Bundesgerichtshof Urteil, 18. Juli 2018 - 5 StR 645/17

ECLI:ECLI:DE:BGH:2018:180718U5STR645.17.0
bei uns veröffentlicht am18.07.2018

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
5 StR 645/17
vom
18. Juli 2018
in der Strafsache
gegen
wegen erpresserischen Menschenraubes u.a.
ECLI:DE:BGH:2018:180718U5STR645.17.0

Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 18. Juli 2018, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof Dr. Mutzbauer
als Vorsitzender,
Richter am Bundesgerichtshof Prof. Dr. Sander, Richterin am Bundesgerichtshof Dr. Schneider, die Richter am Bundesgerichtshof Dr. Berger, Köhler
als beisitzende Richter,
Staatsanwältin als Gruppenleiterin
als Vertreterin des Generalbundesanwalts,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 21. September 2017 aufgehoben ,
a) soweit das Landgericht davon abgesehen hat, gegen den Angeklagten die Einziehung des Wertes von Taterträgen anzuordnen; insoweit wird gegen den Angeklagten die Einziehung des Wertes von Taterträgen in Höhe von 54.700 Euro als Gesamtschuldner angeordnet ;
b) soweit das Landgericht davon abgesehen hat, die Einziehung von Tatmitteln anzuordnen; insoweit wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die Revision des Angeklagten wird auf seine Kosten verworfen.
- Von Rechts wegen -

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen erpresserischen Menschenraubes in Tateinheit mit besonders schwerer räuberischer Erpressung, mit besonders schwerem Raub sowie mit gefährlicher Köperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von acht Jahren und sechs Monaten verurteilt und eine Anrechnungsentscheidung zu erlittener Auslieferungshaft getroffen. Der Angeklagte wendet sich gegen seine Verurteilung mit seiner auf die allgemeine Sachrüge gestützten Revision. Die ebenfalls auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision der Staatsanwaltschaft richtet sich allein gegen die Entscheidungen des Landgerichts, von einer Einziehung des Wertes der Taterträge und von Tatmitteln abzusehen. Während das vom Generalbundesanwalt vertretene Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft Erfolg hat, ist dasjenige des Angeklagten unbegründet.

I.


2
1. Nach den Feststellungen des Landgerichts drangen der Angeklagte und der gesondert Verfolgte Ma. gemeinsam mit zwei weiteren Mittätern am Abend des 14. September 2012 in das von J. und Y. H. bewohnte Haus ein. Sie überwältigten und fesselten die beiden Bewohner. Der Angeklagte, der in seinem Rucksack zwei mit scharfer Munition geladene Pistolen mit sich führte, mit denen er und Ma. etwaigen Widerstand der Bewohner brechen und diese zur Herausgabe von Wertgegenständen zwingen wollten, packte die Waffen aus und gab eine davon Ma. . Unter Vorhalt der Pistolen zwangen sie den Geschädigten Y. H. , sie zu dem Tresorraum des Hauses zu führen. Aus Angst um sein Leben und das seines Lebens- gefährten öffnete Y. H. den Tresorraum und händigte dem Angeklagten , Ma. und einem der Mittäter 41.500 Euro Bargeld sowie eine Halskette im Wert von 3.750 Euro, 18 Armbanduhren mit einem durchschnittlichen Wert von jeweils 500 Euro, die der Angeklagte noch im Tresorraum aus ihrer Verpackung entnahm, und eine weitere Uhr im Wert von 1.950 Euro aus. Sie verstauten die Beute in mitgebrachten Rucksäcken, um sie dem Tatplan entsprechend für sich zu behalten. Vor ihrer Flucht riss der Angeklagte dem Geschädigten J. H. eine goldene Halskette vom Hals, die er noch vor dem Verlassen des Grundstücks wieder verlor. Außerdem verloren der Angeklagte und seine beiden Mittäter dort drei der 18 Armbanduhren, die an die Geschädigten zurückgelangten.
3
2. Das Landgericht hat von der Anordnung einer Einziehung des Wertes von Taterträgen nach § 73 Abs. 1, § 73c Satz 1 StGB abgesehen, weil ein dem Angeklagten zuzurechnender Tatertrag nicht sicher habe festgestellt werden können. Im Hinblick auf die von den beiden Geschädigten geschilderte Hierarchie zwischen Ma. als „Bandenboss“ bzw. „Wortführer“ und den weiteren Mittätern einschließlich des Angeklagten könne nicht sicher davon ausgegangen werden, dass die Tatbeute bei der Übergabe durch den Geschädigten Y. H. in die (Mit-)Verfügungsgewalt des Angeklagten übergegangen sei. Vielmehr sei es möglich, dass Ma. als Planer und Wortführer des Überfalls auch über die Beuteteilung allein habe entscheiden sollen, sodass die gesamte Tatbeute bis zu einer solchen Teilung unter den Mittätern seiner alleinigen Verfügungsgewalt unterlegen habe. Anhaltspunkte für vom Angeklagten bei einer etwaigen späteren Beuteteilung konkret Erlangtes fehlten.
4
Eine Einziehung von Tatwerkzeugen habe nach § 74 Abs. 3 StGB unterbleiben müssen, da die am Tatort zurückgelassenen Einbruchswerkzeuge nicht hinreichend sicher dem Angeklagten hätten zugerechnet werden können.

II.


Die wirksam auf die Nichtanordnungen der Einziehung des Wertes der
5
Taterträge (vgl. BGH, Urteil vom 17. Juni 2010 – 4 StR 126/10, BGHSt 55, 174, 175 f. mwN) und der sicherungsweisen Einziehung von Tatmitteln (vgl. Quentin in MüKo-StPO, § 318 Rn. 68; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 61. Aufl., § 318 Rn. 22 mwN) beschränkte Revision der Staatsanwaltschaft ist begründet.
6
1. Die Entscheidung des Landgerichts, von einer Einziehung des Wertes der Taterträge gemäß § 73 Abs. 1, § 73c Satz 1 StGB abzusehen, begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
7
a) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist ein Vermögenswert im Rechtssinne aus der Tat erlangt, wenn er dem Beteiligten unmittelbar aus der Verwirklichung des Tatbestands in irgendeiner Phase des Tatablaufs so zugeflossen ist, dass er hierüber tatsächliche Verfügungsgewalt ausüben kann (vgl. BGH, Urteile vom 30. Mai 2008 – 1 StR 166/07, BGHSt 52, 227, 246; vom 28. Oktober 2010 – 4 StR 215/10, BGHSt 56, 39, 45 f., und vom 24. Mai 2018 – 5 StR 623/17 und 624/17 mwN). Bei mehreren Beteiligten genügt insofern, dass sie zumindest eine faktische bzw. wirtschaftliche Mitverfügungsmacht über den Vermögensgegenstand erlangt haben. Dies ist der Fall, wenn sie im Sinne eines rein tatsächlichen Herrschaftsverhältnisses ungehinderten Zugriff auf den betreffenden Vermögensgegenstand nehmen können.
Faktische Mitverfügungsgewalt kann aber – jedenfalls bei dem vor Ort anwesenden , Teile der Beute in den Händen haltenden Mittäter – auch dann vorliegen , wenn sich diese in einer Abrede über die Beuteteilung widerspiegelt. Denn damit „verfügt“ der Mittäter zu seinen oder der anderen Beteiligten Gunsten über die Beute, indem er in Absprache mit diesen Teile des gemeinsam Erlangten sich selbst oder den anderen zuordnet (vgl. zur Zurechnung bei Mittäterschaft und in einem Ausnahmefall auch BGH, Urteil vom 7. Juni 2018 – 4 StR 63/18 mwN).
8
b) Nach diesem Maßstab hatte der Angeklagte jedenfalls gemeinsam mit seinen im Tresorraum anwesenden Mittätern tatsächliche (Mit-)Verfügungsgewalt über die Gesamtbeute bereits dort erlangt.
9
Sie gingen bei der unmittelbaren Tatausführung arbeitsteilig vor, ließen sich gemeinsam die im Tresorraum aufbewahrten Gelder und Wertgegenstände aushändigen und verstauten die Beute in zu deren Abtransport mitgebrachten Rucksäcken, um sie „für sich“ zu behalten (UA S. 12). Wollte und hatte damit jeder der vor Ort anwesenden Tatbeteiligten die Beute „für sich“ behalten, so hat jeder von ihnen Verfügungsmacht über sie beansprucht und auch innegehabt. Unerheblich ist bei der gebotenen gegenständlichen (tatsächlichen) Betrachtungsweise , ob und gegebenenfalls in welchem Umfang der Beteiligte eine unmittelbar durch die Tat gewonnene (Mit-)Verfügungsmacht später aufgegeben hat (vgl. BGH, Urteile vom 28. Oktober 2010 – 4 StR 215/10, aaO S. 46, und vom 24. Mai 2018 – 5 StR 623/17 und 624/17, jeweils mwN). Die vom Landgericht als maßgeblich erachtete Erwägung, eine alleinige Verfügungsge- walt des „Bandenbosses“ergäbe sich aus dessen überragender hierarchischer Stellung, geht deshalb im Ansatz fehl.

c) Der Angeklagte hat danach – unter Nichtberücksichtigung der noch
10
beim Tatort verlorenen Wertgegenstände – eine Beute im Gesamtwert von 54.700 Euro durch die Tat erlangt. Da diese selbst nach § 73 Abs. 1 StGB nicht mehr eingezogen werden kann, unterliegt der deren Wert entsprechende Geldbetrag gemäß § 73c Abs. 1 StGB der Einziehung.
Der Senat bestimmt auf der Grundlage der rechtsfehlerfrei getroffenen
11
Urteilsfeststellungen und in entsprechender Anwendung des § 354 Abs. 1 StPO den Wert des von dem Angeklagten Erlangten selbst und ordnet insoweit auch dessen gesamtschuldnerische Haftung an (vgl. zur klarstellenden Tenorierung einer im Urteilszeitpunkt bekannten gesamtschuldnerischen Haftung mehrerer Tatbeteiligter BGH, Urteile vom 24. Mai 2018 – 5 StR 623/17 und 624/17; vom 7. Juni 2018 – 4 StR 63/18; Beschlüsse vom 25. September 2012 – 4 StR 137/12, NStZ 2013, 401; vom 18. Juli 2013 – 4 StR 171/13; vom 20. Februar 2018 – 2 StR 12/18).
2. Auch die Entscheidung des Landgerichts, von einer Einziehung si12 chergestellter Tatmittel abzusehen, hält sachlich-rechtlicher Prüfung nicht stand. Insoweit hat es die Vorschrift des § 74 Abs. 2 Nr. 2 StGB aF unberücksichtigt gelassen, wonach im Eigentum Dritter stehende Gegenstände eingezogen werden können, wenn die Gefahr besteht, dass sie der Begehung rechtswidriger Taten dienen werden.
13
Der Generalbundesanwalt hat hierzu in seiner Antragsschrift ausgeführt: „Eine solche individuelle Gefährlichkeit ist nicht bereits dann zu be- jahen, wenn die bloße gedankliche Möglichkeit einer rechtswidrigen Verwendung vorliegt, sondern erst, wenn konkrete Anhaltspunkte diese nahelegen (vgl. BGH, Beschluss vom 15. Februar 1991 – 3StR 284/90, BGHR StGB § 74 Abs. 2 Nr. 2 Gefahr 2). Ob die Umstände eine nahe Wahrscheinlichkeit für eine Verwendung unter Missachtung der Rechtsordnung begründen, ist im Wesentlichen Tatfrage. Bei Gegenständen, die praktisch nicht anders als auf rechtswidrige Weise verwendet werden können, kann eine konkrete Gefahr ohne weiteres anzunehmen sein (vgl. BGH, Urteil vom 9. August 1988 – 1 StR 257/88, BGHR StGB §74 Abs. 2 Nr. 2 Gefahr

1).

Hiervon ausgehend drängt sich eine konkrete Gefahr für die im vorliegenden Fall sichergestellten Einbruchswerkzeuge (vgl. Fischer, StGB 65. Aufl. § 74b Rn. 6) in Form eines Brecheisens, eines Multitools , eines Bolzenschneiders und eines Nothammers auf, während sich dies für das sichergestellte Fesselmaterial (Kabelbinder und Paketklebeband) nicht von selbst versteht. Die Entscheidung über die Einziehung bedarf deshalb weiterer Feststellungen durch das mit der Sache neu zu befassende Tatgericht.“
14
Dem schließt sich der Senat an.

III.


15
Die Revision des Angeklagten ist unbegründet, weil die Überprüfung des Urteils keinen ihn beschwerenden Rechtsfehler ergeben hat. Insbesondere genügt die Darstellung des DNA-Gutachtens den Anforderungen, die die bisherige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs stellt (vgl. BGH, Urteil vom 24. März 2016 – 2 StR 112/14, NStZ 2016, 490; Beschlüsse vom 22. Februar 2017 – 5 StR 606/16 und vom 18. Januar 2018 – 4 StR 377/17 jeweils mwN). Nähere Darlegungen im Urteil zur vom Sachverständigen herangezogenen Vergleichs-Datenbank verlangt sie bei dem inzwischen in weiten Teilen standardisiertem Verfahren nicht. Ob solche Ausführungen im Sachverständigen- gutachten geboten sind – worauf die von der Revision angeführten Zitate hindeuten könnten – bedarf keiner Entscheidung, da auf die Sachrüge hin nur das Urteil der revisionsgerichtlichen Überprüfung unterliegt.
Mutzbauer Sander Schneider
Berger Köhler

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Urteil, 18. Juli 2018 - 5 StR 645/17

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Strafprozeßordnung - StPO | § 354 Eigene Entscheidung in der Sache; Zurückverweisung


(1) Erfolgt die Aufhebung des Urteils nur wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen, so hat das Revisionsgericht in der Sache selbst zu entscheiden, sofern ohne weitere tatsächliche Erört

Strafgesetzbuch - StGB | § 73 Einziehung von Taterträgen bei Tätern und Teilnehmern


(1) Hat der Täter oder Teilnehmer durch eine rechtswidrige Tat oder für sie etwas erlangt, so ordnet das Gericht dessen Einziehung an. (2) Hat der Täter oder Teilnehmer Nutzungen aus dem Erlangten gezogen, so ordnet das Gericht auch deren Einzieh

Strafgesetzbuch - StGB | § 73c Einziehung des Wertes von Taterträgen


Ist die Einziehung eines Gegenstandes wegen der Beschaffenheit des Erlangten oder aus einem anderen Grund nicht möglich oder wird von der Einziehung eines Ersatzgegenstandes nach § 73 Absatz 3 oder nach § 73b Absatz 3 abgesehen, so ordnet das Gericht
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(1) Hat der Täter oder Teilnehmer durch eine rechtswidrige Tat oder für sie etwas erlangt, so ordnet das Gericht dessen Einziehung an.

(2) Hat der Täter oder Teilnehmer Nutzungen aus dem Erlangten gezogen, so ordnet das Gericht auch deren Einziehung an.

(3) Das Gericht kann auch die Einziehung der Gegenstände anordnen, die der Täter oder Teilnehmer erworben hat

1.
durch Veräußerung des Erlangten oder als Ersatz für dessen Zerstörung, Beschädigung oder Entziehung oder
2.
auf Grund eines erlangten Rechts.

Ist die Einziehung eines Gegenstandes wegen der Beschaffenheit des Erlangten oder aus einem anderen Grund nicht möglich oder wird von der Einziehung eines Ersatzgegenstandes nach § 73 Absatz 3 oder nach § 73b Absatz 3 abgesehen, so ordnet das Gericht die Einziehung eines Geldbetrages an, der dem Wert des Erlangten entspricht. Eine solche Anordnung trifft das Gericht auch neben der Einziehung eines Gegenstandes, soweit dessen Wert hinter dem Wert des zunächst Erlangten zurückbleibt.

(1) Gegenstände, die durch eine vorsätzliche Tat hervorgebracht (Tatprodukte) oder zu ihrer Begehung oder Vorbereitung gebraucht worden oder bestimmt gewesen sind (Tatmittel), können eingezogen werden.

(2) Gegenstände, auf die sich eine Straftat bezieht (Tatobjekte), unterliegen der Einziehung nach der Maßgabe besonderer Vorschriften.

(3) Die Einziehung ist nur zulässig, wenn die Gegenstände zur Zeit der Entscheidung dem Täter oder Teilnehmer gehören oder zustehen. Das gilt auch für die Einziehung, die durch eine besondere Vorschrift über Absatz 1 hinaus vorgeschrieben oder zugelassen ist.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
Urteil
4 StR 126/10
vom
17. Juni 2010
in der Strafsache
gegen
BGHSt: ja
BGHR: ja
Veröffentlichung: ja
StGB §§ 73, 73 a, 73 c
Die Anordnung des Verfalls oder des Verfalls des Wertersatzes gegen Jugendliche
oder Heranwachsende, auf die Jugendstrafrecht angewendet wird, ist zulässig
; das gilt auch, wenn der Wert des Erlangten nicht mehr im Vermögen
des Täters vorhanden ist.
BGH, Urt. vom 17. Juni 2010 - 4 StR 126/10 - LG Bochum -
1.
2.
3.
wegen bandenmäßigen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht
geringer Menge u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 17. Juni 2010,
an der teilgenommen haben:
Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Ernemann
als Vorsitzender,
Richterin am Bundesgerichtshof
Solin-Stojanović,
Richter am Bundesgerichtshof
Cierniak,
Dr. Mutzbauer,
Bender,
als beisitzende Richter,
Oberstaatsanwalt beim Bundesgerichtshof
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwältin
für den Angeklagten R. ,
Rechtsanwalt für den Angeklagten V. ,
Rechtsanwalt für den Angeklagten E.
als Verteidiger,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revisionen der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Bochum vom 3. September 2009 mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben, soweit das Landgericht die Anordnung des Verfalls und des Verfalls des Wertersatzes abgelehnt hat.
2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere als Jugendkammer zuständige Strafkammer des Landgerichts Bochum zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Gründe:


1
Das Landgericht hat die Angeklagten des bandenmäßigen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in 30 Fällen (R. ) bzw. in 29 Fällen (E. und V. ), R. und E. darüber hinaus des Diebstahls schuldig gesprochen. Es hat den Angeklagten E. zu einer Jugendstrafe von zwei Jahren und neun Monaten, die Angeklagten R. und V. jeweils zu einer Jugendstrafe von drei Jahren und neun Monaten verurteilt. „Insbesondere“ gegen die Nichtanordnung des Verfalls bzw. des Verfalls des Wertersatzes richten sich die auf die Verletzung materiellen Rechts gestützten Revisionen der Staatsanwaltschaft. Die vom Generalbundesanwalt vertretenen Rechtsmittel haben im Umfang der Anfechtung Erfolg.

I.


2
Die Rechtsmittel sind auf die Nichtanordnung des Verfalls bzw. des Verfalls von Wertersatz beschränkt. Nach dem Revisionsantrag wendet sich die Staatsanwaltschaft "insbesondere" gegen das Unterlassen der entsprechenden Anordnungen. In der Revisionsbegründung legt die Rechtsmittelführerin näher dar, aus welchen Gründen sie die unterbliebene Anordnung von Maßnahmen nach §§ 73 ff. StGB für rechtsfehlerhaft hält; anderweitige Beanstandungen erhebt sie nicht. Eine auch an Nr. 156 Abs. 2 RiStBV orientierte sachgerechte Auslegung des Angriffsziels der Staatsanwaltschaft ergibt daher, dass sie das Rechtsmittel insoweit beschränkt hat.
3
Die Beschränkung ist wirksam (§ 2 Abs. 2 JGG, § 344 Abs. 1 StPO). Eine isolierte Anfechtung der unterbliebenen Anordnung des Verfalls oder des Wertersatzverfalls ist grundsätzlich zulässig (BGH, Urt. vom 5. April 2000 - 2 StR 500/99, NStZ 2000, 480; Beschl. vom 5. Dezember 1996 - 5 StR 542/96, NStZ-RR 1997, 270, 271; BayObLG NStZ-RR 1999, 269, 270; Meyer-Goßner StPO 52. Aufl. § 318 Rdn. 22). Das gilt auch im Jugendstrafrecht (BGH, Urt. vom 27. Juli 2005 - 2 StR 241/05; vgl. auch Senat, Beschl. vom 23. März 2000 - 4 StR 502/99 zu Jugendstrafe und Maßregel nach §§ 69, 69 a StGB sowie Eisenberg JGG 14. Aufl. § 55 Rdn. 17). Zwar ist eine Rechtsmittelbeschränkung nach den allgemeinen Grundsätzen nur dann wirksam, wenn der angefochtene Teil der Entscheidung losgelöst vom übrigen Urteilsinhalt selbständig geprüft und beurteilt werden kann und die nach dem Teilrechtsmittel stufenweise entstehende Gesamtentscheidung frei von inneren Widersprüchen bleibt (BGH, Urt. vom 2. Dezember 2004 - 3 StR 246/04, NStZ-RR 2005, 104). So verhält es sich aber auch im vorliegenden Fall. Das Landgericht hat die Jugendstrafen so bemessen, dass eine erzieherische Einwirkung auf die Angeklagten möglich ist (UA 36, 37). Der Senat schließt aus, dass die Jugendkammer die - ohnehin eher milden - Strafen noch niedriger festgesetzt hätte, hätte sie daneben den Verfall (von Wertersatz) angeordnet; dieser ist keine Strafe und auch keine strafähnliche Maßnahme (BGH, Urt. vom 21. August 2002 - 1 StR 115/02, BGHSt 47, 369, 370 ff.). Ob der Staat Zahlungsansprüche überhaupt gegen die Angeklagten wird durchsetzen können, steht hingegen nicht fest (vgl. BGH, Beschl. vom 22. November 2000 - 1 StR 479/00, NStZ 2001, 312).

II.


4
1. Nach den Feststellungen des Landgerichts verbrachten die Angeklagten als führende Mitglieder einer Bande in 29 bzw. 30 Fällen insgesamt 19,4 kg (R. ) bzw. 18,8 kg (E. und V. ) zum Handeltreiben bestimmtes Marihuana von den Niederlanden in die Bundesrepublik; sie veräußerten das Rauschgift anschließend gewinnbringend an ihre Abnehmer.
5
Bei seiner Festnahme führte der Angeklagte E. 535 € aus dem vorangegangenen Verkauf einer Teilmenge des Marihuanas mit sich, welches durch die letzte, als Fall 31 der Urteilsgründe abgeurteilte Einkaufsfahrt eingeführt worden war. Im Übrigen konnte die Jugendkammer die Einlassung der Angeklagten , von den - in einer gemeinsamen Kasse verwalteten (UA 11) - Erlösen aus den Betäubungsmittelverkäufen sei kein Geld übrig geblieben, nicht widerlegen (UA 28). Alle Angeklagten wohnten im Zeitpunkt der tatrichterlichen Hauptverhandlung jeweils noch bei ihren Eltern; sie waren arbeitslos und ohne Einkommen. Die Finanzermittlungen haben lediglich ergeben, dass R. über einen Sparvertrag mit einem Guthaben in Höhe von 6.327 € verfügt, auf den im Wesentlichen seine Eltern Geld eingezahlt haben.
6
2. Das Landgericht hat auf alle Angeklagten gemäß § 105 Abs. 1 Nr. 1 JGG - bei E. in Verbindung mit § 32 JGG - Jugendstrafrecht angewendet. Die Anordnung des Verfalls der sichergestellten 535 € sowie des Verfalls von Wertersatz hat die Jugendkammer abgelehnt. Die Maßnahmen nach §§ 73 ff. StGB seien auf Jugendliche und Heranwachsende, auf die Jugendstrafrecht Anwendung finde, nicht anwendbar. Die Anordnung des Verfalls von Wertersatz entfalte dieselben "Auswirkungen" wie eine Geldstrafe. Eine Rechtsfolge, die zu einer "Reduzierung der Tragweite des Erziehungsgedankens i.S.d. Vergeltungsprinzips" führe, sei mit der Systematik des Jugendstrafrechts nicht vereinbar. Den Verfallsvorschriften könne nicht die Ermächtigung entnommen werden, einen weiter gehenden Vermögensverlust der vom Verfall betroffenen Jugendlichen oder Heranwachsenden herzustellen. Darauf, dass die Härteklausel des § 73 c StGB die Jugendlichen oder Heranwachsenden ausreichend schütze, könne nicht abgestellt werden. Die Einräumung der hiermit verbundenen Ermessensentscheidung verstoße gegen die Grundprinzipien des Jugendstrafrechts. Im Übrigen würde die Jugendkammer von einer Ermessensreduzierung auf Null ausgehen. Die Angeklagten seien hier tatsächlich entreichert, weil die sichergestellten 535 € durch die den Angeklagten auferlegten Gerichtskosten in dem staatlichen Zahlungsanspruch aufgingen und im Übrigen die erzielten Rauschgifterlöse nicht mehr vorhanden seien.
7
3. Die Ablehnung der Anordnung des Verfalls und des Wertersatzverfalls hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
8
a) Die Vorschriften der §§ 73 ff. StGB sind über die Verweisung in § 2 Abs. 2 JGG auch im Jugendstrafrecht anwendbar (Altenhain in MünchKomm /StGB § 2 JGG Rdn. 7; Eser in Schönke/Schröder StGB 27. Aufl. vor § 73 Rdn. 11). Hieran knüpft § 8 Abs. 3 JGG an, wonach der Richter neben Ju- gendstrafe auf die nach dem Jugendgerichtsgesetz zulässigen Nebenstrafen und Nebenfolgen erkennen kann. Damit sind auch die im Siebenten Titel des 3. Abschnitts des Strafgesetzbuchs genannten Maßnahmen des Verfalls und der Einziehung (§ 11 Abs. 1 Nr. 8 StGB) gemeint (Altenhain aaO § 8 Rdn. 3; vgl. BGH, Beschl. vom 12. Juli 2000 - StB 4/00 zur Einziehung nach § 74 Abs. 1 und 2 Nr. 1 StGB). Hiervon nimmt § 6 JGG lediglich die dort genannten Nebenfolgen aus (Altenhain aaO § 6 JGG Rdn. 6). Diese gesetzgeberische Entscheidung kann nicht unter Berufung auf erzieherische Interessen unterlaufen werden ; § 6 JGG ist eine Ausnahmevorschrift (vgl. Dallinger/Lackner JGG 2. Aufl. § 6 Rdn. 10). Deshalb ist nicht nur die Anordnung des Verfalls, sondern auch diejenige des Verfalls des Wertersatzes zulässig (Altenhain aaO Rdn. 8; unklar Eisenberg aaO § 6 Rdn. 5).
9
b) Für dieses Ergebnis streiten auch systematische Erwägungen: Das Jugendgerichtsgesetz geht in § 76 Satz 1 JGG selbst von der Zulässigkeit der Anordnung des Verfalls aus. Die Anordnung des Wertersatzverfalls entspricht auch nicht der Verhängung einer - im Jugendgerichtsgesetz nicht vorgesehenen - Geldstrafe. Zwar wird die vom Gericht bestimmte Geldsumme wie eine Geldstrafe beigetrieben (§ 459 g Abs. 2 StPO); dem zu Wertersatzverfall Verurteilten droht jedoch im Falle der Uneinbringlichkeit keine Ersatzfreiheitsstrafe (Meyer-Goßner aaO § 459 g Rdn. 7; vgl. demgegenüber BGH, Urt. vom 13. Juli 1954 - 1 StR 465/53, BGHSt 6, 258 zu § 401 Abs. 2 RAbgO). Das Jugendgerichtsgesetz sieht zudem verschiedentlich die Auferlegung von Geldzahlungen vor (vgl. nur § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 4 JGG) und bewehrt deren schuldhafte Nichterfüllung mit Jugendarrest (§ 15 Abs. 3 Satz 2 JGG). Insbesondere ermächtigt das Jugendgerichtsgesetz auch zur Abschöpfung des strafbar erlangten Gewinns durch Zahlung eines Geldbetrages (§ 15 Abs. 2 Nr. 2 JGG; vgl. dazu Eisenberg aaO § 15 Rdn. 18).
10
c) Daher ist die Verhängung der in §§ 73 ff. StGB vorgesehenen Maßnahmen auch bei Jugendlichen und solchen Heranwachsenden zulässig, auf die Jugendstrafrecht angewendet wird, und zwar, wie sich schon aus § 73 a StGB ergibt, unabhängig davon, ob der Wert noch im Vermögen des Jugendlichen vorhanden ist (Altenhain aaO; a.A. Diemer in Diemer/Schoreit/Sonnen JGG 5. Aufl. § 6 Rdn. 3; wohl auch Brunner/Dölling JGG 11. Aufl. § 6 Rdn. 3, 6, 7). Der Vermeidung von Härten dient allein § 73 c StGB.
11
d) Der Bundesgerichtshof ist dementsprechend wiederholt ohne weiteres von der Zulässigkeit der Anordnung des Verfalls von Wertersatz neben der Verhängung von Jugendstrafe ausgegangen und hat lediglich die Anwendung der Härtevorschrift des § 73 c StGB näher geprüft (BGH, Beschlüsse vom 15. März 2001 - 3 StR 21/01, NJW 2001, 1805 und vom 10. Juni 2009 - 2 StR 76/09, NJW 2009, 2755).
12
e) Unabhängig davon geht die Annahme des Landgerichts, der Anordnung des Verfalls der sichergestellten 535 € stünde auch entgegen, dass dieser Betrag "durch die den Angeklagten auferlegten Gerichtskosten in dem staatlichen Zahlungsanspruch" aufginge, fehl. Das Gesetz sieht eine derartige Verknüpfung staatlicher Zahlungsansprüche mit der Folge der Verdrängung des Verfalls nicht vor.

III.


13
1. Der aufgezeigte Rechtsfehler nötigt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung, soweit das Landgericht davon abgesehen hat, den Verfall (von bis zu 535 €) und den Verfall des Wertersatzes anzuordnen. Der nicht weiter begründete Hinweis der Kammer, sie würde - wohl im Rahmen des § 73 c Abs. 1 Satz 2 StGB - von einer Ermessensreduzierung auf Null ausgehen, vermag das Beruhen des Urteils auf dem Rechtsfehler nicht auszuschließen. Nach der ständigen Rechtsprechung des Reichsgerichts und des Bundesgerichtshofs sind Hilfserwägungen zur Rechtsfolgenentscheidung unzulässig (RGSt 70, 400, 403; 71, 101, 104; BGH, Urt. vom 14. Juni 1955 - 2 StR 136/55, BGHSt 7, 359; BGH, Urt. vom 27. Januar 1998 - 1 StR 702/97, NStZ 1998, 305, 306; Beschl. vom 29. Oktober 2008 - 2 StR 386/08). Wegen des von der Jugendkammer angenommenen Verstoßes einer auf § 73 c StGB gestützten Ermessensentscheidung gegen die Grundprinzipien des Jugendstrafrechts besorgt der Senat darüber hinaus, dass das Landgericht bei seinen Erwägungen die - auch erzieherische - Bedeutung der nach dem Gesetz zulässigen Gewinnabschöpfung rechtsfehlerhaft nicht hinreichend bedacht hat. Der ergänzende Hinweis auf die Belastung "mit einer so exorbitant hohen Geldforderung" lässt im Übrigen befürchten, dass das Landgericht die Möglichkeit einer bloßen Reduzierung der Höhe des Verfalls (von Wertersatz) gemäß § 73 c Abs. 1 Satz 1 und 2 StGB ("soweit"; vgl. BGH, Beschl. vom 15. März 2001 - 3 StR 21/01, NJW 2001, 1805, 1806 m.w.N.) übersehen hat.
14
2. Der neue Tatrichter wird nunmehr - ausgehend vom Bruttoprinzip (vgl. BGH, Urt. vom 21. August 2002 - 1 StR 115/02, BGHSt 47, 369, 370 ff.) - die Höhe der Erlöse aus den Betäubungsmittelverkäufen für jeden Angeklagten gesondert festzustellen haben. Die bei mehreren Tatbeteiligten erforderliche Erlangung der (faktischen) wirtschaftlichen Mitverfügungsgewalt (Senat, Urt. vom 1. März 2007 - 4 StR 544/06 m.w.N.; vgl. zur gesamtschuldnerischen Haftung BGH, Beschl. vom 27. Mai 2008 - 3 StR 50/08, NStZ 2008, 623) ist auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen zu bejahen; allerdings wird zu beachten sein, dass in den Fällen acht bis zehn der Urteilsgründe nicht alle Angeklagten beteiligt waren, so dass insoweit eine Verfallsanordnung gegen die Nichtbe- teiligten nicht auf § 73 StGB (und daran anknüpfend § 73 a StGB) gestützt werden kann (vgl. Senat, Urt. vom 11. Dezember 2008 - 4 StR 386/08). Sodann wird für jeden der Angeklagten zu prüfen sein, ob nach § 73 c StGB ganz oder teilweise von der Anordnung des Verfalls der 535 € und des Wertersatzverfalls abzusehen ist. Insoweit verweist der Senat auf die Grundsätze im Senatsurteil vom 2. Oktober 2008 - 4 StR 153/08, NStZ-RR 2009, 234).
15
3. Vorsorglich bemerkt der Senat, dass die auf § 353 Abs. 2 StPO beruhende Aufhebung der dem Verfall zuzuordnenden Feststellungen nicht die sogenannten doppelrelevanten Tatsachen erfasst, die auch den Schuld- oder Strafausspruch tragen (z.B. die Feststellungen zu den Einkaufs- und Verkaufspreisen ; vgl. näher Meyer-Goßner aaO Einl. 187; § 353 Rdn. 20); insoweit sind nur ergänzende Feststellungen zulässig, die den bindend gewordenen nicht widersprechen dürfen.
Ernemann Solin-Stojanović Cierniak
Mutzbauer Bender

(1) Hat der Täter oder Teilnehmer durch eine rechtswidrige Tat oder für sie etwas erlangt, so ordnet das Gericht dessen Einziehung an.

(2) Hat der Täter oder Teilnehmer Nutzungen aus dem Erlangten gezogen, so ordnet das Gericht auch deren Einziehung an.

(3) Das Gericht kann auch die Einziehung der Gegenstände anordnen, die der Täter oder Teilnehmer erworben hat

1.
durch Veräußerung des Erlangten oder als Ersatz für dessen Zerstörung, Beschädigung oder Entziehung oder
2.
auf Grund eines erlangten Rechts.

Ist die Einziehung eines Gegenstandes wegen der Beschaffenheit des Erlangten oder aus einem anderen Grund nicht möglich oder wird von der Einziehung eines Ersatzgegenstandes nach § 73 Absatz 3 oder nach § 73b Absatz 3 abgesehen, so ordnet das Gericht die Einziehung eines Geldbetrages an, der dem Wert des Erlangten entspricht. Eine solche Anordnung trifft das Gericht auch neben der Einziehung eines Gegenstandes, soweit dessen Wert hinter dem Wert des zunächst Erlangten zurückbleibt.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
1 StR 166/07
vom
Nachschlagewerk: ja
BGHSt: ja
Veröffentlichung: ja
1. Zum Zusammenhang zwischen Werbeaussage und beworbener Ware oder
Leistung als Voraussetzung strafbarer Werbung
2. Werden Kunden mittels strafbarer Werbung zu Warenbestellungen veranlasst
, sind die Kaufpreiszahlungen, welche die Kunden dafür an den Täter
oder Drittbegünstigten leisten, von diesem aus den Taten erlangt und unterliegen
– unbeschadet vorrangiger Ansprüche von Verletzten – in vollem Umfang
dem Verfall.
3. Infolge der strafbaren Werbung können den Bestellern Schadensersatzansprüche
aus unerlaubter Handlung jeweils in Höhe des gezahlten Kaufpreises
zustehen, die den Verfallsbetrag vermindern.
BGH, Urt. vom 30. Mai 2008 - 1 StR 166/07 - LG Mannheim
30. Mai 2008
in der Strafsache
gegen
1.
2.
3.
wegen strafbarer Werbung
Nebenbeteiligte:
1.
2.
3.
4.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat aufgrund der Verhandlung vom
27. Mai 2008 in der Sitzung am 30. Mai 2008, an denen teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Nack
und die Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Boetticher,
Hebenstreit,
die Richterin am Bundesgerichtshof
Elf,
der Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Graf,
Bundesanwalt beim Bundesgerichtshof
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
der Angeklagte G. persönlich - in der Verhandlung -,
Rechtsanwalt - in der Verhandlung -
und Rechtsanwalt
als Verteidiger des Angeklagten G. ,
Rechtsanwalt
als Verteidiger des Angeklagten D. ,
Rechtsanwalt und
Rechtsanwältin
als Verteidiger des Angeklagten S. ,
Rechtsanwalt
als Vertreter der Nebenbeteiligten I. ,
Rechtsanwalt - in der Verhandlung -
als Vertreter der Nebenbeteiligten O.
,
Rechtsanwalt - in der Verhandlung -
als Vertreter der Nebenbeteiligten
V. 3 C. ,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Das Urteil des Landgerichts Mannheim vom 14. Juni 2006 wird bezüglich der Angeklagten D. und S. im Schuldspruch dahin berichtigt, dass diese Angeklagten der strafbaren Werbung in 66 Fällen schuldig sind. 2. Auf die Revision der Nebenbeteiligten I. wird das vorbezeichnete Urteil aufgehoben, soweit gegen sie der Wertersatzverfall angeordnet worden ist und dabei etwaige entgegenstehende Ansprüche von Verletzten unberücksichtigt geblieben sind. 3. Die Revisionen der Angeklagten und der Nebenbeteiligten P. werden verworfen. Die Angeklagten und die Nebenbeteiligte P. haben die Kosten ihrer Rechtsmittel zu tragen. 4. Auf die Revisionen der Staatsanwaltschaft wird das oben bezeichnete Urteil im Ausspruch über den Verfall aufgehoben, soweit
a) zum Vorteil der Nebenbeteiligten I. von einem über die erfolgte Anordnung hinausgehenden Wertersatzverfall abgesehen worden ist,
b) gegen die Nebenbeteiligten O. und V. 3 C. ganz von der Anordnung des Wertersatzverfalls abgesehen worden ist.
5. Die gegen die Angeklagten und die Nebenbeteiligte P. gerichteten Revisionen der Staatsanwaltschaft werden verworfen. Die Kosten dieser Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft sowie die den Angeklagten und der Nebenbeteiligten P. hierdurch entstandenen notwendigen Auslagen fallen der Staatskasse zur Last. 6. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die verbleibenden Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten G. wegen strafbarer Werbung in sechs Fällen zur Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und zwei Monaten verurteilt. Gegen die Angeklagten D. und S. hat es wegen strafbarer Werbung in 62 Fällen auf Gesamtfreiheitsstrafen von jeweils einem Jahr und sechs Monaten erkannt und die Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt. Im Übrigen hat es die Angeklagten freigesprochen. Den Verfall von Wertersatz hat es wie folgt angeordnet: – in das Vermögen des Angeklagten G. in Höhe von 244.467,- €, – in das Vermögen des Angeklagten D. in Höhe von 100.853,- €, – in das Vermögen des Angeklagten S. in Höhe von 58.700,- €, – in das Vermögen der Nebenbeteiligten I. in Höhe von 1.498.677,- €, – in das Vermögen der Nebenbeteiligten P. in Höhe von 671.136,- €.
2
Das Landgericht hat es abgelehnt, Verfallsanordnungen gegen die Nebenbeteiligten O. und V. 3 C. zu treffen.
3
Die Staatsanwaltschaft greift das Urteil mit den zu Ungunsten der Angeklagten und sämtlicher Nebenbeteiligten eingelegten Revisionen an. Sie sind auf den Ausspruch über den Verfall beschränkt und werden auf Verfahrensrügen und die Sachbeschwerde gestützt. Die Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft haben nur hinsichtlich der Nebenbeteiligten I. , O. und 3 C V. Erfolg.
4
Den auf Verfahrensrügen und die Sachbeschwerde gestützten Revisionen der drei Angeklagten bleibt ebenso der Erfolg versagt wie der auf die nicht näher ausgeführte Sachrüge gestützten Revision der Nebenbeteiligten P. . Die Revision der Nebenbeteiligten I. , die die Verletzung formellen und materiellen Rechts geltend macht, dringt demgegenüber mit der Sachbeschwerde durch.
5
Die Revisionen der Staatsanwaltschaft hinsichtlich der Nebenbeteiligten I. , O. und 3 C V. und die Revision der Nebenbeteiligten I. führen zur Teilaufhebung des Urteils und insoweit zur Zurückverweisung der Sache. Die Feststellungen sind indessen rechtsfehlerfrei getroffen und können daher bestehen bleiben (vgl. – auch zur Tenorierung – BGH NJW 2007, 1540). Der nunmehr zur Entscheidung berufene Tatrichter kann ergänzende, hierzu nicht in Widerspruch stehende Feststellungen treffen.

I.

