BGH 5 StR 486/14

bei uns veröffentlicht am28.01.2015

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

Tenor

Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Braunschweig vom 2. Juli 2014 im Strafausspruch hinsichtlich der Taten 3 bis 7 und im Gesamtstrafausspruch aufgehoben.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Die weitergehende Revision der Staatsanwaltschaft und die Revision des Angeklagten werden verworfen.

Der Angeklagte hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

- Von Rechts wegen -

Gründe

1

Das Landgericht hat den Angeklagten - unter Freispruch im Übrigen (Tatvorwürfe 1 und 2) - wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (Tat 8), wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (Tat 3) sowie wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in vier Fällen (Taten 4 bis 7) zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt und den Verfall von Wertersatz in Höhe von 2.960 € angeordnet. Die zu Ungunsten des Angeklagten eingelegte, auf den Strafausspruch beschränkte und vom Generalbundesanwalt vertretene Revision der Staatsanwaltschaft erzielt den aus der Urteilsformel ersichtlichen Erfolg. Im Übrigen ist das Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft ebenso wie die Revision des Angeklagten unbegründet.

2

1. Nach den Urteilsfeststellungen verkaufte der mehrfach wegen Betäubungsmitteldelikten vorbestrafte Angeklagte um den 30. Juli 2013 500 Gramm Marihuana mit einem Wirkstoffgehalt von mindestens 3 % THC gewinnbringend für 2.500 € an den Zeugen K.   , der das Rauschgift seinerseits gewinnbringend weiterverkaufte (Tat 3).

3

Am 8. November 2013 veräußerte der Angeklagte für 90 € zwei Kügelchen Kokain (1,3 Gramm mit mindestens 40 % KHC) an den Zeugen D.    , bei dem das Betäubungsmittel sichergestellt wurde (Tat 4).

4

Ferner verkaufte der Angeklagte gewinnbringend an eine von den Ermittlungsbehörden eingesetzte Vertrauensperson (VP) am 1. November 2013 1,03 Gramm Kokain (Wirkstoffgehalt rund 57 % KHC) für 100 €, am 16. November 2013 1,61 Gramm Kokain (Wirkstoffgehalt rund 57 % KHC) für 170 € und am 7. Dezember 2013 1,57 Gramm Kokain (Wirkstoffgehalt rund 44 % KHC) für 100 € (Taten 5 bis 7). In den ersten beiden Verkaufsfällen bot der Angeklagte der VP die Lieferung von 50 bis 100 Gramm Kokain bester Qualität an. Beim letzten Verkaufsvorgang äußerte die VP Interesse an dem Kauf von 100 Gramm Kokain.

5

Am 12. Dezember 2013 suchte die VP den Angeklagten in dessen Unterkunft im Asylbewerberheim auf; die Beteiligten einigten sich auf den Kauf von 115 Gramm Kokain zu je 75 € pro Gramm. Nachdem der Angeklagte das Rauschgift abgewogen und verpackt hatte, übergab er es an seinen Bekannten Ka.  , der ihn zur Abwicklung des Geschäfts auf einen nahe gelegenen Parkplatz begleiten sollte. Der Angeklagte selbst nahm zwei spitz zulaufende Küchenmesser mit einer Klingenlänge von 10 cm an sich und steckte sie sich seitlich in den Hosenbund, um sich „notfalls damit zu verteidigen". Bei der anschließenden Übergabe des Rauschgifts (rund 111 Gramm Kokain mit einem Wirkstoffgehalt von 59 %) an die VP und einen nicht offen ermittelnden Polizeibeamten wurden der Angeklagte und Ka.   festgenommen (Tat 8).

6

2. Die Revision der Staatsanwaltschaft führt - angesichts des eingeschränkten revisionsgerichtlichen Prüfungsumfangs (vgl. BGH, Beschluss vom 10. April 1987 - GSSt 1/86, BGHSt 34, 345, 349 mwN) - lediglich in Bezug auf die Taten 3 bis 7 zur Aufhebung des Strafausspruchs. Das Landgericht hat in diesen Fällen bei der Strafzumessung im engeren Sinn rechtsfehlerhaft zugunsten des Angeklagten berücksichtigt, dass er „durch den angeordneten Verfall von Wertersatz zusätzlich getroffen" werde (UA S. 21). Die mit dem (Wertersatz-)Verfall verbundene Vermögenseinbuße stellt keinen Strafmilderungsgrund dar. Der Verfall dient allein der Gewinnabschöpfung und damit dem Ausgleich unrechtmäßiger Vermögensverschiebung (vgl. BGH, Urteile vom 1. März 1995 - 2 StR 691/94, NStZ 1995, 491 und vom 21. August 2002 - 1 StR 115/02, BGHSt 47, 369; Beschluss vom 22. November 2000 - 1 StR 479/00, NStZ 2001, 312; vgl. für die Einziehung von Beziehungsgegenständen bei Geldwäsche: BGH, Beschluss vom 25. November 2014 - 5 StR 490/14).

7

Der Rechtsfehler führt zur Aufhebung der für die Taten 3 bis 7 verhängten Einzelstrafen und somit zur Aufhebung der Gesamtstrafe. Der Aufhebung von Feststellungen bedarf es nicht, weil lediglich ein Wertungsfehler vorliegt. Der Senat weist zudem darauf hin, dass die Verhängung jeweils der Mindeststrafe für die Taten 5 bis 7 angesichts der festgestellten strafschärfenden Umstände - zumal ohne eingehendere Erörterung - rechtlich bedenklich erscheint.

8

3. Der Strafausspruch hinsichtlich der Tat 8 hat hingegen Bestand. Die Annahme eines minder schweren Falls des § 30a Abs. 3 BtMG durch das Landgericht begegnet keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Es ist Sache des Tatgerichts, die strafschärfenden und strafmildernden Strafzumessungsgesichtspunkte gegeneinander abzuwägen; seine Wertung ist vom Revisionsgericht nur begrenzt nachprüfbar (vgl. BGH, Beschluss vom 10. April 1987 - GSSt 1/86, BGHSt 34, 345, 349 mwN).

9

Gemessen daran greifen Beanstandungen der Staatsanwaltschaft und des Generalbundesanwalts nicht durch. Das Landgericht hat Art und Intensität der Tatprovokation eingehend dargestellt und bei der Strafrahmenwahl berücksichtigt. Es war entgegen der Revision nicht gehalten, eine differenzierende Betrachtung anzustellen, dass die Tatprovokation sich lediglich auf die Durchführung des Betäubungsmittelgeschäftes und nicht auf das Mitführen der beiden Messer bezog. Auch die Wertung, dass die Gefährlichkeit der „kleinen handelsüblichen Küchenmesser weit hinter der Gefährlichkeit einer Schusswaffe" zurückstehe (UA S. 20), ist nicht rechtsfehlerhaft. Entsprechendes gilt für die Erwägung, der Angeklagte habe die Messer bei sich geführt, um sie „lediglich in einem Angriffsfall einsetzen zu können". Ungeachtet dessen, dass entgegen der Auffassung des Generalbundesanwalts in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs die Rechtsfigur eines „normativen" oder „forensischen" Regelfalls nicht anerkannt ist (vgl. BGH, Beschluss vom 10. April 1987 - GSSt 1/86, aaO), versteht der Senat die kritisierte Formulierung nicht dahin, dass die Strafkammer die bloße Erfüllung des Tatbestands ohne Hinzutreten erschwerender Umstände zugunsten des Angeklagten gewertet hat. Vielmehr dienen diese Ausführungen nach dem - maßgebenden - Zusammenhang (vgl. BGH, Beschluss vom 10. April 1987 - GSSt 1/86, aaO, S. 349 f.; Urteil vom 19. Februar 2014 - 5 StR 626/13, Rn. 21 insoweit in NStZ 2014, 476 nicht abgedruckt) ersichtlich der Absicherung des zuvor gefundenen Ergebnisses der Annahme eines minder schweren Falles.

10

Es ist vorliegend schließlich auch nicht durchgreifend rechtsfehlerhaft, dass das Landgericht bei der Strafrahmenwahl nicht die Sperrwirkung des § 29a Abs. 1 BtMG geprüft und erörtert hat, denn es hat sich vorliegend bei einer Einzelstrafe von vier Jahren Freiheitsstrafe ersichtlich nicht an der Strafrahmenuntergrenze orientiert.

11

4. Die Überprüfung des Urteils auf die Revision des Angeklagten hat keinen Rechtsfehler zu seinem Nachteil ergeben.

Sander                             Dölp                           König

                   Berger                           Bellay

Urteilsbesprechung zu BGH 5 StR 486/14

Urteilsbesprechungen zu BGH 5 StR 486/14

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Betäubungsmittelgesetz - BtMG 1981 | § 29a Straftaten


(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr wird bestraft, wer1.als Person über 21 JahreBetäubungsmittel unerlaubt an eine Person unter 18 Jahren abgibt oder sie ihr entgegen § 13 Abs. 1 verabreicht oder zum unmittelbaren Verbrauch überläßt oder2.

