die gebotene Gesamtwürdigung aller Umstände wäre weiter einzustellen gewesen, dass der Angeklagte erhebliche Mengen Rauschgift auch in dieser Wohnung lagerte, ohne sämtliche in seinem Besitz befindlichen Betäubungsmittel dort zu konzentrieren, wie die in seiner Privatwohnung zeitgleich am 8. Dezember 2014 sichergestellten 78 g Marihuana belegen. Demgegenüber entbehrt die Annahme des Landgerichts, das Haschisch und die Waffe könnten ungesichert von einer anderen, unbekannten Person im Vorflur vor der Wohnung des Angeklagten aufbewahrt worden sein, einer realen Anknüpfungsgrundlage. Es handelt sich um eine rein theoretische Überlegung, auf die das Tatgericht vernünftige Zweifel an der Täterschaft des Angeklagten nicht stützen kann.
3. Die Aufhebung der Verurteilung im Fall II.B.2 der Urteilsgründe zieht
27
die Aufhebung der Gesamtfreiheitsstrafe nach sich.
4. Das neue Tatgericht wird, um seiner Kognitionspflicht (§ 264 Abs. 1
28
StPO) hinsichtlich des dem Angeklagten mit der Anklageschrift vom 14. Januar 2015 vorgeworfenen Betäubungsmitteldelikts zu genügen, den im Tatkomplex II.B der Urteilsgründe festgestellten Sachverhalt auch hinsichtlich der am 8. Dezember 2014 in der Privatwohnung des Angeklagten sichergestellten 78 g Marihuana zu würdigen haben, die das Landgericht der zum Handeltreiben bestimmten Menge nicht zugerechnet hat (UA S. 29). Insoweit kommt bei erneuter Feststellung, dieses Rauschgift habe seinem Eigenkonsum gedient, eine Verurteilung wegen Besitzes von Betäubungsmitteln in Betracht.
Sander Schneider Berger
Bellay Feilcke

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Urteil, 25. Okt. 2016 - 5 StR 255/16

Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Urteil, 25. Okt. 2016 - 5 StR 255/16

Referenzen - Gesetze

Strafgesetzbuch - StGB | § 25 Täterschaft


(1) Als Täter wird bestraft, wer die Straftat selbst oder durch einen anderen begeht. (2) Begehen mehrere die Straftat gemeinschaftlich, so wird jeder als Täter bestraft (Mittäter).

Betäubungsmittelgesetz - BtMG 1981 | § 30a Straftaten


(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren wird bestraft, wer Betäubungsmittel in nicht geringer Menge unerlaubt anbaut, herstellt, mit ihnen Handel treibt, sie ein- oder ausführt (§ 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1) und dabei als Mitglied einer Bande han
Bundesgerichtshof Urteil, 25. Okt. 2016 - 5 StR 255/16 zitiert 8 §§.

Strafgesetzbuch - StGB | § 25 Täterschaft


(1) Als Täter wird bestraft, wer die Straftat selbst oder durch einen anderen begeht. (2) Begehen mehrere die Straftat gemeinschaftlich, so wird jeder als Täter bestraft (Mittäter).

Betäubungsmittelgesetz - BtMG 1981 | § 30a Straftaten


(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren wird bestraft, wer Betäubungsmittel in nicht geringer Menge unerlaubt anbaut, herstellt, mit ihnen Handel treibt, sie ein- oder ausführt (§ 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1) und dabei als Mitglied einer Bande han

Strafprozeßordnung - StPO | § 301 Wirkung eines Rechtsmittels der Staatsanwaltschaft


Jedes von der Staatsanwaltschaft eingelegte Rechtsmittel hat die Wirkung, daß die angefochtene Entscheidung auch zugunsten des Beschuldigten abgeändert oder aufgehoben werden kann.

Strafgesetzbuch - StGB | § 46b Hilfe zur Aufklärung oder Verhinderung von schweren Straftaten


(1) Wenn der Täter einer Straftat, die mit einer im Mindestmaß erhöhten Freiheitsstrafe oder mit lebenslanger Freiheitsstrafe bedroht ist, 1. durch freiwilliges Offenbaren seines Wissens wesentlich dazu beigetragen hat, dass eine Tat nach § 100a Abs.

Strafgesetzbuch - StGB | § 249 Raub


(1) Wer mit Gewalt gegen eine Person oder unter Anwendung von Drohungen mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben eine fremde bewegliche Sache einem anderen in der Absicht wegnimmt, die Sache sich oder einem Dritten rechtswidrig zuzueignen, wird m

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Bundesgerichtshof Urteil, 25. Okt. 2016 - 5 StR 255/16 zitiert oder wird zitiert von 17 Urteil(en).

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Bundesgerichtshof Urteil, 14. Aug. 2014 - 4 StR 163/14

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Bundesgerichtshof Urteil, 09. Mai 2019 - 5 StR 645/18

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BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL 5 StR 645/18 vom 9. Mai 2019 in der Strafsache gegen wegen Vergewaltigung u.a. ECLI:DE:BGH:2019:090519U5STR645.18.0 Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 9. Mai 2019, an de

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Bundesgerichtshof Urteil, 15. Nov. 2017 - 5 StR 338/17

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Bundesgerichtshof Urteil, 10. Okt. 2017 - 1 StR 496/16

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Referenzen

(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren wird bestraft, wer Betäubungsmittel in nicht geringer Menge unerlaubt anbaut, herstellt, mit ihnen Handel treibt, sie ein- oder ausführt (§ 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1) und dabei als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hat.

(2) Ebenso wird bestraft, wer

1.
als Person über 21 Jahre eine Person unter 18 Jahren bestimmt, mit Betäubungsmitteln unerlaubt Handel zu treiben, sie, ohne Handel zu treiben, einzuführen, auszuführen, zu veräußern, abzugeben oder sonst in den Verkehr zu bringen oder eine dieser Handlungen zu fördern, oder
2.
mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge unerlaubt Handel treibt oder sie, ohne Handel zu treiben, einführt, ausführt oder sich verschafft und dabei eine Schußwaffe oder sonstige Gegenstände mit sich führt, die ihrer Art nach zur Verletzung von Personen geeignet und bestimmt sind.

(3) In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren.

(1) Wer mit Gewalt gegen eine Person oder unter Anwendung von Drohungen mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben eine fremde bewegliche Sache einem anderen in der Absicht wegnimmt, die Sache sich oder einem Dritten rechtswidrig zuzueignen, wird mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr bestraft.

(2) In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren.

(1) Wenn der Täter einer Straftat, die mit einer im Mindestmaß erhöhten Freiheitsstrafe oder mit lebenslanger Freiheitsstrafe bedroht ist,

1.
durch freiwilliges Offenbaren seines Wissens wesentlich dazu beigetragen hat, dass eine Tat nach § 100a Abs. 2 der Strafprozessordnung, die mit seiner Tat im Zusammenhang steht, aufgedeckt werden konnte, oder
2.
freiwillig sein Wissen so rechtzeitig einer Dienststelle offenbart, dass eine Tat nach § 100a Abs. 2 der Strafprozessordnung, die mit seiner Tat im Zusammenhang steht und von deren Planung er weiß, noch verhindert werden kann,
kann das Gericht die Strafe nach § 49 Abs. 1 mildern, wobei an die Stelle ausschließlich angedrohter lebenslanger Freiheitsstrafe eine Freiheitsstrafe nicht unter zehn Jahren tritt. Für die Einordnung als Straftat, die mit einer im Mindestmaß erhöhten Freiheitsstrafe bedroht ist, werden nur Schärfungen für besonders schwere Fälle und keine Milderungen berücksichtigt. War der Täter an der Tat beteiligt, muss sich sein Beitrag zur Aufklärung nach Satz 1 Nr. 1 über den eigenen Tatbeitrag hinaus erstrecken. Anstelle einer Milderung kann das Gericht von Strafe absehen, wenn die Straftat ausschließlich mit zeitiger Freiheitsstrafe bedroht ist und der Täter keine Freiheitsstrafe von mehr als drei Jahren verwirkt hat.

(2) Bei der Entscheidung nach Absatz 1 hat das Gericht insbesondere zu berücksichtigen:

1.
die Art und den Umfang der offenbarten Tatsachen und deren Bedeutung für die Aufklärung oder Verhinderung der Tat, den Zeitpunkt der Offenbarung, das Ausmaß der Unterstützung der Strafverfolgungsbehörden durch den Täter und die Schwere der Tat, auf die sich seine Angaben beziehen, sowie
2.
das Verhältnis der in Nummer 1 genannten Umstände zur Schwere der Straftat und Schuld des Täters.

(3) Eine Milderung sowie das Absehen von Strafe nach Absatz 1 sind ausgeschlossen, wenn der Täter sein Wissen erst offenbart, nachdem die Eröffnung des Hauptverfahrens (§ 207 der Strafprozessordnung) gegen ihn beschlossen worden ist.

Jedes von der Staatsanwaltschaft eingelegte Rechtsmittel hat die Wirkung, daß die angefochtene Entscheidung auch zugunsten des Beschuldigten abgeändert oder aufgehoben werden kann.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
1 StR 144/08
vom
15. Juli 2008
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen schwerer Vergewaltigung
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 15. Juli 2008,
an der teilgenommen haben:
Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Wahl
als Vorsitzender
und die Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Boetticher,
Hebenstreit,
die Richterin am Bundesgerichtshof
Elf,
der Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Graf,
Staatsanwältin
als Vertreterin der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger des Angeklagten T. ,
Rechtsanwalt
als Verteidiger des Angeklagten G. ,
Rechtsanwalt
als Verteidiger der Nebenklägerin,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Die Revisionen der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 5. November 2007 werden verworfen. Die Kosten der Rechtsmittel und die den Angeklagten hierdurch entstandenen notwendigen Auslagen trägt die Staatskasse.
Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat die Angeklagten wegen schwerer (§ 177 Abs. 3 Nr. 3 StGB) Vergewaltigung verurteilt und zwar den Angeklagten T. zu der Freiheitsstrafe von vier Jahren und den Angeklagten G. zu der Freiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten. Das Landgericht hat ferner die Unterbringung der Angeklagten in einer Entziehungsanstalt angeordnet und bestimmt, dass vor der Unterbringung beim Angeklagten T. ein Jahr und acht Monate und beim Angeklagten G. zwei Jahre und sechs Monate der erkannten Freiheitsstrafe zu vollstrecken sind - unter Anrechnung der erlittenen Untersuchungshaft -.
2
Den zulässig auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkten, zu Ungunsten der Angeklagten eingelegten Revisionen der Staatsanwaltschaft bleibt aus den vom Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift vom 8. April 2008 und in der Hauptverhandlung dargelegten Gründen der Erfolg versagt. Die erkannten Strafen sind auch nicht so mild, dass sie keinen gerechten Schuldausgleich mehr darstellen.
3
Die Dauer des Vorwegvollzugs von Freiheitsstrafe vor der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt wurde bei beiden Angeklagten bereits auf deren Revisionen mit Beschlüssen des Senats vom 6. Mai 2008 verkürzt und zwar beim Angeklagten T. auf ein Jahr und beim Angeklagten G. auf ein Jahr und neun Monate. Dies muss hier nicht nochmals tenoriert werden. Darauf, dass die Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft auch zu Gunsten der Angeklagten wirken (§ 301 StPO), kommt es nach dem entsprechenden (Teil-)Erfolg der Angeklagtenrevisionen nicht mehr an (vgl. BGH, Urt. vom 11. März 2003 - 1 StR 507/02 - m.w.N.; Meyer-Goßner/Cierniak NStZ 2000, 611).
Wahl Boetticher Hebenstreit
Elf Graf

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
2 StR 93/11
vom
28. September 2011
in der Strafsache
gegen
1.
2.
3.
4.
wegen schweren Bandendiebstahls u.a.
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom
28. September 2011, an der teilgenommen haben:
Richter am Bundesgerichtshof
Prof. Dr. Fischer,
als Vorsitzender,
und die Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Appl,
Prof. Dr. Schmitt,
Prof. Dr. Krehl,
Richterin am Bundesgerichtshof
Dr. Ott
als beisitzende Richter,
Bundesanwalt beim Bundesgerichtshof
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger des Angeklagten K. ,
Rechtsanwalt
als Verteidiger des Angeklagten B. ,
Rechtsanwalt
als Verteidiger des Angeklagten S. ,
Rechtsanwalt
als Verteidiger des Angeklagten H. ,
Justizhauptsekretärin in der Verhandlung,
Justizangestellte bei der Verkündung
als Urkundsbeamtinnen der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revision des Angeklagten B. wird das Urteil des Landgerichts Gera vom 2. Juni 2010 im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte im Fall II. 37 der Urteilsgründe des Diebstahls schuldig ist.
Die weitergehende Revision des Angeklagten B. wird verworfen.
2. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird im Fall II. 37 der Urteilsgründe, soweit es den Angeklagten B. betrifft, eine Einzelfreiheitsstrafe von drei Monaten festgesetzt.
3. Die weitergehende Revision der Staatsanwaltschaft hinsichtlich des Angeklagten B. sowie die Revisionen der Staatsanwaltschaft hinsichtlich der Angeklagten K. , S. und H. werden als unbegründet verworfen. 4. Jeder Revisionsführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen. Die Staatskasse hat die den Angeklagten K. , B. , S. und H. durch die Revision der Staatsanwaltschaft entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.

Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht Gera hat die Angeklagten wie folgt schuldig gesprochen : - den Angeklagten K. des schweren Bandendiebstahls in zwölf Fällen (Fälle II. 2, 5, 19-22, 24, 34, 45-48), wobei es in vier Fällen beim Versuch blieb, sowie des versuchten Diebstahls (Fall II. 23) - den Angeklagten B. des schweren Bandendiebstahls in fünf Fällen (Fälle II. 10-12, 35, 41), des Bandendiebstahls (Fall II. 37), der Sachbeschädigung (Fall II. 35) und der gefährlichen Körperverletzung in Tateinheit mit Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte (Fall II. 35) - den Angeklagten S. des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (Fall II. 50) sowie des Diebstahls (Fall II. 37) - den Angeklagten H. des schweren Bandendiebstahls in drei Fällen (Fall II. 31, 32, 36), wobei es in einem Fall beim Versuch blieb.
2
Es hat die Angeklagten wie folgt verurteilt: - den Angeklagten K. o in Bezug auf die Fälle II. 2, 5 und 20 unter Einbeziehung weiterer Strafen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und zwei Monaten o in Bezug auf die Fälle II. 19, 21-24, 34, 45-48 unter Einbeziehung einer weiteren Strafe zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten - den Angeklagten B. zu einer Gesamtfreiheitstrafe von fünf Jahren - den Angeklagten S. o in Bezug auf den Fall II. 37 unter Einbeziehung einer weiteren Strafe zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und vier Monaten o in Bezug auf den Fall II. 50 zu einer Freiheitstrafe von einem Jahr und neun Monaten - den Angeklagten H. zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und neun Monaten.
3
Vom Vorwurf des schweren Bandendiebstahls (§ 244 a Abs. 1 StGB) hat das Landgericht den Angeklagten K. in acht Fällen (Fälle 6, 8, 13-16, 51 und 53 der Anklage), den Angeklagten B. in sechs Fällen (Fälle 9, 17,18, 40, 42 und 44 der Anklage), den Angeklagten S. in vier Fällen (Fälle 9, 17, 18 und 42 der Anklage) und den Angeklagten H. in einem Fall (Fall 28 der Anklage) freigesprochen. Vom Vorwurf des versuchten schweren Bandendiebstahls (§§ 244 a Abs. 1, 22, 23 Abs. 1 StGB) hat es den Angeklagten K. in einem Fall (Fall 52 der Anklage), den Angeklagten H. in zwei Fällen (Fälle 27 und 29 der Anklage) und vom Vorwurf des versuchten Raubs hat es den Angeklagten S. in einem Fall (Fall 38 der Anklage) freigesprochen.
4
Der Angeklagte B. rügt mit seiner Revision die Verletzung formellen und materiellen Rechts und hat mit der Sachrüge Erfolg, soweit sie die Verurteilung wegen Bandendiebstahls im Fall II. 37 angreift. Im Übrigen ist die Revision des Angeklagten B. unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO).
5
Die zuungunsten der Angeklagten eingelegte Revision der Staatsanwaltschaft wendet sich mit der Rüge der Verletzung materiellen Rechts gegen einen Teil der Freisprüche (betreffend den Angeklagten K. in den Fällen II. 6, 13-16 und 51-53, den Angeklagten B. in den Fällen II. 9, 17, 18, 40 und 42, den Angeklagten S. in den Fällen II. 9, 17, 18 und 42 und den Angeklagten H. in den Fällen II. 27-30). Daneben erstrebt sie im Fall II. 37 die Verurteilung der Angeklagten B. und S. wegen schweren Bandendiebstahls gemäß § 244 a StGB und beanstandet die unterbliebene Festsetzung einer Einzelstrafe betreffend den Angeklagten B. sowie die verhängte Gesamtstrafe. Die Revision der Staatsanwaltschaft ist – soweit sie sich gegen einen Teil der erfolgten Freisprüche wendet – unbegründet i.S.v. § 349 Abs. 2 StPO. Im Übrigen führt sie im Fall II. 37 bei Verwerfung im Übrigen lediglich hinsichtlich des Angeklagten B. zur Festsetzung einer Einzelfreiheitsstrafe von drei Monaten.

I.