6
Der Verurteilung der Angeklagten wegen strafbarer Werbung und den Verfallsanordnungen liegt zugrunde, dass die Angeklagten nach Auffassung des Landgerichts für im Versandhandel tätige Gesellschaften die Versendung standardisierter Werbesendungen (sog. Mailings), die unzutreffende Gewinnmitteilungen und Geschenkversprechen enthielten, zusammen mit Warenkatalogen veranlassten und organisierten und hierdurch den Warenabsatz steigerten.
7
1. Im Einzelnen ist – soweit im Rahmen der Revisionen von Bedeutung – folgendes festgestellt:
8
a) Zu den Taten:
9
aa) Der Angeklagte G. war im Tatzeitraum vom 30. Dezember 2002 bis zum 25. Oktober 2004 Präsident des Verwaltungsrats der 1964 von seinem Vater gegründeten Nebenbeteiligten I. , einer Holdinggesellschaft, die ihren Domizilsitz in der Schweiz hat. Seit 1993 ist der Bruder des Angeklagten G. , Gi. , alleiniger Aktionär. Seit Beginn der 1980er Jahre hielt die I. alle Geschäftsanteile der in Sc. ansässigen "OM.
", die bis Mitte der 1990er Jahre als Versandhandelsunternehmen am Markt auftrat und – seit 1989 auch über eine Tochtergesellschaft – Werbesendungen mit Gewinnversprechen versandte.
10
Wegen Beanstandungen von Verbraucher- und Wettbewerbsschützern und scharfen Angriffen in den Medien erfolgten zwei Umstrukturierungen, zunächst 1997 und dann 1999. Ziel der zweiten Umstrukturierung war es, die Tätigkeit des in Sc. ansässigen Unternehmens auf diejenige eines reinen Logistikdienstleisters zu beschränken und die rechtliche Verantwortung für künftige Werbesendungen auf abhängige ausländische Domizilgesellschaften (sog. Marketinggesellschaften) zu verlagern. Dementsprechend wurden der Name des nebenbeteiligten Unternehmens in "O. " und der Unternehmensgegenstand in Erbringung sog. "Fullfillment -Dienstleistungen" geändert. Die Konzeption von Werbesendungen wurde nunmehr von einer anderen Gesellschaft durchgeführt, der Se. , deren Anteile treuhänderisch für die I. gehalten wurden. Die Se. übernahm die hierfür zuständigen Mitarbeiter der Marketingabteilung der O. und mietete Büroräume in deren Gebäude in Sc. an.
11
Im Interesse der bzw. für die I. wurden im Ausland Gesellschaften gegründet oder bereits bestehende Gesellschaften "aktiviert", die im Versandhandel mit fünf Kataloglinien nach außen auftraten und unter deren Firma die Werbesendungen mit beigefügten entsprechenden Warenkatalogen verschickt wurden. Die ausländischen Gesellschaften wurden zweimal – ab 2001 und ab 2004 – durch andere ersetzt, als es Empfängern von Werbesendungen jeweils gelang, Vollstreckungstitel gegen sie zu erstreiten und Vollstreckungsmaßnahmen einzuleiten. Im Jahr 2000 hatte der Gesetzgeber mit § 661a BGB einen Leistungsanspruch des Verbrauchers aus Gewinnzusagen geschaffen, so dass sich die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen geändert hatten.
12
Im Zeitraum von 2001 bis 2003 traten folgende ausländische Gesellschaften auf: Unter Angabe der Firma der in Florenz gegründeten SVD wurden die Kataloglinien "Sch. & G. " und "P. B. " vertrieben. Absender der Kataloglinien "He. " und "Vi. " war die EMO mit Sitz in London. Werbesendungen der Kataloglinie "K. & L. " wurden unter Angabe der Firma VH mit Sitz in Paris verschickt. Im Zeitraum ab 2004 traten folgende ausländische Gesellschaften auf: Die Kataloglinie "Sch. & G. " wurde mit der Absenderangabe der Gesellschaft "D. M. C. mit - angeblichem - Sitz in Mailand vertrieben, die aber unter der angegebenen Firma nie errichtet worden war. Absender der Kataloglinien "He. " und "Vi. " war die niederländische B. . Der Versand der Werbesendungen der Kataloglinie "K. & L. " erfolgte unter der Absenderangabe der Nebenbeteiligten 3 C V. mit Sitz in Paris. Die ausländischen Gesellschaften hatten ganz überwiegend weder eigenes Personal noch eigene Räumlichkeiten. Die Konzeption der Werbesendungen für den Versandhandel wurde von der Se. entwickelt; die logistische Abwicklung erfolgte durch die O. . Allein die 3 C V. verfügte über Geschäftsräume im elsässischen L. und beschäftigte mehrere Mitarbeiter; die technische Abwicklung des Versandhandels erfolgte aber auch hier über die O. .
13
bb) Über die ausländischen Gesellschaften veranlassten und organisierten die Angeklagten die Versendung von Werbesendungen für die fünf Kataloglinien an Verbraucher, darunter die der Verurteilung zugrunde liegenden 66 Werbesendungen, die vom 30. Dezember 2002 bis zum 25. Oktober 2004 in einer Auflage von minimal 60.470 und maximal 700.936 Stück ausgesandt wurden. Die Schriftstücke enthielten standardisierten Text, in den die von der Abteilung Adressmarketing der O. selektierten Adressdaten eingedruckt waren; ihnen wurden die Warenkataloge der Kataloglinien beigefügt. Der Kundenstamm bestand vorwiegend aus älteren Personen mit geringem Bildungsniveau.
14
Die Werbesendungen enthielten – so das Landgericht – unzutreffende Gewinnmitteilungen und Geschenkversprechen, da die bezeichneten Gewinne und Geschenke nicht ausgekehrt wurden. Soweit behauptet wurde, es habe eine Vorabziehung eines Geldpreises stattgefunden, traf dies nicht zu oder es waren die gezogenen Gewinnnummern und -namen vernichtet worden. Soweit behauptet wurde, der Empfänger sei ein ausgesuchter "Gewinnberechtigter", der bei einer "Jackpotziehung" aufgrund seiner Gewinnnummer die Chance auf einen Gewinn habe, war dieselbe Gewinnnummer allen Empfängern zugeteilt worden, so dass der auf einen "Spieler" entfallende Gewinnanteil erwartungsgemäß unter der in den Teilnahmebedingungen jeweils festgelegten "Mindestgewinnsumme" von 1,50 € bis zu 5,- € lag. Soweit schließlich behauptet wurde, die Gewinnauskehrung würde im Rahmen einer Jahresendziehung erfolgen, fand hierbei keine Zufallsselektion statt, sondern wurden die Kunden mit den höchsten Umsätzen als "Gewinner" ausgewählt. Waren wertvolle Geschenke (Marken-Fernsehgeräte, -Videorekorder etc.) ausgelobt worden, so wurde der Warenlieferung nur "wertloser Plunder" mit einem Maximalwert von 3,- € beigelegt. War die Mitteilung enthalten, für den Empfänger sei ein – näher beschriebenes – Geschenk "reserviert" (sog. zweistufige Geschenkvergaben), erhielt der Besteller mit der ersten Warenlieferung überhaupt nichts. Ihm wurde hierbei lediglich mitgeteilt, er könne das Geschenk erhalten, wenn er nochmals eine Bestellung aufgebe. Der zweiten Warenlieferung wurde sodann ein solches beigegeben, welches allerdings bezogen auf die Anpreisung minderwertig war.
15
Die optische Gestaltung der Werbesendungen erfolgte in der Weise, dass der Empfänger nur die Anpreisung der Gewinne und Geschenke, nicht aber die Anpreisung einschränkende Aussagen wahrnehmen sollte. Die in Aus- sicht gestellte Chance, einen Gewinn zu erhalten, war nicht an den Erwerb der gleichzeitig angebotenen Waren gebunden. Die Übersendung der ausgelobten Geschenke wurde regelmäßig von einer Warenbestellung mit einem Mindestbestellwert von 15,- € abhängig gemacht. Nach den auf dem Bestellformular abgedruckten Bedingungen waren die Kunden berechtigt, die Waren binnen einer Frist von 30 Tagen zu testen ("Test-Anforderung") und bei Nichtgefallen zurückzusenden ("Kauf auf Probe"), wobei die Rückgabe mit (Versand-)Kosten verbunden war.
16
Exemplarisch kann auf folgende Werbesendung verwiesen werden, die unter dem "Betreff: Gewinnauszahlung 5.800 Euro!" folgendes persönliches Schreiben enthielt (UA S. 51): „Sehr geehrter Herr …, soeben komme ich aus der Buchhaltung, wo ich eigentlich Ihren Gewinnscheck aus der März-Vergabe abholen wollte, denn ich dachte, ich könnte Ihren Scheck gleich diesem Brief an Sie beilegen. Aber Sie wissen ja, wie Buchhalter so sind: immer muss alles 200%ig sein, bevor sie Bargeld oder Schecks aus der Hand geben. Und wehe, es fehlt eine Unterschrift oder ein Stempel! Also, Herr … Die Sache ist folgendermaßen: Herr H. , unser Chefbuchhalter, hat mir noch einmal bestätigt, dass es keinen Zweifel an Ihrem Bargeldgewinn gibt und dass mit der Auszahlung an Sie auch alles in Ordnung ist (die interne Aktennotiz habe ich Ihnen beigelegt). Es gibt also keinen Grund zur Beunruhigung. Allerdings hat er von der internen Firmenrevision natürlich seine Vorgaben , wie Auszahlungen ordnungsgemäß zu verbuchen sind, und da fehlt jetzt eben noch der unterschriebene Auszahlungs-Beleg von Ihnen, Herr …! Daher habe ich nun alle Unterlagen vorbereitet und möchte Sie bitten, den beigelegten Auszahlungs-Beleg schnell zu unterschreiben und um- gehend zurückzuschicken. Dann kann die Auszahlung an Sie bereits in den nächsten Tagen über die Bühne gehen. … Herr H. und ich würden uns übrigens freuen, wenn Sie uns in diesem Zusammenhang auch wieder einmal mit einer kleinen Bestellung beauftragen würden. … Ich möchte Sie wirklich zu nichts überreden, aber wenn Sie sich ohnehin etwas aus unserem aktuellen Angebot aussuchen möchten, könnte ich Ihre Sendung gleich mit anderen Lieferungen rausschicken."
17
Dass der Empfänger noch nicht gewonnen hatte, sondern nur an einem Gewinnspiel teilnehmen werde, ergab sich hier aus optisch schwer zugänglichen "Vergabe-Bedingungen" auf der Rückseite des "Auszahlungs-Belegs". Ein solches Gewinnspiel fand jedoch, wie von den Angeklagten beabsichtigt, überhaupt nicht statt. Des Weiteren enthielt dieselbe Werbesendung auf einem gesonderten Blatt für den Fall eines Mindestbestellwerts von 15,- € folgendes Geschenkversprechen über eine Damenuhr (UA S. 52): "Ein Hauch von Luxus – unser Dankeschön der Extraklasse für Sie … Für Sie GRATIS statt 29,95".
18
Tatsächlich erhielt der Kunde eine Uhr, die in Hongkong für einen Einkaufspreis von 1,80 US-$ beschafft worden war.
19
cc) Der Angeklagte D. , der bis Ende 2003 Geschäftsführer der O. war, hatte im gesamten Tatzeitraum die Entscheidungsgewalt auch bei der Se. , und zwar sowohl in allen Konzeptionsgesprächen für die einzelnen Werbesendungen als auch in allen die ausländischen Gesellschaften betreffenden fachlichen Fragen. Die Geschäftsführerin der Se. führte seine Anweisungen aus. Dem als Rechtsanwalt tätigen Angeklagten S. wurden sämtliche Werbesendungen zur rechtlichen Prüfung vorgelegt. Er wirkte an deren inhaltlicher Gestaltung mit; insoweit hatte er das "letzte Wort". Außerdem hatte er maßgeb- lichen Anteil an der Gründung und Steuerung der ausländischen Gesellschaften. Dass der Angeklagte G. an der Konzeption der einzelnen Werbesendungen beteiligt war, hat die Strafkammer nicht festgestellt. Im Interesse der I. steuerte er allerdings "die operative Tätigkeit der zur I. - Gruppe gehörenden Unternehmen … und (gab) die strategische Richtung" vor; er schuf "den unternehmerischen Rahmen für die Anfertigung und Versendung der auch von ihm gewollten Werbesendungen der hier relevanten Art" (UA S. 110). Der Angeklagte G. traf die Entscheidungen, die Kataloglinien unter der Absenderangabe der jeweiligen ausländischen Gesellschaft zu vertreiben , und erteilte die entsprechenden Weisungen zur "Installierung" und Nutzung der sechs Gesellschaften SVD, EMO, VH , DMC, B. und 3 C V. , unter deren Firmen die verfahrensgegenständlichen Werbesendungen verschickt wurden.
20
Die Angeklagten wussten, dass die Gewinne und Geschenke nicht ausgekehrt würden. Dessen ungeachtet wollten sie durch die Werbesendungen den Eindruck der Großzügigkeit und Kundenfreundlichkeit sowie den Anschein eines besonders günstigen Warenangebots hervorrufen. Sie wollten insbesondere ältere Empfänger beirren, um den Warenabsatz im Versandhandel zu fördern. Die Angeklagten gingen aufgrund mehrjähriger Erfahrungen davon aus, dass der Warenabsatz durch die Gewinnmitteilungen und Geschenkversprechen gefördert werden konnte (UA S. 28) und – so die Notiz über eine Besprechung unter anderem der Angeklagten G. und D. – "dieses Geschäft im Wesentlichen ohne Gewinnspiele nicht läuft" (UA S. 122). Die Angeklagten G. und D. vertrauten allerdings auf die Versicherung des Angeklagten S. , die Werbesendungen, wenngleich sie gegebenenfalls wettbewerbswidrig seien, überschritten die Grenze der Strafbarkeit nicht.
21
b) Zum Verfall:
22
Die ausländischen Gesellschaften hatten zunächst von Mitarbeitern der Buchhaltungsabteilung der O. verwaltete Girokonten gehabt. Nach Einführung der Vorschrift des § 661a BGB im Jahr 2000 entschied der Angeklagte G. auf Rat des Angeklagten S. , die Umsatzerlöse im Interesse der I. über eine weitere Gesellschaft "abzusichern", um sie dem Zugriff etwaiger den Leistungsanspruch aus Gewinnzusagen einklagender Kunden zu entziehen. Dementsprechend gründete der Angeklagte S. die F. , deren Geschäfte im Auftrag des Angeklagten G. und in enger Absprache mit den Angeklagten D. und S. geführt wurden. Indem für die F. eingerichtete Konten auf den für die Warenbestellungen ausgegebenen Rechnungs- und Zahlungsformularen aufgedruckt wurden, wurde nunmehr der gesamte Zahlungsverkehr der ausländischen Gesellschaften über die F. abgewickelt.
23
Im Zeitraum vom 1. Januar 2003 bis zum 4. November 2004 gingen auf Konten der F. Zahlungen von Kunden der ausländischen Gesellschaften in Höhe von insgesamt ca. 149 Mio. € ein, wovon ca. 92 Mio. € ("abgerundet 60%") auf Konten der O. weitergeleitet wurden. Aufgrund sämtlicher im nämlichen Zeitraum zum Versand gegebener Werbesendungen bestellten Kunden bei den ausländischen Gesellschaften Waren für insgesamt ca. 177 Mio. €, wovon 68.006.573,36 € ("= 38%") auf die der Verurteilung zugrunde liegenden 66 Werbesendungen entfielen. Ausgehend von diesem Bestellvolumen für die abgeurteilten Taten hat die Strafkammer durch Abzug eines Sicherheitsabschlags für Forderungsausfälle und Retouren von 20% den entsprechenden Umsatzerlös mit 54.405.258,- € berechnet. Den Anteil, der hiervon an die O. weitergeleitet wurde, hat die Kammer auf 60%, somit 32.643.155,- €, geschätzt. Sie hat insoweit unter Zugrundelegung einer Quote von 5,34% – diese ist dem Jahresabschluss 2003 der O. als Verhältnis des Betriebsgewinns zur Gesamtleistung des Betriebes entnommen – einen Gewinn von 1.743.144,- € ermittelt. Über das Vermögen der O. ist mittlerweile das Insolvenzverfahren eröffnet.
24
In dem benannten Zeitraum leistete die O. an die I. insgesamt 2.300.763,01 € aus eigenen Mitteln. Darin enthalten war der Gewinn aus den abgeurteilten Taten, welchen die O. unverkürzt an die I. weiterleitete. Im Jahr 1999 hatte die I. als damals einzige Gesellschafterin der O. eine Gewinnausschüttung in Höhe von mindestens 16 Mio. DM an sich selbst beschlossen. Da die O. hierzu finanziell nicht imstande war, stundete ihr die I. den Ausschüttungsbetrag; im Gegenzug verpflichtete sich die O. , den Betrag mit jährlich 6% zu verzinsen. Von Seiten der der O. Kredit gewährenden Volksbank wurden diese als Darlehen bezeichneten vertraglichen Regelungen nicht anerkannt.
25
Der Angeklagte G. erhielt Ende Dezember 2003 von der I. einen Betrag von 1 Mio. SFr. (umgerechnet 643.335,05 €). Hiervon waren mindestens 244.467,- € Tatentgelt für die abgeurteilten Taten; dies entspricht dem Anteil von 38% des auf die abgeurteilten Taten entfallenden Bestellvolumens, bezogen auf das Bestellvolumen sämtlicher im nämlichen Zeitraum verschickter Werbesendungen.
26
Der Angeklagte D. erhielt in den Jahren 2003 und 2004 für seine Mitwirkung an der Verwaltung der ausländischen Gesellschaften und an der Konzeption der Werbesendungen insgesamt ein Entgelt von 265.402,82 €, wovon 38%, damit 100.853,- €, auf die abgeurteilten Taten entfielen. Dem Angeklagten S. wurden von den ausländischen Gesellschaften für die Mitwirkung an ihrer Verwaltung und für die rechtliche Prüfung der Werbesendungen tatbezogene Honorare von 58.700,- € gezahlt (38% von 154.473,74 €). Daneben wurden von Konten der F. insgesamt 28.484.315,86 € auf das Geschäftskonto der Rechtsanwaltssozietät Sch. & S. – der Angeklagte S. ist Sozius – transferiert. In der Folge wurden Rechnungen der Lieferanten der ausländischen Gesellschaften von diesem Konto bezahlt. "Auf diese Weise" wurden weitere 19.560.762,38 € auf Konten der O. weitergeleitet (UA S. 142).
27
Die Adressdaten sämtlicher Kunden der ausländischen Gesellschaften waren zentral auf dem Server der O. gespeichert und wurden von Mitarbeitern der Abteilung "Adressmarketing" verwaltet. Aus dem Bestand wurden dabei jeweils die Daten derjenigen Empfänger von Werbesendungen gelöscht, die für eine gewisse Zeit keine Bestellungen aufgegeben hatten (UA S. 105). Auf Anweisung der Angeklagten G. und D. wurden die Adressdaten über die zu diesem Zweck im Interesse der I. gegründete Nebenbeteiligte P. an externe Unternehmen "vermietet". In dem benannten Zeitraum erzielte die P. hieraus Einnahmen von mindestens 1.766.147,- €, wovon mindestens 38%, damit 671.136,- €, auf die abgeurteilten Taten entfielen.
28
Zur Höhe der von der 3 C V. erlangten "Vermögensvorteile" aus den abgeurteilten Taten hat die Strafkammer keine Feststellungen zu treffen vermocht.
29
2. Die Strafkammer hat die Feststellungen rechtlich wie folgt gewürdigt:
30
a) Zu den Taten:
31
Die Versendung der Werbesendungen zusammen mit den Warenkatalogen hat sie als strafbare Werbung nach § 4 Abs. 1 UWG aF und nach § 16 Abs. 1 UWG nF gewertet. Dass sich die unwahren und zur Irreführung geeigneten Angaben in den Werbesendungen nicht ausdrücklich auf die zugleich angebotenen Waren bezogen, sei unschädlich, weil insoweit der zumindest bestehende wirtschaftliche Zusammenhang ausreiche. Die Angeklagten hätten als Mittäter (§ 25 Abs. 2 StGB) gehandelt. Die Angeklagten D. und S. hätten durch ihren Einfluss auf die Konzeption jeder der Werbesendungen jeweils eine eigenständige Tat begangen. Die maßgeblichen Tatbeiträge des Angeklagten G. , dessen Beteiligung an der Konzeption der einzelnen Werbesendungen nicht festgestellt worden ist, hat die Kammer darin gesehen, dass er jeweils die Gründung bzw. Nutzung der sechs ausländischen Gesellschaften zum Zwecke des Versands der Kataloglinien einschließlich der Werbesendungen veranlasste. Sie hat ihn deshalb wegen sechs Taten verurteilt.
32
Weiterhin hat die Kammer angenommen, die Angeklagten G. und D. hätten in einem Verbotsirrtum (§ 17 StGB) gehandelt, weil sie auf die Angaben des Angeklagten S. zur Straflosigkeit der Werbesendungen vertraut hätten. Allerdings sei der Verbotsirrtum für beide vermeidbar gewesen, da sie es versäumt hätten, die Rechtsmeinung eines unparteiischen Rechtskundigen einzuholen.
33
b) Zum Verfall:
34
Die Kammer hat zunächst die ausländischen Gesellschaften als aus den Taten Bereicherte angesehen, die im Sinne von § 73 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 StGB unmittelbar eine erhöhte Chance dahin erlangt hätten, dass durch die Werbesendungen die Empfänger zur Aufgabe einer Bestellung veranlasst wurden. Von einer Verfallsanordnung gegen die 3 C V. hat sie gleichwohl nach § 73c Abs. 1 Satz 2 StGB abgesehen, weil dieser "Wettbewerbsvorteil" letztlich an die I. verschoben und dort abgeschöpft wurde. Weitere "Vermögensvorteile" aus hiesiger Werbung hätten indessen nicht festgestellt werden können (UA S. 156).
35
Auch gegen die O. hat die Kammer den (Wertersatz-)Verfall nicht angeordnet. Zwar sei der von den ausländischen Gesellschaften erlangte Wett- bewerbsvorteil an die O. im Sinne von § 73 Abs. 3 StGB verlagert worden. Dessen – im Wege der Schätzung zu bemessender (§ 73b StGB) – wirtschaftlicher Wert entspreche dem Gewinn, den die O. aus der Abwicklung der Bestellungen erzielt habe, damit dem Betrag von 1.743.144,- €, so dass die Voraussetzungen des Wertersatzverfalls nach § 73a StGB insoweit vorlägen. Die Kammer hat von dessen Anordnung jedoch nach § 73c Abs. 1 Satz 2 StGB abgesehen , weil dieser Gewinn in voller Höhe an die I. weiter verschoben wurde. Im Übrigen würde eine Verfallsanordnung die Insolvenzmasse schmälern, die ohnehin "voraussichtlich" nicht ausreichen werde, um alle Gläubiger zu befriedigen.
36
Die Anordnung des Wertersatzverfalls gegen die I. erfasst nach Auffassung der Kammer einen Teilbetrag von 1.498.677,- €. Dieser entspreche dem durch die O. erzielten und unverkürzt weitergeleiteten Gewinn, der um das anteilige Tatentgelt des Angeklagten G. zu reduzieren sei. Die im Jahr 1999 zwischen der I. und der O. abgeschlossene, als Darlehen bezeichnete Vereinbarung führe nicht zu einer unbemakelten Forderung, welche die Anwendung von § 73 Abs. 3 StGB ausschließe (UA S. 150). Zivilrechtliche Ansprüche von geschädigten Kunden im Sinne von § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB seien nicht ersichtlich (UA S. 151). In Höhe des an den Angeklagten G. gezahlten Tatentgelts hat die Kammer von der Verfallsanordnung nach § 73c Abs. 1 Satz 2 StGB abgesehen, weil "andernfalls mehr abgeschöpft würde, als … tatsächlich erlangt" worden sei (UA S. 153).
37
Gegen den Angeklagten G. hat die Kammer den Wertersatzverfall in Höhe des Tatentgelts von 244.467,- € angeordnet. Sie hat es abgelehnt, darüber hinaus die Einnahmen der I. als relevante Vermögensmehrung beim Angeklagten G. zu bewerten. Auch hinsichtlich der Angeklagten D. und S. hat die Kammer jeweils den Wert des Tatentgelts von 100.853,- € bzw. 58.700,- € für verfallen erklärt. Beim Angeklagten S. hat die Kammer den Betrag von 28.484.315,86 € nicht berücksichtigt, der dem Geschäftskonto der Rechtsanwaltssozietät Sch. & S. von Konten der F. zufloss.
38
Die P. habe aus der "Vermietung" der durch strafbare Werbung erlangten (§ 73 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 StGB) Adressdaten der ausländischen Gesellschaften Einnahmen von anteilig 671.136,- € erzielt, die als gezogene Nutzungen im Sinne von § 73 Abs. 2 Satz 1 StGB dem Wertersatzverfall (§ 73a StGB) unterlägen.

II.

39
Bezüglich der Angeklagten D. und S. kann der Senat den Schuldspruch – wie geschehen – anhand der Urteilsgründe berichtigen. Im Hinblick auf die Anzahl der diesen Angeklagten zuzurechnenden Taten – 66 anstatt 62 Fälle – handelt es sich um ein offensichtliches Fassungsversehen im Urteilstenor (vgl. BGH, Beschl. vom 5. April 2000 – 3 StR 75/00; Beschl. vom 5. September 2001 – 1 StR 317/01).

III.

40
Revisionen der Angeklagten:
41
Den Revisionen der drei Angeklagten bleibt der Erfolg versagt.
42
1. In sachlich-rechtlicher Hinsicht ohne Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten ist die Verurteilung wegen strafbarer Werbung in sechs bzw. 66 Fällen.
43
a) Das Landgericht hat zutreffend angenommen, dass die Versendung der Werbesendungen zusammen mit den Warenkatalogen die tatbestandlichen Voraussetzungen des – bis zum 7. Juli 2004 gültigen – § 4 Abs. 1 UWG aF und des – seither gültigen – § 16 Abs. 1 UWG nF erfüllt.
44
aa) Dass es sich bei den Werbesendungen, die jeweils standardisierten Text enthielten und mit Hilfe von Adressdatenbanken in Auflagen von zumindest 60.470 Stück an die Empfänger verschickt wurden, um Mitteilungen handelte , die für einen größeren Kreis von Personen bestimmt waren, bedarf keiner näheren Begründung.
45
bb) Die Angaben in den Werbesendungen waren nach einem objektiven Maßstab unwahr.
46
Ohne beschwerenden Rechtsfehler hat das Landgericht im Hinblick auf die Gewinnmitteilungen darauf abgestellt, dass eine Chance der Empfänger, bei einem Gewinnspiel einen Geld- oder sonstigen Preis zu erhalten, tatsächlich nicht bestand und daher nur vorgetäuscht war. Hinzu kommt, dass – über die Bewertung des Landgerichts hinaus – bei den einzelnen Gewinnmitteilungen unwahre Angaben schon deswegen gegeben sind, weil der Text nur so verstanden werden kann, dass der Empfänger bereits den Preis gewonnen hatte. Die Unwahrheit derartiger Angaben kann nicht ohne weiteres dadurch beseitigt werden, dass an anderer Stelle – etwa in optisch schwer zugänglichen "Vergabe -Bedingungen" auf der Rückseite eines sog. "Auszahlungs-Belegs" (UA S. 52) – Gegenteiliges behauptet wird (vgl. BGH NJW 2002, 3415; OLG Celle NStZ-RR 2005, 25). Weil die Angeklagten durch den verkürzten rechtlichen Ansatz des Landgerichts nicht beschwert sein können, kommt es in diesem Zusammenhang hierauf allerdings nicht an.
47
Zutreffend ist das Landgericht davon ausgegangen, dass auch die Geschenkversprechen unwahre Angaben enthielten. Denn die der Warenlieferung tatsächlich beigelegten Gegenstände entsprachen nicht den ausgelobten Geschenken (Marken-Fernsehgeräte, -Videorekorder etc.); vielmehr handelte es sich um "wertlosen Plunder". Für die sog. zweistufigen Geschenkvergaben ergibt sich die Unwahrheit insbesondere auch daraus, dass die Wendung, ein näher beschriebenes Geschenk sei "reserviert", in den Werbesendungen sinnentstellt verwendet wurde; hiermit sollte offensichtlich lediglich verbrämt werden, dass ein – noch dazu minderwertiges – Geschenk erst einer zweiten Warenlieferung beigegeben wurde.
48
cc) Aus der Unwahrheit der für die Werbeaussage zentralen Angaben ergab sich hier, dass diese aufgrund ihres – insoweit maßgeblichen (vgl. BGHSt 2, 139, 145; BGHR UWG § 4 [aF] Irreführung 1; Diemer in Erbs/Kohlhaas , Strafrechtliche Nebengesetze 168. Lfg. § 16 UWG Rdn. 32a) – Gesamteindrucks zur Irreführung geeignet waren. Darauf, ob die Empfänger tatsächlich einem Irrtum unterlegen waren, kommt es hingegen nicht an (Bornkamm in Hefermehl /Köhler/Bornkamm, UWG 26. Aufl. § 16 Rdn. 9). Hinzu kommt, dass der Kundenstamm, an den sich die Werbesendungen richtete, vorwiegend aus älteren Personen mit geringem Bildungsniveau bestand, die für die bezeichneten, Großzügigkeit und Kundenfreundlichkeit vortäuschenden Werbeaussagen besonders empfänglich waren (zur Maßgeblichkeit der von der Werbung konkret angesprochenen Zielgruppe für das Verbraucherleitbild vgl. nur Köhler in Hefermehl /Köhler/Bornkamm aaO § 1 Rdn. 20, 27 m.w.N.). Die Werbesendungen waren darauf angelegt, diesen Personen den Eindruck zu vermitteln, der jeweilige Empfänger sei gegenüber anderen Warenbestellern privilegiert (vgl. BGH NJW 2002, 3415, 3416).
49
dd) Die Annahme des Landgerichts, dass sich die Angaben nicht auf persönliche Verhältnisse, Eigenschaften oder Motive des Werbenden, sondern auf geschäftliche Verhältnisse im Sinne von § 4 Abs. 1 UWG aF bezogen, entspricht gefestigter Rechtsprechung (vgl. BGHSt 36, 389, 392; BGH NJW 2002, 3415, 3416; Kempf/Schilling wistra 2007, 41, 45). Daher wirkt sich hier nicht aus, dass der Gesetzgeber dieses Tatbestandsmerkmal in § 16 Abs. 1 UWG nF nicht übernommen hat (vgl. hierzu einerseits Bornkamm aaO § 16 Rdn. 8; andererseits Diemer aaO Rdn. 19, 39 ff.).
50
ee) Entgegen der in den Revisionen der Angeklagten G. und S. geäußerten Auffassung fehlt es ebenso wenig an einem Zusammenhang zwischen den unwahren und zur Irreführung geeigneten Angaben in den Werbesendungen und den (Waren-)Angeboten.
51
(1) Das Erfordernis eines Zusammenhangs zwischen Werbung und beworbener Ware oder Leistung ist zwar im Gesetzeswortlaut nicht ausdrücklich niedergelegt, ergibt sich aber aus der Voraussetzung in § 4 Abs. 1 UWG aF und § 16 Abs. 1 UWG nF, dass der Täter in der Absicht handelt, den Anschein eines besonders günstigen Angebots hervorzurufen (vgl. nur Rengier in Fezer, UWG § 16 Rdn. 98). Ein solcher Zusammenhang ist unzweifelhaft gegeben, wenn im Sinne eines rechtlichen Zusammenhangs der in der Werbeaussage versprochene Vorteil vom beabsichtigten Erwerbsgeschäft abhängig gemacht wird, so dass eine Kopplung der – vermeintlichen – Vorteilserlangung an die Bestellung der beworbenen Ware bzw. an die Inanspruchnahme der beworbenen Leistung vorliegt (vgl. BGH NJW 2002, 3415, 3416: "im Sinne einer vertraglichen Gegenleistung" ; ferner zur Wettbewerbswidrigkeit BGHZ 147, 296, 302 [GewinnZertifikate ]; 151, 84 [Kopplungsangebot I]; BGH WRP 2002, 1259 [Kopplungsangebot II]). In dieser Fallkonstellation versteht sich von selbst, dass das Angebot des Werbenden neben der Ware oder Leistung auch den weiteren Vorteil umfasst. Der Kunde, der eine bestimmte Ware zu einem bestimmten Preis kauft, erwirbt dann nicht nur diese Ware, sondern etwa auch eine Gewinnchance. Ob die Anwendung von § 4 Abs. 1 UWG aF und § 16 UWG nF insoweit auf diese Fallkonstellation beschränkt ist, hat der Bundesgerichtshof zuletzt in der sog. "Kaffeefahrtenentscheidung" ausdrücklich offen gelassen; freilich hat er zugleich Gründe dafür erörtert, dass auch ein sog. wirtschaftlicher Zusammenhang ausreichen könnte (BGH NJW aaO unter kritischer Bewertung von OLG Hamm WRP 1963, 176; OLG Köln MDR 1964, 1028). Denn der Unternehmer setzt die Anpreisung der weiteren geldwerten Vorteile als Werbemaßnahme zur Förderung seines Absatzes ein, aus deren Erlös wiederum die Kosten der Werbung zu finanzieren sind (BGH NJW aaO).
52
Für Fälle der vorliegenden Art entscheidet der Senat die Rechtsfrage nunmehr dahin, dass ein rechtlicher Zusammenhang nicht zwingend erforderlich ist, es also keiner strikt auf das beabsichtigte Erwerbsgeschäft bezogenen sachlichen Verknüpfung des angepriesenen Vorteils bedarf (ebenso Brammsen in MünchKomm-UWG § 16 Rdn. 44; a.A. Rengier aaO Rdn. 98 ff.; Rose wistra 2002, 370, 374 [mit – unzutreffendem – Hinweis auf BGHSt 36, 389]). Eine solche Einschränkung des Tatbestands der strafbaren Werbung läge bereits nach dem Gesetzeswortlaut fern, der lediglich an den beabsichtigten Anschein der Günstigkeit des Angebots anknüpft. Der Gesetzeswortlaut legt vielmehr nahe, dass jeder – vermeintliche – Vorteil genügt, der das Angebot in einem besonders günstigen Licht erscheinen lassen soll (vgl. Bornkamm aaO § 16 Rdn. 17). Von Bedeutung ist in Fällen der vorliegenden Art insoweit nur, ob der angepriesene geldwerte Vorteil mit der Ware oder Leistung als einheitliches Angebot zu qualifizieren ist. Aber auch nach dem Gesetzeszweck ist eine weitergehende Einschränkung des Anwendungsbereichs nicht gerechtfertigt. Denn Schutzzweck des § 4 Abs. 1 UWG aF und des § 16 Abs. 1 UWG nF ist in erster Linie der Verbraucherschutz. Der Verbraucher soll vor zweckverfehltem und – im Vorfeld der Betrugsstrafbarkeit nach § 263 StGB – vermögensschädigendem Mitteleinsatz bewahrt werden (vgl. Bornkamm aaO § 16 Rdn. 2; Piper in Piper /Ohly, UWG 4. Aufl. § 16 Rdn. 4); nur wenn er seine Entscheidung auf zutreffender Tatsachengrundlage treffen kann, wird er auch seiner marktregulierenden Funktion gerecht (vgl. Alexander WRP 2004, 407, 411). Vor dem Hintergrund dieses Schutzzwecks ist nicht ersichtlich, warum gerade die Fälle aus dem Anwendungsbereich der Strafnorm ausgenommen werden sollten, in denen mit bewusst undurchsichtig gehaltenen Paketen aus Waren bzw. Leistungen und sonstigen tatsächlich nicht vorhandenen Vorteilen geworben wird. Unter Schutzzweckgesichtspunkten scheint in diesen Fällen vielmehr die Gefahr für die Dispositionsfreiheit der Verbraucher hoch.
53
Für die Frage, ob ein einheitliches Angebot gegeben ist, ist maßgeblich der – vom Täter intendierte – Gesamteindruck der Werbeaussage auf die Adressaten. Dieser Maßstab ist im Übrigen auch für den die Irreführung regelnden zivilrechtlichen Tatbestand des § 5 Abs. 1 UWG anerkannt (vgl. nur Bornkamm aaO § 5 Rdn. 2.90 m. umfangreichen Nachw. aus der Rspr.). Dabei kommt es im Sinne eines wirtschaftlichen Zusammenhangs entscheidend darauf an, dass nach den Vorstellungen des Täters ("Absicht") die Entscheidung des Adressaten für das Erwerbsgeschäft unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten von dem angepriesenen geldwerten Vorteil beeinflusst wird. Es liegt nahe, dass ein Interessent einen Gewinnvorteil oder ein Geschenkversprechen mit dem Warenangebot zusammen sehen und insgesamt von einem günstigen Angebot ausgehen wird (vgl. BGH NJW 2002, 3415, 3416).
54
(2) Gemessen an den dargelegten Anforderungen hat das Landgericht den Zusammenhang zwischen Werbesendungen und zugleich angebotener Ware rechtsfehlerfrei bejaht.
55
Soweit die Übersendung der ausgelobten Geschenke von einer Warenbestellung mit einem Mindestbestellwert abhängig gemacht wurde, liegt bereits ein rechtlicher Zusammenhang vor. Darauf, dass entsprechend dem Bestellformular ("Test-Anforderung") die Kunden berechtigt waren, die Waren binnen einer näher bestimmten Frist zurückzusenden, kommt es nicht an. Denn auch mit der Vereinbarung eines Kaufs auf Probe – hier entgegen der Auslegungsregel des § 454 Abs. 1 Satz 2 BGB unter der auflösenden Bedingung der fristgerechten Missbilligung – ist ein Kaufvertrag abgeschlossen (vgl. nur Weidenkaff in Palandt, BGB 67. Aufl. § 454 Rdn. 8). Damit standen mit der Warenbestellung Leistung und Gegenleistung bereits in einem synallagmatischen Austauschverhältnis , an dem nach den vertraglichen Absprachen auch das Geschenkversprechen teilnahm. Die Möglichkeit der Kunden, nachträglich von ihrem Gestaltungsrecht Gebrauch zu machen, ändert hieran nichts, zumal dies wiederum mit Kosten verbunden gewesen wäre. Gleiches gilt erst recht für das bei Fernabsatzverträgen wie hier bestehende Widerrufs- und/oder Rückgaberecht (vgl. § 312d BGB).
56
Im Übrigen hat das Landgericht zu Recht das Vorliegen eines wirtschaftlichen Zusammenhangs angenommen. Nach dem Gesamteindruck der Werbesendungen zielte die Absicht der Angeklagten darauf ab, dass die Empfänger die Gewinnmitteilungen in Verbindung mit den Warenkatalogen sehen und insgesamt von einem günstigen Angebot ausgehen. Die angepriesenen Gewinne waren somit Teil des einheitlichen Gesamtangebots. Die enge Verbindung von Werbesendungen und Katalogangebot zeigt sich auch darin, dass beides zusammen verschickt wurde. Die personalisierten Werbesendungen waren darauf ausgerichtet, dass sich der Empfänger gegenüber anderen Warenbestellern privilegiert fühlen sollte. Ihre Gestaltung erfolgte deshalb in der Weise, dass für den Empfänger der Eindruck entstehen sollte, schon begünstigt worden zu sein; vor diesem Hintergrund erschien auch die Ware günstiger, weil der Kunde für sein Geld vermeintlich mehr erhielt als nur diese. Dieser Zusammenhang wird etwa besonders deutlich, wenn nach der Ankündigung einer "Gewinnauszahlung 5.800,- €" der Empfänger darum gebeten wird, anlässlich der Rücksendung des unterschriebenen "Auszahlungsbelegs" das Versandhandelsunternehmen "in diesem Zusammenhang auch wieder einmal mit einer kleinen Bestellung (zu) beauftragen" (UA S. 51). In diesem Sinne suggerierte die Werbung Kundenfreundlichkeit und Großzügigkeit. Allein zu diesem Zweck setzten die Angeklagten die aufwendig gestalteten und sehr kostenintensiven Werbesendungen ein. Auch die Angeklagten gingen davon aus, der Warenabsatz werde durch die Gewinnmitteilungen gefördert und gerade der von den Angeklagten betriebene Versandhandel mit den betreffenden Kataloglinien sei von derartigen Werbemaßnahmen abhängig. Besonders prägnant brachten dies die Angeklagten G. und D. zum Ausdruck, indem sie – einer Notiz über eine Besprechung zufolge – "verdeutlicht(en), dass dieses Geschäft im Wesentlichen ohne Gewinnspiele nicht läuft" (UA S. 122). Die durch das Gesamtangebot bewirkte Umsatzsteigerung war Beweggrund ihres Tuns (UA S. 127).
57
b) Ein von sämtlichen Angeklagten mit ihren Revisionen geltend gemachter unvermeidbarer Verbotsirrtum (§ 17 Satz 1 StGB) liegt nicht vor. Der Senat kann dem Landgericht auch nicht darin folgen, dass die Angeklagten G. und D. überhaupt in einem, wenngleich vermeidbaren Verbotsirrtum (§ 17 Satz 2 StGB) gehandelt hätten; freilich sind diese Angeklagten hierdurch nicht beschwert. Die rechtsirrigen Vorstellungen der drei Angeklagten erweisen sich im Kern lediglich als Fehleinschätzung, sich den für wettbewerbswidrige Werbemaßnahmen vorgesehenen Rechtsfolgen entziehen zu können.
58
Ein Verbotsirrtum im Sinne von § 17 StGB liegt nicht schon dann vor, wenn der Täter keine Kenntnis von der Strafbarkeit seines Verhaltens und der Anwendbarkeit eines Strafgesetzes hat. Dies ergibt sich schon aus dem Wort- laut des § 17 Satz 1 StGB ("Fehlt dem Täter … die Einsicht, Unrecht zu tun"; vgl. BGHSt 45, 97, 100 f.). Für die Unrechtseinsicht ist bereits ausreichend das Bewusstsein eines Verstoßes gegen die Rechtsordnung (BGHR StGB § 17 Unrechtsbewusstsein 1; Bornkamm aaO § 16 Rdn. 19). In einem Verbotsirrtum handelt ein Täter also nur dann, wenn ihm die Einsicht fehlt, dass sein Tun gegen die durch verbindliches Recht erkennbare Wertordnung verstößt (Fischer, StGB 55. Aufl. § 17 Rdn. 3 m.w.N.). Ob der Täter glaubt, straf-, öffentlich- oder zivilrechtliche Normen zu verletzen, hat hingegen grundsätzlich keine Bedeutung (Cramer/Sternberg-Lieben in Schönke/Schröder, StGB 27. Aufl. § 17 Rdn. 5; vgl. auch – zur irrigen Annahme einer Ordnungswidrigkeit anstelle einer Straftat – BGHSt 11, 263, 266; BGHR aaO).
59
Die Angeklagten rechneten – auch nach eigenen Angaben des Angeklagten S. (vgl. UA S. 98) – damit, dass die Werbemaßnahmen wettbewerbsrechtlich unzulässig waren, also gegen verbindliches Recht verstießen. Gerade die Umstrukturierungen des Versandhandelsunternehmens dienten dazu , sich der aus den Wettbewerbsverstößen gezogenen Vorteile zu versichern und sich den Folgen zu entziehen. Dies gilt gleichermaßen für Beanstandungen von Wettbewerbs- und Verbraucherschützern wie für zivilrechtliche Ansprüche von Verbrauchern. Dass "bestehende Kataloglinien ausländischen Gesellschaften ohne Gegenleistung (!) überlassen" wurden, war "eine konsequente Fortsetzung der vom Angeklagten G. praktizierten Strategie …, den in Deutschland betriebenen Versandhandel mit wettbewerbswidriger Werbung zu fördern" (UA S. 116). Weil sich die Angeklagten nach alledem der Normwidrigkeit ihres Verhaltens in Bezug auf die durch § 4 Abs. 1 UWG aF und § 16 Abs. 1 UWG nF geschützten Rechtsgüter bewusst waren, ist es von vornherein ohne Belang, dass sie davon ausgingen, dies habe keine strafrechtlichen Konsequenzen , sondern könne "nur" zivilrechtliche Folgen nach sich ziehen, denen sie erfolgreich entgehen könnten.
60
c) Die Bewertung des Landgerichts, die Angeklagten hätten als Mittäter im Sinne von § 25 Abs. 2 StGB gehandelt, ist nicht zu beanstanden. Zutreffend hat es auch die Anzahl der Taten für jeden Angeklagten nach der Art seiner Tatbeiträge beurteilt.
61
Der Angeklagte G. war dementsprechend nur wegen sechs tatmehrheitlich begangenen Taten zu verurteilen, weil er an der Konzeption der einzelnen 66 Werbesendungen nicht beteiligt war, seine Beiträge vielmehr im Vorfeld der Einzeltaten beging, indem er jeweils die Gründung bzw. Nutzung der sechs ausländischen Gesellschaften veranlasste. Die Einzeltaten sind dem Angeklagten G. zwar als in gleichartiger Tateinheit begangen zuzurechnen (BGH NStZ-RR 2004, 352; Fischer aaO vor § 52 Rdn. 35). Gemäß § 260 Abs. 4 Satz 5 StPO sieht der Senat jedoch aufgrund des Gebots der Klarheit und Verständlichkeit der Urteilsformel davon ab, diese entsprechend zu ergänzen (vgl. BGH NJW 2007, 2864, 2867 m.w.N.; Beschl. vom 4. März 2008 – 5 StR 594/07 – Rdn. 11).
62
2. In sachlich-rechtlicher Hinsicht ohne Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten ist auch der Ausspruch über den (Wertersatz-)Verfall.
63
Das Landgericht hat angenommen, dass die drei Angeklagten folgende Beträge "für" die Taten erlangten (§ 73 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 StGB): der Angeklagte G. 244.467,- €, der Angeklagte D. 100.853,- € und der Angeklagte S. 58.700,- €. Gegen die Bewertung der jeweiligen Vermögensmehrung als Tatentgelt und deren Bemessung gemäß § 73b StGB – anhand eines Anteils von 38% des auf die abgeurteilten Taten entfallenden Bestellvolumens bezogen auf das Bestellvolumen sämtlicher im nämlichen Zeitraum verschickter Werbesendungen – ist revisionsrechtlich nichts zu erinnern.
64
Anlass zu näheren Ausführungen bestehen nur hinsichtlich des Angeklagten G. :
65
Entgegen der Auffassung dieses Beschwerführers genügen die Schilderung der Überweisung von 1 Mio. SFr. aus dem Vermögen der I. an ihn, die von seinem Bruder Gi. Ende Dezember 2003 veranlasst wurde (UA S. 137, 146), und die Bezeichnung eines Anteils als Tatentgelt (UA S. 153, 155), um dem Senat die Prüfung des Merkmals "für die Tat" in § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB zu ermöglichen. Die Sachdarstellung erschöpft sich insoweit nicht bloß in der Wiedergabe des Gesetzeswortlauts oder in der Umschreibung mit einem gleichbedeutenden Wort oder einer allgemeinen Redewendung (hierzu BGHR StPO § 267 Abs. 1 Satz 1 Sachdarstellung 11; Gollwitzer in Löwe /Rosenberg, StPO 25. Aufl. § 267 Rdn. 32). Aus der – "nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme" (UA S. 154) vorgenommenen – Bewertung als (Tat-)Entgelt ergibt sich hinreichend, dass es sich bei dem überwiesenen Gesamtbetrag um eine Gegenleistung für die im Urteil im Einzelnen festgestellte Tätigkeit zugunsten der I. handelte, was sich nach der Interessenlage auch geradezu aufdrängt. Ein Anteil dieser Gegenleistung entfällt dabei eo ipso auf das Versandhandelsgeschäft, das die der Verurteilung zugrunde liegenden Werbesendungen betraf, und ist damit Tatentgelt. Wie hoch das Landgericht diesen Anteil – hier 38% – bemisst, ist hingegen eine Frage des § 73b StGB. Darauf, ob der Bruder des Angeklagten G. an den strafbaren Handlungen beteiligt war oder davon Kenntnis hatte, kommt es nach alledem nicht an.
66
Die Revision des Angeklagten G. stellt indessen an die gebotene Sachdarstellung im Urteil überzogene Anforderungen. Insbesondere ist nicht deswegen ein Rechtsfehler gegeben, weil nicht ("nicht einmal") festgestellt ist, "ob und ggf. inwieweit Gi. in die verfahrensgegenständlichen Taten involviert war und von den Einzelheiten hinsichtlich dieser Taten Kenntnis hatte". Auch ist es unschädlich, dass sich das Urteil nicht dazu verhält, ob der Bruder des Angeklagten die Überweisung mit der "Zweckbestimmung" versah, dass "es sich um eine Zahlung 'als Tatentgelt für die verurteilten Taten' handle" (S. 68 des Schriftsatzes vom 7. September 2007).
67
Da der Angeklagte G. den für verfallen erklärten Betrag somit als Tatentgelt erhielt, ist in diesem Zusammenhang ohne Bedeutung, ob die Überweisung aus Geldern erfolgte, die von der F. über die O. an die I. weitergeleitet wurden, inwieweit also die Voraussetzungen des § 73 Abs. 3 StGB für die I. vorliegen. Für den Verfall des für die Tat Erlangten gilt der Vorrang von Ansprüchen Verletzter nach § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB regelmäßig – wie auch hier – nicht (vgl. Fischer aaO § 73 Rdn. 17).
68
3. Die Verfahrensrügen der Angeklagten dringen nicht durch, wie der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift vom 8. August 2007 zutreffend dargelegt hat.
69
Ergänzend bemerkt der Senat, dass die vom Angeklagten G. im Zusammenhang mit einem Verbotsirrtum erhobenen Verfahrensrügen nach dem oben unter II 1 b Gesagten ohnehin von einem rechtlich unzutreffenden Ansatz ausgehen. Insbesondere kommt es für die Inbegriffsrüge nach § 261 StPO (S. 440 ff. [Punkt D II] des Schriftsatzes vom 6. November 2006) nicht darauf an, ob für die in der Hauptverhandlung verlesene Mustereinstellungsverfügung der Staatsanwaltschaft Offenburg die irrige Annahme tragend war, entsprechend dem in den Spielregeln niedergelegten Verfahren seien Gewinne auch ausgezahlt worden.