Betäubungsmittelgesetz - BtMG 1981 | § 30a Straftaten


(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren wird bestraft, wer Betäubungsmittel in nicht geringer Menge unerlaubt anbaut, herstellt, mit ihnen Handel treibt, sie ein- oder ausführt (§ 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1) und dabei als Mitglied einer Bande han
BGH 5 StR 486/14 zitiert 2 §§.

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Referenzen

Nachschlagewerk: ja
BGHSt: ja
Veröffentlichung: ja
_________________
Der Verfall ist, auch bei Anwendung des Bruttoprinzips, keine Strafe, sondern
eine Maßnahme eigener Art. Die Abschöpfung des über den Nettogewinn
hinaus Erlangten verfolgt primär einen Präventionszweck. Dies gilt auch für
die Anordnung des Verfalls gegen den Drittbegünstigten nach § 73 Abs. 3
BGH, Urteil vom 21. August 2002 - 1 StR 115/02 - LG Mannheim

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
1 StR 115/02
vom
21. August 2002
gegen
wegen Verstoßes gegen das Außenwirtschaftsgesetz
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat aufgrund der Verhandlung vom
13. August 2002 in der Sitzung vom 21. August 2002, an denen teilgenommen
haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Schäfer
und die Richter am Bundesgerichtshof
Nack,
Dr. Boetticher,
Schluckebier,
Hebenstreit,
Oberstaatsanwalt beim Bundesgerichtshof
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Vertreter der Verfallsbeteiligten,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Die Revision der Verfallsbeteiligten gegen das Urteil des Landgerichts Mannheim vom 26. Oktober 2001 wird verworfen. Sie trägt die Kosten ihres Rechtsmittels. 2. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das vorbezeichnete Urteil dahin geändert, daß gegen die Verfallsbeteiligte der Verfall eines Geldbetrages von 4.466.203,89 Euro (8.735.135,56 DM) angeordnet wird. Die Verfallsbeteiligte trägt die Kosten der Revision der Staatsanwaltschaft. Von Rechts wegen

Gründe:


Das Landgericht hat zwei Angestellte der Papierfabrik S. GmbH wegen mehrfacher Verbrechen nach dem Außenwirtschaftsgesetz (§ 34 Abs. 4 AWG i.V.m. § 69 Buchst. h Abs. 1 Nr. 2 AWV) zu Bewährungsstrafen verurteilt. Gegen die Verfallsbeteiligte, die nach dem Tatzeitraum in eine Kommanditgesellschaft umgewandelte Papierfabrik S. GmbH & Co. KG, hat es nach § 73 Abs. 3 StGB den Verfall von Wertersatz in Höhe von 7.916.855,06 DM angeordnet. Die auf die Sachrüge gestützte Revision der Verfallsbeteiligten hat keinen Erfolg. Die Revision der Staatsanwaltschaft , die mit der Sachrüge die Anordnung eines höheren Verfallsbetrages erstrebt , ist hingegen begründet.

I.

Gegenstand der Verurteilung und der Verfallsanordnung sind Embargoverstöße in der Zeit von Juli 1992 bis November 1995. Die Papierfabrik S. GmbH (im folgenden S. GmbH), die technische Spezialpapiere herstellte, hatte Tabakpapier an eine Firma in Serbien geliefert. Der Angeklagte I. war Leiter des Betriebsbereichs „Tabakpapiere“; der Mitangeklagte R. war Gesamtverkaufsleiter und Vorgesetzter des Angeklagten I. . 1. Am 30. Mai 1992 hatte der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen umfassende Sanktionen gegen Serbien und Montenegro verhängt, die durch Änderungen der Außenwirtschaftsverordnung mit Wirkung vom 13. Juni 1992 in deutsches Recht umgesetzt wurden und bis zum 22. November 1995 aufrechterhalten blieben. Schon vor dem Embargo hatte die S. GmbH Tabakpapier an die serbische Firma geliefert. Diese Geschäftsbeziehung war im Gegensatz zu anderen Absatzmärkten relativ profitabel (die Preise lagen 30 bis 40 % über den sonstigen Durchschnittspreisen) und für das betriebswirtschaftliche Gesamtergebnis der Abteilung „Tabakpapiere“ von großer Bedeutung. Die Angeklagten befürchteten infolge des Embargos einen erheblichen Umsatzverlust, eine unzureichende Auslastung der Maschinen und Kurzarbeit. Sie entschlossen sich deshalb, das Embargo durch Einschaltung anderer Firmen zu umgehen. Die darüber unterrichteten Geschäftsführer der S. GmbH billigten diese Umgehungsgeschäfte ausdrücklich. Bis zum Ende des Embargos wurde dem Konto der S. GmbH ein Verkaufserlös von 7.916.855,06 DM (4.047.823,72 dieses Betrages wurde der Verfall von Wertersatz angeordnet. Nach Aufhe-
bung des Embargos ging auf dem Konto ein weiterer Betrag von ! #" $% &" (') "+* , .- /+ 10 )-&2 818.280,50 DM (418.380,18 en erklärt. 2. Die Verfallsanordnung gegen die Verfallsbeteiligte als Drittbegünstigte nach § 73 Abs. 3 StGB hat das Landgericht damit begründet, daß ihr das Handeln der Angeklagten zuzurechnen sei, da diese im Interesse des Unternehmens und mit Billigung der Geschäftsführer gehandelt hätten. Die spätere Veräußerung der S. GmbH an ein anderes Unternehmen und die Umwandlung in eine Kommanditgesellschaft habe an ihrer Stellung als Verfallsadressatin nichts geändert. Das nach § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB Erlangte bestehe in dem gesamten während der Embargozeit vereinnahmten Verkaufserlös. Die Höhe des Verfallsbetrages bemesse sich nach dem Bruttoprinzip, so daß keine Kosten in Abzug zu bringen seien. Die Voraussetzungen der Härteregelung des § 73c Abs. 1 Satz 1 StGB hat das Landgericht verneint. Die Geschäftsführer der S. GmbH hätten die Umgehungsgeschäfte gebilligt und gezielt finanzielle Mittel und Ressourcen des Unternehmens für die Produktion des für Serbien bestimmten Zigarettenpapiers eingesetzt, also bewußt Kapital in strafbare Handlungen investiert. Zudem sei das Unternehmen durch die Verfallsanordnung keinesfalls in seiner Existenz gefährdet. Auch eine Entreicherung im Sinne des § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB liege nicht vor. 3. Die Verfallsbeteiligte macht mit ihrer Revision geltend, sie könne infolge des nach der Tatzeit erfolgten Unternehmensverkaufs und wegen der Unternehmensumwandlung nicht Verfallsadressatin sein. Ferner habe das Landgericht bei der Höhe des Verfalls zu Unrecht das Bruttoprinzip angewendet. Jedenfalls aber hätte wegen des Schuldprinzips nur der Nettoerlös abgeschöpft werden dürfen.
4. Die Staatsanwaltschaft erstrebt mit ihrer Revision eine höhere Verfallsanordnung. Auch hinsichtlich der nach Ende des Embargos vereinnahmten Verkaufserlöse in Höhe von 818.280,50 DM – die aus Lieferungen während der Embargozeit herrührten – hätte der Verfall angeordnet werden müssen.

II.