6
Nach den Feststellungen des Landgerichts handelte es sich bei den Angeklagten und deren Mittätern um Mitglieder bzw. Anhänger des Motorradclubs „MC Bandidos J. “ bzw. der diesen unterstützenden „Chicanos“ in A. .
7
1. Angesichts ihrer geringen finanziellen Einkünfte und des kostspieligen Clublebens entschlossen sich U. und F. , beide Vollmitglieder im „MC Bandidos J. “, etwa im August 2007, sich durch die Begehung von Einbruchsdiebstählen Geld zu verschaffen. Ziel war es, im Bundesgebiet in Supermärkte, Verbrauchermärkte und Tankstellen einzubrechen und Bargeld und teilweise Zigaretten bzw. Tabak zu entwenden. Zunächst schlossen sich U. und F. mit dem Angeklagten K. zusammen; in der Folgezeit, noch vor dem 3. November 2007, kamen der Angeklagte B. und der Mitangeklagte R. hinzu. Schließlich schlossen sich auch der Angeklagte H. und der Mitangeklagte He. der Gruppe an.
8
Innerhalb der Bande bildeten sich verschiedene Untergruppen, die die einzelnen Taten begingen. Mit dem Angeklagten B. begingen U. und F. die Einbruchsdiebstähle in den Fällen II. 10-12. Zudem unternahm der Angeklagte B. mit U. ohne Mitwirkung von F. zwei Einbruchsdiebstähle (Fälle II. 37, 41), wobei in einem Fall der Angeklagte S. beteiligt war, ohne Bandenmitglied zu sein (Fall II. 37). Daneben, noch vor dem 3. November 2007, bildete sich eine weitere Gruppierung, bestehend aus den Angeklagten B. , dem Mitangeklagten R. und dem gesondert Verfolgten Fr. , die in gleicher Weise Einbruchsdiebstähle verübten. In einem Fall begingen die Angeklagten B. und R. zusammen mit Sch. einen Einbruchsdiebstahl (Fall II. 35).
9
2. Ab Mitte Juni 2008 nahm U. nicht mehr an Einbrüchen teil, nachdem er am 14. Juni 2008 einen schweren Motorradunfall erlitten hatte. Danach vereinbarten der Angeklagte K. und der Mitangeklagte He. , der sich einer der genannten Gruppen anschließen wollte, zukünftig gemeinsame Einbruchsdiebstähle zu begehen. Entsprechend dieser Vereinbarung kam es in der Folgezeit zu Einbruchsdiebstählen beider Angeklagter unter Beteiligung des Mitangeklagten Kr. bzw. der gesondert Verfolgten P. .
10
3. Die Einbrüche fanden regelmäßig dergestalt statt, dass die Täter mit einem Transporter, den sie häufig kurze Zeit zuvor angemietet hatten, zum Tatort fuhren. Zudem führten sie Einbruchswerkzeug bei sich, mit dem sie sich Zugang zu den Objekten verschafften. Sie entwendeten Bargeld und teilweise auch Zigaretten. Sofern Tresore vorhanden waren, lösten sie diese aus ihrer jeweiligen Verankerung und nahmen sie mit. In nahe gelegenen Waldstücken öffneten sie diese und entnahmen die Wertgegenstände. Die erbeuteten Geldbeträge bewegten sich im zwei- bis vierstelligen Bereich.
11
4. U. schied am 26. August 2008 aus dem „MC Bandidos J. “ aus. Hintergrund hierfür war, dass F. mit der Freundin von U. ein intimes Verhältnis begonnen hatte. F. wurde am 25. August 2008 deshalb aus dem „MC Bandidos J. “ ausgeschlossen und tötete sich noch in derselben Nacht selbst. Da U. Repressalien befürchtete, wandte er sich an die Polizei und sagte umfangreich gegen Mitglieder und Anhänger des „MC Bandidos J. “ aus.
12
5. Das Landgericht hat in einer Reihe von angeklagten Fällen aus tatsächlichen Gründen von einer Verurteilung der Angeklagten abgesehen. Zum einen ist das Landgericht in den Fällen zu Freisprüchen gelangt, in denen zum Tatnachweis lediglich die durch Funkzellendaten der Handyortung belegte Anwesenheit des jeweiligen Angeklagten in Tatortnähe zur Verfügung stand (Fälle 6, 13-15 der Anklage betreffend den Angeklagten K. ; Fälle 27-30 und 51 der Anklage betreffend den Angeklagten H. ). Zum anderen hat das Landgericht die Angeklagten in den Fällen freigesprochen, in denen als Beweismittel nur die Angaben des Zeugen U. vorhanden waren und es sich aufgrund der Detailarmut und Pauschalität seiner Aussage oder deren Widersprüchlichkeit nicht von der Täterschaft der Angeklagten hat überzeugen können (Fälle 9, 17, 18, 42 der Anklage betreffend die Angeklagten B. und S. ; Fall 40 der Anklage betreffend den Angeklagten B. ; Fälle 16, 52, 53 der Anklage betreffend den Angeklagten K. ).
II. Revision des Angeklagten B.
13
Die Revision des Angeklagten B. hat in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg; im Übrigen ist sie aus den vom Generalbundesanwalt in der Hauptverhandlung dargelegten Gründen unbegründet.
14
1. Die Revision des Angeklagten B. hat Erfolg, soweit sie im Fall II. 37 die Verurteilung wegen Bandendiebstahls angreift. Insoweit fehlt es an einer bandenmäßigen Begehung der Tat. Der Angeklagte B. hat sich lediglich wegen Diebstahls gemäß § 242 Abs. 1 StGB strafbar gemacht. Insoweit war der Schuldspruch zu berichtigen.
15
a) Das Landgericht hat im Fall II. 37 festgestellt, dass der Angeklagte B. und der Zeuge U. die Absicht hatten, in E. ein Bordell zu eröffnen. Als sie am 12. März 2008 in Begleitung des Angeklagten S. bei „I. “ in E. Gegenstände zur Einrichtung des Bordells erwarben, stießen sie auf eine ihnen passend erscheinende Couchgarnitur und entschlossen sich spontan, diese zu entwenden. Zu diesem Zeitpunkt hatten sich beide u.a. mit F. , aber auch mit dem Angeklagten R. verabredet, als Bande gemeinsam (Einbruchs)Diebstähle zu begehen (UA S. 72).
16
b) Diese Feststellungen reichen für die Annahme eines schweren Bandendiebstahls gemäß § 244 a StGB nicht aus. Zwar kann nach vorheriger Bandenabrede eine von nur zwei Mitgliedern verübte Tat als Bandentat zu qualifizieren sein; denn das für das Vorliegen einer Bande erforderliche dritte Mitglied muss nicht in die konkrete Tatbegehung eingebunden sein. Voraussetzung für die Annahme einer bandenmäßigen Begehungsweise ist neben der Mitwirkung eines weiteren Bandenmitglieds jedoch, dass die Einzeltat Ausfluss der Ban- denabrede ist und nicht losgelöst davon ausschließlich im eigenen Interesse der jeweils unmittelbar Beteiligten ausgeführt wird (BGH NStZ 2006, 342 f.; NStZ-RR 2011, 245; StV 2011, 410, 411).
17
Ein solcher konkreter Bezug der Tat lässt sich den Feststellungen jedoch nicht entnehmen. Der Diebstahl der Couchgarnitur bezweckte nicht die Umsetzung der Bandenabrede, die allein darauf gerichtet war, durch gemeinsame Einbruchsdiebstähle in den Besitz von Bargeld und sonstigen Wertgegenständen zur Finanzierung des Lebensunterhalts zu gelangen. Die Tat im Fall II. 37, die sich als (einfacher) Diebstahl schon von ihrer Begehungsweise her von den verabredeten Bandentaten unterscheidet und zu der sich die Tatbeteiligten spontan entschlossen, war dagegen darauf gerichtet, für das allein gemeinsam von dem Angeklagten B. und dem Zeugen U. – ohne Beteiligung der übrigen Bandenmitglieder – geplante Bordell eine Couchgarnitur zu erlangen. Insoweit lag der begangene Diebstahl ausschließlich im eigenen Interesse der handelnden Täter.
18
Der Angeklagte B. beging daher lediglich einen Diebstahl. Der Senat schließt angesichts des gegenüber den üblichen Bandentaten abweichenden Tatablaufs und der unterschiedlichen Tatmotivation aus, dass weitere Feststellungen getroffen werden können, die zur Annahme einer auf die Tat im Fall II. 37 bezogenen Bandenabrede führen. Da nicht zu sehen ist, wie sich der Angeklagte B. in tatsächlicher Hinsicht anders hätte verteidigen können, hat der Senat den Schuldspruch entsprechend geändert.
19
2. Soweit die Revision auch die Verurteilung des Angeklagten B. wegen Bandendiebstahls in den Fällen II. 35 und 41 beanstandet, ist sie unbegründet.
20
Nach den Feststellungen des Landgerichts brachen der Angeklagten B. und der Zeuge U. zwei Tage nach dem Diebstahl bei „I. “ in E. (Fall II. 37) in der Nacht vom 13. zum 14. März 2008 in den N. -Markt in E. ein und erbeuteten 427,56 € sowie Tabakwaren (Fall II. 41). Die Angeklagten B. und R. brachen in Begleitung des Mitangeklagten Sch. am 24. April 2008 in den NK. -Markt und den Schl. -Markt in Ei. ein und erbeuteten einen Geldbetrag von 2.618,21 € (Fall II. 35).
21
Diese Feststellungen tragen in beiden Fällen die Verurteilung wegen einer Bandentat.
22
a) Rechtsfehlerfrei hat das Landgericht in beiden Fällen eine Bandenabrede angenommen. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs setzt eine Bande i.S.d. § 244 Abs. 1 Nr. 2 StGB den Zusammenschluss von mindestens drei Personen voraus, die sich zur fortgesetzten Begehung einer noch unbestimmten Zahl von Diebstählen verbunden haben (BGHSt [GS] 46, 321, 325). Erforderlich ist eine – ausdrücklich oder konkludent getroffene – Bandenabrede , bei der das einzelne Mitglied den Willen hat, sich mit mindestens zwei anderen Personen zur Begehung von Straftaten in der Zukunft für eine gewisse Dauer zusammenzuschließen (BGHSt 50, 160, 164; BGH wistra 2010, 347). Ohne Rechtsfehler ist das Landgericht im Fall II. 41 vom Vorliegen einer Bandenabrede zwischen U. , B. und F. bzw. R. ausgegangen (UA S. 72). Noch rechtsfehlerfrei stellt das Landgericht auch betreffend Fall II. 35 fest, dass es neben der Bande um U. und F. eine weitere als Bande anzusehende Gruppe, bestehend aus den Angeklagten B. , R. und dem gesondert Verfolgten Fr. , gab, die sich vor dem 3. November 2007 zur künftigen Begehung von Einbruchsdiebstählen verabredet hatte (UA S. 48, 66, 85).
23
b) Die Feststellungen tragen – gemessen an dem bereits aufgezeigten Maßstab (oben II. 1.) – auch die bandenmäßige Begehungsweise der jeweiligen Einzeltat. Die in den Fällen II. 35 und 41 begangenen Taten sind den üblichen Bandentaten vergleichbar: Es handelt sich um Einbruchsdiebstähle, die der Finanzierung des Lebensunterhalts der Tatbeteiligten dienten. Die Taten in den Fällen II. 41 und 35 wurden anders als im Fall II. 37 auch nicht losgelöst von der Bandenabrede ausschließlich im eigenen Interesse der jeweils unmittelbar Beteiligten ausgeführt, sondern waren Ausfluss der Bandenabrede, die darauf abzielte , zukünftig gemeinsam Einbruchsdiebstähle zur Finanzierung des Lebensunterhalts zu begehen. Dem steht nicht entgegen, dass die Tatbeute lediglich zwischen den unmittelbar Beteiligten der jeweiligen Einzeltat und nicht innerhalb der an der Bandenabrede Beteiligten aufgeteilt wurde (vgl. BGH NStZ 2006, 574). Schließlich schadet es nicht, dass das Landgericht nicht festgestellt hat, dass über die beiden tatbeteiligten Bandenmitglieder hinaus ein weiteres Bandenmitglied Kenntnis von der Begehung der Taten hatte. Dass zur Zeit der Tatbegehung womöglich nur zwei Bandenmitglieder Kenntnis von der Tatbegehung hatten, stellt weder das Vorliegen der zuvor getroffenen Bandenabrede noch den Umstand in Frage, dass diese Tat angesichts der festgestellten Tatumstände und konkreten Tatmotivation Ausfluss der Bandenabrede gewesen ist (vgl. BGH NStZ 2006, 342 f.).
24
3. Im Ergebnis ohne Erfolg beanstandet schließlich die Revision, dass das Landgericht im Rahmen der Strafzumessung zu seinen Lasten ein Bewährungsversagen berücksichtigt hat. Zwar hat das Landgericht diesen Umstand rechtsfehlerhaft in der Strafzumessung zu Lasten des Angeklagten gewertet. Die Bewährungszeit der Strafe aus dem Urteil des Amtsgerichts Weimar vom 23. Mai 2002 endete bereits am 15. September 2007 und damit vor den von dem Angeklagten B. in der Zeit vom 12. März bis 25. April 2008 begange- nen Taten. Bei dieser Sachlage erweist sich die Feststellung des Landgerichts, der Angeklagte B. habe „sich als Bewährungsversager präsentiert“ (UA S. 193), als rechtsfehlerhaft, da eine „laufende Bewährung“ zu den Tatzeitpunkten trotz des noch ausstehenden Beschlusses über den Erlass der Strafe nicht mehr bestand (vgl. BGH StV 1991, 557). Der Senat kann jedoch ausschließen, dass sich diese Annahme des Landgerichts bei der Bemessung der Strafen im Ergebnis für ihn nachteilig ausgewirkt hat, da das Landgericht rechtsfehlerhaft zu seinen Gunsten das Erleiden von Untersuchungshaft bis zur Urteilsverkündung berücksichtigt hat (UA S. 192). Der Vollzug von Untersuchungshaft stellt bei Fehlen überdurchschnittlicher Belastungen des Täters aber keinen Nachteil für den Angeklagten dar, da die Untersuchungshaft nach § 51 Abs. 1 Satz 1 StGB grundsätzlich auf die zu vollstreckende Strafe angerechnet wird (vgl. BGH NStZ 2006, 620, 621). Überdurchschnittlich belastende Umstände hat das Landgericht jedoch nicht dargetan.
III. Revision der Staatsanwaltschaft
25
1. Die Revision der Staatsanwaltschaft ist unbegründet, soweit sie sich gegen die ergangenen Freisprüche der Angeklagten wendet. Die Überprüfung des Urteils deckt insoweit keinen durchgreifenden Rechtsfehler zum Vorteil der Angeklagten auf. Die Beweiswürdigung ist rechtsfehlerfrei.
26
Gemäß § 261 StPO entscheidet über das Ergebnis der Beweisaufnahme das Tatgericht. Spricht es einen Angeklagten frei, weil es Zweifel an seiner Täterschaft nicht zu überwinden vermag, so ist dies durch das Revisionsgericht in der Regel hinzunehmen. Die Beweiswürdigung ist Sache des Tatrichters. Es kommt nicht darauf an, ob das Revisionsgericht angefallene Erkenntnisse an- ders würdigt oder Zweifel an der Täterschaft des Angeklagten überwunden hätte. Die revisionsgerichtliche Prüfung beschränkt sich darauf, ob dem Tatrichter bei der Beweiswürdigung Rechtsfehler unterlaufen sind. Dies ist dann der Fall, wenn die Beweiswürdigung von einem rechtlich unzutreffenden Ansatz ausgeht, etwa hinsichtlich des Umfangs und der Bedeutung des Zweifelsatzes, wenn sie lückenhaft, widersprüchlich oder unklar ist, gegen Gesetze der Logik oder gesicherte Erfahrungssätze verstößt oder wenn an die zur Verurteilung erforderliche Gewissheit überspannte Anforderungen gestellt werden (st. Rspr., vgl. BGH NStZ 2010, 102, 103 mwN).
27
Solche Rechtsfehler hat die Revision nicht dargetan. Das Landgericht hat auch keine überspannten Anforderungen an die Überzeugungsbildung gestellt und alle relevanten Umstände in eine umfassende Würdigung einbezogen ; die jeweils gezogenen Schlussfolgerungen sind möglich. Dabei hat es auch berücksichtigt, dass die durch die Funkzellendaten im Einzelfall belegte Anwesenheit in Tatortnähe für die Täterschaft eines Angeklagten sprechen kann. Soweit es diese als alleinigen Nachweis der Täterschaft nicht als ausreichend angesehen hat, ist dies aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Auch soweit das Landgericht Zweifel an der Täterschaft der Angeklagten in den Fällen , in denen die Aussage des Zeugen U. – als einziges Beweismittel – detailarm oder widersprüchlich war, nicht zu überwinden vermochte, begründet dies keinen Rechtsfehler.
28
2. a) Die Revision der Staatsanwaltschaft ist auch erfolglos, soweit sie im Fall II. 37 die Verurteilung der Angeklagten B. und S. wegen § 244 a StGB begehrt.
29
aa) Hinsichtlich des Angeklagten B. kommt dies – wie bereits oben unter II. 1. dargelegt – schon deshalb nicht in Betracht, da es – entgegen der landgerichtlichen Annahme – insoweit an einer bandenmäßigen Tatbegehung fehlt. Soweit der Schuldspruch hinsichtlich des Angeklagten B. im Fall II. 37 auf die Revision des Angeklagten geändert wurde (siehe oben II. 1.), kommt es darauf, dass das Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft auch zu Gunsten des Angeklagten wirkt (§ 301 StPO), nach dem entsprechenden Teilerfolg der Angeklagtenrevision nicht mehr an (BGH, Urteil vom 15. Juli 2008 – 1 StR 144/08).
30
bb) Die Verurteilung des Angeklagten S. wegen Diebstahls (§ 242 Abs. 1 StGB) im Fall II. 37 ist nicht zu beanstanden. Das Landgericht hat ohne Rechtsfehler bei dem Angeklagten S. die Eigenschaft als Bandenmitglied verneint, so dass eine Verurteilung gemäß § 244 Abs. 1 Nr. 2 StGB oder § 244 a Abs. 1 StGB nicht in Betracht kam.
31
b) Dagegen hat die Revision der Staatsanwaltschaft Erfolg, soweit im Fall II. 37 hinsichtlich des Angeklagten B. die Festsetzung einer Einzelstrafe unterblieben ist. Der Senat hat nach erfolgter Schuldspruchänderung gemäß § 354 Abs. 1 StPO entsprechend dem Antrag des Generalbundesanwalts in der Hauptverhandlung die gesetzlich niedrigste Strafe festgesetzt. Dabei ist der Senat von der Verwirklichung eines Diebstahls im besonders schweren Fall ausgegangen (§§ 242 Abs. 1, 243 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 StGB). Der Angeklagte handelte auch im Fall II. 37 gewerbsmäßig. Im Rahmen der rechtlichen Wertung zu den Fällen II. 10-12 und 41 stellt das Landgericht fest, dass der Angeklagte B. gewerbsmäßig i.S.v. § 243 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 StGB gehandelt habe, da er jedenfalls einen Teil seines Lebensunterhalts durch die Begehung unbestimmt vieler Einbruchsdiebstähle habe finanzieren wollen (UA S. 185). Angesichts des Umstandes, dass der Angeklagte B. die Tat im Fall II. 37 etwa zwei Wochen vor den Taten in den Fällen II. 10-12 und zwei Tage vor der Tat im Fall II. 41 beging, ist auch im Fall II. 37 von einem gewerbsmäßigen Handeln auszugehen. § 265 StPO steht nicht entgegen, da sich der Angeklagte gegen die Annahme gewerbsmäßigen Handelns nicht anders als geschehen hätte verteidigen können. Die niedrigste Strafe beträgt drei Monate , § 243 Abs. 1 Satz 1 StGB. Diese hat der Senat auf Antrag des Generalbundesanwalts festgesetzt.
32
c) Soweit die Staatsanwaltschaft sich hinsichtlich des Angeklagten B. wegen der unterbliebenen Einzelstrafenfestsetzung im Fall II. 37 auch gegen die verhängte Gesamtstrafe wendet, ist das Rechtsmittel unbegründet. Der Senat schließt angesichts der Höhe der übrigen Einzelstrafen aus, dass das Landgericht bei Berücksichtigung der im Fall II. 37 durch den Senat festgesetzten Einzelstrafe eine höhere Gesamtstrafe verhängt hätte.
Fischer Appl Schmitt
Krehl Ott

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
4 StR 55/12
vom
20. Dezember 2012
BGHSt: ja
BGHR: ja
Nachschlagewerk: ja
Veröffentlichung: ja
____________________________
Zur Schadensfeststellung beim Sportwettenbetrug (Fortführung von BGH, Urteil vom
15. Dezember 2006 – 5 StR 181/06, BGHSt 51, 165).
BGH, Urteil vom 20. Dezember 2012 - 4 StR 55/12 - LG Bochum
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen Betruges u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat aufgrund der Verhandlung vom
15. November 2012 in der Sitzung vom 20. Dezember 2012, an der teilgenommen
haben:
Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Mutzbauer
als Vorsitzender,
Richter am Bundesgerichtshof
Cierniak,
Dr. Franke,
Bender,
Dr. Quentin
als beisitzende Richter
Oberstaatsanwalt beim Bundesgerichtshof
als Vertreter des Generalbundesanwalts,
Rechtsanwalt
als Verteidiger für den Angeklagten C. in der Verhandlung und
bei der Verkündung,
Rechtsanwalt
Rechtsanwalt
als Verteidiger für den Angeklagten S. in der Verhandlung
am 15. November 2012,
Justizangestellte in der Verhandlung am 15. November 2012,
Justizangestellte bei der Verkündung am 20. Dezember 2012
als Urkundsbeamtinnen der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revisionen der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Bochum vom 19. Mai 2011 mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben
a) hinsichtlich des Angeklagten C. im Schuldspruch in den Fällen 2, 8, 18, 25 und 28, im Ausspruch über die Gesamtstrafe;
b) hinsichtlich des Angeklagten S. im Schuldspruch in den Fällen 18, 25 und 28 sowie – insoweit unter Aufrechterhaltung der Feststellungen – in den Fällen 1, 5, 7, 9, 10, 13, 14, 15, 16, 17, 19, 20, 21, 23, 24, 26 und 27, im Ausspruch über die Gesamtstrafe und hinsichtlich der Feststellung zu § 111i Abs. 2 StPO. 2. Auf die Revision des Angeklagten S. wird das vorbezeichnete Urteil, soweit es ihn betrifft, im gesamten Strafausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben. 3. Im Umfang der Aufhebungen wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft und des Angeklagten S. , an eine andere Strafkammer des Landgerichts Bochum zurückverwiesen.
4. Die weiter gehenden Revisionen der Staatsanwaltschaft und des Angeklagten S. sowie die Revision des Angeklagten C. werden verworfen. 5. Der Angeklagte C. hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
Von Rechts wegen

Gründe:


1
Das Landgericht hat die Angeklagten C. und S. wegen „gewerbsmäßigen“ Betrugs in 26 Fällen, wobei es in fünf Fällen beim Versuch blieb (C. ) und „gewerbsmäßigen“ Betrugs in 22 Fällen, wobei es in drei Fällen beim Versuch blieb (S. ), jeweils zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten verurteilt. Ferner hat es hinsichtlich beider Angeklagten Feststellungen nach § 111i Abs. 2 StPO getroffen. Mit ihren Revisionen beanstanden die Angeklagten das Verfahren und rügen die Verletzung materiellen Rechts. Die Staatsanwaltschaft beanstandet mit ihren zu Ungunsten der Angeklagten eingelegten Revisionen, dass keine Verurteilung wegen Bandenbetrugs gemäß § 263 Abs. 5 StGB erfolgt ist und in den Fällen 2, 8, 18, 25 und 28 nur ein versuchter und kein vollendeter Betrug angenommen wurde. Außerdem habe das Landgericht rechtsfehlerhaft nicht in seine Betrachtungen einbe- zogen, dass die Angeklagten in einer Vielzahl von Fällen „Vermögensverluste großen Ausmaßes“ im Sinne von § 263Abs. 3 Nr. 2 StGB verursacht haben. Soweit die Staatsanwaltschaft eine Verurteilung der Angeklagten wegen Bandenbetruges anstrebt, wird ihr Rechtsmittel durch den Generalbundesanwalt nicht vertreten.

I.


2
Nach den Feststellungen platzierten die Angeklagten zumeist gemeinsam , aber auch allein, bei verschiedenen Wettanbietern in Europa und Asien zu verbindlichen Quoten angebotene Wetten auf die Ergebnisse von Fußballspielen , auf deren Ausgang sie durch Zahlungen an Spieler oder Schiedsrichter Einfluss genommen hatten.
3
Bei Wetten mit verbindlichen Quoten lobt der Wettanbieter für das jeweilige Spiel eine bestimmte Wettquote aus, die das Verhältnis von Einsatz und möglichem Gewinn widerspiegelt. Dabei geht der Wettanbieter davon aus, dass sich die Wetteinsätze weitgehend nach den Wahrscheinlichkeiten verteilen werden, mit denen ein bestimmter Spielausgang zu erwarten ist. Die Wettquoten werden nach der zu erwartenden Verteilung der Wetteinsätze kalkuliert und so bemessen, dass „unter dem Strich“ unabhängig von dem Ergebnis des je- weiligen Spiels ein Gewinn verbleibt (UA 16). Wird auf das Spielergebnis manipulativ eingewirkt, kann der Wettanbieter das betroffene Spiel nicht mehr zuverlässig kalkulieren. Wetten auf bekannt manipulierte Spiele werden daher nicht angenommen (UA 17).
4
Soweit von den Angeklagten gemeinsam Wetten mit Anbietern aus Asien abgeschlossen wurden, geschah dies durch den Angeklagten S. , der sich dazu in der Regel der in London ansässigen Ltd. als Vermittler bediente (Fälle 1, 5, 7, 9, 10, 13, 14, 15, 16, 17, 18, 21, 23, 24, 25, 26, 27, 28). Dabei teilte der Angeklagte S. den Mitarbeitern der Firma Ltd. zumeist telefonisch mit, welche Wetten er platzieren wollte. Die Vermittler schlossen dann bei verschiedenen Wettanbietern einen oder mehrere Wettverträge auf das jeweilige Spiel ab. Nach der Ausführung des Auftrages erhielt der Angeklagte S. auf gleichem Weg eine Bestätigung. Den Mitarbeitern der Ltd. waren die Manipulationen bekannt. Bei einem Treffen am 11. August 2008 besprachen der Angeklagte S. und die für die Ltd. angereisten anderweitig verfolgten H. , Ch. und Cha. die Konditionen für die weitere Zusammenarbeit. Dabei wurde ein sog. „Sterne-System“ ent- wickelt, nach dem der Angeklagte S. bei der Aufgabe einer Wette den Mitarbeitern der Ltd. mitteilen sollte, in welchem Ausmaß er die zu bewettende Partie manipuliert hatte. Je mehr Spieler von ihm korrumpiert worden wa- ren, desto mehr „Sterne“ sollte er der Partie verleihen. Die Ltd. verdien- te an der Vermittlung, indem sie die von den Wettanbietern in Asien angebotenen Quoten gegenüber dem Angeklagten S. geringfügig verschlechterte. Spiele, die den Mitarbeitern der Firma Ltd. als „sicher“ erschienen, wurden von ihnen – ohne Wissen der Angeklagten – auch gezielt zu Wetten auf eigene Rechnung ausgenutzt. Weder der Angeklagte S. noch die von ihm beauftragten Vermittler der Firma Ltd. legten gegenüber den asiatischen Wettanbietern offen, dass die gewetteten Spiele manipuliert waren. Den Wettanbietern wurde auf diese Weise vorgespiegelt, dass es sich um „normale“ unbeeinflusste Spiele handelte (UA 20, 21 f.). Die erzielten Gewinne flossen über die Vermittler zunächst auf ein von dem Angeklagten S. geführtes Konto. Der Angeklagte C. erhielt seinen Anteil im Rahmen eines „Kontokorrentsystems“ , das von Zeit zu Zeit durch Zahlungen ausgeglichen wurde und bei dem es zu Verrechnungen mit neu zu leistenden Einsätzen kam (UA 24). In einem Fall platzierte der Angeklagte S. eine Wette für sich und den Angeklagten C. bei einem asiatischen Wettanbieter über den niederländischen Staatsangehörigen R. (Fall 22). In einem weiteren Fall wurde eine Wette durch den Angeklagten C. bei dem auf Malta registrierten Wettanbieter - auf ein von ihm zusammen mit dem Angeklagten S. beeinflusstes Spiel abgeschlossen. Der Angeklagte S. war an dem von dem Angeklag- ten C. erzielten Gewinn über eine Wette beteiligt, die C. von ihm auf dieses Spiel angenommen hatte (Fall 11). Auch in diesen Fällen wurden die Manipulationen nicht offengelegt (UA 30, 37).
5
In zwei Fällen schloss der Angeklagte S. Wettverträge auf manipulierte Spiele ohne Beteiligung des Angeklagten C. mit asiatischen Wettanbietern ab (Fälle 19, 20), wobei er sich ebenfalls der Ltd. als Vermittler bediente. Außerdem platzierte er auf ein manipuliertes Spiel neben der gemeinsamen auch eine eigene Wette, wobei er den Vertrag über einen griechischen Vermittler abschloss (Fall 27).
6
Neben den gemeinsamen Wetten mit dem Angeklagten S. schloss der Angeklagte C. in sechs weiteren Fällen allein oder mit anderen Mittätern Wetten bei dem Anbieter - oder bei asiatischen Wettanbietern auf manipulierte Fußballspiele ab (Fälle 2, 3, 4, 6, 8, 12) und platzierte zudem ohne Wissen des Angeklagten S. weitere eigene Wetten auf Spiele, auf die der Angeklagte S. oder beide bereits gemeinsam gewettet hatten (Fälle 7, 9, 10, 13, 14, 23). Auch dabei wurden die Manipulationen nicht offengelegt (UA 21 ff.).
7
Insgesamt wettete der Angeklagte S. gemeinsam mit dem Angeklagten C. oder allein auf 22 beeinflusste Fußballspiele, wobei es in 19 Fällen zu dem angestrebten Spielausgang kam. Dadurch konnte der Angeklagte S. Gewinne zwischen 7.500 Euro und 534.875,03 Euro erzielen. In drei Fällen verlor er seinen Einsatz, weil die Spiele anders als gewettet ausgingen. Der Angeklagte C. schloss allein oder gemeinsam mit dem Angeklagten S. auf 26 beeinflusste Fußballspiele Wetten ab. In 21 Fällen kam es zu dem von ihm gewetteten Spielausgang. Dabei erzielte er Gewinne zwischen 10.224,50 Euro und 561.262,53 Euro. In fünf Fällen gingen die Spiele anders als gewettet aus, sodass der Angeklagte C. seinen Einsatz verlor.
8
Das Landgericht hat bei beiden Angeklagten in allen Fällen einen vollendeten Betrug angenommen, in denen Gewinne erzielt und ausbezahlt wurden. Die Fälle, in denen die Angeklagten keine Zahlungen erhielten, hat das Landgericht als versuchten Betrug gewertet, weil den Wettanbietern kein Vermögensschaden entstanden sei. Ein sog. Quotenschaden, der bereits mit dem Abschluss des Wettvertrages eintreten soll, liege nicht vor, weil die Wettanbieter bei Kenntnis der Manipulationen die Wettverträge nicht lediglich anders kalkuliert , sondern gar nicht abgeschlossen hätten. Auch könne ein Quotenschaden nicht in einer Weise quantifiziert werden, die den vom Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil vom 23. Juni 2010 (BVerfGE 126, 170) aufgestellten Anforderungen genüge.

