Bundesgerichtshof Urteil, 07. März 2019 - 5 StR 569/18

bei uns veröffentlicht am07.03.2019

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
5 StR 569/18
vom
7. März 2019
in der Strafsache
gegen
wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u.a.
ECLI:DE:BGH:2019:070319U5STR569.18.0

Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 7. März 2019, an der teilgenommen haben: Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof Dr. Mutzbauer,
die Richter am Bundesgerichtshof Prof. Dr. König, Dr. Berger, Prof. Dr. Mosbacher, Köhler als beisitzende Richter,
Staatsanwalt beim Bundesgerichtshof als Vertreter des Generalbundesanwalts,
Rechtsanwalt als Verteidiger,
Amtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Bremen vom 27. April 2018 dahin geändert, dass gegen den Angeklagten die Einziehung des Wertes des Tatertrages in Höhe von 40.000 Euro angeordnet ist.
Der Angeklagte hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

- Von Rechts wegen -

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Betäubungsmitteldelikten zu einer Gesamtstrafe von zwei Jahren unter Aussetzung zur Bewährung verurteilt und die Einziehung von 4.900 Euro angeordnet. Die auf die Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision der Staatsanwaltschaft richtet sich allein gegen die Höhe der Einziehungsentscheidung. Das vom Generalbundesanwalt vertretene Rechtsmittel hat Erfolg.
2
1. Nach den Feststellungen des Landgerichts verkaufte der Angeklagte in den Jahren 2013 und 2014 gewinnbringend Betäubungsmittel (EcstasyTabletten , einen MDMA-„Stein“, Amphetaminpulver und Marihuana), die er – mit einer Ausnahme – bei seinen Lieferanten für insgesamt 30.600 Euro aus eigenen finanziellen Mitteln erworben hatte. Lediglich im Fall 2 der Urteilsgründe erhielt er den Kaufpreis von 5.000 Euro von dem Abnehmer vorab, wovon er 2.000 Euro zurückzahlte, nachdem es ihm nicht gelungen war, das ursprünglich bestellte Marihuana zu beschaffen, und die ersatzweise gelieferten EcstasyTabletten lediglich einen Verkaufswert von 3.000 Euro besaßen. Sein Gewinn belief sich für dieses Geschäft auf 500 Euro, in den übrigen Fällen – bei einem Verkaufserlös von 35.000 Euro – auf 4.400 Euro.
3
2. Das Landgericht hat seine Einziehungsentscheidung auf „§ 33 BtMG, §§ 73 Abs. 1, 73c, 73d StGB“ gestützt. Für die Höhe der Anordnung hat es den aus den Betäubungsmittelgeschäften erzielten Gewinn von insgesamt 4.900 Euro herangezogen, da der Angeklagte „nach dem Nettoprinzip“ nur den Geldbetrag erlangt habe, der ihm „nach Abzug der Erwerbskosten verblieben“ sei.
4
3. Die wirksam auf die Höhe der Einziehungsanordnung beschränkte Revision der Staatsanwaltschaft (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 24. Mai 2018 – 5StR 623/17 und 624/17) ist begründet, da die Entscheidung des Landgerichts insoweit durchgreifenden rechtlichen Bedenken begegnet.
5
a) Die Strafkammer hat im Fall 2 der Urteilsgründe bei der Beurteilung der Frage, was der Angeklagte durch die Tat erlangt hat, einen unzutreffenden Maßstab angelegt.
6
„Durch“ die Tat erlangt im Sinne des § 73 Abs. 1 StGB istjeder Vermögenswert , der dem Täter unmittelbar aus der Verwirklichung des Tatbestandes in irgendeiner Phase des Tatablaufs derart zugeflossen ist, dass er seiner faktischen Verfügungsgewalt unterliegt. Da es sich bei dem Erlangen um einen tatsächlichen Vorgang handelt, kommt es auf zivilrechtliche Besitz- oder Eigen- tumsverhältnisse nicht an (vgl. BGH, Urteil vom 27. September 2018 – 4StR 78/18, NStZ-RR 2019, 22). Unerheblich ist es daher auch, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang der Täter eine durch die Tat gewonnene Verfügungsmacht später aufgibt (vgl. BGH, Urteil vom 18. Juli 2018 – 5 StR 645/17, NStZ-RR 2018, 278, 279).
7
Danach hat – worauf der Generalbundesanwalt zutreffend hinweist – der Angeklagte durch die Tat nach § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG den gesamten Kaufpreis von 5.000 Euro erlangt. Dabei ist es ohne Belang, dass sein Abnehmer in Vorleistung getreten ist. Denn ein vollendetes Handeltreiben mit Betäubungsmitteln liegt bereits dann vor, wenn der Verkäufer dem Kaufinteressenten – wie hier – ein verbindliches und ernsthaftes Verkaufsangebot unterbreitet; dass es nicht zu dem ursprünglich vereinbarten Umsatzgeschäft gekommen ist, steht dem nicht entgegen (vgl. BGH, Urteil vom 15. September 2004 – 2 StR 232/04, BGHR BtMG § 29 Abs. 1 Nr. 1 Handeltreiben 61). Rechtlich unerheblich ist es danach auch, dass der Angeklagte 2.000 Euro an den Abnehmer zurückgezahlt hat, da der vereinnahmte Kaufpreis von 5.000 Euro seinem Vermögen so zugeflossen war, dass er jedenfalls vorübergehend die tatsächliche Verfügungsgewalt über den Geldbetrag ausüben konnte (vgl. BGH, Urteil vom 27. September

2018

4 StR 78/18, aaO).
8
b) Zudem ist dem Landgericht in allen Fällen bei der Bestimmung des Wertes des Tatertrages ein durchgreifender Rechtsfehler zugunsten des Angeklagten unterlaufen. Zwar ist es zutreffend davon ausgegangen, dass der Wert des Taterlangten aufgrund der Übergangsvorschrift des Art. 316h Satz 1 StGB gemäß § 73d Abs. 1 StGB in der Fassung des Gesetzes über die Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung vom 13. April 2017 (BGBl. I 872) zu bestimmen war. Es hat aber das Abzugsverbot für Tataufwendungen des § 73d Abs. 1 Satz 2 StGB verkannt und den Wert des Erlangten daher rechtsfehler- haft nach dem „Nettoprinzip“ bestimmt.
9
Mit § 73d Abs. 1 StGB hat der Gesetzgeber das „Bruttoprinzip“ konkretisiert (BT-Drucks. 18/9525, S. 55, 67 ff.). Eine Abkehr von diesem seit 1992 normierten Grundsatz der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung (vgl. BTDrucks. 12/1134, S. 12) hat er damit nicht verbunden (vgl. BT-Drucks. 18/9525, S. 62; 18/11640, S. 78 f.). Danach sind nur solche Aufwendungen des Täters nach § 73d Abs. 1 Satz 1 StGB abzugsfähig, die weder für die Begehung noch für die Vorbereitung der Tat angefallen sind (§ 73d Abs. 1 Satz 2 StGB). Erwerbskosten für verkaufte Betäubungsmittel dürfen mithin auch nach der Neufassung der §§ 73 ff. StGB nicht vom Verkaufserlös abgezogen werden (vgl. BTDrucks. 18/9525, S. 55, 68; BGH, Beschluss vom 22. März 2018 – 3 StR 577/17, wistra 2018, 427). Daran hat auch die Streichung des § 73c StGB aF nichts geändert, weil der Schutz vor unverhältnismäßigen Eingriffen im neuen Recht durch die vollstreckungsrechtliche Vorschrift des § 459g Abs. 5 StPO gewährleistet ist (vgl. BGH, Urteil vom 27. September 2018 – 4 StR 78/18, aaO S. 23).
10
c) Angesichts dieser durchgreifenden Rechtsfehler kann es dahinstehen, ob das Urteil zudem darauf beruht, dass Landgericht die Einziehungsentscheidung rechtsfehlerhaft (auch) auf die ausschließlich für Tatobjekte im Sinne des § 74 Abs. 2 StGB (z.B. gehandelte Betäubungsmittel) geltende Ermessensvorschrift des § 33 BtMG gestützt hat (vgl. BGH, Beschluss vom 13. Januar 2010 – 2 StR 519/09, NStZ-RR 2010, 141, 142; Fischer, StGB, 66. Aufl., § 73 Rn. 25, § 74 Rn. 17).
11
d) Einen Rechtsfehler zu Ungunsten des Angeklagten (§ 301 StPO) hat die Überprüfung der Einziehungsentscheidung nicht ergeben.
12
4. Da die Anordnung nach §§ 73, 73 c StGB bei Vorliegen der Tatbe- standsvoraussetzungen rechtlich zwingend ist, kann der Senat – dem Antrag des Generalbundesanwalts entsprechend – auf der Grundlage der rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen analog § 354 Abs. 1 StPO die Einziehung des Wertes des Tatertrages von 40.000 Euro selbst anordnen (vgl. LR-Franke, StPO, 26. Aufl., § 354 Rn. 12).
Mutzbauer König Berger
Mosbacher Köhler