Die Revision der Verfallsbeteiligten hat keinen Erfolg. Das Landgericht hat die Höhe des verfallenen Wertersatzes nach § 73a Satz 1 i.V.m. § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB zu Recht nach dem Bruttoprinzip ermittelt und rechtsfehlerfrei eine unbillige Härte im Sinne des § 73c Abs. 1 Satz 1 StGB verneint. 1. Der Verfall (des Wertersatzes) ist nach § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB zwingend nach Maßgabe des Bruttoprinzips anzuordnen, soweit nicht die gleichfalls zwingende Härtevorschrift des § 73c Abs. 1 Satz 1 StGB entgegensteht.
a) Die Höhe des Verfalls (und des Verfalls des Wertersatzes) richtet sich nach dem Bruttoprinzip. Bruttoprinzip bedeutet, daß nicht bloß der Gewinn, sondern grundsätzlich alles, was der Täter für die Tat oder aus ihr erlangt hat, für verfallen zu erklären ist (BGH NStZ 1995, 491). Entscheidend ist, was dem Betroffenen gerade durch die Straftat zugeflossen ist oder was er durch diese erspart hat. Bei der Berechnung des – wie hier – durch einen Kauf Erlangten ist vom gesamten Verkaufserlös ohne Abzug von Einkaufspreis und sonstigen Aufwendungen auszugehen (BGH NStZ 1994, 123; NStZ 2000, 480; NStZ-RR 2000, 57; wistra 2001, 389; BGH, Beschluß vom 3. Dezember 2000 – 1 StR 547/00; BGH, Urteil vom 20. März 2001 – 1 StR 12/01).
b) Dieser Umfang des Verfalls entspricht dem Willen des Gesetzgebers, der durch Gesetz zur Änderung des Außenwirtschaftsgesetzes, des Strafgesetzbuches und anderer Gesetze vom 28. Februar 1992 (BGBl. I S. 372) § 73 StGB mit Wirkung vom 7. März 1992 geändert hat. Während der Verfall nach
der alten Fassung des § 73 StGB nur den „Vermögensvorteil“ (Nettoprinzip) erfaßte, ist nunmehr der Verfall des „Erlangten“ (Bruttoprinzip) anzuordnen. Die Gesetzesänderung geht zurück auf einen Vorschlag des Bundesrates zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 25. Oktober 1989 (BTDrucks. 11/6623 S. 11), der in seiner Stellungnahme die Umstellung des Nettoprinzips auf das Bruttoprinzip vorgeschlagen hatte. Die Bundesregierung hatte den Vorschlag in ihrer Gegenäußerung aufgegriffen (S. 13); das Gesetz kam jedoch in der 11. Wahlperiode nicht mehr zustande. In der 12. Wahlperiode griff der Bundesrat in seinem Entwurf des OrgKG (BT-Drucks. 12/989) diesen Änderungsvorschlag zu § 73 StGB wieder auf und die Bundesregierung stimmte dem zu (S. 52). Die Notwendigkeit der Gesetzesänderung begründete der Bundesrat unter anderem mit der restriktiven Anwendung des Verfalls in der Praxis aufgrund der Kompliziertheit der Regelung. Der Rechtsausschuß des Bundestages führte in seinem Bericht (BT-Drucks. 12/2720, S. 42) aus, „es gehe bei den Verfallsvorschriften nicht um eine Strafe, sondern um die Beseitigung eines rechtswidrigen Zustandes, der durch eine Straftat ausgelöst worden sei.“ Parallel dazu war der Änderungsvorschlag zu den Verfallsvorschriften im Zuge der Ausschußberatungen (BT-Drucks. 12/289) in den Gesetzentwurf der Koalitionsfraktionen zur Änderung des Außenwirtschaftsgesetzes (BT-Drucks. 12/104) aufgenommen worden. Zwar scheiterte dieser Gesetzentwurf zunächst im Vermittlungsverfahren; die Koalitionsfraktionen (BT-Drucks. 12/899) und die Bundesregierung (BT-Drucks. 12/1134) brachten den Entwurf aber erneut ein. Das daraufhin verabschiedete Gesetz zur Änderung des Außenwirtschaftsgesetzes , des Strafgesetzbuches und anderer Gesetze führte schließlich zur Änderung des § 73 StGB, so daß der entsprechende Änderungsvorschlag im OrgKG entfiel. In der Entwurfsbegründung (BT-Drucks. 12/899, S. 11) wurde die Umstellung auf das Bruttoprinzip damit begründet, daß das Nettoprinzip die
Ermittlung der Verfallsvoraussetzungen erschwere. Auch führe die Saldierungspflicht bei der Nettogewinnabschöpfung nach der Gesamtsystematik der Rechtsordnung zu Wertungswidersprüchen. Der Rechtsgedanke des § 817 Satz 2 BGB, wonach das in ein verbotenes Geschäft Investierte unwiederbringlich verloren ist, sollte deshalb auch beim Verfall Anwendung finden. Der Verfall sollte sich deshalb auf „die Gesamtheit des Erlangten“ beziehen.
c) Das Bruttoprinzip ist auch auf Fälle der vorliegenden Art (Embargoverstoß ) anwendbar (vgl. BGH, Beschluß vom 8. Oktober 1999 – 2 StR 511/98). Zwar wird das Bruttoprinzip zumeist bei Betäubungsmitteldelikten zur Anwendung kommen (vgl. BGH NStZ 1994, 123; NStZ 1995, 491; NStZ 1995, 495; NStZ 2000, 480; NStZ 2001, 312; NStZ-RR 2000, 57; BGH, Urteil vom 20. März 2001 – 1 StR 12/01; BGH, Beschlüsse vom 13. Dezember 2000 – 1 StR 547/00 und vom 25. Juli 2001 – 5 StR 300/01). Insbesondere hier besteht kein rechtlich schützenswertes Vertrauen, aus dem verbotenen Geschäft erlangte Vermögensbestandteile behalten zu dürfen, die der Erlös strafbarer Geschäfte sind (BGH NStZ 2001, 312). Nicht abzugsfähig sind damit auch Transportkosten oder der Kurierlohn (BGH NStZ-RR 2000, 57) und selbstverständlich auch die „Anschaffungskosten“ für eine Schußwaffe. Aus der umfassenden Beschränkung des Umgangs mit Betäubungsmitteln ergibt sich indes keine Begrenzung des Saldierungsverbots nur auf diese Deliktsgruppe; das Bruttoprinzip gilt vielmehr für alle Fälle des Verfalls (zu Bestechungsdelikten vgl. BGH wistra 2001, 389; BGH NJW 2002, 2257, 2259; zu geheimdienstlicher Agententätigkeit vgl. BGH NJW 1998, 1723, 1728). 2. Der Senat hat keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die Umgestaltung des Verfallsrechts durch die Einführung des Bruttoprinzips in § 73 StGB mit der den Umfang des Verfalls begrenzenden Funktion des § 73c
StGB (BGH NStZ 2001, 312; vgl. auch BGH NStZ-RR 2000, 57 und den hierzu ergangenen Beschluß des Bundesverfassungsgerichts – Kammer – vom 3. September 1999 – 2 BvR 1637/99).
a) Der Verfall ist keine Strafe und auch keine – in Bezug auf das Schuldprinzip – strafähnliche Maßnahme. Er ist vielmehr eine Maßnahme eigener Art. Das folgt aus dem objektivierten Willen des Gesetzgebers, der systematischen Stellung sowie dem Wortlaut der Vorschrift und den zugehörigen verfahrensrechtlichen Vorschriften. aa) Nach ausdrücklicher gesetzlicher Regelung setzt der Verfall Schuld nicht voraus. Anders als bei der Einziehung (§ 74 Abs. 1 StGB) genügt für den Verfall eine rechtswidrige Tat (§ 73 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 11 Abs. 1 Nr. 5 StGB). Er muß unter den Voraussetzungen des § 73 Abs. 3 StGB auch gegen einen Dritten und sogar gegen eine juristische Person angeordnet werden. Gegen den Drittbegünstigten ist der Verfall anzuordnen, auch wenn der Dritte bzw. das Organ einer juristischen Person keine Straftat begangen hat (vgl. Schmidt in LK 11. Aufl. § 73 Rdn. 54). Auch insoweit unterscheidet er sich von der Einziehung, die eine vorsätzliche oder sonst individuell vorwerfbare Straftat voraussetzt (vgl. § 74 Abs. 1 Satz 1, § 74a, § 75 StGB). Nach § 76a StGB kann auf Verfall auch selbständig in dem objektiven Verfahren nach § 442 i.V.m. § 440 StPO erkannt werden. Der Verfall ist im Strafgesetzbuch auch nicht in den Titel „Strafen“ eingeordnet, sondern bildet zusammen mit der Einziehung einen eigenen Titel. bb) Die Einführung des Bruttoprinzips hat an der Rechtsnatur des Verfalls als eine Maßnahme eigener Art nichts geändert; jedenfalls wird er auch dadurch nicht zu einer Strafe oder strafähnlichen Maßnahme (BGH NStZ 1995, 491; NJW 1998, 1723, 1728; NStZ 2001, 312 m.w.N.; ebenso Schmidt in LK 11. Aufl. § 73 Rdn. 7 ff.; a.A. Tröndle/Fischer, StGB 50. Aufl. § 73 Rdn. 3; Eser
in Schönke/Schröder, StGB 26. Aufl. vor § 73 Rdn. 19; Lackner in Lackner/Kühl, StGB 24. Aufl. § 73 Rdn. 4b). Das Bruttoprinzip sollte die Anordnung des Verfalls nicht nur im Hinblick auf seine Berechnung praktikabler machen. Die Abschöpfung des über den Nettogewinn hinaus Erlangten verfolgt vielmehr primär einen Präventionszweck. Die dadurch angestrebte Folge, daß auch die Aufwendungen nutzlos waren, soll zur Verhinderung gewinnorientierter Straftaten – und insbesondere diese wollte der Gesetzgeber erfassen – beitragen. Müßte der Betroffene für den Fall der Entdeckung hingegen lediglich die Abschöpfung des Tatgewinns befürchten, so wäre die Tatbegehung unter finanziellen Gesichtspunkten weitgehend risikolos. Diesen Präventionszweck – der Verfallsbetroffene soll das Risiko strafbaren Handelns tragen – hatte der Gesetzgeber im Auge, als er sich auf den Rechtsgedanken des § 817 Satz 2 BGB bezog, wenn er darauf abhob, daß das in ein verbotenes Geschäft Investierte unwiederbringlich verloren sein soll. Dieser Normzweck gilt auch für die Anordnung des Verfalls gegen den Drittbegünstigten nach § 73 Abs. 3 StGB, insbesondere dann, wenn dieser Nutznießer der rechtswidrigen Tat ist. Die Ratio des Zugriffs auf den Drittbegünstigten beschreibt Schmidt (in LK 11. Aufl. § 73 Rdn. 50) zutreffend so: „Ohne diese Regelung wäre eine Gewinnabschöpfung gerade in Bereichen wie z. B. der Wirtschafts- oder Verbandskriminalität sowie des organisierten Verbrechens, in denen die Vermögensvorteile aus Straftaten bei Unternehmen anfallen oder auf Scheinfirmen übertragen werden, kaum möglich.“ Ebenso sieht es Eser (in Schönke/Schröder, StGB 26. Aufl. § 73 Rdn. 34; vgl. aber auch Rdn. 37a), wenn er begründet, weshalb die Verfallsanordnung nicht auf den Täter beschränkt sein darf: „Damit aber wäre eine Gewinnabschöpfung gerade dort erschwert, wenn nicht praktisch ausgeschlossen, wo das größte Be-
dürfnis dafür besteht, nämlich im Bereich der Wirtschafts- und Verbandskriminalität ...“. Soweit der Täter oder Teilnehmer für den Dritten handelt, soll er das für den Dritten nicht risikolos tun können. Die den Dritten treffende Folge, daß auch seine Aufwendungen nutzlos waren, kann und soll bewirken, daß der Dritte – namentlich ein hierarchisch organisiertes Unternehmen – Kontrollmechanismen zur Verhinderung solcher Straftaten errichtet und auf deren Einhaltung achtet. Darin liegt der Präventionszweck des Verfalls gegen den Drittbegünstigten. Würde bei ihm lediglich der aus der Straftat gezogene Gewinn abgeschöpft , so würde sich die bewußt aus finanziellen Interessen begangene Tat im Ergebnis als wirtschaftlich risikolos auswirken. Ein derart risikolos zu erzielender Gewinn müßte geradezu als Tatanreiz für die Straftat wirken; das würde dem mit dem Bruttoprinzip verfolgten Präventionszweck zuwiderlaufen. Hinzu kommt gerade mit Blick auf die Natur der hier in Rede stehenden rechtswidrigen Tat (Verbrechen nach dem Außenwirtschaftsgesetz, Embargoverstoß ), an die der Verfall anknüpft, daß sich die Maßnahme als Teil eines Systems erweist, welches die Wirksamkeit der Handelsbeschränkungen sicherstellen und diese durchsetzen soll (vgl. auch BVerfG – Kammer – NJW 1990, 1229). cc) Der Senat verkennt nicht, daß mit dem Bruttoprinzip dem Verfallsbetroffenen ein – mitunter erheblicher – wirtschaftlicher Nachteil zugefügt werden kann. Dies findet seine Rechtfertigung jedoch darin, daß nicht auf wohlerworbenes , sondern auf Vermögen zugegriffen wird, das durch vorausgegangene rechtswidrige Taten bemakelt ist. Um Repression oder Vergeltung geht es dabei nicht. Weil der Verfall keine schuldbezogene individuelle Vorwerfbarkeit voraussetzt, kann und soll er nicht dem (individuellen) Schuldausgleich dienen.