II.


9
Die Revision des Angeklagten S. führt zur Aufhebung des ihn betreffenden Strafausspruchs. Im Übrigen ist sie unbegründet. Die Revision des Angeklagten C. hat insgesamt keinen Erfolg.
10
1. Die von den Angeklagten erhobenen Verfahrensrügen greifen nicht durch.
11
a) Die Rüge des Angeklagten S. , das Landgericht habe gegen § 136a Abs. 1 Satz 3 1. Alt. StPO verstoßen, indem es ihn am 11. Hauptverhandlungstag durch die Androhung, den gegen ihn gerichteten Haftbefehl wie- der in Vollzug zu setzen, dazu veranlasst habe, sich von drei Beweisanträgen seiner Verteidiger und den darin aufgestellten Behauptungen zu einer Kenntnis der asiatischen Wettanbieter von den Manipulationen zu distanzieren und deren Rücknahme zu veranlassen, bleibt erfolglos, weil das hierzu angebrachte Tatsachenvorbringen , soweit es bewiesen ist, den geltend gemachten Rechtsverstoß nicht belegt.
12
aa) Der Angeklagte S. trägt – gestützt auf entsprechende anwaltliche Versicherungen – vor, der Vorsitzende habe nach der Stellung von drei Beweisanträgen erklärt, der Angeklagte rücke aus seiner Sicht mit diesen Anträgen von seiner Einlassung ab und stelle sein bisheriges Prozessverhalten infrage. Die Kammer werde deshalb die Frage der Fluchtgefahr neu zu bewerten haben, weil darin möglicherweise ein Abrücken von dem vorherigen Geständnis liege und damit die Straferwartung, die bei der Haftverschonung nach dem in der Hauptverhandlung abgegebenen Geständnis zugrunde gelegt worden sei, entfallen sein könnte. Der Sitzungsvertreter der Staatsanwaltschaft habe dem beigepflichtet. Da er, der Angeklagte S. , auf keinen Fall das Risiko einer erneuten Inhaftierung habe eingehen wollen, habe sein Verteidiger während der anschließenden Unterbrechung der Hauptverhandlung das Dienst- und Beratungszimmer des Gerichts aufgesucht. Dabei habe er die Richter in einer Situation angetroffen, die für ihn deutlich gemacht habe, dass diese gerade beim Abfassen eines Wiederinhaftierungsbeschlusses gewesen seien. Der Verteidiger habe den anwesenden Berufsrichtern erklärt, dass der Angeklagte auf keinen Fall eine erneute Inhaftierung riskieren wolle und bereit sei, die gestellten Beweisanträge zurückzunehmen. Der Vorsitzende habe daraufhin mitgeteilt, dass die Kammer in diesem Fall erwägen würde, von einer Wiederinhaftierung abzusehen. Nach einer Diskussion über die Bedingungen für ein Absehen von einer erneuten Inhaftierung habe der Vorsitzende schließlich auch noch erklärt, dass ihm eine Rücknahme der Beweisanträge nicht ausreiche; der Angeklagte müsse sich auch noch von den aufgestellten Beweisbehauptungen distanzieren. In der Folge habe er auch diese Erklärung abgegeben.
13
Nach dem Protokoll wurde im Anschluss an die Verlesung der Beweisanträge von dem Sitzungsvertreter der Staatsanwaltschaft „in seiner Stellungnahme herausgestellt, ob die Frage der Haftverschonung angesichts der gestellten Beweisanträge möglicherweise neu zu beurteilen ist“. Wie sich aus der dienstlichen Stellungnahme der Berufsrichter ergibt, hat der Vorsitzende nach der Antragstellung mitgeteilt, dass der Angeklagte mit diesen Beweisanträgen von seiner bisherigen geständigen Aussage abrücke. Die Hauptverhandlung sei unterbrochen worden, um die auch von der Staatsanwaltschaft aufgeworfene Frage der Wiederinvollzugsetzung des Haftbefehls zu beraten. Der Verteidiger des Angeklagten habe das Dienstzimmer aufgesucht. Zu diesem Zeitpunkt sei noch keine irgendwie geartete konkrete Maßnahme zur Wiederinvollzugsetzung des Haftbefehls vorbereitet oder bereits durchgeführt worden. Der Verteidiger habe angekündigt, die gestellten Beweisanträge zurückzunehmen. Von der Kammer sei ihm zudem anheim gestellt worden, den Angeklagten auch selbst versichern zu lassen, dass er sich von den gestellten Anträgen und ihrem Inhalt distanziere.
14
bb) Eine Drohung mit einer unzulässigen Maßnahme gemäß § 136a Abs. 1 Satz 3 1. Alt. StPO liegt vor, wenn eine in der konkreten Situation prozessual unstatthafte Maßnahme in Aussicht gestellt wird und dadurch für den Bedrohten eine Zwangslage entsteht, die ihm eine sofortige Entscheidung abnötigt (vgl. BGH, Urteil vom 6. Dezember 1961 – 2 StR 485/60, BGHSt 17, 14, 20 f.). Dies hat der Senat (Urteil vom 16. September 2004 – 4 StR 84/04, NStZ 2005, 279, 280) in einem Fall bejaht, in dem das Gericht eindeutig zum Aus- druck gebracht hatte, dass der Angeklagte in Haft genommen werde, falls er nicht gestehe, sondern den beabsichtigten Beweisantrag stelle.
15
Hiervon unterscheidet sich der vorliegende Fall maßgeblich. Die eindeutig als eigene vorläufige Einschätzung gekennzeichnete Erklärung des Vorsitzenden zum Inhalt der Beweisanträge und ihrer möglichen Bedeutung für die Haftfrage („aus meiner Sicht“, „möglicherweise“) stellt noch keine zu einer Dro- hung verdichtete Ankündigung der sofortigen Inhaftierung dar (vgl. Gleß in Löwe/Rosenberg, StPO, 26. Aufl., § 136a Rn. 57). Auch war dem anwaltlich vertretenen Angeklagten bekannt, dass eine Invollzugsetzung des Haftbefehls nicht durch den Vorsitzenden allein, sondern nur durch eine Entscheidung aller drei Berufsrichter bewirkt werden konnte. Dass der Erklärung des Vorsitzenden eine Verständigung unter den Berufsrichtern vorangegangen ist, trägt die Revision nicht vor.
16
Auch in der Unterbrechung der Sitzung, um über eine Invollzugsetzung des Haftbefehls zu beraten, lag keine (konkludente) Androhung einer sofortigen Inhaftierung des Angeklagten. Nachdem auch der Sitzungsvertreter der Staatsanwaltschaft in seiner Stellungnahme zu den Beweisanträgen diese Maßnahme ausdrücklich in den Raum gestellt hatte, bestand ein entsprechender Erörterungsbedarf. Soweit der Verteidiger bei seinem Erscheinen im Beratungszimmer den Eindruck gewonnen hatte, dass die Richter gerade mit der Abfassung eines Invollzugsetzungsbeschlusses befasst waren, stehen dem die dienstlichen Äußerungen entgegen. Der Vortrag, bei dem anschließenden Gespräch im Beratungszimmer sei dem Angeklagten über seinen Verteidiger die Distanzierungserklärung unter Hinweis auf eine sonst drohende Inhaftierung abverlangt worden, widerspricht ebenfalls den dienstlichen Erklärungen der beteiligten Richter („anheimgestellt“) und ist daher nicht bewiesen.
17
b) Die von den beiden Angeklagten erhobenen Aufklärungsrügen greifen aus den in den Zuschriften des Generalbundesanwalts vom 1. März 2012 genannten Gründen nicht durch.
18
2. Soweit die Angeklagten wegen (versuchten) Betrugs verurteilt worden sind, weist das Urteil keinen sie beschwerenden Rechtsfehler auf.
19
a) Das Landgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass die Angeklagten selbst oder durch ihre Vermittler bei der Abgabe der Wetten gegenüber den Wettanbietern konkludent der Wahrheit zuwider erklärt haben, dass der Verlauf oder der Ausgang der gewetteten Spiele von ihnen nicht beeinflusst worden ist. Die Manipulationsfreiheit des Wettgegenstandes gehört zur Geschäftsgrundlage der Wette. Beide Parteien sichern sich daher stillschweigend zu, auf das gewettete Spiel keinen Einfluss genommen zu haben. Dadurch wurde bei den Wettanbietern – jedenfalls in der Form des sachgedanklichen Mitbewusstseins – ein entsprechender Irrtum erregt. Dies entspricht der Rechtsprechung des Reichsgerichts und des Bundesgerichtshofs (BGH, Urteil vom 15. Dezember 2006 – 5 StR 181/06, BGHSt 51, 165 Rn. 16 ff.; Urteil vom 19. Dezember 1979 – 3 StR 313/79, BGHSt 29, 165, 167 f.; RG, Urteil vom 17. Dezember 1928 – III 1006/28, RGSt 62, 415, 416), die in der Literatur weitgehend Zustimmung gefunden hat (Cramer/Perron, in Schönke/Schröder, 28. Aufl., § 263 Rn. 16e; Fischer, 60. Aufl., § 263 Rn. 32; SSW-StGB/Satzger, § 263 Rn. 38; Fasten/Oppermann, JA 2006, 69, 71; Feinendegen, NJW 2007, 787, 788; Gaede, HRRS 2007, 16; Krack, ZIS 2007, 103, 105; Kubiciel, HRRS 2007, 68, 69 f.; Petropoulos/Morozinis, wistra 2009, 254, 255; Reinhart, SpuRt 2007, 52, 53 f.; Saliger/Rönnau/Kirch-Heim, NStZ 2007, 361, 362 ff.; vgl. auch Maaß, GA 1984, 264, 280 ff.; aus zivilrechtlicher Sicht Henssler, Risiko als Vertragsgegenstand , S. 471).
20
An dieser Rechtsprechung hält der Senat fest. Die Erfassung konkludenter Täuschungen ist vom Wortlaut der Vorschrift des § 263 Abs. 1 StGB gedeckt und führt nicht zu einer Entgrenzung des Tatbestandes, sodass im Hinblick auf Art. 103 Abs. 2 GG keine Bedenken bestehen (vgl. BVerfG, NStZ 2012, 496 Rn. 168). Der Einwand, es liege keine Feststellung von Tatsachen mehr vor, wenn das Vorliegen einer konkludenten Täuschung über die Manipulationsfreiheit des gewetteten Spieles ohne Ermittlung des tatsächlichen Verständnisses der Beteiligten allein aus dem Wesen des Wettvertrages hergeleitet werde, verfängt nicht (Jahn/Maier, JuS 2007, 215, 217; a.A. Saliger/Rönnau/Kirch-Heim, NStZ 2007, 361, 362 f.; vgl. noch Kraatz, JR 2012, 329, 331). Ob in einer bestimmten Kommunikationssituation neben einer ausdrücklichen auch eine konkludente Erklärung abgegeben worden ist und welchen Inhalt sie hat, bestimmt sich nach dem objektiven Empfängerhorizont, der unter Berücksichtigung der Gesamtumstände und der Verkehrsanschauung festzulegen ist (vgl. BGH, Urteil vom 26. April 2001 – 4 StR 439/00, NStZ 2001, 430; Urteil vom 10. November 1994 – 4 StR 331/94, BGHR StGB § 263 Abs. 1 Irrtum 10; SSWStGB /Satzger, § 263 Rn. 37 f.). Wenn der Tatrichter dabei – wie hier – seine Bewertung maßgeblich auf die sich aus dem Wesen des abgeschlossenen Vertrages ergebende Risiko- und Pflichtenverteilung stützt, ist dies revisionsrechtlich bedenkenfrei (vgl. BGH, Urteil vom 14. August 2009 – 3 StR 552/08, BGHSt 54, 69 Rn. 150; MünchKomm-StGB/Hefendehl, § 263 Rn. 86, 93; Kubiciel, HRRS 2007, 68, 69). Auch wird durch die Annahme einer konkludenten Täuschung die für die Strafbarkeit eines Unterlassens erforderliche Feststellung einer Garantenpflicht nicht umgangen (so aber Schild, ZfWG 2006, 213, 216 f.; Schlösser, NStZ 2005, 423, 426). Die Abgabe einer auf den Abschluss eines Rechtsgeschäfts gerichteten Erklärung ist positives Tun, auch wenn sie zugleich als (stillschweigende) Negativerklärung in Bezug auf zu dem Geschäftszweck in Widerspruch stehende Umstände verstanden wird (vgl. NK-StGB- Kindhäuser, § 263 Rn. 110; LK-StGB/Tiedemann, 12. Aufl., § 263 Rn. 29; SSWStGB /Satzger, § 263 Rn. 41). Die Manipulationsfreiheit ist eine notwendige Bedingung für die Durchführbarkeit eines auf ein ungewisses Ereignis ausgerichteten Wettvertrages; sie gehört deshalb zum Inhalt eines in sich schlüssigen (konkludenten) Antrags auf dessen Abschluss (vgl. BGH, Urteil vom 15. Dezember 2006 – 5 StR 181/06, BGHSt 51, 165 Rn. 27).
21
Das Verhalten der in die Manipulationen eingeweihten als Vermittler tätigen Mitarbeiter der Ltd. ist den Angeklagten nach § 25 Abs. 2 StGB zuzurechnen. Hinsichtlich der Vermittler, die keine Kenntnis von den Manipulationen der Angeklagten hatten, erfolgt die Zurechnung nach den Grundsätzen zur mittelbaren Täterschaft (§ 25 Abs. 1 StGB).
22
b) In denjenigen Fällen, in denen die Wettanbieter den entsprechend der vereinbarten Quote berechneten Gewinn ausbezahlt und dadurch für sich den endgültigen Vermögensverlust in Höhe der Differenz zwischen Wetteinsatz und Wettgewinn herbeigeführt haben, ist das Landgericht zu Recht von einem vollendeten Betrug und einem Schaden in dieser Höhe ausgegangen.
23
aa) Da nach den Feststellungen die Wettanbieter die Wettverträge nicht abgeschlossen und dementsprechend auch keine Gewinne ausbezahlt hätten, wenn ihnen die Manipulationen der gewetteten Spiele bekannt geworden wären , ist der für die Annahme eines Betruges erforderliche Ursachenzusammenhang zwischen dem täuschungsbedingten Irrtum und der in der Gewinnausschüttung liegenden Vermögensverfügung gegeben (BGH, Urteil vom 15. Dezember 2006 – 5 StR 181/06, BGHSt 51, 165 Rn. 34).
24
Der Umstand, dass das Landgericht keine näheren Feststellungen dazu getroffen hat, wer bei den Wettanbietern im konkreten Fall die Wetten angenommen hat und wie die Gewinnauszahlungen veranlasst wurden, steht dem nicht entgegen, weil keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass es im Geschäftsbetrieb der Wettanbieter an irgendeiner Stelle ein Wissen um die Manipulationen gegeben hat und der durch die Täuschung ausgelöste Irrtum über die Manipulationsfreiheit deshalb nicht verfügungsursächlich geworden sein könnte (vgl. BGH, Urteil vom 5. Dezember 2002 – 3 StR 161/02, NStZ 2003, 313 Rn. 8 f.; Beckemper/Wegner, NStZ 2003, 315, 316). Auch hat das irrtumsbedingte Verhalten auf Seiten der Wettanbieter ohne weitere deliktische Zwischenschritte der Angeklagten zu der Vermögensverfügung geführt (vgl. BGH, Urteil vom 20. Februar 1991 – 2 StR 421/90, BGHR StGB § 263 Abs. 1 Vermögensschaden 29).
25
bb) Der Umstand, dass die Wettanbieter schon mit der auf derselben Täuschung beruhenden Eingehung der Wettverträge einen Vermögensnachteil erlitten haben (dazu unten III. 1), steht einer Schadensbestimmung nach Maßgabe der in der Erfüllungsphase geleisteten Zahlungen nicht entgegen. Die Erfüllung einer täuschungsbedingt eingegangenen vermögensnachteiligen Verpflichtung vertieft den bereits eingetretenen Schaden. Beide Verfügungen und die durch sie ausgelösten Nachteile bilden zusammen eine Betrugstat (vgl. BGH, Urteil vom 14. August 2009 – 3 StR 552/08, BGHSt 54, 69 Rn. 162 f.; Urteil vom 15. Dezember 2006 – 5 StR 181/06, BGHSt 51, 165 Rn. 35 f.; Urteil vom 29. Januar 1997 – 2 StR 633/96, NStZ 1997, 542, 543; RG, Urteil vom 17. März 1932 – III 841/31, RGSt 66, 175, 180; LK-StGB/Lackner, 10. Aufl., § 263 Rn. 292 f.; LK-StGB/Tiedemann, 12. Aufl., § 263 Rn. 274; Tenckhoff in FS Lackner, S. 677, 680). Dabei ist für die Schadensfeststellung jedenfalls dann allein auf die Erfüllungsphase abzustellen, wenn – wie hier – der Getäuschte seine Verpflichtung aus dem Vertrag restlos erfüllt hat und der mit dem Vertragsschluss ausgelöste Nachteil deshalb vollständig in dem durch die Vertragserfüllung herbeigeführten Schaden enthalten ist (BGH, Beschluss vom 14. April 2011 − 2 StR 616/10, NStZ 2011, 638 Rn. 12 a.E.; vgl. Klein, Das Verhältnis von Eingehungs- und Erfüllungsbetrug, 2003, S. 178 ff.).
26
Auf die Frage, ob die Manipulationen der Angeklagten tatsächlich den Ausgang der betroffenen Spiele beeinflusst haben, kommt es nicht an (BGH, Urteil vom 15. Dezember 2006 – 5 StR 181/06, BGHSt 51, 165 Rn. 35 f.; a.A. Saliger/Rönnau/Kirch-Heim, NStZ 2007, 361, 368; Saliger in FS Samson, S. 455, 460). Entscheidend ist vielmehr, dass die Wettanbieter Wetten auf manipulierte Spiele nicht angenommen hätten. Dass es den Angeklagten in den Fällen, in denen das gewettete Spielergebnis unabhängig von ihrer Einflussnahme auf den Spielverlauf eintrat, möglich gewesen wäre, den Wettgewinn auch ohne Manipulation und damit ohne eine hierauf bezogene Täuschung zu erzielen, ist ohne Belang, weil für die innere Verknüpfung von Täuschung, Irrtum und Vermögensverfügung allein der tatsächliche Verlauf der Willensbildung maßgebend ist (BGH, Urteil vom 24. Februar 1959 – 5 StR 618/58, BGHSt 13, 13, 14 f.; im Ergebnis ebenso Pawlik, Das unerlaubte Verhalten beim Betrug, 1999, S. 250 f.).
27
3. Auf die Revision des Angeklagten S. ist jedoch der gesamte ihn betreffende Strafausspruch aufzuheben, weil das Landgericht eine Strafmilderung nach § 46b Abs. 1 Nr. 1 StGB nicht erwogen hat.
28
Nach den Feststellungen hat der umfassend geständige Angeklagte im Ermittlungsverfahren bei über 30 Vernehmungen Angaben zu einer Vielzahl von Sachverhalten gemacht, die den Ermittlungsbehörden zuvor nicht bekannt wa- ren (UA 12). Danach liegt es nahe, dass die Voraussetzungen des § 46b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 StGB, § 100a Abs. 2 Nr. 1 Buchst. n StPO gegeben sind.
29
Das Landgericht hat die Angaben des Angeklagten S. im Ermittlungsverfahren nur im Rahmen der konkreten Strafzumessung als allgemeinen Strafmilderungsgrund berücksichtigt (UA 53). Es hat nicht erörtert, ob durch diese Angaben ein wesentlicher Aufklärungserfolg im Sinne des § 46b Abs. 1 Satz 1 StGB eingetreten ist. Der Umstand, dass der Angeklagte C. im Ermittlungsverfahren ebenfalls ein Geständnis abgelegt hat (UA 51, 53), führt nicht dazu, dass dem Angeklagten S. die Vergünstigung des § 46b StGB nicht mehr zu Gute kommen kann. Die geständige Einlassung des Angeklagten C. erfolgte nach der Einlassung des Angeklagten S. . In der Regel sind die Vorteile des § 46b StGB zunächst demjenigen Mittäter zu gewähren, der als erster einen über seinen Tatbeitrag hinausgehenden Aufklärungsbeitrag leistet, weil dadurch die Möglichkeit der Strafverfolgung im Hinblick auf begangene Taten nachhaltig verbessert und die Kooperation mit den Ermittlungsbehörden auch für die übrigen Mittäter zu einer naheliegenden Strategie wird (vgl.BGH, Beschluss vom 30. August 2011 – 2 StR 141/11, StV 2012, 80, 81; Beschluss vom 17. März 1992 – 5 StR 60/92, BGHR BtMG § 31 Nr. 1 Aufdeckung 23).
30
Auf dem gezeigten Rechtsfehler beruht der gesamte Strafausspruch, weil das Landgericht nicht geprüft hat, ob die Strafrahmen gemäß § 46b Abs. 1 Satz 1 StGB zu mildern sind und nicht auszuschließen ist, dass im Fall einer solchen Strafrahmenverschiebung niedrigere Einzelstrafen und eine geringere Gesamtstrafe verhängt worden wären (vgl. BGH, Beschluss vom 24. April 2003 – 4 StR 94/03, NStZ-RR 2003, 297).

III.