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Urteil, 07. März 2019 - 5 StR 569/18

Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Urteil, 07. März 2019 - 5 StR 569/18

Referenzen - Gesetze

Strafprozeßordnung - StPO | § 354 Eigene Entscheidung in der Sache; Zurückverweisung


(1) Erfolgt die Aufhebung des Urteils nur wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen, so hat das Revisionsgericht in der Sache selbst zu entscheiden, sofern ohne weitere tatsächliche Erört

Strafgesetzbuch - StGB | § 73 Einziehung von Taterträgen bei Tätern und Teilnehmern


(1) Hat der Täter oder Teilnehmer durch eine rechtswidrige Tat oder für sie etwas erlangt, so ordnet das Gericht dessen Einziehung an. (2) Hat der Täter oder Teilnehmer Nutzungen aus dem Erlangten gezogen, so ordnet das Gericht auch deren Einzieh
Bundesgerichtshof Urteil, 07. März 2019 - 5 StR 569/18 zitiert 13 §§.

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Betäubungsmittelgesetz - BtMG 1981 | § 29 Straftaten


(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer1.Betäubungsmittel unerlaubt anbaut, herstellt, mit ihnen Handel treibt, sie, ohne Handel zu treiben, einführt, ausführt, veräußert, abgibt, sonst in den Verkehr bringt,

Betäubungsmittelgesetz - BtMG 1981 | § 29a Straftaten


(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr wird bestraft, wer1.als Person über 21 JahreBetäubungsmittel unerlaubt an eine Person unter 18 Jahren abgibt oder sie ihr entgegen § 13 Abs. 1 verabreicht oder zum unmittelbaren Verbrauch überläßt oder2.

Strafgesetzbuch - StGB | § 73c Einziehung des Wertes von Taterträgen


Ist die Einziehung eines Gegenstandes wegen der Beschaffenheit des Erlangten oder aus einem anderen Grund nicht möglich oder wird von der Einziehung eines Ersatzgegenstandes nach § 73 Absatz 3 oder nach § 73b Absatz 3 abgesehen, so ordnet das Gericht

Strafprozeßordnung - StPO | § 301 Wirkung eines Rechtsmittels der Staatsanwaltschaft


Jedes von der Staatsanwaltschaft eingelegte Rechtsmittel hat die Wirkung, daß die angefochtene Entscheidung auch zugunsten des Beschuldigten abgeändert oder aufgehoben werden kann.

Strafgesetzbuch - StGB | § 74 Einziehung von Tatprodukten, Tatmitteln und Tatobjekten bei Tätern und Teilnehmern


(1) Gegenstände, die durch eine vorsätzliche Tat hervorgebracht (Tatprodukte) oder zu ihrer Begehung oder Vorbereitung gebraucht worden oder bestimmt gewesen sind (Tatmittel), können eingezogen werden. (2) Gegenstände, auf die sich eine Straftat bez

Strafgesetzbuch - StGB | § 73d Bestimmung des Wertes des Erlangten; Schätzung


(1) Bei der Bestimmung des Wertes des Erlangten sind die Aufwendungen des Täters, Teilnehmers oder des anderen abzuziehen. Außer Betracht bleibt jedoch das, was für die Begehung der Tat oder für ihre Vorbereitung aufgewendet oder eingesetzt worden is

Betäubungsmittelgesetz - BtMG 1981 | § 33 Einziehung


Gegenstände, auf die sich eine Straftat nach den §§ 29 bis 30a oder eine Ordnungswidrigkeit nach § 32 bezieht, können eingezogen werden. § 74a des Strafgesetzbuches und § 23 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten sind anzuwenden.

Strafprozeßordnung - StPO | § 459g Vollstreckung von Nebenfolgen


(1) Die Anordnung der Einziehung oder der Unbrauchbarmachung einer Sache wird dadurch vollstreckt, dass die Sache demjenigen, gegen den sich die Anordnung richtet, weggenommen wird. Für die Vollstreckung gelten die Vorschriften des Justizbeitreibungs

Referenzen - Urteile

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Bundesgerichtshof Beschluss, 22. März 2018 - 3 StR 577/17

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Gegenstände, auf die sich eine Straftat nach den §§ 29 bis 30a oder eine Ordnungswidrigkeit nach § 32 bezieht, können eingezogen werden. § 74a des Strafgesetzbuches und § 23 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten sind anzuwenden.

(1) Hat der Täter oder Teilnehmer durch eine rechtswidrige Tat oder für sie etwas erlangt, so ordnet das Gericht dessen Einziehung an.

(2) Hat der Täter oder Teilnehmer Nutzungen aus dem Erlangten gezogen, so ordnet das Gericht auch deren Einziehung an.

(3) Das Gericht kann auch die Einziehung der Gegenstände anordnen, die der Täter oder Teilnehmer erworben hat

1.
durch Veräußerung des Erlangten oder als Ersatz für dessen Zerstörung, Beschädigung oder Entziehung oder
2.
auf Grund eines erlangten Rechts.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
5 StR 645/17
vom
18. Juli 2018
in der Strafsache
gegen
wegen erpresserischen Menschenraubes u.a.
ECLI:DE:BGH:2018:180718U5STR645.17.0

Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 18. Juli 2018, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof Dr. Mutzbauer
als Vorsitzender,
Richter am Bundesgerichtshof Prof. Dr. Sander, Richterin am Bundesgerichtshof Dr. Schneider, die Richter am Bundesgerichtshof Dr. Berger, Köhler
als beisitzende Richter,
Staatsanwältin als Gruppenleiterin
als Vertreterin des Generalbundesanwalts,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 21. September 2017 aufgehoben ,
a) soweit das Landgericht davon abgesehen hat, gegen den Angeklagten die Einziehung des Wertes von Taterträgen anzuordnen; insoweit wird gegen den Angeklagten die Einziehung des Wertes von Taterträgen in Höhe von 54.700 Euro als Gesamtschuldner angeordnet ;
b) soweit das Landgericht davon abgesehen hat, die Einziehung von Tatmitteln anzuordnen; insoweit wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die Revision des Angeklagten wird auf seine Kosten verworfen.
- Von Rechts wegen -

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen erpresserischen Menschenraubes in Tateinheit mit besonders schwerer räuberischer Erpressung, mit besonders schwerem Raub sowie mit gefährlicher Köperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von acht Jahren und sechs Monaten verurteilt und eine Anrechnungsentscheidung zu erlittener Auslieferungshaft getroffen. Der Angeklagte wendet sich gegen seine Verurteilung mit seiner auf die allgemeine Sachrüge gestützten Revision. Die ebenfalls auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision der Staatsanwaltschaft richtet sich allein gegen die Entscheidungen des Landgerichts, von einer Einziehung des Wertes der Taterträge und von Tatmitteln abzusehen. Während das vom Generalbundesanwalt vertretene Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft Erfolg hat, ist dasjenige des Angeklagten unbegründet.

I.