IV.

70
Revision der Nebenbeteiligten I. :
71
Die Revision der Nebenbeteiligten I. hat mit der Sachbeschwerde Erfolg. Die Verfahrensrügen sind dagegen aus den vom Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift dargelegten Gründen unbegründet.
72
Zwar hat das Landgericht ohne Rechtsfehler angenommen, die I. habe nach § 73 Abs. 3 StGB durch die Taten 1.743.144,- € erlangt (nachfolgend 1). Die Beschwerdeführerin beanstandet jedoch zu Recht, dass sich das Urteil nicht hinreichend dazu verhält, inwieweit dem Wertersatzverfall, den das Landgericht nur für einen Teilbetrag von 1.498.677,- € angeordnet hat, Ansprüche von Verletzten nach § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB entgegenstehen (nachfolgend

2).

73
1. Die I. erlangte als Drittbegünstigte einen Gesamtbetrag von 1.743.144,- € als weitergeleiteten Gewinn "aus" den Taten. Ob das Landgericht gehalten war, den Wertersatzverfall darüber hinaus auf einen – anteilig verschobenen – (Brutto-)Erlös zu erstrecken, ist im hiesigen Zusammenhang ohne Bedeutung, weil die Beschwerdeführerin insoweit nicht beschwert ist. Gleiches gilt, soweit das Landgericht gemäß § 73c Abs. 1 Satz 2 StGB den der I. zugeflossenen Gewinn um das an den Angeklagten G. gezahlte Tatentgelt reduziert hat.
74
a) Dadurch, dass an Verbraucher Werbesendungen zusammen mit Warenkatalogen verschickt wurden, waren zunächst die ausländischen Gesellschaften begünstigt. Auf hypothetische Kausalverläufe dahin gehend, inwieweit Empfänger Waren auch dann bestellt hätten, wenn ihnen die Kataloge ohne (strafbare) Werbesendungen zugegangen wären, kommt es dabei nicht an. Der Wert des Erlangten floss – jeweils anteilig – anschließend der O. und schließlich der I. zu.
75
§ 73 Abs. 3 StGB ist schon deswegen auf das von den ausländischen Gesellschaften, der O. und der I. Erlangte anwendbar, weil die Angeklagten als Verantwortliche der zur I. -Gruppe gehörenden Gesellschaften auch in deren Interesse handelten und diese vorgefasster Absicht entsprechend aus den Taten – jedenfalls vorübergehend – bereichert wurden. Werden nämlich Organe, Vertreter oder Beauftragte (§ 14 StGB) oder sonstige Angehörige einer Organisation gerade mit dem Ziel tätig, dass bei dieser infolge der Tat eine Vermögensmehrung eintritt, ist die Organisation im Erfolgsfall Drittbegünstigte (sog. Vertretungsfall; vgl. BGHSt 45, 235, 245).
76
Dass die Vermögensmehrung bei der O. und der I. nicht unmittelbar durch die der Verurteilung zugrunde liegenden Taten erfolgte, sondern erst aufgrund weiterer dazwischen geschalteter Rechtsgeschäfte, hindert die Anwendung des § 73 Abs. 3 StGB nicht. Ausreichend, aber auch erforderlich ist insoweit ein zwischen den Taten und dem Zufluss beim Drittbegünstigten bestehender Bereicherungszusammenhang (vgl. BGH aaO 244). Dieser ist durch das Zurechnungsverhältnis der Angeklagten zur O. und zur I. gegeben ; gerade für Straftaten im Interesse von Unternehmen ist es nicht untypisch, dass dadurch erst komplexe Geldkreisläufe in Gang gesetzt werden (vgl. BGH aaO 246). Deshalb wäre es rechtlich auch ohne Bedeutung, wenn – was nahe liegt – die Zahlungen an die O. zur Erfüllung von zwischen dieser und den ausländischen Gesellschaften geschlossenen Dienstleistungsverträgen erfolgt wären.
77
Nach alledem kommt es auch nicht darauf an, ob hinsichtlich der O. und der I. nach den vom Bundesgerichtshof entwickelten Kriterien – wie das Landgericht angenommen hat – jeweils auch ein sog. Verschiebungsfall (vgl. BGH aaO 246) gegeben ist.
78
b) Ohne Rechtsfehler ist das Landgericht davon ausgegangen, die O. habe den von ihr erzielten Gewinn, den es rechtsfehlerfrei mit 1.743.144,- € berechnet hat, unverkürzt an die I. weitergeleitet.
79
aa) Als Ausgangspunkt hat das Landgericht zutreffend die auf die abgeurteilten Taten entfallenden Bruttoeinnahmen der O. (32.643.155,- €) geschätzt (§ 73b StGB). Insoweit hat es das Bestellvolumen aus den abgeurteilten Taten (68.006.573,- €) um Forderungsausfälle und Retouren (20%) bereinigt; anschließend hat es den Anteil (60%) errechnet, der von den eingegangenen Kundengeldern auf verschiedene Weise auf Konten der O. transferiert wurde (UA S. 143). Dagegen ist revisionsrechtlich nichts zu erinnern.
80
bb) Das Landgericht hat die Überzeugung gewonnen, dass – nur – "der von der O. aus dem 'Fullfillment' der verfahrensgegenständlichen Mailings resultierende Gewinn in voller Höhe an die I. weiterverschoben wurde" (UA S. 149 f.).
81
Die Würdigung der Beweise ist Sache des Tatrichters. Ein Urteil ist nur dann aufzuheben, wenn die Beweiswürdigung rechtsfehlerhaft ist. Dies ist etwa dann der Fall, wenn sie widersprüchlich, unklar oder lückenhaft ist, wenn sie gegen Denkgesetze oder gesicherte Erfahrungssätze verstößt oder wenn sie auf einer fehlerhaften Anwendung des Zweifelssatzes beruht (vgl. nur Senatsurt. vom 3. Juli 2007 – 1 StR 3/07 – Rdn. 41 m.w.N.). Rechtsfehlerhaft ist die Beweiswürdigung aber auch dann, wenn sich die Schlussfolgerung so sehr von einer festen Tatsachengrundlage entfernt, dass sie sich als eine bloße Vermutung erweist (vgl. BGHR StPO § 261 Überzeugungsbildung 26, 34; Vermutung 11, jew. m.w.N.).
82
Ein Fehler bei der Beweiswürdigung liegt hier nicht vor. Insbesondere beruht die Überzeugung des Landgerichts auf einer ausreichend tragfähigen Tatsachengrundlage. Als Indizien dafür, dass der Gewinn der I. vorgefasster Absicht entsprechend zufloss, hat das Landgericht auf folgende Umstände heranziehen dürfen, die im Urteil näher ausgeführt sind: Die I. hielt ursprünglich sämtliche Geschäftsanteile der O. . Sie zog als Gesellschafterin "den wirtschaftlichen Nutzen aus dem Versandhandelsgeschäft und der O. " (UA S. 115). Der Angeklagte G. , der "an oberster Stelle" stand (UA S. 116), handelte bei seinen für das Versandhandelgeschäft der zur I. - Gruppe gehörenden Unternehmen und für die unlauteren Werbemaßnahmen grundlegenden Entscheidungen dementsprechend "nach Sachlage im Interesse der I. " (UA S. 110). Rechtsfehlerfrei ist im Urteil auch dargelegt, dass der unverkürzten Weiterleitung des Gewinns nicht die als Darlehen bezeichnete Vereinbarung entgegensteht. Denn gerade aufgrund der im Jahr 1999 beschlossenen Gewinnausschüttung in Höhe von mindestens 16 Mio. DM, die der Vereinbarung zugrunde lag, für die der O. aber liquide Mittel fehlten (UA S. 151), liegt es nahe, dass Gewinne nicht dauerhaft bei der O. verbleiben, sondern der "Muttergesellschaft" zufließen sollten. Das hat auch das Landgericht im Blick gehabt, zumal auch die der O. Kredit gewährende Volksbank diese vertraglichen Regelungen nicht anerkannte.
83
Infolgedessen ist für die Annahme, in dem Gesamtbetrag von ca. 2,3 Mio. €, den die O. aus eigenen Mitteln an die I. leistete, sei ihr Gewinn aus den der Verurteilung zugrunde liegenden Werbesendungen allenfalls quotenmäßig – nämlich im Verhältnis zum sonstigen Gewinn – enthalten, entgegen der in den Revisionen der Beschwerdeführerin und des Beschwerdeführers G. geäußerten Auffassung kein Raum.
84
cc) Den an die I. weitergeleiteten Gewinn hat das Landgericht rechtsfehlerfrei auf der Grundlage des Jahresabschlusses 2003 auf insgesamt 1.743.144,- € geschätzt (§ 73b StGB).
85
2. Das Urteil weist aber einen die Beschwerdeführerin belastenden Rechtsfehler auf, weil es sich nicht hinreichend dazu verhält, inwieweit dem Wertersatzverfall zivilrechtliche Ansprüche von Verletzten im Sinne von § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB entgegenstehen.
86
Der Ausschluss des Verfalls nach § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB gilt auch gegenüber einem Drittbegünstigten (vgl. BGH NStZ-RR 2007, 109; Nack GA 2003, 879, 882 m.w.N.). Der Anwendung des § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB steht nach ständiger Rechtsprechung nicht entgegen, dass eine – noch – unbekannte Vielzahl von Personen geschädigt wurde oder dass Ansprüche tatsächlich nicht geltend gemacht werden; für den Ausschluss kommt es auf die rechtliche Existenz der Ansprüche an (vgl. Fischer, StGB 55. Aufl. § 73 Rdn. 18 m.w.N.). Das bisherige Unterbleiben und die fehlende Erwartung der Geltendmachung solcher Ansprüche ermöglichen also die Verfallsanordnung nicht (BGH NStZ-RR 2007, 110). Vielmehr bleibt sie nur möglich, wenn die Verletzten auf die Geltendmachung wirksam verzichtet haben oder die Ansprüche verjährt sind (BGH NStZ 2006, 621, 623; Fischer aaO Rdn. 19).
87
Zutreffend hat die Beschwerdeführerin darauf hingewiesen, dass aufgrund der der Verurteilung zugrunde liegenden Werbesendungen Schadensersatzansprüche von Kunden auch ihr gegenüber aus § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 16 Abs. 1 UWG nF bzw. § 4 Abs. 1 UWG aF nahe liegen. Für den alten wie für den neuen Straftatbestand der strafbaren Werbung ist die Eigenschaft als Schutzgesetz im Sinne von § 823 Abs. 2 BGB anerkannt (vgl. BTDrucks. 15/1487 S. 22; Alexander WRP 2004, 407, 420; Bornkamm in Hefermehl /Köhler/Bornkamm UWG 26. Aufl. § 16 Rdn. 29; Brammsen in Münch- Komm-UWG § 16 Rdn. 12; Köhler in Hefermehl/Köhler/Bornkamm aaO Einl. Rdn. 7.5; Piper in Piper/Ohly, UWG 4. Aufl., § 16 Rdn. 4, 27; a.A. Dreyer in Harte /Henning, UWG § 16 Rdn. 22). Zwar wird der Schutzgesetzcharakter der Bestimmungen des UWG zu den zivilrechtlichen Rechtsfolgen allgemein verneint, weil sie sowohl hinsichtlich der Klagebefugnis als auch hinsichtlich der Anspruchsgrundlagen abschließend sind. Anderes gilt jedoch für die Strafbestimmungen , da diese keine – abschließende – Regelung der zivilrechtlichen Rechtsfolgen enthalten (BTDrucks. aaO). Anspruchsgegner eines solchen Schadensersatzanspruchs nach § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 16 Abs. 1 UWG nF bzw. § 4 Abs. 1 UWG aF wäre auch die I. , in deren Interesse die Angeklagten letztlich tätig waren und die den wirtschaftlichen Nutzen aus dem Versandhandelsgeschäft zog. Die zivilrechtliche Zurechnung des Verhaltens – jedenfalls des Angeklagten G. – folgt dabei den Grundsätzen der Organhaftung analog § 31 BGB (vgl. Heinrichs/Ellenberger in Palandt, BGB 67. Aufl. § 31 Rdn. 5 f.).
88
Die durch die abgeurteilten Taten irre geführten Kunden könnten mit diesem Anspruch Schadensersatz in Höhe des gezahlten Kaufpreises Zug um Zug gegen Rückübereignung der Ware verlangen. Grundsätzlich richtet sich der Schadensersatzanspruch auf das negative Interesse. Der Verletzte ist also so zu stellen, wie er ohne das haftungsbegründende Ereignis stünde (§ 249 Abs. 1 BGB), auch dann, wenn der Schaden im Abschluss eines Vertrages – etwa durch arglistiges Verleiten hierzu – besteht. Liegt ein wirksamer Vertrag vor, kann der Verletzte Befreiung von der Verbindlichkeit und damit auch dessen Rückabwicklung verlangen; dies gilt unabhängig davon, ob er die Unwirksamkeit durch Ausübung eines Gestaltungsrechts – wie hier gegebenenfalls durch Anfechtung wegen arglistiger Täuschung nach § 123 BGB – herbeiführen könnte (vgl. Sprau in Palandt aaO vor § 823 Rdn. 17).
89
Der Senat kann anhand der Urteilsfeststellungen nicht beurteilen, inwieweit Ansprüche der Kunden verjährt sein könnten. Die Verjährung des Anspruchs aus § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 16 Abs. 1 UWG nF bzw. § 4 Abs. 1 UWG aF richtet sich nach § 195 BGB, nicht nach § 11 UWG nF bzw. § 21 UWG aF (Alexander WRP 2004, 407, 420). Die Verjährungsfrist beträgt damit drei Jahre und beginnt grundsätzlich gemäß § 199 Abs. 1 BGB mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den anspruchsbegründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste. Maßgeblich für den Verjährungsbeginn ist hier also nicht nur der Zeitpunkt der Kaufpreiszahlung durch die Kunden, vielmehr auch ihre Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis von der Unwahrheit der Angaben in den Werbesendungen sowie von den Umständen, welche den Anspruch gerade gegen die I. begründen. Deswegen ist es alles andere als sicher, dass hinsichtlich der Schadensersatzansprüche von Kunden bereits Verjährung eingetreten ist; erst recht gilt dies für den revisionsrechtlich maßgeblichen Zeitpunkt der tatrichterlichen Urteilsverkündung. Der Senat hält es nicht für ausgeschlossen, dass in einer neuen Hauptverhandlung entsprechende Feststellungen – auch unter Anwendung des § 73b StGB – getroffen werden können.

V.

90
Revision der Nebenbeteiligten P. :
91
Die Revision der Nebenbeteiligten P. bleibt erfolglos. Die Wirtschaftsstrafkammer hat ohne sachlichen Rechtsfehler gegen die P. den Wertersatzverfall in Höhe von 671.136,- € angeordnet, weil diese aus der "Vermietung" der Adressdaten der ausländischen Gesellschaften, die durch die strafbaren Werbemaßnahmen gewonnen wurden, entsprechende – anteilige – Einnahmen erzielte.
92
Aus der Tat erlangt im Sinne von § 73 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 StGB sind alle Vermögenswerte, die dem Begünstigten unmittelbar aus der Verwirklichung des Tatbestands in irgendeiner Phase des Tatablaufs zufließen (vgl. Fischer, StGB 55. Aufl. § 73 Rdn. 10 m.w.N.). Die strafbare Werbung hatte zur Folge, dass Verbraucher, die für derartige Werbemaßnahmen empfänglich waren, Bestellungen aufgaben. Das Wissen um diese Kundendaten war damit anteilig aus den abgeurteilten Taten erlangt, worauf der Adressdatenbestand beruhte. Denn durch die Verwaltung der Adressdaten wurde sichergestellt, dass die Daten – nur – derjenigen Empfänger gelöscht wurden, die für eine gewisse Zeit keine Bestellungen aufgaben.
93
Die Einnahmen aus der "Vermietung" der Adressdaten stellen Nutzungen im Sinne von § 73 Abs. 2 Satz 1 StGB dar. Zudem ist die P. Drittbegünstigte nach § 73 Abs. 3 StGB, da die "Vermietung" in ihrem Interesse auf Anweisung der für sie handelnden Angeklagten G. und D. erfolgte (sog. Vertretungsfall; vgl. BGHSt 45, 235, 245). Der P. ist kein (Mit-)Verschulden an den Werbemaßnahmen selbst zuzurechnen, so dass Ansprüche im Sinne von § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB nicht ersichtlich sind. Dass die Kammer die Einnahmen, die anteilig auf die der Verurteilung zugrunde liegenden Werbesendungen entfielen, gemäß § 73b StGB unter Zugrundelegung einer Quote von 38% errechnet hat, ist nicht zu beanstanden.

VI.