31
Die zu Ungunsten der Angeklagten eingelegten Revisionen der Staatsanwaltschaft haben in dem aus der Urteilsformel ersichtlichen Umfang Erfolg. Im Übrigen sind sie unbegründet. Darauf, dass die Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft auch zu Gunsten der Angeklagten wirken (§ 301 StPO), kommt es nach dem entsprechenden (Teil-)Erfolg der Revision des Angeklagten S. nicht mehr an (BGH, Urteil vom 28. September 2011 – 2 StR 93/11, Rn. 29; Urteil vom 15. Juli 2008 – 1 StR 144/08, Rn. 3; Meyer-Goßner, StPO, 55. Aufl., § 301 Rn. 3).
32
1. Das Urteil hat in den Fällen, in denen es nicht zu einer Gewinnauszahlung kam (Fälle 2 und 8 hinsichtlich des Angeklagten C. und Fälle 18, 25 und 28 hinsichtlich beider Angeklagten), keinen Bestand, weil das Landgericht die Annahme eines vollendeten Betruges mit nicht tragfähigen Erwägungen abgelehnt hat.
33
a) Der 5. Strafsenat hat entschieden, dass bei Wetten mit festen Quoten auf manipulierte Fußballspiele bereits mit Abschluss des Wettvertrages ein vollendeter Betrug zum Nachteil der getäuschten Wettanbieter gegeben ist. Die aufgrund eines bestimmten Risikos ermittelte Quote stelle gleichsam den „Verkaufspreis“ der Wettchance dar. Durch die Manipulationen sei das Wettrisiko erheblich zugunsten der täuschenden Wettkunden verschoben worden. Die bei Vertragsschluss von den Wettanbietern vorgegebene Quote entspreche deshalb nicht mehr dem Risiko, das ihrer Kalkulation zugrunde gelegen habe. Die von dem Wettkunden erkaufte Chance auf den Wettgewinn sei wesentlich mehr wert, als er dafür in Ausnutzung seiner Täuschung bezahlt habe. Für seine jeweiligen Einsätze hätte der Wettkunde bei realistischer Einschätzung des tat- sächlichen Wettrisikos einen erheblich geringeren Gewinn erkaufen können. Diese „Quotendifferenz“ stelle bei jedem Vertragsschlusseinen nicht unerheblichen Vermögensschaden dar. Dieser Quotenschaden müsse nicht beziffert werden. Es reiche aus, wenn die insoweit relevanten Risikofaktoren gesehen und bewertet werden (BGH, Urteil vom 15. Dezember 2006 – 5 StR 181/06, BGHSt 51, 165 Rn. 32 f.; SSW-StGB/Satzger, § 263 Rn. 212; Engländer, JR 2007, 477, 479; Gaede, HRRS 2007, 16, 18; Krack, ZIS 2007, 103, 109; Ostermeier, ZfWG 2007, 253, 260).
34
b) Auch der Senat bejaht grundsätzlich einen Vermögensschaden bereits mit Abschluss des Wettvertrags. Allerdings ist die eingetretene Vermögensminderung abweichend zu bestimmen.
35
aa) Wurde der Getäuschte zum Abschluss eines gegenseitigen Vertrages verleitet (Eingehungsbetrug), sind bei der für die Schadensfeststellung erforderlichen Gesamtsaldierung der Geldwert des erworbenen Anspruchs gegen den Täuschenden und der Geldwert der eingegangenen Verpflichtung miteinander zu vergleichen. Der Getäuschte ist geschädigt, wenn sich dabei ein Negativsaldo zu seinem Nachteil ergibt (st. Rspr. vgl. BGH, Beschluss vom 14. April 2011 − 2 StR 616/10, NStZ 2011, 638 Rn. 12; Urteil vom 14. August 2009 – 3 StR 552/08, BGHSt 54, 69 Rn. 156; Beschluss vom 18. Februar 1999 – 5 StR 193/98, BGHSt 45, 1, 4; Beschluss vom 18. Juli 1961 – 1 StR 606/60, BGHSt 16, 220, 221; LK-StGB/Tiedemann, 12. Aufl., § 263 Rn. 160, 173). Ist der Getäuschte ein Risikogeschäft eingegangen, kommt es für die Bestimmung des Schadens maßgeblich auf die täuschungs- und irrtumsbedingte Verlustgefahr an, die über die vertraglich zu Grunde gelegte hinausgeht (vgl. BGH, Beschluss vom 14. April 2011 − 2 StR 616/10, NStZ 2011, 638 Rn. 12; Beschluss vom 18. Februar 2009 – 1 StR 731/08, BGHSt 53, 199 Rn. 12 f.; Beschluss vom 23. Februar 1982 – 5 StR 685/81, BGHSt 30, 388, 389 f.; Jaath in FS Dünnebier , S. 583, 591 f.).
36
Auch ein nur drohender, ungewisser Vermögensabfluss kann einen Schaden darstellen, wenn der wirtschaftliche Wert des gefährdeten Vermögens bereits gesunken ist (vgl. Lackner/Kühl, StGB, 27. Aufl., § 263 Rn. 40 ff.; Schuhr, ZStW 123 [2011], 517, 529 f.; Riemann, Vermögensgefährdung und Vermögensschaden, 1989, S. 7). Die bloße Möglichkeit eines Wertverlustes genügt dabei allerdings noch nicht. Auch dürfen die Verlustwahrscheinlichkeiten nicht so diffus sein oder sich in so niedrigen Bereichen bewegen, dass der Eintritt eines realen Schadens ungewiss bleibt. Zur Verhinderung einer tatbestandlichen Überdehnung und zur Wahrung des Charakters des Betrugstatbestandes als Erfolgsdelikt ist der Schaden daher der Höhe nach zu beziffern und nachvollziehbar darzulegen. Bestehen Unsicherheiten, kann ein Mindestschaden unter Beachtung des Zweifelssatzes im Wege einer tragfähigen Schätzung ermittelt werden (BVerfG, NStZ 2012, 496 Rn. 176; vgl. NStZ 2010, 626 Rn. 28; BGH, Urteil vom 14. August 2009 – 3 StR 552/08, BGHSt 54, 69 Rn. 163; Beschluss vom 18. Februar 2009 – 1 StR 731/08, BGHSt 53, 199 Rn. 13; LKStGB /Tiedemann, 12. Aufl., § 263 Rn. 165 mwN; Kraatz, JR 2012, 329, 332 ff.). Normative Gesichtspunkte können bei der Bewertung des Schadens eine Rolle spielen; sie dürfen die wirtschaftliche Betrachtung allerdings nicht überlagern oder verdrängen (BVerfG, NStZ 2012, 496 Rn. 176).
37
bb) Bei Wettverträgen auf Sportereignisse mit verbindlichen Quoten gestehen sich der Wettende und der Wetthalter gegenseitig je einen Anspruch auf einen bestimmten Geldbetrag zu und übernehmen das entsprechende Haftungsrisiko. Beide Ansprüche stehen zueinander im Verhältnis der Alternativität, weil sie mit unterschiedlichen Vorzeichen von dem Eintritt des gewetteten Spie- lergebnisses oder Spielverlaufs und damit von entgegengesetzten Bedingungen abhängen (vgl. Staudinger/Engel, BGB, Neubearb. 2008, § 762 Rn. 4 ff.; MünchKomm-BGB/Habersack, 5. Aufl., § 762 Rn. 7; Henssler, Risiko als Vertragsgegenstand , S. 440 ff.). Der Anspruch des Wettenden ist auf den seinen Einsatz entsprechend der vereinbarten Quote übersteigenden Wettgewinn und der Anspruch des Wettanbieters auf ein Behaltendürfen des vorgeleisteten Wetteinsatzes gerichtet. Ihr Geldwert bestimmt sich nach der vereinbarten Höhe (Einsatz x Quote – Einsatz bzw. Einsatz) sowie der Wahrscheinlichkeit des Eintrittes des zur Bedingung gemachten Spielausganges. Wird durch eine nicht offen gelegte Manipulation des Wettenden die Wahrscheinlichkeit erhöht, dass es zu dem von ihm gewetteten Spielausgang kommt, erhöht sich damit auch der Geldwert seines Anspruchs gegen den getäuschten Wettanbieter und das korrespondierende Haftungsrisiko. Zugleich vermindert sich der Geldwert des alternativen Anspruchs des Wettanbieters auf ein Behaltendürfen des Einsatzes. Die getäuschten Wettanbieter haben mithin einen Vermögensschaden erlitten, wenn bei objektiver Betrachtung die von ihnen gegenüber den Angeklagten eingegangene – infolge der Manipulationen mit einem erhöhten Realisierungsrisiko behaftete – Verpflichtung zur Auszahlung des vereinbarten Wettgewinns nicht mehr durch den Anspruch auf den Wetteinsatz aufgewogen wird.
38
cc) Die Tatsache, dass die beeinträchtigten Ansprüche der Wettanbieter auf ein Behaltendürfen des Wetteinsatzes von dem Nichteintritt des gewetteten Spielergebnisses abhängen, lässt den strafrechtlichen Vermögensschutz nicht entfallen. Auch bedingte Forderungen gehören zum strafrechtlich geschützten Vermögen, wenn mit ihrer Realisierung ernsthaft zu rechnen ist und sie deshalb im Geschäftsverkehr als werthaltig angesehen werden (vgl. BGH, Beschluss vom 27. Mai 2008 – 4 StR 58/08, NStZ 2008, 627). Dies war hier ersichtlich der Fall.
39
dd) Soweit die getäuschten Wettanbieter in der Gesamtschau keinen Verlust erlitten haben, weil das auf die betroffenen Spiele entfallene Wettaufkommen die an die Angeklagten auszuschüttenden Gewinne gedeckt hat, steht dies der Annahme eines Vermögensschadens nicht entgegen (a.A. Saliger/ Rönnau/Kirch-Heim, NStZ 2007, 361, 366; Reinhart, SpuRt 2007, 52, 54 f.; Rönnau in FS Rissing-van Saan, S. 517, 528; Saliger in FS Samson, S. 455, 459 f.). Die dem Wettanbieter verbleibenden Wetteinsätze der Wettverlierer stellen im Verhältnis zu den manipulativ agierenden Wettgewinnern keinen unter dem Gesichtspunkt der Schadenskompensation zu berücksichtigenden Ausgleich dar. Kommt es im Zusammenhang mit einer nachteiligen Vermögensverfügung an anderer Stelle zu einem Vermögenszuwachs, scheidet die Annahme eines Vermögensschadens nur dann aus, wenn dieser Vorteil von der Verfügung selbst zeitgleich mit dem Nachteil hervorgebracht worden ist und nicht – wie hier – auf rechtlich selbstständigen Handlungen beruht (vgl. BGH, Beschluss vom 10. November 2009 – 4 StR 194/09, NStZ 2010, 330 Rn. 2; Beschluss vom 27. August 2003 – 5 StR 254/03, NStZ 2004, 205 Rn. 2; Urteil vom 23. Mai 2002 – 1 StR 372/01, BGHSt 47, 295, 301 f.; Urteil vom 4. März 1999 – 5 StR 355/98, NStZ 1999, 353, 354; SSW-StGB/Satzger, § 263 Rn. 144).
40
ee) Die Sache bedarf daher insoweit neuer Verhandlung und Entscheidung. Der neue Tatrichter wird dabei – gegebenenfalls mit sachverständiger Hilfe – die Wahrscheinlichkeit eines Wetterfolges und dessen Beeinflussung durch die Manipulationen zu beurteilen und danach den wirtschaftlichen Wert sowohl der bedingten Verbindlichkeit (Zahlung des Wettgewinns) als auch des gegenüberstehenden Anspruchs (Behaltendürfen des Wetteinsatzes) des getäuschten Wettanbieters zu bestimmen haben. Dabei können die auf dem Wettmarkt für die jeweiligen Spiele anfänglich angebotenen Quoten einen An- halt für die Bewertung des Wettrisikos vor der Manipulation bieten. Für die Bewertung der Beeinflussung des Wettrisikos durch die Manipulation geben die Zahl und die Bedeutung der beeinflussten Spieler oder sonstigen Teilnehmer einen wesentlichen Anhaltspunkt.
41
Soweit für eine Schadensbestimmung eine Anknüpfung an die Grundsätze zu Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten und drohende Verluste aus schwebenden Geschäften (§ 249 Abs. 1 Satz 1 HGB) in Betracht kommt (vgl. Kozikowski/Schubert in Beck´scher Bilanzkommentar, 8. Aufl., § 249 Rn. 60; Kraatz, JR 2012, 329, 334), wird besonders zu beachten sein, dass es hier um die Ermittlung eines Mindestschadens geht. Betriebswirtschaftliche sowie handels- und gesellschaftsrechtliche Bewertungsverfahren sind in erheblichem Maß von Grundsätzen geprägt (Vorsichtsprinzip), die im Zweifel zur Annahme niedriger Werte und zu einer Überbewertung von Verlustrisiken führen, was ihrer Anwendung auf einen strafrechtlichen Sachverhalt Grenzen setzt (Schuhr, ZStW 123 [2011], 517, 530; Becker, HRRS 2009, 334, 338 f.; Kempf in FS Volk, S. 231, 240 f.; Tiedemann in FS Klug, Bd. II., S. 405, 415).
42
Lassen sich keine belastbaren Aussagen treffen und kann deshalb auch ein Mindestschaden nicht mehr geschätzt werden, scheidet ein Schuldspruch wegen vollendeten Betrugs aus.
43
ff) Eine Divergenzvorlage nach § 132 Abs. 2 GVG ist nicht erforderlich, weil der 5. Strafsenat die in seinem Urteil vom 15. Dezember 2006 (5 StR 181/06, BGHSt 51, 165 Rn. 32 f.) vertretene Auffassung, dass der eingetretene Vermögensschaden nicht beziffert werden müsse, mit Beschluss vom 13. April 2012 (5 StR 442/11, NJW 2012, 2370 Rn. 7) aufgegeben und mit Rücksicht auf den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 7. Dezember 2011 (2 BvR 2500/09 u.a., NStZ 2012, 496 Rn. 176) entschieden hat, dass es im Fall der Annahme eines Eingehungsbetrugs einer ausreichenden Beschreibung und Bezifferung der täuschungsbedingten Vermögensschäden bedarf.
44
2. Hinsichtlich des Angeklagten S. war das Urteil darüber hinaus auch in den Fällen 1, 5, 7, 9, 10, 13, 14, 15, 16, 17, 19, 20, 21, 23, 24, 26 und 27 aufzuheben, weil das Landgericht bei der Ablehnung eines Bandenbetruges gemäß § 263 Abs. 5 StGB von einem unzutreffenden rechtlichen Maßstab ausgegangen ist.
45
a) Der Begriff der Bande setzt den Zusammenschluss von mindestens drei Personen voraus, die sich mit dem Willen verbunden haben, künftig für eine gewisse Dauer mehrere selbstständige, im Einzelnen noch ungewisse Straftaten des im Gesetz benannten Deliktstyps zu begehen. Ein „gefestigter Bandenwille“ oder ein „Tätigwerden in einem übergeordneten Bandeninteresse“ ist nicht erforderlich. Es steht der Annahme einer Bande deshalb nicht entgegen , wenn deren Mitglieder bei der Tatbegehung ihre eigenen Interessen an einer risikolosen und effektiven Tatausführung sowie Beute- und Gewinnerzielung verfolgen (BGH, Beschluss vom 22. März 2001 – GSSt 1/00, BGHSt 46, 321, 335; Urteil vom 16. November 2006 – 3 StR 204/06, NStZ 2007, 269).
46
b) Die Abrede zwischen dem Angeklagten S. und den Vermittlern der Ltd. (H. , Ch. und Cha. ) vom 11. August 2008 war ersichtlich auf eine unbestimmte Vielzahl zukünftiger Betrugstaten zum Nachteil asiatischer Wettanbieter gerichtet. Soweit das Landgericht die Annahme einer Bande mit der Erwägung verneint hat, dass die gesondert verfolgten H. und Cha. lediglich aus eigenem Interesse an den Wetten des Angeklagten S. mitgewirkt und diesen zur Maximierung ihres Gewinnes regelmäßig übervorteilt haben (UA 48), wird ein Interessengleichlauf zur Bedingung für eine bandenmäßige Begehungsweise gemacht, der nach der Aufgabe der Rechtsprechung zum „übergeordneten Bandeninteresse“ (vgl. BGH, Urteil vom 9. Oktober 1996 – 3 StR 220/96, BGHSt 42, 255, 259 f.) gerade nicht mehr erforderlich ist. Dessen ungeachtet haben die Mitarbeiter der Ltd. in Bezug auf die getäuschten Wettanbieter tatsächlich dasselbe deliktische Ziel verfolgt wie der Angeklagte S. und seine weiteren Mittäter, denn auch ihr Gewinninteresse hing von einer erfolgreichen Platzierung der Wetten und deren Gewinn ab (vgl. BGH, Urteil vom 16. November 2006 – 3 StR 204/06, NStZ 2007, 269, 270). Übervorteilen sich Beteiligte nach ihren gemeinsam begangenen Taten bei der Beute- oder Gewinnverteilung, stellt dies eine bandenmäßige Begehungsweise nicht in Frage.
47
Die Sache bedarf daher auch insoweit neuer Verhandlung und Entscheidung. Da es sich um einen reinen Bewertungsfehler handelt, der auch die bereits aus anderen Gründen aufgehobenen Fälle 18, 25 und 28 betrifft, können in den Fällen 1, 5, 7, 9, 10, 13, 14, 15, 16, 17, 19, 20, 21, 23, 24, 26 und 27 die rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen bestehen bleiben. Ergänzende – hierzu nicht in Widerspruch stehende – Feststellungen sind möglich. Sollte der Tatrichter zur Annahme eines Bandenbetruges gelangen, wird dieser in den Tenor aufzunehmen sein (vgl. BGH, Urteil vom 16. November 2006 – 3 StR 204/06, NStZ 2007, 269, 270).
48
3. Die weiter gehende Revision der Staatsanwaltschaft hat keinen Erfolg.
49
a) In Bezug auf den Angeklagten C. hat das Landgericht zu Recht eine bandenmäßige Begehungsweise gemäß § 263 Abs. 5 StGB verneint.
50
Nach den Feststellungen waren die manipulationswilligen Spieler nur für eng begrenzte Zeiträume in das Geschehen eingebunden, sodass eine (konkludente ) Bandenabrede mit dem Angeklagten C. insoweit nicht belegbar ist. Gleiches gilt für die verschiedenen Gehilfen und Mittäter, die bei einzelnen Spielen aufgrund von Einzelabsprachen im Verbund mit dem Angeklagten C. tätig waren. In die Absprachen mit der Ltd. war der Angeklagte C. nicht eingebunden.
51
b) Der Umstand, dass das Landgericht in den Fällen 1, 5, 7, 9, 10, 14, 15, 17, 19, 21, 23, 26 und 27 einen Vermögensverlust großen Ausmaßes gemäß § 263 Abs. 3 Nr. 2 Alt. 1 StGB nicht ausdrücklich geprüft hat, lässt keinen durchgreifenden Rechtsfehler erkennen.
52
Die Annahme eines Vermögensverlustes von großem Ausmaß kommt in Betracht, wenn der angerichtete Schaden mehr als 50.000 Euro beträgt (BGH, Urteil vom 7. Oktober 2003 – 1 StR 274/03, BGHSt 48, 360, 362 ff.; Beschluss vom 11. Februar 2009 – 5 StR 11/09, wistra 2009, 236, 237; LK-StGB/ Tiedemann, 12. Aufl., § 263 Rn. 298a mwN). Dabei ist der Umfang der Vermögenseinbuße opferbezogen zu bestimmen. Werden – wie hier durch die Platzierung mehrerer Wetten auf ein manipuliertes Spiel – mehrere Opfer geschädigt, kommt es auf die Verluste bei jedem einzelnen Opfer an. Eine Addition von Einzelschäden ist nur dann möglich, wenn sie dasselbe Opfer betreffen (BGH, Beschluss vom 18. Oktober 2011 – 4 StR 253/11, NStZ 2012, 213; Beschluss vom 15. März 2011 – 1 StR 529/10, NJW 2011, 1825, 1827).
53
Danach kam in den Fällen 1, 5, 15, 17 und 26 die Annahme eines Vermögensverlustes von großem Ausmaß schon deshalb nicht in Betracht, weil die Feststellungen nicht belegen, dass bei einem der betroffenen Wettanbieter ein Verlust von mehr als 50.000 Euro eingetreten ist. In den übrigen Fällen vermag der Senat auszuschließen, dass eine ausdrückliche Berücksichtigung des Umstandes , dass die Verluste der einzelnen Wettanbieter mehr als 50.000 Euro betragen haben und damit auch das Regelbeispiel des § 263 Abs. 3 Nr. 2 Alt. 1 StGB verwirklicht ist, zu einer höheren Bestrafung geführt hätte. Die Kammer ist in allen Fällen vom Strafrahmen des § 263 Abs. 3 StGB ausgegangen, weil sie ein gewerbsmäßiges Vorgehen der Angeklagten angenommen hat. Die Höhe der verursachten Schäden wurde bei der Strafzumessung ausdrücklich berücksichtigt.

IV.


54
Wegen der Aufhebung des Schuldspruchs bei dem Angeklagten S. waren auch die – an sich rechtsfehlerfrei getroffenen – ihn betreffenden Feststellungen zur Rückgewinnungshilfe nach § 111i Abs. 2 StPO aufzuheben.
Mutzbauer Cierniak Franke
Bender Quentin

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
4 StR 163/14
vom
14. August 2014
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen versuchten Totschlags u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 14. August
2014, an der teilgenommen haben:
Vorsitzende Richterin am Bundesgerichtshof
Sost-Scheible,
Richterin am Bundesgerichtshof
Roggenbuck,
Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Franke,
Dr. Mutzbauer,
Dr. Quentin
als beisitzende Richter,
Richterin am Landgericht
als Vertreterin des Generalbundesanwalts,
Rechtsanwalt
als Verteidiger des Angeklagten A. G. ,
Rechtsanwalt
als Verteidiger der Angeklagten B. G. ,
Rechtsanwalt
als Vertreter des Nebenklägers,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revisionen der Angeklagten und der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Detmold vom 17. Dezember 2013 mit den Feststellungen aufgehoben. 2. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere als Schwurgericht zuständige Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Gründe:


1
Das Landgericht hat die Angeklagten wegen versuchten Totschlags in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung zu Freiheitsstrafen von sechs Jahren und sechs Monaten (A. G. ) und vier Jahren (B. G. ) verurteilt. Außerdem hat es eine Adhäsionsentscheidung getroffen. Mit ihren Revisionen rügen die Angeklagten die Verletzung materiellen Rechts und wenden sich insbesondere gegen die Annahme eines bedingten Tötungsvorsatzes. Die Staatsanwaltschaft beanstandet mit ihren zu Ungunsten der Angeklagten eingelegten und der Sachrüge begründeten Revisionen vor allem, dass diese nicht auch wegen schwerer Körperverletzung verurteilt wurden und ihnen verminderte Schuldfähigkeit zugebilligt wurde. Soweit die Staatsanwaltschaft eine Verurteilung der Angeklagten wegen schwerer Körperverletzung anstrebt, wird ihr Rechtsmittel vom Generalbundesanwalt nicht vertreten. Die Revisionen haben Erfolg.

I.