2
1. Nach den Feststellungen des Landgerichts drangen der Angeklagte und der gesondert Verfolgte Ma. gemeinsam mit zwei weiteren Mittätern am Abend des 14. September 2012 in das von J. und Y. H. bewohnte Haus ein. Sie überwältigten und fesselten die beiden Bewohner. Der Angeklagte, der in seinem Rucksack zwei mit scharfer Munition geladene Pistolen mit sich führte, mit denen er und Ma. etwaigen Widerstand der Bewohner brechen und diese zur Herausgabe von Wertgegenständen zwingen wollten, packte die Waffen aus und gab eine davon Ma. . Unter Vorhalt der Pistolen zwangen sie den Geschädigten Y. H. , sie zu dem Tresorraum des Hauses zu führen. Aus Angst um sein Leben und das seines Lebens- gefährten öffnete Y. H. den Tresorraum und händigte dem Angeklagten , Ma. und einem der Mittäter 41.500 Euro Bargeld sowie eine Halskette im Wert von 3.750 Euro, 18 Armbanduhren mit einem durchschnittlichen Wert von jeweils 500 Euro, die der Angeklagte noch im Tresorraum aus ihrer Verpackung entnahm, und eine weitere Uhr im Wert von 1.950 Euro aus. Sie verstauten die Beute in mitgebrachten Rucksäcken, um sie dem Tatplan entsprechend für sich zu behalten. Vor ihrer Flucht riss der Angeklagte dem Geschädigten J. H. eine goldene Halskette vom Hals, die er noch vor dem Verlassen des Grundstücks wieder verlor. Außerdem verloren der Angeklagte und seine beiden Mittäter dort drei der 18 Armbanduhren, die an die Geschädigten zurückgelangten.
3
2. Das Landgericht hat von der Anordnung einer Einziehung des Wertes von Taterträgen nach § 73 Abs. 1, § 73c Satz 1 StGB abgesehen, weil ein dem Angeklagten zuzurechnender Tatertrag nicht sicher habe festgestellt werden können. Im Hinblick auf die von den beiden Geschädigten geschilderte Hierarchie zwischen Ma. als „Bandenboss“ bzw. „Wortführer“ und den weiteren Mittätern einschließlich des Angeklagten könne nicht sicher davon ausgegangen werden, dass die Tatbeute bei der Übergabe durch den Geschädigten Y. H. in die (Mit-)Verfügungsgewalt des Angeklagten übergegangen sei. Vielmehr sei es möglich, dass Ma. als Planer und Wortführer des Überfalls auch über die Beuteteilung allein habe entscheiden sollen, sodass die gesamte Tatbeute bis zu einer solchen Teilung unter den Mittätern seiner alleinigen Verfügungsgewalt unterlegen habe. Anhaltspunkte für vom Angeklagten bei einer etwaigen späteren Beuteteilung konkret Erlangtes fehlten.
4
Eine Einziehung von Tatwerkzeugen habe nach § 74 Abs. 3 StGB unterbleiben müssen, da die am Tatort zurückgelassenen Einbruchswerkzeuge nicht hinreichend sicher dem Angeklagten hätten zugerechnet werden können.

II.


Die wirksam auf die Nichtanordnungen der Einziehung des Wertes der
5
Taterträge (vgl. BGH, Urteil vom 17. Juni 2010 – 4 StR 126/10, BGHSt 55, 174, 175 f. mwN) und der sicherungsweisen Einziehung von Tatmitteln (vgl. Quentin in MüKo-StPO, § 318 Rn. 68; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 61. Aufl., § 318 Rn. 22 mwN) beschränkte Revision der Staatsanwaltschaft ist begründet.
6
1. Die Entscheidung des Landgerichts, von einer Einziehung des Wertes der Taterträge gemäß § 73 Abs. 1, § 73c Satz 1 StGB abzusehen, begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
7
a) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist ein Vermögenswert im Rechtssinne aus der Tat erlangt, wenn er dem Beteiligten unmittelbar aus der Verwirklichung des Tatbestands in irgendeiner Phase des Tatablaufs so zugeflossen ist, dass er hierüber tatsächliche Verfügungsgewalt ausüben kann (vgl. BGH, Urteile vom 30. Mai 2008 – 1 StR 166/07, BGHSt 52, 227, 246; vom 28. Oktober 2010 – 4 StR 215/10, BGHSt 56, 39, 45 f., und vom 24. Mai 2018 – 5 StR 623/17 und 624/17 mwN). Bei mehreren Beteiligten genügt insofern, dass sie zumindest eine faktische bzw. wirtschaftliche Mitverfügungsmacht über den Vermögensgegenstand erlangt haben. Dies ist der Fall, wenn sie im Sinne eines rein tatsächlichen Herrschaftsverhältnisses ungehinderten Zugriff auf den betreffenden Vermögensgegenstand nehmen können.
Faktische Mitverfügungsgewalt kann aber – jedenfalls bei dem vor Ort anwesenden , Teile der Beute in den Händen haltenden Mittäter – auch dann vorliegen , wenn sich diese in einer Abrede über die Beuteteilung widerspiegelt. Denn damit „verfügt“ der Mittäter zu seinen oder der anderen Beteiligten Gunsten über die Beute, indem er in Absprache mit diesen Teile des gemeinsam Erlangten sich selbst oder den anderen zuordnet (vgl. zur Zurechnung bei Mittäterschaft und in einem Ausnahmefall auch BGH, Urteil vom 7. Juni 2018 – 4 StR 63/18 mwN).
8
b) Nach diesem Maßstab hatte der Angeklagte jedenfalls gemeinsam mit seinen im Tresorraum anwesenden Mittätern tatsächliche (Mit-)Verfügungsgewalt über die Gesamtbeute bereits dort erlangt.
9
Sie gingen bei der unmittelbaren Tatausführung arbeitsteilig vor, ließen sich gemeinsam die im Tresorraum aufbewahrten Gelder und Wertgegenstände aushändigen und verstauten die Beute in zu deren Abtransport mitgebrachten Rucksäcken, um sie „für sich“ zu behalten (UA S. 12). Wollte und hatte damit jeder der vor Ort anwesenden Tatbeteiligten die Beute „für sich“ behalten, so hat jeder von ihnen Verfügungsmacht über sie beansprucht und auch innegehabt. Unerheblich ist bei der gebotenen gegenständlichen (tatsächlichen) Betrachtungsweise , ob und gegebenenfalls in welchem Umfang der Beteiligte eine unmittelbar durch die Tat gewonnene (Mit-)Verfügungsmacht später aufgegeben hat (vgl. BGH, Urteile vom 28. Oktober 2010 – 4 StR 215/10, aaO S. 46, und vom 24. Mai 2018 – 5 StR 623/17 und 624/17, jeweils mwN). Die vom Landgericht als maßgeblich erachtete Erwägung, eine alleinige Verfügungsge- walt des „Bandenbosses“ergäbe sich aus dessen überragender hierarchischer Stellung, geht deshalb im Ansatz fehl.

c) Der Angeklagte hat danach – unter Nichtberücksichtigung der noch
10
beim Tatort verlorenen Wertgegenstände – eine Beute im Gesamtwert von 54.700 Euro durch die Tat erlangt. Da diese selbst nach § 73 Abs. 1 StGB nicht mehr eingezogen werden kann, unterliegt der deren Wert entsprechende Geldbetrag gemäß § 73c Abs. 1 StGB der Einziehung.
Der Senat bestimmt auf der Grundlage der rechtsfehlerfrei getroffenen
11
Urteilsfeststellungen und in entsprechender Anwendung des § 354 Abs. 1 StPO den Wert des von dem Angeklagten Erlangten selbst und ordnet insoweit auch dessen gesamtschuldnerische Haftung an (vgl. zur klarstellenden Tenorierung einer im Urteilszeitpunkt bekannten gesamtschuldnerischen Haftung mehrerer Tatbeteiligter BGH, Urteile vom 24. Mai 2018 – 5 StR 623/17 und 624/17; vom 7. Juni 2018 – 4 StR 63/18; Beschlüsse vom 25. September 2012 – 4 StR 137/12, NStZ 2013, 401; vom 18. Juli 2013 – 4 StR 171/13; vom 20. Februar 2018 – 2 StR 12/18).
2. Auch die Entscheidung des Landgerichts, von einer Einziehung si12 chergestellter Tatmittel abzusehen, hält sachlich-rechtlicher Prüfung nicht stand. Insoweit hat es die Vorschrift des § 74 Abs. 2 Nr. 2 StGB aF unberücksichtigt gelassen, wonach im Eigentum Dritter stehende Gegenstände eingezogen werden können, wenn die Gefahr besteht, dass sie der Begehung rechtswidriger Taten dienen werden.
13
Der Generalbundesanwalt hat hierzu in seiner Antragsschrift ausgeführt: „Eine solche individuelle Gefährlichkeit ist nicht bereits dann zu be- jahen, wenn die bloße gedankliche Möglichkeit einer rechtswidrigen Verwendung vorliegt, sondern erst, wenn konkrete Anhaltspunkte diese nahelegen (vgl. BGH, Beschluss vom 15. Februar 1991 – 3StR 284/90, BGHR StGB § 74 Abs. 2 Nr. 2 Gefahr 2). Ob die Umstände eine nahe Wahrscheinlichkeit für eine Verwendung unter Missachtung der Rechtsordnung begründen, ist im Wesentlichen Tatfrage. Bei Gegenständen, die praktisch nicht anders als auf rechtswidrige Weise verwendet werden können, kann eine konkrete Gefahr ohne weiteres anzunehmen sein (vgl. BGH, Urteil vom 9. August 1988 – 1 StR 257/88, BGHR StGB §74 Abs. 2 Nr. 2 Gefahr

1).