94
Revisionen der Staatsanwaltschaft:
95
Die – auf den Ausspruch über den Verfall beschränkten – Revisionen der Staatsanwaltschaft haben den aus dem Urteilstenor ersichtlichen Teilerfolg. Während die gegen die Nebenbeteiligten O. , I. und 3 C V. gerichteten Revisionen jeweils mit der Sachbeschwerde durchdringen, sind die Revisionen unbegründet, soweit die drei Angeklagten und die Nebenbeteiligte P. betroffen sind.
96
1. Zur Nebenbeteiligten O. :
97
Was eine Verfallsanordnung gegen die O. anbelangt, kann der Senat dem Landgericht im Hinblick auf den Umfang des Erlangten schon nicht darin folgen, dass Gegenstand des Wertersatzverfalls nur der (Netto-)Gewinn, nicht der (Brutto-)Umsatzerlös ist (nachfolgend a). Vor allem aber hat das Landgericht von einer Verfallsanordnung aufgrund einer rechtsfehlerhaften Anwendung des § 73c Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 StGB abgesehen (nachfolgend b).
98
a) Das von der O. Erlangte umfasst nicht nur den von ihr erzielten Nettogewinn , sondern die anteilig an sie weitergeleiteten Bruttoeinnahmen, die das Landgericht mit 32.643.155,- € berechnet hat.
99
aa) Die ausländischen Gesellschaften erhielten als Drittbegünstigte "aus" den Taten (§ 73 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 StGB), also dadurch, dass an Verbraucher Werbesendungen zusammen mit Warenkatalogen verschickt wurden, unmittelbar Warenbestellungen; deren Wert floss anteilig der O. zu.
100
Entgegen der Auffassung des Landgerichts ist insoweit ein "Wettbewerbsvorteil" , der zunächst nur in einer Chance auf Warenbestellungen bestanden habe, kein tauglicher Anknüpfungspunkt für den Verfall. Eine solche Chance ist für den Begünstigten überhaupt nur in dem Umfang werthaltig, in dem Empfänger auch tatsächlich Waren bestellen. Einen hiervon zu trennenden Marktwert hat eine solche Chance nicht. Darüber hinaus verwirklicht sich erst in den Vertragsschlüssen selbst die abstrakte Gefahr für die Dispositionsfreiheit der Verbraucher und die Marktaussichten von Mitbewerbern, deren Schutz die strafbare Werbung nach § 4 Abs. 1 UWG aF und § 16 Abs. 1 UWG nF bezweckt. Der 5. Strafsenat hat dementsprechend in einem Fall der Bestechung im geschäftlichen Verkehr als im Sinne von § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB unmittelbar erlangtes "etwas" die Auftragserteilung selbst, also den Vertragsschluss, angesehen, dagegen nicht schon die in der Manipulation des Vergabeverfahrens bestehende Chance auf Auftragserteilung (so BGHSt 50, 299, 309 f. ["Kölner Müllskandal"]; zustimmend Saliger NJW 2006, 3377, 3381; ablehnend Hohn wistra 2006, 321, 322).
101
bb) Der Umfang des Erlangten ist zwingend nach Maßgabe des Bruttoprinzips zu bemessen. Hiernach sind Vermögenswerte, die der Täter oder Teilnehmer in irgendeiner Phase des Tatablaufs unmittelbar erlangt hat, in ihrer Gesamtheit abzuschöpfen, ohne dass Gegenleistungen oder sonstige Aufwendungen in Abzug gebracht werden (BGHSt 47, 369, 370 f.; W. Schmidt in LK 11. Aufl. § 73 Rdn. 18, jew. m.w.N.). Das gilt auch für den Drittbegünstigten im Sinne von § 73 Abs. 3 StGB, zumal dann, wenn er Nutznießer der Tat ist (BGHSt aaO 374; BGH NStZ-RR 2004, 214, 215). Bei der Umstellung auf das Bruttoprinzip durch das Gesetz zur Änderung des Außenwirtschaftsgesetzes, des Strafgesetzbuches und anderer Gesetze vom 28. Februar 1992 (BGBl I 372) hat der Gesetzgeber unter anderem auf den Rechtsgedanken des § 817 Satz 2 BGB abgestellt, wonach das in ein verbotenes Geschäft Investierte unwiederbringlich verloren sein müsse (BTDrucks. 12/899 S. 11; hierzu BGHSt aaO 372). Dass das Bruttoprinzip sachgerecht ist, ergibt sich aus dem Präventionszweck des Verfalls: Müsste der von der Verfallsanordnung Betroffene lediglich die Abschöpfung des Nettogewinns befürchten, so würde sich die Tatbegehung für ihn unter finanziellen Gesichtspunkten als weitgehend risikolos erweisen. Den Drittbegünstigten soll das Bruttoprinzip veranlassen, zur Verhinderung solcher Taten wirksame Kontrollmechanismen zu errichten oder aufrechtzuerhalten (vgl. BGHSt aaO 374; ferner BGHSt 51, 65, 67; BGH NStZ-RR 2004, 214, 215).
102
cc) Aus den Taten erlangt wurden hier nicht nur die Warenbestellungen, also die Vertragsschlüsse, die durch das Verschicken der Werbesendungen zusammen mit den Warenkatalogen kausal hervorgerufen wurden, sondern auch die von den Kunden in Erfüllung der Kaufverträge geleisteten Zahlungen (zum Kriterium der Unmittelbarkeit vgl. BVerfG, Kammerbeschl. vom 7. Juli 2007 – 2 BvR 527/06 – Rdn. 4). Insoweit besteht nach Auffassung des Senats hier kein sachlicher Grund, zwischen schuldrechtlichem Verpflichtungsgeschäft und "dinglichem" Erfüllungsgeschäft zu differenzieren.
103
Der 5. Strafsenat hat freilich in einer anderen Fallgestaltung – einem Fall der Bestechung im geschäftlichen Verkehr – die Notwendigkeit einer derartigen Differenzierung befürwortet (BGHSt 50, 299, 309 ff. ["Kölner Müllskandal"]): Unmittelbar aus einer solchen Tat erlange "ein Werkunternehmer im Rahmen korruptiver Manipulation bei der Auftragsvergabe lediglich die Auftragserteilung – also den Vertragsschluss – selbst, nicht hingegen den vereinbarten Werklohn" (BGH aaO 310). Anders als etwa bei Betäubungsmittelgeschäften oder Embargoverstößen sei bei der Bestechung im geschäftlichen Verkehr strafrechtlich bemakelt lediglich die Art und Weise, wie der Auftrag erlangt sei, nicht dass er ausgeführt werde. Der wirtschaftliche Wert des Auftrags bemesse sich dort vorrangig nach dem zu erwartenden Gewinn (BGH aaO 310 f.). Erst wenn dieser ermittelt worden sei, folge aus dem Bruttoprinzip, dass für den Vertragsschluss getätigte Aufwendungen – wie insbesondere die Bestechungssumme – nicht weiter in Abzug gebracht werden könnten (BGH aaO 312; vgl. auch BGHSt 47, 260, 269 f.).
104
Die Rechtsprechung des 5. Strafsenats steht hier weder der Beurteilung entgegen, dass (auch) die Kaufpreiszahlungen (unmittelbar) aus den abgeurteilten Taten erlangt sind, noch widerspricht sie der Bemessung des anteilig an die O. weitergeleiteten Taterlöses nach dem Bruttoprinzip:
105
Eine Divergenz liegt schon deshalb nicht vor, weil die Durchführung der Kaufverträge hier strafrechtlich bemakelt ist. Wenn es nämlich – wie bereits oben unter III 1 a ee (1) ausgeführt – Schutzzweck von § 16 Abs. 1 UWG nF bzw. § 4 UWG aF ist, den Verbraucher vor zweckverfehltem und vermögensschädigendem Mitteleinsatz zu bewahren, dann kann der Mitteleinsatz selbst nicht als in diesem Sinne strafrechtlich neutral beurteilt werden. Ohne das Verschicken der irreführenden Werbesendungen zusammen mit den Warenkatalogen wäre es nicht zu Bestellungen und entsprechenden Kaufpreiszahlungen der Kunden gekommen. Anderes gilt für den vom 5. Strafsenat entschiedenen Fall. Das Werk wäre nämlich auch ohne korruptive Manipulation der Auftragsvergabe hergestellt worden, so dass ein Werklohn in jedem Fall hätte entrichtet werden müssen. Der Straftatbestand der Bestechung im geschäftlichen Verkehr nach § 299 Abs. 2 StGB schützt dementsprechend – unmittelbar nur – den freien Wettbewerb (vgl. Fischer, StGB 55. Aufl. vor § 298 Rdn. 6, § 299 Rdn. 2). Dies könnte es rechtfertigen, lediglich einen "Mehrerlös", insbesondere soweit er über den regulär erzielbaren Werklohn hinausgeht, als das aus der Straftat Erlangte zu bewerten.
106
Hinzu kommt, dass auch nach der Entscheidung des 5. Strafsenats das in Straftaten Investierte nicht verfallsmindernd berücksichtigt werden darf (vgl. BGHSt 50, 299, 310, 312). Der Gesetzgeber wollte gerade dessen unwiederbringlichen Verlust anordnen (siehe oben unter bb). Die vom Landgericht vorgenommene Berechnung des Gewinns der O. – anhand des Verhältnisses des im Jahresabschluss 2003 ausgewiesenen Betriebsgewinns zur Gesamtleistung des Betriebes (siehe oben unter I 1 b) – dürfte jedoch dazu führen, dass die Aufwendungen für strafbare Werbung unzulässigerweise den Verfallsbetrag schmälern würden.
107
Wäre das vom 5. Strafsenat genannte Kriterium der strafrechtlichen Bemakelung gar dahin zu verstehen, dass die Ausführung eines Vertrags für sich gesehen strafbar sein müsse, könnte der Senat dieser Einschränkung nicht folgen. Das hätte nämlich zur Folge, dass bei "Alltagsgeschäften", etwa bei durch Betrug zustande gekommenen Verträgen über Dienstleistungen, über den Kauf von Autos oder über Geldanlagen, die Rückgewinnungshilfe (vgl. § 111i in Verbindung mit § 111b Abs. 5 StPO) sachwidrig begrenzt wäre. Da in solchen Fällen das Erfüllungsgeschäft als solches regelmäßig nicht verboten ist, wäre eine über den Gewinn hinausgehende Rückgewinnungshilfe von vornherein ausgeschlossen. Der Senat ist demgegenüber der Auffassung, dass auch in diesen Fällen das Erlangte in vollem Umfang dem Verfall unterliegt. Dies hat der Gesetzgeber jedenfalls mit dem Gesetz zur Stärkung der Rückgewinnungshilfe und der Vermögensabschöpfung bei Straftaten vom 24. Oktober 2006 (BGBl I 2350) klargestellt. Ziel des Gesetzes war nach der Begründung des Regierungsentwurfs (BTDrucks. 16/700 S. 8) zu verhindern, dass "Verbrechen sich lohnt". Die Rückgewinnungshilfe sollte insbesondere auch bei den durch Betrug verursachten Massenschäden – also auch in Fällen, in denen die Ausführung eines Vertrags für sich gesehen nicht strafbar ist – verbessert werden. Rückgewinnungshilfe setzt aber voraus, dass der Verfall, auch soweit das Erlangte über den Gewinn hinausgeht, nach § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB überhaupt angeordnet werden könnte. Wenn der Gesetzgeber danach für derartige Fallgestaltungen die Rückgewinnungshilfe nicht nur ermöglichen, sondern sogar noch verbessern wollte, dann hat er damit zugleich entschieden, dass dem Verfall das aus Erfüllungsgeschäften, die als solche nicht verboten sind, Erlangte – nach dem Bruttoprinzip – in voller Höhe unterliegt.
108
Aber auch unabhängig hiervon stößt die Rechtsprechung des 5. Strafsenats , wenngleich es im vorliegenden Zusammenhang nicht darauf ankommt, beim Senat schon im rechtlichen Ausgangspunkt auf Bedenken. Sie bleibt näm- lich eine Erklärung dafür schuldig, aus welchen Gründen die Ermittlung des Werts des schuldrechtlichen Verpflichtungsgeschäfts durch Saldierung – also gleichsam nach dem Nettoprinzip – erfolgt, während sich nur der Wert des "dinglichen" Erfüllungsgeschäfts nach dem Bruttoprinzip richten soll (insoweit krit. auch Hohn wistra 2006, 321, 322 f.; Saliger NJW 2006, 3377, 3381; Fischer aaO § 73 Rdn. 11). Nach dem Bruttoprinzip wäre es vielmehr nahe liegend, auch beim schuldrechtlichen Verpflichtungsgeschäft den Anspruch auf Leistung (auf den vereinbarten Werklohn) so zu bewerten, dass die Verpflichtung zur Gegenleistung (zum Bau einer Restmüllverbrennungsanlage) unberücksichtigt bliebe. Des Weiteren ist das vom 5. Strafsenat vertretene enge Verständnis des Unmittelbarkeitskriteriums nicht ohne weiteres vereinbar mit der gesetzlichen Systematik von § 73 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 StGB, aus der dieses Kriterium hergeleitet wird. § 73 Abs. 2 StGB erfasst als mittelbare Vermögenszuwächse ausschließlich Nutzungen und Surrogate; die Bestimmung ist § 818 Abs. 1 BGB nachgebildet (W. Schmidt in LK 11. Aufl. § 73 Rdn. 43). Dieser knüpft gerade an die Herausgabe nach § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB, also insbesondere die – nach gesetzlicher Wertung somit keineswegs mittelbare – "dingliche" (Rück-)Übertragung bei unwirksamem schuldrechtlichem Verpflichtungsgeschäft an. Es geht daher zu weit, wenn sich aus § 73 Abs. 2 StGB ergeben soll, vom Anwendungsbereich des § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB sei nur ein vertraglicher Anspruch, nicht aber das zu seiner Erfüllung Geleistete erfasst.
109
b) Die Beschwerdeführerin beanstandet weiterhin zu Recht, dass das Landgericht § 73c Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 StGB mit der Begründung angewendet hat, dass die O. den Gewinn an die I. weiterleitete und über ihr Vermögen das Insolvenzverfahren eröffnet ist, so dass eine Verfallsanordnung die Insolvenzmasse schmälern würde und diese – nach Einschätzung des Landgerichts – "voraussichtlich" nicht ausreichen wird, um alle Gläubiger zu befriedigen.
110
aa) Im Hinblick auf § 73c Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 StGB ist der Abfluss des Taterlöses für sich gesehen regelmäßig unbeachtlich. Da die zur I. - Gruppe gehörenden Gesellschaften von den Angeklagten vertreten wurden und durch deren Taten erst komplexe Geldkreisläufe in diesem zusammenwirkenden Firmengeflecht in Gang gesetzt wurden (vgl. BGHSt 45, 235, 245 f.; siehe oben IV 1 a), unterliegt bei jeder dieser Gesellschaften grundsätzlich das von ihr Erlangte bzw. das an sie Weitergeleitete dem (Wertersatz-)Verfall.
111
Die Unbeachtlichkeit des Abflusses des Taterlöses ergibt sich dabei aus dem Präventionszweck des Verfalls, der auf die Verhinderung gewinnorientierter Straftaten gerichtet ist (vgl. BGHSt 51, 65, 72). Eine Auslegung der Vorschriften über den Verfall, nach der die Tatbegehung unter finanziellen Gesichtspunkten weitgehend risikolos bleibt, genügt diesem Zweck nicht (vgl. hierzu BGH aaO 67; ferner BGHSt 47, 369, 374; BGH NStZ-RR 2004, 214, 215). Dass der spätere Abfluss allein den Umfang der rechtlich gebotenen Erlösabschöpfung nicht berührt, korrespondiert dabei mit dem gesetzgeberischen Anliegen , das mit der Einführung des Bruttoprinzips verbunden war (siehe oben unter a bb); dieses Anliegen darf mit Hilfe der Härteklausel des § 73c StGB nicht unterlaufen werden (vgl. BGHR StGB § 73c Härte 7).
112
In der Höhe ist der Gesamtbetrag dessen, was tatsächlich abgeschöpft werden kann, hier lediglich durch das von den Erstbegünstigten Erlangte, also dem Vermögenszufluss bei den ausländischen Gesellschaften begrenzt. Dieser Betrag entspricht dem auf die abgeurteilten Taten entfallenden Bestellvolumen abzüglich der Forderungsausfälle und Retouren (54.405.258,- €). Nahe liegt, dass in Fällen der Drittbegünstigung nach § 73 Abs. 3 StGB, in denen das Erlangte weitergeleitet wurde, ohne dass dadurch erneut eine Straftat begangen wurde, – anders als in Fällen einer Handelskette beim unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln (vgl. BGHSt 51, 65, 71 f.) – von Gesamtschuldner- schaft auszugehen ist, soweit die Verfallsanordnungen in der Summe über das vom Erstbegünstigten Erlangte hinausgehen. Dies bedarf hier jedoch keiner vertieften Erörterung.
113
bb) Eine Ermessensentscheidung nach § 73c Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 StGB scheidet von vornherein aus, soweit und solange der Angeklagte oder Drittbegünstigte über Vermögen verfügt, das wertmäßig nicht hinter dem "verfallbaren" Betrag zurückbleibt. Dabei kommt es grundsätzlich nicht darauf an, ob das vorhandene Vermögen einen konkreten oder unmittelbaren Bezug zu der rechtswidrigen Tat hat (BGH aaO 69 m.w.N.). Weist das Vermögen einen solchen Bezug nicht auf, namentlich weil der Taterlös weitergeleitet wurde, bietet § 73c Abs. 1 Satz 1 StGB in besonders gelagerten Einzelfällen einen hinreichenden Schutz (BGH aaO 70). Im Rahmen des Beurteilungsspielraums, den der Tatrichter für den Rechtsbegriff der unbilligen Härte hat, kann dabei insbesondere ins Gewicht fallen, dass ein Drittbegünstigter – anders als hier die O. über die für sie verantwortlich Handelnden – gutgläubig ist (vgl. BGHSt 47, 369, 376; BGH NStZ-RR 2004, 214, 215; 2007, 109, 110; vgl. auch BGH, Urt. vom 3. Juli 2003 – 1 StR 453/02 – Umdr. S. 45 f.: kein Absehen bei bewusst verfallsvereitelnder Weitergabe von Vermögenswerten).
114
cc) Auch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens hindert die Anordnung des Verfalls grundsätzlich nicht. § 39 Abs. 1 Nr. 3 InsO betrifft lediglich die Frage , wie ein angeordneter Wertersatzverfall rangmäßig im Insolvenzverfahren zu behandeln ist (vgl. BGHSt 50, 299, 312; Hohn wistra 2006, 321). Für die Ermessensentscheidung nach § 73c Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 StGB maßgeblich ist daher nicht schon die Eröffnung des Insolvenzverfahrens, sondern erst die Feststellung , dass die Insolvenzmasse nicht zur Befriedigung vorrangiger Forderungen ausreicht, somit kein verwertbares Vermögen vorhanden ist. Eine derartige – sichere – Feststellung fehlt im angefochtenen Urteil. Inwieweit im Einzelfall auch nachrangige Forderungen, etwa nach § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO solche auf Rückgewähr kapitalersetzender Darlehen eines Gesellschafters, im Rahmen des Ermessens Berücksichtigung finden könnten, braucht der Senat nicht zu entscheiden.
115
Der 5. Strafsenat hat zwar die Angemessenheit des Absehens vom Verfall nach § 73c Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 StGB unter anderem damit begründet, dass kein bleibender "Gewinn" erzielt wurde und sich die Verfallsbeteiligte in der Insolvenz befand (so BGHSt 50, 299, 313). Eine Divergenz zu dieser Entscheidung im Sinne von § 132 Abs. 2 GVG besteht jedoch auch insoweit nicht, weil dort die Anwendung der Vorschrift – anders als hier – insbesondere auch auf die Feststellung im tatrichterlichen Urteil gestützt worden ist, dass sich die Verfallsbeteiligte erheblichen Regressansprüchen konkret ausgesetzt sah.
116
2. Zur Nebenbeteiligten I. :
117
Soweit gegen die I. Verfall der von Wertersatz in Höhe von 1.498.677,- € angeordnet worden ist, enthält das Urteil ebenfalls einen diese begünstigenden Rechtsfehler. Die Beschwerdeführerin beanstandet zwar zu Unrecht, dass die Wirtschaftsstrafkammer den Gewinn von 1.743.177,- €, nicht die Einnahmen von ca. 2,3 Mio. € als das Erlangte angesehen hat. Denn anders als bei der O. entspricht allein dies – wie oben unter IV 1 b bb ausgeführt – den Urteilsfeststellungen, denen zufolge die I. den wirtschaftlichen Nutzen aus dem Versandhandelsgeschäft und der O. ziehen sollte, so dass ihr lediglich der Saldo aus Einnahmen und Ausgaben zufloss. Die Kammer hat jedoch rechtsfehlerhaft den weitergeleiteten Gewinn gemäß § 73c Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 StGB um das an den Angeklagten G. gezahlte Tatentgelt von 244.467,- € reduziert. Gemäß dem oben unter 1 b aa und bb Dargelegten ist im Hinblick auf diese Vorschrift der – teilweise – Abfluss des Taterlöses für sich gesehen regelmäßig unbeachtlich.
118
3. Zur Nebenbeteiligten 3 C V. :
119
Soweit von einer Verfallsanordnung gegen die 3 C V. abgesehen worden ist, ist das Urteil rechtsfehlerhaft, da das Landgericht in zweifacher Hinsicht einen unzutreffenden rechtlichen Maßstab angelegt hat. Auf die von der Beschwerdeführerin insoweit erhobene Aufklärungsrüge, das Landgericht habe näher bestimmten Urkundsbeweis erheben und infolgedessen ergänzende Feststellungen zu Vereinbarungen und Geldflüssen zwischen der F. und der 3 C V. treffen müssen, kommt es daher nicht an.
120
Im Urteil ist ausgeführt, dass zur Höhe der von der 3 C V. aus verfahrensgegenständlicher Werbung erlangten Vermögensvorteile keine Feststellungen hätten getroffen werden können (UA S. 138). Des Weiteren sei der "Wettbewerbsvorteil" letztlich an die I. verschoben und dort abgeschöpft worden, so dass § 73c Abs. 1 Satz 2 StGB anzuwenden sei; "weitere" Vermögensvorteile seien indessen nicht feststellbar (UA S. 156).
121
Im Ansatz zutreffend ist – nach dem oben unter IV 1 a Gesagten – die Annahme, zunächst hätten die ausländischen Gesellschaften, damit auch die 3 C V. als Drittbegünstigte, durch die mit den Warenkatalogen verschickten Werbesendungen etwas erlangt. Die – wenngleich knapp gehaltenen – Ausführungen zeigen jedoch zweierlei:
122
Zum einen hat das Landgericht zu Unrecht angenommen, die Anordnung des Wertersatzverfalls setze voraus, dass der Nettogewinn ermittelt werde. Darauf deutet zunächst die Verwendung des Bergriffs "Vermögensvorteil" im Urteil hin, der dem Wortlaut des § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB aF entsprach, bevor der Gesetzgeber durch das Gesetz zur Änderung des Außenwirtschaftsgesetzes , des Strafgesetzbuches und anderer Gesetze vom 28. Februar 1992 (BGBl I 372) das Bruttoprinzip ("etwas") einführte. Darüber hinaus ist auch nicht ersichtlich, aus welchen Gründen sich die auf die Vertragsschlüsse mit der 3 C V. entfallenden Bruttoeinnahmen – selbst unter Anwendung des § 73b StGB – nicht berechnen ließen. Das Landgericht hat neun unter der Firma 3 C V. verschickte strafbare Werbesendungen mit Aussendedatum und Auflagenstärke festgestellt (UA S. 25). Es spricht nichts dafür, dass der Umsatzerlös der 3 C V. nicht hätte – entsprechend der auch ansonsten verwendeten Berechnungsmethode (vgl. UA S. 142) – geschätzt werden können, zumal, wie sich aus der Revisionsbegründung der Staatsanwaltschaft ergibt (S. 49 ff.), im Rahmen der Anordnung eines dinglichen Arrests gemäß § 111b Abs. 2, § 111d StPO das auf diese neun Werbesendungen entfallende Bestellvolumen (8.888.981,81 €) ermittelt worden war. Auch dass die Zahlungen der Kunden auf Konten der F. "umgeleitet" wurden, um die Einnahmen dem Zugriff von Gläubigern zu entziehen (UA S. 134), bedeutet nicht ohne weiteres, dass keine Vermögensmehrung bei der 3 C V. eintrat. Vielmehr könnten dieser – was angesichts der Feststellungen nahe liegt – Zahlungsansprüche in Bezug auf die erfolgten Bestellungen zugestanden haben.
123
Zum anderen beruhen die Erwägungen wiederum auf einem unzutreffenden rechtlichen Maßstab, was die Ermessensentscheidung nach § 73c Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 StGB anbelangt. Wie bereits oben unter 1 b aa und bb ausgeführt , steht die Weiterleitung des Gewinns an die I. der Verfallsanordnung für sich gesehen regelmäßig nicht entgegen.
124
4. Zum Angeklagten G. :
125
Die gegen den Angeklagten G. gerichtete Revision ist unbegründet. Dass die Kammer nur einen Anteil von 38% der von der I. überwiesenen 1 Mio. SFr. als Tatentgelt bewertet hat, ist sachlich-rechtlich nicht zu beanstanden (hierzu oben unter III 2). Überdies ist im Urteil rechtsfehlerfrei dargelegt , dass die persönliche Vermögensbilanz dieses Angeklagten nicht bereits durch den Zufluss der 1.743.144,- € bei der I. "verbessert" wurde und er selbst hierdurch noch nichts erlangt hat (nachfolgend a); die hierauf bezogene Verfahrensrüge dringt nicht durch (nachfolgend b).
126
a) Die Verfallsanordnung setzt voraus, dass der von ihr Betroffene den Vermögenswert tatsächlich erlangt hat. Erforderlich ist insoweit die tatsächliche Verfügungsgewalt oder – bei Mittätern zumindest – wirtschaftliche Mitverfügungsgewalt (vgl. Fischer, StGB 55. Aufl. § 73 Rdn. 13 ff.). In Vertretungsfällen gemäß § 73 Abs. 3 StGB, in denen – wie hier – der Täter als Organ, Vertreter oder Beauftragter (§ 14 StGB) oder als sonstiger Angehöriger einer juristischen Person für diese handelt und die Vermögensmehrung bei der juristischen Person eintritt, kann nicht ohne weiteres angenommen werden, dass der Täter (Mit-)Verfügungsgewalt an dem Erlangten hat. Regelmäßig ist vielmehr davon auszugehen, dass die juristische Person über eine eigene Vermögensmasse verfügt, die vom Privatvermögen des Täters zu trennen ist. Die dem Vermögen einer juristischen Person zugeflossenen Vermögenswerte sind daher auch dann nicht ohne weiteres durch den Täter im Sinne von § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB erlangt , wenn dieser eine – legale – Zugriffsmöglichkeit auf das Vermögen hat (BVerfG [Kammer] StV 2004, 409, 411; NJW 2005, 3630, 3631). Für eine Verfallsanordnung gegen den Täter bedarf es in derartigen Fällen einer über die faktische Verfügungsgewalt hinausgehenden Feststellung, dass dieser selbst etwas erlangt hat, was zu einer Änderung seiner Vermögensbilanz geführt hat. Eine solche Feststellung rechtfertigende Umstände können etwa darin liegen, dass der Täter die juristische Person nur als einen formalen Mantel seiner Tat nutzt, eine Trennung zwischen der eigenen Vermögenssphäre und derjenigen der Gesellschaft aber nicht vornimmt, oder darin, dass jeder aus der Tat folgende Vermögenszufluss an die Gesellschaft sogleich an den Täter weitergeleitet wird (BVerfG [Kammer] NJW aaO).
127
Dass es sich bei dem Vermögen der Aktiengesellschaft I. und dem Privatvermögen des Angeklagten G. um in diesem Sinne nur vorgeblich getrennte Vermögensmassen handelte, hat das Landgericht nicht festgestellt und dementsprechend ein Erlangen im Sinne von § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB beim Angeklagten G. rechtsfehlerfrei verneint (vgl. UA S. 155). Eine nur vorgegebene Vermögenstrennung liegt in Anbetracht der Urteilsfeststellungen auch nicht nahe, wie die Überweisung der 1 Mio. SFr., in denen das Entgelt für die abgeurteilten Taten enthalten war, zeigt. Ein von der Beschwerdeführerin geltend gemachter Mangel in der Sachdarstellung liegt nicht vor.
128
b) Die Verfahrensrüge, mit der die Beschwerdeführerin die Ablehnung eines Beweisantrags wegen Bedeutungslosigkeit nach § 244 Abs. 3 Satz 2 Var. 2 StPO beanstandet, ist unbegründet. Der Vertreter der Staatsanwaltschaft hatte die Verlesung einiger Urkunden beantragt, wobei die Beweisbehauptungen darauf zielten, dass nicht der Bruder des Angeklagten G. , sondern er selbst (nahezu) alleiniger Aktionär und "Inhaber" der I. sei.
129
Aus dem Ablehnungsbeschluss geht hervor, dass die Kammer die unter Beweis gestellten Indiztatsachen aus rechtlichen Gründen für bedeutungslos gehalten hat. In dem Beschluss ist in Bezug auf den Verfall lediglich ausgeführt, dass die Gesellschaftsverhältnisse der I. für die Abschöpfung etwaiger von dieser gezogener Gewinne keine Rolle spielten, weil der Verfall gegen die I. auch angeordnet werden könne, wenn nicht der oder ein Gesellschafter , sondern ein Organ die Tathandlungen begangen habe. Zwar ist die Begründung des Ablehnungsbeschlusses insoweit unzulänglich, da die Kammer das Beweisziel im Hinblick auf die Verfallsanordnung gegen den Angeklagten G. nicht vollständig erfasst zu haben scheint. Der Senat kann jedoch das Beruhen des Urteils auf diesem Mangel ausschließen, weil insoweit die Gründe der Bedeutungslosigkeit aus tatsächlichen Gründen klar zutage traten (vgl. Herdegen in KK-StPO 5. Aufl. § 244 Rdn. 75 m.w.N.). Auch wenn die Beweisbehauptungen erwiesen worden wären und der Angeklagte G. nahezu alleiniger Aktionär der I. bzw. in diesem Sinne deren "Inhaber" gewesen wäre, wäre nämlich der von der Beschwerdeführerin begehrte Schluss auf nur vorgeblich getrennte Vermögenssphären nicht nahe liegend. Dies hat auch die Kammer erkennbar so gesehen.
130
5. Zum Angeklagten S. :
131
Der Senat teilt die Meinung der Beschwerdeführerin nicht, der Angeklagte S. habe über das Tatentgelt von 58.700,- € hinaus als Taterlös ("aus" den Taten) weitere Beträge nach § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB erlangt, weil sich den Feststellungen zufolge auf dem Geschäftskonto der Rechtsanwaltssozietät Sch. & S. vorübergehend insgesamt 28.484.315,86 € befanden, die von Konten der F. dorthin transferiert wurden.
132
Ein Rechtsfehler in sachlich-rechtlicher Hinsicht, auch in Form eines Erörterungsmangels , liegt nicht vor. Feststellungen, welche die Beurteilung rechtfertigen , durch den Geldzufluss auf dem Kanzleikonto habe sich die private Vermögensbilanz des Angeklagten S. geändert, hat die Kammer nicht getroffen. Dass solche Feststellungen möglich gewesen wären, liegt auch nicht nahe. Vielmehr dürfte es sich bei dem in Rede stehenden Gesamtbetrag entweder um Vermögen der Rechtsanwaltssozietät Sch. & S. als Gesellschaft bürgerlichen Rechts (vgl. BGHZ 146, 341; BGH NJW 2006, 2191) oder – was nahe liegt – um treuhänderisch gebundenes Vermögen der O. handeln , zumal davon 19.560.762,38 € an die O. weitergeleitet wurden (UA S. 143).
133
6. Zum Angeklagten D. und zur Nebenbeteiligten P. :
134
Die Nachprüfung des Urteils hat im Ausspruch über den Verfall keinen Rechtsfehler zum Vorteil des Angeklagten D. und der P. ergeben.

VII.

135
1. Soweit in der neuen Hauptverhandlung die Anordnung des Wertersatzverfalls gegen die Nebenbeteiligte 3 C V. in Betracht kommt, weist der Senat darauf hin, dass ein Gewinnabschöpfungsanspruch nach § 10 UWG nF die Verfallsanordnung nicht nach § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB hindern würde. Dieser Anspruch kann nur in Bezug auf die jeweiligen Vertragsverhältnisse zwischen den Kunden und den Warenlieferanten – hier der 3 C V. – geltend gemacht werden (vgl. Köhler in Hefermehl/Köhler/Bornkamm, UWG 26. Aufl. § 10 Rdn. 11). Er ist kein dem Verletzten aus der Tat erwachsener Anspruch im Sinne von § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB; insbesondere kommt nämlich nach § 10 UWG nF der abgeschöpfte Gewinn dem Bundeshaushalt, nicht den Geschädigten zugute. Einer analogen Anwendung des § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB bedarf es nicht (so aber Alexander WRP 2004, 407, 419), weil der Gefahr der doppelten Inanspruchnahme sowohl im Zivil- als auch im Strafverfahren – namentlich mit § 10 Abs. 2 UWG nF einerseits und § 73c Abs. 1 StGB andererseits – wirksam begegnet werden kann. Im Übrigen unterliegt der Gewinnabschöpfungsanspruch auch anderen Verjährungsregeln (vgl. § 11 UWG nF; hierzu Köhler aaO § 11 Rdn. 1.36).
136
2. Sollte der neue Tatrichter zu dem Ergebnis gelangen, dass Verfallsanordnungen gegen die Nebenbeteiligten I. , O. und 3 C V. allein wegen entgegenstehender Ansprüche Dritter nach § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB ausgeschlossen sind, weist der Senat darauf hin, dass die seit dem 1. Januar 2007 geltenden Absätze 2 bis 8 von § 111i StPO auf Altfälle nicht anwendbar sind (vgl. BGH NJW 2008, 1093; Beschl. vom 19. Februar 2008 – 1 StR 503/07). Nack Boetticher Hebenstreit Elf Graf

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
4 StR 215/10
vom
28. Oktober 2010
in der Strafsache
gegen
Nachschlagewerk: ja
BGHSt: ja
Veröffentlichung: ja
1. Bei einer Feststellung gemäß § 111i Abs. 2 StPO ist im Urteilstenor (nur)
der Vermögensgegenstand bzw. Geldbetrag zu benennen, den der Staat
unter den Voraussetzungen des § 111i Abs. 5 StPO unmittelbar oder als
Zahlungsanspruch erwirbt.
2. Bei der Bestimmung des Vermögensgegenstandes bzw. Zahlungsanspruchs
, der dem Auffangrechtserwerb des Staates unterliegt, ist bei mehreren
Tätern und/oder Teilnehmern von deren gesamtschuldnerischer
Haftung auszugehen, wenn und soweit sie zumindest Mitverfügungsmacht
an dem aus der Tat erzielten Vermögenswert hatten.
3. Die Anwendung der Härtevorschrift des § 73c Abs. 1 StGB kann zur Folge
haben, dass gegen mehrere Täter und/oder Teilnehmer unterschiedlich
hohe Feststellungen nach § 111i Abs. 2 StPO getroffen werden müssen.
BGH, Urteil vom 28. Oktober 2010 – 4 StR 215/10 – LG Hagen
1.
2.
3.
wegen schweren Raubes u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 28. Oktober
2010, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Ernemann,
die Richterin am Bundesgerichtshof
Solin-Stojanović,
die Richter am Bundesgerichtshof
Cierniak,
Dr. Franke,
Dr. Mutzbauer
als beisitzende Richter,
Staatsanwältin beim Bundesgerichtshof
als Vertreterin der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger des Angeklagten T. ,
Rechtsanwalt
als Verteidiger des Angeklagten Y. ,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revisionen der Angeklagten T. und Y. wird das Urteil des Landgerichts Hagen vom 2. November 2009 aufgehoben, soweit dort hinsichtlich dieser Angeklagten sowie des Angeklagten M. festgestellt ist, "dass der Anordnung des Verfalls bzw. des Verfalls des Wertersatzes des aus der Tat erlangten Betrages von 26.000,00 Euro Ansprüche der Verletzten entgegenstehen". 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel der Angeklagten T. und Y. , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 3. Die weiter gehenden Revisionen der Angeklagten T. und Y. werden verworfen. 4. Die Revision des Angeklagten I. wird verworfen. Er hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat die Angeklagten T. und Y. sowie den nicht Revision führenden Mitangeklagten M. des schweren Raubes und die Angeklagten I. sowie Ye. der Beihilfe zum schweren Raub schuldig gesprochen. Es hat den Angeklagten T. zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren und zehn Monaten, den Angeklagten Y. zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren und acht Monaten und den Angeklagten I. zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und acht Monaten - bei Aussetzung der Vollstreckung zur Bewährung - verurteilt. Ferner hat es festgestellt, dass "der Anordnung des Verfalls bzw. des Verfalls des Wertersatzes des aus der Tat erlangten Betrages von 26.000,00 Euro Ansprüche der Verletzten entgegenstehen". Gegen ihre Verurteilungen richten sich die auf die Sachrüge gestützten Revisionen der Angeklagten T. , Y. und I. ; der Angeklagte I. beanstandet zudem das Verfahren. Die Rechtsmittel der Angeklagten T. und Y. haben hinsichtlich des Ausspruchs gemäß § 111i Abs. 2 StPO Erfolg; insofern ist die Aufhebung des Urteils auf den Mitangeklagten M. zu erstrecken. Im Übrigen sind diese Revisionen unbegründet. Das Rechtsmittel des Angeklagten I. hat insgesamt keinen Erfolg.

I.


2
1. Nach den vom Landgericht getroffenen Feststellungen planten die Angeklagten T. , Y. und M. , im "Café " in Hagen, in dem - wie sie wussten - dem illegalen Glücksspiel nachgegangen wurde, einen Überfall zu begehen. Die Angeklagten I. und Ye. beteiligten sich an der Planung, indem sie ihre Orts- und Personenkenntnisse einbrachten. Hierfür sollten sie - wie auch die den Überfall unmittelbar ausführenden Angeklagten T. , Y. und M. - einen Anteil an der Beute erhalten.
3
Entsprechend dem gemeinsamen Plan betraten die Angeklagten T. , Y. und M. am 24. Januar 2009 nach 3.45 Uhr das Café. Der Angeklagte Y. , der eine Schusswaffe oder einen einer Schusswaffe täuschend ähnlich sehenden Gegenstand in der Hand hielt, rief "Überfall" und forderte die vier anwesenden Personen auf, sich auf den Boden zu legen. Anschließend durchsuchten die Angeklagten T. und M. die am Boden Liegenden und nahmen einem Gast 22.000 €, einem anderen 3.500 € und dem Betreiber des Ca- fés 500 € ab. Sodann verließen sie das Café, trafen sich mit dem Angeklagten Ye. und fuhren gemeinsam nach Köln und Duisburg.
4
Ob und gegebenenfalls wie die Angeklagten das erbeutete Geld im Einzelnen untereinander aufgeteilt haben, vermochte die Strafkammer nicht festzustellen. Sie geht jedoch davon aus, dass der Angeklagte T. aus der Beute mindestens einen Betrag von 5.500 Euro erhalten hat.
5
2. Die Strafkammer hat gemäß § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB von der Anordnung des Verfalls von Wertersatz wegen der Ansprüche der Verletzten abgesehen. Hierzu hat sie in den Urteilsgründen ausgeführt (UA 48): Nach Würdigung der Kammer wäre ohne die Ansprüche der Geschädigten ein Verfall von Wertersatz nach §§ 73 Abs. 1 S. 1, 73a S. 1 StGB in Betracht gekommen, und zwar nicht nur gegenüber den Angeklagten T. und M. hinsichtlich der Beträge, die sie jeweils eigenhändig den verschiedenen Geschädigten abnahmen und über die sie somit - jedenfalls vorübergehend - die faktische Verfügungsgewalt ausübten. Vielmehr geht die Kammer davon aus, dass nach einer wertenden Gesamtbetrachtung zumindest die den Überfall ausführenden drei Angeklagten Mitverfügungsgewalt an der erbeuteten Summe hatten: Sie waren während der Wegnahme gemeinschaftlich vor Ort, führten die Tat im unmittelbaren Zusammenwirken gemeinsam aus und wollten die erbeutete Summe sodann aufteilen.
6
3. Auf die lediglich mit nicht ausgeführten Rügen begründeten Revisionen der Angeklagten I. , T. und Y. hin beantragte der Generalbundesanwalt Termin zur Hauptverhandlung zu bestimmen. Er hat Bedenken gegen die vom Landgericht nach § 111i Abs. 2 StPO getroffene Entscheidung und meint unter anderem, dass es sachgerecht sei, Mittäter nicht als Gesamtschuldner , sondern nur in Höhe des von ihnen jeweils selbst erlangten Betrags - den er mit 5.500 € angibt - haften zu lassen. Zudem enthalte das Urteil keine konkreten Feststellungen zur Mitverfügungsgewalt aller Mittäter an der (Gesamt -)Beute; auch sei § 73c StGB nicht erörtert.

II.


7
Die Rechtsmittel der Angeklagten T. und Y. sind unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO, soweit sie sich gegen die Schuld- und Strafaussprüche richten. Hinsichtlich der Feststellung gemäß § 111i Abs. 2 StPO haben sie dagegen Erfolg. Diese Feststellung begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken, weil die Strafkammer § 73c Abs. 1 StGB nicht bedacht hat. Die aus diesem Grund gebotene Aufhebung des Urteils zugunsten der Angeklagten T. und Y. ist gemäß § 357 StPO auf den Mitangeklagten M. zu erstrecken.
8
Will der Tatrichter eine Feststellung gemäß § 111i Abs. 2 Satz 1 StPO treffen, so hat er nicht nur das Erlangte (§ 111i Abs. 2 Satz 2 StPO) bzw. den Geldbetrag, der dem Wert des Erlangten entspricht (§ 111i Abs. 2 Satz 3 StPO), zu ermitteln, sondern - im Falle einer schon im Urteilszeitpunkt feststehenden Abweichung - auch den Vermögensgegenstand bzw. Geldbetrag zu benennen, den der Staat unter den Voraussetzungen des § 111i Abs. 5 StPO unmittelbar oder als Zahlungsanspruch erwirbt. Diesen dem Auffangrechtserwerb des Staates unterliegenden Vermögenswert muss der Tatrichter im Urteilstenor bezeichnen. Bei der Bestimmung des Vermögensgegenstandes bzw. Zahlungsanspruchs, der dem Staat unter den Voraussetzungen des § 111i Abs. 5 StPO zufällt, ist bei mehreren Tätern und/oder Teilnehmern von deren gesamtschuldnerischer Haftung auszugehen, wenn und soweit sie zumindest Mitverfügungsmacht an dem aus der Tat erzielten Vermögenswert hatten. Zudem ist § 73c Abs. 1 StGB zu beachten. Diese Vorschrift ist auch in den Fällen der gesamtschuldnerischen Haftung mehrerer Täter und/oder Teilnehmer anwendbar ; sie kann zur Folge haben, dass gegen sie - auch in verschiedenen Urteilen - in Bezug auf den dem Auffangrechtserwerb des Staates unterliegenden Vermögenswert unterschiedlich hohe Feststellungen nach § 111i Abs. 2 StPO getroffen werden, für die sie - entsprechend "ihrer" Feststellung - als Gesamt- und teilweise auch als Alleinschuldner in Anspruch genommen oder betroffen werden.
9
1. Der Tatrichter hat, sofern er eine Feststellung gemäß § 111i Abs. 2 Satz 1 StPO trifft, das aus der Tat Erlangte bzw. den Geldbetrag, der dem Wert des Erlangten entspricht, zu ermitteln und im Urteil zu bezeichnen.
10
Diese Verpflichtung folgt unmittelbar aus § 111i Abs. 2 Sätze 2, 3 StPO. Dabei ist - wie sich schon aus den übereinstimmend verwendeten Formulierungen ergibt - das "Erlangte" bzw. der "Geldbetrag, der dem Wert des Erlangten entspricht", in demselben Sinn zu verstehen wie in § 73 Abs. 1 Satz 1 bzw. § 73a Satz 1 StGB. Auch die Regelung in § 111i Abs. 2 Satz 4 StPO, mit der bestimmt wird, welche Abzüge vom Erlangten bzw. dem entsprechenden Geldbetrag vorgenommen werden dürfen, belegt, dass der Gesetzgeber davon ausgegangen ist, dass das Erlangte ungeschmälert und in voller Höhe - mithin wie nach §§ 73, 73a StGB ermittelt - anzugeben ist (vgl. auch BT-Drucks. 16/700 S. 16).
11
Die Bezeichnung des in diesem Sinn Erlangten bzw. des entsprechenden Geldbetrages im Urteilstenor ist indes nur in den Fällen unerlässlich, in denen dieser Vermögenswert unverändert dem Auffangrechtserwerb des Staates unterliegen kann, sich Abweichungen also lediglich aus § 111i Abs. 5 Satz 1 StPO ergeben können.
12
2. Der Vermögensgegenstand bzw. Geldbetrag, den der Staat bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 111i Abs. 5 StPO unmittelbar oder als Zahlungsanspruch erwirbt, kann jedoch schon im Zeitpunkt des Urteils vom Erlangten oder dem Geldbetrag, der dem Wert des Erlangten entspricht, abweichen. In einem solchen Fall muss (allein) dieser Vermögensgegenstand oder Geldbetrag im Tenor des Urteils bezeichnet werden.
13
a) Eine solche Abweichung kann sich schon aus § 111i Abs. 2 Satz 4 StPO ergeben, nach dem beispielsweise eine (teilweise) Befriedigung des Verletzten vom Erlangten bzw. dessen Wert "in Abzug zu bringen" ist und allein der dann noch verbleibende Vermögenswert dem Auffangrechtserwerb des Staates unterliegt.
14
Daneben kann eine Minderung des Erlangten bzw. des entsprechenden Geldbetrags aber auch auf der Anwendung der Härtevorschrift des § 73c StGB beruhen.
15
Es entspricht der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, dass § 73c Abs. 1 StGB im Rahmen der nach § 111i Abs. 2 StPO zu treffenden Entscheidung zu berücksichtigen ist (vgl. BGH, Beschlüsse vom 5. August 2010 - 2 StR 254/10; vom 18. Dezember 2008 - 3 StR 460/08, wistra 2009, 241, 242; vom 7. September 2010 - 4 StR 393/10). Hiervon geht auch der Gesetzgeber aus (BT-Drucks. 16/700 S. 16: "Die fakultative Ausgestaltung [des § 111i Abs. 2 StPO] trägt zudem der Beachtung der Härtefallregelung des § 73c StGB Rechnung" ). Die Anwendbarkeit von § 73c StGB in Zusammenhang mit der Feststel- lung gemäß § 111i Abs. 2 StPO steht aber auch in Einklang mit dem Wortlaut dieser Vorschrift. Denn nach § 111i Abs. 2 Satz 1 StPO ist die Feststellung, dass Ansprüche eines Verletzten im Sinne des § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB dem Verfall entgegenstehen, auf diejenigen Fälle beschränkt, in denen "lediglich" aus diesem Grund nicht auf den Verfall erkannt wird. Steht indes schon oder auch die Anwendung der Härtefallregelung des § 73c Abs. 1 StGB dem Verfall entgegen, so beruht dessen (teilweise) Nicht-Anordnung nicht "lediglich" auf den entgegenstehenden Ansprüchen Verletzter. Die Erwägung des Gesetzgebers , dass das Gericht nicht "nur teilweise Feststellungen nach Absatz 2 treffen, also etwa nach seinem Ermessen Abschläge der Höhe nach vornehmen kann, weil dies die Interessen Verletzter in unangemessener Weise beeinträchtigen würde" (BT-Drucks. 16/700 S. 16), ist deshalb - wie auch der unmittelbar voranstehende Hinweis auf § 73c StGB zeigt - ersichtlich darauf bezogen, dass das Gericht von dem Vermögenswert, der "lediglich" wegen Ansprüchen Verletzter nicht dem Verfall unterliegt, keine (weiteren) Abschläge nach seinem Ermessen vornehmen darf. Zudem ist - zumal berechtigte Interessen des Verletzten hiervon nicht berührt werden - eine sachliche Rechtfertigung dafür nicht erkennbar, den oder die vom Verfall betroffenen Angeklagten im Hinblick auf die Anwendbarkeit von § 73c Abs. 1 StGB danach unterschiedlich zu behandeln, ob der Verfall und seine Wirkungen unmittelbar mit Rechtskraft des Urteils eintreten oder sich der (Auffang-)Rechtserwerb des Staates erst nach Ablauf von drei Jahren vollzieht.
16
b) Sofern der Vermögenswert, den der Staat bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 111i Abs. 5 StPO unmittelbar oder als Zahlungsanspruch erwirbt , schon nach dem Ergebnis der tatrichterlichen Hauptverhandlung vom Erlangten bzw. dem Geldbetrag, der dem Wert des Erlangten entspricht, abweicht , muss (allein) er im Urteilstenor bezeichnet werden.

17
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in seiner Entscheidung vom 17. Februar 2010 (2 StR 524/09, NJW 2010, 1685, 1686) dargelegt, dass die materiell-rechtliche Grundlage für den eventuellen späteren Auffangrechtserwerb aus dem Urteilstenor erkennbar sein soll. Dies erfordert die Angabe des von dem Auffangrechtserwerb gegebenenfalls betroffenen Vermögenswerts. Dementsprechend ist auch der Gesetzgeber davon ausgegangen, "dass das Gericht im Rahmen der [nach § 111i Abs. 2 StPO] zu treffenden Feststellung die einzelnen 'Verfallsgegenstände' bezeichnen muss … [bzw.] den Betrag anzugeben [hat], der dem 'Wertersatzverfall' entspricht" (BT-Drucks. 16/700 S. 16); hiermit "gibt es den Rahmen des möglichen späteren Auffangrechtserwerbs vor" (BT-Drucks. aaO S. 15).
18
3. Bei der Feststellung des dem Auffangrechtserwerb des Staates gemäß § 111i Abs. 5 StPO unterliegenden Vermögenswerts ist bei mehreren Tätern und/oder Teilnehmern, auch wenn die Feststellungen in verschiedenen Urteilen getroffen werden, von deren gesamtschuldnerischer Haftung auszugehen , wenn und soweit sie zumindest Mitverfügungsmacht an dem aus der Tat erzielten Vermögenswert hatten. Mit einer solchen Haftung mehrerer als Gesamtschuldner verbundene Härten können aber - für jeden Mittäter oder Teilnehmer gesondert - durch die Anwendung von § 73c StGB ausgeglichen werden.
19
a) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist ein Vermögenswert aus der Tat erlangt im Sinne des § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB, wenn er dem Täter oder Teilnehmer unmittelbar aus der Verwirklichung des Tatbestands in irgendeiner Phase des Tatablaufs zugeflossen ist (BGH, Urteile vom 30. Mai 2008 - 1 StR 166/07, BGHSt 52, 227, 246; vom 29. Juni 2010 - 1 StR 245/09), er an ihm also unmittelbar aus der Tat (tatsächliche, aber nicht notwendig rechtliche ) Verfügungsmacht gewonnen und dadurch einen Vermögenszuwachs erzielt hat (vgl. BGH, Urteil vom 16. Mai 2006 - 1 StR 46/06, BGHSt 51, 65, 68; Beschluss vom 21. Oktober 2008 - 4 StR 437/08, NStZ 2010, 85; Urteil vom 4. Februar 2009 - 2 StR 504/08, JZ 2009, 1124 m. Anm. Rönnau m.w.N.). Bei mehreren Tätern und/oder Teilnehmern genügt insofern, dass sie zumindest eine faktische bzw. wirtschaftliche Mitverfügungsmacht über den Vermögensgegenstand erlangt haben (ständige Rechtsprechung; vgl. etwa BGH, Beschlüsse vom 10. Januar 2008 - 5 StR 365/07, NStZ 2008, 565, 566; vom 27. Mai 2008 - 3 StR 50/08, NStZ 2008, 623; vom 30. Mai 2008 - 2 StR 174/08, NStZ-RR 2008, 287; Urteile vom 30. Mai 2008 - 1 StR 166/07, BGHSt 52, 227, 256; vom 26. März 2009 - 3 StR 579/08, NStZ 2010, 86, 87; Beschlüsse vom 12. Mai 2009 - 4 StR 102/09, NStZ-RR 2009, 320; vom 9. Februar 2010 - 3 StR 17/10, StraFo 2010, 257). Unerheblich ist dagegen, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang der Täter oder Teilnehmer eine unmittelbar aus der Tat gewonnene (Mit-)Verfügungsmacht später aufgegeben hat, ob also der aus der Tat zunächst erzielte Vermögenszuwachs durch Mittelabflüsse gemindert wurde (vgl. BGH, Urteile vom 16. Mai 2006 - 1 StR 46/06, BGHSt 51, 65, 68, 72; vom 30. Mai 2008 - 1 StR 166/07, BGHSt 52, 227, 252; vom 4. Februar 2009 - 2 StR 504/08, JZ 2009, 1124, 1125 m. Anm. Rönnau).
20
An dieser - von der herrschenden Lehre geteilten (vgl. LK-Schmidt, StGB, 12. Aufl., § 73 Rn. 29, 32; MünchKomm StGB/Jaecks, § 73 Rn. 32; SSWStGB /Burghart, § 73 Rn. 15; Eser in Schönke/Schröder, StGB, 28. Aufl., § 73 Rn. 15) - Rechtsprechung hält der Senat fest (vgl. auch BVerfG, Beschlüsse vom 14. Juni 2004 - 2 BvR 1136/03, wistra 2004, 378, 382; vom 3. Mai 2005 - 2 BvR 1378/04, BVerfGK 5, 217, 221; vom 29. Mai 2006 - 2 BvR 820/06, BVerfGK 8, 143, 147).

21
b) Bereits auf dieser Grundlage ist bei der Anordnung von Verfall oder Verfall von Wertersatz bei mehreren Tätern und/oder Teilnehmern, die an demselben Vermögenswert unmittelbar aus der Tat (Mit-)Verfügungsmacht gewonnen haben, von einer gesamtschuldnerischen Haftung auszugehen, um zu ermöglichen , dass den Tätern oder Teilnehmern das aus der Tat Erlangte entzogen wird, aber zugleich zu verhindern, dass dies mehrfach erfolgt.
22
Eine solche gesamtschuldnerische Haftung entspricht der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. Beschluss vom 1. Juni 1995 - 1 StR 181/95; Urteil vom 4. Juni 1996 - 1 StR 235/96; Beschlüsse vom 13. November 1996 - 3 StR 482/96, NStZ-RR 1997, 262; vom 10. September 2002 - 1 StR 281/02, NStZ 2003, 198, 199; Urteil vom 29. April 2004 - 4 StR 586/03, NStZ 2005, 454, 455; Beschluss vom 11. Oktober 2005 - 1 StR 344/05; Urteil vom 16. Mai 2006 - 1 StR 46/06, BGHSt 51, 65, 71; Beschlüsse vom 27. Mai 2008 - 3 StR 50/08, NStZ 2008, 623; vom 21. Oktober 2008 - 4 StR 437/08, NStZ 2010, 85; Urteil vom 26. März 2009 - 3 StR 579/08, NStZ 2010, 86, 87; Beschlüsse vom 12. Mai 2009 - 4 StR 102/09, NStZ-RR 2009, 320; vom 2. Juli 2009 - 3 StR 192/09; zu § 73 Abs. 3 StGB auch Urteil vom 30. Mai 2008 - 1 StR 166/07, BGHSt 52, 227, 253).
23
Auch der Gesetzgeber ist davon ausgegangen, dass die Gerichte beim Verfall von Wertersatz gegen mehrere an der Tat Beteiligte "auch ohne ausdrückliche Vorschrift die gesamtschuldnerische Haftung der Beteiligten aussprechen werden" (BT-Drucks. IV/650 S. 245). Verfassungsrechtliche Bedenken bestehen hiergegen nicht (vgl. BVerfG, Beschluss vom 14. Juni 2004 - 2 BvR 1136/03, wistra 2004, 378, 382).
24
Die vom Generalbundesanwalt und Teilen des Schrifttums (etwa LKSchmidt aaO § 73 Rdn. 72; Rönnau JZ 2009, 1125, 1127; Spillecke NStZ 2010, 569 jeweils m.w.N.) gegen eine gesamtschuldnerische Haftung mehrerer Täter und/oder Teilnehmer erhobenen Einwände teilt der Senat nicht. Jedoch lässt er dahingestellt, ob - wie in einigen Entscheidungen ausgeführt - eine gesamtschuldnerische Haftung zudem über eine Zurechnung nach den Grundsätzen der Mittäterschaft in Betracht kommt, wenn sich die Beteiligten (lediglich) darüber einig waren, dass sie Mitverfügungsmacht haben sollten (vgl. BGH, Beschlüsse vom 10. September 2002 - 1 StR 281/02, NStZ 2003, 198, 199; vom 13. Dezember 2006 - 4 StR 421/06, NStZ-RR 2007, 121; vom 21. Oktober 2008 - 4 StR 437/08, NStZ 2010, 85; vom 27. April 2010 - 3 StR 112/10, NStZ 2010, 568 m. Anm. Spillecke).
25
Nach dem Willen des Gesetzgebers dienen die Vorschriften der §§ 73 ff. StGB der Abschöpfung deliktisch erzielter Vermögensvorteile; dem Täter soll nicht das belassen werden, was er aus der Tat unrechtmäßig erlangt hat, da dies als Anreiz für die Begehung weiterer entgelt- und gewinneinbringender Straftaten wirken kann (vgl. BT-Drucks. 16/700 S. 1; BVerfG, Beschluss vom 14. Januar 2004 - 2 BvR 564/95, BVerfGE 110, 1, 16 m.w.N.). Das Ziel einer effektiven Gewinnabschöpfung (vgl. Sotiriadis, Die Entwicklung der Gesetzgebung über Gewinnabschöpfung und Geldwäsche, 2010, dort z.B. S. 464, 468, 472 f.) würde indes ohne eine gesamtschuldnerische Haftung mehrerer Täter und/oder Teilnehmer für die von ihnen aus der Tat zumindest im Sinne einer Mitverfügungsmacht erlangten Vermögenswerte verfehlt werden. Denn Mittäter könnten "die Verfallerklärung gegen jeden von ihnen [schon] dadurch vereiteln, dass sie Angaben darüber verweigern, in welchem Verhältnis sie die Bestechungsgelder untereinander aufgeteilt haben", wenn der Tatrichter verpflichtet wäre, den Verfall oder den Verfall von Wertersatz auf den Beuteanteil zu be- schränken, den der jeweilige Mittäter letztlich erwiesenermaßen erhalten hat (so bereits BGH, Urteil vom 30. April 1957 - 1 StR 287/56, BGHSt 10, 237, 245; vgl. auch da Rosa NJW 2009, 1702, 1703).
26
Dem steht nicht entgegen, dass hierbei dem (Mit-)Täter mehr entzogen werden könnte, als er - nachdem er zunächst in größerem Umfang (Mit-)Verfügungsmacht hatte - letztlich als seinen Anteil an der Tatbeute "erlangt" hat. Nach der Rechtsprechung ist der Verfall keine Strafe (BVerfG, Beschlüsse vom 14. Januar 2004 - 2 BvR 564/95, BVerfGE 110, 1, 14 f., 16, 19; vom 14. Juni 2004 - 2 BvR 1136/03, wistra 2004, 378, 381; ferner BGH, Urteil vom 16. Mai 2006 - 1 StR 46/06, BGHSt 51, 65, 67), sondern weist dem Täter oder Teilnehmer - in verfassungsrechtlich unbedenklicher Weise - "wirtschaftliche Verlustrisiken" zu (BVerfG, Beschluss vom 14. Januar 2004 - 2 BvR 564/95, BVerfGE 110, 1, 21). Diese werden indes dadurch verringert, dass ihm die Durchführung eines Gesamtschuldnerausgleichs nach § 426 BGB mit den weiteren Mittätern oder Teilnehmern offensteht. Zur Erreichung des Präventionszwecks der §§ 73 ff. StGB ist es gerechtfertigt, diesen Innenausgleich den Tatbeteiligten zu überlassen und hinzunehmen, dass zuvor einzelnen von ihnen mehr entzogen wird, als sie letztlich erlangt haben (SSW-StGB/Burghart, § 73 Rn. 41; da Rosa NJW 2009, 1702, 1705 f.).
27
Mit der gesamtschuldnerischen Haftung von Mittätern und/oder Teilnehmern ist zudem gewährleistet, dass der Staat den Gesamtanspruch nur einmal erhält. Dem muss im Rahmen der Anwendung der §§ 111b ff. StPO Rechnung getragen werden (vgl. dazu etwa da Rosa NJW 2009, 1702, 1703 ff.; Podolsky/Brenner, Vermögensabschöpfung im Straf- und Ordnungswidrigkeitenverfahren , 2010, S. 44). Gerade der Zusammenhang zwischen §§ 73 ff. StGB und §§ 111b ff. StPO legt die gesamtschuldnerische Haftung nahe. Denn die Vorschriften der §§ 111b ff. StPO bezwecken auch den Schutz des Opfers (BT-Drucks. 16/700 S. 1; Sotiriadis aaO S. 466), dessen Zugriffsmöglichkeiten nach diesen Vorschriften indes regelmäßig (zumindest auch) die ihm gegenüber bestehende gesamtschuldnerische Haftung der Täter und/oder Teilnehmer (§§ 830, 840 Abs. 1 BGB) zur Grundlage haben. Dem entspricht es, dass der Gesetzgeber bei der hier in Frage stehenden Anordnung nach § 111i Abs. 2 StPO verhindern wollte, dass - etwa dem Vorschlag des Generalbundesanwalts im vorliegenden Fall folgend, die Mittäter jeweils nur in Höhe von 5.500 € zu belasten - der Tatrichter "nach seinem Ermessen Abschläge der Höhe nach … [vornimmt], weil dies die Interessen Verletzter in unangemessener Weise beeinträchtigen würde" (BT-Drucks. 16/700 S. 16).
28
Vor diesem Hintergrund steht der Annahme einer gesamtschuldnerischen Haftung die nach Einführung des Bruttoprinzips ohnehin zweifelhafte (vgl. Sotiriadis aaO S. 166 ff.) Anknüpfung an die "Sichtweise des zivilrechtlichen Bereicherungsrechts" (BVerfG, Beschluss vom 14. Januar 2004 - 2 BvR 564/95, BVerfGE 110, 1, 20 ff.) nicht entgegen, bei dem eine gesamtschuldnerische Haftung jedenfalls im Anwendungsbereich des § 812 BGB grundsätzlich nicht in Betracht kommt (vgl. BGH, Urteil vom 19. Januar 2001 - V ZR 437/99, BGHZ 146, 298, 309 m.w.N.).
29
c) Jedoch können auch bei Haftung mehrerer als Gesamtschuldner etwaige Härten durch die Anwendung von § 73c StGB ausgeglichen werden.
30
§ 73c StGB ist - wie oben ausgeführt - im Rahmen der nach § 111i Abs. 2 StPO zu treffenden Feststellung, welcher Vermögenswert dem Auffangrechtserwerb des Staates unterliegt, anwendbar. Dies kann - abhängig insbesondere von den jeweiligen persönlichen Verhältnissen der Tatbeteiligten (vgl. BGH, Beschluss vom 18. Dezember 2008 - 3 StR 460/08, wistra 2009, 241, 242) zur Folge haben, dass bei mehreren Tätern und/oder Teilnehmern unterschiedlich hohe Vermögenswerte gemäß § 111i Abs. 2 StPO festzustellen sind. Zudem entspricht es der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, dass "Mittelabflüsse" - etwa durch eine Beuteteilung - im Rahmen der Prüfung der Härtevorschrift des § 73c StGB von Bedeutung sein können (BGH, Urteil vom 16. Mai 2006 - 1 StR 46/06, BGHSt 51, 65, 68, 72; Beschluss vom 10. Januar 2008 - 5 StR 365/07, NStZ 2008, 565, 566), dass also die Weitergabe des zunächst Erlangten bei § 73c StGB Berücksichtigung finden kann, wenn kein - ausreichendes - Vermögen mehr vorhanden ist oder eine Verfallsanordnung eine unbillige Härte wäre (BGH, Urteil vom 12. August 2003 - 1 StR 127/03). Nichts anderes gilt im Fall einer Haftung mehrerer Täter und/oder Teilnehmer als Gesamtschuldner.
31
4. Auf dieser Grundlage begegnet es zwar an sich keinen Bedenken, dass das Landgericht im Rahmen der Entscheidung nach § 111i Abs. 2 StPO das von den Angeklagten T. , Y. und M. aus der Tat Erlangte mit insgesamt 26.000 € festgestellt hat. Insofern hat der Senat - anders als der Generalbundesanwalt - insbesondere keine Bedenken gegen die Annahme, diese die Tat unmittelbar ausführenden Angeklagten hätten noch am Tatort an der gesamten Beute (Mit-)Verfügungsmacht erlangt. Der Senat entnimmt jedoch den Ausführungen der Strafkammer, dass sie mit dieser Feststellung nicht (nur) das von diesen Angeklagten Erlangte, sondern den Betrag bezeichnen wollte, der bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 111i Abs. 5 StPO dem Auffang- rechtserwerb des Staates unterliegt. Die hierbei schon angesichts der festgestellten persönlichen Verhältnisse dieser Angeklagten gebotene Prüfung des § 73c StGB hat das Landgericht indes unterlassen und "allein" wegen der Ansprüche der Verletzten auf die Anordnung des Verfalls verzichtet (UA 48). Der Senat hebt deshalb diese Entscheidung insgesamt auf. Einer Aufhebung der ihr zugrunde liegenden Feststellungen bedarf es dagegen nicht, da diese rechtsfehlerfrei getroffen wurden; Ergänzungen - etwa zur weiteren Entwicklung der persönlichen Verhältnisse der Angeklagten - sind hierzu zulässig.
32
Nach § 357 Satz 1 StPO ist die Aufhebung des Urteils auf den nicht Revision führenden Mitangeklagten M. zu erstrecken, denn auch bei ihm beruht die Entscheidung nach § 111i Abs. 2 StPO auf dem oben aufgezeigten sachlich -rechtlichen Mangel. Dem steht nicht entgegen, dass die Frage, ob wegen einer unbilligen Härte (§ 73c Abs. 1 Satz 1 StGB) oder aufgrund einer Ermessensentscheidung (§ 73c Abs. 1 Satz 2 StGB) von der Anordnung des Verfalls abzusehen ist, auf individuellen Erwägungen beruht, deren Beantwortung ganz wesentlich von den persönlichen Verhältnissen des jeweils Betroffenen abhängt (BGH, Beschluss vom 10. Januar 2008 - 5 StR 365/07, NStZ 2008, 565, 567). Denn der Rechtsfehler liegt vorliegend schon darin, dass die Strafkammer ersichtlich von der (grundsätzlichen) Unanwendbarkeit des § 73c StGB im Rahmen der nach § 111i Abs. 2 StPO zu treffenden Feststellung ausgegangen ist (vgl. auch BGH, Beschluss vom 27. April 2010 - 3 StR 112/10, NStZ 2010, 568, 569 m. Anm. Spillecke).
33
5. Für das weitere Verfahren und im Hinblick auf die Ausführungen des Generalbundesanwalts in der Antragsschrift vom 1. Juni 2010 (dort S. 7, 8) weist der Senat auf Folgendes hin:
34
Bei einer Feststellung gemäß § 111i Abs. 2 StPO gegen nur einen Teil der Angeklagten oder gegen mehrere Angeklagte in unterschiedlicher Höhe ist es geboten, im Urteilstenor die von der Feststellung betroffenen Angeklagten und - ihnen zugeordnet - den oder die Vermögenswerte zu bezeichnen, die gemäß § 111i Abs. 5 StPO dem Auffangrechtserwerb des Staates unterliegen können. Dies kann - bei unterschiedlich hohen Beträgen - etwa wie folgt formuliert werden: "Es wird festgestellt, dass gegen den Angeklagten … wegen eines Geldbetrages in Höhe von …, gegen den Angeklagten … wegen eines Geldbetrages in Höhe von … und gegen den Angeklagten … wegen eines Geldbetrages in Höhe von … lediglich deshalb nicht auf Verfall erkannt wird, weil Ansprüche Verletzter entgegenstehen."
35
Eine nähere Bezeichnung des oder der Verletzten und der ihnen zustehenden Ansprüche ist im Urteilstenor dagegen nicht geboten (Meyer-Goßner, StPO, 53. Aufl., § 111i Rn. 9 m.w.N.). Auch die Kennzeichnung der Haftung des oder der Angeklagten als Gesamtschuldner muss nicht in den Urteilstenor aufgenommen werden, um den Urteilstenor von allem freizuhalten, was nicht unmittelbar der Erfüllung seiner Aufgaben dient (Meyer-Goßner aaO § 260 Rn. 20 m.w.N.). Insofern genügt vielmehr - auch bei gesamtschuldnerischer Haftung mit in anderen Verfahren oder noch nicht abgeurteilten Mittätern oder Teilnehmern -, dass sich diese (soweit möglich) aus den Urteilsgründen ergibt. Denn in den Fällen der gesamtschuldnerischen Haftung kann erst das nach § 111i Abs. 6 StPO zur Entscheidung berufene Gericht einen Vermögenszuwachs auf Seiten des Staates verhindern, der das von den Tätern und Teilnehmer Erlangte übersteigt, und beurteilen, ob und gegebenenfalls welche (möglicherweise erst später bekannt gewordenen) Gesamtschuldner in welcher Höhe haften und ob und gegebenenfalls in welchem Umfang der Verletzte - etwa durch Leistungen eines anderen Gesamtschuldners - im Sinne des § 111i Abs. 5 Satz 1 StPO befriedigt wurde.
36
Ausführungen zu durchgeführten und/oder aufrecht erhaltenen Arrestund Vollstreckungsmaßnahmen sind dagegen auch in den Urteilsgründen regelmäßig entbehrlich (vgl. BGH, Beschlüsse vom 9. Februar 2010 - 3 StR 17/10, StraFo 2010, 257; vom 17. Februar 2010 - 2 StR 524/09, NJW 2010, 1685, 1686).

III.


37
Die Revision des Angeklagten I. ist insgesamt unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO. Er ist - wie auch der Mitangeklagte Ye. - von der Feststellung gemäß § 111i Abs. 2 StPO nicht betroffen, da sich diese ausweislich der Gründe des angefochtenen Urteils allein auf die Mittäter, nicht aber die Gehilfen des Raubes bezieht.
Ernemann Solin-Stojanović Cierniak
Franke Mutzbauer

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
5 StR 623/17
5 StR 624/17
vom
24. Mai 2018
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen besonders schweren Raubes u.a.
ECLI:DE:BGH:2018:240518U5STR623.17.0

Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 24. Mai 2018, an der teilgenommen haben:
Richter am Bundesgerichtshof Prof. Dr. Sander
als Vorsitzender,
Richterin am Bundesgerichtshof Dr. Schneider, die Richter am Bundesgerichtshof Prof. Dr. König, Dr. Berger, Köhler
als beisitzende Richter,
Staatsanwalt beim Bundesgerichtshof
als Vertreter des Generalbundesanwalts,
Rechtsanwalt M. ,
als Verteidiger des Angeklagten A. L. ,
Rechtsanwältin P.
als Verteidigerin des Angeklagten G. ,
Rechtsanwältin Mo.
als Vertreterin der Nebenklägerin,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 4. August 2017 dahin geändert, dass gegen den Angeklagten G. als Gesamtschuldner mit dem Angeklagten A. L. die Einziehung des Wertes von Taterträgen in Höhe von 19.270,63 € angeordnet wird; weiterhin wird das vorgenannte Urteil, auch soweit es die Mitangeklagten Gö. , Göt. und E. L. betrifft, dahin geändert, dass diese Mitangeklagten in Höhe der gegen sie angeordneten Einziehungen mit den Angeklagten G. und A. L. sowie untereinander gesamtschuldnerisch haften.
2. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 18. August 2017 dahin geändert, dass gegen den Angeklagten A. L. die Einziehung des Wertes von Taterträgen in Höhe von 19.270,63 € angeordnet wird und er – insoweitauch auf seine Revision – mit dem Angeklagten G. sowie im Umfang der gegen die Mitangeklagten Gö. , Göt. und E. L. angeordneten Einziehungen als Gesamtschuldner haftet.
3. Die weitergehende Revision des Angeklagten A. L. wird verworfen.
4. Es wird davon abgesehen, den Angeklagten G. und A. L. die durch die Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft im Revisionsverfahren entstandenen Kosten aufzuerlegen. Auch wird davon abgesehen, dem Angeklagten A. L. die Kosten seines Rechtsmittels aufzuerlegen ; er hat jedoch die der Nebenklägerin hierdurch entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.

- Von Rechts wegen -

Gründe:


Das Landgericht hat den Angeklagten G. mit Urteil vom 4. August 2017
1
des schweren Raubes sowie des besonders schweren Raubes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung und mit Freiheitsberaubung und (im abgetrennten Verfahren) den Angeklagten A. L. mit Urteil vom 18. August 2017 des besonders schweren Raubes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung und mit Freiheitsberaubung schuldig gesprochen. Es hat den Angeklagten G. zu einer Jugendstrafe von zwei Jahren, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt worden ist, und den Angeklagten A. L. unter Einbeziehung von zwei früheren Urteilen zu einer Jugendstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Außerdem hat es gegen den Angeklagten G. die Einziehung eines Geldbetrages von 3.800 € sowie gegen den Angeklagten A. L. die Einziehung eines Geldbetrages von 8.000 € angeordnet.
Der Angeklagte A. L. wendet sich gegen seine Verurteilung mit
2
seiner auf die Verletzung materiellen Rechts gestützten Revision. Die ebenfalls jeweils auf die Sachrüge gestützten Revisionen der Staatsanwaltschaft richten sich gegen die Einziehungsentscheidungen des Landgerichts und sind jeweils auf die zur Tat vom 30. November 2016 auszusprechende Höhe der Einziehung des Wertes der Taterträge beschränkt. Während die vom Generalbundesanwalt vertretenen Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft zu der von ihr angestrebten Änderung der Einziehungsentscheidungen führen, bleibt das Rechtsmittel des Angeklagten A. L. überwiegend erfolglos.

I.


3
1. Nach den Feststellungen des Landgerichts überfielen die Angeklagten A. L. und G. am Abend des 30. November 2016 ein Möbelgeschäft, in dem der Mitangeklagte Göt. angestellt war und ihnen den Zugang zum Kassenbüro verschaffte. Die Tatbeute sollte nach dem gemeinsamen Tatplan unter Göt. , A. L. und G. zu gleichen Anteilen aufgeteilt werden, wobei auch dem als Fahrer an der Tat mitwirkenden Mitangeklagten Gö. eine Entlohnung in Aussicht gestellt wurde. G. war für die Tat von dem weiteren Mitangeklagten E. L. , der die Angeklagten auf der Fahrt zum Tatort begleitete, mit zwei Messern und einer Rolle Klebeband ausgerüstet worden. Nachdem A. L. und G. mit Hilfe des Mitangeklagten Göt. in das Kassenbüro eingedrungen waren, zeigten sie den beiden dort tätigen Kassiererinnen drohend ihre Messer und forderten sie auf, sich auf den Boden zu legen. Mit einem im Kassenbüro vorgefundenen Schlüsselbund und einem von G. mitgebrachten Rucksack ging A. L. in einen angrenzenden Tresor- raum. Er öffnete einen der Tresore und entnahm diesem 11.835 €, die er in den Rucksack steckte. Die Öffnung eines weiteren Tresors gelang ihm nicht. Währenddessen forderte G. die Kassiererinnen auf, ihren Schmuck abzunehmen. Danach fesselte er sie mit dem Klebeband. Nachdem A. L. in das Kassenbüro zurückgekehrt war und beide Angeklagte die Festnetztelefone unbenutzbar gemacht hatten, nahmen sie von einem Schreibtisch ein „Safebag“, in dem sich Tageseinnahmen in Höhe von 7.415,53 € befanden, und aus einer Wechselgeldkasse 220,10 € an sich. Sie steckten dieses Geld ebenfalls in den Rucksack des Angeklagten G. . Beim anschließenden Verlassen des Tatorts trug A. L. den Rucksack mit der Gesamtbeute von 19.470,63 € und hielt ihn auch im Fluchtfahrzeug bis zum Erreichen einer Tiefgarage als Fahrtziel. Dort schütteten beide Angeklagte sowie die Mitangeklagten Gö. und E. L. das Geld aus dem Rucksack in den Kofferraum des Fahrzeuges und sortierten und stapelten es gemeinsam. Die Mitangeklagten Gö. und E. L. erhielten jeweils mindestens 1.300 €, der Angeklagte G. mindestens 4.000 € aus der Tatbeute. A. L. nahm für sich einen Anteil von mindestens 4.000 € sowie weitere 4.000 €, die er später dem Mitangeklagten Göt. als dessen Anteil übergab. Der Verbleib des restlichen Geldes konnte nicht festgestellt werden.
4
2. Das Landgericht ist bei seinen jeweils auf § 73 Abs. 1 StGB nF gestützten Einziehungsentscheidungen hinsichtlich des Angeklagten G. nur von einer eigenen Verfügungsgewalt bezüglich seines Anteils an der Tatbeute in Höhe von 4.000 € ausgegangen. Über die restliche Tatbeute habe er nicht verfügen können, da sie sich nach dem Verstauen des Geldes im Rucksack bei A. L. befunden habe. In der Tiefgarage habe zwar jeder der Angeklagten einen Teil der Beute sortiert. Eine direkte Verfügungsgewalt über die gesamte Beute habe sich hieraus aber nicht abgeleitet, weil das Sortieren nur dazu gedient habe, den Beuteanteil der Beteiligten zu ermitteln und die Tatbeute umgehend aufzuteilen.
5
Hinsichtlich des Angeklagten A. L. hat das Landgericht eine faktische Verfügungsgewalt nur hinsichtlich seines eigenen Beuteanteils in Höhe von 4.000 € sowie hinsichtlich des von ihm für mehrere Stunden in Verwahrung genommenen Anteils des ehemaligen Mitangeklagten Göt. in gleicher Höhe angenommen. Das Mitsichführen der weiteren Gelder sei über einen kurzfristigen Beutetransport nicht hinausgegangen. Es habe zudem von vornherein zwischen den Beteiligten Einigkeit bestanden, dass die Tatbeute unmittelbar nach der Tat habe aufgeteilt werden sollen.

II.


6
Die wirksam (vgl. BGH, Urteil vom 17. Juni 2010 – 4 StR 126/10, BGHSt 55, 174, 175 f.) auf die Höhe der Einziehung des Wertes der Taterträge beschränkten Revisionen der Staatsanwaltschaft sind begründet.
7
1. Das Landgericht ist bei den beiden unmittelbar die Tat ausführenden Angeklagten G. und A. L. zu Unrecht davon ausgegangen, dass diese nur ihre eigenen Beuteanteile (sowie bei L. den des Mitangeklagten Göt. ) als Taterträge erlangt haben.
8
a) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist ein Vermögenswert im Rechtssinne aus der Tat erlangt, wenn er dem Täter oder Teilnehmer unmittelbar aus der Verwirklichung des Tatbestands in irgendeiner Phase des Tatablaufs so zugeflossen ist, dass er hierüber tatsächliche Verfügungsgewalt ausüben kann (vgl. zu § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB aF BGH, Urteile vom 30. Mai 2008 – 1 StR 166/07, BGHSt 52, 227, 246, und vom 28. Oktober 2010 – 4 StR 215/10, BGHSt 56, 39, 45 f. mwN; siehe zur insoweit unveränderten Rechtslage nach § 73 StGB nF Köhler, NStZ 2017, 497, 498 f. mit Fn. 27). Bei mehreren Beteiligten genügt insofern, dass sie zumindest eine faktische bzw. wirtschaftliche Mitverfügungsmacht über den Vermögensgegenstand erlangt haben. Dies ist der Fall, wenn sie im Sinne eines rein tatsächlichen Herrschaftsverhältnisses ungehinderten Zugriff auf den betreffenden Vermögensgegenstand nehmen können. Unerheblich ist bei der gebotenen gegenständlichen (tatsächlichen) Betrachtungsweise dagegen, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang der Täter oder Teilnehmer eine unmittelbar aus der Tat gewonnene (Mit-)Verfügungsmacht später aufgegeben hat und der zunächst erzielte Vermögenszuwachs durch Mittelabflüsse bei Beuteteilung gemindert wurde (vgl. BGH, Urteil vom 28. Oktober 2010 – 4 StR 215/10, aaO S. 46 mwN; Beschlüsse vom 7. Januar 2003 – 3 StR 421/02, und vom 10. Januar 2008 – 5 StR 365/07, NStZ 2008, 565).
9
b) Nach diesem Maßstab hatten beide Angeklagte tatsächliche Verfügungsgewalt über die Gesamtbeute bereits am Tatort erlangt. Sie gingen dort arbeitsteilig vor, entwendeten die im Kassenbüro aufgefundenen Gelder im Zusammenwirken und nutzten den von G. zur Verfügung gestellten Rucksack zur Verwahrung und zum Abtransport der Beute. G. begleitete den Angeklagten A. L. bis zum Ort der planmäßigen Beuteteilung. Der zufällige Umstand , dass er dabei seinen Rucksack nicht selbst trug, schloss ihn vom Mitgewahrsam an den gesamten erst noch aufzuteilenden Geldern und der diesbezüglichen Mitverfügungsgewalt nicht aus.
10
Die vom Landgericht für seine Auffassung herangezogene Rechtsprechung gebietet keine andere Beurteilung. In den beiden angeführten Entscheidungen des Bundesgerichtshofs vom 27. April 2010 (3 StR 112/10, NStZ 2010, 568 f.) und vom 8. August 2013 (3 StR 179/13, NStZ-RR 2014, 44) hatten die dortigen Revisionsführer jeweils nur eine kurze Transportfahrt durchgeführt, während die unmittelbare Tatausführung mit der Inbesitznahme der Beute von anderen Tätern vorgenommen worden war (vgl. zu Kurierfällen aber auch BGH, Urteile vom 14. September 1989 – 4 StR 306/89, BGHSt 36, 251, 253, und vom 16. Mai 2006 – 1 StR 46/06, BGHSt 51, 65, 68).
11
c) Die Angeklagten G. und A. L. haben danach ursprünglich die Gesamtbeute von 19.470,63 € aus der Raubtat vom 30. November 2016 erlangt. Da die gegenständliche Einziehung dieses Geldes nach § 73 Abs. 1 StGB nicht mehr möglich ist, unterliegt der dem Wert dieses Tatertrags entsprechende Geldbetrag gemäß § 73c Abs. 1 StGB der Einziehung. Hiervon ist nach Maßgabe des § 73e Abs. 1 StGB der vom Angeklagten G. auf den Schadenersatzanspruch des geschädigten Möbelhauses geleistete Betrag von 200 € abzuziehen.
12
Der Senat bestimmt auf der Grundlage der rechtsfehlerfrei getroffenen Urteilsfeststellungen den Wert des von den Angeklagten G. und A. L. aus der Raubtat vom 30. November 2016 Erlangten selbst (§ 354 Abs. 1 StPO analog).
2. Bei der Anordnung einer Einziehung von Taterträgen oder einer Ein13 ziehung von Taterträgen nach §§ 73, 73c StGB bei mehreren Beteiligten, die an
demselben Vermögenswert unmittelbar aus der Tat (Mit-)Verfügungsmacht gewonnen haben, ist von einer gesamtschuldnerischen Haftung auszugehen. Damit wird ermöglicht, dass den Beteiligten das aus der Tat Erlangte entzogen wird, aber zugleich verhindert, dass dies mehrfach erfolgt (vgl. zur früheren Verfallsregelung der §§ 73, 73a StGB BGH, Urteil vom 28. Oktober 2010 – 4 StR 215/10, aaO S. 46 ff. mwN; Beschlüsse vom 10. September 2002 – 1 StR281/02, NStZ 2003, 198, 199, und vom 5. Juli 2011 – 3 StR 129/11, StraFo 2011, 413, 414; siehe zur insoweit unveränderten Rechtslage nach §§ 73, 73c StGB nF Köhler, aaO).
14
Auch insoweit ordnet der Senat selbst die gesamtschuldnerische Haftung der beiden Angeklagten untereinander an (§ 354 Abs. 1 StPO analog).
Nach § 357 Satz 1 StPO ist die Abänderung des Rechtsfolgenaus15 spruchs des Urteils vom 4. August 2016 im Hinblick auf die Anordnung gesamtschuldnerischer Haftung auf die Mitangeklagten Gö. , Göt. und E. L. zu erstrecken, da die Einziehungsentscheidungen auch bei ihnen auf dem aufgezeigten sachlich-rechtlichen Mangel beruhen (vgl. BGH, Beschluss vom 23. November 2011 – 4 StR 516/11, NStZ 2012, 382, 383 mwN).

III.


16
Die Revision des Angeklagten A. L. erzielt lediglich den sich aus der Anordnung der gesamtschuldnerischen Haftung ergebenden Teilerfolg. Das Rechtsmittel ist im Übrigen aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts unbegründet.
17
Der Senat schließt aus, dass die Jugendkammer bei einer rechtsfehlerfreien Bestimmung der Höhe des Tatertrages die gegen den Angeklagten A. L. zu erkennende Jugendstrafe niedriger festgesetzt hätte. Für die frühere Regelung des Verfalls entsprach es der ständigen Rechtsprechung, dass diese Maßnahme trotz bisweilen erheblicher Belastungen für den Verurteilten keinen Strafcharakter hat und keinen Genugtuungs-, sondern einen Präventionszweck verfolgt (vgl. BGH, Urteile vom 21. August 2002 – 1 StR 115/02, BGHSt 47, 369, 371 ff.; vom 30. Mai 2008 – 1 StR 166/07, BGHSt 52, 227, 248, und vom 17. Juni 2010 – 4 StR 126/10, aaO S. 176). Die umfassende Neuregelung der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung hat ihren Rechtscharakter unberührt gelassen, so dass auch die mit einer Anordnung der Einziehung nach §§ 73, 73c StGB nF verbundene Vermögenseinbuße keinen Strafmilderungsgrund darstellt (vgl. BGH, Beschluss vom 6. Februar 2018 – 5 StR 600/17 mwN).
Sander Schneider König
Berger Köhler

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
4 StR 63/18
vom
7. Juni 2018
in der Strafsache
gegen
wegen Wohnungseinbruchdiebstahls u.a.
ECLI:DE:BGH:2018:070618U4STR63.18.0

Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 7. Juni 2018, an der teilgenommen haben:
Vorsitzende Richterin am Bundesgerichtshof Sost-Scheible,
Richter am Bundesgerichtshof Cierniak, Bender, Dr. Feilcke, Dr. Paul als beisitzende Richter,
Erster Staatsanwalt als Vertreter des Generalbundesanwalts,
Rechtsanwalt – in der Verhandlung – als Verteidiger,
Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Die Revision der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landgerichts Frankenthal (Pfalz) vom 29. August 2017 wird mit der Maßgabe verworfen, dass gegen den Angeklagten die Einziehung des Wertes von Taterträgen in Höhe des Teilbetrages von 10.000 € als Gesamtschuldner angeordnet wird.
2. Die Staatskasse hat die Kosten des Rechtsmittels und die dem Angeklagten insoweit entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.
Von Rechts wegen

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Wohnungseinbruchdiebstahls und Diebstahls in zwei Fällen zu der Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Es hat in Höhe von 11.800 Euro die Einziehung des Wertes von Taterträgen sowie weiterhin die Einziehung einer Reihe im Tenor näher bezeichneter Schmuckstücke angeordnet. Das zu Ungunsten des Angeklagten eingelegte, auf die Verletzung materiellen Rechts gestützte und vom Generalbundesanwalt teilweise vertretene Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft ist wirksam auf den Ausspruch über die Einziehung beschränkt. Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg; es führt lediglich zugunsten des Angeklagten zu einer Ergänzung der Entscheidungsformel.

I.


2
Der Verurteilung des Angeklagten liegen drei Einbruchdiebstähle zu Grunde:
3
1. a) In der Nacht vom 25. auf den 26. Dezember 2015 verschaffte sich der Angeklagte zusammen mit einem unbekannten Mittäter gewaltsam Zutritt zu einem Wohnhaus in L. . Den früheren Mitangeklagten K. und H. kam dabei die Aufgabe zu, sich außerhalb des Anwesens aufzuhalten, um gegebenenfalls den Angeklagten und seinen Mittäter frühzeitig telefonisch warnen zu können.
4
Der Angeklagte und der unbekannte Mittäter erbeuteten einen Bargeldbetrag von über bzw. mindestens 35.000 Euro sowie Schmuck in einem Gesamtwert von mindestens 5.000 Euro. Der Mittäter „sammelte Wertgegenstände ein“ und übergab die gesamte Beute absprachegemäß vollständig an den Angeklagten ; dies geschah ausschließlich zu dem Zweck, dass der Angeklagte die Tatbeute in seine Unterkunft nach B. transportierte, „ohne hierüber jedoch die Verfügungsgewalt zu erlangen“.Vor der Tat hatten sie vereinbart, dass nur der Mittäter berechtigt sein sollte, die Beute aufzuteilen. „Einige Zeit nach der Tat“ teilteder Mittäter diese absprachegemäß im Verhältnis 75 % zu 25 % auf. Er wies dem Angeklagten das diesem danach zustehende Viertel – 10.000 Euro Bargeld und bestimmte Schmuckstücke – zu. Der Beuteanteil konnte bei einer Durchsuchung im Januar 2016 vollständig aufgefunden werden. Insgesamt wurde beim Angeklagten Bargeld in Höhe von 20.000 Euro sichergestellt. Den weiteren Betrag von 10.000 Euro konnte die Strafkammer dem Wohnungseinbruch in L. nicht zuordnen.
5
Die beiden rechtskräftig wegen Beihilfe zum Wohnungseinbruchdiebstahl verurteilten Mitangeklagten H. und K. erhielten keinen Anteil an der Tatbeute.
6
Der Angeklagte erklärte in der Hauptverhandlung gegenüber dem Landgericht „den Verzicht auf die Rückgabe des sichergestellten Geldes und Schmuckes“.
7
b) Am 27. November 2014 drang der Angeklagte zusammen mit einem weiteren, namentlich noch nicht ermittelten Täter gewaltsam in eine Gaststätte in P. ein. Dort erbeuteten sie Bargeld in Höhe von insgesamt mindestens 1.550 Euro sowie Zigaretten. Die Beute teilten sie vor Ort in der Weise, dass der Angeklagte das Bargeld und sein Mittäter die Zigaretten erhielt.
8
c) Anschließend verschaffte sich der Angeklagte mit einem anderen Täter gewaltsam Zutritt zu einem Vereinsheim. Dort stahlen die beiden mindestens 500 Euro. Der Angeklagte teilte die Beute mit seinem Mittäter vor Ort hälftig auf.
9
2. Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Wohnungseinbruchdiebstahls gemäß § 244 Abs. 1 Nr. 3 StGB sowie wegen (gemeinschaftlichen) Diebstahls (im besonders schweren Fall) in zwei Fällen nach § 243 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 StGB verurteilt. Da die Strafkammer hinsichtlich des Wohnungseinbruchdiebstahls nicht aufklären konnte, welche der beim Angeklagten sichergestellten Geldscheine konkret aus dieser Tat stammten, hat es gemäß § 73c StGB insgesamt die Einziehung des Wertes von Taterträgen in Höhe von 11.800 Euro angeordnet. Einen darüber hinausgehenden Beuteanteil hat es dem Angeklagten mangels einer Mitverfügungsgewalt nicht zugerechnet.

II.


10
Die gegen die Einziehungsentscheidung gerichtete Revision der Staatsanwaltschaft bleibt erfolglos.
11
Das Landgericht hat mit Recht § 73c Satz 1 StGB in der Fassung des Gesetzes zur Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung vom 13. April 2017 (BGBl. I S. 872) angewendet (Art. 316h Satz 1 EGStGB) und dem Angeklagten die Beuteanteile, die in den drei Fällen an seine jeweiligen Mittäter gelangten, nicht zugerechnet.
12
1. Die Einziehung des Wertes von Taterträgen gemäß § 73c Satz 1 StGB knüpft an § 73 Abs. 1 StGB an und setzt voraus, dass der Täter durch eine rechtswidrige Tat oder für sie etwas erlangt hat. Hierzu ist in Fällen der Beteiligung mehrerer an einer Tat nach der bereits zu § 73a StGB aF ergangenen und unverändert fortgeltenden Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs von folgenden Grundsätzen auszugehen: Erforderlich ist, dass die mehreren Tatbeteiligten faktische bzw. wirtschaftliche Mitverfügungsmacht über die Diebesbeute erlangt haben (BGH, Urteil vom 27. Oktober 2011 – 5 StR 14/11, NJW 2012, 92 f.). Dabei kommt eine Zurechnung nach den Grundsätzen der Mittäterschaft gemäß § 25 Abs. 2 StGB nur in Betracht, wenn sich die Beteiligten darüber einig waren, dass dem jeweiligen Mittäter zumindest Mitverfügungsgewalt über die Beute zukommen sollte und er diese auch tatsächlich hatte (BGH, Beschlüsse vom 10. September 2002 – 1 StR 281/02, NStZ 2003, 198, 199, vom 1. März 2007 – 4 StR 544/06, vom 12. Mai 2009 – 4 StR 102/09, NStZ-RR 2009, 320, vom 27. April 2010 – 3 StR 112/10, NStZ 2010, 568, vom 22. Juli 2014 – 1 StR 53/14 und vom 17. März 2016 – 1 StR 628/15, BGHR StGB § 73 Erlangtes 19). Die bloße Annahme mittäterschaftlichen Handelns vermag die fehlende Darlegung des tatsächlichen Geschehens hierzu nicht zu ersetzen (BGH, Urteil vom 26. März 2009 – 3 StR 579/08, NStZ 2010, 86, 87; vgl. auch BGH, Urteil vom 28. Oktober 2010 – 4 StR 215/10, BGHSt 56, 39, 44 f.). Eine gemeinsame Mitverfügungsmacht über die gesamte Beute ist daher in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs verneint worden, wenn der Angeklagte den Gesamtbetrag nur kurzfristig und transitorisch erhalten und sodann an seine Mittäter deren Beuteanteile weitergeleitet hatte (vgl. BGH, Beschluss vom 12. Mai 2009, aaO; Urteil vom 27. Oktober 2011 – 5 StR 14/11, NJW 2012, 92).
13
2. In den drei abgeurteilten Fällen hat das Landgericht danach eine Zurechnung der den jeweiligen Mittätern zugeflossenen Beuteanteile an den Angeklagten zu Recht verneint:
14
a) Im Fall des Wohnungseinbruchdiebstahls in L. (oben Ziff. I.1.a)) liegt eine solche Einigung über die Mitverfügungsgewalt nicht vor. Im Gegenteil hat die Strafkammer auf Grund rechtsfehlerfreier Beweiswürdigung festgestellt, dass der Angeklagte über die Beute keine auch nur faktische bzw. wirtschaftliche Mitverfügungsgewalt erlangen sollte. Allein aus der Überlassung der Beute zum Transport und einer zeitlich nicht näher eingegrenzten Aufbewahrung folgt eine solche faktische Mitverfügungsgewalt des Angeklagten nicht (vgl. BGH, Beschluss vom 12. Mai 2009 – 4 StR 102/09, aaO). Dieser kurzfristige und vorübergehende Zustand begründete keinen rechtserheblichen Vermögenszufluss beim Angeklagten (vgl. BGH, Beschlüsse vom 27. April 2010 – 3 StR 112/10, NStZ 2010, 568, und vom 8. August 2013 – 3 StR 179/13, NStZ-RR 2014, 44). Der Angeklagte war sich vielmehr mit seinem unbekannt gebliebenen Mittäter einig, dass er nur als Bote und Verwahrer fungierte; er verhielt sich weisungsgemäß und leitete die gesamte Beute an seinen Mittäter weiter. Da somit von einer Einigung über die Einräumung oder Ausübung von Mitverfügungsgewalt des Angeklagten keine Rede sein kann, kommt der von der Strafkammer nicht näher geklärten Zeitspanne bis zur Beuteteilung keine Bedeutung zu. Insoweit liegt der Fall hier anders als derjenige, über den der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs mit Urteil vom 24. Mai 2018 (5 StR 623 und 624/17) entschieden hat.
15
b) Nach den vorgenannten Grundsätzen kommt dem Angeklagten erst recht keine Mitverfügungsgewalt an der jeweiligen Beute aus den beiden Einbrüchen in P. (oben Ziff. I.1.b) und c)) zu. Hier ist schon nicht festgestellt , dass der Angeklagte und sein jeweiliger Mittäter vor der Beuteteilung Mitverfügungsgewalt am jeweils anderen Beuteanteil erlangten. Eine Verfahrensrüge ist nicht erhoben.
16
3. Gemäß § 301 StPO war der Tenor des landgerichtlichen Urteils dahin zu ergänzen, dass der Angeklagte hinsichtlich seines Beuteanteils von 10.000 Euro aus dem Wohnungseinbruchdiebstahl in L. nur als Gesamtschuldner mit seinem unbekannten Mittäter haftet; diesem vermittelte er die faktische Verfügungsgewalt an der gesamten Beute und damit auch an dem ihm schließlich zugewiesenen Beuteanteil von 10.000 Euro (vgl. BGH, Beschluss vom 16. Juli 2013 – 4 StR 144/13, insofern nicht abgedruckt in NStZ 2014, 162). Der Kennzeichnung der Haftung als gesamtschuldnerisch im Urteilstenor bedarf es auch nach neuem Recht (st. Rspr.; vgl. BGH, Beschlüsse vom 12. März 2018 – 4 StR 57/18 und vom 20. Februar 2018 – 2 StR 12/18; zu § 73a StGB aF; BGH, Beschluss vom 23. November 2011 – 4 StR 516/11, wistra 2012, 147 mwN; einschränkend Köhler/Burkhard, NStZ 2017, 665, 668 mN in Fn. 34). Damit wird ermöglicht, dass den Beteiligten das aus der Tat Erlangte entzogen wird, aber zugleich verhindert, dass dies mehrfach erfolgt (BGH, Urteil vom 24. Mai 2018 – 5 StR 623 und 624/17 mwN). Die anteilige gesamtschuldnerische Haftung des Angeklagten hat der Senat im Tenor klargestellt ; hierfür ist die Angabe eines Namens des jeweiligen Gesamtschuldners nicht erforderlich (vgl. BGH, Beschluss vom 27. August 2013 – 4 StR 280/13).
17
4. Zur Frage, ob es angesichts des wirksamen Verzichts des Angeklagten auf die Rückgabe des bei ihm sichergestellten Schmucks einer förmlichen Einziehung gemäß § 73 StGB nF bedurft hätte, verweist der Senat auf das bereits zur Rechtslage nach dem Gesetz zur Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung ergangene Urteil des 5. Strafsenats vom 10. April 2018 (5 StR 611/17, NStZ 2018, 333). Zu einer Abänderung der Einziehungsentscheidung , soweit sie Gegenstände erfasst, auf deren Herausgabe der Angeklagte verzichtet hat, sieht sich der Senat indes nicht veranlasst (vgl. BGH, Urteil vom 7. März 2018 – 2 StR 127/17).
Sost-Scheible Cierniak Bender
Feilcke Paul

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
4 StR 215/10
vom
28. Oktober 2010
in der Strafsache
gegen
Nachschlagewerk: ja
BGHSt: ja
Veröffentlichung: ja
1. Bei einer Feststellung gemäß § 111i Abs. 2 StPO ist im Urteilstenor (nur)
der Vermögensgegenstand bzw. Geldbetrag zu benennen, den der Staat
unter den Voraussetzungen des § 111i Abs. 5 StPO unmittelbar oder als
Zahlungsanspruch erwirbt.
2. Bei der Bestimmung des Vermögensgegenstandes bzw. Zahlungsanspruchs
, der dem Auffangrechtserwerb des Staates unterliegt, ist bei mehreren
Tätern und/oder Teilnehmern von deren gesamtschuldnerischer
Haftung auszugehen, wenn und soweit sie zumindest Mitverfügungsmacht
an dem aus der Tat erzielten Vermögenswert hatten.
3. Die Anwendung der Härtevorschrift des § 73c Abs. 1 StGB kann zur Folge
haben, dass gegen mehrere Täter und/oder Teilnehmer unterschiedlich
hohe Feststellungen nach § 111i Abs. 2 StPO getroffen werden müssen.
BGH, Urteil vom 28. Oktober 2010 – 4 StR 215/10 – LG Hagen
1.
2.
3.
wegen schweren Raubes u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 28. Oktober
2010, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Ernemann,
die Richterin am Bundesgerichtshof
Solin-Stojanović,
die Richter am Bundesgerichtshof
Cierniak,
Dr. Franke,
Dr. Mutzbauer
als beisitzende Richter,
Staatsanwältin beim Bundesgerichtshof
als Vertreterin der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger des Angeklagten T. ,
Rechtsanwalt
als Verteidiger des Angeklagten Y. ,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revisionen der Angeklagten T. und Y. wird das Urteil des Landgerichts Hagen vom 2. November 2009 aufgehoben, soweit dort hinsichtlich dieser Angeklagten sowie des Angeklagten M. festgestellt ist, "dass der Anordnung des Verfalls bzw. des Verfalls des Wertersatzes des aus der Tat erlangten Betrages von 26.000,00 Euro Ansprüche der Verletzten entgegenstehen". 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel der Angeklagten T. und Y. , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 3. Die weiter gehenden Revisionen der Angeklagten T. und Y. werden verworfen. 4. Die Revision des Angeklagten I. wird verworfen. Er hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat die Angeklagten T. und Y. sowie den nicht Revision führenden Mitangeklagten M. des schweren Raubes und die Angeklagten I. sowie Ye. der Beihilfe zum schweren Raub schuldig gesprochen. Es hat den Angeklagten T. zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren und zehn Monaten, den Angeklagten Y. zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren und acht Monaten und den Angeklagten I. zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und acht Monaten - bei Aussetzung der Vollstreckung zur Bewährung - verurteilt. Ferner hat es festgestellt, dass "der Anordnung des Verfalls bzw. des Verfalls des Wertersatzes des aus der Tat erlangten Betrages von 26.000,00 Euro Ansprüche der Verletzten entgegenstehen". Gegen ihre Verurteilungen richten sich die auf die Sachrüge gestützten Revisionen der Angeklagten T. , Y. und I. ; der Angeklagte I. beanstandet zudem das Verfahren. Die Rechtsmittel der Angeklagten T. und Y. haben hinsichtlich des Ausspruchs gemäß § 111i Abs. 2 StPO Erfolg; insofern ist die Aufhebung des Urteils auf den Mitangeklagten M. zu erstrecken. Im Übrigen sind diese Revisionen unbegründet. Das Rechtsmittel des Angeklagten I. hat insgesamt keinen Erfolg.