2
Das Landgericht hat die folgenden Feststellungen und Wertungen getroffen :
3
1. Im Sommer 2011 ging die älteste Tochter der Angeklagten, die Zeugin M. G. , eine freundschaftliche Beziehung zu dem drei Jahre älteren Nebenkläger und späteren Tatopfer St. ein, aus der sich ein intimes Verhältnis entwickelte. Als die Angeklagten spätestens im Januar 2013 hiervon erfuhren, drängten sie auf ein Ende der Verbindung und erwirkten im März 2013 in Vertretung ihrer noch minderjährigen Tochter gegen St. eine einstweilige Anordnung nach dem Gewaltschutzgesetz. Als St. Ende April 2013 davon Kenntnis erlangte, dass gegen ihn nun auch ein Antrag auf Verhängung eines Ordnungsgeldes wegen eines Verstoßes gegen die Gewaltschutzanordnung gestellt worden war, gab er die zunächst fortgesetzte Beziehung zu M. G. auf und mied weiteren Kontakt.
4
Anfang Juni 2013 wurden im Internet intime und teilweise pornographische Fotos von M. G. veröffentlicht. Die Angeklagten waren deswegen zutiefst beschämt und sahen darin eine Bloßstellung ihrer gesamten Familie. Sie schliefen wenig, nahmen kaum Nahrung zu sich und zogen sich von ihren Mitmenschen zurück. Sie wollten den Urheber der Bilder zur Verantwortung ziehen und hatten dabei - zu Unrecht - St. in Verdacht. Als die Angeklagten das Gerücht erreichte, dass auch noch die Veröffentlichung eines Sex-Videos bevorstünde, begannen sie intensiv nach Indizien zu suchen, die ihren Verdacht zu stützen vermochten. Am 13. Juni 2013 berichtete die Zeugin J. Br. der Angeklagten B. G. , sie habe gehört, St. habe die Bilder aus Enttäuschung in Umlauf gebracht. Für die Angeklagten stand danach außer Zweifel, dass St. für die Bildveröffentlichungen verantwortlich war.
5
Am 14. Juni 2013 bat der Angeklagte A. G. den Zeugen A. Br. ein vermeintlich zufälliges Treffen mit St. herbeizuführen. A. Br. veranlasste daraufhin den gutgläubigen St. dazu, um 15.45 Uhr zum Taxistand vor dem Bahnhof von H. zu kommen und setzte den Angeklagten A. G. hiervon in Kenntnis. Die Angeklagten hatten die Absicht, St. als vermeintlichen Urheber der Bilder zur Rede zu stellen. Dabei waren sie auch zur Anwendung von Gewalt bereit. Einen gemeinschaftlichen Plan ihn zu töten gab es jedoch nicht.
6
Am vereinbarten Treffpunkt kam es zunächst zu einem Gespräch zwischen St. und A. Br. . Währenddessen näherten sich die Angeklagten von der gegenüberliegenden Straßenseite. Die Angeklagte B. G. verlor beim Anblick von St. „die Kontrolle über ihre Wut“. Sie rannte über die Straße auf St. zu und begann ihn laut schreiend mit ihren Fäusten zu misshandeln. St. schlug daraufhin zu seiner Verteidigung mit einer Glasflasche um sich, wobei er B. G. wenigstens einmal mit der bloßen Hand oder der Flasche im Gesicht traf. Als der noch auf der gegenüberliegenden Straßenseite zurückgebliebene A. G. sah, dass sich St. zu verteidigen begann, stürmte er „außer sich vor Wut“ seiner Ehefrau hinterher und zog ein schweres Taschenmesser mit Cutterklinge aus seiner Hosentasche. Als er den Nebenkläger und die Mitangeklagte erreichte , begann er sofort auf St. einzustechen und ihn mit schneidenden Bewegungen zu verletzen, wobei er in seinem Wunsch nach Vergel- tung „sogar dessen Tod billigte“. Vorzugsweise richtete A. G. das Messer gegen den Oberkörper, den Hals und den Kopf des Nebenklägers, wobei er ihm mehrere tiefe Schnittverletzungen beibrachte. Als B. G. sah, wie A. G. mit dem Messer auf St. einstach, war ihr klar, „dass es nun um Leben und Tod ging“. Sie billigte das Handeln ihres Ehemannes und er- kannte, dass die tiefen und kraftvollen Schnitte ernsthafte Verletzungen verursachten. Dabei fand auch sie sich mit einem möglichen Tod von St. ab und schlug weiter mit den Händen auf ihn ein. Einen Versuch des Zeugen A. Br. , A. G. am Arm zu packen, kommentierte B. G. mit dem Hinweis, er solle sich nicht einmischen, damit ihm nicht dasselbe passiere.
7
Als der Angeklagte A. G. realisierte, dass er in seiner Wut viel zu weit gegangen war und er St. möglicherweise tödlich verwundet hatte , ließ er von dem Geschädigten ab. Die Angeklagte B. G. unternahm noch kurzzeitig den Versuch, dem sich in Richtung eines Supermarkts davon schleppenden St. zu folgen, ehe ihr bewusst wurde, „dass der Kampf nun augenscheinlich zu Ende war“. Dabei ging auch sie davon aus, dass St. durch die Schnitte mit dem Messer möglicherweise bereits tödlich verletzt war. Der Zeuge A. Br. setzte sich in sein Fahrzeug und fuhr hinter St. her. Nachdem beide den Ort des Geschehens verlassen hatten, rief der Angeklagte A. G. mit seinem Mobiltelefon die Leitstelle der Polizei an und teilte mit, dass er gerade „jemanden zusammengeschlagen“ ha- be und dieser sterben werde. Die Polizei solle kommen und ihn festnehmen. Wo das Opfer sei, wisse er nicht. Auch solle man einen Krankenwagen vorbeischicken , weil auch er sich verletzt habe.
8
Als St. den mehrere Hundert Meter vom Tatort entfernten Supermarkt erreichte, brach er zusammen und verlor aufgrund des hohen Blutverlustes kurze Zeit später das Bewusstsein. Nachdem auch von dritter Seite mehrere Notrufe abgesetzt worden waren, trafen schon wenig später Rettungs- kräfte ein, die die Notfallversorgung des Nebenklägers einleiteten. St. überlebte, weil A. G. seine Hauptschlagader nur knapp verfehlt hatte. Er erlitt unter anderem eine 12 cm lange horizontal über die linke Wange bis auf die Ohrmuschel verlaufende Schnittverletzung, die eine deutlich sichtbare wenige Millimeter breite Narbe hinterlassen hat. Inwieweit eine kosmetischchirurgische Behandlung möglich ist, konnte nicht geklärt werden.
9
2. Das Landgericht hat den Sachverhalt bei beiden Angeklagten als versuchten Totschlag in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung in den Varianten des § 224 Abs. 1 Nr. 2, 4 und 5 StGB bewertet.
10
Es ist der Auffassung, dass der Angeklagte A. G. nicht nach § 24 Abs. 2 StGB strafbefreiend vom Versuch des Totschlags zurückgetreten sei, weil er mit dem Tod von St. gerechnet habe und sein Notruf nicht als ernsthaftes Bemühen um eine Verhinderung der Tatvollendung anerkannt werden könne.
11
Eine schwere Körperverletzung im Sinne von § 226 Abs. 1 Nr. 3 StGB liege nicht vor, weil die Voraussetzungen für die Annahme einer erheblichen Entstellung nicht gegeben seien. Die Narbe auf der linken Wange sei zwar deutlich sichtbar und springe sofort ins Auge, doch fehle es an einer Beeinträchtigung des Gesamterscheinungsbildes. Auch habe die Dauerhaftigkeit der Beeinträchtigung nicht abschließend geklärt werden können.
12
Im Anschluss an den Sachverständigen Dr. S. ist das Landgericht hinsichtlich des Angeklagten A. G. davon ausgegangen, dass bei ihm im Zeitpunkt der Tatbegehung eine schwere andere seelische Abartigkeit in Form einer „Anpassungsstörung“ vorgelegen haben könne und deshalb zu seinen Gunsten von einer verminderten Schuldfähigkeit im Sinne von § 21 StGB auszugehen sei. Bei der Angeklagten B. G. sei das Vorliegen der Voraussetzungen des § 21 StGB ebenfalls nicht auszuschließen, da auch sie im Tatzeitpunkt an einer „hinreichend schweren Anpassungsstörung“ gelitten habe.

II.


13
Die Rechtsmittel der Angeklagten haben Erfolg.
14
1. Die Erwägungen, mit denen das Landgericht bei beiden Angeklagten einen (bedingten) Tötungsvorsatz begründet hat, weisen durchgreifende Erörterungsmängel auf. Ihre Verurteilung wegen versuchten Totschlags hat daher keinen Bestand.
15
a) Bedingten Tötungsvorsatz hat, wer den Eintritt des Todes als mögliche , nicht ganz fernliegende Folge seines Handelns erkennt (Wissenselement) und billigend in Kauf nimmt (Willenselement). Beide Elemente müssen getrennt voneinander geprüft und durch tatsächliche Feststellungen belegt werden. Ihre Bejahung oder Verneinung kann nur auf der Grundlage einer Gesamtbetrachtung aller objektiven und subjektiven Umstände erfolgen (vgl. BGH, Urteil vom 5. Juni 2014 - 4 StR 439/13, Rn. 7; Urteil vom 23. Februar 2012 - 4 StR 608/11, NStZ 2012, 443, 444; Urteil vom 27. Januar 2011 - 4 StR 502/10, NStZ 2011, 699, 701 Rn. 34 f. mwN). In die Prüfung sind dabei neben der objektiven Gefährlichkeit der Tathandlung und der konkreten Angriffsweise des Täters auch seine psychische Verfassung bei Tatbegehung und seine Motivationslage einzubeziehen (BGH, Urteil vom 5. Juni 2014 - 4 StR 439/13, Rn. 7; Urteil vom 16. Mai 2013 - 3 StR 45/13, NStZ 2013, 581, 582 mwN).
16
b) Den sich daraus ergebenden Anforderungen werden die Darlegungen des Landgerichts zur inneren Tatseite bei beiden Angeklagten nicht gerecht.
17
aa) Das Landgericht hat seine Annahme, der Angeklagte A. G. habe um die objektive Lebensgefährlichkeit seines Tuns auch schon bei der Tatbegehung gewusst, aus den gezielt gegen Kopf, Hals und Nacken des Nebenklägers geführten Messerangriffen und seinen im Rahmen des Notrufes gemachten Äußerungen hergeleitet (UA 18). Damit ist jedoch nur das Wissenselement belegt. Dass bei ihm auch das voluntative Vorsatzelement gegeben ist, hat die Strafkammer dagegen nicht in ausreichender Weise begründet.
18
(1) Wird eine lebensgefährliche Gewalttat - wie hier - spontan, unüberlegt und in affektiver Erregung ausgeführt, kann aus dem Wissen um den möglichen Eintritt des Todes nicht ohne Berücksichtigung der sich aus der Tat und der Persönlichkeit des Täters ergebenden Besonderheiten auf eine billigende Inkaufnahme des Erfolgseintritts geschlossen werden (BGH, Urteil vom 17. Juli 2013 - 2 StR 139/13, NStZ-RR 2013, 343; Urteil vom 16. August 2012 - 3 StR 237/12, NStZ-RR 2012, 369, 370; Urteil vom 25. November 2010 - 3 StR 364/10, NStZ 2011, 338 f.; weitere Nachweise bei Fischer, StGB, 61. Aufl., § 212 Rn. 11).
19
(2) Danach hätte das Landgericht erkennbar in seine Erwägungen einbeziehen müssen, dass der Angeklagte von weiteren Tathandlungen absah, als er realisierte, „dass er in seiner Wut viel zu weit gegangen war und den Nebenklä- ger möglicherweise tödlich verwundet hatte“ (UA 11). Auch wäre an dieser Stelle der alsbald danach abgesetzte Notruf zu erörtern gewesen (zur Indizwirkung von Rettungsversuchen bei der Vorsatzfrage vgl. BGH, Urteil vom 23. Februar 2012 - 4 StR 608/11, NStZ 2012, 443, 444; Urteil vom 18. Januar 2007 - 4 StR 489/06, NStZ 2007, 331 f. mwN). Schließlich durfte das Landgericht in diesem Zusammenhang auch die dem Angeklagten zugebilligte „Anpassungsstörung“ - unabhängig von deren Bewertung unter dem Gesichtspunkt des § 21 StGB - und seine affektive Erregung nicht unerwähnt lassen. Psychische Ausnahmesituationen oder Störungen können neben einer - hier fernliegenden - Beeinträchtigung der Erkenntnisfähigkeit dazu führen, dass der Täter die von seinem Handeln ausgehende Lebensgefahr für das Opfer unzutreffend beurteilt (zu den möglichen Schlüssen vgl. BGH, Urteil vom 17. Juli 2013 - 2 StR 139/13, NStZ-RR 2013, 343 mwN). Dies ist in den schriftlichen Urteilsgründen zu erörtern (vgl. BGH, Beschluss vom 20. September 2005 - 3 StR 324/05, NStZ 2006, 169; Beschluss vom 6. März 2002 - 4 StR 30/02, BGHR StGB § 212 Abs. 1 Vorsatz, bedingter 54; Beschluss vom 15. Januar 1987 - 1 StR 704/86, BGHR StGB § 212 Abs. 1 Vorsatz, bedingter 7).
20
bb) Bei der Angeklagten B. G. hat das Landgericht dieAnnahme eines bedingten Tötungsvorsatzes allein mit der Erwägung begründet, dass sie das Vorgehen ihres Mannes gegen den Nebenkläger sah und durch ihre weitere „Unterstützung“ billigte (UA 11 und 19). Dass auch sie an einer „Anpas- sungsstörung“ litt und schon vor dem Eingreifenihres Ehemannes unter einer so hohen affektiven Anspannung stand, dass sie „die Kontrolle über ihre Wut verlor“, hat es nicht berücksichtigt. Beides hätte aus den bereits dargelegten Gründen auch bei ihr ausdrücklicher Erörterung bedurft.
21
2. Die Sache bedarf daher bei beiden Angeklagten neuer Verhandlung und Entscheidung. Der aufgezeigte Rechtsfehler führt zur Aufhebung des Urteils insgesamt, wenngleich die tateinheitliche Verurteilung beider Angeklagten wegen gefährlicher Körperverletzung gemäß § 224 Abs. 1 Nr. 2, 4 und 5 StGB an sich rechtsfehlerfrei erfolgt ist (vgl. BGH, Beschluss vom 5. Oktober 2011 - 4 StR 465/11, NStZ-RR 2012, 51, 52 mwN).

III.


22
Auch die zu Ungunsten beider Angeklagten eingelegten Revisionen der Staatsanwaltschaft haben Erfolg. Darauf, dass Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft auch zu Gunsten der Angeklagten wirken (§ 301 StPO), kommt es nach dem Erfolg der Revisionen der Angeklagten nicht mehr an (BGH, Urteil vom 28. September 2011 - 2 StR 93/11, Rn. 29; Urteil vom 15. Juli 2008 - 1 StR 144/08, Rn. 3).
23
1. Das Urteil hat bei beiden Angeklagten keinen Bestand, weil anhand der Urteilsgründe nicht überprüft werden kann, ob die Qualifikation des § 226 Abs. 1 Nr. 3 StGB vom Landgericht zu Recht abgelehnt worden ist.
24
a) Ein Verletzter ist im Sinne des § 226 Abs. 1 Nr. 3 StGB in erheblicher Weise dauernd entstellt, wenn es durch die Tat zu einer Verunstaltung seiner Gesamterscheinung gekommen ist, die in ihren Auswirkungen dem Gewicht der geringsten Fälle des § 226 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 StGB gleichkommt (BGH, Urteil vom 17. Juli 2013 - 2 StR 139/13, NStZ-RR 2013, 343; Urteil vom 20. April 2011 - 2 StR 29/11, BGHR StGB § 226 Abs. 1 Entstellung 3; Urteil vom 28. Juni 2007 - 3 StR 185/07, BGHR StGB § 226 Abs. 1 Entstellung 2 mwN). Dies kann grundsätzlich auch bei einzelnen besonders großen oder markanten Narben (vgl. BGH, Urteil vom 28. Juni 2007 - 3 StR 185/07, BGHR StGB § 226 Abs. 1 Entstellung 2), ebenso wie bei einer Vielzahl von Narben in derselben Körperregion der Fall sein. Allein der Umstand, dass eine Narbe deutlich sichtbar ist, reicht dabei aber für die Annahme einer erheblichen Entstellung noch nicht aus.
Erst wenn im Einzelfall - etwa durch eine deutliche Verzerrung der Proportionen des Gesichts - ein Grad an Verunstaltung erreicht ist, der in einer Relation zu den anderen schweren Folgen im Sinne des § 226 Abs. 1 StGB steht, kommt die Annahme einer erheblichen Entstellung in Betracht (BGH, Urteil vom 28. Juni 2007 - 3 StR 185/07, BGHR StGB § 226 Abs. 1 Entstellung 2; Beschluss vom 2. Mai 2007 - 3 StR 126/07, BGHR StGB § 226 Abs. 1 Entstellung

1).


25
b) Ob das äußere Erscheinungsbild des Nebenklägers durch die verbliebenen Narben eine Verunstaltung erfahren hat, die diesen Vorgaben entspricht, kann auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen nicht beurteilt werden. Das Landgericht teilt zwar ausführlich mit, welche Schnittverletzungen der Nebenkläger erlitten hat. Eine revisionsgerichtlicher Überprüfung zugängliche Beschreibung des verbliebenen Narbenbildes und seiner Auswirkungen auf die äußere Erscheinung des Nebenklägers fehlt jedoch. Den Urteilsgründen kann dazu lediglich entnommen werden, dass die Narbe auf der linken Wange lang ist und „sofort ins Auge springt“ (UA 25). Zu den anderen Narben und dem durch sie hervorgerufenen optischen Gesamteindruck verhält sich die Strafkammer dagegen nicht. In diesem Zusammenhang weist der Senat darauf hin, dass sich ein Tatrichter die mitunter nicht einfache textliche Schilderung einer solchen verunstaltenden Wirkung durch eine nach § 267 Abs. 1 Satz 3 StPO zulässige Bezugnahme auf Lichtbilder erleichtern kann.
26
2. Darüber hinaus begegnet auch die Annahme erheblich verminderter Schuldfähigkeit gemäß § 21 StGB bei beiden Angeklagten durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Die Urteilsgründe belegen nicht, dass bei ihnen zur Tatzeit eine schwere andere seelische Abartigkeit vorgelegen hat. Auch fehlt es an der erforderlichen tatbezogenen Beurteilung der Verminderung der Schuldfähigkeit.
27
a) Bei einer nicht pathologisch bedingten Persönlichkeitsstörung liegt eine andere schwere seelische Abartigkeit nur dann vor, wenn sie in ihrem Gewicht einer krankhaften seelischen Störung gleichkommt und Symptome aufweist, die in ihrer Gesamtheit das Leben des Täters vergleichbar schwer und mit ähnlichen Folgen stören, belasten oder einengen (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 26. April 2007 - 4 StR 7/07, NStZ-RR 2008, 274; Beschluss vom 21. September 2004 - 3 StR 333/04, NStZ 2005, 326, 327 mwN). Auch müssen sich die defekten Muster im Denken, Fühlen oder Verhalten des Betroffenen als zeitstabil erwiesen haben (BGH, Beschluss vom 19. Dezember 2012 - 4 StR 494/12, NStZ-RR 2013, 309, 310; Urteil vom 21. Januar 2004 - 1 StR 346/03, BGHSt 49, 45, 52 f.).
28
Dass die von dem Sachverständigen bei beiden Angeklagten diagnostizierte Anpassungsstörung nach diesen Maßstäben zu einer schweren anderen seelischen Abartigkeit geführt hat, hat das Landgericht nicht dargetan. Bei den sog. Anpassungsstörungen (vgl. ICD-10 F 43.2) handelt es sich um eine Mischbzw. Sammelkategorie mit einer vielgestaltigen und unspezifischen Symptomatik , die zumeist nicht mit stärkeren psychopathologischen Auffälligkeiten einhergehen (Lau/Kröber in Kröber/Dölling/Leygraf/Sass, Handbuch der forensischen Psychiatrie, Bd. 2, S. 510). Ein die Annahme einer schweren anderen seelischen Abartigkeit rechtfertigender Beeinträchtigungsgrad wird dabei nur in Ausnahmefällen erreicht (vgl. BGH, Urteil vom 26. April 2007 - 4 StR 7/07, NStZ-RR 2008, 274; Beschluss vom 4. November 2003 - 1 StR 384/03, NStZ-RR 2004, 70, 71). Dass die für beide Angeklagten beschriebenen - offenkundig passageren - Auffälligkeiten (gedankliche Einengung auf die Bilder im Internet, Schlaf- losigkeit, eingeschränkte Nahrungsaufnahme, sozialer Rückzug) ihr Leben ähnlich schwer belastet haben, wie die Folgen von anerkannten krankhaften seelischen Störungen, lässt sich den Gründen des angefochtenen Urteils nicht entnehmen und liegt eher fern. Die in diesem Zusammenhang gebrauchte Wendung , wonach die Angeklagten ihren Alltag nur noch „mehr schlecht als recht“ bewältigen konnten (UA 7), ist ohne Aussagekraft und kann die an dieser Stelle erforderliche umfassende wertende Betrachtung des Schweregrades der Störung und ihrer Tatrelevanz nicht ersetzen. Stattdessen ist zu besorgen, dass das Landgericht in rechtsfehlerhafter Weise davon ausgegangen ist, bereits die Diagnose einer Persönlichkeitsstörung führe ohne weiteres zur Annahme einer schweren anderen seelischen Abartigkeit gemäß §§ 20, 21 StGB. Ob eine Störung den erforderlichen Schweregrad aufweist, ist eine Rechtsfrage, die der Tatrichter wertend zu entscheiden hat (vgl. BGH, Beschluss vom 6. Mai 2014 - 5 StR 168/14, NStZ-RR 2014, 244, 245; Beschluss vom 19. Dezember 2012 - 4 StR 494/12, NStZ-RR 2013, 309, 310).
29
b) Auch die Frage, ob die Steuerungsfähigkeit bei der Tat infolge einer festgestellten schweren anderen seelischen Abartigkeit im Sinne des § 21 StGB erheblich vermindert war, hat der Tatrichter ohne Bindung an Äußerungen von Sachverständigen zu beantworten. Hierbei fließen normative Gesichtspunkte ein. Entscheidend sind die Anforderungen, die die Rechtsordnung an jedermann stellt (st. Rspr.; vgl. BGH, Beschluss vom 19. Dezember 2012 - 4 StR 494/12, NStZ-RR 2013, 309, 310; Beschluss vom 28. Oktober 2009 - 2 StR 383/09, NStZ-RR 2010, 73, 74; weitere Nachweise bei Fischer, StGB, 61. Aufl., § 21 Rn. 7b). Angesichts des zielgerichteten Handelns der Angeklagten bei der Herbeiführung des Zusammentreffens mit St. hätte das Landgericht im Einzelnen darlegen müssen, in welcher Weise und in welchem Umfang das als Anpassungsstörung bezeichnete Zustandsbild die Steuerungs- fähigkeit der Angeklagten in dem von § 21 StGB vorausgesetzten erheblichen Maß beeinträchtigt haben kann. Das angefochtene Urteil enthält hierzu keinerlei Ausführungen.
30
3. Abschließend weist der Senat darauf hin, dass in den Urteilsgründen die für erwiesen erachteten Tatsachen (§ 267 Abs. 1 Satz 1 StPO) in sachlicher Form und mit möglichst eindeutigen Formulierungen dargestellt werden sollten. Der Umgangssprache entnommene Wendungen und Redensarten („mehr schlecht als recht“, „mit Vorwürfen bombardierend“, „kochte in ihr alles hoch“, „sodann war ihr alles egal“, „vergaß sich der Angeklagte komplett“) sind dabei - sofern nicht als Zitate unerlässlich - grundsätzlich zu vermeiden. Ihre Verwendung kann den Bestand des Urteils gefährden, wenn sie mehrdeutig sind oder Wertungen enthalten, die nicht durch Tatsachen belegt sind.
Sost-Scheible Roggenbuck Franke
Mutzbauer Quentin

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 129/16
vom
14. Juli 2016
in der Strafsache
gegen
wegen besonders schwerer räuberischer Erpressung u.a.
ECLI:DE:BGH:2016:140716B3STR129.16.0

Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung der Beschwerdeführerin und des Generalbundesanwalts - zu 2. auf dessen Antrag - am 14. Juli 2016 gemäß § 349 Abs. 2 und 4, § 354 Abs. 1 analog StPO einstimmig
beschlossen:
1. Auf die Revision der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Verden vom 23. November 2015, soweit es sie betrifft,
a) im Schuldspruch dahin abgeändert, dass die Angeklagte der Beihilfe zur besonders schweren räuberischen Erpressung und der Beihilfe zur räuberischen Erpressung schuldig ist,
b) im Ausspruch über die Jugendstrafe aufgehoben; die zugehörigen Feststellungen bleiben aufrechterhalten. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat die Angeklagte wegen besonders schwerer räuberischer Erpressung und wegen räuberischer Erpressung zu der Jugendstrafe von zwei Jahren verurteilt, deren Vollstreckung es zur Bewährung ausgesetzt hat. Die auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision der An- geklagten hat den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg, im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.
2
1. Die Verurteilung der Angeklagten wegen - jeweils mittäterschaftlich begangener - räuberischer Erpressung (§ 255, § 249 Abs. 1, § 25 Abs. 2 StGB) und besonders schwerer räuberischer Erpressung (§ 255, § 250 Abs. 2 Nr. 1, § 25 Abs. 2 StGB) begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
3
a) Die Angeklagte und der Mitangeklagte waren übereingekommen, ihren gemeinsamen Lebensunterhalt künftig durch Überfälle auf Tankstellen zu bestreiten. Gegenstand des Urteils sind zwei von mehreren in Umsetzung dieses Entschlusses begangene Taten: - Auf der Suche nach einem geeigneten Tatobjekt stießen die Angeklagte und der Mitangeklagte am Abend des 20. März 2014 auf eine Tankstelle in H. . Beim langsamen Vorbeifahren stellten sie fest, dass sich dort nur eine Angestellte aufhielt. Sie hielten die Gelegenheit deshalb für günstig und parkten in der Nähe. Die Angeklagte wartete wie vereinbart im Pkw; der Mitangeklagte begab sich, ausgestattet mit einem Schreckschussrevolver und mit Pfefferspray, in den Verkaufsraum und verlangte von der Angestellten unter Vorzeigen des Revolvers die Herausgabe des Kasseninhalts. Aus Angst packte die Angestellte diesen in eine vom Mitangeklagten mitgebrachte Plastiktüte. Damit kehrte der Mitangeklagte zum Pkw zurück und fuhr zusammen mit der Angeklagten weg.
- Gleichermaßen kamen sie am Abend des 22. März 2014 zu einer Tankstelle in B. , konnten aber beim Vorbeifahren nicht erkennen , wie viele Personen sich dort aufhielten. Sie stellten ihren Pkw auf dem
Parkplatz eines nahe gelegenen Supermarkts ab; während die Angeklagte wiederum im Fahrzeug blieb, beobachtete der Mitangeklagte die Tankstelle zunächst von einem Nachbargrundstück aus. Wegen des Publikumsverkehrs verzichtete er auf die Mitnahme von Revolver und Pfefferspray. Als ihm die Situation günstig erschien, ging der Mitangeklagte in den Verkaufsraum der Tankstelle und forderte von der dort anwesenden Angestellten die Herausgabe von Bargeld. Dabei täuschte er vor, im Besitz einer Schusswaffe zu sein. Aus Angst packte die Angestellte den Kasseninhalt in die ihr hingehaltene Plastiktüte. Wie zuvor begab sich der Mitangeklagte mit der Beute zurück zur Angeklagten und fuhr zusammen mit dieser weg.
4
Die benutzten Fahrzeuge hatte die Angeklagte jeweils auf ihren Namen angemietet. Ob sie diese bei den Taten auch steuerte, konnte das Landgericht nicht feststellen.
5
b) Dies trägt nicht die Annahme von Mittäterschaft der Angeklagten (§ 25 Abs. 2 StGB); ihre Tatbeiträge sind vielmehr in beiden Fällen als Beihilfe zu den Taten des Mitangeklagten zu werten (§ 27 Abs. 1 StGB).
6
aa) Bei Beteiligung mehrerer Personen, von denen nicht jede sämtliche Tatbestandsmerkmale verwirklicht, ist Mittäter im Sinne von § 25 Abs. 2 StGB, wer einen eigenen Tatbeitrag leistet und diesen so in die Tat einfügt, dass er als Teil der Handlung eines anderen Beteiligten und umgekehrt dessen Handeln als Ergänzung des eigenen Tatanteils erscheint. Mittäterschaft erfordert dabei zwar nicht zwingend eine Mitwirkung am Kerngeschehen selbst und auch keine Anwesenheit am Tatort; ausreichen kann vielmehr auch ein die Tatbestandsverwirklichung fördernder Beitrag, der sich auf eine Vorbereitungs- oder Unterstützungshandlung beschränkt. Stets muss sich die objektiv aus einem wesentlichen Tatbeitrag bestehende Mitwirkung aber nach der Willensrichtung des sich Beteiligenden als Teil der Tätigkeit aller darstellen. Ob danach Mittäterschaft oder Beihilfe anzunehmen ist, hat der Tatrichter aufgrund einer wertenden Gesamtbetrachtung aller festgestellten Umstände zu prüfen; maßgebliche Kriterien sind der Grad des eigenen Interesses an der Tat, der Umfang der Tatbeteiligung und die Tatherrschaft oder wenigstens der Wille dazu, so dass die Durchführung und der Ausgang der Tat maßgeblich auch vom Willen des Betreffenden abhängen (st. Rspr.; vgl. etwa BGH, Urteil vom 17.Oktober 2002 - 3 StR 153/02, NStZ 2003, 253, 254; Beschluss vom 2. Juli 2008 - 1 StR 174/08, NStZ 2009, 25, 26).
7
bb) Daran gemessen stellt sich die Tätigkeit der Angeklagten nach dem äußeren Erscheinungsbild in Bezug zu den Tatbeiträgen des Mitangeklagten nur als Beihilfe zu dessen Erpressungstaten dar. Die Angeklagte war zwar in die Auswahl und in die Auskundschaftung der Tatobjekte eingebunden, ebenso mietete sie die Tatfahrzeuge in eigenem Namen an. Darin liegen aus objektiver Sicht aber keine Tatbeiträge von einem Gewicht, das den Schluss auf eine Tatherrschaft der Angeklagten oder wenigstens auf ihren Willen dazu tragen könnte. Die Ausführung der Taten oblag allein dem Mitangeklagten und war ebenso wie der Eintritt des Taterfolgs dem Einfluss und dem Willen der Angeklagten in jeder Hinsicht entzogen. Der gemeinsame Tatentschluss und das auch aus dem Bestreiten des gemeinsamen Lebensbedarfs folgende Interesse der Angeklagten am Gelingen der Überfälle vermag eine andere Beurteilung nicht zu rechtfertigen.
8
c) Der Senat schließt aus, dass in einer neuen Hauptverhandlung weitergehende , die Annahme von Mittäterschaft tragende Tatbeiträge der Angeklagten festgestellt werden können. Er ändert deshalb den Schuldspruch ent- sprechend ab. § 265 StPO steht dem nicht entgegen, denn auch bei zutreffender rechtlicher Bewertung der Taten hätte sich die Angeklagte nicht wirksamer verteidigen können.
9
2. Die Änderung des Schuldspruchs führt zur Aufhebung des Urteils im Ausspruch über die Jugendstrafe. Die zugehörigen Feststellungen werden von der abweichenden rechtlichen Bewertung der Tatbeiträge der Angeklagten nicht berührt und sind deshalb aufrechtzuerhalten. Der neue Tatrichter kann insoweit ergänzende Feststellungen treffen, die zu den bisherigen nicht in Widerspruch treten.
Becker Mayer Gericke Spaniol Tiemann

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
2 StR 315/01
vom
31. Oktober 2001
in der Strafsache
gegen
wegen Verabredung eines Verbrechens u.a.
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 31. Oktober
2001, an der teilgenommen haben:
Vizepräsident des Bundesgerichtshofes
Dr. Jähnke
als Vorsitzender,
die Richter am Bundesgerichtshof
Dr. h.c. Detter,
Dr. Bode,
die Richterinnen am Bundesgerichtshof
Dr. Otten,
Elf
als beisitzende Richter,
Bundesanwalt
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Die Revision der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landgerichts Erfurt vom 23. Februar 2001 wird verworfen. Die Kosten des Revisionsverfahrens und die dem Angeklagten insoweit erwachsenen notwendigen Auslagen fallen der Staatskasse zur Last.
Von Rechts wegen

Gründe:


Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Urkundenfälschung zu einer Geldstrafe von 70 Tagessätzen zu je 50 DM verurteilt. Von weiteren Tatvorwürfen (Diebstahl eines Kennzeichens, Verabredung zu einem Verbrechen der schweren räuberischen Erpressung) hat es ihn freigesprochen. Die auf die Sachrüge gestützte Revision der Staatsanwaltschaft erstrebt eine Verurteilung des Angeklagten wegen Verabredung zu einem Verbrechen der schweren räuberischen Erpressung und greift die Strafzumessung an.
Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.

I.


1. Das Landgericht hat festgestellt:
Die Mitangeklagten des Angeklagten überfielen in wechselnder Beteiligung im Jahre 2000 mehrere Banken. R. und B. sowie der gesondert verfolgte E. planten im Juli 2000 einen neuen Überfall. Dafür sollte wie bei den vorherigen Überfällen ein Auto als Fluchtfahrzeug angemietet werden. Da keiner der bisher Beteiligten über eine gültige ec-Karte verfügte, sprachen sie den Angeklagten an, ob dieser bereit wäre, mit seiner ec-Karte einen Pkw anzumieten. Dieser willigte ein, wobei er ahnte, wofür das Fahrzeug benötigt wurde. Später wurde ihm dann in groben Zügen der geplante Ablauf des Banküberfalls geschildert. Er sollte die Auslagen für das Anmieten des PKWs sowie einen noch nicht festgelegten Anteil an der Beute, den er mit E. teilen mußte, erhalten. Den Pkw mietete er dann am 18. Juli 2000 an. Von den anderen Beteiligten wurde er am Morgen des 20. Juli 2000 in die Einzelheiten des für diesen Tag geplanten Überfalls eingeweiht. Danach sollten er und E. auf einem Feldweg warten, während die anderen den Überfall ausführen wollten. Er sollte das angemietete Auto, an dem zwischenzeitlich ein gestohlenes amtliches Kennzeichen angebracht worden war, bei der Flucht steuern. Dabei erfuhr der Angeklagte erstmals, daß die Volksbank in Ro. überfallen werden sollte. Zusammen mitE. wartete er dann, wie vereinbart, auf einem Feldweg in der Nähe der Bank, als die anderen sich dorthin begaben. Diese kehrten aber bald wieder zurück, da sie zu viele Personen vor der Bank bemerkten. Die Beteiligten trafen sich dann etwa eine Stunde später, nunmehr war auch der Mitangeklagte A. dabei, der sich ausdrücklich gegen eine Beteiligung des Angeklagten aussprach , da seiner Meinung nach damit die Gefahr steigen und sein Anteil an der möglichen Beute sinken würde. Als dann R. , A. und B. sich erneut zur Bank begaben, wurden sie unmittelbar bei ihrem Eintreffen vor der
Bank - bevor sie wie geplant die Mützen über das Gesicht ziehen undA. die Waffe an sich nehmen konnte - noch im Auto sitzend festgenommen.
2. Das Landgericht hat eine Verurteilung des Angeklagten wegen Verabredung zu einer schweren räuberischen Erpressung abgelehnt, da dieser nur als Gehilfe bei der verabredeten Tat, nicht - wie nach § 30 Abs. 2 StGB erforderlich - als Mittäter anzusehen sei.
Dies ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.
Eine Verurteilung nach § 30 Abs. 2 StGB (Verabredung zu einem Verbrechen ) käme nach der Rechtsprechung (vgl. u. a. BGH NStZ 1993, 137, 138) und der einhelligen Meinung im Schrifttum (vgl. Roxin in LK 11. Aufl. § 30 Rdn. 71 und 72) nur in Betracht, wenn der in Aussicht genommene Tatbeitrag des Angeklagten täterschaftliche Qualität erreichen sollte. Wäre seine Mitwirkung im Falle der Durchführung des Banküberfalls nur als die eines Gehilfen zu werten, bleibt er insoweit straffrei. Dies hat das Landgericht zutreffend erkannt ; seine Würdigung des Geschehens als beabsichtigte Beihilfe leidet auch nicht unter Rechtsfehlern.
Ob ein Tatbeteiligter eine Tat als Täter begeht, ist in wertender Betrachtung nach den gesamten Umständen, die von seiner Vorstellung umfaût sind, zu beurteilen. Wesentliche Anhaltspunkte können sein der Grad des eigenen Interesses am Erfolg der Tat, der Umfang der Tatbeteiligung, die Tatherrschaft oder wenigstens der Wille zur Tatherrschaft, so daû Durchführung und Ausgang der Tat maûgeblich auch vom Willen des Betreffenden abhängen (BGHSt 37, 289, 291; BGHR StGB § 25 Abs. 2 Mittäter 13, 14 und 18). Die An-
nahme von Mittäterschaft erfordert nicht zwingend auch eine Mitwirkung am Kerngeschehen. Für eine Tatbeteiligung als Mittäter reicht ein auf der Grundlage gemeinsamen Wollens die Tatbestandsverwirklichung fördernder Beitrag aus, der sich auf eine Vorbereitungs- oder Unterstützungshandlung beschränken kann (vgl. BGHSt 40, 299, 301; BGH NStZ 1995, 120; BGHR StGB § 25 Abs. 2 Mittäter 26 und Tatinteresse 2; BGH NStZ-RR 2000, 327, 328; 2001, 148).
Das Landgericht hat das Beweisergebnis umfassend gewürdigt, es hat bei der Einordnung der Beteiligung des Angeklagten als "Beihilfe" den ihm eingeräumten Beurteilungsspielraum (vgl. BGH StV 1998, 540; NStZ-RR 2000, 366; zuletzt BGH, Urt. vom 26. Juni 2001 - 5 StR 69/01) nicht überschritten. Daû eine andere tatrichterliche Beurteilung möglich gewesen wäre, macht das gefundene Ergebnis nicht rechtsfehlerhaft.
Für eine "mittäterschaftliche" Beteiligung des Angeklagten spricht nach den getroffenen Feststellungen die Art seines Tatbeitrages. Entgegen der Meinung des Landgerichts (UA S. 45) war dieser nicht nur "von untergeordneter Bedeutung". Denn das Beschaffen und Fahren des Fluchtfahrzeuges gehört zu den wesentlichen Voraussetzungen für eine erfolgreiche Durchführung des geplanten Überfalles. Dabei ist nicht allein vom Verhältnis des Tatbeitrages des Angeklagten gegenüber dem der anderen Beteiligten auszugehen. Entscheidend ist die Gewichtigkeit des Tatbeitrages für die gesamte Tat.
Es sprechen aber andere gewichtige Gründe gegen eine mittäterschaftliche Beteiligung des Angeklagten. Dieser war nicht in die Planung des Banküberfalles einbezogen, er kannte das Tatobjekt und die beabsichtigte Vorge-
hensweise zunächst überhaupt nicht. Bei seiner "Anwerbung" traf er auf eine Gruppe von Personen, die bereits mehrfach solche Überfälle nach gleichem Schema begangen hatten. Bei einem aus diesem Personenkreis stieû seine Einschaltung sogar auf Ablehnung. Übernehmen sollte er eine Aufgabe, die bisher ein anderer ausgeführt hatte. Sein Anteil an der Beute war unbestimmt, ein "eigener Anspruch" war ihm nicht eingeräumt, erhalten sollte er nur etwas über einen anderen Beteiligten, der mit ihm zu "teilen" hatte.
Wenn das Landgericht vor allem aus diesen Feststellungen schlieût, daû der Angeklagte "weder den Willen zur Tatherrschaft hatte, noch die Tat für seine eigene hielt", ist dies ein möglicher aus Rechtsgründen nicht zu beanstandender Schluû, der vom Revisionsgericht hinzunehmen ist.

II.


Soweit sich das Rechtsmittel gegen die Strafzumessung wendet, ist es offensichtlich unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.
Jähnke Detter Bode Otten Elf
5 StR 403/04

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
vom 10. November 2004
in der Strafsache
gegen
1.
2.
3.
wegen versuchten schweren Raubes u. a.
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 10. November
2004, an der teilgenommen haben:
Richter Basdorf
als Vorsitzender,
Richter Häger,
Richterin Dr. Gerhardt,
Richter Dr. Raum,
Richter Dr. Brause
als beisitzende Richter,
Oberstaatsanwalt beim Bundesgerichtshof
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt I
als Verteidiger des Angeklagten C ,
Rechtsanwalt K
als Verteidiger des Angeklagten L ,
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Die Revisionen der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landgerichts Görlitz vom 4. Mai 2004 werden mit der Maßgabe verworfen, daß der Angeklagte C in Fall II 1 der Urteilsgründe wegen Beihilfe zum versuchten schweren Raub in Tateinheit mit versuchtem Diebstahl mit Waffen verurteilt ist.
Die Kosten der Rechtsmittel und die hierdurch den Angeklagten entstandenen notwendigen Auslagen fallen der Staatskasse zur Last.
– Von Rechts wegen – G r ü n d e Das Landgericht hat den Angeklagten Ko wegen versuchten schweren Raubes und wegen Diebstahls mit Waffen in Tateinheit mit Wohnungseinbruchdiebstahl zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sieben Monaten, den Angeklagten C wegen Beihilfe zum versuchten schweren Raub und wegen Beihilfe zum Diebstahl mit Waffen in Tateinheit mit Beihilfe zum Wohnungseinbruchdiebstahl zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und drei Monaten und den Angeklagten L wegen Beihilfe zum versuchten Diebstahl und wegen Beihilfe zum Wohnungseinbruchdiebstahl zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verurteilt. Mit ihren auf die Sachrüge gestützten Revisionen rügt die Staatsanwaltschaft, daß die Angeklagten C L und jeweils nur als Gehilfen verurteilt worden sind. Im Hinblick auf das von den Angeklagten Ko und C begangene Raubdelikt bean- standet sie, daß die Strafkammer insoweit einen minder schweren Fall im Sinne des § 250 Abs. 3 StGB angenommen hat. Die Rechtsmittel, die vom Generalbundesanwalt nicht vertreten werden, haben keinen Erfolg. Das Urteil hält sachlichrechtlicher Prüfung stand.
1. Es begegnet keinen durchgreifenden Bedenken, daß die Strafkammer die Angeklagten C und L im Fall II 1 nur wegen Beihilfe zum versuchten schweren Raub bzw. zum versuchten Diebstahl und im Fall II 2 beide ebenfalls nur als Gehilfen verurteilt hat.
Mittäter ist, wer nicht nur fremdes Tun fördert, sondern einen eigenen Tatbeitrag derart in eine gemeinschaftliche Tat einfügt, daß sein Beitrag als Teil der Tätigkeit des anderen und umgekehrt dessen Tun als Ergänzung seines eigenen Tatanteils erscheint. Ob ein Beteiligter ein so enges Verhältnis zur Tat hat, ist nach den gesamten Umständen, die von seiner Vorstellung umfaßt sind, in wertender Betrachtung zu beurteilen. Wesentliche Anhaltspunkte können der Grad des eigenen Interesses am Taterfolg, der Umfang der Tatbeteiligung und die Tatherrschaft oder wenigstens der Wille zur Tatherrschaft sein (vgl. BGHSt 37, 289, 291 m.w.N.). In Grenzfällen hat der Bundesgerichtshof dem Tatrichter für die ihm obliegende Wertung einen Beurteilungsspielraum eröffnet. Läßt das angefochtene Urteil erkennen, daß der Tatrichter die genannten Maßstäbe erkannt und den Sachverhalt vollständig gewürdigt hat, so kann das gefundene Ergebnis vom Revisionsgericht auch dann nicht als rechtsfehlerhaft beanstandet werden, wenn eine andere tatrichterliche Beurteilung möglich gewesen wäre (vgl. BGH NStZ 1984, 413, 414; 1985, 165; BGH NJW 1997, 3385, 3387; 2004, 3051, 3053 f.).
Gemessen an diesen Maßstäben ist die Entscheidung des Landgerichts vertretbar, da die Strafkammer neben anderen Gesichtspunkten insbesondere auf die Rollenverteilung und den damit einhergehenden Mangel an Tatherrschaft bei den als Beihilfe gewerteten Tatbeiträgen abgestellt hat. Daß eine abweichende tatrichterliche Wertung, die sich am arbeitsteilig um- gesetzten Ziel der Beuteerlangung ausrichtete, nähergelegen hätte, berechtigt das Revisionsgericht noch nicht zum Eingreifen.
Im Fall II 1 holt der Senat die versehentlich unterbliebene (UA S. 23) Ausurteilung des tateinheitlichen mittäterschaftlich versuchten Diebstahls mit Waffen bei dem Angeklagten C nach, was strafzumessungsrechtlich ohne Auswirkung bleibt.
2. Es begegnet ebenfalls keinen Bedenken, daß die Strafkammer in Fall II 1 der Urteilsgründe im Hinblick auf die Angeklagten Ko und C einen minder schweren Fall des Raubes im Sinne von § 250 Abs. 3 StGB angenommen hat.
Die Strafzumessung, zu der auch die Frage gehört, ob ein minder schwerer Fall vorliegt, ist grundsätzlich Sache des Tatrichters. Es ist seine Aufgabe, auf der Grundlage des umfassenden Eindrucks, den er in der Hauptverhandlung von der Tat und der Persönlichkeit des Täters gewonnen hat, die wesentlichen entlastenden und belastenden Umstände festzustellen und gegeneinander abzuwägen. Welchen Umständen er bestimmendes Gewicht beimißt, ist im wesentlichen seiner Beurteilung überlassen (st. Rspr.; vgl. nur BGHSt 3, 179; 24, 268; BGHR StGB § 177 Abs. 5 Strafrahmenwahl 2 m.w.N.). Das Revisionsgericht darf die Gesamtwürdigung nicht selbst vornehmen, sondern nur nachprüfen, ob dem Tatrichter bei seiner Entscheidung ein Rechtsfehler unterlaufen ist (vgl. BGHSt 29, 319, 320; BGH StV 2002, 20; BGH, Urt. vom 26. Juni 2001 – 5 StR 151/01). Das ist hier nicht der Fall. Nach dem aufgezeigten Prüfungsmaßstab zeigen auch die Einzelausführungen der Revisionen keinen Rechtsfehler auf. Das Landgericht hat sich ersichtlich bei beiden Angeklagten – wenngleich die Urteilsbegründung , den Gehilfen C betreffend, etwas mißverständlich gefaßt ist (UA S. 26 f.) – maßgeblich vom Vorliegen des vertypten Milderungsgrundes des Versuchs leiten lassen.
Basdorf Häger Gerhardt Raum Brause

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
Urteil
4 StR 255/12
vom
27. September 2012
in der Strafsache
gegen
wegen schwerer räuberischer Erpressung u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 27. September
2012, an der teilgenommen haben:
Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Mutzbauer
als Vorsitzender,
Richter am Bundesgerichtshof
Cierniak,
Dr. Franke,
Bender,
Dr. Quentin
als beisitzende Richter,
Staatsanwalt
als Vertreter des Generalbundesanwalts,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Die Revision der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landgerichts Arnsberg vom 8. März 2012 wird verworfen.
Die Staatskasse trägt die Kosten des Revisionsverfahrens und die dem Angeklagten insoweit entstandenen notwendigen Auslagen.
Von Rechts wegen

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Beihilfe zur schweren räuberischen Erpressung in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt und deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt.
2
Gegen dieses Urteil wendet sich die Staatsanwaltschaft mit ihrer auf die Verletzung materiellen Rechts gestützten Revision. Das zu Ungunsten des Angeklagten eingelegte Rechtsmittel, das vom Generalbundesanwalt vertreten wird, ist - wie die Revisionsbegründung deutlich macht - ungeachtet des umfassend gestellten Aufhebungsantrags wirksam auf die Verurteilung im Fall II. 2 der Urteilsgründe beschränkt (vgl. dazu BGH, Urteil vom 12. April 1989 - 3 StR 453/88, BGHR StPO § 344 Abs. 1 Antrag 3). Ferner beanstandet die Beschwerdeführerin die Aussetzung der Gesamtfreiheitsstrafe zur Bewährung.
3
Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.

I.