Hiervon ausgehend drängt sich eine konkrete Gefahr für die im vorliegenden Fall sichergestellten Einbruchswerkzeuge (vgl. Fischer, StGB 65. Aufl. § 74b Rn. 6) in Form eines Brecheisens, eines Multitools , eines Bolzenschneiders und eines Nothammers auf, während sich dies für das sichergestellte Fesselmaterial (Kabelbinder und Paketklebeband) nicht von selbst versteht. Die Entscheidung über die Einziehung bedarf deshalb weiterer Feststellungen durch das mit der Sache neu zu befassende Tatgericht.“
14
Dem schließt sich der Senat an.

III.


15
Die Revision des Angeklagten ist unbegründet, weil die Überprüfung des Urteils keinen ihn beschwerenden Rechtsfehler ergeben hat. Insbesondere genügt die Darstellung des DNA-Gutachtens den Anforderungen, die die bisherige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs stellt (vgl. BGH, Urteil vom 24. März 2016 – 2 StR 112/14, NStZ 2016, 490; Beschlüsse vom 22. Februar 2017 – 5 StR 606/16 und vom 18. Januar 2018 – 4 StR 377/17 jeweils mwN). Nähere Darlegungen im Urteil zur vom Sachverständigen herangezogenen Vergleichs-Datenbank verlangt sie bei dem inzwischen in weiten Teilen standardisiertem Verfahren nicht. Ob solche Ausführungen im Sachverständigen- gutachten geboten sind – worauf die von der Revision angeführten Zitate hindeuten könnten – bedarf keiner Entscheidung, da auf die Sachrüge hin nur das Urteil der revisionsgerichtlichen Überprüfung unterliegt.
Mutzbauer Sander Schneider
Berger Köhler

(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr wird bestraft, wer

1.
als Person über 21 JahreBetäubungsmittel unerlaubt an eine Person unter 18 Jahren abgibt oder sie ihr entgegen § 13 Abs. 1 verabreicht oder zum unmittelbaren Verbrauch überläßt oder
2.
mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge unerlaubt Handel treibt, sie in nicht geringer Menge herstellt oder abgibt oder sie besitzt, ohne sie auf Grund einer Erlaubnis nach § 3 Abs. 1 erlangt zu haben.

(2) In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren.

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
Betäubungsmittel unerlaubt anbaut, herstellt, mit ihnen Handel treibt, sie, ohne Handel zu treiben, einführt, ausführt, veräußert, abgibt, sonst in den Verkehr bringt, erwirbt oder sich in sonstiger Weise verschafft,
2.
eine ausgenommene Zubereitung (§ 2 Abs. 1 Nr. 3) ohne Erlaubnis nach § 3 Abs. 1 Nr. 2 herstellt,
3.
Betäubungsmittel besitzt, ohne zugleich im Besitz einer schriftlichen Erlaubnis für den Erwerb zu sein,
4.
(weggefallen)
5.
entgegen § 11 Abs. 1 Satz 2 Betäubungsmittel durchführt,
6.
entgegen § 13 Abs. 1 Betäubungsmittel
a)
verschreibt,
b)
verabreicht oder zum unmittelbaren Verbrauch überläßt,
6a.
entgegen § 13 Absatz 1a Satz 1 und 2 ein dort genanntes Betäubungsmittel überlässt,
6b.
entgegen § 13 Absatz 1b Satz 1 Betäubungsmittel verabreicht,
7.
entgegen § 13 Absatz 2
a)
Betäubungsmittel in einer Apotheke oder tierärztlichen Hausapotheke,
b)
Diamorphin als pharmazeutischer Unternehmer
abgibt,
8.
entgegen § 14 Abs. 5 für Betäubungsmittel wirbt,
9.
unrichtige oder unvollständige Angaben macht, um für sich oder einen anderen oder für ein Tier die Verschreibung eines Betäubungsmittels zu erlangen,
10.
einem anderen eine Gelegenheit zum unbefugten Erwerb oder zur unbefugten Abgabe von Betäubungsmitteln verschafft oder gewährt, eine solche Gelegenheit öffentlich oder eigennützig mitteilt oder einen anderen zum unbefugten Verbrauch von Betäubungsmitteln verleitet,
11.
ohne Erlaubnis nach § 10a einem anderen eine Gelegenheit zum unbefugten Verbrauch von Betäubungsmitteln verschafft oder gewährt, oder wer eine außerhalb einer Einrichtung nach § 10a bestehende Gelegenheit zu einem solchen Verbrauch eigennützig oder öffentlich mitteilt,
12.
öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten eines Inhalts (§ 11 Absatz 3 des Strafgesetzbuches) dazu auffordert, Betäubungsmittel zu verbrauchen, die nicht zulässigerweise verschrieben worden sind,
13.
Geldmittel oder andere Vermögensgegenstände einem anderen für eine rechtswidrige Tat nach Nummern 1, 5, 6, 7, 10, 11 oder 12 bereitstellt,
14.
einer Rechtsverordnung nach § 11 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 oder § 13 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1, 2a oder 5 zuwiderhandelt, soweit sie für einen bestimmten Tatbestand auf diese Strafvorschrift verweist.
Die Abgabe von sterilen Einmalspritzen an Betäubungsmittelabhängige und die öffentliche Information darüber sind kein Verschaffen und kein öffentliches Mitteilen einer Gelegenheit zum Verbrauch nach Satz 1 Nr. 11.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1, 2, 5 oder 6 Buchstabe b ist der Versuch strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1, 5, 6, 10, 11 oder 13 gewerbsmäßig handelt,
2.
durch eine der in Absatz 1 Satz 1 Nr. 1, 6 oder 7 bezeichneten Handlungen die Gesundheit mehrerer Menschen gefährdet.

(4) Handelt der Täter in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1, 2, 5, 6 Buchstabe b, Nummer 6b, 10 oder 11 fahrlässig, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe.

(5) Das Gericht kann von einer Bestrafung nach den Absätzen 1, 2 und 4 absehen, wenn der Täter die Betäubungsmittel lediglich zum Eigenverbrauch in geringer Menge anbaut, herstellt, einführt, ausführt, durchführt, erwirbt, sich in sonstiger Weise verschafft oder besitzt.

(6) Die Vorschriften des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1 sind, soweit sie das Handeltreiben, Abgeben oder Veräußern betreffen, auch anzuwenden, wenn sich die Handlung auf Stoffe oder Zubereitungen bezieht, die nicht Betäubungsmittel sind, aber als solche ausgegeben werden.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
4 StR 78/18
vom
27. September 2018
in der Strafsache
gegen
wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer
Menge u.a.
ECLI:DE:BGH:2018:270918U4STR78.18.0

Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 27. September 2018, an der teilgenommen haben:
Vorsitzende Richterin am Bundesgerichtshof Sost-Scheible,
Richterin am Bundesgerichtshof Roggenbuck, Richter am Bundesgerichtshof Dr. Franke, Bender, Dr. Quentin als beisitzende Richter,
Staatsanwältin beim Bundesgerichtshof als Vertreterin des Generalbundesanwalts,
Rechtsanwalt – in der Verhandlung – als Verteidiger,
Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Dortmund vom 12. September 2017 dahin geändert, dass die Einziehung des Wertes von Taterträgen in Höhe von 17.950 Euro angeordnet wird.
Die Kosten des Rechtsmittels trägt der Angeklagte.
Von Rechts wegen

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in sechs Fällen und wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in 15 Fällen zu der Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt, von der drei Monate als vollstreckt gelten. Die Vollstreckung der Gesamtfreiheitsstrafe hat es zur Bewährung ausgesetzt. Des Weiteren hat es die Einziehung eines Geldbetrages in Höhe von 1.250 Euro angeordnet. Mit ihrer ausdrücklich auf die Einziehungsentscheidung beschränkten Revision, die mit der Rüge der Verletzung materiellen Rechts begründet ist und vom Generalbundesanwalt vertreten wird, beanstandet die Staatsanwaltschaft die Einziehungsanordnung in den Fällen II.1 Anklagepunkt 2 bis 6 der Urteilsgründe.
2
Das Rechtsmittel hat Erfolg.

I.


3
Nach den Feststellungen – soweit für den Rechtsmittelangriff der Staatsanwaltschaft von Belang – kaufte der Angeklagte, der zuvor bereits ein Veräußerungsgeschäft von Marihuana zwischen seinem Lieferanten und einem Abnehmer vermittelt hatte, in der Zeit vom 9. April bis 9. Juli 2009 in fünf Fällen bei seinem Lieferanten Marihuana mit einem Wirkstoffgehalt von 10 % THC in Mengen von 500 Gramm, dreimal einem Kilogramm und zwei Kilogramm, die er anschließend an verschiedene Abnehmer übergab. Die für den Erwerb der Marihuanamengen an den Lieferanten entrichteten Geldbeträge – 1.500, zweimal 3.000, 3.200 und 6.000 Euro – hatte er zuvor von seinen jeweiligen Abnehmern erhalten. Für die Vermittlung der Verkaufsgeschäfte erhielt der Angeklagte vom Lieferanten Provisionen in Höhe von insgesamt 400 Euro. Aus vom Revisionsangriff nicht betroffenen Taten flossen ihm weitere 850 Euro zu.
4
Das Landgericht hat bei der Entscheidung über die Einziehung des Wertes von Taterträgen in den beanstandeten Fällen allein auf die vom Angeklagten erlangten Provisionszahlungen abgestellt. Die von den Abnehmern übergebenen Geldbeträge hat es unberücksichtigt gelassen, weil die nach alter Rechtslage zur Vermeidung unbilliger Härten bestehende Korrekturmöglichkeit über die Härtevorschrift des § 73c Abs. 1 StGB aF infolge der Gesetzesänderung nicht mehr gegeben sei.

II.


5
1. Die Revision der Staatsanwaltschaft ist ausweislich der Ausführungen in der Revisionsbegründungsschrift, die sich ausschließlich gegen die Höhe der Einziehungsbeträge in den Fällen II.1 Anklagepunkt 2 bis 6 der Urteilsgründe richten, über die ausdrücklich erklärte Revisionsbeschränkung hinaus auf die Einziehungsentscheidung in den genannten Fällen beschränkt. Die Beschränkung des Rechtsmittels auf die Frage der Einziehung von Taterträgen oder deren Wert ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs wirksam (vgl. BGH, Urteile vom 15. Mai 2018 – 1 StR 651/17, NStZ-RR 2018, 241; vom 7. Juni 2018 – 4 StR 63/18 Rn. 1). Gegen eine Anfechtung der Einziehungsentscheidung nur bezüglich eines Teils der abgeurteilten Taten bestehen unter dem Gesichtspunkt der Trennbarkeit (vgl. KK-StPO/Gericke, 7. Aufl., § 344 Rn. 6 mwN) ebenfalls keine Bedenken, da die Voraussetzungen der Einziehung von Taterträgen aus verschiedenen Taten unabhängig voneinander beurteilt werden können.
6
2. Das Rechtsmittel ist begründet. Die Einziehungsentscheidung in den Fällen II.1 Anklagepunkt 2 bis 6 der Urteilsgründe hält einer rechtlichen Prüfung nicht stand, weil die Strafkammer die dem Angeklagten von seinen Abnehmern zugeflossenen Geldbeträge zu Unrecht bei der Anordnung der Einziehung des Wertes von Taterträgen nach § 73 Abs. 1, § 73c StGB außer Acht gelassen hat.
7
a) Das Landgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass sich die Abschöpfung von Taterträgen in den vorliegenden Fällen aufgrund der Übergangsvorschrift des Art. 316h Satz 1 EGStGB nach den durch das Gesetz zur Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung vom 13. April 2017 (BGBl. I S. 872) neu gefassten Vorschriften des Strafgesetzbuches beurteilt. Die Anwendung der Neuregelung auf bereits vor deren Inkrafttreten am 1. Juli 2017 begangene Taten begegnet keinen verfassungsrechtlichen Bedenken (vgl. BGH, Urteil vom 15. Mai 2018 – 1 StR 651/17 aaO; Beschlüsse vom 22. März 2018 – 3 StR 42/18, NStZ 2018, 400; vom 22. März 2018 – 3 StR 577/17; vgl. auch BT-Drucks. 18/11640, S. 84).
8
b) Nach § 73 Abs. 1 StGB unterliegen Vermögensgegenstände, die der Täter durch oder für eine rechtswidrige Tat erlangt hat, der Einziehung. „Durch“ die Tat erlangt im Sinne des § 73 Abs. 1 StGB ist ein Vermögenswert – nicht anders als „aus“ der Tat unter Geltung des § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB aF –, wenn er dem Täter unmittelbar aus der Verwirklichung des Tatbestandes in irgendeiner Phase des Tatablaufs derart zugeflossen ist, dass er der faktischen Verfügungsgewalt des Täters unterliegt. Da es sich bei dem Erlangen um einen tatsächlichen Vorgang handelt, kommt es auf zivilrechtliche Besitz- oder Eigentumsverhältnisse nicht an (vgl. BGH, Urteile vom 24. Mai 2018 – 5 StR 623 und 624/17 Rn. 8; vom 2. Juli 2015 – 3 StR 157/15, NStZ-RR 2015, 310; vom 28. Oktober 2010 – 4 StR 215/10, BGHSt 56, 39, 45 f.; vom 4. Februar 2009 – 2 StR 504/08, BGHSt 53, 179, 180).
9
Nach diesen Grundsätzen werden bei einem Absatz von Betäubungsmitteln in einer Handelskette von einem als Zwischenhändler oder – wie der Angeklagte – als selbständiger Vermittler agierenden Täter auch solche Geldbeträge wirtschaftlich erlangt, die er von seinem Abnehmer vereinnahmt und in der Folgezeit an den Lieferanten weitergibt (vgl. BGH, Urteile vom 4. Februar 2009 – 2 StR 504/08 aaO; vom 16. Mai 2006 – 1 StR 46/06, BGHSt 51, 65, 68; vom 12. August 2003 – 1 StR 127/03, NStZ 2004, 440; Weber, BtMG, 5. Aufl., § 33 Rn. 79). Denn die vereinnahmten Geldbeträge sind dem Vermögen des Täters so zugeflossen, dass er jedenfalls vorübergehend die tatsächliche Verfügungsgewalt über sie ausüben konnte. Danach erlangte der Angeklagte in den Fällen II.1 Anklagepunkt 2 bis 6 der Urteilsgründe – wovon auch die Strafkammer ausgegangen ist – nicht nur die erhaltenen Provisionen, sondern auch die von den Abnehmern vereinnahmten Geldbeträge im Sinne des § 73 Abs. 1 StGB. Die Ausnahmekonstellation eines nur kurzfristigen, für einen anderen ausgeübten Besitzes (vgl. BGH, Urteil vom 7. Juni 2018 – 4 StR 63/18 Rn. 12; Be- schluss vom 27. Oktober 2009 – 5 StR 242/09, BGHR StGB § 73 Erlangtes 9) oder einer lediglich botenmäßigen Weiterleitung des Kaufgeldes (vgl. BGH, Beschluss vom 30. März 2011 – 4 StR 25/11) liegt nicht vor.
10
c) Sind die Voraussetzungen der Einziehung von Taterträgen nach § 73 Abs. 1 StGB oder einer hieran anknüpfenden Wertersatzeinziehung gemäß § 73c StGB erfüllt, sieht die gesetzliche Regelung die Anordnung der entsprechenden Vermögensabschöpfung zwingend vor, sofern kein Ausschlusstatbestand des § 73e StGB gegeben ist (vgl. BGH, Urteil vom 15. Mai 2018 – 1 StR 651/17 aaO). Ist dies – wie hier – nicht der Fall, muss der Tatrichter die Einziehungsanordnung treffen. Eine Möglichkeit, hiervon abzusehen, räumt ihm das Gesetz nicht ein. Die Strafkammer war daher nicht befugt, hinsichtlich der in den Fällen II.1 Anklagepunkt 2 bis 6 der Urteilsgründe vereinnahmten Geldbeträge teilweise von der Anordnung der Einziehung des Wertes von Taterträgen abzusehen.
11
Entgegen der Auffassung der Strafkammer wird der Angeklagte zudem durch die Anwendung des neuen Vermögensabschöpfungsrechts, das anstelle der aufgehobenen, vormals im Erkenntnisverfahren zu prüfenden Härtevorschrift des § 73c StGB aF mit der Regelung des § 459g Abs. 5 StPO eine entsprechende Verhältnismäßigkeitsprüfung im Vollstreckungsverfahren vorsieht, im Ergebnis nicht schlechter gestellt. Für den Fall, dass der Wert des Erlangten nicht mehr im Vermögen des Angeklagten vorhanden ist, stellt sich die Neuregelung für ihn sogar günstiger dar, weil nach § 459g Abs. 5 Satz 1 StPO eine Vollstreckung der Einziehungsanordnung zwingend zu unterbleiben hat (vgl. BGH, Beschluss vom 22. März 2018 – 3 StR 577/17).
12
d) Da die Regelungen der § 73 Abs. 1, § 73c StGB die Anordnung der Einziehung des Wertes von Taterträgen als zwingende Rechtsfolge vorsehen, kann der Senat auf der Grundlage der rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen in entsprechender Anwendung des § 354 Abs. 1 StPO selbst in der Sache entscheiden (vgl. LR-StPO/Franke, 26. Aufl., § 354 Rn. 12; SK-StPO/Wohlers, 5. Aufl., § 354 Rn. 38) und die Einziehung des Wertes von Taterträgen in Höhe von 17.950 Euro anordnen.
Sost-Scheible Roggenbuck Franke
Bender Quentin

(1) Bei der Bestimmung des Wertes des Erlangten sind die Aufwendungen des Täters, Teilnehmers oder des anderen abzuziehen. Außer Betracht bleibt jedoch das, was für die Begehung der Tat oder für ihre Vorbereitung aufgewendet oder eingesetzt worden ist, soweit es sich nicht um Leistungen zur Erfüllung einer Verbindlichkeit gegenüber dem Verletzten der Tat handelt.