b) Das Schuldprinzip ist daher auf den Verfall nicht anwendbar. Das gilt auch, soweit dieser nach dem Bruttoprinzip über den Vermögensvorteil hinaus angeordnet wird (BGH NStZ 1995, 491). Das Schuldprinzip, das seine Grundlage in Art. 1 Abs. 1 GG hat, besagt, daß jede Strafe in einem gerechten Verhältnis zur Schwere der Straftat und zum Verschulden des Täters stehen muß. Die verhängte Strafe darf die Schuld des Täters nicht übersteigen. Insoweit deckt sich der Schuldgrundsatz in seinen die Strafe begrenzenden Auswirkungen mit dem Übermaßverbot (BVerfGE 45, 187, 228; 54, 100, 108; 86, 288, 313; BVerfG NJW 2002, 1779). Eine Strafandrohung darf nach Art und Maß dem unter Strafe stehenden Verhalten nicht schlechthin unangemessen sein; Tatbestand und Rechtsfolge müssen sachgerecht aufeinander abgestimmt sein (BVerfG NJW 1994, 1577 und – Kammer – NJW 1997, 1910). Eine Strafe, für die das Schuldprinzip gilt, ist im Gegensatz zu einer reinen Präventionsmaßnahme dadurch gekennzeichnet, daß sie – wenn nicht ausschließlich, so doch auch – auf Repression und Vergeltung für ein rechtlich verbotenes Verhalten abzielt. Mit der Strafe wird dem Täter ein rechtswidriges sozialethisches Fehlverhalten vorgeworfen; das setzt die Feststellung der individuellen Vorwerfbarkeit voraus (BVerfGE 95, 96, 140 und – Kammer – NJW 1998, 2585). Das Schuldprinzip gilt nicht für Rechtsfolgen ohne Strafzwecke (BVerfGE 91, 1, 27).
c) Der Verfall greift auch bei Anwendung des Bruttoprinzips nicht in das Eigentumsgrundrecht (Art. 14 Abs. 1 GG) ein. In Fällen der vorliegenden Art dürften die in Rede stehenden Vermögenspositionen schon nicht in den Schutzbereich des Grundrechts fallen. Die Kaufpreisforderungen der Verfallsbeteiligten stammen aus rechtswidrigen, sich als Verbrechen erweisenden Embargogeschäften. An deren Stelle ist in Folge der Erfüllung ein entsprechender Geldbetrag (Wertersatz) getreten. Es handelt sich also nicht um wohlerworbe-
ne, sondern um von vornherein bemakelte Positionen. Unter diesen Umständen ergibt sich jedenfalls aus der Befugnis des Gesetzgebers zur Bestimmung von Inhalt und Schranken des Eigentums (Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG) im Blick auf Zweck und Bedeutung der Regelung auch insoweit eine verfassungsrechtlich hinreichend tragfähige Grundlage (vgl. auch BT-Drucks. 11/6623, S. 5 unter Bezugnahme auf BVerfGE 22, 387, 422).
d) Soweit der Verfall den Betroffenen übermäßig belasten würde (Übermaßverbot oder Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne) sieht die Härteklausel des § 73c StGB eine hinreichend bestimmte Begrenzung vor. Nach dessen Absatz 1 Satz 1 darf der Verfall nicht angeordnet werden, soweit er für den Betroffenen eine unbillige Härte wäre (vgl. BGH NStZ 1995, 495; NStZ-RR 2000, 365; wistra 2001, 389; BGHR StGB § 73c Härte 6; BGH, Urteil vom 5. Dezember 2001 – 2 StR 410/01). Zudem kann die Anordnung nach Absatz 1 Satz 2 insbesondere dann unterbleiben, wenn der Betroffene entreichert ist. Sind beim Verfall gegen den Drittbegünstigten der Dritte bzw. die Organe einer juristischen Person gutgläubig, so wird in der Regel zu prüfen sein, ob eine unbillige Härte nach § 73c StGB vorliegt (vgl. Tröndle/Fischer, StGB 50. Aufl. § 73 Rdn. 22; Eser in Schönke/Schröder, StGB 26. Aufl. § 73 Rdn. 37a). Entsprechendes gilt, wenn der Anteil des Vermögensvorteils marginal ist. 4. Der Verfall des Wertersatzes in Höhe von 7.916.855,06 DM und die Verneinung einer unbilligen Härte erweisen sich danach als rechtsfehlerfrei.
a) Die S. GmbH war Drittbegünstigte im Sinne des § 73 Abs. 3 StGB. Hier liegt ein sog. Vertretungsfall im weiteren Sinne vor (BGHSt 45, 235, 245) vor, denn die Angeklagten handelten als Angestellte der S. GmbH zugunsten des Unternehmens, noch dazu mit ausdrücklicher Billigung der Geschäftsführer. Für die rechtswidrigen Taten der Angeklagten hatte die S. GmbH die Kaufpreisforderungen als Tatentgelte (§ 11 Nr. 9 StGB) unmittelbar „erlangt“. Nachdem diese - unbeschadet der Frage ihrer Wirksamkeit - geltend gemacht und
erfüllt wurden, war der Verfall des Wertersatzes nach § 73a Satz 1 StGB in Form eines Geldbetrags, der dem Wert der Forderungen entspricht, anzuordnen.
b) Die Geschäftsführer der S. GmbH hatten die Umgehungsgeschäfte gebilligt und gezielt finanzielle Mittel und Ressourcen des Unternehmens für die Produktion des für Serbien bestimmten Zigarettenpapiers eingesetzt, also bewußt Kapital in strafbare Handlungen investiert. Bei dieser Fallgestaltung erfordert der Präventionszweck des Bruttoprinzips die Abschöpfung der gesamten bemakelten Kaufpreisforderung.
c) Das Übermaßverbot ist nicht verletzt. Die Verfallsbeteiligte ist durch die Verfallsanordnung keinesfalls in ihrer Existenz gefährdet; die Geschäftsführung hatte die Begehung der Embargoverstöße und damit der rechtswidrigen Taten (Verbrechen) gebilligt. Schon deswegen liegt keine u n b i l l i g e Härte im Sinne des § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB vor. Auch eine Entreicherung (§ 73 Abs. 1 Satz 2) StGB ist nach den Feststellungen ausgeschlossen. 5. Die S. GmbH & Co. KG ist die richtige Verfallsadressatin.
a) An der Stellung der Kommanditgesellschaft als Verfallsadressatin hat auch der Verkauf und die Umwandlung des Unternehmens nichts geändert. Im November 1997, zwei Jahre nach Tatende, kaufte die amerikanische Firma G. die S. GmbH. 1998 wurde die S. GmbH in die S. GmbH & Co. KG umgewandelt; als neue Komplementärin beteiligte sich die Firma Ra. 209 Vermögensverwaltungsgesellschaft mbH.
b) Die Umwandlung erfolgte durch Formwechsel gemäß § 1 Nr. 4 UmwG, für welche die §§ 190 ff. UmwG gelten. Wesentliches Merkmal des Formwechsels ist die wirtschaftliche Kontinuität des Rechtsträgers (vgl.
Schmitt/Hörtnagl/Stratz, UmwG 3. Aufl. § 190 Rdn. 5). Da dieser identisch bleibt (Identitätsgrundsatz), findet auch kein Vermögensübergang statt (Kallmeyer , UmwG 2. Aufl. § 190 Rdn. 6). Der bisherige Rechtsträger besteht nach Durchführung des Formwechsels in seiner neuen Rechtsform weiter (§ 202 Abs. 1 Nr. 1 UmwG). Das führt dazu, daß Rechte und Pflichten, die während der Zeit der ursprünglichen Rechtsform entstanden sind, weiterbestehen, nunmehr allerdings in der Person des Rechtsträgers in seiner neuen Form. Der Verfall war daher gegenüber der Kommanditgesellschaft anzuordnen, denn diese hat – Identitätsgrundsatz – die Tatentgelte für die Embargoverstöße in ihrer früheren Rechtsform erlangt. Daran ändert auch der Gesellschafterwechsel infolge des Unternehmensverkaufs nichts, denn die Verfallsbeteiligte ist als juristische Person selbständige Trägerin von Rechten und Pflichten.