4
Dass das Landgericht den Angeklagten im Fall II. 2 der Urteilsgründe lediglich wegen Beihilfe zur schweren räuberischen Erpressung verurteilt hat, ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.
5
1. Insoweit hat das Landgericht im Wesentlichen Folgendes festgestellt:
6
Der Angeklagte verbrachte vom Nachmittag des 21. Oktober 2011 an das gesamte Wochenende mit dem gesondert verfolgten B. , der, was dem Angeklagten zunächst nicht bekannt war, wegen des Verdachts, verschiedene Überfälle auf Spielhallen und Ladengeschäfte begangen zu haben, von der Polizei gesucht wurde. B. fuhr zunächst eine Zeit lang mit dem Angeklagten in dessen Pkw in der Gegend herum, um dabei, vom Angeklagten unbemerkt, ein geeignetes Objekt für einen weiteren Raubüberfall auszusuchen. Nachdem B. eine Tankstelle in H. als geeignetes Tatobjekt festgelegt hatte, wirkte der von dem Vorschlag des B. , einen Überfall auszuführen, völlig überraschte Angeklagte auf dessen nachhaltiges Drängen hin daran mit. Insoweit hat das Landgericht den Angeklagten, von der Revision nicht angegriffen, wegen Beihilfe zur schweren räuberischen Erpressung zu einer Einzelfreiheitsstrafe von neun Monaten verurteilt.
7
Als B. mit dem Angeklagten am Morgen des 23. Oktober 2011 erneut mit dem Fahrzeug unterwegs war und dem Angeklagten bedeutete, erneut vor einer Tankstelle anzuhalten, um diese zu überfallen, weigerte sich der Angeklagte zunächst. Daraufhin wurde B. aggressiv und bedrohte den Angeklagten; er, B. , habe nichts mehr zu verlieren und wisse, wo der Angeklagte wohne. Nicht ausschließbar auch aus Angst vor dieser Drohung gab der Angeklagte nach; der Ablauf des Überfalls wurde nicht besprochen. Nachdem B. und der Angeklagte, mit Kapuzen und Schals vermummt, gegen 6.00 Uhr das Kassengebäude der Tankstelle betreten hatten, hielt sich der Angeklagte, ähnlich wie beim ersten Überfall, zunächst im Hintergrund und schaute wiederholt nach draußen, um rechtzeitig das Herannahen Dritter erkennen zu können. B. holte etwa drei bis vier Meter vor der Thekedes Kassenraums eine nicht geladene „PTB-Waffe“ hervor und zog, wie bei der ersten Tat, deren Schlitten nach hinten, um den Anschein der Gefährlichkeit zu verstärken. Nach der ersten Tat hatte B. den Angeklagten auf die Frage , ob die Waffe gefährlich sei, mit den Worten beschwichtigt, die Waffe sei nicht echt und er solle sich keine Sorgen machen, da alles ganz harmlos sei. B. bedrohte nunmehr den im Kassenraum anwesenden Zeugen Bi. mit der Waffe und forderte ihn zur Herausgabe des Geldes auf. In der Absicht, diese hinauszuzögern und die Täter hinzuhalten, behauptete der Zeuge zunächst , es sei kein Geld vorhanden. Nachdem B. ihm daraufhin befohlen hatte, die Kasse zu öffnen, forderte auch der Angeklagte, es solle schneller gehen. Er fühlte sich bei der Sache nicht wohl und wollte die Tat schnell beendet wissen. Als der Zeuge die Kasse geöffnet und Geldscheine im Wert von insgesamt 265 € entnommen hatte, griffen B. und der Angeklagte über den Tresen, nahmen jeweils einen Teil des Geldes an sich und verließen das Tankstellengebäude. Im Fahrzeug verlangte der gesondert verfolgte B. das erbeutete Geld vom Angeklagten heraus und steckte es in seine Hosentasche. Wegen dieser Tat verhängte die Strafkammer gegen den Angeklagten eine Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten.
8
2. Vor dem Hintergrund dieser Feststellungen ist die Wertung des Landgerichts , der Angeklagte sei mangels eigenen Tatinteresses und mangels Tatherrschaft aufgrund seiner Unterordnung unter den gesondert verfolgten B. nicht als Mittäter, sondern als Gehilfe anzusehen, vom Revisionsgericht aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.
9
a) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist Mittäter , wer nicht nur fremdes Tun fördert, sondern einen eigenen Tatbeitrag derart in eine gemeinschaftliche Tat einfügt, dass sein Beitrag als Teil der Tätigkeit des anderen und umgekehrt dessen Tun als Ergänzung seines eigenen Tatanteils erscheint. Ob ein Beteiligter ein so enges Verhältnis zur Tat hat, ist nach den gesamten Umständen, die von seiner Vorstellung umfasst sind, in wertender Betrachtung zu beurteilen. Wesentliche Anhaltspunkte können der Grad des eigenen Interesses am Taterfolg, der Umfang der Tatbeteiligung und die Tatherrschaft oder wenigstens der Wille zur Tatherrschaft sein (BGH, Urteil vom 15. Januar 1991 - 5 StR 492/90, BGHSt 37, 289, 291 mwN). In Grenzfällen hat der Bundesgerichtshof dem Tatrichter für die ihm obliegende Wertung einen Beurteilungsspielraum eröffnet. Lässt das angefochtene Urteil erkennen, dass der Tatrichter die genannten Maßstäbe erkannt und den Sachverhalt vollständig gewürdigt hat, so kann das gefundene Ergebnis vom Revisionsgericht auch dann nicht als rechtsfehlerhaft beanstandet werden, wenn eine andere tatrichterliche Beurteilung möglich gewesen wäre (BGH, Urteil vom 20. Januar 1998 - 5 StR 501/97, NStZ-RR 1998, 136; Urteil vom 10. November 2004 - 5 StR 403/04, NStZ-RR 2005, 71; Urteil vom 17. Juli 1997 - 1 StR 781/96, NJW 1997, 3385, 3387, insoweit in BGHSt 43, 153 nicht abgedruckt).
10
b) Auf dieser Grundlage ist die Entscheidung des Landgerichts, der Angeklagte sei auch im Fall II. 2 der Urteilsgründe lediglich Gehilfe und nicht Mittäter gewesen, noch hinzunehmen.
11
Das Landgericht hat, ausgehend von einem zutreffenden rechtlichen Maßstab für die Abgrenzung von Täterschaft und Teilnahme, maßgeblich auf die Rollenverteilung zwischen dem Angeklagten und dem gesondert verfolgten B. abgestellt. Die insoweit vorgenommene Wertung, der Angeklagte sei auch im Fall II. 2 der Urteilsgründe eine von B. als Zentralgestalt dominierte Randfigur gewesen, wird von den zum Tathergang getroffenen Feststellungen getragen. Zwar setzt die Annahme von Mittäterschaft nicht notwendig voraus, dass sämtliche Beteiligte eine im Rahmen des Tatgeschehens gleichgewichtige Rolle einnehmen. Die Urteilsgründe ergeben jedoch, dass der Angeklagte zu keinem Zeitpunkt das Ob und das Wie des tatbestandsmäßigen Geschehens beherrscht oder zumindest beeinflusst hat. Weder die Tatsache eines weiteren Überfalls als solche noch die Einzelheiten der Tatausführung waren abgesprochen. Nach anfänglicher Weigerung erklärte der Angeklagte, so die Feststellungen im angefochtenen Urteil, auch wegen der von B. ausgestoßenen Drohung seine Bereitschaft zur Mitwirkung. Dass er im Geschäftsraum der Tankstelle zur Eile gedrängt und sich dadurch, anders als im Fall II. 1 der Urteilsgründe, nicht auf ein bloßes „Schmierestehen“ beschränkt hat, hat die Strafkammer in ihre Erwägungen ausdrücklich einbezogen und jedenfalls vertretbar bewertet. Für die Annahme von Beihilfe spricht schließlich auch, dass der Angeklagte den von ihm erlangten Teilbetrag aus der Beute unmittelbar nach Verlassen der Tankstelle an den gesondert verfolgten B. herausgeben musste. Dass er überhaupt eine Belohnung erhielt, ist nicht festgestellt.
12
2. Auch die von der Staatsanwaltschaft des Weiteren angegriffene Aussetzung der Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren zur Bewährung ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.
13
a) Ob besondere Umstände im Sinne von § 56 Abs. 2 StGB in der Tat und in der Täterpersönlichkeit vorliegen, ist aufgrund einer Gesamtwürdigung aller Umstände zu entscheiden, die allein dem Tatrichter obliegt. Sie muss ergeben , dass eine Strafaussetzung trotz erheblichen Unrechts- und Schuldgehalts der Tat, der sich in der Strafe widerspiegelt, nicht als unangebracht erscheint und den allgemeinen, vom Strafrecht geschützten Interessen nicht zuwiderläuft. Dabei kann schon ein Zusammentreffen durchschnittlicher und einfacher Milderungsgründe die Bedeutung besonderer Umstände im Sinne von § 56 Abs. 2 StGB gewinnen; Ausnahmecharakter müssen die zugunsten des Angeklagten sprechenden Umstände nicht haben. Das Revisionsgericht hat in Grenzfällen die Wertung des Tatrichters hinzunehmen (BGH, Beschluss vom 22. Oktober 1980 - 3 StR 376/80, BGHSt 29, 370, 371; BGH, Beschluss vom 29. April 1987 - 3 StR 103/87, BGHR StGB § 56 Abs. 2 Gesamtwürdigung 1; BGH, Urteil vom 15. Februar 1994 - 5 StR 692/93, wistra 1994, 193; vgl. auch SSW-StGB/Mosbacher, § 56, Rn. 40).
14
Das Landgericht hat die danach erforderliche umfassende Gesamtwürdigung rechtsfehlerfrei vorgenommen. Es konnte dabei insbesondere darauf abheben , dass der nur geringfügig vorbestrafte und im Wesentlichen geständige Angeklagte erstmals zu einer Freiheitsstrafe verurteilt wurde und bereits über vier Monate Untersuchungshaft verbüßt hat, durch die er nachhaltig beeindruckt worden ist. Dass die Strafkammer diesen Umständen unter Berücksichtigung der als „äußerst günstig“ eingeschätzten Sozialprognose das Gewicht besonderer Umstände im Sinne des § 56 Abs. 2 StGB beigemessen hat, hält sich noch in dem dem Tatrichter insoweit eröffneten Beurteilungsspielraum. Dass auch eine abweichende Bewertung möglich gewesen wäre, ändert daran nichts.
15
b) Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin ist ein den Angeklagten begünstigender Rechtsfehler auch nicht darin zu sehen, dass die Strafkammer nicht ausdrücklich geprüft hat, ob die Verteidigung der Rechtsordnung eine Vollstreckung der verhängten Gesamtfreiheitsstrafe gebietet.
16
Strafaussetzung zur Bewährung kann nach § 56 Abs. 3 StGB nur versagt werden, wenn sie im Hinblick auf schwerwiegende Besonderheiten des Einzelfalles für das allgemeine Rechtsempfinden unverständlich erscheinen müsste und dadurch das Vertrauen der Bevölkerung in die Unverbrüchlichkeit des Rechts erschüttert werden könnte. Diese generalpräventiven Erwägungen dürfen indes nicht dazu führen, bestimmte Tatbestände oder Tatbestandsgruppen von der Möglichkeit einer Strafaussetzung zur Bewährung auszuschließen (st. Rspr.; vgl. Senatsurteil vom 24. April 1997 - 4 StR 662/96). Gemessen daran war hier angesichts des Tatbildes und der festgestellten erheblichen Milderungsgründe - auch unter Berücksichtigung der Tatsache, dass die Strafkammer gegen den Angeklagten die höchstmögliche Freiheitsstrafe verhängt hat, die noch zur Bewährung ausgesetzt werden kann - eine Prüfung der Voraussetzungen des § 56 Abs. 3 StGB nicht erforderlich. Es ist auszuschließen, dass die Strafaussetzung zur Bewährung vor dem Hintergrund der für den Angeklagten sprechenden gewichtigen Umstände die Rechtstreue der Bevölkerung ernsthaft beeinträchtigen und von der Allgemeinheit als ungerechtfertigtes Zurückweichen vor der Kriminalität angesehen werden wird (vgl. dazu BGH, Urteil vom 30. Oktober 1990 - 1 StR 500/90, BGHR StGB § 56 Abs. 3 Verteidigung 9, Senatsurteil vom 14. Juli 1994 - 4 StR 252/94, BGHR StGB § 56 Abs. 3 Verteidigung

15).


Mutzbauer Cierniak Franke
Bender Quentin
5 StR 387/13

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
vom 10. Dezember 2013
in der Strafsache
gegen
wegen Beihilfe zum Totschlag
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 10. Dezember
2013, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter Basdorf,
Richter Prof. Dr. Sander,
Richterin Dr. Schneider,
Richter Dölp,
Richter Prof. Dr. König
als beisitzende Richter,
Bundesanwalt
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt B.
Rechtsanwalt Be.
als Verteidiger,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revisionen der Staatsanwaltschaft und des Nebenklägers wird das Urteil des Landgerichts Chemnitz vom 15. März 2013 mit den Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an das Landgericht Dresden zurückverwiesen.
2. Die Revision des Angeklagten gegen das genannte Urteil wird verworfen.
Er hat die Kosten des Rechtsmittels und die dadurch dem Nebenkläger entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.
– Von Rechts wegen – G r ü n d e
1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Beihilfe zum Totschlag zu einer fünfjährigen Freiheitsstrafe verurteilt. Die zu Ungunsten des Angeklagten eingelegte, auf die Sachrüge gestützte und vom Generalbundesanwalt vertretene Revision der Staatsanwaltschaft hat in gleicher Weise Erfolg wie diejenige des Nebenklägers, der ebenfalls die Verletzung materiellen Rechts rügt. Die Verfahrensrügen und die Sachrüge erhebende Revision des Angeklagten zeigt keinen ihn benachteiligenden Rechtsfehler auf.
2
1. Nach den landgerichtlichen Feststellungen kam es seit dem Sommer 2011 zu Spannungen zwischen dem gesondert verfolgten M. und dem späteren Tatopfer A. , den zu töten sich M. in der Folge entschloss. Dies teilte er dem Angeklagten sowie S. mit, die beide mit ihm befreundet waren. Anfang Oktober 2011 erwarb der von S. begleitete Angeklagte in Absprache mit M. in Tschechien eine Schusswaffe Ceska, Modell 85, Kaliber 9 mm Luger nebst Munition. Am Folgetag führten er und M. gemeinsam Schießübungen durch.
3
Am 1. November 2011, dem Tattag, hielten sich die drei Freunde in M. s Wohnung auf. Dort zog sich der Angeklagte eine schwarze Wollmütze über das Gesicht und schnitt in diese mit einer Schere in Höhe der Augen Löcher. Mit der Waffe „spielte“ er zunächst „herum“ und hieltsie dann S. mit den Worten an den Kopf, „dass sie auch ihn und seine Fa- milie umbringen werden, wenn er etwas verraten würde“. Im Anschluss ver- ließen M. und S. die Wohnung.
4
Während S. auf dem Beifahrersitz von M. s Auto sitzen blieb, betrat M. gegen 19.45 Uhr das von A. geführte Bistro , wo er sich mit A. fünf Minuten unterhielt. Als er das Bistro da- nach verließ, war er „sehr wütend“, äußerte, dass er nun den Angeklagten holen werde, und setzte S. unterwegs ab. Gegen 20.00 Uhr betrat ein maskierter Mann das Bistro und schoss unvermittelt aus nächster Nähe auf den an einem Spielautomaten sitzenden A. , der – im linken Gesichtsbereich getroffen – zu Boden fiel. Der sofort danach flüchtende Mann schoss noch zweimal auf den Oberkörper des rücklings liegenden A. , der infolge eines Herzschusses verblutete.
5
Der Angeklagte begab sich „gegen 20.00 Uhr“ in ein Asylbewerber- heim zu einem Bekannten und gemeinsam mit diesem zu Fuß in eine Spielothek , wo er gegen 20.45 Uhr über A. s Tod informiert wurde. Der wegen dieser Tat mit Haftbefehl zur Fahndung ausgeschriebeneM. ist unbekannten Aufenthalts. In seinem vor dem Bistro abgestellten Auto wurde im Fußraum auf der Beifahrerseite die mit Sehschlitzen präparierte Wollmütze des Angeklagten sichergestellt, an der sich u.a. dessen DNA sowie Schmauch von der ebenfalls aufgefundenen Tatwaffe befanden. Auch am Sicherheitsgurt des Beifahrersitzes wurde derartiger Schmauch gesichert.
6
2. Das Landgericht hat nicht ausgeschlossen, dass der jegliche Tatbeteiligung bestreitende Angeklagte selbst der Schütze war, insoweit verblei- bende Zweifel aber insbesondere wegen dessen „nicht ohne weiteres zu den Täterbeschreibungen“ passenden Gestalt nicht zu überwinden vermocht (UA S. 25, 29 f.). Es hat sich auch nicht davon überzeugen können, „dass der Angeklagte die Tat als eigene wollte oder Tatherrschaft gehabt und daher mittäterschaftlich gehandelt hat“ (UA S. 31). Dieser habe jedoch die Haupttat unterstützt, indem er die Schusswaffe erworben, diese getestet und mit ihr S. bedroht habe, um ein Aufdecken des Plans zu verhindern. Seine Überzeugung hat das Landgericht im Wesentlichen auf die konstanten, detailreichen , widerspruchsfreien und daher glaubhaften Angaben des als Zeugen gehörten S. gestützt.
7
3. Die Revisionshauptverhandlung konnte nach der verfassungsrechtlich unbedenklichen Vorschrift des § 350 Abs. 2 Satz 2 StPO in Abwesenheit des inhaftierten verteidigten Angeklagten stattfinden. Für die Revisionsverhandlung relevante Einwände hat die Verteidigung nicht erhoben.
8
4. Die Revisionen der Staatsanwaltschaft und des Nebenklägers haben Erfolg. Jedenfalls hält die Wertung des Schwurgerichts, der Angeklagte habe sich nicht täterschaftlich, sondern lediglich als Gehilfe an der Tat beteiligt , rechtlicher Überprüfung nicht stand.
9
a) Wesentliche Anhaltspunkte für diese Beurteilung können gefunden werden im Grad des eigenen Interesses am Erfolg der Tat, im Umfang der Tatbeteiligung und in der Tatherrschaft oder wenigstens im Willen zur Tatherrschaft. Dabei kann bereits eine Beteiligung im Vorfeld der eigentlichen Tatbestandsverwirklichung ausreichen, um Mittäterschaft zu begründen, sofern sich diese Mitwirkung nach der Willensrichtung des sich Beteiligenden nicht als bloße Förderung fremden Tuns, sondern als Teil der Tätigkeit aller darstellt. Insbesondere ist eine Anwesenheit am Tatort für die Annahme von Mittäterschaft nicht erforderlich (BGH, Urteil vom 17. Oktober 2002 – 3 StR 153/02, NStZ 2003, 253, 254 mwN).
10
Die tatgerichtliche Bewertung der Beteiligungsform ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs allerdings nur einer eingeschränkten revisionsgerichtlichen Kontrolle zugänglich (BGH, Urteil vom 17. September 2009 – 5 StR 521/08, NJW 2010, 92, 97). Die Zubilligung eines dem Tatgericht eingeräumten Beurteilungsspielraums mit der Konsequenz, dass die bloße Möglichkeit einer anderen Bewertung das gefundene Ergebnis nicht rechtsfehlerhaft macht, setzt aber eine umfassende Würdigung des Beweisergebnisses voraus (BGH, Urteil vom 17. Oktober 2002 – 3 StR 153/02, NStZ 2003, 253, 254). Das angefochtene Urteil erweist sich hingegen insofern als lückenhaft.
11
Denn das Landgericht hat es versäumt, alle von ihm festgestellten Tatumstände in seine Beweiswürdigung einzubeziehen. Es hat hierbei vor allem nicht berücksichtigt, dass M. wenige Minuten vor der Tat gegenüber S. wütend angekündigt hatte, er werde nun den – wegen gefährlicher Körperverletzung vorbestraften (UA S. 4) – Angeklagten holen (UA S. 8), was auf ein verabredetes Zusammenwirken hindeuten könnte. In den Blick hätte ferner genommen werden müssen, dass der Angeklagte, für den nach eigenem Bekunden in seiner Heimat der Umgang mit Waffen „normal“ gewesen ist (UA S. 13), am Tatabend S. die Schusswaffe mit der Drohung an den Kopf gehalten hat, nicht M. , sondern „sie“ würden ihn umbringen, „wenn er etwas verraten würde“ (UA S. 8, ferner S. 18). Schließ- lich hätte erörtert werden müssen, weshalb der Angeklagte gemeinsam mit M. an den Schießübungen teilgenommen und entsprechend seiner Gesichtsform die Sehschlitze in die Wollmütze geschnitten hat (UA S. 8).
12
b) Der Senat kann nicht ausschließen (§ 337 Abs. 1 StPO), dass das Landgericht zur Annahme gelangt wäre, der Angeklagte habe sich an der Tötung A. s täterschaftlich beteiligt, wenn es auch die genannten Umstände in seine Abwägung einbezogen hätte. Er hebt daher das angegriffene Urteil einschließlich der Feststellungen (§ 353 Abs. 2 StPO) auf.
13
5. Die Revision des Angeklagten bleibt erfolglos. Die erhobenen Verfahrensrügen greifen aus den vom Generalbundesanwalt schon in seiner Antragsschrift vom 14. August 2013 dargelegten Gründen nicht durch. Die Prüfung des angefochtenen Urteils auf die Sachrüge deckt keinen den Angeklagten belastenden Rechtsfehler auf. Insbesondere lässt sich dem Gesamtzusammenhang des Urteils hinreichend deutlich entnehmen, dass das Landgericht davon überzeugt war, dass als Täter – wenn nicht der Angeklagte selbst geschossen hat – allein M. , zu dessen Statur und Aussehen das Schwurgericht keine Feststellungen getroffen hat, oder ein mit diesem Vertrauter in Betracht kam (vgl. vor allem UA S. 31 f.), zumal keine Anhaltspunkte für eine Tatbegehung durch einen Dritten bestanden.
14
6. Für die neue Hauptverhandlung weist der Senat auf Folgendes hin: Unabhängig von der Bewertung der Beteiligungsform wird Gelegenheit bestehen , das für den unmittelbaren Täter bejahte Mordmerkmal der Heimtücke und einen hierauf gerichteten Vorsatz des Angeklagten eingehender als bislang zu prüfen. Darüber hinaus wird auch die Frage eines Handelns aus niedrigen Beweggründen in den Blick zu nehmen sein.
15
7. Der Senat sieht Anlass, die Sache an ein anderes Landgericht zurückzuverweisen (§ 354 Abs. 2 Satz 1 StPO).
Basdorf Sander Schneider
Dölp König

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
2 StR 315/01
vom
31. Oktober 2001
in der Strafsache
gegen
wegen Verabredung eines Verbrechens u.a.
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 31. Oktober
2001, an der teilgenommen haben:
Vizepräsident des Bundesgerichtshofes
Dr. Jähnke
als Vorsitzender,
die Richter am Bundesgerichtshof
Dr. h.c. Detter,
Dr. Bode,
die Richterinnen am Bundesgerichtshof
Dr. Otten,
Elf
als beisitzende Richter,
Bundesanwalt
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Die Revision der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landgerichts Erfurt vom 23. Februar 2001 wird verworfen. Die Kosten des Revisionsverfahrens und die dem Angeklagten insoweit erwachsenen notwendigen Auslagen fallen der Staatskasse zur Last.
Von Rechts wegen

Gründe:


Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Urkundenfälschung zu einer Geldstrafe von 70 Tagessätzen zu je 50 DM verurteilt. Von weiteren Tatvorwürfen (Diebstahl eines Kennzeichens, Verabredung zu einem Verbrechen der schweren räuberischen Erpressung) hat es ihn freigesprochen. Die auf die Sachrüge gestützte Revision der Staatsanwaltschaft erstrebt eine Verurteilung des Angeklagten wegen Verabredung zu einem Verbrechen der schweren räuberischen Erpressung und greift die Strafzumessung an.
Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.

I.


1. Das Landgericht hat festgestellt:
Die Mitangeklagten des Angeklagten überfielen in wechselnder Beteiligung im Jahre 2000 mehrere Banken. R. und B. sowie der gesondert verfolgte E. planten im Juli 2000 einen neuen Überfall. Dafür sollte wie bei den vorherigen Überfällen ein Auto als Fluchtfahrzeug angemietet werden. Da keiner der bisher Beteiligten über eine gültige ec-Karte verfügte, sprachen sie den Angeklagten an, ob dieser bereit wäre, mit seiner ec-Karte einen Pkw anzumieten. Dieser willigte ein, wobei er ahnte, wofür das Fahrzeug benötigt wurde. Später wurde ihm dann in groben Zügen der geplante Ablauf des Banküberfalls geschildert. Er sollte die Auslagen für das Anmieten des PKWs sowie einen noch nicht festgelegten Anteil an der Beute, den er mit E. teilen mußte, erhalten. Den Pkw mietete er dann am 18. Juli 2000 an. Von den anderen Beteiligten wurde er am Morgen des 20. Juli 2000 in die Einzelheiten des für diesen Tag geplanten Überfalls eingeweiht. Danach sollten er und E. auf einem Feldweg warten, während die anderen den Überfall ausführen wollten. Er sollte das angemietete Auto, an dem zwischenzeitlich ein gestohlenes amtliches Kennzeichen angebracht worden war, bei der Flucht steuern. Dabei erfuhr der Angeklagte erstmals, daß die Volksbank in Ro. überfallen werden sollte. Zusammen mitE. wartete er dann, wie vereinbart, auf einem Feldweg in der Nähe der Bank, als die anderen sich dorthin begaben. Diese kehrten aber bald wieder zurück, da sie zu viele Personen vor der Bank bemerkten. Die Beteiligten trafen sich dann etwa eine Stunde später, nunmehr war auch der Mitangeklagte A. dabei, der sich ausdrücklich gegen eine Beteiligung des Angeklagten aussprach , da seiner Meinung nach damit die Gefahr steigen und sein Anteil an der möglichen Beute sinken würde. Als dann R. , A. und B. sich erneut zur Bank begaben, wurden sie unmittelbar bei ihrem Eintreffen vor der
Bank - bevor sie wie geplant die Mützen über das Gesicht ziehen undA. die Waffe an sich nehmen konnte - noch im Auto sitzend festgenommen.
2. Das Landgericht hat eine Verurteilung des Angeklagten wegen Verabredung zu einer schweren räuberischen Erpressung abgelehnt, da dieser nur als Gehilfe bei der verabredeten Tat, nicht - wie nach § 30 Abs. 2 StGB erforderlich - als Mittäter anzusehen sei.
Dies ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.
Eine Verurteilung nach § 30 Abs. 2 StGB (Verabredung zu einem Verbrechen ) käme nach der Rechtsprechung (vgl. u. a. BGH NStZ 1993, 137, 138) und der einhelligen Meinung im Schrifttum (vgl. Roxin in LK 11. Aufl. § 30 Rdn. 71 und 72) nur in Betracht, wenn der in Aussicht genommene Tatbeitrag des Angeklagten täterschaftliche Qualität erreichen sollte. Wäre seine Mitwirkung im Falle der Durchführung des Banküberfalls nur als die eines Gehilfen zu werten, bleibt er insoweit straffrei. Dies hat das Landgericht zutreffend erkannt ; seine Würdigung des Geschehens als beabsichtigte Beihilfe leidet auch nicht unter Rechtsfehlern.
Ob ein Tatbeteiligter eine Tat als Täter begeht, ist in wertender Betrachtung nach den gesamten Umständen, die von seiner Vorstellung umfaût sind, zu beurteilen. Wesentliche Anhaltspunkte können sein der Grad des eigenen Interesses am Erfolg der Tat, der Umfang der Tatbeteiligung, die Tatherrschaft oder wenigstens der Wille zur Tatherrschaft, so daû Durchführung und Ausgang der Tat maûgeblich auch vom Willen des Betreffenden abhängen (BGHSt 37, 289, 291; BGHR StGB § 25 Abs. 2 Mittäter 13, 14 und 18). Die An-
nahme von Mittäterschaft erfordert nicht zwingend auch eine Mitwirkung am Kerngeschehen. Für eine Tatbeteiligung als Mittäter reicht ein auf der Grundlage gemeinsamen Wollens die Tatbestandsverwirklichung fördernder Beitrag aus, der sich auf eine Vorbereitungs- oder Unterstützungshandlung beschränken kann (vgl. BGHSt 40, 299, 301; BGH NStZ 1995, 120; BGHR StGB § 25 Abs. 2 Mittäter 26 und Tatinteresse 2; BGH NStZ-RR 2000, 327, 328; 2001, 148).
Das Landgericht hat das Beweisergebnis umfassend gewürdigt, es hat bei der Einordnung der Beteiligung des Angeklagten als "Beihilfe" den ihm eingeräumten Beurteilungsspielraum (vgl. BGH StV 1998, 540; NStZ-RR 2000, 366; zuletzt BGH, Urt. vom 26. Juni 2001 - 5 StR 69/01) nicht überschritten. Daû eine andere tatrichterliche Beurteilung möglich gewesen wäre, macht das gefundene Ergebnis nicht rechtsfehlerhaft.
Für eine "mittäterschaftliche" Beteiligung des Angeklagten spricht nach den getroffenen Feststellungen die Art seines Tatbeitrages. Entgegen der Meinung des Landgerichts (UA S. 45) war dieser nicht nur "von untergeordneter Bedeutung". Denn das Beschaffen und Fahren des Fluchtfahrzeuges gehört zu den wesentlichen Voraussetzungen für eine erfolgreiche Durchführung des geplanten Überfalles. Dabei ist nicht allein vom Verhältnis des Tatbeitrages des Angeklagten gegenüber dem der anderen Beteiligten auszugehen. Entscheidend ist die Gewichtigkeit des Tatbeitrages für die gesamte Tat.
Es sprechen aber andere gewichtige Gründe gegen eine mittäterschaftliche Beteiligung des Angeklagten. Dieser war nicht in die Planung des Banküberfalles einbezogen, er kannte das Tatobjekt und die beabsichtigte Vorge-
hensweise zunächst überhaupt nicht. Bei seiner "Anwerbung" traf er auf eine Gruppe von Personen, die bereits mehrfach solche Überfälle nach gleichem Schema begangen hatten. Bei einem aus diesem Personenkreis stieû seine Einschaltung sogar auf Ablehnung. Übernehmen sollte er eine Aufgabe, die bisher ein anderer ausgeführt hatte. Sein Anteil an der Beute war unbestimmt, ein "eigener Anspruch" war ihm nicht eingeräumt, erhalten sollte er nur etwas über einen anderen Beteiligten, der mit ihm zu "teilen" hatte.
Wenn das Landgericht vor allem aus diesen Feststellungen schlieût, daû der Angeklagte "weder den Willen zur Tatherrschaft hatte, noch die Tat für seine eigene hielt", ist dies ein möglicher aus Rechtsgründen nicht zu beanstandender Schluû, der vom Revisionsgericht hinzunehmen ist.

II.


Soweit sich das Rechtsmittel gegen die Strafzumessung wendet, ist es offensichtlich unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.
Jähnke Detter Bode Otten Elf

(1) Als Täter wird bestraft, wer die Straftat selbst oder durch einen anderen begeht.

(2) Begehen mehrere die Straftat gemeinschaftlich, so wird jeder als Täter bestraft (Mittäter).

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
5StR 55/15
vom
3. Juni 2015
in der Strafsache
gegen
wegen schwerer Brandstiftung u.a.
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 3. Juni 2015,
an der teilgenommen haben:
Richter Prof. Dr. Sander
als Vorsitzender,
Richterin Dr. Schneider,
Richter Dr. Berger,
Richter Bellay,
Richter Dr. Feilcke
als beisitzende Richter,
Bundesanwalt
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwältin C. ,
Rechtsanwalt K.
als Verteidiger,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Cottbus vom 19. März 2014 mit den Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
- Von Rechts wegen -

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten aus tatsächlichen Gründen von den Vorwürfen freigesprochen, eine versuchte schwere Brandstiftung in Tateinheit mit Brandstiftung und mit einem Verstoß gegen das Waffengesetz sowie eine schwere Brandstiftung in Tateinheit mit einem Verstoß gegen das Waffengesetz begangen zu haben, und ihm Entschädigung für Strafverfolgungsmaßnahmen zugesprochen. Hiergegen wendet sich die Staatsanwaltschaft mit ihrer auf Rügen der Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützten Revision. Das vom Generalbundesanwalt vertretene Rechtsmittel hat schon mit der Sachrüge Erfolg; auf die Verfahrensrügen kommt es deshalb nicht mehr an.

I.


2
1. Zu den in der Anklage erhobenen Vorwürfen hat das Landgericht im Wesentlichen folgende Feststellungen getroffen:
3
In den frühen Morgenstunden des 11. Juni 2011 gegen 3:20 Uhr kam es zunächst auf dem Gelände des Zustellstützpunkts der Deutschen Post in Spremberg zu einem Brand von Lieferfahrzeugen, der mittels offener Flamme bei zwei Fahrzeugen gelegt worden war. Insgesamt sieben Fahrzeuge, die auf zwei sich gegenüberliegenden Hofseiten jeweils nebeneinander stehend abgestellt waren, brannten aus. Ein Teil der Fahrzeuge stand vor der Wand eines zur Tatzeit von mehreren Menschen bewohnten Wohnhauses, deren Isolierung großflächig abbrannte. Außerdem wurden durch die Hitzeeinwirkung ein weiteres Kraftfahrzeug, ein überdachter Fahrradständer sowie drei Fahrräder der Deutschen Post beschädigt. Ihr Gesamtschaden belief sich auf ca. 35.000 Euro. An dem Wohnhaus entstand ein Schaden von ca. 27.000 Euro.
4
Der unbestrafte, zur Tatzeit 21 Jahre alte Angeklagte war Mitglied des Jugendclubs „P. e.V.“, der als Vereinsräumlichkeit ein Hinterhaus auf ei- nem Grundstück an einer Nachbarstraße des Postgeländes nutzt. Dorthin hatte sich der Angeklagte in der Nacht zwischen 1:00 Uhr und 2:00 Uhr begeben, nachdem er sich abends gegen 22:00 Uhr per SMS vergeblich mit einer Be- kannten zu einer „Aktion“ mit Treffpunkt beim Jugendclub zu verabreden ver- sucht hatte, zu der er ihre Nachfrage auf dem Kurznachrichtenweg nicht beantworten wollte. Noch zuvor hatte der Angeklagte, der ein vorübergehend vom Dienst suspendiertes Mitglied der Freiwilligen Feuerwehr war, abends gegen 20:00 Uhr bei einem Treffen der Freiwilligen Feuerwehren aus der Region vorbeigeschaut , die an diesem Tag in Spremberg ihren alljährlichen Pokal- Wettkampf austrugen. Wo sich der Angeklagte im weiteren Verlauf der Tatnacht aufhielt, blieb ungeklärt.
5
Kurz nach Ausbruch des Brandes wurde in einer nahe dem Postgelände gelegenen Gasse ein schwarzer Stoffbeutel mit Glasscherben und einem De- ckel gefunden, in dessen Innenseite als Zeichen die Zahl „3“ oder der Buchstabe „M“ eingeritzt war. In dem Stoffbeutel, von demstarker Benzingeruch ausging und an dem Kraftstoffreste nachgewiesen wurden, befanden sich schwarzes Gewebeklebeband und ein Stofffetzen, der eine vom Angeklagten herrührende DNA-Spur aufwies. Weitere DNA-Mischspuren an Deckel und Klebeband stammten nicht von ihm. Schwarzes Klebeband der Art, wie es im Stoffbeutel aufgefunden wurde, befand sich auf einer Klebebandrolle in den Räumen des Jugendclubs. Kurz nach dem Löschen des Brandes wurde bemerkt, dass eines der Post-Fahrräder auf dem Hofgelände nicht wie üblich im Fahrradständer abgestellt war, sondern an der Innenseite einer über zwei Meter hohen Mauer stand, die das Gelände von einer angrenzenden Straße trennt; das Zugangstor zum Hof war zur Tatzeit verschlossen. Auf dem Sattel des Fahrrades, das erst am 16. Juni 2011 sichergestellt wurde, befand sich der Schuhabdruck eines Stiefels des Angeklagten.
6
Wenige Minuten nach der Brandlegung auf dem Postgelände brannte in Spremberg in einer Kleingartenanlage eine bungalowartige Laube, in der die Eheleute G. nächtigten. Der Zeuge G. hatte sich bereits planmäßig gegen 3:20 Uhr wegen eines frühen Arbeitstermins wecken lassen, als er plötzlich rollende Geräusche vom Laubendach her hörte. Als er nach draußen trat, sah er an der Rückseite der Laube Flammen aufsteigen. Trotz seiner Löschversuche brannte die Laube aus. Durch den Brand entstand ein Sachschaden von über 10.000 Euro. Nach Beendigung der Löscharbeiten wurde bei der Spurensuche unmittelbar neben der Laube eine offene, mit schwarzem Klebeband versehene Glasflasche gefunden, auf die mit blauer Farbe der Buch- stabe „F“ geschrieben war.In der Flasche befand sich noch Flüssigkeit, in der mit Löschwasser vermischt Reste von Benzin nachgewiesen wurden. Ca. 10 bis 20 Meter von der Laube entfernt lagen an einer Böschung neben einem an der Kleingartenanlage entlang führenden Fahrradweg unter anderem drei Schraubdeckel mit schwarzem Klebeband, in deren Innenseiten die Zahlen „1“, „4“ und „5“ eingeritzt waren,eine Glasflasche mit einem Stofffetzen, auf die mit blauer Farbe die Zahl „5“ geschrieben war, und ein weißer Stoffbeutel. An zwei Schraubdeckeln und an dem Stoffbeutel befanden sich DNA-Spuren, die von dem Angeklagten herrührten; an dem weiteren Schraubdeckel befand sich eine nicht von dem Angeklagten stammende DNA-Spur. Das schwarze Klebeband war von der gleichen Art wie jenes auf der Klebebandrolle in den Räumen des Jugendclubs, bei der es sich um Massenware handelte.
7
Am Morgen nach den Bränden lief eine Hundeführerin mit einem Fährtenhund, dem als Geruchsspur der in der Gasse nahe dem Postgelände aufgefundene schwarze Stoffbeutel vorgehalten worden war, von dessen Fundort über den durch die Kleingartenanlage führenden Fahrradweg an der abgebrannten Laube vorbei bis zu den Räumlichkeiten des Jugendclubs. Bei der anschließenden Durchsuchung wurden dort ein Plastikkanister mit Benzin, eine leere Glasflasche mit einem Deckel, in dessen Innenseite der Buchstabe „R“ eingeritzt war, und die Rolle mit schwarzem Klebeband sichergestellt.
8
2. Das Landgericht hat sich von der Täterschaft des Angeklagten, der sich zu den Tatvorwürfen in der Hauptverhandlung nicht eingelassen hat, nicht überzeugen können. Hinsichtlich des Brandes der Gartenlaube ist das Landgericht im Anschluss an das Gutachten eines Sachverständigen zu der Überzeu- gung gelangt, dass zwar die genaue Brandursache, die von den Ermittlungsbehörden nicht ermittelt worden sei, nicht mehr festzustellen sei, ein von der Anklage angenommener Wurf eines „Molotow-Cocktails“ auf das Laubendach den Brand aber nicht verursacht haben könne. Vielmehr habe sich der Brand vom Innenraum des Daches nach außen hin ausgebreitet.
9
Für eine Täterschaft des Angeklagten bei dem Brand auf dem Postgelände sprächen zwar einige Indizien wie der Schuhabdruck des Angeklagten auf dem Sattel des Zustellfahrrades, der ihn unmittelbar mit dem Tatort in Verbindung bringe, und seine DNA am Stofffetzen im Beutel in unmittelbarer Tatortnähe , in dem sich Utensilien befunden hätten, die zur Herstellung eines Brandsatzes geeignet und wohl auch bestimmt gewesen seien. Diese und die weiteren Indizien reichten jedoch auch in der Gesamtschau nicht aus, um den Angeklagten der Brandstiftung zu überführen.

II.


10
1. Die Revision der Staatsanwaltschaft hat Erfolg, denn die Beweiswürdigung des Landgerichts (§ 261 StPO) hält sachlich-rechtlicher Prüfung nicht stand.
11
a) Das Revisionsgericht muss es zwar grundsätzlich hinnehmen, wenn das Tatgericht einen Angeklagten freispricht, weil es Zweifel an seiner Täterschaft nicht zu überwinden vermag. Die Beweiswürdigung ist Sache des Tatgerichts ; die revisionsgerichtliche Prüfung beschränkt sich darauf, ob ihm Rechtsfehler unterlaufen sind, weil die Beweiswürdigung lückenhaft, in sich widersprüchlich oder unklar ist, gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstößt oder wenn an die zur Verurteilung erforderliche Gewissheit übertriebene Anfor- derungen gestellt worden sind (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 6. November 1998 – 2 StR 636/97, BGHR StPO § 261 Beweiswürdigung 16). Insbesondere ist es weder im Hinblick auf den Zweifelssatz noch sonst geboten, zugunsten des Angeklagten von Annahmen auszugehen, für deren Vorliegen das Beweisergebnis keine konkreten tatsächlichen Anhaltspunkte erbracht hat (vgl. BGH, Urteile vom 18. September 2008 – 5 StR 224/08, NStZ 2009, 401; vom 20. Mai 2009 – 2 StR 576/08, NStZ 2009, 630; vom 12. Januar 2012 – 4 StR 499/11, insoweit in NStZ 2012, 648 nicht abgedruckt; vom 20. Juni 2012 – 5 StR 536/11, NJW 2012, 2453, 2454, und vom 29. April 2015 – 5 StR 79/15).
12
b) Diesen Anforderungen genügt das angefochtene Urteil in mehrfacher Hinsicht nicht.
13
aa) Das Landgericht hat der vom Angeklagten herrührenden Schuhabdruckspur auf dem Sattel des Zustellfahrrades, das naheliegend als Steighilfe zur Überwindung der Mauer diente, den Beweiswert als Indiz, das den Angeklagten unmittelbar mit dem Tatort in Verbindung bringt, rechtsfehlerhaft aufgrund lediglich theoretischer Erklärungsansätze abgesprochen. Es durfte mangels in diese Richtung zielender objektiver Anhaltspunkte zugunsten des – in der Hauptverhandlung schweigenden – Angeklagten als alternative Erklärung für die Verursachung des Abdrucks nicht unterstellen, er könne nachträglich aus Neugierde auf das Postgelände gegangen sein und sich auf den Sattel gestellt haben, um sich den Tatort näher anzuschauen.
14
Diese hypothetische Möglichkeit lag nach den Gesamtumständen zudem äußerst fern: Das an der Mauer lehnende Fahrrad war bereits kurz nach dem Löschen des Brandes bemerkt worden (UA S. 9), und noch am Tattag war der Angeklagte mittags vorläufig festgenommen und als Beschuldigter vernommen worden. Wenn die Strafkammer meint, der Angeklagte habe auch im weiteren Zeitverlauf Gelegenheit gehabt, die Spuren auf dem Fahrrad zu hinterlassen, „weil der mögliche Tatort spätestens nach dem Pfingstwochenende nicht mehr abgesperrt war“ (UA S. 20), berücksichtigt es nicht, dass der Angeklagte in die- ser Zeit gar keinen Anlass mehr gehabt hatte, von dem Fahrrad aus den Brandort anzuschauen; denn die Inaugenscheinnahme wäre nach Öffnung des Geländes für die Allgemeinheit aus der Nähe und wesentlich einfacher als durch Erklettern eines Fahrradsattels möglich gewesen. Dass sich auf dem Sattel des Fahrrades Spuren befänden, war der Polizei im Übrigen schon am Pfingstmontag, dem 13. Juni 2011, von einer Sicherheitsmitarbeiterin der Deutschen Post mitgeteilt worden (UA S. 11), also noch bevor das Postgelände im Rahmen der Aufnahme des Dienstbetriebes wieder der Öffentlichkeit zugänglich wurde. Schließlich hätte ein Besteigen des Fahrrades an dem festgestellten vom Brandgeschehen abgelegenen Standort zwar einen Blick über die Mauer auf den auch vom Landgericht für möglich gehaltenen Fluchtweg (UA S. 21) zugelassen, jedoch keine nähere Betrachtung des rückseitig gelegenen Tatorts ermöglicht.
15
bb) Mit dem den Angeklagten erheblich belastenden Indiz seiner DNASpuren auf dem Stofffetzen, der mitsamt der weiteren im Stoffbeutel in unmittelbarer Nähe des ersten Tatorts gefundenen Utensilien zur Herstellung eines Brandsatzes geeignet war (UA S. 19), hat sich das Landgericht lediglich isoliert auseinandergesetzt, indem es die Wertung traf, dass diese Spuren „allein nicht den Beweis der Täterschaft des Angeklagten“ erbrächten (UA S. 22).Abgese- hen davon, dass auch insoweit wiederum konkrete Anhaltspunkte für die Annahme des Landgerichts fehlen, ein Alternativtäter könne im Jugendclub den Stofffetzen mit der DNA des Angeklagten an sich genommen und verwandt ha- ben, hätte schon hier auch der Umstand Berücksichtigung finden müssen, dass allein der Angeklagte in der Tatnacht in den ebenfalls in Tatortnähe befindlichen Räumen des Jugendclubs von deren Vermieter gesehen worden ist.
16
cc) Dies hat das Landgericht ebenfalls bei seiner eher formelhaft vorgenommenen Gesamtabwägung unbeachtet gelassen und auch im Übrigen die Vielzahl der vorhandenen Beweisanzeichen nicht erkennbar zueinander in Beziehung gesetzt. Diese Vorgehensweise lässt besorgen, dass das Landgericht den Blick dafür verloren hat, dass Indizien, auch wenn sie einzeln betrachtet nicht zum Nachweis der Täterschaft ausreichen, doch in ihrer Gesamtheit dem Gericht die entsprechende Überzeugung vermitteln können (st. Rspr., vgl. etwa BGH, Urteile vom 26. Mai 1999 – 3 StR 110/99, BGHR StPO § 261 Beweiswürdigung 20, und vom 7. November 2012 – 5 StR 322/12), und dass es hierdurch zugleich überspannte Anforderungen an die tatgerichtliche Überzeugungsbildung gestellt hat.
17
dd) Überdies enthält die Beweiswürdigung Lücken.
18
(1) Zunächst fehlt es an einer, bei der hier gegebenen Beweislage unerlässlichen , näheren und in sich geschlossenen Darlegung der Einlassung des Angeklagten in seiner Beschuldigtenvernehmung im Ermittlungsverfahren. Seine diesbezüglichen polizeilichen Angaben sind in den Urteilsgründen lediglich so bruchstückhaft und verstreut mitgeteilt worden, dass keine revisionsgerichtliche Überprüfung erfolgen kann (vgl. BGH, Urteile vom 3. August 2011 – 2 StR167/11, NStZ 2012, 227, 228, und vom 7. Juni 2011 – 5 StR 26/11). Das Landgericht selbst hat die Einlassung als in Teilen „merkwürdig“ bewertet (UA S. 27), wobei offen bleibt, worauf diese Wertung fußt. Auch insoweit hat das Landgericht im Übrigen mit der Spekulation, der Angeklagte habe sich „viel- leicht zunächst in der Rolle des Tatverdächtigen“ gefallen oder „tatsächlich Kenntnis von den ‚wahren‘ Tätern“ gehabt und diese decken wollen, erneut nicht beachtet, dass Unterstellungen zugunsten eines Angeklagten nur dann rechtsfehlerfrei sind, wenn hierfür reale Anknüpfungspunkte bestanden.
19
(2) Zutreffend beanstandet die Revision zudem, dass die Darlegungen unzureichend sind, mit denen das sachverständig beratene Landgericht seine Annahme begründet hat, der Brand der Laube habe sich – bei ungeklärter Brandursache – vom Innenraum des Daches ausgehend nach außen ausge- breitet und eine Brandverursachung durch den Wurf eines „Molotow-Cocktails“ sei demgemäß ausgeschlossen (UA S. 13, 15). Insbesondere hat sich das Landgericht im Zusammenhang mit seiner Beweiswürdigung zur Brandentstehung und den hierzu mitgeteilten Erwägungen des Sachverständigen nicht näher mit der Spurenlage befasst, die eine Inbrandsetzung von außen nahelegt. So wurde unmittelbar neben der abgebrannten Laube unter einem Fenster eine Glasflasche mit einem Benzinrest sichergestellt, deren Fund sich mit dem vom Zeugen G. vernommenen rollenden Geräusch vom Dach her unschwer in Einklang bringen lässt. Zudem wurde wenige Meter von der Laube entfernt eine weitere Glasflasche mit Stofffetzen gefunden, die ebenso wie die am Brandort sichergestellte eine Markierung in blauer Farbe aufwies. Unberücksichtigt geblieben ist weiter der Umstand, dass der Zeuge G. nach dem Verlassen der Laube an der Rückseite des Bungalows Flammen aufsteigen sah, während nach den Feststellungen der Brand im Dach(innen)bereich ausgebrochen sein soll.
20
Die Urteilsgründe lassen darüber hinaus nicht mit der erforderlichen Deutlichkeit erkennen, inwieweit und aus welchen Gründen der gerichtliche Sachverständige in seinem mündlich erstatteten Gutachten von seinem vorläu- figen schriftlichen Gutachten abgewichen und offenbar zu einer geänderten Einschätzung des Brandverlaufs gelangt ist (vgl. zu den Darlegungsanforderungen bei Widerspruch zwischen vorbereitendem schriftlichen und mündlichen Sachverständigengutachten BGH, Beschluss vom 13. Juli 2004 – 4 StR 120/04, NStZ 2005, 161 mwN; s. auch BGH, Beschluss vom 26. Oktober 2011 – 2 StR328/11). Den Urteilsgründen ist lediglich zu entnehmen, dass es eine Divergenz zwischen den schriftlichen und den mündlichen Ausführungen des Sachverständigen gab, der in der Hauptverhandlung von einer Brandentwicklung vom Inneren des Daches nach außen hin ausgegangen ist. Aufgrund welcher konkreten Erkenntnisse sich eine abweichende frühere Beurteilung des Sachverständigen als unrichtig erwiesen haben sollte, teilen die Urteilsgründe nicht mit, die nur auf weitere nicht näher beschriebene Lichtbilder und eine erneute Befragung des zuvor schon vernommenen Zeugen G. hinweisen. Damit ist eine revisionsgerichtliche Überprüfung, ob das in der Hauptverhandlung erstattete Gutachten, das eine Inbrandsetzung der Gartenlaube ausgeschlossen hat, zutreffend zu einem anderen Ergebnis als das vorbereitende Gutachten gelangt ist, nicht möglich.
21
2. Das Urteil beruht auch auf den aufgezeigten Darstellungs- und Beweiswürdigungsmängeln ; der Senat kann nicht ausschließen, dass das Landgericht bei einer rechtsfehlerfreien Beweiswürdigung und der gebotenen wertenden Gesamtschau aller be- und entlastenden Indizien die Überzeugung von der Täterschaft des Angeklagten gewonnen hätte.
22
3. Für die neue Hauptverhandlung weist der Senat darauf hin, dass gegen eine Verwertbarkeit der Einlassung des Angeklagten in seiner haftrichterlichen Beschuldigtenvernehmung vom 12. Juni 2011 (UA S. 28), deren Nicht- verwertung die Revision mit einer Inbegriffsrüge (§ 261 StPO) beanstandet hat, nach bisherigem Stand keine durchgreifenden Bedenken ersichtlich sind.

III.


23
Die sofortige Beschwerde der Staatsanwaltschaft gegen die Zuerkennung von Haftentschädigung ist damit gegenstandslos.
Sander Schneider Berger
Bellay Feilcke