(2) Umfang und Wert des Erlangten einschließlich der abzuziehenden Aufwendungen können geschätzt werden.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 577/17
vom
22. März 2018
in der Strafsache
gegen
wegen Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u.a.
ECLI:DE:BGH:2018:220318B3STR577.17.0

Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 22. März 2018 einstimmig
beschlossen:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Stade vom 30. August 2017 wird als unbegründet verworfen, da die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben hat (§ 349 Abs. 2 StPO). Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.
Ergänzend bemerkt der Senat: Die Strafkammer hat rechtsfehlerfrei die Einziehung des Werts der Taterträge von 48.000 € angeordnet. Die Strafkammer hat nach Art. 306h EGStGB zutreffend die Vorschriften der § 73 Abs. 1, § 73c Satz 1, § 73d Abs. 1 StGB in der Fassung des Gesetzes zur Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung vom 13. April 2017 (BGBI. I S. 872) angewendet, weil sie erst nach dessen Inkrafttreten am 1. Juli 2017 über die Abschöpfung des durch die Taten Erlangten befunden hat und in dem Verfahren zuvor keine andere Entscheidung zum früheren Verfall oder Wertersatzverfall ergangen war. Der Senat vermag dem Beschwerdeführer nicht darin zu folgen, dass die Anwendung des neuen Rechts auf die im Jahr 2008 begangenen Taten Verfassungsrecht verletze, sei es das spezielle in Art. 103 Abs. 2 GG normierte Rückwirkungsverbot für (Kriminal-)Strafen und strafähnliche Sanktionen, sei es das allgemeine im Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 GG) verankerte Rückwirkungsverbot für sonstige Maßnahmen (s. auch BT-Drucks. 18/11640, S. 84). Ungeachtet der Rechtsnatur der nach § 73 StGB nF angeordneten Einziehung von Taterträgen (zum alten Recht des Verfalls vgl. BVerfG, Beschluss vom 14. Januar 2004 - 2 BvR 564/95, BVerfGE 110, 1, 14 ff.; BGH, Urteil vom 21. August 2002 - 1 StR 115/02, BGHSt 47, 369) wird der Angeklagte durch die Anwendung des neuen Vermögensabschöpfungsrechts schon nicht im Ergebnis schlechter gestellt. Die von ihm vereinnahmten Kaufpreiszahlungen aus seinen Drogenverkäufen wären nach altem Recht ebenfalls abgeschöpft worden; gemäß § 73 Abs. 1 Satz 1, § 73a Satz 1 StGB aF wäre der Wertersatzverfall nach dem Bruttoprinzip , wonach sich die vom Angeklagten für das Handeltreiben getätigten Aufwendungen nicht verfallsmindernd ausgewirkt hätten, grundsätzlich zwingend anzuordnen gewesen (vgl. BGH, Urteil vom 16. Mai 2006 - 1 StR 46/06, BGHSt 51, 65, 68). Dadurch, dass im Erkenntnisverfahren nach neuem Recht keine Verhältnismäßigkeitsprüfung mehr entsprechend der Härtevorschrift des § 73c StGB aF vorgesehen ist, ist ebenso wenig eine derartige Schlechterstellung eingetreten. Denn eine solche Prüfung findet nunmehr nach § 459g Abs. 5 Satz 1 StPO nF im Vollstreckungsverfahren statt. Die Neuregelung ist für den Angeklagten insofern vorteilhaft, als nach § 459g Abs. 5 Satz 1 Alternative 1 StPO nF die Vollstreckung obligatorisch zu unterbleiben hat, soweit der Wert des Erlangten nicht mehr im Vermögen des Betroffenen vorhanden ist, während § 73c Abs. 1 Satz 2 Alternative 1 StGB aF für diesen Fall lediglich ein fakultatives Absehen von der Verfallsanordnung nach tatrichterlichem Ermessen regelte. Daneben ist über den Einzelfall hinaus zu bedenken, dass nach früherem Recht ein Angeklagter , wenn er im Hinblick auf die Härtevorschrift Angaben zu seinem Vermö- gen machen wollte, gegebenenfalls auf seine Verteidigung gegen den Tatvorwurf Bedacht nehmen musste. So können Verfahrenskonstellationen bestehen, in denen die positive Darstellung der eigenen Vermögenslage einem Tatnachweis zuwiderläuft. Zu denken ist insbesondere an Wirtschaftsstraftaten, aber auch an Betäubungsmitteldelikte, falls etwa ein Angeklagter, der im Besitz einer erheblichen Menge Rauschgift angetroffen worden war, erklärt, er sei für die Finanzierung des Eigenkonsums nicht auf die gewinnbringende Veräußerung einer Teilmenge angewiesen. Derartige - ein rein interessengeleitetes Vorgehen erschwerende - faktische Einschränkungen für das Vorbringen zur Verhältnismäßigkeit bestehen für den rechtskräftig Verurteilten nicht. Der durch § 459g Abs. 5 Satz 1 StPO nF gewährte Schutz vor unverhältnismäßigen Eingriffen stellt sich aus Sicht des Verurteilten als wirkungsvoll dar. Die Vorschrift bestimmt, dass die Prüfung der Härteklausel von einem Gericht (zur Zuständigkeit s. § 462 Abs. 1 Satz 1, § 462a Abs. 1 und § 462a Abs. 2 Satz 1 StPO) vorzunehmen ist. Der rechtskräftig Verurteilte kann diese gerichtliche Prüfung selbst herbeiführen, ohne dass er eine vollstreckungsrechtliche Entscheidung der Vollstreckungsbehörde abzuwarten hätte. Zwar erweist sich das neue Vermögensabschöpfungsrecht insoweit als lückenhaft, als es im Hinblick auf die Verhältnismäßigkeitsprüfung nicht regelt, unter welchen Voraussetzungen der jeweilige Vorgang von der Vollstreckungsbehörde zum Gericht gelangt. § 459g Abs. 5 Satz 1 StPO nF ist jedoch dahin auszulegen, dass nicht nur die Vollstreckungsbehörde die gerichtliche Entscheidung anregen kann, sondern auch der Einziehungsadressat antragsberechtigt ist, das Gericht aber auch amtswegig vorgehen darf (ebenso BeckOK StPO/Coen, § 459g Rn. 20). Dieses Verständnis entspricht der herrschenden Meinung zu der Vorschrift des § 459d StPO (vgl. OLG Zweibrücken, Beschluss vom 28. Dezember 1984 - 1 Ws 568/84, NStZ 1985, 575; LR/Graalmann-Scheerer, StPO, 26. Aufl., § 459d Rn. 12; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 60. Aufl., § 459d Rn. 2), die ein gerichtliches Absehen von der Geldstrafenvollstreckung zum Zweck der Resozialisierung ermöglicht, ohne Fragen eines Antragsrechts oder einer Prüfung von Amts wegen zu normieren. Sollte die Vollstreckungsbehörde indes bereits eine anderweitige vollstreckungsrechtliche Entscheidung nach den §§ 459g bis 459n StPO nF getroffen haben, so hat der Betroffene außerdem die Möglichkeit , hiergegen Einwendungen gemäß § 459o StPO nF zu erheben, um so eine gerichtliche Entscheidung zu § 459g Abs. 5 Satz 1 StPO nF herbeizuführen. Nach alledem macht allein der Umstand, dass - anders als nach der alten Rechtslage - nunmehr nach § 459g Abs. 5 Satz 2 StPO nF die Vollstreckung wieder aufgenommen werden kann, wenn sich die für die Verhältnismäßigkeitsprüfung maßgebenden Tatsachen oder Erkenntnisse nachträglich ändern, die neue Rechtslage nicht für den Angeklagten insgesamt ungünstiger.
Becker Spaniol Tiemann Berg Leplow

Ist die Einziehung eines Gegenstandes wegen der Beschaffenheit des Erlangten oder aus einem anderen Grund nicht möglich oder wird von der Einziehung eines Ersatzgegenstandes nach § 73 Absatz 3 oder nach § 73b Absatz 3 abgesehen, so ordnet das Gericht die Einziehung eines Geldbetrages an, der dem Wert des Erlangten entspricht. Eine solche Anordnung trifft das Gericht auch neben der Einziehung eines Gegenstandes, soweit dessen Wert hinter dem Wert des zunächst Erlangten zurückbleibt.