III.

Die Revision der Staatsanwaltschaft hat Erfolg. Auch hinsichtlich der nach Aufhebung des Embargos vereinnahmten Verkaufserlöse in Höhe von 818.280,50 DM war der Verfall des Wertersatzes anzuordnen. Die Forderungen sind ersichtlich aus Geschäften während der Embargozeit „erlangt“ worden. Sie hatten - auch wenn sie nichtig (§§ 134, 138 BGB) waren - schon zu diesem Zeitpunkt einen wirtschaftlichen Wert, weil die konkrete Aussicht auf Bezahlung bestand. Im übrigen handelt es sich bei den hier in Rede stehenden Strafbestimmungen um Zeitgesetze (vgl. BGH StV 1999, 26; NJW 2002, 1357), so daß nach § 2 Abs. 5 StGB auch § 2 Abs. 4 Satz 1 StGB zur Anwendung käme.
Der Senat kann in der Sache selbst entscheiden und den Verfall eines höheren Geldbetrages anordnen, da die Verfallsanordnung auch in dieser Höhe zwingend ist und keine weiteren Feststellungen veranlaßt sind (§ 354 Abs. 1 StGB). Damit beträgt der verfallene Geldbetrag insgesamt 4.466.203,89 Euro (8.735.135,56 DM). Schäfer Nack Boetticher Schluckebier Hebenstreit

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 479/00
vom
22. November 2000
in der Strafsache
gegen
wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer
Menge u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 22. November 2000 gemäß §
349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 5. Juli 2000 mit den Feststellungen aufgehoben , soweit eine Entscheidung über die Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt unterblieben ist. 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 3. Die weitergehende Revision des Angeklagten wird verworfen.

Gründe:

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in fünf Fällen, jeweils in Tateinheit mit Erwerb von Betäubungsmitteln, zu vier Jahren Gesamtfreiheitsstrafe verurteilt. Zudem hat es gemäß §§ 73, 73a StGB im Hinblick auf die vom Angeklagten durch diese Straftaten (Kokainverkäufe) erlangten Bruttoerlöse einen Wertersatzverfall in Höhe von 70.000 DM angeordnet. Das auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkte Rechtsmittel des Angeklagten führt zur Aufhebung des Urteils, soweit eine Entscheidung hinsichtlich einer Maßregelanordnung unterblieben ist.
1. Die Strafkammer hat nicht geprüft, ob der Angeklagte gemäß § 64 StGB in einer Entziehungsanstalt unterzubringen ist. Diese Erörterung drängte sich hier auf: Nach den Feststellungen war der Angeklagte, der seit Jahren Haschisch , Ecstasy und Kokain konsumierte, abhängig. Der Betäubungsmittelhandel diente u.a. der Finanzierung des eigenen Drogenkonsums. Daß beim Angeklagten eine hinreichend konkrete Aussicht eines Behandlungserfolgs nicht besteht, kann den Urteilsgründen nicht entnommen werden. Vielmehr hat sich der Angeklagte in der Untersuchungshaft selbst an einen Drogenberater gewandt und einer stationären Therapie zugestimmt. Das Landgericht hätte daher darlegen müssen, warum es gleichwohl von der Unterbringung, deren Anordnung beim Vorliegen der Voraussetzungen zwingend ist, abgesehen hat. Die Sache bedarf somit insoweit neuer tatrichterlicher Prüfung unter Hinzuziehung eines Sachverständigen (§ 246a StPO). Der Strafausspruch kann bestehen bleiben, da angesichts der großen Rauschgiftmengen auszuschließen ist, daß der Tatrichter bei Anordnung der Unterbringung eine niedrigere Strafe verhängt hätte. Auf die Verfahrensrügen, die ausschließlich die nicht erfolgte Maßregelanordnung betreffen, kommt es daher nicht mehr an. 2. Im übrigen hat die Nachprüfung des Urteils keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben. Die Revision beanstandet ohne Erfolg, daß die Anordnung des Verfalls bei der Strafzumessung unberücksichtigt geblieben ist, obwohl dem Bruttoerlös die vom Angeklagten gezahlten Einkaufspreise gegenüberstünden und der Reingewinn daher lediglich etwa 20.000 DM betrage. Daß dieser mit dem Brutto-Wertersatzverfall verbundene Nachteil bei der Strafzumessung nicht
berücksichtigt wurde, stellt keinen Rechtsfehler dar, da die Verfallanordnung gemäß §§ 73, 73a StGB nicht zu einer Strafmilderung führen muß (BGH NStZ 1995, 491; BGH NStZ-RR 1996, 129, 130; BGH Urteil vom 5. Dezember 1996 - 5 StR 542/96; BGH NJW 1998, 1723, 1728; BGH NStZ 2000, 137; LK-Schmidt 11. Aufl. § 73 Rdn. 7 und 11 ff.). Die hiergegen von der Revision und Teilen der Literatur (vgl. Lackner/Kühl StGB 23. Aufl. § 73 Rdn. 4b f. m.w.N.) vorgebrachten Bedenken, wonach zumindest bei über den Nettogewinn des Täters hinausgehenden Vermögensverlusten wegen des strafähnlichen Charakters der Verfallanordnung eine Strafmilderung vorzunehmen sei, greifen nicht durch. Der Senat verkennt nicht, daß es beim Verfall des Wertersatzes zu Härten kommen kann. Dies hat der Gesetzgeber bedacht und in § 73c StGB einen Härteausgleich vorgesehen; in Ausnahmefällen (vgl. BGH NStZ 1995, 495 und 2000, 481) kann demnach ganz oder teilweise von der Verfallanordnung abgesehen werden. Die Strafkammer hat sich mit dieser Härtevorschrift auseinandergesetzt, dabei bedacht, daß es sich um nicht mehr im Vermögen des Angeklagten vorhandene Bruttoerlöse handelt, und im Hinblick auf die dem Angeklagten zumutbare Einschränkung bei der Lebensführung das Vorliegen einer unbilligen Härte verneint. Lag die Anwendbarkeit der Härtevorschrift nahe und hat der Tatrichter mit rechtsfehlerfreien Ausführungen ihr Eingreifen verneint, so muß er die Verfallanordnung auch nicht mehr im Rahmen der Strafzumessung erörtern und berücksichtigen. Dem steht nicht entgegen, daß die Einziehung als Nebenstrafe im Rahmen der Strafzumessung zu berücksichtigen ist (vgl. BGH StV 1987, 389). Anders als etwa bei der Einziehung eines mit legalen Einkünften finanzierten
Tatfahrzeuges gemäß § 74 StGB betrifft der Verfall des Rauschgifterlöses einen unrechtmäßig erlangten Vermögensbestandteil. Hinzu kommt, daß der Angeklagte aufgrund der Nichtigkeit der Kaufpreisübereignung gemäß § 134 BGB (BGH NJW 1983, 636; Palandt/Heinrichs BGB 59. Aufl. § 134 Rdn. 13) kein Eigentum an dem für das Kokain erhaltenen Geld erworben hat (was nach §§ 73 Abs. 4, 73a StGB dem Verfall des Wertersatzes nicht entgegensteht). Die Abschöpfung betrifft mithin Vermögensbestandteile, hinsichtlich der ein rechtlich schützenswertes Vertrauen, sie behalten zu dürfen, beim Angeklagten nie bestanden hat. Außerdem hätte auch das seinerseits vom Angeklagten aufgewandte Kaufgeld, wenn er bereits beim Einkauf des Kokains festgenommen worden wäre, eingezogen werden können (vgl. BGH NStZ 1995, 491). Anders als die der Einziehung unterliegenden Gegenstände sind die dem Verfall unterliegenden Vermögensbestandteile auch häufig zuvor nicht sichergestellt worden, so daß im Zeitpunkt der Urteilsverkündung - wie hier - noch nicht feststeht, ob der Staat den Zahlungsanspruch überhaupt durchsetzen kann (eine Ersatzfreiheitsstrafe droht dem Täter insoweit nicht). Die strafmildernde Berücksichtigung des Verfalls bei Tätern, die später nicht zahlen, wäre ebenso ungerechtfertigt wie die Beschränkung auf im Zeitpunkt der Hauptverhandlung wohlhabende Angeklagte. Die Auffassung des Bundesgerichtshofs steht auch mit dem Gesetzeszweck im Einklang. Die vor dem 7. März 1992 gültigen Regelungen über den Verfall waren wegen ihrer Kompliziertheit heftiger Kritik ausgesetzt (vgl. Schäfer , Praxis der Strafzumessung 2. Aufl. Rdn. 166). So unterlag ursprünglich nur der Nettogewinn des Täters dem Verfall, was den Tatrichter dazu zwang, sämtliche gewinnmindernden Unkosten des Straftäters (Reisekosten, Hotelkosten, Einkaufspreis, Kurierlohn, Schmiergelder usw.) festzustellen und abzuziehen.
Dem trug der Gesetzgeber durch die Neufassung dieser Vorschriften und die Einführung der Bruttogewinnabschöpfung Rechnung. Der Rechtsgedanke des § 817 Satz 2 BGB, wonach das in ein verbotenes Geschäft Investierte unwiederbringlich verloren ist, sollte nach dem Willen des Gesetzgebers auch beim Verfall Anwendung finden (LK-Schmidt 11. Aufl. § 73 Rdn. 5 f. mit Nachw.). Dieser Vereinfachungsbestrebung würde es entgegenstehen, wenn der Tatrichter nunmehr bei der Strafzumessung die dem Rauschgifthändler im Rahmen seiner kriminellen und daher im Verborgenen abgewickelten Geschäfte entstandenen (zunächst verschleierten und später dann häufig unüberprüfbar aufgeblähten) Unkosten feststellen und berücksichtigen müßte.
Schäfer Nack Schluckebier Kolz Schaal