I.


2
1. Nach den vom Landgericht getroffenen Feststellungen planten die Angeklagten T. , Y. und M. , im "Café " in Hagen, in dem - wie sie wussten - dem illegalen Glücksspiel nachgegangen wurde, einen Überfall zu begehen. Die Angeklagten I. und Ye. beteiligten sich an der Planung, indem sie ihre Orts- und Personenkenntnisse einbrachten. Hierfür sollten sie - wie auch die den Überfall unmittelbar ausführenden Angeklagten T. , Y. und M. - einen Anteil an der Beute erhalten.
3
Entsprechend dem gemeinsamen Plan betraten die Angeklagten T. , Y. und M. am 24. Januar 2009 nach 3.45 Uhr das Café. Der Angeklagte Y. , der eine Schusswaffe oder einen einer Schusswaffe täuschend ähnlich sehenden Gegenstand in der Hand hielt, rief "Überfall" und forderte die vier anwesenden Personen auf, sich auf den Boden zu legen. Anschließend durchsuchten die Angeklagten T. und M. die am Boden Liegenden und nahmen einem Gast 22.000 €, einem anderen 3.500 € und dem Betreiber des Ca- fés 500 € ab. Sodann verließen sie das Café, trafen sich mit dem Angeklagten Ye. und fuhren gemeinsam nach Köln und Duisburg.
4
Ob und gegebenenfalls wie die Angeklagten das erbeutete Geld im Einzelnen untereinander aufgeteilt haben, vermochte die Strafkammer nicht festzustellen. Sie geht jedoch davon aus, dass der Angeklagte T. aus der Beute mindestens einen Betrag von 5.500 Euro erhalten hat.
5
2. Die Strafkammer hat gemäß § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB von der Anordnung des Verfalls von Wertersatz wegen der Ansprüche der Verletzten abgesehen. Hierzu hat sie in den Urteilsgründen ausgeführt (UA 48): Nach Würdigung der Kammer wäre ohne die Ansprüche der Geschädigten ein Verfall von Wertersatz nach §§ 73 Abs. 1 S. 1, 73a S. 1 StGB in Betracht gekommen, und zwar nicht nur gegenüber den Angeklagten T. und M. hinsichtlich der Beträge, die sie jeweils eigenhändig den verschiedenen Geschädigten abnahmen und über die sie somit - jedenfalls vorübergehend - die faktische Verfügungsgewalt ausübten. Vielmehr geht die Kammer davon aus, dass nach einer wertenden Gesamtbetrachtung zumindest die den Überfall ausführenden drei Angeklagten Mitverfügungsgewalt an der erbeuteten Summe hatten: Sie waren während der Wegnahme gemeinschaftlich vor Ort, führten die Tat im unmittelbaren Zusammenwirken gemeinsam aus und wollten die erbeutete Summe sodann aufteilen.
6
3. Auf die lediglich mit nicht ausgeführten Rügen begründeten Revisionen der Angeklagten I. , T. und Y. hin beantragte der Generalbundesanwalt Termin zur Hauptverhandlung zu bestimmen. Er hat Bedenken gegen die vom Landgericht nach § 111i Abs. 2 StPO getroffene Entscheidung und meint unter anderem, dass es sachgerecht sei, Mittäter nicht als Gesamtschuldner , sondern nur in Höhe des von ihnen jeweils selbst erlangten Betrags - den er mit 5.500 € angibt - haften zu lassen. Zudem enthalte das Urteil keine konkreten Feststellungen zur Mitverfügungsgewalt aller Mittäter an der (Gesamt -)Beute; auch sei § 73c StGB nicht erörtert.

II.


7
Die Rechtsmittel der Angeklagten T. und Y. sind unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO, soweit sie sich gegen die Schuld- und Strafaussprüche richten. Hinsichtlich der Feststellung gemäß § 111i Abs. 2 StPO haben sie dagegen Erfolg. Diese Feststellung begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken, weil die Strafkammer § 73c Abs. 1 StGB nicht bedacht hat. Die aus diesem Grund gebotene Aufhebung des Urteils zugunsten der Angeklagten T. und Y. ist gemäß § 357 StPO auf den Mitangeklagten M. zu erstrecken.
8
Will der Tatrichter eine Feststellung gemäß § 111i Abs. 2 Satz 1 StPO treffen, so hat er nicht nur das Erlangte (§ 111i Abs. 2 Satz 2 StPO) bzw. den Geldbetrag, der dem Wert des Erlangten entspricht (§ 111i Abs. 2 Satz 3 StPO), zu ermitteln, sondern - im Falle einer schon im Urteilszeitpunkt feststehenden Abweichung - auch den Vermögensgegenstand bzw. Geldbetrag zu benennen, den der Staat unter den Voraussetzungen des § 111i Abs. 5 StPO unmittelbar oder als Zahlungsanspruch erwirbt. Diesen dem Auffangrechtserwerb des Staates unterliegenden Vermögenswert muss der Tatrichter im Urteilstenor bezeichnen. Bei der Bestimmung des Vermögensgegenstandes bzw. Zahlungsanspruchs, der dem Staat unter den Voraussetzungen des § 111i Abs. 5 StPO zufällt, ist bei mehreren Tätern und/oder Teilnehmern von deren gesamtschuldnerischer Haftung auszugehen, wenn und soweit sie zumindest Mitverfügungsmacht an dem aus der Tat erzielten Vermögenswert hatten. Zudem ist § 73c Abs. 1 StGB zu beachten. Diese Vorschrift ist auch in den Fällen der gesamtschuldnerischen Haftung mehrerer Täter und/oder Teilnehmer anwendbar ; sie kann zur Folge haben, dass gegen sie - auch in verschiedenen Urteilen - in Bezug auf den dem Auffangrechtserwerb des Staates unterliegenden Vermögenswert unterschiedlich hohe Feststellungen nach § 111i Abs. 2 StPO getroffen werden, für die sie - entsprechend "ihrer" Feststellung - als Gesamt- und teilweise auch als Alleinschuldner in Anspruch genommen oder betroffen werden.
9
1. Der Tatrichter hat, sofern er eine Feststellung gemäß § 111i Abs. 2 Satz 1 StPO trifft, das aus der Tat Erlangte bzw. den Geldbetrag, der dem Wert des Erlangten entspricht, zu ermitteln und im Urteil zu bezeichnen.
10
Diese Verpflichtung folgt unmittelbar aus § 111i Abs. 2 Sätze 2, 3 StPO. Dabei ist - wie sich schon aus den übereinstimmend verwendeten Formulierungen ergibt - das "Erlangte" bzw. der "Geldbetrag, der dem Wert des Erlangten entspricht", in demselben Sinn zu verstehen wie in § 73 Abs. 1 Satz 1 bzw. § 73a Satz 1 StGB. Auch die Regelung in § 111i Abs. 2 Satz 4 StPO, mit der bestimmt wird, welche Abzüge vom Erlangten bzw. dem entsprechenden Geldbetrag vorgenommen werden dürfen, belegt, dass der Gesetzgeber davon ausgegangen ist, dass das Erlangte ungeschmälert und in voller Höhe - mithin wie nach §§ 73, 73a StGB ermittelt - anzugeben ist (vgl. auch BT-Drucks. 16/700 S. 16).
11
Die Bezeichnung des in diesem Sinn Erlangten bzw. des entsprechenden Geldbetrages im Urteilstenor ist indes nur in den Fällen unerlässlich, in denen dieser Vermögenswert unverändert dem Auffangrechtserwerb des Staates unterliegen kann, sich Abweichungen also lediglich aus § 111i Abs. 5 Satz 1 StPO ergeben können.
12
2. Der Vermögensgegenstand bzw. Geldbetrag, den der Staat bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 111i Abs. 5 StPO unmittelbar oder als Zahlungsanspruch erwirbt, kann jedoch schon im Zeitpunkt des Urteils vom Erlangten oder dem Geldbetrag, der dem Wert des Erlangten entspricht, abweichen. In einem solchen Fall muss (allein) dieser Vermögensgegenstand oder Geldbetrag im Tenor des Urteils bezeichnet werden.
13
a) Eine solche Abweichung kann sich schon aus § 111i Abs. 2 Satz 4 StPO ergeben, nach dem beispielsweise eine (teilweise) Befriedigung des Verletzten vom Erlangten bzw. dessen Wert "in Abzug zu bringen" ist und allein der dann noch verbleibende Vermögenswert dem Auffangrechtserwerb des Staates unterliegt.
14
Daneben kann eine Minderung des Erlangten bzw. des entsprechenden Geldbetrags aber auch auf der Anwendung der Härtevorschrift des § 73c StGB beruhen.
15
Es entspricht der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, dass § 73c Abs. 1 StGB im Rahmen der nach § 111i Abs. 2 StPO zu treffenden Entscheidung zu berücksichtigen ist (vgl. BGH, Beschlüsse vom 5. August 2010 - 2 StR 254/10; vom 18. Dezember 2008 - 3 StR 460/08, wistra 2009, 241, 242; vom 7. September 2010 - 4 StR 393/10). Hiervon geht auch der Gesetzgeber aus (BT-Drucks. 16/700 S. 16: "Die fakultative Ausgestaltung [des § 111i Abs. 2 StPO] trägt zudem der Beachtung der Härtefallregelung des § 73c StGB Rechnung" ). Die Anwendbarkeit von § 73c StGB in Zusammenhang mit der Feststel- lung gemäß § 111i Abs. 2 StPO steht aber auch in Einklang mit dem Wortlaut dieser Vorschrift. Denn nach § 111i Abs. 2 Satz 1 StPO ist die Feststellung, dass Ansprüche eines Verletzten im Sinne des § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB dem Verfall entgegenstehen, auf diejenigen Fälle beschränkt, in denen "lediglich" aus diesem Grund nicht auf den Verfall erkannt wird. Steht indes schon oder auch die Anwendung der Härtefallregelung des § 73c Abs. 1 StGB dem Verfall entgegen, so beruht dessen (teilweise) Nicht-Anordnung nicht "lediglich" auf den entgegenstehenden Ansprüchen Verletzter. Die Erwägung des Gesetzgebers , dass das Gericht nicht "nur teilweise Feststellungen nach Absatz 2 treffen, also etwa nach seinem Ermessen Abschläge der Höhe nach vornehmen kann, weil dies die Interessen Verletzter in unangemessener Weise beeinträchtigen würde" (BT-Drucks. 16/700 S. 16), ist deshalb - wie auch der unmittelbar voranstehende Hinweis auf § 73c StGB zeigt - ersichtlich darauf bezogen, dass das Gericht von dem Vermögenswert, der "lediglich" wegen Ansprüchen Verletzter nicht dem Verfall unterliegt, keine (weiteren) Abschläge nach seinem Ermessen vornehmen darf. Zudem ist - zumal berechtigte Interessen des Verletzten hiervon nicht berührt werden - eine sachliche Rechtfertigung dafür nicht erkennbar, den oder die vom Verfall betroffenen Angeklagten im Hinblick auf die Anwendbarkeit von § 73c Abs. 1 StGB danach unterschiedlich zu behandeln, ob der Verfall und seine Wirkungen unmittelbar mit Rechtskraft des Urteils eintreten oder sich der (Auffang-)Rechtserwerb des Staates erst nach Ablauf von drei Jahren vollzieht.
16
b) Sofern der Vermögenswert, den der Staat bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 111i Abs. 5 StPO unmittelbar oder als Zahlungsanspruch erwirbt , schon nach dem Ergebnis der tatrichterlichen Hauptverhandlung vom Erlangten bzw. dem Geldbetrag, der dem Wert des Erlangten entspricht, abweicht , muss (allein) er im Urteilstenor bezeichnet werden.

17
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in seiner Entscheidung vom 17. Februar 2010 (2 StR 524/09, NJW 2010, 1685, 1686) dargelegt, dass die materiell-rechtliche Grundlage für den eventuellen späteren Auffangrechtserwerb aus dem Urteilstenor erkennbar sein soll. Dies erfordert die Angabe des von dem Auffangrechtserwerb gegebenenfalls betroffenen Vermögenswerts. Dementsprechend ist auch der Gesetzgeber davon ausgegangen, "dass das Gericht im Rahmen der [nach § 111i Abs. 2 StPO] zu treffenden Feststellung die einzelnen 'Verfallsgegenstände' bezeichnen muss … [bzw.] den Betrag anzugeben [hat], der dem 'Wertersatzverfall' entspricht" (BT-Drucks. 16/700 S. 16); hiermit "gibt es den Rahmen des möglichen späteren Auffangrechtserwerbs vor" (BT-Drucks. aaO S. 15).
18
3. Bei der Feststellung des dem Auffangrechtserwerb des Staates gemäß § 111i Abs. 5 StPO unterliegenden Vermögenswerts ist bei mehreren Tätern und/oder Teilnehmern, auch wenn die Feststellungen in verschiedenen Urteilen getroffen werden, von deren gesamtschuldnerischer Haftung auszugehen , wenn und soweit sie zumindest Mitverfügungsmacht an dem aus der Tat erzielten Vermögenswert hatten. Mit einer solchen Haftung mehrerer als Gesamtschuldner verbundene Härten können aber - für jeden Mittäter oder Teilnehmer gesondert - durch die Anwendung von § 73c StGB ausgeglichen werden.
19
a) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist ein Vermögenswert aus der Tat erlangt im Sinne des § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB, wenn er dem Täter oder Teilnehmer unmittelbar aus der Verwirklichung des Tatbestands in irgendeiner Phase des Tatablaufs zugeflossen ist (BGH, Urteile vom 30. Mai 2008 - 1 StR 166/07, BGHSt 52, 227, 246; vom 29. Juni 2010 - 1 StR 245/09), er an ihm also unmittelbar aus der Tat (tatsächliche, aber nicht notwendig rechtliche ) Verfügungsmacht gewonnen und dadurch einen Vermögenszuwachs erzielt hat (vgl. BGH, Urteil vom 16. Mai 2006 - 1 StR 46/06, BGHSt 51, 65, 68; Beschluss vom 21. Oktober 2008 - 4 StR 437/08, NStZ 2010, 85; Urteil vom 4. Februar 2009 - 2 StR 504/08, JZ 2009, 1124 m. Anm. Rönnau m.w.N.). Bei mehreren Tätern und/oder Teilnehmern genügt insofern, dass sie zumindest eine faktische bzw. wirtschaftliche Mitverfügungsmacht über den Vermögensgegenstand erlangt haben (ständige Rechtsprechung; vgl. etwa BGH, Beschlüsse vom 10. Januar 2008 - 5 StR 365/07, NStZ 2008, 565, 566; vom 27. Mai 2008 - 3 StR 50/08, NStZ 2008, 623; vom 30. Mai 2008 - 2 StR 174/08, NStZ-RR 2008, 287; Urteile vom 30. Mai 2008 - 1 StR 166/07, BGHSt 52, 227, 256; vom 26. März 2009 - 3 StR 579/08, NStZ 2010, 86, 87; Beschlüsse vom 12. Mai 2009 - 4 StR 102/09, NStZ-RR 2009, 320; vom 9. Februar 2010 - 3 StR 17/10, StraFo 2010, 257). Unerheblich ist dagegen, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang der Täter oder Teilnehmer eine unmittelbar aus der Tat gewonnene (Mit-)Verfügungsmacht später aufgegeben hat, ob also der aus der Tat zunächst erzielte Vermögenszuwachs durch Mittelabflüsse gemindert wurde (vgl. BGH, Urteile vom 16. Mai 2006 - 1 StR 46/06, BGHSt 51, 65, 68, 72; vom 30. Mai 2008 - 1 StR 166/07, BGHSt 52, 227, 252; vom 4. Februar 2009 - 2 StR 504/08, JZ 2009, 1124, 1125 m. Anm. Rönnau).
20
An dieser - von der herrschenden Lehre geteilten (vgl. LK-Schmidt, StGB, 12. Aufl., § 73 Rn. 29, 32; MünchKomm StGB/Jaecks, § 73 Rn. 32; SSWStGB /Burghart, § 73 Rn. 15; Eser in Schönke/Schröder, StGB, 28. Aufl., § 73 Rn. 15) - Rechtsprechung hält der Senat fest (vgl. auch BVerfG, Beschlüsse vom 14. Juni 2004 - 2 BvR 1136/03, wistra 2004, 378, 382; vom 3. Mai 2005 - 2 BvR 1378/04, BVerfGK 5, 217, 221; vom 29. Mai 2006 - 2 BvR 820/06, BVerfGK 8, 143, 147).

21
b) Bereits auf dieser Grundlage ist bei der Anordnung von Verfall oder Verfall von Wertersatz bei mehreren Tätern und/oder Teilnehmern, die an demselben Vermögenswert unmittelbar aus der Tat (Mit-)Verfügungsmacht gewonnen haben, von einer gesamtschuldnerischen Haftung auszugehen, um zu ermöglichen , dass den Tätern oder Teilnehmern das aus der Tat Erlangte entzogen wird, aber zugleich zu verhindern, dass dies mehrfach erfolgt.
22
Eine solche gesamtschuldnerische Haftung entspricht der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. Beschluss vom 1. Juni 1995 - 1 StR 181/95; Urteil vom 4. Juni 1996 - 1 StR 235/96; Beschlüsse vom 13. November 1996 - 3 StR 482/96, NStZ-RR 1997, 262; vom 10. September 2002 - 1 StR 281/02, NStZ 2003, 198, 199; Urteil vom 29. April 2004 - 4 StR 586/03, NStZ 2005, 454, 455; Beschluss vom 11. Oktober 2005 - 1 StR 344/05; Urteil vom 16. Mai 2006 - 1 StR 46/06, BGHSt 51, 65, 71; Beschlüsse vom 27. Mai 2008 - 3 StR 50/08, NStZ 2008, 623; vom 21. Oktober 2008 - 4 StR 437/08, NStZ 2010, 85; Urteil vom 26. März 2009 - 3 StR 579/08, NStZ 2010, 86, 87; Beschlüsse vom 12. Mai 2009 - 4 StR 102/09, NStZ-RR 2009, 320; vom 2. Juli 2009 - 3 StR 192/09; zu § 73 Abs. 3 StGB auch Urteil vom 30. Mai 2008 - 1 StR 166/07, BGHSt 52, 227, 253).
23
Auch der Gesetzgeber ist davon ausgegangen, dass die Gerichte beim Verfall von Wertersatz gegen mehrere an der Tat Beteiligte "auch ohne ausdrückliche Vorschrift die gesamtschuldnerische Haftung der Beteiligten aussprechen werden" (BT-Drucks. IV/650 S. 245). Verfassungsrechtliche Bedenken bestehen hiergegen nicht (vgl. BVerfG, Beschluss vom 14. Juni 2004 - 2 BvR 1136/03, wistra 2004, 378, 382).
24
Die vom Generalbundesanwalt und Teilen des Schrifttums (etwa LKSchmidt aaO § 73 Rdn. 72; Rönnau JZ 2009, 1125, 1127; Spillecke NStZ 2010, 569 jeweils m.w.N.) gegen eine gesamtschuldnerische Haftung mehrerer Täter und/oder Teilnehmer erhobenen Einwände teilt der Senat nicht. Jedoch lässt er dahingestellt, ob - wie in einigen Entscheidungen ausgeführt - eine gesamtschuldnerische Haftung zudem über eine Zurechnung nach den Grundsätzen der Mittäterschaft in Betracht kommt, wenn sich die Beteiligten (lediglich) darüber einig waren, dass sie Mitverfügungsmacht haben sollten (vgl. BGH, Beschlüsse vom 10. September 2002 - 1 StR 281/02, NStZ 2003, 198, 199; vom 13. Dezember 2006 - 4 StR 421/06, NStZ-RR 2007, 121; vom 21. Oktober 2008 - 4 StR 437/08, NStZ 2010, 85; vom 27. April 2010 - 3 StR 112/10, NStZ 2010, 568 m. Anm. Spillecke).
25
Nach dem Willen des Gesetzgebers dienen die Vorschriften der §§ 73 ff. StGB der Abschöpfung deliktisch erzielter Vermögensvorteile; dem Täter soll nicht das belassen werden, was er aus der Tat unrechtmäßig erlangt hat, da dies als Anreiz für die Begehung weiterer entgelt- und gewinneinbringender Straftaten wirken kann (vgl. BT-Drucks. 16/700 S. 1; BVerfG, Beschluss vom 14. Januar 2004 - 2 BvR 564/95, BVerfGE 110, 1, 16 m.w.N.). Das Ziel einer effektiven Gewinnabschöpfung (vgl. Sotiriadis, Die Entwicklung der Gesetzgebung über Gewinnabschöpfung und Geldwäsche, 2010, dort z.B. S. 464, 468, 472 f.) würde indes ohne eine gesamtschuldnerische Haftung mehrerer Täter und/oder Teilnehmer für die von ihnen aus der Tat zumindest im Sinne einer Mitverfügungsmacht erlangten Vermögenswerte verfehlt werden. Denn Mittäter könnten "die Verfallerklärung gegen jeden von ihnen [schon] dadurch vereiteln, dass sie Angaben darüber verweigern, in welchem Verhältnis sie die Bestechungsgelder untereinander aufgeteilt haben", wenn der Tatrichter verpflichtet wäre, den Verfall oder den Verfall von Wertersatz auf den Beuteanteil zu be- schränken, den der jeweilige Mittäter letztlich erwiesenermaßen erhalten hat (so bereits BGH, Urteil vom 30. April 1957 - 1 StR 287/56, BGHSt 10, 237, 245; vgl. auch da Rosa NJW 2009, 1702, 1703).
26
Dem steht nicht entgegen, dass hierbei dem (Mit-)Täter mehr entzogen werden könnte, als er - nachdem er zunächst in größerem Umfang (Mit-)Verfügungsmacht hatte - letztlich als seinen Anteil an der Tatbeute "erlangt" hat. Nach der Rechtsprechung ist der Verfall keine Strafe (BVerfG, Beschlüsse vom 14. Januar 2004 - 2 BvR 564/95, BVerfGE 110, 1, 14 f., 16, 19; vom 14. Juni 2004 - 2 BvR 1136/03, wistra 2004, 378, 381; ferner BGH, Urteil vom 16. Mai 2006 - 1 StR 46/06, BGHSt 51, 65, 67), sondern weist dem Täter oder Teilnehmer - in verfassungsrechtlich unbedenklicher Weise - "wirtschaftliche Verlustrisiken" zu (BVerfG, Beschluss vom 14. Januar 2004 - 2 BvR 564/95, BVerfGE 110, 1, 21). Diese werden indes dadurch verringert, dass ihm die Durchführung eines Gesamtschuldnerausgleichs nach § 426 BGB mit den weiteren Mittätern oder Teilnehmern offensteht. Zur Erreichung des Präventionszwecks der §§ 73 ff. StGB ist es gerechtfertigt, diesen Innenausgleich den Tatbeteiligten zu überlassen und hinzunehmen, dass zuvor einzelnen von ihnen mehr entzogen wird, als sie letztlich erlangt haben (SSW-StGB/Burghart, § 73 Rn. 41; da Rosa NJW 2009, 1702, 1705 f.).
27
Mit der gesamtschuldnerischen Haftung von Mittätern und/oder Teilnehmern ist zudem gewährleistet, dass der Staat den Gesamtanspruch nur einmal erhält. Dem muss im Rahmen der Anwendung der §§ 111b ff. StPO Rechnung getragen werden (vgl. dazu etwa da Rosa NJW 2009, 1702, 1703 ff.; Podolsky/Brenner, Vermögensabschöpfung im Straf- und Ordnungswidrigkeitenverfahren , 2010, S. 44). Gerade der Zusammenhang zwischen §§ 73 ff. StGB und §§ 111b ff. StPO legt die gesamtschuldnerische Haftung nahe. Denn die Vorschriften der §§ 111b ff. StPO bezwecken auch den Schutz des Opfers (BT-Drucks. 16/700 S. 1; Sotiriadis aaO S. 466), dessen Zugriffsmöglichkeiten nach diesen Vorschriften indes regelmäßig (zumindest auch) die ihm gegenüber bestehende gesamtschuldnerische Haftung der Täter und/oder Teilnehmer (§§ 830, 840 Abs. 1 BGB) zur Grundlage haben. Dem entspricht es, dass der Gesetzgeber bei der hier in Frage stehenden Anordnung nach § 111i Abs. 2 StPO verhindern wollte, dass - etwa dem Vorschlag des Generalbundesanwalts im vorliegenden Fall folgend, die Mittäter jeweils nur in Höhe von 5.500 € zu belasten - der Tatrichter "nach seinem Ermessen Abschläge der Höhe nach … [vornimmt], weil dies die Interessen Verletzter in unangemessener Weise beeinträchtigen würde" (BT-Drucks. 16/700 S. 16).
28
Vor diesem Hintergrund steht der Annahme einer gesamtschuldnerischen Haftung die nach Einführung des Bruttoprinzips ohnehin zweifelhafte (vgl. Sotiriadis aaO S. 166 ff.) Anknüpfung an die "Sichtweise des zivilrechtlichen Bereicherungsrechts" (BVerfG, Beschluss vom 14. Januar 2004 - 2 BvR 564/95, BVerfGE 110, 1, 20 ff.) nicht entgegen, bei dem eine gesamtschuldnerische Haftung jedenfalls im Anwendungsbereich des § 812 BGB grundsätzlich nicht in Betracht kommt (vgl. BGH, Urteil vom 19. Januar 2001 - V ZR 437/99, BGHZ 146, 298, 309 m.w.N.).
29
c) Jedoch können auch bei Haftung mehrerer als Gesamtschuldner etwaige Härten durch die Anwendung von § 73c StGB ausgeglichen werden.
30
§ 73c StGB ist - wie oben ausgeführt - im Rahmen der nach § 111i Abs. 2 StPO zu treffenden Feststellung, welcher Vermögenswert dem Auffangrechtserwerb des Staates unterliegt, anwendbar. Dies kann - abhängig insbesondere von den jeweiligen persönlichen Verhältnissen der Tatbeteiligten (vgl. BGH, Beschluss vom 18. Dezember 2008 - 3 StR 460/08, wistra 2009, 241, 242) zur Folge haben, dass bei mehreren Tätern und/oder Teilnehmern unterschiedlich hohe Vermögenswerte gemäß § 111i Abs. 2 StPO festzustellen sind. Zudem entspricht es der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, dass "Mittelabflüsse" - etwa durch eine Beuteteilung - im Rahmen der Prüfung der Härtevorschrift des § 73c StGB von Bedeutung sein können (BGH, Urteil vom 16. Mai 2006 - 1 StR 46/06, BGHSt 51, 65, 68, 72; Beschluss vom 10. Januar 2008 - 5 StR 365/07, NStZ 2008, 565, 566), dass also die Weitergabe des zunächst Erlangten bei § 73c StGB Berücksichtigung finden kann, wenn kein - ausreichendes - Vermögen mehr vorhanden ist oder eine Verfallsanordnung eine unbillige Härte wäre (BGH, Urteil vom 12. August 2003 - 1 StR 127/03). Nichts anderes gilt im Fall einer Haftung mehrerer Täter und/oder Teilnehmer als Gesamtschuldner.
31
4. Auf dieser Grundlage begegnet es zwar an sich keinen Bedenken, dass das Landgericht im Rahmen der Entscheidung nach § 111i Abs. 2 StPO das von den Angeklagten T. , Y. und M. aus der Tat Erlangte mit insgesamt 26.000 € festgestellt hat. Insofern hat der Senat - anders als der Generalbundesanwalt - insbesondere keine Bedenken gegen die Annahme, diese die Tat unmittelbar ausführenden Angeklagten hätten noch am Tatort an der gesamten Beute (Mit-)Verfügungsmacht erlangt. Der Senat entnimmt jedoch den Ausführungen der Strafkammer, dass sie mit dieser Feststellung nicht (nur) das von diesen Angeklagten Erlangte, sondern den Betrag bezeichnen wollte, der bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 111i Abs. 5 StPO dem Auffang- rechtserwerb des Staates unterliegt. Die hierbei schon angesichts der festgestellten persönlichen Verhältnisse dieser Angeklagten gebotene Prüfung des § 73c StGB hat das Landgericht indes unterlassen und "allein" wegen der Ansprüche der Verletzten auf die Anordnung des Verfalls verzichtet (UA 48). Der Senat hebt deshalb diese Entscheidung insgesamt auf. Einer Aufhebung der ihr zugrunde liegenden Feststellungen bedarf es dagegen nicht, da diese rechtsfehlerfrei getroffen wurden; Ergänzungen - etwa zur weiteren Entwicklung der persönlichen Verhältnisse der Angeklagten - sind hierzu zulässig.
32
Nach § 357 Satz 1 StPO ist die Aufhebung des Urteils auf den nicht Revision führenden Mitangeklagten M. zu erstrecken, denn auch bei ihm beruht die Entscheidung nach § 111i Abs. 2 StPO auf dem oben aufgezeigten sachlich -rechtlichen Mangel. Dem steht nicht entgegen, dass die Frage, ob wegen einer unbilligen Härte (§ 73c Abs. 1 Satz 1 StGB) oder aufgrund einer Ermessensentscheidung (§ 73c Abs. 1 Satz 2 StGB) von der Anordnung des Verfalls abzusehen ist, auf individuellen Erwägungen beruht, deren Beantwortung ganz wesentlich von den persönlichen Verhältnissen des jeweils Betroffenen abhängt (BGH, Beschluss vom 10. Januar 2008 - 5 StR 365/07, NStZ 2008, 565, 567). Denn der Rechtsfehler liegt vorliegend schon darin, dass die Strafkammer ersichtlich von der (grundsätzlichen) Unanwendbarkeit des § 73c StGB im Rahmen der nach § 111i Abs. 2 StPO zu treffenden Feststellung ausgegangen ist (vgl. auch BGH, Beschluss vom 27. April 2010 - 3 StR 112/10, NStZ 2010, 568, 569 m. Anm. Spillecke).
33
5. Für das weitere Verfahren und im Hinblick auf die Ausführungen des Generalbundesanwalts in der Antragsschrift vom 1. Juni 2010 (dort S. 7, 8) weist der Senat auf Folgendes hin:
34
Bei einer Feststellung gemäß § 111i Abs. 2 StPO gegen nur einen Teil der Angeklagten oder gegen mehrere Angeklagte in unterschiedlicher Höhe ist es geboten, im Urteilstenor die von der Feststellung betroffenen Angeklagten und - ihnen zugeordnet - den oder die Vermögenswerte zu bezeichnen, die gemäß § 111i Abs. 5 StPO dem Auffangrechtserwerb des Staates unterliegen können. Dies kann - bei unterschiedlich hohen Beträgen - etwa wie folgt formuliert werden: "Es wird festgestellt, dass gegen den Angeklagten … wegen eines Geldbetrages in Höhe von …, gegen den Angeklagten … wegen eines Geldbetrages in Höhe von … und gegen den Angeklagten … wegen eines Geldbetrages in Höhe von … lediglich deshalb nicht auf Verfall erkannt wird, weil Ansprüche Verletzter entgegenstehen."
35
Eine nähere Bezeichnung des oder der Verletzten und der ihnen zustehenden Ansprüche ist im Urteilstenor dagegen nicht geboten (Meyer-Goßner, StPO, 53. Aufl., § 111i Rn. 9 m.w.N.). Auch die Kennzeichnung der Haftung des oder der Angeklagten als Gesamtschuldner muss nicht in den Urteilstenor aufgenommen werden, um den Urteilstenor von allem freizuhalten, was nicht unmittelbar der Erfüllung seiner Aufgaben dient (Meyer-Goßner aaO § 260 Rn. 20 m.w.N.). Insofern genügt vielmehr - auch bei gesamtschuldnerischer Haftung mit in anderen Verfahren oder noch nicht abgeurteilten Mittätern oder Teilnehmern -, dass sich diese (soweit möglich) aus den Urteilsgründen ergibt. Denn in den Fällen der gesamtschuldnerischen Haftung kann erst das nach § 111i Abs. 6 StPO zur Entscheidung berufene Gericht einen Vermögenszuwachs auf Seiten des Staates verhindern, der das von den Tätern und Teilnehmer Erlangte übersteigt, und beurteilen, ob und gegebenenfalls welche (möglicherweise erst später bekannt gewordenen) Gesamtschuldner in welcher Höhe haften und ob und gegebenenfalls in welchem Umfang der Verletzte - etwa durch Leistungen eines anderen Gesamtschuldners - im Sinne des § 111i Abs. 5 Satz 1 StPO befriedigt wurde.
36
Ausführungen zu durchgeführten und/oder aufrecht erhaltenen Arrestund Vollstreckungsmaßnahmen sind dagegen auch in den Urteilsgründen regelmäßig entbehrlich (vgl. BGH, Beschlüsse vom 9. Februar 2010 - 3 StR 17/10, StraFo 2010, 257; vom 17. Februar 2010 - 2 StR 524/09, NJW 2010, 1685, 1686).

III.


37
Die Revision des Angeklagten I. ist insgesamt unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO. Er ist - wie auch der Mitangeklagte Ye. - von der Feststellung gemäß § 111i Abs. 2 StPO nicht betroffen, da sich diese ausweislich der Gründe des angefochtenen Urteils allein auf die Mittäter, nicht aber die Gehilfen des Raubes bezieht.
Ernemann Solin-Stojanović Cierniak
Franke Mutzbauer

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
5 StR 623/17
5 StR 624/17
vom
24. Mai 2018
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen besonders schweren Raubes u.a.
ECLI:DE:BGH:2018:240518U5STR623.17.0

Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 24. Mai 2018, an der teilgenommen haben:
Richter am Bundesgerichtshof Prof. Dr. Sander
als Vorsitzender,
Richterin am Bundesgerichtshof Dr. Schneider, die Richter am Bundesgerichtshof Prof. Dr. König, Dr. Berger, Köhler
als beisitzende Richter,
Staatsanwalt beim Bundesgerichtshof
als Vertreter des Generalbundesanwalts,
Rechtsanwalt M. ,
als Verteidiger des Angeklagten A. L. ,
Rechtsanwältin P.
als Verteidigerin des Angeklagten G. ,
Rechtsanwältin Mo.
als Vertreterin der Nebenklägerin,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 4. August 2017 dahin geändert, dass gegen den Angeklagten G. als Gesamtschuldner mit dem Angeklagten A. L. die Einziehung des Wertes von Taterträgen in Höhe von 19.270,63 € angeordnet wird; weiterhin wird das vorgenannte Urteil, auch soweit es die Mitangeklagten Gö. , Göt. und E. L. betrifft, dahin geändert, dass diese Mitangeklagten in Höhe der gegen sie angeordneten Einziehungen mit den Angeklagten G. und A. L. sowie untereinander gesamtschuldnerisch haften.
2. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 18. August 2017 dahin geändert, dass gegen den Angeklagten A. L. die Einziehung des Wertes von Taterträgen in Höhe von 19.270,63 € angeordnet wird und er – insoweitauch auf seine Revision – mit dem Angeklagten G. sowie im Umfang der gegen die Mitangeklagten Gö. , Göt. und E. L. angeordneten Einziehungen als Gesamtschuldner haftet.
3. Die weitergehende Revision des Angeklagten A. L. wird verworfen.
4. Es wird davon abgesehen, den Angeklagten G. und A. L. die durch die Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft im Revisionsverfahren entstandenen Kosten aufzuerlegen. Auch wird davon abgesehen, dem Angeklagten A. L. die Kosten seines Rechtsmittels aufzuerlegen ; er hat jedoch die der Nebenklägerin hierdurch entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.

- Von Rechts wegen -

Gründe:


Das Landgericht hat den Angeklagten G. mit Urteil vom 4. August 2017
1
des schweren Raubes sowie des besonders schweren Raubes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung und mit Freiheitsberaubung und (im abgetrennten Verfahren) den Angeklagten A. L. mit Urteil vom 18. August 2017 des besonders schweren Raubes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung und mit Freiheitsberaubung schuldig gesprochen. Es hat den Angeklagten G. zu einer Jugendstrafe von zwei Jahren, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt worden ist, und den Angeklagten A. L. unter Einbeziehung von zwei früheren Urteilen zu einer Jugendstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Außerdem hat es gegen den Angeklagten G. die Einziehung eines Geldbetrages von 3.800 € sowie gegen den Angeklagten A. L. die Einziehung eines Geldbetrages von 8.000 € angeordnet.
Der Angeklagte A. L. wendet sich gegen seine Verurteilung mit
2
seiner auf die Verletzung materiellen Rechts gestützten Revision. Die ebenfalls jeweils auf die Sachrüge gestützten Revisionen der Staatsanwaltschaft richten sich gegen die Einziehungsentscheidungen des Landgerichts und sind jeweils auf die zur Tat vom 30. November 2016 auszusprechende Höhe der Einziehung des Wertes der Taterträge beschränkt. Während die vom Generalbundesanwalt vertretenen Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft zu der von ihr angestrebten Änderung der Einziehungsentscheidungen führen, bleibt das Rechtsmittel des Angeklagten A. L. überwiegend erfolglos.

I.


3
1. Nach den Feststellungen des Landgerichts überfielen die Angeklagten A. L. und G. am Abend des 30. November 2016 ein Möbelgeschäft, in dem der Mitangeklagte Göt. angestellt war und ihnen den Zugang zum Kassenbüro verschaffte. Die Tatbeute sollte nach dem gemeinsamen Tatplan unter Göt. , A. L. und G. zu gleichen Anteilen aufgeteilt werden, wobei auch dem als Fahrer an der Tat mitwirkenden Mitangeklagten Gö. eine Entlohnung in Aussicht gestellt wurde. G. war für die Tat von dem weiteren Mitangeklagten E. L. , der die Angeklagten auf der Fahrt zum Tatort begleitete, mit zwei Messern und einer Rolle Klebeband ausgerüstet worden. Nachdem A. L. und G. mit Hilfe des Mitangeklagten Göt. in das Kassenbüro eingedrungen waren, zeigten sie den beiden dort tätigen Kassiererinnen drohend ihre Messer und forderten sie auf, sich auf den Boden zu legen. Mit einem im Kassenbüro vorgefundenen Schlüsselbund und einem von G. mitgebrachten Rucksack ging A. L. in einen angrenzenden Tresor- raum. Er öffnete einen der Tresore und entnahm diesem 11.835 €, die er in den Rucksack steckte. Die Öffnung eines weiteren Tresors gelang ihm nicht. Währenddessen forderte G. die Kassiererinnen auf, ihren Schmuck abzunehmen. Danach fesselte er sie mit dem Klebeband. Nachdem A. L. in das Kassenbüro zurückgekehrt war und beide Angeklagte die Festnetztelefone unbenutzbar gemacht hatten, nahmen sie von einem Schreibtisch ein „Safebag“, in dem sich Tageseinnahmen in Höhe von 7.415,53 € befanden, und aus einer Wechselgeldkasse 220,10 € an sich. Sie steckten dieses Geld ebenfalls in den Rucksack des Angeklagten G. . Beim anschließenden Verlassen des Tatorts trug A. L. den Rucksack mit der Gesamtbeute von 19.470,63 € und hielt ihn auch im Fluchtfahrzeug bis zum Erreichen einer Tiefgarage als Fahrtziel. Dort schütteten beide Angeklagte sowie die Mitangeklagten Gö. und E. L. das Geld aus dem Rucksack in den Kofferraum des Fahrzeuges und sortierten und stapelten es gemeinsam. Die Mitangeklagten Gö. und E. L. erhielten jeweils mindestens 1.300 €, der Angeklagte G. mindestens 4.000 € aus der Tatbeute. A. L. nahm für sich einen Anteil von mindestens 4.000 € sowie weitere 4.000 €, die er später dem Mitangeklagten Göt. als dessen Anteil übergab. Der Verbleib des restlichen Geldes konnte nicht festgestellt werden.
4
2. Das Landgericht ist bei seinen jeweils auf § 73 Abs. 1 StGB nF gestützten Einziehungsentscheidungen hinsichtlich des Angeklagten G. nur von einer eigenen Verfügungsgewalt bezüglich seines Anteils an der Tatbeute in Höhe von 4.000 € ausgegangen. Über die restliche Tatbeute habe er nicht verfügen können, da sie sich nach dem Verstauen des Geldes im Rucksack bei A. L. befunden habe. In der Tiefgarage habe zwar jeder der Angeklagten einen Teil der Beute sortiert. Eine direkte Verfügungsgewalt über die gesamte Beute habe sich hieraus aber nicht abgeleitet, weil das Sortieren nur dazu gedient habe, den Beuteanteil der Beteiligten zu ermitteln und die Tatbeute umgehend aufzuteilen.
5
Hinsichtlich des Angeklagten A. L. hat das Landgericht eine faktische Verfügungsgewalt nur hinsichtlich seines eigenen Beuteanteils in Höhe von 4.000 € sowie hinsichtlich des von ihm für mehrere Stunden in Verwahrung genommenen Anteils des ehemaligen Mitangeklagten Göt. in gleicher Höhe angenommen. Das Mitsichführen der weiteren Gelder sei über einen kurzfristigen Beutetransport nicht hinausgegangen. Es habe zudem von vornherein zwischen den Beteiligten Einigkeit bestanden, dass die Tatbeute unmittelbar nach der Tat habe aufgeteilt werden sollen.

II.


6
Die wirksam (vgl. BGH, Urteil vom 17. Juni 2010 – 4 StR 126/10, BGHSt 55, 174, 175 f.) auf die Höhe der Einziehung des Wertes der Taterträge beschränkten Revisionen der Staatsanwaltschaft sind begründet.
7
1. Das Landgericht ist bei den beiden unmittelbar die Tat ausführenden Angeklagten G. und A. L. zu Unrecht davon ausgegangen, dass diese nur ihre eigenen Beuteanteile (sowie bei L. den des Mitangeklagten Göt. ) als Taterträge erlangt haben.
8
a) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist ein Vermögenswert im Rechtssinne aus der Tat erlangt, wenn er dem Täter oder Teilnehmer unmittelbar aus der Verwirklichung des Tatbestands in irgendeiner Phase des Tatablaufs so zugeflossen ist, dass er hierüber tatsächliche Verfügungsgewalt ausüben kann (vgl. zu § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB aF BGH, Urteile vom 30. Mai 2008 – 1 StR 166/07, BGHSt 52, 227, 246, und vom 28. Oktober 2010 – 4 StR 215/10, BGHSt 56, 39, 45 f. mwN; siehe zur insoweit unveränderten Rechtslage nach § 73 StGB nF Köhler, NStZ 2017, 497, 498 f. mit Fn. 27). Bei mehreren Beteiligten genügt insofern, dass sie zumindest eine faktische bzw. wirtschaftliche Mitverfügungsmacht über den Vermögensgegenstand erlangt haben. Dies ist der Fall, wenn sie im Sinne eines rein tatsächlichen Herrschaftsverhältnisses ungehinderten Zugriff auf den betreffenden Vermögensgegenstand nehmen können. Unerheblich ist bei der gebotenen gegenständlichen (tatsächlichen) Betrachtungsweise dagegen, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang der Täter oder Teilnehmer eine unmittelbar aus der Tat gewonnene (Mit-)Verfügungsmacht später aufgegeben hat und der zunächst erzielte Vermögenszuwachs durch Mittelabflüsse bei Beuteteilung gemindert wurde (vgl. BGH, Urteil vom 28. Oktober 2010 – 4 StR 215/10, aaO S. 46 mwN; Beschlüsse vom 7. Januar 2003 – 3 StR 421/02, und vom 10. Januar 2008 – 5 StR 365/07, NStZ 2008, 565).
9
b) Nach diesem Maßstab hatten beide Angeklagte tatsächliche Verfügungsgewalt über die Gesamtbeute bereits am Tatort erlangt. Sie gingen dort arbeitsteilig vor, entwendeten die im Kassenbüro aufgefundenen Gelder im Zusammenwirken und nutzten den von G. zur Verfügung gestellten Rucksack zur Verwahrung und zum Abtransport der Beute. G. begleitete den Angeklagten A. L. bis zum Ort der planmäßigen Beuteteilung. Der zufällige Umstand , dass er dabei seinen Rucksack nicht selbst trug, schloss ihn vom Mitgewahrsam an den gesamten erst noch aufzuteilenden Geldern und der diesbezüglichen Mitverfügungsgewalt nicht aus.
10
Die vom Landgericht für seine Auffassung herangezogene Rechtsprechung gebietet keine andere Beurteilung. In den beiden angeführten Entscheidungen des Bundesgerichtshofs vom 27. April 2010 (3 StR 112/10, NStZ 2010, 568 f.) und vom 8. August 2013 (3 StR 179/13, NStZ-RR 2014, 44) hatten die dortigen Revisionsführer jeweils nur eine kurze Transportfahrt durchgeführt, während die unmittelbare Tatausführung mit der Inbesitznahme der Beute von anderen Tätern vorgenommen worden war (vgl. zu Kurierfällen aber auch BGH, Urteile vom 14. September 1989 – 4 StR 306/89, BGHSt 36, 251, 253, und vom 16. Mai 2006 – 1 StR 46/06, BGHSt 51, 65, 68).
11
c) Die Angeklagten G. und A. L. haben danach ursprünglich die Gesamtbeute von 19.470,63 € aus der Raubtat vom 30. November 2016 erlangt. Da die gegenständliche Einziehung dieses Geldes nach § 73 Abs. 1 StGB nicht mehr möglich ist, unterliegt der dem Wert dieses Tatertrags entsprechende Geldbetrag gemäß § 73c Abs. 1 StGB der Einziehung. Hiervon ist nach Maßgabe des § 73e Abs. 1 StGB der vom Angeklagten G. auf den Schadenersatzanspruch des geschädigten Möbelhauses geleistete Betrag von 200 € abzuziehen.
12
Der Senat bestimmt auf der Grundlage der rechtsfehlerfrei getroffenen Urteilsfeststellungen den Wert des von den Angeklagten G. und A. L. aus der Raubtat vom 30. November 2016 Erlangten selbst (§ 354 Abs. 1 StPO analog).
2. Bei der Anordnung einer Einziehung von Taterträgen oder einer Ein13 ziehung von Taterträgen nach §§ 73, 73c StGB bei mehreren Beteiligten, die an
demselben Vermögenswert unmittelbar aus der Tat (Mit-)Verfügungsmacht gewonnen haben, ist von einer gesamtschuldnerischen Haftung auszugehen. Damit wird ermöglicht, dass den Beteiligten das aus der Tat Erlangte entzogen wird, aber zugleich verhindert, dass dies mehrfach erfolgt (vgl. zur früheren Verfallsregelung der §§ 73, 73a StGB BGH, Urteil vom 28. Oktober 2010 – 4 StR 215/10, aaO S. 46 ff. mwN; Beschlüsse vom 10. September 2002 – 1 StR281/02, NStZ 2003, 198, 199, und vom 5. Juli 2011 – 3 StR 129/11, StraFo 2011, 413, 414; siehe zur insoweit unveränderten Rechtslage nach §§ 73, 73c StGB nF Köhler, aaO).
14
Auch insoweit ordnet der Senat selbst die gesamtschuldnerische Haftung der beiden Angeklagten untereinander an (§ 354 Abs. 1 StPO analog).
Nach § 357 Satz 1 StPO ist die Abänderung des Rechtsfolgenaus15 spruchs des Urteils vom 4. August 2016 im Hinblick auf die Anordnung gesamtschuldnerischer Haftung auf die Mitangeklagten Gö. , Göt. und E. L. zu erstrecken, da die Einziehungsentscheidungen auch bei ihnen auf dem aufgezeigten sachlich-rechtlichen Mangel beruhen (vgl. BGH, Beschluss vom 23. November 2011 – 4 StR 516/11, NStZ 2012, 382, 383 mwN).

III.


16
Die Revision des Angeklagten A. L. erzielt lediglich den sich aus der Anordnung der gesamtschuldnerischen Haftung ergebenden Teilerfolg. Das Rechtsmittel ist im Übrigen aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts unbegründet.
17
Der Senat schließt aus, dass die Jugendkammer bei einer rechtsfehlerfreien Bestimmung der Höhe des Tatertrages die gegen den Angeklagten A. L. zu erkennende Jugendstrafe niedriger festgesetzt hätte. Für die frühere Regelung des Verfalls entsprach es der ständigen Rechtsprechung, dass diese Maßnahme trotz bisweilen erheblicher Belastungen für den Verurteilten keinen Strafcharakter hat und keinen Genugtuungs-, sondern einen Präventionszweck verfolgt (vgl. BGH, Urteile vom 21. August 2002 – 1 StR 115/02, BGHSt 47, 369, 371 ff.; vom 30. Mai 2008 – 1 StR 166/07, BGHSt 52, 227, 248, und vom 17. Juni 2010 – 4 StR 126/10, aaO S. 176). Die umfassende Neuregelung der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung hat ihren Rechtscharakter unberührt gelassen, so dass auch die mit einer Anordnung der Einziehung nach §§ 73, 73c StGB nF verbundene Vermögenseinbuße keinen Strafmilderungsgrund darstellt (vgl. BGH, Beschluss vom 6. Februar 2018 – 5 StR 600/17 mwN).
Sander Schneider König
Berger Köhler

(1) Hat der Täter oder Teilnehmer durch eine rechtswidrige Tat oder für sie etwas erlangt, so ordnet das Gericht dessen Einziehung an.

(2) Hat der Täter oder Teilnehmer Nutzungen aus dem Erlangten gezogen, so ordnet das Gericht auch deren Einziehung an.

(3) Das Gericht kann auch die Einziehung der Gegenstände anordnen, die der Täter oder Teilnehmer erworben hat

1.
durch Veräußerung des Erlangten oder als Ersatz für dessen Zerstörung, Beschädigung oder Entziehung oder
2.
auf Grund eines erlangten Rechts.

Ist die Einziehung eines Gegenstandes wegen der Beschaffenheit des Erlangten oder aus einem anderen Grund nicht möglich oder wird von der Einziehung eines Ersatzgegenstandes nach § 73 Absatz 3 oder nach § 73b Absatz 3 abgesehen, so ordnet das Gericht die Einziehung eines Geldbetrages an, der dem Wert des Erlangten entspricht. Eine solche Anordnung trifft das Gericht auch neben der Einziehung eines Gegenstandes, soweit dessen Wert hinter dem Wert des zunächst Erlangten zurückbleibt.

(1) Erfolgt die Aufhebung des Urteils nur wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen, so hat das Revisionsgericht in der Sache selbst zu entscheiden, sofern ohne weitere tatsächliche Erörterungen nur auf Freisprechung oder auf Einstellung oder auf eine absolut bestimmte Strafe zu erkennen ist oder das Revisionsgericht in Übereinstimmung mit dem Antrag der Staatsanwaltschaft die gesetzlich niedrigste Strafe oder das Absehen von Strafe für angemessen erachtet.

(1a) Wegen einer Gesetzesverletzung nur bei Zumessung der Rechtsfolgen kann das Revisionsgericht von der Aufhebung des angefochtenen Urteils absehen, sofern die verhängte Rechtsfolge angemessen ist. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft kann es die Rechtsfolgen angemessen herabsetzen.

(1b) Hebt das Revisionsgericht das Urteil nur wegen Gesetzesverletzung bei Bildung einer Gesamtstrafe (§§ 53, 54, 55 des Strafgesetzbuches) auf, kann dies mit der Maßgabe geschehen, dass eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung über die Gesamtstrafe nach den §§ 460, 462 zu treffen ist. Entscheidet das Revisionsgericht nach Absatz 1 oder Absatz 1a hinsichtlich einer Einzelstrafe selbst, gilt Satz 1 entsprechend. Die Absätze 1 und 1a bleiben im Übrigen unberührt.

(2) In anderen Fällen ist die Sache an eine andere Abteilung oder Kammer des Gerichtes, dessen Urteil aufgehoben wird, oder an ein zu demselben Land gehörendes anderes Gericht gleicher Ordnung zurückzuverweisen. In Verfahren, in denen ein Oberlandesgericht im ersten Rechtszug entschieden hat, ist die Sache an einen anderen Senat dieses Gerichts zurückzuverweisen.

(3) Die Zurückverweisung kann an ein Gericht niederer Ordnung erfolgen, wenn die noch in Frage kommende strafbare Handlung zu dessen Zuständigkeit gehört.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
5 StR 623/17
5 StR 624/17
vom
24. Mai 2018
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen besonders schweren Raubes u.a.
ECLI:DE:BGH:2018:240518U5STR623.17.0

Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 24. Mai 2018, an der teilgenommen haben:
Richter am Bundesgerichtshof Prof. Dr. Sander
als Vorsitzender,
Richterin am Bundesgerichtshof Dr. Schneider, die Richter am Bundesgerichtshof Prof. Dr. König, Dr. Berger, Köhler
als beisitzende Richter,
Staatsanwalt beim Bundesgerichtshof
als Vertreter des Generalbundesanwalts,
Rechtsanwalt M. ,
als Verteidiger des Angeklagten A. L. ,
Rechtsanwältin P.
als Verteidigerin des Angeklagten G. ,
Rechtsanwältin Mo.
als Vertreterin der Nebenklägerin,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 4. August 2017 dahin geändert, dass gegen den Angeklagten G. als Gesamtschuldner mit dem Angeklagten A. L. die Einziehung des Wertes von Taterträgen in Höhe von 19.270,63 € angeordnet wird; weiterhin wird das vorgenannte Urteil, auch soweit es die Mitangeklagten Gö. , Göt. und E. L. betrifft, dahin geändert, dass diese Mitangeklagten in Höhe der gegen sie angeordneten Einziehungen mit den Angeklagten G. und A. L. sowie untereinander gesamtschuldnerisch haften.
2. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 18. August 2017 dahin geändert, dass gegen den Angeklagten A. L. die Einziehung des Wertes von Taterträgen in Höhe von 19.270,63 € angeordnet wird und er – insoweitauch auf seine Revision – mit dem Angeklagten G. sowie im Umfang der gegen die Mitangeklagten Gö. , Göt. und E. L. angeordneten Einziehungen als Gesamtschuldner haftet.
3. Die weitergehende Revision des Angeklagten A. L. wird verworfen.
4. Es wird davon abgesehen, den Angeklagten G. und A. L. die durch die Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft im Revisionsverfahren entstandenen Kosten aufzuerlegen. Auch wird davon abgesehen, dem Angeklagten A. L. die Kosten seines Rechtsmittels aufzuerlegen ; er hat jedoch die der Nebenklägerin hierdurch entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.

- Von Rechts wegen -

Gründe:


Das Landgericht hat den Angeklagten G. mit Urteil vom 4. August 2017
1
des schweren Raubes sowie des besonders schweren Raubes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung und mit Freiheitsberaubung und (im abgetrennten Verfahren) den Angeklagten A. L. mit Urteil vom 18. August 2017 des besonders schweren Raubes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung und mit Freiheitsberaubung schuldig gesprochen. Es hat den Angeklagten G. zu einer Jugendstrafe von zwei Jahren, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt worden ist, und den Angeklagten A. L. unter Einbeziehung von zwei früheren Urteilen zu einer Jugendstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Außerdem hat es gegen den Angeklagten G. die Einziehung eines Geldbetrages von 3.800 € sowie gegen den Angeklagten A. L. die Einziehung eines Geldbetrages von 8.000 € angeordnet.
Der Angeklagte A. L. wendet sich gegen seine Verurteilung mit
2
seiner auf die Verletzung materiellen Rechts gestützten Revision. Die ebenfalls jeweils auf die Sachrüge gestützten Revisionen der Staatsanwaltschaft richten sich gegen die Einziehungsentscheidungen des Landgerichts und sind jeweils auf die zur Tat vom 30. November 2016 auszusprechende Höhe der Einziehung des Wertes der Taterträge beschränkt. Während die vom Generalbundesanwalt vertretenen Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft zu der von ihr angestrebten Änderung der Einziehungsentscheidungen führen, bleibt das Rechtsmittel des Angeklagten A. L. überwiegend erfolglos.

I.


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1. Nach den Feststellungen des Landgerichts überfielen die Angeklagten A. L. und G. am Abend des 30. November 2016 ein Möbelgeschäft, in dem der Mitangeklagte Göt. angestellt war und ihnen den Zugang zum Kassenbüro verschaffte. Die Tatbeute sollte nach dem gemeinsamen Tatplan unter Göt. , A. L. und G. zu gleichen Anteilen aufgeteilt werden, wobei auch dem als Fahrer an der Tat mitwirkenden Mitangeklagten Gö. eine Entlohnung in Aussicht gestellt wurde. G. war für die Tat von dem weiteren Mitangeklagten E. L. , der die Angeklagten auf der Fahrt zum Tatort begleitete, mit zwei Messern und einer Rolle Klebeband ausgerüstet worden. Nachdem A. L. und G. mit Hilfe des Mitangeklagten Göt. in das Kassenbüro eingedrungen waren, zeigten sie den beiden dort tätigen Kassiererinnen drohend ihre Messer und forderten sie auf, sich auf den Boden zu legen. Mit einem im Kassenbüro vorgefundenen Schlüsselbund und einem von G. mitgebrachten Rucksack ging A. L. in einen angrenzenden Tresor- raum. Er öffnete einen der Tresore und entnahm diesem 11.835 €, die er in den Rucksack steckte. Die Öffnung eines weiteren Tresors gelang ihm nicht. Währenddessen forderte G. die Kassiererinnen auf, ihren Schmuck abzunehmen. Danach fesselte er sie mit dem Klebeband. Nachdem A. L. in das Kassenbüro zurückgekehrt war und beide Angeklagte die Festnetztelefone unbenutzbar gemacht hatten, nahmen sie von einem Schreibtisch ein „Safebag“, in dem sich Tageseinnahmen in Höhe von 7.415,53 € befanden, und aus einer Wechselgeldkasse 220,10 € an sich. Sie steckten dieses Geld ebenfalls in den Rucksack des Angeklagten G. . Beim anschließenden Verlassen des Tatorts trug A. L. den Rucksack mit der Gesamtbeute von 19.470,63 € und hielt ihn auch im Fluchtfahrzeug bis zum Erreichen einer Tiefgarage als Fahrtziel. Dort schütteten beide Angeklagte sowie die Mitangeklagten Gö. und E. L. das Geld aus dem Rucksack in den Kofferraum des Fahrzeuges und sortierten und stapelten es gemeinsam. Die Mitangeklagten Gö. und E. L. erhielten jeweils mindestens 1.300 €, der Angeklagte G. mindestens 4.000 € aus der Tatbeute. A. L. nahm für sich einen Anteil von mindestens 4.000 € sowie weitere 4.000 €, die er später dem Mitangeklagten Göt. als dessen Anteil übergab. Der Verbleib des restlichen Geldes konnte nicht festgestellt werden.
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2. Das Landgericht ist bei seinen jeweils auf § 73 Abs. 1 StGB nF gestützten Einziehungsentscheidungen hinsichtlich des Angeklagten G. nur von einer eigenen Verfügungsgewalt bezüglich seines Anteils an der Tatbeute in Höhe von 4.000 € ausgegangen. Über die restliche Tatbeute habe er nicht verfügen können, da sie sich nach dem Verstauen des Geldes im Rucksack bei A. L. befunden habe. In der Tiefgarage habe zwar jeder der Angeklagten einen Teil der Beute sortiert. Eine direkte Verfügungsgewalt über die gesamte Beute habe sich hieraus aber nicht abgeleitet, weil das Sortieren nur dazu gedient habe, den Beuteanteil der Beteiligten zu ermitteln und die Tatbeute umgehend aufzuteilen.
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Hinsichtlich des Angeklagten A. L. hat das Landgericht eine faktische Verfügungsgewalt nur hinsichtlich seines eigenen Beuteanteils in Höhe von 4.000 € sowie hinsichtlich des von ihm für mehrere Stunden in Verwahrung genommenen Anteils des ehemaligen Mitangeklagten Göt. in gleicher Höhe angenommen. Das Mitsichführen der weiteren Gelder sei über einen kurzfristigen Beutetransport nicht hinausgegangen. Es habe zudem von vornherein zwischen den Beteiligten Einigkeit bestanden, dass die Tatbeute unmittelbar nach der Tat habe aufgeteilt werden sollen.

II.


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Die wirksam (vgl. BGH, Urteil vom 17. Juni 2010 – 4 StR 126/10, BGHSt 55, 174, 175 f.) auf die Höhe der Einziehung des Wertes der Taterträge beschränkten Revisionen der Staatsanwaltschaft sind begründet.
7
1. Das Landgericht ist bei den beiden unmittelbar die Tat ausführenden Angeklagten G. und A. L. zu Unrecht davon ausgegangen, dass diese nur ihre eigenen Beuteanteile (sowie bei L. den des Mitangeklagten Göt. ) als Taterträge erlangt haben.
8
a) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist ein Vermögenswert im Rechtssinne aus der Tat erlangt, wenn er dem Täter oder Teilnehmer unmittelbar aus der Verwirklichung des Tatbestands in irgendeiner Phase des Tatablaufs so zugeflossen ist, dass er hierüber tatsächliche Verfügungsgewalt ausüben kann (vgl. zu § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB aF BGH, Urteile vom 30. Mai 2008 – 1 StR 166/07, BGHSt 52, 227, 246, und vom 28. Oktober 2010 – 4 StR 215/10, BGHSt 56, 39, 45 f. mwN; siehe zur insoweit unveränderten Rechtslage nach § 73 StGB nF Köhler, NStZ 2017, 497, 498 f. mit Fn. 27). Bei mehreren Beteiligten genügt insofern, dass sie zumindest eine faktische bzw. wirtschaftliche Mitverfügungsmacht über den Vermögensgegenstand erlangt haben. Dies ist der Fall, wenn sie im Sinne eines rein tatsächlichen Herrschaftsverhältnisses ungehinderten Zugriff auf den betreffenden Vermögensgegenstand nehmen können. Unerheblich ist bei der gebotenen gegenständlichen (tatsächlichen) Betrachtungsweise dagegen, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang der Täter oder Teilnehmer eine unmittelbar aus der Tat gewonnene (Mit-)Verfügungsmacht später aufgegeben hat und der zunächst erzielte Vermögenszuwachs durch Mittelabflüsse bei Beuteteilung gemindert wurde (vgl. BGH, Urteil vom 28. Oktober 2010 – 4 StR 215/10, aaO S. 46 mwN; Beschlüsse vom 7. Januar 2003 – 3 StR 421/02, und vom 10. Januar 2008 – 5 StR 365/07, NStZ 2008, 565).
9
b) Nach diesem Maßstab hatten beide Angeklagte tatsächliche Verfügungsgewalt über die Gesamtbeute bereits am Tatort erlangt. Sie gingen dort arbeitsteilig vor, entwendeten die im Kassenbüro aufgefundenen Gelder im Zusammenwirken und nutzten den von G. zur Verfügung gestellten Rucksack zur Verwahrung und zum Abtransport der Beute. G. begleitete den Angeklagten A. L. bis zum Ort der planmäßigen Beuteteilung. Der zufällige Umstand , dass er dabei seinen Rucksack nicht selbst trug, schloss ihn vom Mitgewahrsam an den gesamten erst noch aufzuteilenden Geldern und der diesbezüglichen Mitverfügungsgewalt nicht aus.
10
Die vom Landgericht für seine Auffassung herangezogene Rechtsprechung gebietet keine andere Beurteilung. In den beiden angeführten Entscheidungen des Bundesgerichtshofs vom 27. April 2010 (3 StR 112/10, NStZ 2010, 568 f.) und vom 8. August 2013 (3 StR 179/13, NStZ-RR 2014, 44) hatten die dortigen Revisionsführer jeweils nur eine kurze Transportfahrt durchgeführt, während die unmittelbare Tatausführung mit der Inbesitznahme der Beute von anderen Tätern vorgenommen worden war (vgl. zu Kurierfällen aber auch BGH, Urteile vom 14. September 1989 – 4 StR 306/89, BGHSt 36, 251, 253, und vom 16. Mai 2006 – 1 StR 46/06, BGHSt 51, 65, 68).
11
c) Die Angeklagten G. und A. L. haben danach ursprünglich die Gesamtbeute von 19.470,63 € aus der Raubtat vom 30. November 2016 erlangt. Da die gegenständliche Einziehung dieses Geldes nach § 73 Abs. 1 StGB nicht mehr möglich ist, unterliegt der dem Wert dieses Tatertrags entsprechende Geldbetrag gemäß § 73c Abs. 1 StGB der Einziehung. Hiervon ist nach Maßgabe des § 73e Abs. 1 StGB der vom Angeklagten G. auf den Schadenersatzanspruch des geschädigten Möbelhauses geleistete Betrag von 200 € abzuziehen.
12
Der Senat bestimmt auf der Grundlage der rechtsfehlerfrei getroffenen Urteilsfeststellungen den Wert des von den Angeklagten G. und A. L. aus der Raubtat vom 30. November 2016 Erlangten selbst (§ 354 Abs. 1 StPO analog).
2. Bei der Anordnung einer Einziehung von Taterträgen oder einer Ein13 ziehung von Taterträgen nach §§ 73, 73c StGB bei mehreren Beteiligten, die an
demselben Vermögenswert unmittelbar aus der Tat (Mit-)Verfügungsmacht gewonnen haben, ist von einer gesamtschuldnerischen Haftung auszugehen. Damit wird ermöglicht, dass den Beteiligten das aus der Tat Erlangte entzogen wird, aber zugleich verhindert, dass dies mehrfach erfolgt (vgl. zur früheren Verfallsregelung der §§ 73, 73a StGB BGH, Urteil vom 28. Oktober 2010 – 4 StR 215/10, aaO S. 46 ff. mwN; Beschlüsse vom 10. September 2002 – 1 StR281/02, NStZ 2003, 198, 199, und vom 5. Juli 2011 – 3 StR 129/11, StraFo 2011, 413, 414; siehe zur insoweit unveränderten Rechtslage nach §§ 73, 73c StGB nF Köhler, aaO).
14
Auch insoweit ordnet der Senat selbst die gesamtschuldnerische Haftung der beiden Angeklagten untereinander an (§ 354 Abs. 1 StPO analog).
Nach § 357 Satz 1 StPO ist die Abänderung des Rechtsfolgenaus15 spruchs des Urteils vom 4. August 2016 im Hinblick auf die Anordnung gesamtschuldnerischer Haftung auf die Mitangeklagten Gö. , Göt. und E. L. zu erstrecken, da die Einziehungsentscheidungen auch bei ihnen auf dem aufgezeigten sachlich-rechtlichen Mangel beruhen (vgl. BGH, Beschluss vom 23. November 2011 – 4 StR 516/11, NStZ 2012, 382, 383 mwN).

III.


16
Die Revision des Angeklagten A. L. erzielt lediglich den sich aus der Anordnung der gesamtschuldnerischen Haftung ergebenden Teilerfolg. Das Rechtsmittel ist im Übrigen aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts unbegründet.
17
Der Senat schließt aus, dass die Jugendkammer bei einer rechtsfehlerfreien Bestimmung der Höhe des Tatertrages die gegen den Angeklagten A. L. zu erkennende Jugendstrafe niedriger festgesetzt hätte. Für die frühere Regelung des Verfalls entsprach es der ständigen Rechtsprechung, dass diese Maßnahme trotz bisweilen erheblicher Belastungen für den Verurteilten keinen Strafcharakter hat und keinen Genugtuungs-, sondern einen Präventionszweck verfolgt (vgl. BGH, Urteile vom 21. August 2002 – 1 StR 115/02, BGHSt 47, 369, 371 ff.; vom 30. Mai 2008 – 1 StR 166/07, BGHSt 52, 227, 248, und vom 17. Juni 2010 – 4 StR 126/10, aaO S. 176). Die umfassende Neuregelung der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung hat ihren Rechtscharakter unberührt gelassen, so dass auch die mit einer Anordnung der Einziehung nach §§ 73, 73c StGB nF verbundene Vermögenseinbuße keinen Strafmilderungsgrund darstellt (vgl. BGH, Beschluss vom 6. Februar 2018 – 5 StR 600/17 mwN).
Sander Schneider König
Berger Köhler

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 171/13
vom
18. Juli 2013
in der Strafsache
gegen
wegen bandenmäßigen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in
nicht geringer Menge u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und des Beschwerdeführers am 18. Juli 2013 gemäß § 349 Abs. 2
und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Dortmund vom 7. November 2012 im Rechtsfolgenausspruch dahin geändert, dass gegen den Angeklagten Verfall von Wertersatz in Höhe von 44.355,00 € als Gesamtschuldner angeordnet wird. 2. Die weiter gehende Revision wird verworfen. Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge als Mitglied einer Bande in 23 Fällen, wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubtem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwölf Fällen sowie wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zehn Jahren verurteilt und gegen ihn Verfall von Wertersatz in Höhe von 44.355,00 € angeordnet. Seine Revision, mit der er die Verletzung materiellen Rechts rügt, hat den aus der Beschlussformel ersichtlichen geringfügigen Teil- erfolg; im Übrigen ist das Rechtsmittel unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.

I.


2
Nach den Feststellungen des Landgerichts verbrachte der Angeklagte in den Fällen II. 1 bis II. 12 der Urteilsgründe im mittäterschaftlichen Zusammenwirken mit dem gesondert verfolgten S. Betäubungsmittel aus den Niederlanden in die Bundesrepublik Deutschland, wo sie jeweils gewinnbringend weiterverkauft wurden. Die Taten hatten jeweils nicht geringe Mengen von Betäubungsmitteln im Sinne von § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG zum Gegenstand. Die weiteren vom Landgericht abgeurteilten Taten betreffen den gewinnbringenden Weiterverkauf jeweils großer Mengen Marihuana, das der Angeklagte zuvor jeweils auf Cannabisplantagen geerntet hatte, zu deren Betrieb er sich mit dem gesondert verfolgten S. sowie weiteren Tätern zusammengeschlossen hatte.

II.


3
1. Die Nachprüfung des angefochtenen Urteils auf Grund der Sachrüge hat hinsichtlich des Schuldspruchs einen den Angeklagten beschwerenden Rechtsfehler nicht ergeben. Entgegen der Auffassung der Revision hält insbesondere die Beweiswürdigung rechtlicher Nachprüfung stand.
4
Die Revision weist zwar zutreffend auf die gesteigerten Anforderungen an die tatrichterliche Beweiswürdigung in Fällen hin, in denen sich in Ermangelung objektiver Beweisanzeichen die gegensätzlichen Aussagen des Angeklagten und des Tatopfers gegenüberstehen oder in denen ein Zeuge, auf dessen Aussage die Verurteilung des Täters maßgeblich gestützt wird, bereits wegen Beteiligung an derselben Tat verurteilt wurde oder die Angaben des betreffenden Zeugen auf eine verfahrensbeendende Absprache in seinem eigenen Strafverfahren zurückzuführen sind (st. Rspr.; vgl. nur Senatsbeschluss vom 17. März 2009 – 4 StR 662/08, NStZ-RR 2009, 212). Die Urteilsgründe müssen dann erkennen lassen, dass der Tatrichter alle Umstände, die geeignet sind, die Entscheidung zu Gunsten oder zu Ungunsten des Angeklagten zu beeinflussen, in seine Überlegungen einbezogen und in einer Gesamtschau gewürdigt hat. Bei einem Tatbeteiligten oder Mitangeklagten ist je nach den Umständen des Falles in Betracht zu ziehen, dass dieser den Angeklagten um eigener Vorteile willen zu Unrecht belasten könnte (Meyer-Goßner, StPO, 56. Aufl., § 261 Rn. 11a mN zur Rspr.). Einen Rechtsfehler zeigt die Revision im vorliegenden Fall damit nicht auf. Das Landgericht konnte im vorliegenden Fall – über die in den Urteilsgründen ausführlich behandelten Angaben früherer Mittäter hinaus – nicht nur auf geständnisähnliche Angaben des Angeklagten zurückgreifen, sondern hat sich rechtsfehlerfrei in erheblichem Umfang auf objektive Beweisanzeichen in Gestalt umfangreicher, vom Angeklagten herrührender schriftlicher Aufzeichnungen über seine verschiedenen Betäubungsmittelstraftaten gestützt.
5
a) Zu den Tatvorwürfen in den Fällen II. 1 bis II. 12 hat sich der Angeklagte dahin eingelassen, er habe es für möglich gehalten, dass der gesondert verfolgte S. die Garagenräumlichkeiten, die er, der Angeklagte, diesem überlassen hatte, zur Durchführung des Cannabishandels genutzt habe. Gleichwohl habe er S. erklärt, wie eine Buchführung zu erfolgen habe. Finanziell sei er an dem Cannabishandel indes nicht beteiligt gewesen. Zu den Fällen im Zusammenhang mit dem Betrieb der Plantagen hat er ausgesagt, dem gesondert verfolgten S. insgesamt 28.000,00 € für die Anschaffung von Containern und eines Gabelstaplers geliehen zu haben, wobei er später erfahren habe, dass in den Containern Cannabis angebaut werde. Er habe dann den Handel mit den Betäubungsmitteln und die weitere Entwicklung durch von ihm gefertigte Notizen buchmäßig festgehalten, um im Hinblick auf das dem S. gewährte Darlehen einen Überblick über die von diesem erzielten Verdienste zu erlangen.
6
b) Ohne Rechtsfehler hat die Strafkammer auch angenommen, dass die Angaben der früheren Mittäter des Angeklagten durch zahlreiche objektive Beweismittel Bestätigung gefunden haben. Grundlage der Verurteilung des Angeklagten waren insoweit mehrere Stehordner mit von ihm herrührenden handschriftlichen Aufzeichnungen sowie maschinenschriftlich gefertigte Kassen-, Wareneingangs- und Verkaufsberichte, aus denen die Strafkammer die Einzelheiten der vom Angeklagten durchgeführten Geschäfte sowie seinen maßgeblichen Einfluss auf diese ohne Verstoß gegen § 261 StPO entnehmen konnte, zumal der Angeklagte seine Urheberschaft an den handschriftlichen Schreibleistungen im Laufe der Hauptverhandlung eingeräumt hat.
7
2. Auch der Strafausspruch hält rechtlicher Nachprüfung stand.
8
Entgegen der Auffassung der Revision lässt die Strafzumessung nicht besorgen, dass die Strafkammer keine wirkliche Abwägung aller relevanten Umstände vorgenommen, sondern sich bei der Strafzumessung rechtsfehlerhaft allein an Art und Menge der Betäubungsmittel orientiert haben könnte. Das Landgericht hat vielmehr schon bei der Wahl der anzuwendenden Strafrahmen erkennbar eine umfassende Abwägung aller für und gegen den Angeklagten sprechenden Umstände unter Berücksichtigung der Besonderheiten seines Lebenslaufs vorgenommen. Dass das Landgericht daneben – auch angesichts des außergewöhnlichen Umfangs der vom Angeklagten entfalteten Handelstätigkeit – den jeweiligen Mengen sowie den Wirkstoffanteilen bestimmende Bedeutung im Sinne von § 267 Abs. 3 Satz 1 StPO zugemessen hat, lässt einen Rechtsfehler nicht erkennen. Die zu Lasten des Angeklagten angestellte Erwägung , er habe seine Mittäter in die Taten verstrickt, wird hinsichtlich der gesondert verfolgten C. sowie T. von den Feststellungen getragen (UA 22 f.).
9
Dass das Landgericht zu Lasten des Angeklagten erwogen hat, er habe als Initiator die Taten mit hoher Professionalität begangen und ein „florierendes Wirtschaftsunternehmen“ geschaffen, lässt vor dem Hintergrund der festgestellten Aktivitäten des Angeklagten nach Art, Umfang und Zeitdauer einen Verstoß gegen § 46 Abs. 3 StGB auch im Hinblick auf die rechtsfehlerfrei angenommene bandenmäßige Begehungsweise nicht besorgen.
10
3. Die Anordnung des Verfalls von Wertersatz in Höhe von 44.355,00 € bezogen auf die Fälle II. 1 bis II. 12 der Urteilsgründe hält rechtlicher Nachprüfung jedoch nicht uneingeschränkt stand.
11
Die Strafkammer hat insoweit zwar festgestellt, dass der gesondert verfolgte S. die von ihm aus den Niederlanden nach Deutschland eingeführten Marihuanamengen an namentlich nicht bekannte Dritte gewinnbringend weiterverkauft hat, ohne dass die Beteiligung des Angeklagten an diesen Absatzgeschäften hätte festgestellt werden können. Er wurde jedoch entsprechend den vertraglichen Vereinbarungen mit S. hälftig an den erzieltenGewinnen beteiligt. Ausweislich des vom Angeklagten geführten Kassenbuches nahmen der Angeklagte und S. gemeinsam durch die getätigten Verkäufe 173.505,00 DM ein, die abzüglich der getätigten Aufwendungen hälftig untereinander aufgeteilt wurden. Danach hatten beide Mittäter die wirtschaftliche Mitverfügungsgewalt jedenfalls über die schließlich an den Angeklagten weitergegebenen Beträge; beide haften insoweit als Gesamtschuldner (BGH, Beschluss vom 10. September 2002 – 1 StR 281/02, NStZ 2003, 198 mwN). Um Unklarheiten bei der Vollstreckung des angefochtenen Urteils auszuschließen, ändert der Senat die Entscheidungsformel entsprechend (vgl. BGH, Beschluss vom 2. Juli 2009 – 3 StR 192/09, Tz. 3). Einer weiter gehenden Anordnung gesamtschuldnerischer Haftung auf den vollen, von dem Angeklagten und dem gesondert verfolgten S. gemeinsam vereinnahmten Betrag steht schon das Verschlechterungsverbot entgegen (§ 358 Abs. 2 Satz 1 StPO).

III.


12
Der geringfügige Erfolg des Rechtsmittels rechtfertigt es nicht, den Angeklagten von einem Teil der Kosten zu entlasten (Meyer-Goßner, StPO, 56. Aufl., § 473 Rn. 25 f.).
Mutzbauer Roggenbuck Franke RiBGH Bender ist infolge Urlaubs abwesend und daher an der Unterschriftsleistung gehindert. Mutzbauer Quentin

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 StR 12/18
vom
20. Februar 2018
in der Strafsache
gegen
wegen Wohnungseinbruchdiebstahls u.a.
ECLI:DE:BGH:2018:200218B2STR12.18.0

Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 20. Februar 2018 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO, § 354 Abs. 1 analog StPO einstimmig beschlossen :
1. Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Bonn vom 5. Oktober 2017 wird mit der Maßgabe verworfen , dass gegen den Angeklagten die Einziehung des Wertes von Taterträgen in Höhe von 931,05 € als Gesamtschuldner angeordnet ist. 2. Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen versuchten Wohnungseinbruchdiebstahls unter Einbeziehung der Strafe aus dem Strafbefehl des Amtsgerichts Köln vom 7. Oktober 2016 zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zehn Monaten sowie wegen Wohnungseinbruchdiebstahls zu einer weiteren Freiheitsstrafe von einem Jahr und acht Monaten verurteilt; die Vollstreckung beider Freiheitsstrafen hat es zur Bewährung ausgesetzt. Ferner hat es angeordnet, dass ein Betrag in Höhe von 931,05 € der Einziehung von Wertersatz unterliegt. Die auf die Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten hat den aus dem Beschlusstenor ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist das Rechtsmittel unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO).
2
Bei seiner Entscheidung über die Einziehung des Wertes von Taterträgen , die sich gemäß Art. 316h Satz 1 EGStGB nach den durch das Gesetz zur Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung vom 13. April 2017 (BGBl. I 2017, 872) eingeführten und am 1. Juli 2017 in Kraft getretenen neuen Regelungen der §§ 73 ff. StGB richtet, hat das Landgericht rechtlich unbedenklich Mitverfügungsgewalt des Angeklagten an den im Fall 2 der Urteilsgründe entwendeten Gegenständen festgestellt und deren Wert auf 931,05 € errechnet. Es hat jedoch nicht erkennbar bedacht, dass mehrere Tatbeteiligte, die – wie hier – an denselben Gegenständen Mitverfügungsgewalt erlangt haben, als Gesamtschuldner haften (vgl. BGH, Urteil vom 28. Oktober 2010 – 4 StR 215/10, BGHSt 56, 39, 46 f.; Beschlüsse vom 25. September 2012 – 4 StR 137/12, NStZ 2013, 401 und vom 22. März 2016 – 3 StR 517/15, NStZ 2016, 412, 413).
3
Der Senat hat den Ausspruch über die gesamtschuldnerische Haftung in entsprechender Anwendung des § 354 Abs. 1 StPO nachgeholt und die Bezeichnung der Maßnahme im Urteilstenor – dem Antrag des Generalbundesanwalts folgend – klargestellt. Der Angeklagte ist hierdurch nicht beschwert.
Schäfer Eschelbach Bartel
Grube Schmidt

(1) Gegenstände, die durch eine vorsätzliche Tat hervorgebracht (Tatprodukte) oder zu ihrer Begehung oder Vorbereitung gebraucht worden oder bestimmt gewesen sind (Tatmittel), können eingezogen werden.

(2) Gegenstände, auf die sich eine Straftat bezieht (Tatobjekte), unterliegen der Einziehung nach der Maßgabe besonderer Vorschriften.

(3) Die Einziehung ist nur zulässig, wenn die Gegenstände zur Zeit der Entscheidung dem Täter oder Teilnehmer gehören oder zustehen. Das gilt auch für die Einziehung, die durch eine besondere Vorschrift über Absatz 1 hinaus vorgeschrieben oder zugelassen ist.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
2 StR 112/14
vom
24. März 2016
in der Strafsache
gegen
wegen schweren Raubes
ECLI:DE:BGH:2016:240316U2STR112.14.0

Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat aufgrund der Hauptverhandlungen vom 12. August 2015, 7. Oktober 2015 und 8. Dezember 2015, in der Sitzung am 24. März 2016, an denen teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof Prof. Dr. Fischer,
die Richter am Bundesgerichtshof Dr. Appl, Prof. Dr. Krehl, die Richterinnen am Bundesgerichtshof Dr. Ott, Dr. Bartel,
Staatsanwalt beim Bundesgerichtshof in allen Verhandlungen, Staatsanwalt beim Bundesgerichtshof bei der Verkündung am 24. März 2016 als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt in allen Verhandlungen als Verteidiger,
Justizangestellte in der Verhandlung am 12. August 2015, Justizhauptsekretärin in der Verhandlung am 7. Oktober 2015, Justizangestellte in der Verhandlung am 8. Dezember 2015 und in der Verkündung am 24. März 2016 als Urkundsbeamtinnen der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Bonn vom 26. September 2013 wird als unbegründet verworfen.
2. Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels und die der Nebenklägerin hierdurch entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.
Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen schweren Raubes zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten verurteilt und entschieden, dass die in Spanien erlittene Untersuchungshaft im Verhältnis 1: 1 anzurechnen sei. Hiergegen richtet sich die auf die Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten. Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.

A.

I.

2
Nach den Feststellungen des Landgerichts überfiel der Angeklagte am 23. Juli 2010 zusammen mit einem unbekannt gebliebenen Mittäter und einer unbekannt gebliebenen Mittäterin ein Schmuckgeschäft in der Innenstadt von B. . Die beiden Mittäter, welche den kleinen Ladenraum zuerst betraten, täuschten gegenüber der Verkäuferin G. zunächst vor, ein Schmuckstück betrachten zu wollen. Als die Verkäuferin eine Vitrine geöffnet hatte, hielt ihr der männliche Mittäter eine möglicherweise nicht echte und nicht geladene Pistole an den Kopf und zwang sie, sich niederzuknien. In diesem Moment betrat der Angeklagte den Laden, schloss die Tür und fesselte die Verkäuferin mit Kabelbindern. Außerdem wurde ihr der Mund mit Klebeband verschlossen. Die Täter entnahmen den Vitrinen Schmuckstücke im Wert von 125.000 Euro und flohen.

II.

3
1. Der insgesamt zehn Minuten dauernde Überfall wurde von einer im Laden angebrachten Videokamera aufgezeichnet. An der Eingangstür des Ladens wurde zudem eine DNA-Mischspur gesichert, die in Bezug auf 8 STRSysteme untersucht wurde. Ein europaweiter Vergleich ergab einen Datenbanktreffer bei der spanischen Polizei, der dem Angeklagten zuzuordnen war. Dieser hatte mehrere Jahre in Spanien gelebt und war dort im Jahr 2009 erkennungsdienstlich behandelt worden.
4
2. Der Angeklagte hat eine Beteiligung an der Tat bestritten und sich dahin eingelassen, er sei noch nie in B. gewesen. Zwei von ihm vorgetragene Alibi-Behauptungen sind vom Landgericht als widerlegt angesehen worden.

5
Das Landgericht hat seine Überzeugung von der Täterschaft des Angeklagten vor allem auf die tatrelevante DNA-Spur gestützt, die „mit einer Wahr- scheinlichkeit von 1 zu 300 Trilliarden“ vom Angeklagten stamme, womit es sich um eine Individualspur handle, die wie ein Fingerabdruck einmalig auf der Welt sei (UA S. 9). Insoweit hat das Landgericht nicht auf den spanischen Datenbanktreffer abgestellt, sondern beim Landeskriminalamt Düsseldorf ein ergänzendes Gutachten in Auftrag gegeben, welches einen direkten Vergleich der gesicherten DNA-Spur mit einer dem Angeklagten am 21. März 2013 entnommenen DNA-Probe vorgenommen und dabei die standardmäßig untersuchten 16 STR-Systeme (SE33, D21S11, VWA, [HUM]THO1, FIBRA, D3S1358, D8S1179, D18S51, D1S1656, D2S441, D10S1248, D12S391, D22S1045, D16S539, D2S1338, D19S433) berücksichtigt hat. Auf Grundlage der vom Landeskriminalamt Düsseldorf mitgeteilten Häufigkeitsverteilung der betreffenden Allele hat das Landgericht unter Anwendung der Produktregel einen Seltenheitswert von 1: 300 Trilliarden errechnet und dies als Gesamtwahrscheinlich- keit dafür angesehen, „dass der Angeklagte der Spurenleger an der Eingangs- tür und damit der Mittäter des Raubüberfalls ist“ (UA S. 11). Weiter hat es eine Vergleichsrechnung für die kaukasisch-amerikanische Ethnie anhand einer Internetdatenbank vorgenommen, die zu einem noch höheren Seltenheitswert geführt hat.
6
In diesem Zusammenhang hat das Landgericht ausgeführt, dass solche Wahrscheinlichkeitsrechnungen in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zuletzt „angezweifelt“ worden seien, es diese Zweifel aber für unberechtigt hal- te. Insbesondere die Zweifel, die an der Anwendung der Produktregel geäußert worden seien, seien „nicht nachvollziehbar“, da eine Korrelationder einzelnen Merkmale ausgeschlossen sei (UA S. 13).
7
Weiter sei es problematisch, wenn der Bundesgerichtshof ethnische Minderheiten als Sonderfall ansehe, der bei der Berechnung zu berücksichtigen sei; dies gelte insbesondere dann, wenn dabei auf eine „fehlende genetische Durchmischung“ dieser zudem nicht eindeutig identifizierbaren Minderheiten abgestellt werde (UA S. 17).
8
Darauf komme es aber nicht an, da bei dem berechneten Seltenheitswert die „Einmaligkeit“ der DNA-Spur gegeben sei. „Nicht nachvollziehbar“ sei dage- gen die Ansicht des 1. Strafsenats (Beschluss vom 21. Januar 2009 - 1 StR 722/08, NStZ 2009, 285), wonach (schon) ein „Seltenheitswert im Millionenbe- reich“ zur individuellen Zurechnung einer Spur ausreiche (UAS. 18). Maßstab hierfür könne im Grundsatz nur die Größe der Weltbevölkerung sein, sofern im Einzelfall nicht Besonderheiten vorlägen.
9
Schließlich werde das Ergebnis der Wahrscheinlichkeitsrechnung auch nicht dadurch beeinflusst, dass es sich um einen Datenbanktreffer gehandelt habe. Die entgegenstehende Ansicht der gemeinsamen Kommission rechtsmedizinischer und kriminaltechnischer Institute, der sog. Spurenkommission (vgl. Peter Schneider et. al., Rechtsmedizin 2010, 111; gekürzte Fassung in NStZ 2010, 433) sei schon deswegen „nicht akzeptabel“, weil sie das Ergebnis der Wahrscheinlichkeitsrechnung lediglich „subjektiv“ als ein Instrument der richterlichen Entscheidungshilfe und nicht „objektiv“ als biologische Tatsache ansehe. Die subjektive Interpretation sei durch die Tradition der „Vaterschaftsbeurteilungen“ geprägt, bei denen auf Grundlage des Theorems von Bayes eine Irrtumswahrscheinlichkeit errechnet worden sei. Dieser Ansatz spiele aber dann keine Rolle, wenn man den errechneten statistischen Wert als Aussage über eine biologische Realität ansehe. Bei der allgemein akzeptierten Identifizierung anhand von Fingerabdrücken werde ebenfalls keine Wahrscheinlichkeitsberechnung durchgeführt. Vor diesem Hintergrund sei ein Verzicht auf das Bayes’sche Theorem auch nicht unwissenschaftlich. Im Übrigen komme dieses nicht ohne Bestimmung einer Anfangswahrscheinlichkeit aus, welche sich im Strafverfahren nach dem Grad des Tatverdachts vor der DNA-Untersuchung richte und im vorliegenden Fall mit 0% anzusetzen wäre.
10
3. Im Übrigen hat das Landgericht die Verurteilung des Angeklagten auf die Auswertung der Videoaufzeichnung der Tat und einer Wiedererkennung aufgrund Personenähnlichkeit gestützt.

III.

11
Die ungewöhnlich detaillierten, zum Teil in wissenschaftstheoretische Bereiche abschweifenden und für nicht mit allen Einzelheiten vertraute Leser schwer verständlichen Darlegungen des Landgerichts zur Wahrscheinlichkeitsberechnung bei DNA-Untersuchungen und die damit verbundene Kritik an der höchstrichterlichen Rechtsprechung hat der Senat zum Anlass genommen, selbst zwei Sachverständigengutachten zur Beurteilung der vom Landgericht aufgeworfenen Fragen einzuholen und anhand dieser die Anforderungen an die Darstellung vergleichender molekulargenetischer Untersuchungen im tatrichterlichen Urteil zu konkretisieren und präzisieren.

B.

12
Die Revision des Angeklagten bleibt erfolglos.

I.

13
Die Verfahrensrügen sind aus den in der Antragsschrift des Generalbundesanwalts genannten Gründen unzulässig, soweit die Verletzung von § 244 Abs. 4 Satz 1 StPO gerügt wird, und im Übrigen jedenfalls unbegründet.

II.

14
Die Überprüfung des Urteils auf die Sachrüge lässt keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten erkennen. Die Beweiswürdigung des Landgerichts begegnet im Ergebnis keinen rechtlichen Bedenken.
15
1. Die Beweiswürdigung ist Sache des Tatrichters, dem es obliegt, das Ergebnis der Hauptverhandlung festzustellen und zu würdigen (§ 261 StPO). In welchem Umfang der Tatrichter seine Überzeugungsbildung in den Urteilsgründen mitzuteilen hat, hängt dabei von den Gegebenheiten des jeweiligen Falls ab. Die Urteilsgründe müssen jedoch erkennen lassen, dass die Würdigung der Beweise auf einer tragfähigen, verstandesmäßig einsichtigen Tatsachengrundlage beruht, die dem Revisionsgericht eine Überprüfung nach den Maßstäben rationaler Argumentation ermöglicht (st. Rspr.; vgl. etwa BGH, Urteil vom 2. Juli 2015 – 4 StR 509/14 juris Rn. 8; Senat, Beschluss vom 16. Juni 2015 – 2 StR 29/15 juris Rn. 26; BGH, Beschluss vom 24. Februar 2015 – 4 StR 11/15 juris Rn. 5; Urteil vom 22. Mai 2014 – 4 StR 430/13, NJW 2014, 2132, 2133, jeweils mwN). Dabei gehören von gesicherten Tatsachenfeststellungen ausgehende statistische Wahrscheinlichkeitsrechnungen - wie sie bei DNAVergleichsgutachten vorgenommen werden - zu den Mitteln der logischen Schlussfolgerung, welche dem Tatrichter grundsätzlich ebenso offenstehen wie andere mathematische Methoden (BGH, Urteil vom 21. März 2013 – 3 StR 247/12, BGHSt 58, 212, 214 mwN).
16
2. Daran gemessen und unter Berücksichtigung der Ausführungen der Sachverständigen Prof. Dr. S. , Institut für Rechtsmedizin der Uniklinik Köln, und Dr. F. , Institut für Medizinische Biometrie, Informatik und Epidemiologie der Universität Bonn, hält die Berechnung der Trefferwahrscheinlichkeit als auch die Würdigung des Ergebnisses rechtlicher Nachprüfung stand.
17
a) Das Landgericht hat die (Gesamt-)Häufigkeit des festgestellten DNAIdentifizierungsmusters unter Anwendung der Produktregel aus den Häufigkeitsverteilungen (Allelfrequenzen) der untersuchten 16 STR-Systeme berechnet und als Bezugspopulation die mitteleuropäische Bevölkerung gewählt. Gegen diese Berechnungsweise ist von Rechts wegen nichts zu erinnern.
18
aa) Zu Recht hat das Landgericht die Produktregel angewandt. Zwar wurden in der früheren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, gegen die sich insoweit die Kritik des Landgerichts richtet, grundsätzlich ausdrückliche Ausführungen zur unabhängigen Vererbbarkeit der untersuchten Merkmalsysteme als Voraussetzung für die Anwendbarkeit der Produktregel verlangt. Inzwischen hat der 4. Strafsenat in seinem Urteil vom 5. Juni 2014 - 4 StR 439/13, NStZ 2014, 477 mit Anmerkung Allgayer) nach sachverständiger Beratung entschieden, dass die in den Regelfällen - und auch hier - standardmäßig untersuchten 16 STR-Systeme nach dem gegenwärtig erreichten wissenschaftlichen Stand voneinander unabhängig vererbt werden und es daher, soweit kei- ne forensischen Besonderheiten vorliegen, im tatrichterlichen Urteil keinerlei Ausführungen hierzu mehr bedarf. Dem schließt sich der Senat an.
19
bb) Ohne Rechtsfehler hat das Landgericht bei dieser Berechnung auf die Häufigkeitsverteilungen innerhalb der mitteleuropäischen Bevölkerung abgestellt.
20
(1) Stützt das Tatgericht seine nach § 261 StPO gewonnene Überzeugung von der Täterschaft des Angeklagten auf das Ergebnis einer im Zusammenhang mit der Übereinstimmung von DNA-Identifizierungsmustern vorgenommenen Wahrscheinlichkeitsberechnung, wird – sofern der Angeklagte einer fremden Ethnie angehört – in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs verlangt , dass der Tatrichter in den Urteilsgründen darlegt, inwieweit dieser Umstand bei der Auswahl der Vergleichspopulation von Bedeutung war (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Beschluss vom 20. Mai 2015 – 4 StR 555/14, NJW 2015, 2594, 2597; Beschluss vom 25. Februar 2015 – 4 StR 39/15; Urteile vom 5. Juni 2014 – 4 StR 439/13, NJW 2014, 2454, 2455 und vom 21. März 2013 – 3 StR 247/12, BGHSt 58, 212, 217). Die dahinterstehende Frage, welche Bedeutung die fremde Ethnie eines Tatverdächtigen für die Auswahl der Vergleichspopulation überhaupt haben kann, ist in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bislang noch nicht vollständig geklärt (vgl. aber BGH, Beschluss vom 20. Mai 2015 – 4 StR 555/14, NJW 2015, 2594, 2597).
21
(2) Insoweit ist nach den Ausführungen der beiden Sachverständigen von folgenden tatsächlichen Gegebenheiten auszugehen:
22
(a) Durch Studien wissenschaftlich belegt, bestehen zwischen den Populationen auf kontinentaler Ebene (z. Bsp. Europäer, Afrikaner, Ostasiaten) deutlich messbare Unterschiede bei den Allelfrequenzen. Innerhalb der kontinentalen Regionen bestehen ebenfalls Unterschiede, die jedoch umso kleiner wer- den, je geringer der genetische Abstand ist. Nach aktuellem wissenschaftlichem Stand ist insbesondere davon auszugehen, dass die Allelfrequenzen innerhalb Europas sehr ähnlich sind. Unabhängig davon sind bei einer Untersuchung von mehr als 10 bis 12 STR-Systemen Trefferwahrscheinlichkeiten im Milliardenbereich und höher zu erwarten, bei denen eine Unterscheidung in Bezug auf die ethnische Herkunft nicht mehr von Bedeutung ist (vgl. auch Peter Schneider /Anslinger/Eckert/Fimmers/Harald Schneider, NStZ 2013, 693, 696 mwN).
23
Eine einzelfallbezogene Berechnung mit klarem Populationsbezug bleibt aber auch dann bei Tatortspuren nötig, bei denen mehr als eine Person als Spurenleger angenommen werden muss (sog. Mischspuren), sowie in Fällen, in denen eine Verwandtschaft zwischen möglichen spurenbeteiligten Personen angenommen werden muss, da sich insoweit ein geringerer Beweiswert ergeben kann. In dem seltenen und weitgehend akademischen Sonderfall, dass der Spurenleger allein aus einer ganz bestimmten, durch geographische, soziale oder kulturelle Randbedingungen definierten Bevölkerungsgruppe („Inselpopu- lation“) kommen kann,können Korrekturfaktoren verwendet werden, die den Grad der genetischen Verwandtschaft innerhalb dieser Gruppe wiederspiegeln (vgl. auch Peter Schneider/Anslinger/Eckert/Fimmers/Harald Schneider aaO; Baur/Fimmers/Peter Schneider, StV 2010, 175 f.).
24
(b) Bei der Untersuchung einer biologischen Tatortspur ist für den damit beauftragten Sachverständigen zunächst nicht erkennbar, ob der unbekannte Spurenleger der am Tatort lebenden Mehrheitsbevölkerung oder einer anderen Bevölkerungsgruppe angehört. Soweit seitens der beauftragenden Behörde oder des beauftragenden Gerichts keine Einschränkungen im Hinblick auf die Herkunft des Spurenverursachers gemacht werden, können vom Sachverständigen bei der biostatischen Berechnung daher nur die Allelfrequenzen der Mehrheitsbevölkerung verwendet werden. Sofern ein Tatverdächtiger bekannt wird, dessen genetische Merkmale mit der Spur übereinstimmen, der aber einer fremden Ethnie angehört, kann auch eine Berechnung anhand der ggf. abweichenden Häufigkeitsverteilung innerhalb dieser Ethnie erfolgen. Eine solche Berechnung würde aber auf der Annahme beruhen, dass allein Personen aus der Herkunftsbevölkerung des Tatverdächtigen als Spurenverursacher in Betracht kommen; sie wäre aus sachverständiger Sicht nur dann zu rechtfertigen, wenn Mitglieder anderer Bevölkerungsgruppen als Spurenleger ersichtlich nicht in Betracht kämen. Dessen ungeachtet kann es in solchen Fällen sinnvoll und angemessen sein, dass der Sachverständige beide Berechnungen durchführt und im Gutachten mitteilt, so dass das Gericht einen etwaigen unterschiedlichen Beweiswert erkennen kann.
25
(3) Dies bedeutet für die sachlich-rechtlichen Anforderungen an die Darstellung im tatrichterlichen Urteil - die mit den Anforderungen, welche das Tatgericht an das Gutachten zu stellen hat, nicht identisch sind (vgl. BGH, Urteil vom 5. Juni 2014 – 4 StR 439/13, NJW 2014, 2454 f. mwN) - folgendes:
26
Allein der Umstand, dass der Angeklagte einer fremden Ethnie angehört, führt noch nicht dazu, dass das Tatgericht bei der Würdigung des Gutachtens die Herkunftspopulation des Angeklagten zu Grunde zu legen hätte. Wie der 4. Strafsenat entschieden hat (Beschluss vom 20. Mai 2015 – 4 StR 555/14, NJW 2015, 2594, 2597) ist es vielmehr nicht zu beanstanden, wenn auch in diesen Fällen die am Tatort lebende Mehrheitsbevölkerung als Vergleichspopulation herangezogen wird, sofern es keine konkreten Anhaltspunkte für einen aus derselben Herkunftsethnie wie der Angeklagte stammenden Alternativtäter gibt (so auch Peter Schneider/Anslinger/Eckert/Fimmers/Harald Schneider aaO; aA ohne nähere Begründung Neuhaus/Artkämper, Kriminaltechnik und Beweisführung im Strafverfahren, Rn. 252; Neuhaus, StV 2013, 137; Eisenberg, Beweisrecht der StPO, 9. Aufl., Rn. 1908). Dem schließt sich der Senat an. Eine andere Vorgehensweise würde zu einer sachlich nicht gerechtfertigten Einschränkung des Kreises möglicher Spurenverursacher führen, zu dem auch der Grundsatz „in dubio pro reo“ nicht zwingt. Denn der Zweifelssatz bedeutet nicht, dass von der dem Angeklagten jeweils (denkbar) günstigsten Fallgestaltung auch dann auszugehen ist, wenn hierfür keine Anhaltspunkte bestehen. Unterstellungen zugunsten eines Angeklagten sind vielmehr nur dann rechtsfehlerfrei , wenn der Tatrichter hierfür reale Anknüpfungspunkte hat (st. Rspr.; vgl. nur Senat, Urteil vom 20. Mai 2009 – 2 StR 576/08, NStZ 2009, 630, 631 mwN).
27
Soweit sich in der Beweisaufnahme dagegen konkrete Anhaltspunkte dafür ergeben, dass der Tatverdächtige allein in einer bestimmten Bevölkerungsgruppe zu finden ist, hat der Tatrichter im Urteil das Ergebnis der Berechnung anhand dieser Population mitzuteilen und sich damit auseinanderzusetzen; dies gilt insbesondere in den Fällen, in denen weniger als 12 STR-Systeme untersucht wurden und in denen mehr als eine Person als Spurenleger oder in denen eine Verwandtschaft zwischen möglichen spurenbeteiligten Personen angenommen werden muss.
28
(4) Nachdem der Senat anhand des aktuellen Stands der Wissenschaft lediglich die in der bisherigen Rechtsprechung bislang offengelassenen Maßstäbe konkretisiert, inwieweit eine fremde Ethnie des Angeklagten bei der Auswahl der Vergleichspopulation von Bedeutung sein kann, liegt keine Divergenz in einer Rechtsfrage im Sinne des § 132 Abs. 2 GVG vor.
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b) Die Argumentation des Landgerichts, wonach bei „objektiver“ Betrachtung das Ergebnis der Wahrscheinlichkeitsrechnung als biologische Tatsache zu verstehen und deshalb von der Einmaligkeit der Spur auszugehen sei, die eine Wahrscheinlichkeit von 1 zu 300 Trilliarden dafür begründe, dass der Angeklagte der Spurenleger sei, ist nicht frei von Rechtsfehlern. Dies gefährdet angesichts des hohen Beweiswerts der fraglichen DNA-Spur den Bestand des Urteils aber im Ergebnis nicht.
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aa) Die Anforderungen, die gemäß § 261 StPO an die Überzeugungsbildung des Tatrichters zu stellen sind, werden nicht von - tatsächlich oder vermeintlich - unterschiedlichen wissenschaftlichen Konzepten bestimmt; maßgeblich ist allein, dass die Beweiswürdigung auf einer rationalen, verstandesmäßig einsichtigen und intersubjektiv diskutierbaren Grundlage beruht. Kann eine Feststellung nur mit Hilfe naturwissenschaftlicher Mittel getroffen werden, ist der Tatrichter zwar nicht gezwungen, sich insoweit nur auf allgemein anerkannte Methoden zu stützen. Die tatrichterliche Würdigung darf allerdings den Gesetzen der Logik und dem gesicherten wissenschaftlichen Erfahrungswissen nicht widersprechen (vgl. nur Senat, Urteil vom 2. August 1995 – 2 StR 221/94, NStZ 1995, 590, 592; KK-StPO/Ott, 7. Aufl., § 261 Rn. 3, jew. mwN). Soweit maßgeblich auf biostatistische Wahrscheinlichkeitsberechnungen abgestellt wird, sind daher die zu Grunde liegenden mathematischen Denkgesetze zu beachten; dazu gehört gerade auch das vom Landgericht kritisierte Bayes-Theorem, das den logisch korrekten Umgang mit Unsicherheiten beschreibt (vgl. Bender/ Nack/Treuer, Tatsachenfeststellung vor Gericht, 4. Aufl., Rn. 644 ff.; Nack, MDR 1986, 366; Biedermann/Vuille, Kriminalistik 2014, 169).
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bb) Daran gemessen vermag der Senat dem Ansatz des Landgerichts nicht zu folgen.
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(1) Soweit das Landgericht von einer „Einmaligkeit“ des DNA-Profils ausgeht , handelt es sich ersichtlich um eine Schlussfolgerung aus der von ihm errechneten Populationshäufigkeit des Profils; in der Sache besteht danach gerade kein Unterschied zur Daktyloskopie, soweit dort das Einmaligkeitsaxiom ebenfalls mit statistischen Berechnungen begründet wird (vgl. Oppermann, Der daktyloskopische Identitätsnachweis, S. 72 ff.; Artkämper/Artkämper, StRR 2012, 216). Der Schluss auf die „Einmaligkeit“ des DNA-Identifizierungsmusters ist angesichts der errechneten Populationshäufigkeit des Profils zwar zulässig und naheliegend, aber in Bezug auf den vermeintlich „objektiven“ Ansatz des Landgerichts ohne argumentatives Gewicht. Entsprechendes gilt, soweit das Landgericht in diesem statistisch errechneten Wert eine Aussage über die „bio- logische Realität“ sieht (UA S. 20).Zwar ist es nicht ausgeschlossen, die errechnete Häufigkeit eines DNA-Profils unter bestimmten Prämissen auch als bloße Beschreibung einer biologischen Tatsache zu verstehen. Allerdings ist dieser Ansatz geeignet, den Blick auf die Fehlerquellen zu verstellen, die sich aus den zu Grunde liegenden mathematischen und empirischen Annahmen ergeben und die bei geringeren Verbreitungswahrscheinlichkeiten durchaus relevant werden können (vgl. für den Bereich der Daktyloskopie Biedermann /Vuille, Kriminalistik 2014, 169; de Vries, StRR 2013, 417).
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(2) Das Landgericht beschränkt sich zudem gerade nicht auf die Berechnung der Populationshäufigkeit des Profils, sondern kommt auch zum Ergebnis, dass der Angeklagte „mit einer Wahrscheinlichkeit von 1:300 Trilliarden“ der Spurenleger sei (UA S. 9, 11). Eine solche Berechnung der Belastungswahrscheinlichkeit ist nicht ohne Weiteres zulässig. Die vom Landgericht im Ansatz zutreffend berechnete Populationshäufigkeit entspricht bei einem normalen molekulargenetischen Spurenvergleich der Identitätswahrscheinlichkeit für eine zufällige Übereinstimmung einer beliebigen Person mit einer Spur („match probability“ ); diese ist aber formal-logisch nicht per se identisch mit der umgekehrten Wahrscheinlichkeit, dass die Spur vom Angeklagten stammt. Diese Belastungswahrscheinlichkeit hängt von der bestehenden Anfangswahrscheinlichkeit ab und kann mathematisch korrekt nur unter Verwendung des Bayes’schen Theorems berechnet werden (vgl. schon BGH, Urteil vom 12. August 1992 – 5 StR 239/92, BGHSt 38, 320, 323).
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Dessen Anwendung führt nicht zu einer Mathematisierung der Beweiswürdigung , sondern ergibt sich aus der Notwendigkeit, innerhalb mathematischer Wahrscheinlichkeitsberechnungen die systemimmanenten Denkgesetze einzuhalten. Diese können zur Vermeidung von logischen Fehlschlüssen nicht unter Hinweis auf einen angeblich „objektiven“ Ansatz ignoriert werden (vgl. Biedermann/Vuille, Kriminalistik 2014, 169; Bender/Nack/Treuer, Tatsachenfeststellung vor Gericht, 4. Aufl., Rn. 644 ff.; Nack, MDR 1986, 366).
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(3) Die Berücksichtigung des Bayes’schen Theorems erfordert in diesem Zusammenhang nicht, dass der Tatrichter etwa die Stärke eines Tatverdachts genau quantifizieren und entsprechende Wahrscheinlichkeitsberechnungen anstellen müsste. Dies ist weder möglich noch nötig (vgl. Bender/Nack/Treuer aaO Rn. 620 f.; 645 f.). Der Tatrichter muss sich aber bewusst sein, dass der Sachverständige regelmäßig mit einer „neutralen“ Vorinformationen nicht be- rücksichtigenden Anfangswahrscheinlichkeit von 50% rechnet und daher das Gutachten nur eine Aussage über den abstrakten Beweiswert der jeweiligen Spur zulässt (vgl. schon BGH aaO; Baur/Fimmers/Schneider StV 2010, 175, 176).
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cc) Der Bestand des Urteils wird durch die im Wesentlichen theoretischen Ausführungen des Landgerichts nicht gefährdet, denn die fragliche DNASpur stellt unabhängig davon ein äußerst gewichtiges Indiz dar, das zusammen mit den anderen festgestellten Beweisanzeichen die Beweiswürdigung des Landgerichts trägt.
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(1) Das Landgericht hat den Beweiswert der DNA-Spur im Ergebnis nicht verkannt. Zwar sind seine Ausführungen - worauf der Sachverständige Prof. Dr. S. zu Recht hingewiesen hat - unklar, soweit das Merkmalssystem D3S1358 betroffen ist. Denn ohne die Mitteilung der Rohdaten ließ sich hier nicht beurteilen, ob eine Mischspur vorlag, deren Bewertung anderen Regeln folgen müsste. Der Senat versteht aber - in Einklang mit dem Sachverständigen - diese Ausführungen dahin, dass nur in diesem einen System die für eine Berechnung als Einzelpersonenspur notwendigen Voraussetzungen nicht vorlagen (vgl. Peter Schneider/Fimmers/Harald Schneider/Brinkmann, NStZ 2007, 477). Wie der Sachverständige Prof.Dr. S. aufgezeigt hat, würde das Weglassen dieses Ergebnisses die berechnete Trefferwahrscheinlichkeit zwar um den Faktor 9,93 erhöhen. Dies stellt aber angesichts der ansonsten zutreffenden Werte und der errechneten Gesamthäufigkeit hier den Schluss, dass der Angeklagte der Spurenverursacher war, nicht in Frage.
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(2) Dass einer DNA-Spur mit einer Trefferwahrscheinlichkeit von der hier im Raum stehenden Größenordnung ein hoher Indizwert beizumessen ist, ist entgegen der Auffassung des Landgerichts in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nie grundsätzlich in Zweifel gezogen worden. Danach gilt: Je geringer die Wahrscheinlichkeit ist, dass zufällig eine andere Person identische Merkmale aufweist, desto höher kann das Tatgericht den Beweiswert einer Übereinstimmung einordnen und sich - gegebenenfalls allein aufgrund der Übereinstimmung - von der Täterschaft überzeugen (BGH, Urteil vom 21. März 2013 – 3 StR 247/12, BGHSt 58, 212, 214 mwN). Soweit in der Rechtsprechung auf den statistischen Charakter der Wahrscheinlichkeitsberechnungen hingewiesen wird, ist dies regelmäßig als allgemeiner Hinweis an den Tatrichter zu interpretieren, mögliche Fehlerquellen und die Notwendigkeit einer Gesamtwürdigung nicht aus den Augen zu verlieren (vgl. BGH aaO).
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(3) Vor dem Hintergrund der vom Landgericht errechneten Identitätswahrscheinlichkeit kommt auch der Anfangswahrscheinlichkeit keine entscheidenden Rolle mehr zu. Denn deren Einfluss auf das Endergebnis ist umso geringer , je größer die Beweiskraft des fraglichen Indizes ist (vgl. hierzu Bender/ Nack/Treuer, Tatsachenfeststellung vor Gericht, 4. Aufl., Rn. 681). Bei Wahrscheinlichkeiten im Milliardenbereich und höher, wie sie bei einer Untersuchung anhand von 16 STR-Systemen auftreten können, wirkt sich auch eine sehr geringe Anfangswahrscheinlichkeit kaum noch signifikant aus (vgl. Baur/Fimmers/Peter Schneider, StV 2010, 175 f.; Bender/Nack/Treuer aaO Rn. 628). Soweit das Landgericht in diesem Zusammenhang ausführt, die Anfangswahrscheinlichkeit sei mit 0% anzusetzen, ist dies allerdings unzutreffend, denn dies würde bedeuten, dass man den Tatverdächtigen von vornherein als Täter völlig ausschließt und kein noch so beweiskräftiges Indiz daran etwas ändern könnte.
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c) Auch die Nichtbeachtung des Umstandes, dass (zunächst) ein Datenbanktreffer vorlag, begründet hier keinen Rechtsfehler.
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aa) Hintergrund der vom Landgericht kritisierten Empfehlungen der Spurenkommission ist die bei einem reinen Datenbanktreffer unter Umständen be- stehende erhöhte Gefahr eines „Zufallstreffers“. Diese ergibt sich daraus, dass in diesen Fällen - anders als bei dem Abgleich einer Spur mit dem Muster eines Tatverdächtigen - ein Abgleich einer Spur mit einer Datenbank erfolgt, in der eine Vielzahl von Personen erfasst sind; so sind in der beim Bundeskriminalamt eingerichteten DNA-Analyse-Datei (DAD) aktuell etwa 850.000 Personen erfasst. Die erhöhte Gefahr eines Zufallstreffers wird allerdings nur bei häufig vorkommenden DNA-Profilen relevant; so etwa, wenn von einer Spur nur ein Teilprofil gesichert werden konnte oder bei Datensätzen aus der Anfangszeit der DAD, die nur für 5 bis 8 STR-Systeme analysiert wurden. In diesem Fall steigt mit der Größe der Datenbank die Wahrscheinlichkeit, zufällig „jemand Passenden“ zu finden.Bei seltenen Identifizierungsmustern, die sich bei der Berücksichtigung von 16 STR-Systemen ergeben, spielt die Problematik hingegen keine Rolle. Aus diesen Überlegungen wird aus wissenschaftlicher Sicht zutreffend empfohlen, jedenfalls bei einer DAD-Recherche mit Teilprofilen von weniger als 12 vollständig typisierten Systemen neben der Häufigkeit des Profils auch die Wahrscheinlichkeit für einen solchen zufälligen Datenbanktreffer unter Berücksichtigung der Größe der Datenbank zu berechnen und dies im Gutachten mitzuteilen (vgl. Peter Schneider et. al., Rechtsmedizin 2010, 111 ff., gekürzte Fassung in NStZ 2010, 433 ff.; aA Taroni et. al., Rechtsmedizin 2011, 55 ff.; Erwiderung von Fimmers/Harald Schneider/Baur/Peter Schneider aaO 57 ff.). Nur unter Berücksichtigung dieser Information nämlich kann die Beweiskraft des Datenbanktreffers und auch die Gefahr beurteilt werden, dass der „wahre“ Spurenleger möglicherweise gar nicht in der Datenbank erfasst war. Die dagegen gerichteten Einwände des Landgerichts überzeugen nicht (vgl. oben B.II.2.b).
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bb) Mit derartigen Fehlerquellen muss sich der Tatrichter allerdings nur dann auseinandersetzen, wenn der Fall dazu Anlass bietet. Angesichts des Umstands, dass das Landgericht hier nicht auf den ursprünglichen Datenbanktreffer , sondern einen späteren Einzelvergleich unter Berücksichtigung von 16 STR-Systemen abgestellt hat, ergibt sich daraus im vorliegenden Fall kein durchgreifender Erörterungsmangel.
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d) Der Senat hat unter Berücksichtigung der Ausführungen des Landgerichts erwogen, ob mit Blick auf die fehlende empirische Überprüfbarkeit von Zahlenwerten in der hier errechneten Größenordnung eine Obergrenze für die Angabe der Trefferwahrscheinlichkeit sinnvoll ist. Hierzu gibt es verschiedene Vorschläge seitens der Wissenschaft, die je nach Anzahl der untersuchten Merkmalssysteme Obergrenzen im Bereich von 1 in 1 Milliarde bis 1 in 30 Milliarden befürworten (vgl. etwa Biedermann/Vuille, Kriminalistik 2014, 169).
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Unabhängig von der Frage, ob eine solche Obergrenze aus wissenschaftlicher Sicht sinnvoll ist, hat der Senat hier nur über die aus revisionsrechtlicher Sicht zu stellenden Anforderungen an die Urteilsgründe zu entscheiden ; diese sind nicht mit den Anforderungen identisch, welche das Tatgericht an das Gutachten des Sachverständigen zu stellen hat (vgl. BGH, Urteil vom 5. Juni 2014 – 4 StR 439/13, NJW 2014, 2454 f. mwN). Die insoweit zu stellenden sachlich-rechtlichen Anforderungen sind aber unabhängig von der Höhe einer solchen letztlich durch Konvention festgelegten Obergrenze im Milliardenbereich , die ersichtlich weniger durch statistische als durch pragmatische Überlegungen begründet ist. Ob sich das Tatgericht - gegebenenfalls allein - aufgrund einer Merkmalübereinstimmung mit einer solchen Wahrscheinlichkeit von der Täterschaft zu überzeugen vermag, ist ihm aber - wie die Beweiswürdigung ansonsten auch (§ 261 StPO) - vorrangig selbst überlassen (vgl. BGH, Urteil vom 21. März 2013 – 3 StR 247/12, BGHSt 58, 212, 215 mwN). Ein vom Revisionsgericht zu berücksichtigender Rechtsfehler ergibt sich aus der Berücksichtigung einer solchen, nach den dargestellten Maßstäben zutreffend berechneten Wahrscheinlichkeit nicht. Fischer Appl RiBGH Prof. Dr. Krehl ist an der Unterschrift gehindert. Fischer Ott Bartel