(1) Die Anordnung der Einziehung oder der Unbrauchbarmachung einer Sache wird dadurch vollstreckt, dass die Sache demjenigen, gegen den sich die Anordnung richtet, weggenommen wird. Für die Vollstreckung gelten die Vorschriften des Justizbeitreibungsgesetzes.

(2) Für die Vollstreckung der Nebenfolgen, die zu einer Geldzahlung verpflichten, gelten die §§ 459, 459a sowie 459c Absatz 1 und 2 entsprechend.

(3) Für die Vollstreckung nach den Absätzen 1 und 2 gelten außerdem die §§ 94 bis 98 entsprechend mit Ausnahme von § 98 Absatz 2 Satz 3, die §§ 102 bis 110, § 111c Absatz 1 und 2, § 111f Absatz 1, § 111k Absatz 1 und 2 sowie § 131 Absatz 1. § 457 Absatz 1 bleibt unberührt. Vor gerichtlichen Entscheidungen unterbleibt die Anhörung des Betroffenen, wenn sie den Zweck der Anordnung gefährden würde.

(4) Das Gericht ordnet den Ausschluss der Vollstreckung der Einziehung nach den §§ 73 bis 73c des Strafgesetzbuchs an, soweit der aus der Tat erwachsene Anspruch auf Rückgewähr des Erlangten oder auf Ersatz des Wertes des Erlangten erloschen ist. Dies gilt nicht für Ansprüche, die durch Verjährung erloschen sind.

(5) In den Fällen des Absatzes 2 unterbleibt auf Anordnung des Gerichts die Vollstreckung, soweit sie unverhältnismäßig wäre. Die Vollstreckung wird auf Anordnung des Gerichts wieder aufgenommen, wenn nachträglich Umstände bekannt werden oder eintreten, die einer Anordnung nach Satz 1 entgegenstehen. Vor der Anordnung nach Satz 2 unterbleibt die Anhörung des Betroffenen, wenn sie den Zweck der Anordnung gefährden würde. Die Anordnung nach Satz 1 steht Ermittlungen dazu, ob die Voraussetzungen für eine Wiederaufnahme der Vollstreckung vorliegen, nicht entgegen.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
4 StR 78/18
vom
27. September 2018
in der Strafsache
gegen
wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer
Menge u.a.
ECLI:DE:BGH:2018:270918U4STR78.18.0

Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 27. September 2018, an der teilgenommen haben:
Vorsitzende Richterin am Bundesgerichtshof Sost-Scheible,
Richterin am Bundesgerichtshof Roggenbuck, Richter am Bundesgerichtshof Dr. Franke, Bender, Dr. Quentin als beisitzende Richter,
Staatsanwältin beim Bundesgerichtshof als Vertreterin des Generalbundesanwalts,
Rechtsanwalt – in der Verhandlung – als Verteidiger,
Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Dortmund vom 12. September 2017 dahin geändert, dass die Einziehung des Wertes von Taterträgen in Höhe von 17.950 Euro angeordnet wird.
Die Kosten des Rechtsmittels trägt der Angeklagte.
Von Rechts wegen

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in sechs Fällen und wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in 15 Fällen zu der Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt, von der drei Monate als vollstreckt gelten. Die Vollstreckung der Gesamtfreiheitsstrafe hat es zur Bewährung ausgesetzt. Des Weiteren hat es die Einziehung eines Geldbetrages in Höhe von 1.250 Euro angeordnet. Mit ihrer ausdrücklich auf die Einziehungsentscheidung beschränkten Revision, die mit der Rüge der Verletzung materiellen Rechts begründet ist und vom Generalbundesanwalt vertreten wird, beanstandet die Staatsanwaltschaft die Einziehungsanordnung in den Fällen II.1 Anklagepunkt 2 bis 6 der Urteilsgründe.
2
Das Rechtsmittel hat Erfolg.

I.


3
Nach den Feststellungen – soweit für den Rechtsmittelangriff der Staatsanwaltschaft von Belang – kaufte der Angeklagte, der zuvor bereits ein Veräußerungsgeschäft von Marihuana zwischen seinem Lieferanten und einem Abnehmer vermittelt hatte, in der Zeit vom 9. April bis 9. Juli 2009 in fünf Fällen bei seinem Lieferanten Marihuana mit einem Wirkstoffgehalt von 10 % THC in Mengen von 500 Gramm, dreimal einem Kilogramm und zwei Kilogramm, die er anschließend an verschiedene Abnehmer übergab. Die für den Erwerb der Marihuanamengen an den Lieferanten entrichteten Geldbeträge – 1.500, zweimal 3.000, 3.200 und 6.000 Euro – hatte er zuvor von seinen jeweiligen Abnehmern erhalten. Für die Vermittlung der Verkaufsgeschäfte erhielt der Angeklagte vom Lieferanten Provisionen in Höhe von insgesamt 400 Euro. Aus vom Revisionsangriff nicht betroffenen Taten flossen ihm weitere 850 Euro zu.
4
Das Landgericht hat bei der Entscheidung über die Einziehung des Wertes von Taterträgen in den beanstandeten Fällen allein auf die vom Angeklagten erlangten Provisionszahlungen abgestellt. Die von den Abnehmern übergebenen Geldbeträge hat es unberücksichtigt gelassen, weil die nach alter Rechtslage zur Vermeidung unbilliger Härten bestehende Korrekturmöglichkeit über die Härtevorschrift des § 73c Abs. 1 StGB aF infolge der Gesetzesänderung nicht mehr gegeben sei.

II.


5
1. Die Revision der Staatsanwaltschaft ist ausweislich der Ausführungen in der Revisionsbegründungsschrift, die sich ausschließlich gegen die Höhe der Einziehungsbeträge in den Fällen II.1 Anklagepunkt 2 bis 6 der Urteilsgründe richten, über die ausdrücklich erklärte Revisionsbeschränkung hinaus auf die Einziehungsentscheidung in den genannten Fällen beschränkt. Die Beschränkung des Rechtsmittels auf die Frage der Einziehung von Taterträgen oder deren Wert ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs wirksam (vgl. BGH, Urteile vom 15. Mai 2018 – 1 StR 651/17, NStZ-RR 2018, 241; vom 7. Juni 2018 – 4 StR 63/18 Rn. 1). Gegen eine Anfechtung der Einziehungsentscheidung nur bezüglich eines Teils der abgeurteilten Taten bestehen unter dem Gesichtspunkt der Trennbarkeit (vgl. KK-StPO/Gericke, 7. Aufl., § 344 Rn. 6 mwN) ebenfalls keine Bedenken, da die Voraussetzungen der Einziehung von Taterträgen aus verschiedenen Taten unabhängig voneinander beurteilt werden können.
6
2. Das Rechtsmittel ist begründet. Die Einziehungsentscheidung in den Fällen II.1 Anklagepunkt 2 bis 6 der Urteilsgründe hält einer rechtlichen Prüfung nicht stand, weil die Strafkammer die dem Angeklagten von seinen Abnehmern zugeflossenen Geldbeträge zu Unrecht bei der Anordnung der Einziehung des Wertes von Taterträgen nach § 73 Abs. 1, § 73c StGB außer Acht gelassen hat.
7
a) Das Landgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass sich die Abschöpfung von Taterträgen in den vorliegenden Fällen aufgrund der Übergangsvorschrift des Art. 316h Satz 1 EGStGB nach den durch das Gesetz zur Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung vom 13. April 2017 (BGBl. I S. 872) neu gefassten Vorschriften des Strafgesetzbuches beurteilt. Die Anwendung der Neuregelung auf bereits vor deren Inkrafttreten am 1. Juli 2017 begangene Taten begegnet keinen verfassungsrechtlichen Bedenken (vgl. BGH, Urteil vom 15. Mai 2018 – 1 StR 651/17 aaO; Beschlüsse vom 22. März 2018 – 3 StR 42/18, NStZ 2018, 400; vom 22. März 2018 – 3 StR 577/17; vgl. auch BT-Drucks. 18/11640, S. 84).
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b) Nach § 73 Abs. 1 StGB unterliegen Vermögensgegenstände, die der Täter durch oder für eine rechtswidrige Tat erlangt hat, der Einziehung. „Durch“ die Tat erlangt im Sinne des § 73 Abs. 1 StGB ist ein Vermögenswert – nicht anders als „aus“ der Tat unter Geltung des § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB aF –, wenn er dem Täter unmittelbar aus der Verwirklichung des Tatbestandes in irgendeiner Phase des Tatablaufs derart zugeflossen ist, dass er der faktischen Verfügungsgewalt des Täters unterliegt. Da es sich bei dem Erlangen um einen tatsächlichen Vorgang handelt, kommt es auf zivilrechtliche Besitz- oder Eigentumsverhältnisse nicht an (vgl. BGH, Urteile vom 24. Mai 2018 – 5 StR 623 und 624/17 Rn. 8; vom 2. Juli 2015 – 3 StR 157/15, NStZ-RR 2015, 310; vom 28. Oktober 2010 – 4 StR 215/10, BGHSt 56, 39, 45 f.; vom 4. Februar 2009 – 2 StR 504/08, BGHSt 53, 179, 180).
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Nach diesen Grundsätzen werden bei einem Absatz von Betäubungsmitteln in einer Handelskette von einem als Zwischenhändler oder – wie der Angeklagte – als selbständiger Vermittler agierenden Täter auch solche Geldbeträge wirtschaftlich erlangt, die er von seinem Abnehmer vereinnahmt und in der Folgezeit an den Lieferanten weitergibt (vgl. BGH, Urteile vom 4. Februar 2009 – 2 StR 504/08 aaO; vom 16. Mai 2006 – 1 StR 46/06, BGHSt 51, 65, 68; vom 12. August 2003 – 1 StR 127/03, NStZ 2004, 440; Weber, BtMG, 5. Aufl., § 33 Rn. 79). Denn die vereinnahmten Geldbeträge sind dem Vermögen des Täters so zugeflossen, dass er jedenfalls vorübergehend die tatsächliche Verfügungsgewalt über sie ausüben konnte. Danach erlangte der Angeklagte in den Fällen II.1 Anklagepunkt 2 bis 6 der Urteilsgründe – wovon auch die Strafkammer ausgegangen ist – nicht nur die erhaltenen Provisionen, sondern auch die von den Abnehmern vereinnahmten Geldbeträge im Sinne des § 73 Abs. 1 StGB. Die Ausnahmekonstellation eines nur kurzfristigen, für einen anderen ausgeübten Besitzes (vgl. BGH, Urteil vom 7. Juni 2018 – 4 StR 63/18 Rn. 12; Be- schluss vom 27. Oktober 2009 – 5 StR 242/09, BGHR StGB § 73 Erlangtes 9) oder einer lediglich botenmäßigen Weiterleitung des Kaufgeldes (vgl. BGH, Beschluss vom 30. März 2011 – 4 StR 25/11) liegt nicht vor.
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c) Sind die Voraussetzungen der Einziehung von Taterträgen nach § 73 Abs. 1 StGB oder einer hieran anknüpfenden Wertersatzeinziehung gemäß § 73c StGB erfüllt, sieht die gesetzliche Regelung die Anordnung der entsprechenden Vermögensabschöpfung zwingend vor, sofern kein Ausschlusstatbestand des § 73e StGB gegeben ist (vgl. BGH, Urteil vom 15. Mai 2018 – 1 StR 651/17 aaO). Ist dies – wie hier – nicht der Fall, muss der Tatrichter die Einziehungsanordnung treffen. Eine Möglichkeit, hiervon abzusehen, räumt ihm das Gesetz nicht ein. Die Strafkammer war daher nicht befugt, hinsichtlich der in den Fällen II.1 Anklagepunkt 2 bis 6 der Urteilsgründe vereinnahmten Geldbeträge teilweise von der Anordnung der Einziehung des Wertes von Taterträgen abzusehen.
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Entgegen der Auffassung der Strafkammer wird der Angeklagte zudem durch die Anwendung des neuen Vermögensabschöpfungsrechts, das anstelle der aufgehobenen, vormals im Erkenntnisverfahren zu prüfenden Härtevorschrift des § 73c StGB aF mit der Regelung des § 459g Abs. 5 StPO eine entsprechende Verhältnismäßigkeitsprüfung im Vollstreckungsverfahren vorsieht, im Ergebnis nicht schlechter gestellt. Für den Fall, dass der Wert des Erlangten nicht mehr im Vermögen des Angeklagten vorhanden ist, stellt sich die Neuregelung für ihn sogar günstiger dar, weil nach § 459g Abs. 5 Satz 1 StPO eine Vollstreckung der Einziehungsanordnung zwingend zu unterbleiben hat (vgl. BGH, Beschluss vom 22. März 2018 – 3 StR 577/17).
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d) Da die Regelungen der § 73 Abs. 1, § 73c StGB die Anordnung der Einziehung des Wertes von Taterträgen als zwingende Rechtsfolge vorsehen, kann der Senat auf der Grundlage der rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen in entsprechender Anwendung des § 354 Abs. 1 StPO selbst in der Sache entscheiden (vgl. LR-StPO/Franke, 26. Aufl., § 354 Rn. 12; SK-StPO/Wohlers, 5. Aufl., § 354 Rn. 38) und die Einziehung des Wertes von Taterträgen in Höhe von 17.950 Euro anordnen.
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(1) Gegenstände, die durch eine vorsätzliche Tat hervorgebracht (Tatprodukte) oder zu ihrer Begehung oder Vorbereitung gebraucht worden oder bestimmt gewesen sind (Tatmittel), können eingezogen werden.

(2) Gegenstände, auf die sich eine Straftat bezieht (Tatobjekte), unterliegen der Einziehung nach der Maßgabe besonderer Vorschriften.

(3) Die Einziehung ist nur zulässig, wenn die Gegenstände zur Zeit der Entscheidung dem Täter oder Teilnehmer gehören oder zustehen. Das gilt auch für die Einziehung, die durch eine besondere Vorschrift über Absatz 1 hinaus vorgeschrieben oder zugelassen ist.

Gegenstände, auf die sich eine Straftat nach den §§ 29 bis 30a oder eine Ordnungswidrigkeit nach § 32 bezieht, können eingezogen werden. § 74a des Strafgesetzbuches und § 23 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten sind anzuwenden.

Jedes von der Staatsanwaltschaft eingelegte Rechtsmittel hat die Wirkung, daß die angefochtene Entscheidung auch zugunsten des Beschuldigten abgeändert oder aufgehoben werden kann.

(1) Erfolgt die Aufhebung des Urteils nur wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen, so hat das Revisionsgericht in der Sache selbst zu entscheiden, sofern ohne weitere tatsächliche Erörterungen nur auf Freisprechung oder auf Einstellung oder auf eine absolut bestimmte Strafe zu erkennen ist oder das Revisionsgericht in Übereinstimmung mit dem Antrag der Staatsanwaltschaft die gesetzlich niedrigste Strafe oder das Absehen von Strafe für angemessen erachtet.

(1a) Wegen einer Gesetzesverletzung nur bei Zumessung der Rechtsfolgen kann das Revisionsgericht von der Aufhebung des angefochtenen Urteils absehen, sofern die verhängte Rechtsfolge angemessen ist. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft kann es die Rechtsfolgen angemessen herabsetzen.

(1b) Hebt das Revisionsgericht das Urteil nur wegen Gesetzesverletzung bei Bildung einer Gesamtstrafe (§§ 53, 54, 55 des Strafgesetzbuches) auf, kann dies mit der Maßgabe geschehen, dass eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung über die Gesamtstrafe nach den §§ 460, 462 zu treffen ist. Entscheidet das Revisionsgericht nach Absatz 1 oder Absatz 1a hinsichtlich einer Einzelstrafe selbst, gilt Satz 1 entsprechend. Die Absätze 1 und 1a bleiben im Übrigen unberührt.

(2) In anderen Fällen ist die Sache an eine andere Abteilung oder Kammer des Gerichtes, dessen Urteil aufgehoben wird, oder an ein zu demselben Land gehörendes anderes Gericht gleicher Ordnung zurückzuverweisen. In Verfahren, in denen ein Oberlandesgericht im ersten Rechtszug entschieden hat, ist die Sache an einen anderen Senat dieses Gerichts zurückzuverweisen.

(3) Die Zurückverweisung kann an ein Gericht niederer Ordnung erfolgen, wenn die noch in Frage kommende strafbare Handlung zu dessen Zuständigkeit gehört.