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
5 StR 490/14
vom
25. November 2014
in der Strafsache
gegen
wegen Geldwäsche
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 25. November 2014 beschlossen
:
Die Revision der Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts
Berlin vom 5. Juni 2014 wird nach § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet
verworfen.
Die Beschwerdeführerin hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.
Im Blick auf die erfolgte Negativmitteilung (§ 243 Abs. 4 Satz 1 StPO) und die
kategorische Ablehnung jeglicher Verständigungsbereitschaft durch die Strafkammer
im letzten Hauptverhandlungstermin bedurfte es eines ausdrücklichen
Negativattests (§ 273 Abs. 1a Satz 3 StPO) nicht mehr.
Die Einziehung gemäß § 261 Abs. 7 StGB betrifft Beziehungsgegenstände und
durfte daher bei der Strafzumessung nicht strafmildernd berücksichtigt werden
(vgl. auch BGH, Urteil vom 20. August 2013 – 5 StR 248/13 Rn. 2).
Sander Schneider Dölp
König Bellay

(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren wird bestraft, wer Betäubungsmittel in nicht geringer Menge unerlaubt anbaut, herstellt, mit ihnen Handel treibt, sie ein- oder ausführt (§ 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1) und dabei als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hat.

(2) Ebenso wird bestraft, wer

1.
als Person über 21 Jahre eine Person unter 18 Jahren bestimmt, mit Betäubungsmitteln unerlaubt Handel zu treiben, sie, ohne Handel zu treiben, einzuführen, auszuführen, zu veräußern, abzugeben oder sonst in den Verkehr zu bringen oder eine dieser Handlungen zu fördern, oder
2.
mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge unerlaubt Handel treibt oder sie, ohne Handel zu treiben, einführt, ausführt oder sich verschafft und dabei eine Schußwaffe oder sonstige Gegenstände mit sich führt, die ihrer Art nach zur Verletzung von Personen geeignet und bestimmt sind.

(3) In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
5 StR626/13
vom
19. Februar 2014
in der Strafsache
gegen
wegen versuchten Mordes u.a.
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 19. Februar
2014, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Basdorf,
die Richter am Bundesgerichtshof
Dölp,
Prof. Dr. König,
Dr. Berger,
Bellay
Bundesanwalt
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt B. ,
Rechtsanwalt Bo. ,
Rechtsanwalt U.
als Verteidiger,
Rechtsanwältin W.
als Vertreterin des Nebenklägers
Amtsrätin
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Berlin vom 14. Juni 2013 wird verworfen.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels und die hierdurch dem Nebenkläger entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.

- Von Rechts wegen -

Gründe:


Das Landgericht hat den Angeklagten wegen versuchten Mordes in Tat1 einheit mit schwerer Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von neun Jahren und sechs Monaten verurteilt. Hiergegen richtet sich die Revision des Angeklagten , die auf Verfahrensrügen und die näher ausgeführte Beanstandung der Verletzung sachlichen Rechts gestützt ist. Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg. 1. Das Landgericht ist im Wesentlichen zu folgenden Feststellungen und
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Wertungen gekommen:
a) Der Angeklagte, bei dem es sich um eine narzisstisch geprägte Per3 sönlichkeit handelt, meinte mit seiner Partnerin verabredet zu haben, den 6. Oktober 2012 gemeinsam zu verbringen. Diese teilte ihm jedoch am Nachmittag des 5. Oktober 2012 mit, am nächsten Tag mit ihrer Mutter spontan eine Reise nach Hamburg unternehmen zu wollen. Vielfache Versuche des Angeklagten , sie von ihrem Vorhaben abzubringen, blieben erfolglos. Dies versetzte ihn in einen Zustand von Wut und Verzweiflung. Gegen 3.30 Uhr fuhr er zur Wohnung seiner Partnerin, um sie zur Rede
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zu stellen. Er steckte seinen mit sechs Patronen vollständig geladenen Trommelrevolver in den Hosenbund. Zuvor hatte er etwas Kokain und Amphetamin sowie zwei Flaschen Sekt konsumiert. Gegen 4.00 Uhr an der Wohnung angekommen traf er seine Partnerin nicht an. Deren Abwesenheit empfand er als weitere Kränkung und Niederlage. Er zog den Revolver und schoss durch den Briefschlitz in die Wohnung, wo das Projektil eine Glastür durchschlug und in einem Küchenschrank steckenblieb. Nach einem Gaststättenbesuch, bei dem er zwei Gläser Whisky Cola ge5 trunken hatte, fuhr der Angeklagte zur Wohnung der Mutter seiner Partnerin, weil er vermutete, dass Letztere dort übernachtete. In der Nähe der Wohnung traf er gegen 4.45 Uhr auf eine Personengruppe, die von einer Feier gekommen war. Seine an diese gerichtete Frage nach einem nahegelegenen „Spätkauf“ konnte nicht beantwortet werden. Als die Gruppe weitergehen wollte, fasste er eine Person an der Schulter und sagte: „Halt, Moment, ich hab hier noch was.” Dabei zog er den Revolver und schoss in die Luft. Gegen 4.50 Uhr verließ eine andere Personengruppe, der auch der Ne6 benkläger angehörte, dieselbe Feier und begab sich zu am Rand einer Grünanlage befindlichen Bänken. Gegen 5.00 Uhr ging der Angeklagte auch auf diese Gruppe zu und erkundigte sich nach einer Straße. Er meinte, keine Antwort erhalten zu haben, und fühlte sich deswegen erneut nicht wichtig genug genom- men. Deswegen drohte er, alle „umzulegen”. Dann bat er einen der Passanten um ein Werkzeug zum Öffnen einer von ihm mitgeführten Bierflasche. Weil die- ser der Bitte nicht entsprechen konnte, griff ihm der Angeklagte an die Jacke und kündigte an, ihn „abzustechen”. Der Passant entwand sich und schlug dem Angeklagten mit der flachen Hand ins Gesicht. Dieser wich zurück. Der Passant warf seine gefüllte Bierflasche ungezielt in Richtung des Angeklagten. Die Flasche zerbarst, weswegen der Angeklagte von Bier getroffen wurde. Der Flaschenwerfer und seine Begleiterin gingen weg. Auch die übrige Gruppe entfernte sich in anderer Richtung vom Angeklagten. Der Angeklagte fühlte sich ein weiteres Mal gedemütigt. Er zog seinen
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Revolver und schrie: „Ihr Bastarde! So etwas habt ihr wohl noch nicht gesehen !”, oder: „Habt ihr so etwas schon mal gesehen?” Dann schoss er mindes- tens einmal in die Luft, um sich Geltung zu verschaffen. Die Frauen aus der Personengruppe verschanzten sich hinter parkenden Autos. Die Männer glaub- ten hingegen nicht an einen Schuss aus einer „scharfen“ Waffe und neckten die Frauen, weil diese Angst vor einer Schreckschusspistole hätten. Einer aus der Gruppe lachte. Der Angeklagte war ein Stück weitergegangen, so dass sich die Grünan8 lage zwischen ihm und der Gruppe befand. Er bezog das Lachen auf sich und rief in Richtung der Gruppe: „Willst du der nächste sein, der eine Kugel ab- kriegt?” Sofort danach schoss er aus einer Entfernung von 10 bis 15 Metern gezielt in die Gruppe, deren Mitglieder mit keinem Angriff gerechnet hatten. Mit dem Schuss wollte er Wut und Frustration über die Kränkungen und Demütigungen abreagieren, die er nach seinem Empfinden seit dem Vorabend erlebt hatte. Er hatte erkannt, dass er allein wegen seines beeinträchtigten Selbstwertgefühls ein unschuldiges, sich keines Angriffs versehendes Zufallsopfer möglicherweise töten würde, wollte sich aber um jeden Preis „Respekt” ver- schaffen. Die Kugel traf den Nebenkläger in Höhe des 4. Lendenwirbelkörpers in den Rücken, durchschlug den Lendenwirbelkörper, den Rückenmarkskanal, die Bauchaorta und mehrere Darmschlingen, ehe sie am Bauch wieder austrat. Der Nebenkläger brach mit einem Schrei zusammen. Kurz nach 5.15 Uhr und in unmittelbarer Nähe zum Tatort hielt der Ange9 klagte ein Taxi an. Den Fahrer dirigierte er in die Umgebung seiner Wohnung und ließ sich gegen 5.40 Uhr absetzen. Während der Fahrt teilte er mit, dass er Ärger mit Jugendlichen gehabt habe. Die Verständigung der Polizei lehnte er ab, weil er die Sache selbst geklärt habe. Am Ende der Fahrt bedeutete er dem Taxifahrer, dass dieser „ihn nie gesehen habe“. Um 5.45 bzw. 5.57 Uhr schickte er zwei Kurznachrichten an seine Partnerin, in denen er ihr die Schuld an seiner von ihm nicht näher bezeichneten Tat zuwies. Der Nebenkläger wurde am frühen Morgen des 6. Oktober 2012 notope10 riert, wobei er vor allem wegen einer starken Blutung aus der Bauchschlagader knapp vor dem klinischen Tod stand. In einem zweiten Eingriff wurde er am Rückenmark operiert. Er konnte bis zur Hauptverhandlung Füße und Unterschenkel nicht bewegen, leidet unter einer erektilen Dysfunktion nebst Inkontinenz und ist zeugungsunfähig. Eine partielle Rückbildung der Querschnittslähmung ist nicht völlig ausgeschlossen, wird aber nicht dazu führen, dass er wieder selbständig wird gehen können.
b) Die Schwurgerichtskammer hat – der psychiatrischen Sachverständi11 gen folgend – eine relevante Schuldminderung im Sinne des § 21 StGB wegen eines in § 20 StGB bezeichneten dauerhaften Defekts abgelehnt. Die Persönlichkeit des Angeklagten weise lediglich eine narzisstische Akzentuierung auf, die sich im Rahmen des Normalpsychologischen halte. Hingegen ist das Landgericht abweichend von der Auffassung der Sachverständigen davon ausgegangen , dass die Steuerungsfähigkeit des Angeklagten, für den es eine anhand von Trinkmengenangaben errechnete Blutalkoholkonzentration von maximal 2,6 ‰ zur Tatzeit zugrunde legt, nicht ausschließbar erheblich vermindert nach § 21 StGB gewesen sei. Deswegen hat es die Freiheitsstrafe dem nach §§ 21, 49 Abs. 1 StGB gemilderten Strafrahmen des § 211 Abs. 1 StGB entnommen. Namentlich im Blick auf die besondere Erfolgsnähe der Tat hat es keine (weitere ) Strafrahmenverschiebung nach § 23 Abs. 2, § 49 Abs. 1 StGB vorgenommen. 2. Der Schuldspruch hält rechtlicher Überprüfung stand. Insbesondere
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gehen die im Wege der Sachrüge unternommenen Angriffe der Verteidigung auf die Beweiswürdigung sowie auf die Annahme der Mordmerkmale der Heimtücke und der sonst niedrigen Beweggründe fehl. Ebenso versagen die gegen den Schuldspruch gerichteten Verfahrensrügen. Auf die Gründe der Antragsschrift des Generalbundesanwalts wird insoweit verwiesen. 3. Auch der Strafausspruch weist letztlich keinen durchgreifenden
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Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten auf. a Die erteidigung vermag mit ihrer primär gegen die Strafzumessung
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im engeren Sinne gewendeten erfahrensrüge nicht durchzudringen, die Schwurgerichtskammer habe bei ihrer Schuldfähigkeitsprüfung testpsychologische Untersuchungen der Sachverständigen zugrunde gelegt (UA S. 19), die in Wahrheit nicht durchgeführt worden seien (§ 261 StPO), deren Gutachten daher zu Unrecht eine erhöhte Überzeugungskraft beigemessen und aus diesem Grund die Voraussetzungen einer schweren anderen seelischen Abartigkeit im Sinne der §§ 20, 21 StGB wegen einer (narzisstischen) Persönlichkeitsstörung mit der Folge weiterer Strafmilderung zu Unrecht verneint. aa) Die Beanstandung genügt schon nicht den Anforderungen des § 344
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Abs. 2 Satz 2 StPO, weil nicht bestimmt vorgetragen ist, dass die Sachverständige im Rahmen der – allein entscheidenden (vgl. BGH, Beschluss vom 23. August 2012 – 1 StR 389/12 Rn. 13 mwN, NStZ 2013, 98) – Erstattung ihres Gutachtens in der Hauptverhandlung etwa durchgeführte Untersuchungen solcher Art nicht dargelegt und im Einzelnen erörtert hat. Soweit die Revision Derartiges mit der Erwägung ausschließen will, das Landgericht hätte sich, was nicht geschehen sei, bei gegenüber dem vorläufigen schriftlichen Gutachten nachträglicher Durchführung einer testpsychologischen Untersuchung mit dieser Abweichung in den Urteilsgründen zwingend auseinandersetzen müssen, handelt es sich lediglich um eine Schlussfolgerung. Diese erweist sich auch in der Sache als unrichtig. Eine Erörterungs16 pflicht käme auf der Grundlage der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs etwa dann in Betracht, wenn die Ergebnisse einer nachgelagerten Untersuchung bislang getroffenen zentralen Befunden widersprächen, nicht aber dann, wenn sie diese, etwa auch nur in einem untergeordneten Punkt, bestätigen würden (vgl. BGH, Beschluss vom 23. August 2012 – 1 StR 389/12 Rn. 13 ff. mwN, aaO, sowie BGH, Urteile vom 20. November 1952 – 5StR 733/52 – und vom 26. April 1955 – 5 StR 86/55, BGHSt 8, 113, 116). Ein so gearteter Widerspruch ist weder geltend gemacht noch sonst ersichtlich. bb) Die Rüge ist auch ohnehin unbegründet. Denn durch den Vortrag der
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Revision ist schon eine Abweichung des vorbereitenden von dem in der Hauptverhandlung erstatteten Gutachten nicht bewiesen (vgl. auch BGH, Beschluss vom 23. August 2012 – 1 StR 389/12 Rn. 18, aaO). Die Sachverständige führt in ihrem durch die Revision vorgelegten schriftlichen Gutachten aus, dass der Angeklagte „nach der klinischen Untersuchung über eine normale Intelligenz“ verfüge, weswegen „Schwachsinn“ sicher ausgeschlossen werden könne (Gut- achten S. 63). Angesichts dessen, dass der – innerhalb der berufenen Fachkreise zudem wohl nicht fest umrissene – Begriff der „testpsychologischen Un- tersuchung“ auch im Zusammenhang mit Intelligenztests verwendet wird (vgl.
etwa Rasch, Forensische Psychiatrie, 2. Aufl., S. 339 ff., 343; Bleuler, Lehrbuch der Psychiatrie, 15. Aufl., S. 130; Heller/Perleth in Wenninger, Lexikon der Psychologie , 2000, Bd. 1, S. 313), liegt es nahe, dass die von der Revision beanstandete Urteilspassage vor dem Hintergrund steht, dass Intelligenztests Teil der klinischen Untersuchung waren. Dafür spricht zusätzlich, dass unmittelbar folgend ausgeführt wird, der Angeklagte verfüge über eine gute Intelligenz (UA S. 19). cc) Bei dieser Sachlage kann dahingestellt bleiben, ob das Urteil auf dem
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gerügten Rechtsfehler gegebenenfalls beruhen könnte. Dem würde widerstreiten , dass sich das Landgericht seine Überzeugung von der hier allein in Frage stehenden, erkennbar unter dem Aspekt der schweren anderen seelischen Abartigkeit im Sinne der §§ 20, 21 StGB als irrelevant angesehenen bloßen Per- sönlichkeitsakzentuierung auf der Grundlage der durchgeführten „ausführlichen, mehr als neunstündigen Exploration“ durch die Sachverständige (UA S. 19) und in der Begründung ohne durchgreifenden Rechtsfehler verschafft hat. Folgendes kommt hinzu: Dem Angeklagten ist ohnehin eine erhebliche
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Verminderung der Steuerungsfähigkeit zugebilligt worden. Wollte man bei ihm das Vorliegen einer schweren anderen seelischen Abartigkeit unterstellen, würde diese selbstverständlich nicht zur Schuldunfähigkeit führen. Die angenommenen Mordmerkmale liegen derart klar zutage, dass ihre Erkennbarkeit auch für einen noch weitergehend beeinträchtigten Täter nicht in Frage zu stellen wäre. Die aus dem nach §§ 21, 49 Abs. 1 StGB gemilderten Strafrahmen entnommene Strafe ist angesichts des extrem hohen Unrechtsgehalts der Tat so milde, dass sie auch bei weitergehender psychischer Beeinträchtigung des Angeklagten nicht noch geringer hätte ausfallen können.
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b) Entgegen der Auffassung der Revision und wohl auch des Generalbundesanwalts liegt ein Erörterungsmangel des angefochtenen Urteils nicht in dem Umstand, dass sich die Schwurgerichtskammer nicht ausdrücklich mit der Frage einer (schuldmindernden) tiefgreifenden Bewusstseinsstörung des Angeklagten zur Zeit der Tat befasst hat. Nach den Feststellungen hatte der Angeklagte seine Fahrt mit einer vollständig geladenen Schusswaffe angetreten und vor der Tat mindestens drei Schüsse abgegeben sowie mehrere Drohungen ausgestoßen; die Tat beging er, weil er sich aufgrund des Verhaltens seiner Partnerin sowie des weiteren Verlaufs der Nacht gedemütigt fühlte und sich deswegen den ihm seiner Meinung nach gebührenden Respekt verschaffen wollte. Auch unter Berücksichtigung des unauffälligen Nachtatverhaltens, das im Übrigen von der Revision behauptete Erinnerungslücken nicht eben nahelegt , fehlen unter solchen Vorzeichen hinreichende Anknüpfungstatsachen (vgl. Schöch in LK StGB, 12. Aufl., § 20 Rn. 134 ff. mwN), die zu einer Auseinandersetzung mit dem Vorliegen eines schuldrelevanten Affekts in den Urteilsgründen zwingen würden. Die Revision trägt auch nicht vor, dass in dieser Hinsicht Anstrengungen von Seiten der Verteidigung, etwa in Form diesbezüglicher Beweisanträge oder -anregungen, unternommen worden wären. Im Übrigen könnte selbst ein schuldmindernder Affekt den Strafausspruch aus den im Zusammenhang mit der Persönlichkeitsstörung genannten Gründen (oben a, cc a.E.) nicht in Frage stellen.
c) Soweit die Revision sowie der Generalbundesanwalt die Strafrah21 menwahl wegen einer Verletzung der Bestimmung des § 46 Abs. 3 StGB beanstanden , folgt der Senat dem nicht. Zwar ist die durch das Landgericht ge- brauchte Wendung, die Rettung des Nebenklägers sei nicht „auf irgendein erhalten“ des Angeklagten zurückzuführen (UA S. 33),unter diesem Blickwinkel nicht völlig bedenkenfrei (vgl. etwa BGH, Beschluss vom 13. April 2010 – 5 StR 113/10, BGHR StGB § 46 Abs. 3 Totschlagsversuch 2; Schä- fer/Sander/van Gemmeren, Praxis der Strafzumessung, 5. Aufl., Rn. 1646 mwN). Nach dem Zusammenhang der Ausführungen (vgl. dazu BGH, Beschluss vom 10. April 1987 – GSSt 1/86, BGHSt 34, 345, 349 f.) versteht der Senat die kritisierte Formulierung hier jedoch nicht in dem Sinn, dass die Schwurgerichtskammer dem Angeklagten etwa den Umstand mangelnden Rücktritts anlasten wollte. Vielmehr hat sie im Zuge der Ermessensausübung nach § 23 Abs. 2 StGB zum Ausdruck gebracht, dass dem Angeklagten – jenseits fehlenden Rücktritts – keine versuchsspezifischen Umstände – wie etwa geringere Tatintensität, auf welche die Nichtvollendung zurückzuführen wäre – gutgebracht werden können, die die Vielzahl und Schwere der ihn belastenden Strafzumessungstatsachen aufwiegen könnten. Bei der Strafzumessung im engeren Sinne ist der Gedanke dementsprechend auch nicht wiederholt worden. Der Senat merkt in diesem Zusammenhang an, dass er die vom Gene22 ralbundesanwalt ungeachtet seines Aufhebungsbegehrens in der Antragsschrift vertretene These, von der Milderungsmöglichkeit nach § 23 Abs. 2 StGB werde generell zu häufig Gebrauch gemacht, nicht teilt, dass aber im vorliegenden besonders gelagerten Fall bei der Vollendungsnähe der Tat und ihrer überaus schweren Folgen eine andere Entscheidung als die Versagung der Versuchsmilderung zu beanstanden gewesen wäre.
d) Anders als der Generalbundesanwalt schließt der Senat weiter aus,
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dass dem Landgericht die Nichtvollendung der Tat bei der konkreten Strafbemessung aus dem Blick geraten sein könnte. Dagegen spricht schon, dass es den Gesichtspunkt der Nichtvollendung in diesem Kontext ausdrücklich nennt (UA S. 34) und eine angesichts der außerordentlich schwerwiegenden Tat überaus maßvolle Strafe verhängt hat. Darüber hinaus erhält die Tat ihre besondere Prägung dadurch, dass der Angeklagte das Leben des jungen Nebenklägers weithin zerstört hat.
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e) Gleichfalls keinen Rechtsfehler stellt es entgegen der Auffassung des Generalbundesanwalts dar, dass die Schwurgerichtskammer nicht ausdrücklich darlegt, die bereits zur Ablehnung der Strafrahmenverschiebung herangezogenen Tatfolgen bei der konkreten Strafbemessung nur noch mit geringerem Gewicht strafschärfend bedacht zu haben. Dies gilt schon deswegen, weil der Angeklagte neben dem versuchten Mord eine vollendete schwere Körperverletzung in drei Varianten (§ 226 Abs. 1 Nr. 1, 2 und 3 StGB) verwirklicht hat, für deren Würdigung die gravierenden und durch das Landgericht an dieser Stelle näher ausgeführten physischen und psychischen Auswirkungen der Tat naturgemäß besonderes Gewicht haben. Hinzu kommt abermals, dass die Schwurgerichtskammer trotz der Schwere der Tatfolgen überaus weit entfernt von der im Rahmen des gemilderten Strafrahmens des § 211 Abs. 1 StGB zur Verfügung stehenden Höchststrafe von 15 Jahren geblieben ist. 4. Abschließend bemerkt der Senat: Die Verteidigung hat zu Recht auf
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eine ungewöhnliche Vielzahl von redaktionellen und anderen Nachlässigkeiten, etwa hinsichtlich von Zeitangaben und der Benennung von Zeugen oder Verfahrensbeteiligten , im gesamten Urteil hingewiesen, wie sie dem Standard gebotener sorgfältiger Urteilsabfassung insbesondere in Schwurgerichtssachen nicht entspricht. Der Bestand des Urteils wird jedoch hierdurch nicht gefährdet.
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(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr wird bestraft, wer

1.
als Person über 21 JahreBetäubungsmittel unerlaubt an eine Person unter 18 Jahren abgibt oder sie ihr entgegen § 13 Abs. 1 verabreicht oder zum unmittelbaren Verbrauch überläßt oder
2.
mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge unerlaubt Handel treibt, sie in nicht geringer Menge herstellt oder abgibt oder sie besitzt, ohne sie auf Grund einer Erlaubnis nach § 3 Abs. 1 erlangt zu haben.

(2) In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren.