Bundesgerichtshof Urteil, 29. Nov. 2023 - 6 StR 179/23

erstmalig veröffentlicht: 03.01.2024, letzte Fassung: 24.01.2024

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Rechtsanwalt Dirk Streifler - Partner

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Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

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Wirtschaftsrecht / Existenzgründung / Insolvenzrecht / Gesellschaftsrecht / Strafrecht
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Zusammenfassung des Autors

Das BGH-Urteil vom 29.11.2023 zeigt, dass auch die Verabredung zur versuchten Anstiftung zum Mord strafbar ist, selbst wenn der eigentliche Täter noch nicht feststeht. Der Fall betrifft eine geplante Tat zwischen zwei Männern. Die Vorinstanz verhängte zunächst Freisprüche. Der BGH hob diese nun auf und betonte, dass eine konkrete und ernsthafte Verabredung zur Anstiftung vorlag. Die Entscheidung hebt die Examensrelevanz der Tatbestandsmerkmale nach § 30 StGB hervor und unterstreicht die strafrechtliche Relevanz einer solchen Verabredung, auch ohne festen Täter.

Streifler&Kollegen - Rechtsanwälte Berlin

Amtliche Leitsätze

1. Die Verabredung zur Anstiftung zu einem Verbrechen (§ 30 Abs. 2 Variante 3 Alt. 2 StGB) setzt eine vom ernstlichen Willen getragene Einigung von mindestens zwei Personen voraus, gemeinschaftlich einen Dritten zur Begehung eines bestimmten Verbrechens anzustiften.

2. Der Verwirklichung steht nicht stets entgegen, dass im Zeitpunkt der Übereinkunft die Person des präsumtiven Täters noch nicht feststeht und unklar ist, ob überhaupt ein solcher gefunden und bestimmt werden kann.

BUNDESGERICHTSHOF


Urteil vom 29. Nov. 2023 - 6 StR 179/23

 

Tenor

Auf die Revisionen der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Magdeburg vom 12. Dezember 2022 mit den Feststellungen aufgehoben.

Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere als Schwurgericht zuständige Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe

Die Staatsanwaltschaft legt den Angeklagten zur Last, seit August 2021 bis zum 5. April 2022 gemeinschaftlich versucht zu haben, einen anderen zur Begehung eines Mordes zu bestimmen oder hierzu anzustiften.

Das Landgericht hat die Angeklagten vom Anklagevorwurf freigesprochen.

Hiergegen wendet sich die Staatsanwaltschaft mit ihren auf die Rüge der Verletzung sachlichen Rechts gestützten Revisionen. Die vom Generalbundesanwalt vertretenen Rechtsmittel haben Erfolg.

I.

1. Nach den Feststellungen suchte der Angeklagte L. eine Person, die gegen Zahlung von bis zu 10.000 Euro bereit war, seinen Nachbarn Ha. wegen des zwischen ihnen bestehenden Zerwürfnisses, zahlloser Streitigkeiten und aus Rache für dessen Strafanzeigen so schwer zu verletzen, dass jener dauerhaft kein selbstbestimmtes Leben mehr würde führen können und daher als Pflegefall aus dem Nachbarhaus würde ausziehen müssen. L. hielt es für möglich, dass der Täter Ha. unter Ausnutzung von dessen Arg- und Wehrlosigkeit töten würde, was er billigend in Kauf nahm. Er bevorzugte eine Brandstiftung, um eine Rückkehr Ha. s in das Nachbarhaus sicher auszuschließen. Da L. nicht die erforderlichen Kontakte hatte, sprach er im Sommer 2021 den Angeklagten H. an, und beide „verabredete(n)“ eine gemeinsame Suche nach einem Täter, wobei H. sich das Anliegen L. s,  Ha. zu „beseitigen“, zu eigen machte, in der Folgezeit Absprachen mit Personen aus seinem Bekanntenkreis traf und den Kontakt zu L. herstellte. L. strebte eine Tatausführung vor Weihnachten 2021 an, weil er wegen der auf die Strafanzeigen Ha. s hin eingeleiteten Strafverfahren befürchtete, alsbald verhaftet zu werden. H. war bewusst, dass gerade durch sein Tätigwerden ein Täter gefunden werden und es nach endgültiger Einigung und Beauftragung durch L. zu der Gewalttat kommen könnte. Es bestand zwischen den Angeklagten keine Abrede dahin, dass L. eine von H. - vermittelte Person auf jeden Fall beauftragen würde. Ferner blieb es L. unbenommen, eigenständig nach einem möglichen Täter zu suchen und diesen ohne Einbindung H. s zu beauftragen. Nachdem H. in Umsetzung der Abrede L. drei Personen vermittelt hatte, erhielt er von einer unbekannt gebliebenen Person den Hinweis, dass die Polizei Kenntnis von der Tatplanung erhalten hatte, und teilte dies L. mit. Dieser stellte daraufhin am 14. November 2021 seine Bemühungen wegen des Entdeckungsrisikos vorerst ein, was er H. mitteilte, hielt sich ein „späteres Wiederaufgreifen der Verhandlungen über eine Beauftragung dritter Personen“ jedoch offen.

2. Das Landgericht hat eine Strafbarkeit wegen versuchter Anstiftung zu einem Verbrechen (§ 30 Abs. 1 Satz 1 Variante 1 StGB) aus Rechtsgründen verneint. Die Angeklagten hätten sich lediglich der allgemeinen Tatbereitschaft der angesprochenen Personen versichert. Die Voraussetzungen für eine Verabredung der Angeklagten, zu einem Verbrechen anzustiften (§ 30 Abs. 2 Variante 3 Alt. 2 StGB), seien ebenfalls nicht erfüllt. Denn es fehle an einer hinreichenden Konkretisierung der vorgesehenen Anstiftung. Zwar müsse der Anstifter keine detaillierten Vorgaben machen, wenn ihm die Art der Tatausführung gleichgültig sei. Erforderlich sei jedoch eine hinreichend konkretisierte Anstiftungshandlung. Die allgemeine Verabredung, irgendeine Person zu finden, sei vage und liege lediglich im straflosen Vorbereitungsstadium. Die Absprachen mit den aus Sicht der Angeklagten tatbereiten Personen seien inhaltlich nicht konkret gewesen. Ferner habe es an der hinreichenden Verbindlichkeit der Abrede zwischen den Angeklagten gefehlt; die Übereinkunft sei nicht auf eine zwingende gemeinsame Umsetzung gerichtet gewesen. Mangels Eigeninteresses des Angeklagten H. - habe der Angeklagte L. jederzeit eigenständig eine Person suchen und beauftragen oder davon Abstand nehmen können. Für eine Strafbarkeit wegen Sich-Bereiterklärens zur gemeinschaftlichen Anstiftung zu einem Verbrechen beziehungsweise Annahme dieses Erbietens (§ 30 Abs. 2 Varianten 1 und 2 StGB) fehle es ebenfalls an der hinreichend konkretisierten Anstiftungshandlung.

II.

1. Die Freisprüche halten revisionsgerichtlicher Nachprüfung nicht stand; die Urteilsgründe belegen die tatbestandlichen Voraussetzungen einer verabredeten Anstiftung im Sinne von § 30 Abs. 2 Variante 3 Alt. 2 StGB.

a) Diese setzt eine vom ernstlichen Willen getragene Einigung von mindestens zwei Personen voraus, gemeinschaftlich einen Dritten zur Begehung eines bestimmten Verbrechens anzustiften (vgl. BGH, Urteil vom 27. Januar 1982 – 3 StR 437/81, NStZ 1982, 244; Beschlüsse vom 21. November 2018 – 1 StR 506/18, NStZ 2019, 655, 656; vom 16. März 2011 – 5 StR 581/10, BGHR StGB § 30 Abs. 2 Verabredung 8). Die in Aussicht genommene Tat muss zumindest in ihren wesentlichen Grundzügen, nicht aber bereits in allen Einzelheiten festgelegt sein (vgl. BGH, Beschlüsse vom 21. November 2018 – 1 StR 506/18, aaO; vom 9. Februar 1994 – 2 StR 557/93; Roxin, Strafrecht AT Bd. II, S. 307 Rn. 56). Daher können – entsprechend der Absprache eines Tatplans zwischen Mittätern – Zeit, Ort und Modalitäten der Ausführung im Einzelnen noch offen sein (vgl. BGH, Urteil vom 28. Juni 2007 – 3 StR 140/07, NStZ 2007, 697), solange sie nicht völlig im Vagen bleiben, weil dann die Strafbarkeit zu weit ins Vorfeld der eigentlichen Tat vorverlagert würde (vgl. BGH, Beschluss vom 21. November 2018 – 1 StR 506/18, aaO). Darüber hinaus muss der Übereinkunft der Täter das Versprechen mittäterschaftlicher Tatbeiträge zugrundeliegen (vgl. RG, Urteile vom 27. November 1924 – II 754/24, RGSt 58, 392, 393; vom 26. Oktober 1925 – II 503/25, RGSt 59, 376, 379); unzureichend ist es, wenn ein Beteiligter lediglich als Gehilfe tätig werden will (vgl. BGH, Urteile vom 4. Mai 1988 – 2 StR 82/88, BGHR StGB § 30 Abs. 2 Verabredung 3; vom 13. Oktober 1992 – 1 StR 517/92, NStZ 1993, 137, 138; Beschluss vom 10. Dezember 1987 – 1 StR 623/87).

b) Daran gemessen tragen die Urteilsgründe eine verabredete Anstiftung.

aa) Die erstrebte Tat wurde anhand der sie kennzeichnenden Merkmale als konkret-individualisierbares Geschehen ernstlich verabredet. Dies gilt sowohl für das Bestimmen eines präsumtiven Täters als auch für die von diesem zu begehende Haupttat. Fest standen nach der Abrede weiter das Tatopfer, die in Betracht gezogene Begehungsweise bei der Bestimmung des präsumtiven Täters und das Tatmotiv. Dies gilt gleichermaßen für den Tatzeitraum. Denn die Tat sollte möglichst vor Weihnachten 2021 und ausgeführt werden, wenn die beiden Angeklagten ortsabwesend wären.

bb) Dem steht nicht entgegen, dass im Zeitpunkt der Übereinkunft die Person des präsumtiven Täters nicht feststand und unklar war, ob überhaupt ein solcher gefunden und bestimmt werden kann. Hierbei handelt es sich um vom Willen der Beteiligten losgelöste Bedingungen (vgl. BGH, Urteil vom 3. Dezember 1958 – 2 StR 500/58, BGHSt 12, 306, 309; LK-StGB/Schünemann/Greco, 13. Aufl., § 30 Rn. 63; MüKo-StGB/Joecks/Scheinfeld, 4. Aufl., § 30 Rn. 66; Maurach JZ 1961, 137, 139), denen mit Blick auf den Zweck der zeitlichen Vorverlagerung der Strafbarkeit nach § 30 Abs. 2 StGB keine Bedeutung zukommt (vgl. etwa zur Kettenanstiftung BGH, Urteil vom 8. Juli 1954 – 3 StR 796/53,BGHSt 6, 359, 361; Beschluss vom 2. November 2021 – 3 StR 259/21, NStZ-RR 2022, 49, 50; Heine/Weißer in Schönke/Schröder, StGB, 30. Aufl., § 26 Rn. 15; jeweils mwN). Die Angeklagten waren fest entschlossen, nach erfolgreicher Suche die tatgeneigte Person anzustiften. Gegenteiliges folgt nicht daraus, dass nach den Feststellungen keine der von H. vermittelten Personen beauftragt wurde. Denn diese erwiesen sich mangels Neigung, die Tat selbst auszuführen, als ungeeignet.

cc) Unerheblich ist ferner, dass es nach der getroffenen Abrede dem präsumtiven Täter überlassen bleiben sollte, bei welcher geeigneten Gelegenheit und auf welche Weise er die Tat ausführen würde. Es genügt vielmehr, dass die Angeklagten diese Umstände billigend in Kauf nahmen; denn bedingten Vorsatz in diesem Sinn hat ein Straftäter auch dann, wenn er aus Gleichgültigkeit mit jeder eintretenden Möglichkeit einverstanden ist (vgl. BGH, Urteile vom 12. Januar 2005 – 2 StR 229/04, NJW 2005, 996, 997; vom 10. Juni 1998 – 3 StR 113/98, BGHSt 44, 99, 102).

dd) Die Urteilsgründe belegen auch ein gemeinschaftliches Vorgehen der Angeklagten. Dabei sollte H. , der sich das Interesse L. s an der Tötung Ha. s „zu eigen gemacht“ hatte, ein wesentlicher Tatbeitrag zukommen. Er verfügte über Beziehungen ins kriminelle Milieu, die er absprachegemäß nutzen sollte, um geeignete Personen anzusprechen; L. verfügte über solche Verbindungen nicht. Entgegen der Annahme des Landgerichts ist vor diesem Hintergrund auch der Umstand ohne Bedeutung, dass Gegenstand der Abrede nicht war, in jedem Fall gemeinsam auf mögliche Täter zuzugehen. Vielmehr begründete schon die Willensbindung der Beteiligten eine Gefahr für das durch die vorgestellte Tat bedrohte Rechtsgut, weil bereits die wechselseitige psychische Bindung den Anstiftungsversuch und die Begehung der Haupttat wahrscheinlicher macht (vgl. BT-Drucks. I/3713, S. 32; IV/650, S. 154; BGH, Urteile vom 4. Oktober 1957 – 2 StR 366/57, BGHSt 10, 388, 389; vom 13. Januar 2010 – 2 StR 439/09, BGHR StGB § 30 Abs. 2, Konkurrenzen 1; Beschluss vom 16. März 2011 – 5 StR 581/10, aaO; NK-StGB/Engländer, 6. Aufl., § 30 Rn. 38).

2. Die Sache bedarf daher neuer Verhandlung und Entscheidung. Die rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen können nicht bestehen bleiben, weil die Angeklagten sie mangels Beschwer nicht mit der Revision angreifen konnten (vgl. BGH, Urteil vom 5. Februar 2020 – 5 StR 390/19, Rn. 12).

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BGH: Verabredung zur versuchten Anstiftung liegt vor, auch wenn noch kein Täter bestimmt wurde

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(1) Wer einen anderen zu bestimmen versucht, ein Verbrechen zu begehen oder zu ihm anzustiften, wird nach den Vorschriften über den Versuch des Verbrechens bestraft. Jedoch ist die Strafe nach § 49 Abs. 1 zu mildern. § 23 Abs. 3 gilt entsprechend. (
Bundesgerichtshof Urteil, 29. Nov. 2023 - 6 StR 179/23 zitiert 3 §§.

Strafgesetzbuch - StGB | § 30 Versuch der Beteiligung


(1) Wer einen anderen zu bestimmen versucht, ein Verbrechen zu begehen oder zu ihm anzustiften, wird nach den Vorschriften über den Versuch des Verbrechens bestraft. Jedoch ist die Strafe nach § 49 Abs. 1 zu mildern. § 23 Abs. 3 gilt entsprechend. (

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Urteil vom 29. Nov. 2023 - 6 StR 179/23

 

Tenor

Auf die Revisionen der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Magdeburg vom 12. Dezember 2022 mit den Feststellungen aufgehoben.

Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere als Schwurgericht zuständige Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe

Die Staatsanwaltschaft legt den Angeklagten zur Last, seit August 2021 bis zum 5. April 2022 gemeinschaftlich versucht zu haben, einen anderen zur Begehung eines Mordes zu bestimmen oder hierzu anzustiften.

Das Landgericht hat die Angeklagten vom Anklagevorwurf freigesprochen.

Hiergegen wendet sich die Staatsanwaltschaft mit ihren auf die Rüge der Verletzung sachlichen Rechts gestützten Revisionen. Die vom Generalbundesanwalt vertretenen Rechtsmittel haben Erfolg.

I.

1. Nach den Feststellungen suchte der Angeklagte L. eine Person, die gegen Zahlung von bis zu 10.000 Euro bereit war, seinen Nachbarn Ha. wegen des zwischen ihnen bestehenden Zerwürfnisses, zahlloser Streitigkeiten und aus Rache für dessen Strafanzeigen so schwer zu verletzen, dass jener dauerhaft kein selbstbestimmtes Leben mehr würde führen können und daher als Pflegefall aus dem Nachbarhaus würde ausziehen müssen. L. hielt es für möglich, dass der Täter Ha. unter Ausnutzung von dessen Arg- und Wehrlosigkeit töten würde, was er billigend in Kauf nahm. Er bevorzugte eine Brandstiftung, um eine Rückkehr Ha. s in das Nachbarhaus sicher auszuschließen. Da L. nicht die erforderlichen Kontakte hatte, sprach er im Sommer 2021 den Angeklagten H. an, und beide „verabredete(n)“ eine gemeinsame Suche nach einem Täter, wobei H. sich das Anliegen L. s,  Ha. zu „beseitigen“, zu eigen machte, in der Folgezeit Absprachen mit Personen aus seinem Bekanntenkreis traf und den Kontakt zu L. herstellte. L. strebte eine Tatausführung vor Weihnachten 2021 an, weil er wegen der auf die Strafanzeigen Ha. s hin eingeleiteten Strafverfahren befürchtete, alsbald verhaftet zu werden. H. war bewusst, dass gerade durch sein Tätigwerden ein Täter gefunden werden und es nach endgültiger Einigung und Beauftragung durch L. zu der Gewalttat kommen könnte. Es bestand zwischen den Angeklagten keine Abrede dahin, dass L. eine von H. - vermittelte Person auf jeden Fall beauftragen würde. Ferner blieb es L. unbenommen, eigenständig nach einem möglichen Täter zu suchen und diesen ohne Einbindung H. s zu beauftragen. Nachdem H. in Umsetzung der Abrede L. drei Personen vermittelt hatte, erhielt er von einer unbekannt gebliebenen Person den Hinweis, dass die Polizei Kenntnis von der Tatplanung erhalten hatte, und teilte dies L. mit. Dieser stellte daraufhin am 14. November 2021 seine Bemühungen wegen des Entdeckungsrisikos vorerst ein, was er H. mitteilte, hielt sich ein „späteres Wiederaufgreifen der Verhandlungen über eine Beauftragung dritter Personen“ jedoch offen.

2. Das Landgericht hat eine Strafbarkeit wegen versuchter Anstiftung zu einem Verbrechen (§ 30 Abs. 1 Satz 1 Variante 1 StGB) aus Rechtsgründen verneint. Die Angeklagten hätten sich lediglich der allgemeinen Tatbereitschaft der angesprochenen Personen versichert. Die Voraussetzungen für eine Verabredung der Angeklagten, zu einem Verbrechen anzustiften (§ 30 Abs. 2 Variante 3 Alt. 2 StGB), seien ebenfalls nicht erfüllt. Denn es fehle an einer hinreichenden Konkretisierung der vorgesehenen Anstiftung. Zwar müsse der Anstifter keine detaillierten Vorgaben machen, wenn ihm die Art der Tatausführung gleichgültig sei. Erforderlich sei jedoch eine hinreichend konkretisierte Anstiftungshandlung. Die allgemeine Verabredung, irgendeine Person zu finden, sei vage und liege lediglich im straflosen Vorbereitungsstadium. Die Absprachen mit den aus Sicht der Angeklagten tatbereiten Personen seien inhaltlich nicht konkret gewesen. Ferner habe es an der hinreichenden Verbindlichkeit der Abrede zwischen den Angeklagten gefehlt; die Übereinkunft sei nicht auf eine zwingende gemeinsame Umsetzung gerichtet gewesen. Mangels Eigeninteresses des Angeklagten H. - habe der Angeklagte L. jederzeit eigenständig eine Person suchen und beauftragen oder davon Abstand nehmen können. Für eine Strafbarkeit wegen Sich-Bereiterklärens zur gemeinschaftlichen Anstiftung zu einem Verbrechen beziehungsweise Annahme dieses Erbietens (§ 30 Abs. 2 Varianten 1 und 2 StGB) fehle es ebenfalls an der hinreichend konkretisierten Anstiftungshandlung.

II.

1. Die Freisprüche halten revisionsgerichtlicher Nachprüfung nicht stand; die Urteilsgründe belegen die tatbestandlichen Voraussetzungen einer verabredeten Anstiftung im Sinne von § 30 Abs. 2 Variante 3 Alt. 2 StGB.

a) Diese setzt eine vom ernstlichen Willen getragene Einigung von mindestens zwei Personen voraus, gemeinschaftlich einen Dritten zur Begehung eines bestimmten Verbrechens anzustiften (vgl. BGH, Urteil vom 27. Januar 1982 – 3 StR 437/81, NStZ 1982, 244; Beschlüsse vom 21. November 2018 – 1 StR 506/18, NStZ 2019, 655, 656; vom 16. März 2011 – 5 StR 581/10, BGHR StGB § 30 Abs. 2 Verabredung 8). Die in Aussicht genommene Tat muss zumindest in ihren wesentlichen Grundzügen, nicht aber bereits in allen Einzelheiten festgelegt sein (vgl. BGH, Beschlüsse vom 21. November 2018 – 1 StR 506/18, aaO; vom 9. Februar 1994 – 2 StR 557/93; Roxin, Strafrecht AT Bd. II, S. 307 Rn. 56). Daher können – entsprechend der Absprache eines Tatplans zwischen Mittätern – Zeit, Ort und Modalitäten der Ausführung im Einzelnen noch offen sein (vgl. BGH, Urteil vom 28. Juni 2007 – 3 StR 140/07, NStZ 2007, 697), solange sie nicht völlig im Vagen bleiben, weil dann die Strafbarkeit zu weit ins Vorfeld der eigentlichen Tat vorverlagert würde (vgl. BGH, Beschluss vom 21. November 2018 – 1 StR 506/18, aaO). Darüber hinaus muss der Übereinkunft der Täter das Versprechen mittäterschaftlicher Tatbeiträge zugrundeliegen (vgl. RG, Urteile vom 27. November 1924 – II 754/24, RGSt 58, 392, 393; vom 26. Oktober 1925 – II 503/25, RGSt 59, 376, 379); unzureichend ist es, wenn ein Beteiligter lediglich als Gehilfe tätig werden will (vgl. BGH, Urteile vom 4. Mai 1988 – 2 StR 82/88, BGHR StGB § 30 Abs. 2 Verabredung 3; vom 13. Oktober 1992 – 1 StR 517/92, NStZ 1993, 137, 138; Beschluss vom 10. Dezember 1987 – 1 StR 623/87).

b) Daran gemessen tragen die Urteilsgründe eine verabredete Anstiftung.

aa) Die erstrebte Tat wurde anhand der sie kennzeichnenden Merkmale als konkret-individualisierbares Geschehen ernstlich verabredet. Dies gilt sowohl für das Bestimmen eines präsumtiven Täters als auch für die von diesem zu begehende Haupttat. Fest standen nach der Abrede weiter das Tatopfer, die in Betracht gezogene Begehungsweise bei der Bestimmung des präsumtiven Täters und das Tatmotiv. Dies gilt gleichermaßen für den Tatzeitraum. Denn die Tat sollte möglichst vor Weihnachten 2021 und ausgeführt werden, wenn die beiden Angeklagten ortsabwesend wären.

bb) Dem steht nicht entgegen, dass im Zeitpunkt der Übereinkunft die Person des präsumtiven Täters nicht feststand und unklar war, ob überhaupt ein solcher gefunden und bestimmt werden kann. Hierbei handelt es sich um vom Willen der Beteiligten losgelöste Bedingungen (vgl. BGH, Urteil vom 3. Dezember 1958 – 2 StR 500/58, BGHSt 12, 306, 309; LK-StGB/Schünemann/Greco, 13. Aufl., § 30 Rn. 63; MüKo-StGB/Joecks/Scheinfeld, 4. Aufl., § 30 Rn. 66; Maurach JZ 1961, 137, 139), denen mit Blick auf den Zweck der zeitlichen Vorverlagerung der Strafbarkeit nach § 30 Abs. 2 StGB keine Bedeutung zukommt (vgl. etwa zur Kettenanstiftung BGH, Urteil vom 8. Juli 1954 – 3 StR 796/53,BGHSt 6, 359, 361; Beschluss vom 2. November 2021 – 3 StR 259/21, NStZ-RR 2022, 49, 50; Heine/Weißer in Schönke/Schröder, StGB, 30. Aufl., § 26 Rn. 15; jeweils mwN). Die Angeklagten waren fest entschlossen, nach erfolgreicher Suche die tatgeneigte Person anzustiften. Gegenteiliges folgt nicht daraus, dass nach den Feststellungen keine der von H. vermittelten Personen beauftragt wurde. Denn diese erwiesen sich mangels Neigung, die Tat selbst auszuführen, als ungeeignet.

cc) Unerheblich ist ferner, dass es nach der getroffenen Abrede dem präsumtiven Täter überlassen bleiben sollte, bei welcher geeigneten Gelegenheit und auf welche Weise er die Tat ausführen würde. Es genügt vielmehr, dass die Angeklagten diese Umstände billigend in Kauf nahmen; denn bedingten Vorsatz in diesem Sinn hat ein Straftäter auch dann, wenn er aus Gleichgültigkeit mit jeder eintretenden Möglichkeit einverstanden ist (vgl. BGH, Urteile vom 12. Januar 2005 – 2 StR 229/04, NJW 2005, 996, 997; vom 10. Juni 1998 – 3 StR 113/98, BGHSt 44, 99, 102).

dd) Die Urteilsgründe belegen auch ein gemeinschaftliches Vorgehen der Angeklagten. Dabei sollte H. , der sich das Interesse L. s an der Tötung Ha. s „zu eigen gemacht“ hatte, ein wesentlicher Tatbeitrag zukommen. Er verfügte über Beziehungen ins kriminelle Milieu, die er absprachegemäß nutzen sollte, um geeignete Personen anzusprechen; L. verfügte über solche Verbindungen nicht. Entgegen der Annahme des Landgerichts ist vor diesem Hintergrund auch der Umstand ohne Bedeutung, dass Gegenstand der Abrede nicht war, in jedem Fall gemeinsam auf mögliche Täter zuzugehen. Vielmehr begründete schon die Willensbindung der Beteiligten eine Gefahr für das durch die vorgestellte Tat bedrohte Rechtsgut, weil bereits die wechselseitige psychische Bindung den Anstiftungsversuch und die Begehung der Haupttat wahrscheinlicher macht (vgl. BT-Drucks. I/3713, S. 32; IV/650, S. 154; BGH, Urteile vom 4. Oktober 1957 – 2 StR 366/57, BGHSt 10, 388, 389; vom 13. Januar 2010 – 2 StR 439/09, BGHR StGB § 30 Abs. 2, Konkurrenzen 1; Beschluss vom 16. März 2011 – 5 StR 581/10, aaO; NK-StGB/Engländer, 6. Aufl., § 30 Rn. 38).

2. Die Sache bedarf daher neuer Verhandlung und Entscheidung. Die rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen können nicht bestehen bleiben, weil die Angeklagten sie mangels Beschwer nicht mit der Revision angreifen konnten (vgl. BGH, Urteil vom 5. Februar 2020 – 5 StR 390/19, Rn. 12).

(1) Wer einen anderen zu bestimmen versucht, ein Verbrechen zu begehen oder zu ihm anzustiften, wird nach den Vorschriften über den Versuch des Verbrechens bestraft. Jedoch ist die Strafe nach § 49 Abs. 1 zu mildern. § 23 Abs. 3 gilt entsprechend.

(2) Ebenso wird bestraft, wer sich bereit erklärt, wer das Erbieten eines anderen annimmt oder wer mit einem anderen verabredet, ein Verbrechen zu begehen oder zu ihm anzustiften.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 506/18
vom
21. November 2018
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen Verabredung zum Mord u.a.
hier: Revision des Angeklagten Ö.
ECLI:DE:BGH:2018:211118B1STR506.18.0

Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers und des Generalbundesanwalts – zu 2. auf dessen Antrag – am 21. November 2018 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Hechingen vom 23. März 2018 – unter Erstreckung auf den Nichtrevidenten K. (§ 357 StPO) – mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben
a) soweit der Angeklagte im Fall II.2 der Urteilsgründe verurteilt wurde;
b) im Ausspruch über die Gesamtstrafe (Ö. ) beziehungsweise die Einheitsjugendstrafe (K. ). 2. Die weitergehende Revision des Angeklagten wird verworfen. 3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Jugendkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Verabredung zum Mord und wegen Bedrohung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und acht Monaten und den nicht revidierenden, zur Tatzeit noch heranwachsenden Mitangeklagten K. wegen Verabredung zum Mord in Tateinheit mit Sich- Bereiterklären zum Erwerb von Kriegswaffen unter Einbeziehung weiterer Strafen aus früheren Verurteilungen zu der Jugendstrafe von sechs Jahren und acht Monaten verurteilt.
2
Die Revision des Angeklagten, mit der er die Verletzung materiellen Rechts rügt, hat in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang Erfolg (§ 349 Abs. 4 StPO). Im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.

I.


3
1. Die Verurteilung des Angeklagten im Fall II.1 der Urteilsgründe wegen Bedrohung hält rechtlicher Nachprüfung stand.
4
2. Die Verurteilung im Fall II.2 der Urteilsgründe wegen Verabredung zum Mord begegnet durchgreifenden Bedenken. Die Feststellungen tragen nicht die rechtliche Würdigung des Landgerichts, die Angeklagten hätten sich verabredet, einen bereits in seinen wesentlichen Grundzügen konkretisierten Mord zu begehen.
5
a) Die Strafbarkeit wegen Verabredung eines Verbrechens setzt nach § 30 Abs. 2, 3. Alt. StGB den Entschluss von mindestens zwei Personen zur Begehung eines bestimmten Verbrechens als Mittäter voraus (BGH, Beschluss vom 16. März 2011 – 5 StR 581/10, NStZ 2011, 570, 571; Fischer, StGB, 65. Aufl., § 30 Rn. 12; Schönke/Schröder/Heine/Weißer, StGB, 29. Aufl., § 30 Rn. 24; jeweils mwN). Die in Aussicht genommene Tat muss dabei nicht bereits in allen Einzelheiten festgelegt, sie muss aber – ebenso wie dies beim Tatplan für eine mittäterschaftliche Tatbestandsverwirklichung oder beim Anstiftervorsatz der Fall ist (LK-Schünemann, StGB, 12. Aufl., § 30 Rn. 67 mwN; MKJoecks , StGB, 3. Aufl., § 30 Rn. 57; Schönke/Schröder/Heine/Weißer, StGB, 29. Aufl., § 30 Rn. 24) – zumindest in ihren wesentlichen Grundzügen konkretisiert sein (BGH, Urteil vom 28. Juni 2007 – 3 StR 140/07, NStZ 2007, 697; LKSchünemann , StGB, § 30 Rn. 67; Lackner/Kühl, StGB, 29. Aufl., § 30 Rn. 3 mwN). Eine strafbare Verbrechensverabredung wird danach zwar nicht dadurch ausgeschlossen, dass Zeit, Ort und Modalitäten der Ausführung im Einzelnen noch offen sind (BGH, Urteile vom 28. Juni 2007 – 3 StR 140/07, NStZ 2007, 697 und vom 29. März 1960 – 1 StR 636/59, BeckRS 1960, 31192534; LKSchünemann , StGB, 12. Aufl., § 30 Rn. 67 mwN). Tatzeit, Tatbeteiligte, Tatobjekt und sonstige Umstände der Tat können indes nicht völlig im Vagen bleiben (BGH, Beschluss vom 9. Februar 1994 – 2 StR 557/93, StV 1994, 528; MKJoecks , StGB, 3. Aufl., § 30 Rn. 62), weil sonst die Strafbarkeit zu weit ins Vorfeld der eigentlichen Tat vorverlagert würde. Besondere Anforderungen gelten vor allem dann, wenn es – wie vorliegend – bei der verabredeten Tat um eine Straftat gegen die Person geht (vgl. Fischer, StGB, 65. Aufl., § 30 Rn. 7 mwN; zum Meinungsstand LK-Schünemann, StGB, § 30 Rn. 68 mwN).
6
b) Hieran gemessen war das vorliegend von den Angeklagten ins Auge gefasste Tötungsdelikt noch nicht hinreichend konkretisiert. Weder war nach den Feststellungen des Landgerichts die Tatzeit näher bestimmt noch die konkrete Begehungsform. Gesprochen wurde über einen Überfall auf die in der Justizvollzugsanstalt befindlichen S. , B. und M. , denen ein Mord am Bruder des Mitangeklagten zur Last gelegt wurde, sowie über ein Werfen von Handgranaten oder die Abgabe von Schüssen in die Werkstatt oder das Haus des Ma. , dem Onkel von S. und B. . Gerade in Anbetracht der erheblichen Schwierigkeiten des Mitangeklagten, die für den Erwerb der zur Tatbegehung erforderlichen Waffen nötigen Geldmittel zu beschaffen, war auch der Zeitpunkt der Tatbegehung noch ungewiss. Die Verabredung hatte sich auch noch nicht auf eine konkrete Person fokussiert, auf die der Angriff gerichtet sein sollte. Vielmehr standen nach den Feststellungen des Landgerichts S. , B. und M. als mögliche Zielpersonen im Raum sowie deren Angehörige und etwa im Anwesen des Ma. aufhältige Personen. Es lag damit hinsichtlich des ins Auge gefassten Tötungsdelikts lediglich ein allgemeines Planungs- und Vorbereitungsstadium vor, das sich noch nicht auf eine den Anforderungen des § 30 Abs. 2, 3. Alt. StGB entsprechend konkretisierte Tat bezog. Dies gilt umso mehr, weil weder Waffen noch Geld für die angedachte Tat vorhanden waren, zumal der Angeklagte einen zunächst vom Mitangeklagten eingesammelten Teilbetrag absprachewidrig für sich verwendete.
7
c) Der Rechtsfehler führt zur Aufhebung der Verurteilung im Fall II.2 der Urteilsgründe, jedoch nicht zum Freispruch des Angeklagten in diesem Punkt. Denn der Senat kann nicht ausschließen, dass Feststellungen getroffen werden können, aufgrund derer sich der Angeklagte nach einer der Varianten des § 30 Abs. 1 oder 2 StGB in Verbindung mit § 22a Abs. 1 Nr. 2 KrWaffKontrG in Verbindung mit der Kriegswaffenliste Teil A VII Nr. 46 strafbar gemacht haben könnte.
8
3. Die Aufhebung des Schuldspruchs im Fall II.2 der Urteilsgründe entzieht der Einzelstrafe und dem Ausspruch über die Gesamtfreiheitsstrafe einschließlich der getroffenen Feststellungen (§ 353 Abs. 2 StPO) die Grundlage.

II.


9
Die Aufhebung des Urteils ist gemäß § 357 StPO auf den nicht revidierenden Mitangeklagten K. zu erstrecken. Auch dessen Verurteilung beruht – ebenso wie die Verurteilung des revidierenden Angeklagten – auf der unzutreffenden Annahme, aus den getroffenen Feststellungen ergebe sich eine Verabredung der Angeklagten zur Begehung eines in seinen wesentlichen Grundzügen konkretisierten Tötungsdelikts. Da das Tatgeschehen und dessen rechtliche Bewertung hinsichtlich beider Angeklagter auch mit Blick auf den möglichen Verstoß gegen das Gesetz über die Kontrolle von Kriegswaffen in einem untrennbaren Zusammenhang stehen, erstreckt sich die teilweise Aufhebung des Urteils auf die Verurteilung des Mitangeklagten K. insgesamt.
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(1) Wer einen anderen zu bestimmen versucht, ein Verbrechen zu begehen oder zu ihm anzustiften, wird nach den Vorschriften über den Versuch des Verbrechens bestraft. Jedoch ist die Strafe nach § 49 Abs. 1 zu mildern. § 23 Abs. 3 gilt entsprechend.

(2) Ebenso wird bestraft, wer sich bereit erklärt, wer das Erbieten eines anderen annimmt oder wer mit einem anderen verabredet, ein Verbrechen zu begehen oder zu ihm anzustiften.

Nachschlagewerk: ja
BGHR: ja
BGHSt: ja
Veröffentlichung: ja
1. Für die Anstiftung zum Heimtückemord genügt bedingter Vorsatz des Anstifters,
der auch gegeben sein kann, wenn der Anstifter aus Gleichgültigkeit mit jeder eintretenden
Möglichkeit der Tatausführung einverstanden ist.
2. Ist bei dem Täter einer bezahlten Auftragstötung das Handeln aus Habgier neben
anderen Motiven nicht bewußtseinsdominant, kommen auch sonstige niedrige
Beweggründe als Mordmerkmal in Betracht.
3. Fehlt beim Anstifter der Vorsatz hinsichtlich des tatsächlich vorliegenden Mordmerkmals
der Heimtücke, stellt sich der Anstifter jedoch vor, der Täter werde aus
Habgier handeln, so ist tateinheitlich zur Anstiftung zum Totschlag eine versuchte
Anstiftung zum Mord gegeben.
BGH, Urteil vom 12. Januar 2005 - 2 StR 229/04 - LG Kassel

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
2 StR 229/04
vom
12. Januar 2005
in der Strafsache
gegen
wegen Anstiftung zum Totschlag
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 12. Januar
2005, an der teilgenommen haben:
Vorsitzende Richterin am Bundesgerichtshof
Dr. Rissing-van Saan
und die Richter am Bundesgerichtshof
Dr. h.c. Detter,
Dr. Bode,
Rothfuß,
Richterin am Bundesgerichtshof
Roggenbuck,
Staatsanwalt
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Kassel vom 10. November 2003 mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben, soweit es den Angeklagten H. betrifft. 2. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Schwurgerichtskammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Gründe:

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Anstiftung zum Totschlag zu der Freiheitsstrafe von zwölf Jahren verurteilt. Die Staatsanwaltschaft rügt mit ihrer zuungunsten des Angeklagten eingelegten Revision, die vom Generalbundesanwalt im Ergebnis vertreten wird, die Verletzung materiellen Rechts. Sie erstrebt eine Verurteilung des Angeklagten wegen Anstiftung zum Mord und hält bei ihm das Merkmal der Habgier für gegeben. Das Rechtsmittel hat Erfolg. Die Verurteilung des Angeklagten "nur" wegen Anstiftung zum Totschlag und nicht wegen Anstiftung zum Mord hält der sachlich-rechtlichen Prüfung nicht stand. Die Begründung, mit der das Landgericht dem Angeklagten die Mordmerkmale Heimtücke, Habgier und sonstige niedrige Beweggründe nicht zugerechnet hat, ist rechtsfehlerhaft (II 2 bis 4).
Zudem hat das Landgericht verkannt, daß sich der Angeklagte auch dann, wenn für ihn selbst die Habgier nicht tatbestimmend war, tateinheitlich zur Anstiftung zum Totschlag auch wegen versuchter Anstiftung zum Mord aus Habgier schuldig gemacht haben kann, wenn er sich bei der Anstiftung vorstellte, der Täter werde aus Habgier handeln (II 5).

I.

1. Das Landgericht hat im wesentlichen festgestellt:
a) Die Ehe des Angeklagten war 2001 in eine entscheide nde Krise geraten. Die Eheleute wollten sich trennen. Die damals 7-jährige Tochter N. lebte bei der Ehefrau, dem späteren Tatopfer. Nach Ablauf des Trennungsjahres beantragte die Ehefrau die Scheidung. Danach kam es zum Streit über ihren Anspruch auf Zugewinnausgleich. Der Angeklagte erteilte unzutreffende Auskünfte und verschwieg erhebliches Vermögen, weil er seine Ehefrau hieran nicht beteiligen wollte. Zudem reduzierte er seine Unterhaltszahlungen. Die vom Familiengericht beauftragte Sachverständige kam in ihrem Gutachten zu dem Ergebnis, daß es dem Kindeswohl eher entspreche, wenn die Tochter bei der Mutter bleibe. Der Angeklagte erhielt daher ein Umgangsrecht, während das Aufenthaltsbestimmungsrecht bei der Ehefrau blieb.
b) Der Angeklagte war hiermit unzufrieden. Er wollte daher die mit der Scheidung verbundenen für ihn nachteiligen Folgen dadurch vermeiden, daß er seine Ehefrau töten ließ. Er sprach deshalb im März 2002 den Verlobten seiner Nichte, den Mitangeklagten Z. sinngemäß darauf an, ob er jemanden wisse, "der sich mit Mord auskenne". Er wollte Z. veranlassen, eine zur Tatausführung geeignete Person zu suchen. Erklärend fügte er hinzu, er wolle nicht, daß man ihm seine jüngste Tochter N. wegnehme. Z. kannte zwar nieman-
den, der ihm für die Tat geeignet erschien, er wollte aber die Gelegenheit nutzen , sich in der Familie seiner Verlobten Anerkennung zu erwerben und sich daher umhören. Der Angeklagte übergab Z. im April 2002 500 Euro als "Anschubfinanzierung" und machte deutlich, daß er keine Rückzahlung erwarte, wenn die Suche erfolgreich sei. Eine Frist für die Tatbegehung setzte der Angeklagte nicht, er machte auch keine Vorgaben, wie die Tat auszuführen sei. Später drängte er Z., die Tat müsse bis zum 20. Juni 2002 begangen sein, weil sie nach der Scheidung keinen Sinn mehr mache. In der Folge fragte der Angeklagte wiederholt nach, ob Z. schon Erfolg gehabt habe. Als Tätigkeitsnachweis für den Angeklagten fertigte Z. Fotos vom Wohnhaus des Tatopfers und der Umgebung. Die Anschrift und die Beschreibung hierzu hatte er von dem Angeklagten.
c) Schließlich fragte Z. den späteren Täter, den 21-jä hrigen R. B., mit dem er eng befreundet war, ob er jemanden kenne, der sich nebenbei etwas Geld verdienen wolle. B. verneinte, war aber selbst an einem Nebenverdienst interessiert. Z. lehnte das zunächst ab, weil B. an einer Störung der Feinmotorik leidet und er ihn daher nicht für tatgeeignet hielt. Letztlich entschloß er sich aber doch, B. zu dieser Tat zu bestimmen. Er ließ ihn wissen, daß es um die Tötung einer Frau gehe, die aus dem Weg geräumt werden müsse, weil sie von ihrem Mann Geld fordere und beim Umgangsrecht mit dem gemeinsamen Kind Schwierigkeiten bereite. Der Ehemann habe versprochen, für die Tötung Geld zu zahlen. Z. gab B. zusätzliche Hinweise zur Tatausführung.
d) B. ging auf Z.'s Vorschlag ein und wollte sich das Ge ld verdienen. Wesentlicher Beweggrund für seine Tatbereitschaft war aber, Z. zu Hilfe zu kommen und so sein Ansehen bei Z. zu stärken. Der Angeklagte wollte die Tat
beschleunigen. Deshalb ließ er Z. zu einem Treffen in seine Wohnung in der Nähe von Kassel kommen, befragte ihn, ob er endlich erfolgreich gewesen sei und zeigte sein Mißfallen über die bisherige Verzögerung. Wegen der Zusage B.'s erklärte Z., er habe eine Person gefunden, nannte aber B.'s Namen nicht. Z. meinte, der Angeklagte müsse 10.000 bis 15.000 Euro investieren. Der Angeklagte wollte aber nur 1.000 bis 1.500 Euro zahlen und übergab Z. 1.000 Euro. Am nächsten Tag erkundigte sich der Angeklagte telefonisch nach dem Stand der Vorbereitungen. Z. versicherte, alles laufe nach Plan. Am 5. Juni 2002 traf Z. nochmals mit B. zusammen und besprach Einzelheiten der Tatausführung. Zur Deckung der Reisekosten ließ er B. von einem Bekannten geliehene 100 Euro aushändigen.
e) B. fuhr zum Wohnort der Ehefrau des Angeklagten be i Kassel, wo er am 6. Juni 2002 morgens eintraf. Auf sein Klingeln öffnete Frau H., das Tatopfer , arglos die Haustür und fragte B., was er wünsche. B. stach sofort mit einem Messer auf Frau H. ein und versetzte ihr mit Tötungsabsicht zwölf Stiche in Brust und Hals. Einer der Stiche durchtrennte die Halsschlagader und führte zum Tod. B. floh vom Tatort und fuhr nach Hause. Telefonisch bestätigte er Z. die Tatausführung. Z. übergab B. alsbald die Belohnung von 1.000 Euro. B. zahlte mit dem Geld Drogenschulden und kaufte Lebensmittel sowie ein Mofa.
f) Der Haupttäter B. wurde nach Abtrennung seines Ver fahrens rechtskräftig wegen Mordes zu lebenslanger Freiheitsstrafe verurteilt, weil er Frau H. heimtückisch getötet hat. In dem angefochtenen Urteil gegen den Angeklagten H. hält das Landgericht in bezug auf B. weitere tat- oder täterbezogene Mordmerkmale nicht für gegeben. B. habe nicht aus Habgier getötet. Die Aussicht auf eine Entlohnung sei für B.'s Tatentschluß zwar zumindest mitbestimmend gewesen.
Bei der Tat seien jedoch weitere Antriebe vorhanden gewesen, die ihr das Gesamtgepräge einer aus Habgier begangenen Tötung nähmen.
g) Z. wurde durch dasselbe Urteil wie der Angeklagte H . rechtskräftig wegen Anstiftung zum Totschlag zu der Freiheitsstrafe von neun Jahren und sechs Monaten verurteilt. Das Landgericht ging davon aus, daß der Anstiftervorsatz bei Z. die Heimtücke bei der Tatbegehung nicht umfaßt habe.
h) Auch bei dem Angeklagten H. hat sich der Anstif tervorsatz nach Ansicht der Schwurgerichtskammer nicht auf das Mordmerkmal der Heimtücke erstreckt. Der Angeklagte habe keine detaillierten Vorgaben für die Tatausführung gemacht. Ihm sei es - nach der Schilderung des Mitangeklagten Z. - schlichtweg egal gewesen, wie die Tat durchgeführt werde. Der Angeklagte habe sich darum nicht gekümmert und deshalb auch keine Vorstellung von den Tatumständen gehabt, die die Heimtücke ausgemacht hätten. Bei der Prüfung eines besonders schweren Falls im Sinne von § 212 Abs. 2 StGB führt das Landgericht ferner aus, in der Person des Angeklagten sei weder das Merkmal der Habgier verwirklicht, noch liege sonst ein niedriger Beweggrund vor. Daß der Angeklagte sich wegen der Belohnung vorgestellt habe, der ihm unbekannte Haupttäter werde die Tat allein des Geldes wegen, mithin aus Habgier, begehen , führe nicht dazu, daß der Angeklagte wegen Anstiftung zum Mord zu verurteilen sei. B. habe weder aus Habgier getötet, noch ein sonstiges täterbezogenes Mordmerkmal verwirklicht.

II.

Die Ansicht des Landgerichts, der Angeklagte habe sich led iglich der Anstiftung zum Totschlag, nicht aber der Anstiftung zum Mord schuldig gemacht , begegnet durchgreifenden Bedenken.
1. Das Landgericht geht zwar zutreffend davon aus, daß M ord und Totschlag zwei selbständige Tatbestände sind (st. Rspr. seit BGHSt 1, 368; vgl. hierzu Jähnke LK 11. Aufl. § 211 Rdn. 62 ff.; Eser in Schönke/Schröder StGB 26. Aufl. § 211 Rdn. 46 ff.; Tröndle/Fischer, StGB 52. Aufl. § 211 Rdn. 40 ff.). Danach begründen die Mordmerkmale des § 211 StGB die Strafbarkeit, so daß auf den Teilnehmer nur die Strafrahmenmilderung nach § 28 Abs. 1 StGB anwendbar ist und eine Anwendung von § 28 Abs. 2 StGB von vornherein ausscheidet. Deshalb kommt es für den Schuldspruch nicht darauf an, wie sich der Tatbeitrag des Teilnehmers in seiner Person darstellt; er ist vielmehr akzessorisch nach der Haupttat zu verurteilen (vgl. BGH NJW 1982, 2738; ebenso NStZ 1996, 384, von Otto und Engländer aber dahin mißverstanden, daß es ausreiche, wenn sowohl beim Täter als auch beim Teilnehmer ein niedriger Beweggrund vorliege, ohne daß der Vorsatz des Teilnehmers das Bestehen eines Mordmerkmals beim Täter umfassen müsse). Die rechtliche Bewertung der Handlung des Teilnehmers ist dagegen nur für die Strafzumessung erheblich. Ist die Haupttat durch ein vom Täter verwirklichtes täterbezogenes Merkmal (Merkmale der ersten und dritten Gruppe) zum Mord geworden, hat aber der Teilnehmer dieses Merkmal nicht aufzuweisen, kommt es zu einer Strafrahmenmilderung für den Teilnehmer (§§ 28 Abs. 1, 49 Abs. 1 StGB). Hat der Teilnehmer das täterbezogene Merkmal ebenfalls verwirklicht, trifft ihn die Strafe für Mord, die gegebenenfalls nach § 27 StGB zu mildern ist. Dies hat die Rechtsprechung ausgedehnt auf die Fälle , in denen der Täter und Teilnehmer nicht dasselbe, sondern verschiedene Mordmerkmale verwirklicht haben, sofern diese gleichartig sind (vgl. BGHSt 23, 39; zust. Jakobs NJW 1970, 1089; Jescheck/Weigend, Strafrecht Allgemeiner Teil 5. Aufl. S. 660; krit. u.a. Arzt JZ 1973, 681; zu "gekreuzten Mordmerkmalen" bei Täter und Teilnehmer vgl. auch Eser aaO Rdn. 54; Tröndle/Fischer
aaO Rdn. 43; Engländer JA 2004, 410; Arzt/Weber, Strafrecht Besonderer Teil § 2 Rdn. 41; Küper JZ 1991, 865 f.). Hat allein der Teilnehmer ein Mordmerkmal verwirklicht, ist er lediglich wegen Teilnahme am Totschlag zu bestrafen; das Mordmerkmal ist dann bei der Strafzumessung zu berücksichtigen. Soweit ein tatbezogenes Merkmal der zweiten Gruppe vorliegt, bleibt es dagegen bei der streng akzessorischen Bestrafung des Teilnehmers, für eine Akzessorietätslockerung nach § 28 Abs. 1 oder 2 StGB ist hier kein Raum (vgl. Jähnke, Eser und Tröndle/Fischer jeweils aaO). Der Anstifter wird daher nach §§ 211, 26 StGB bestraft, wenn der Täter ein tatbezogenes Merkmal verwirklicht und der Vorsatz des Anstifters sich hierauf erstreckt. Fehlt ihm dieser Vorsatz , kommt nur Teilnahme am Totschlag in Betracht. 2. Die Begründung, mit der das Landgericht bei dem A ngeklagten einen Anstiftervorsatz in bezug auf das tatbezogene Merkmal der Heimtücke (vgl. BGHSt 23, 103, 105; 25, 287, 289; 35, 347, 351) verneint hat, ist jedoch lückenhaft und läßt besorgen, daß das Landgericht insoweit einen unzutreffenden Maßstab zugrundegelegt hat. Nach den vom Schwurgericht nicht angezweifelten Angaben des Mitangeklagten Z. hatte der Angeklagte keine detaillierten Vorgaben zur Tatausführung gemacht. Ihm sei es schlichtweg egal gewesen , wie die Tat ausgeführt werde. Er habe sich hierum nicht gekümmert. Der Angeklagte habe mithin keinerlei Detailkenntnisse von der Tatausführung und den Umständen der heimtückischen Tatbegehung durch B. haben können. Der Anstiftervorsatz des Angeklagten habe somit nicht das tatbezogene Merkmal der Heimtücke umfaßt. Bei diesen Erwägungen verkennt das Landgericht, daß für den Anstifter auch bedingter Vorsatz ausreicht (vgl. BGHSt 44, 99 = NStZ 1998, 616 m. Anm. Roxin). Der Angeklagte mußte daher die tatbezogenen Umstände, die die
in Auftrag gegebene Tötung zum Mord machten, nicht positiv kennen, es genügte vielmehr, daß er sie billigend in Kauf nahm. Bedingten Vorsatz in diesem Sinn hat ein Straftäter aber auch dann, wenn er aus Gleichgültigkeit mit jeder eintretenden Möglichkeit einverstanden ist (vgl. BGHSt 40, 304, 306 f.; BGH, Urt. vom 6. November 2002 - 2 StR 289/02). Das lag hier nahe, denn dem Angeklagten war es "egal", wie die Tat durchgeführt würde. Auch wenn es um die Tötung einer Frau ging, war es höchst unwahrscheinlich, daß die Tötung in einer offenen Konfrontation vollzogen würde. Vielmehr mußte es sich auch dem Angeklagten aufdrängen, daß der Täter in irgendeiner Weise heimtückisch vorgehen werde, wie dies bei einer Auftragstötung in aller Regel geschieht. Da der Anstiftervorsatz die fremde Haupttat nicht in allen Einzelheiten, sondern nur in ihren Hauptmerkmalen erfassen muß, besteht die naheliegende Möglichkeit, daß das Landgericht bei Berücksichtigung des zutreffenden Maßstabs einen bedingten Anstiftervorsatz des Angeklagten auch in bezug auf die heimtückische Tatbegehung bejaht hätte. Dies hätte zur Folge, daß der Angeklagte wegen Anstiftung zum Mord zu verurteilen wäre. 3. Auch die Begründung, mit der das Landgericht bei d em Haupttäter B. das täterbezogene Merkmal der Habgier verneint hat, hält der rechtlichen Prüfung nicht stand, weil sie in sich widersprüchlich und lückenhaft ist. Zunächst stellt das Landgericht fest, B. habe selbst Interesse an dem von Z. für die Tatbegehung in Aussicht gestellten Nebenverdienst gehabt und nach der Ablehnung des Z. nicht locker gelassen in seinem Bemühen, die Nebenverdienstmöglichkeit wahrzunehmen. Deshalb habe er Z. von sich aus nochmals hierauf angesprochen (UA S. 27). Später dagegen nennt das Landgericht als wesentlichen Beweggrund für die Tatbereitschaft des B., er habe Z. zu Hilfe kommen und beweisen wollen, daß auch er etwas zustande bringen könne, um so sein Ansehen bei Z. zu stärken (UA S. 29). Bei der rechtlichen Würdigung der Tat
des B. hält das Landgericht Habgier nicht für gegeben, weil bei B. an der Tatausführung weitere Antriebe mitgewirkt hätten, die der Tat das Gesamtgepräge einer aus Habgier begangenen Tötung nähmen. Habgier liege bei einem Motivbündel nur dann vor, wenn das Gewinnstreben tatbeherrschend und damit bewußtseinsdominant war. Die Vorstellung des erstrebten Gewinns habe B. aber nicht entscheidend beeinflußt. Für ihn sei weniger die Aussicht auf die Belohnung entscheidend gewesen als vielmehr der Umstand, daß er erstmals von Z. um Hilfe gebeten worden sei und daß er Z. einen Gefallen haben tun wollen, um sich seiner Freundschaft zu versichern (UA S. 222). Diese Erwägungen zur Tatmotivation des B. sind nicht miteinander zu vereinbaren, jedenfalls hätte es einer näheren Erläuterung bedurft, warum die Motivation des B. einerseits auf den Nebenverdienst fixiert war, dieser aber dann keine wesentliche Rolle mehr gespielt haben soll. Dies gilt um so mehr, als sich B. in beengten finanziellen Verhältnissen befand (UA S. 8) und die Belohnung alsbald nach der Tat zur Begleichung von Drogenschulden und für persönliche Anschaffungen ausgegeben hat (UA S. 42). 4. Das Landgericht hat des weiteren übersehen, daß die Tat des gesondert verurteilten B. auch dann, wenn die Habgier für ihn nicht bewußtseinsdominant gewesen sein sollte, sonstige niedrige Beweggründe nahelegt, die das Handeln des B. als Mord qualifizieren. Bei der Tat vom 6. Juni 2002 handelt es sich um eine "Auftragstötung", bei der sich Opfer und Täter bis zum Beginn des Tatgeschehens nicht begegnet waren und die dem Zweck diente, eine Verbindung ihres Initiators zum Tatgeschehen zu verschleiern. Wer aber in Kenntnis dieser Umstände den Auftrag zur Tötung einer ihm unbekannten Person annimmt , handelt auf sittlich niedrigster Stufe stehend und verachtenswert, wenn - wie hier - ein "nachvollziehbarer" Grund für die Tat nicht vorliegt. Die Feststellung des Landgerichts, der Haupttäter B. habe das Tatopfer getötet, um dem
von ihm vormals idealisierten Angeklagten zu Gefallen und zu Hilfe zu sein (UA S. 222) kann an diesem niedrigen Beweggrund nichts ändern. Vielmehr ist gerade die Tötung eines Menschen aus "Gefälligkeit" Ausdruck einer besonders verachtenswerten Gesinnung. Auch die Gründe, die der Anstifter Z. dem Täter B. für den Tötungsauftrag genannt hatte (Geldforderungen der Ehefrau und Schwierigkeiten beim Umgangsrecht mit dem Kind) sind nicht geeignet, die Niedrigkeit des Tatmotivs in der Person des Täters auszuräumen. Die Umstände , die die Tat des B. zu einem Mord aus niedrigen Beweggründen machen, waren dem Angeklagten als Initiator der Auftragstötung auch bekannt. Er wußte , daß die die Tat ausführende Person wenn nicht aus Gewinnstreben, dann jedenfalls ohne persönlichen Anlaß und ohne billigenswertes Motiv seine Ehefrau töten würde. Das Landgericht hätte daher das täterbezogene Merkmal der sonstigen niedrigen Beweggründe (vgl. BGHSt 22, 375, 378; 25, 287, 289; 35, 347, 351; BGH StV 1984, 69; Senatsurteil vom 13. Oktober 2004 - 2 StR 206/04) sowohl bei dem Haupttäter B. als auch beim Angeklagten näher prüfen und erörtern müssen und nicht ohne weitere Begründung ausschließen dürfen. Dem steht nicht entgegen, daß das Landgericht den früh eren Mitangeklagten B. in dem gegen ihn ergangenen Urteil wegen Heimtückemordes verurteilt hat und nicht auch Habgier oder sonstige niedrige Beweggründe festgestellt hat. Das gegen B. ergangene Urteil besitzt Rechtskraftwirkungen nur in bezug auf jenen Angeklagten und bindet bei der Beurteilung der von B. verwirklichten Mordmerkmale in bezug auf den Angeklagten H. vorliegen- im den Urteil nicht. Eine Strafrahmenmilderung nach § 28 Abs. 1 StGB kommt bei dem Angeklagten nicht in Betracht, wenn bei ihm ebenfalls ein niedriger Beweggrund vorliegt. Dabei ist es nicht erforderlich, daß die niedrigen Beweggründe beim
Täter und beim Teilnehmer in vollem Umfang übereinstimmen. Es genügt vielmehr , daß die verwirklichten täterbezogenen Mordalternativen gleichartig sind (vgl. BGHSt 23, 39, 40; Jähnke in LK 11. Aufl. § 211 Rdn. 62; Eser in Schönke /Schröder, StGB 26. Aufl. § 211 Rdn. 54; Tröndle/Fischer, StGB 52. Aufl. § 211 Rdn. 43 jeweils m.w.N.). Hier liegt es nahe, daß der Angeklagte ebenfalls aus niedrigen Beweggründen handelte, als er zur Tötung seiner Ehefrau anstiftete. Zur Tatmotivation des Angeklagten hat das Landgericht im Rahmen der Strafzumessung u.a. ausgeführt, die Auffassung des Angeklagten, seine Ehefrau sei zur Erziehung der Tochter N. nicht in der Lage und er müsse Gegenmaßnahmen ergreifen, um das Kind nicht schlechtem Einfluß auszusetzen, entbehre einer tatsächlichen Grundlage und entspringe offensichtlich einem übersteigerten Selbstwertgefühl und langjährigen Animositäten gegenüber seiner Ehefrau. Der Angeklagte habe die Ansicht der gerichtlichen Sachverständigen , daß es dem Kindeswohl eher entspreche, wenn N. bei ihrer Mutter aufwachse, nicht akzeptieren und seine vermeintlich besseren pädagogischen Fähigkeiten mit Gewalt durchsetzen wollen, nachdem er vor dem Familiengericht kein Gehör gefunden habe. Sein Motiv, seine Ehefrau töten zu lassen, um seine eigene Lebensplanung mit seiner Tochter N. unter Negierung elementarster Bedürfnisse anderer durchzusetzen, insbesondere dem 9-jährigen Kind die Mutter zu nehmen, um das Kind für sich allein zu haben, sei als Ausdruck seines Egoismus zu werten (UA S. 239). Daß der Angeklagte möglicherweise glaubte, durch die Tat auch "zum Wohle des Kindes zu handeln", steht der Bewertung des Tatmotivs als niedrig nicht entgegen. Es ist nach den bisherigen Feststellungen schon zweifelhaft, ob es für das Handeln des Angeklagten bestimmend war. Danach drängt es sich auf, daß sowohl der Haupttäter B. als auch der Angeklagte als Anstifter gleichermaßen aus niedrigen Beweggründen gehan-
delt haben. Dies hätte zur Folge, daß der Angeklagte wegen Anstiftung zum Mord hätte schuldig gesprochen werden müssen und eine Strafrahmenverschiebung nach § 28 Abs. 1 StGB ausgeschlossen wäre. 5. Soweit das täterbezogene Merkmal der Habgier in Be tracht kommt, ist das Landgericht bei der rechtlichen Würdigung der Tat des gesondert verfolgten Haupttäters B. zwar zu dem Ergebnis gelangt, daß bei ihm Habgier als bewußtseinsdominantes Mordmerkmal nicht vorlag (UA S. 222 f.). Fehlt das täterbezogene Merkmal jedoch beim Täter und wird es lediglich vom Anstifter verwirklicht, scheidet nach den dargelegten Grundsätzen (vgl. oben II 1) eine Verurteilung wegen Anstiftung zum Mord aus. Der Angeklagte wäre dann "lediglich" der Anstiftung zum Totschlag schuldig. Das Landgericht hat aber übersehen, daß der Angeklagte zu der ausgeurteilten Anstiftung zum Totschlag tateinheitlich auch eine versuchte Anstiftung zum Mord (§§ 30, 211 StGB) begangen hätte, weil er sich - wovon auch das Landgericht ausgeht (UA S. 236) - vorstellte, daß die von ihm veranlaßte Auftragstötung allein wegen der ausgelobten Belohnung und somit aus Habgier begangen werde. Die tateinheitliche Verwirklichung dieses zweiten Straftatbestands hätte im Schuldspruch ihren Niederschlag finden müssen und sich auch bei der Strafzumessung zum Nachteil des Angeklagten auswirken können.

III.

Die Sache bedarf neuer Verhandlung und Entscheidung, weil von einem Tatrichter nochmals geprüft werden muß, ob und welche Mordmerkmale dem Angeklagten als Anstifter zuzurechnen sind. Rissing-van Saan Detter Bode
Rothfuß Roggenbuck

(1) Wer einen anderen zu bestimmen versucht, ein Verbrechen zu begehen oder zu ihm anzustiften, wird nach den Vorschriften über den Versuch des Verbrechens bestraft. Jedoch ist die Strafe nach § 49 Abs. 1 zu mildern. § 23 Abs. 3 gilt entsprechend.

(2) Ebenso wird bestraft, wer sich bereit erklärt, wer das Erbieten eines anderen annimmt oder wer mit einem anderen verabredet, ein Verbrechen zu begehen oder zu ihm anzustiften.

Nachschlagewerk: ja
BGHSt : nein
Veröffentlichung : ja
Internetchat und Verbrechensverabredung.
BGH, Beschluss vom 16. März 2011 – 5 StR 581/10
LG Kiel –

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
vom 16. März 2011
in der Strafsache
gegen
wegen Verabredung eines Mordes u.a.
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 16. März 2011

beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Kiel vom 6. September 2010 nach § 349 Abs. 4 StPO
a) dahingehend abgeändert, dass der Angeklagte im Fall II.14 der Urteilsgründe wegen Verbreitung kinderpornografischer Schriften, im Fall II.15 wegen Besitzes kinderpornografischer Schriften und im Fall II.13 wegen Herstellens pornografischer Schriften verurteilt ist;
b) in den Einzelstrafaussprüchen in den Fällen II.13 bis 15 der Urteilsgründe, im Gesamtstrafausspruch und im Maßregelausspruch aufgehoben; letzterer entfällt.
2. Die weitergehende Revision wird gemäß § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen. Der Schuldspruch wird in den Fällen II.4 bis 12 und 16 bis 25 der Urteilsgründe dahin klargestellt, dass der Angeklagte insoweit wegen Verbreitung kinderpornografischer Schriften in 13 Fällen (II.6 bis 8, 11 und 12 sowie 16 bis 23) und wegen Erwerbs kinderpornografischer Schriften in sechs Fällen (II.4, 5, 9, 10, 24, 25), davon in drei Fällen in Tateinheit mit deren Verbreitung (II.5, 10, 25), verurteilt ist.
3. Zur abschließenden Strafzumessung wird die Sache im Umfang der Aufhebung zu neuer Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine allgemeine Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
G r ü n d e
1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Verabredung eines Mordes (tateinheitlich eines Missbrauchs eines Kindes mit Todesfolge und einer Vergewaltigung mit Todesfolge) in Tateinheit mit Besitz und mit Verbreitung kinderpornografischer Schriften (Fall II.14), wegen Sichbereiterklärens zu einer besonders schweren Vergewaltigung sowie tateinheitlich einem besonders schweren sexuellen Missbrauch eines Kindes (Fall II.15), wegen Verabredung eines schweren sexuellen Missbrauchs eines Kindes (Fall II.2), wegen gefährlicher Körperverletzung (Fall II.1), wegen schweren sexuellen Missbrauchs eines Kindes (Fall II.13), wegen Besitzes kinderpornografischer Schriften (Fall II.3) und wegen 19 Fällen verschiedener Varianten von Vergehen nach § 184b StGB zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von elf Jahren verurteilt und hat die Unterbringung des Angeklagten in der Sicherungsverwahrung angeordnet.
2
Die Revision des Angeklagten erzielt auf die nicht ausgeführte Sachrüge den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg. Im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
3
1. Der Gegenstand der Schuldsprüche gegen den im Juni 2002 wegen Verbreitung pornografischer Schriften zu einer zur Bewährung ausgesetzten Freiheitsstrafe verurteilten, mit einer Geldauflage und Therapieweisung belegten Angeklagten, einen früheren Betriebsleiter, umfasst überwiegend Straftaten, die er im Rahmen einer Internetplattform für „pädophil orientierte Menschen“ namens „Zauberwald“ begangen hat (unten 2 und 3). Lediglich vier Fälle betreffen ganz oder zum Teil außerhalb solcher Internetaktivitäten vorgenommene Handlungen und Erklärungen.
4
a) Hierbei handelt es sich um eine gefährliche Körperverletzung zum Nachteil seines knapp drei Jahre alten Sohnes durch Verabreichung einer lokal betäubenden Creme und einer aufgelösten Schlaftablette (Fall II.1 der Urteilsgründe; Freiheitsstrafe vier Monate), den Besitz zahlreicher kinderpornografischer Schriften bis zum Zeitpunkt der Sicherstellung seines Rechners am 29. September 2009 (Fall II.3 der Urteilsgründe; Freiheitsstrafe ein Jahr und vier Monate) und den als Verabredung eines Verbrechens des schweren sexuellen Missbrauchs eines Kindes abgeurteilten, mit dem Zeugen B. auch telefonisch abgesprochenen Plan, vom 25. bis 27. Juli 2008 im Harz mit ihren Söhnen eine vom Angeklagten angemietete Ferienwohnung zu beziehen, in der es zu einem „Boytausch“ kommen sollte und der Angeklagte bei dem kindlichen Sohn des Zeugen B. den Analverkehr vollziehen wollte (Fall II.2 der Urteilsgründe; Freiheitsstrafe zwei Jahre und neun Monate). Die insoweit getroffenen Schuld- und Strafaussprüche sind sachlichrechtlich beanstandungsfrei.
5
b) Soweit das Landgericht den Angeklagten wegen dreier am 12. August 2009 in der Absicht der Verbreitung angefertigter Bilder wegen schweren sexuellen Missbrauchs eines Kindes gemäß § 176a Abs. 3 i.V.m. § 176 Abs. 4 Nr. 2 StGB (Fall II.13 der Urteilsgründe; Freiheitsstrafe zwei Jahre und vier Monate) verurteilt hat, rechtfertigt der festgestellte Sachverhalt lediglich eine Bestrafung wegen des Herstellens pornografischer Schriften nach § 184 Abs. 1 Nr. 8 StGB. Auf den Fotos ist der Sohn des Angeklagten abgebildet, der eine Salatgurke wie beim Oralverkehr mit den Lippen fest umschließt.
6
(1) Es ermangelt der Vornahme einer sexuellen Handlung (§ 184g Nr. 1 StGB) durch ein Kind. Zwar hat der Gesetzgeber durch das Änderungsgesetz vom 31. Oktober 2008 (BGBl. I S. 2149) auch das sexuell aufreizende Posieren von Kindern als eine solche Handlung erfasst (BT-Drucks. 16/9646 S. 2, 35 f.). Hierzu zählen jedenfalls Vorgänge, die gemessen an ihrem äußeren Erscheinungsbild einen eindeutigen Sexualbezug aufweisen (vgl. schon BGH, Urteil vom 20. Dezember 2007 – 4 StR 459/07, BGHR StGB § 184f sexuelle Handlung 2). Für das Posieren in obszönen Stellungen ist indes die Sicht auf sexualbezogene Körpermerkmale des Kindes erforderlich (vgl. Laufhütte/Roggenbuck in LK, 12. Aufl., § 184b Rn. 3). Solches ist bei dem vollständig bekleideten Sohn des Angeklagten nicht gegeben. Es wurde lediglich dessen Mund in eine Beziehung zu einem Gegenstand gebracht , der allein in der Fantasie eines späteren Betrachters als Darstellung des erigierten Gliedes eines Mannes begriffen werden konnte und sollte. Damit ist die Grenze zur Strafbarkeit nach § 176 StGB unter Berücksichtigung seines Schutzgedankens und der erheblichen Höhe der dort angedrohten Strafe noch nicht überschritten. Es ist nicht ersichtlich, dass die Handlung als solche oder die Umstände ihrer Vornahme geeignet gewesen wären, die geschützten Rechtsgüter des Kindes zu beeinträchtigen. Dies gilt auch dann, wenn als geschütztes Rechtsgut des § 176 StGB nicht allein die ungestörte sexuelle Entwicklung des Kindes angesehen wird (vgl. BGH, Urteile vom 24. September 1991 – 5 StR 364/91, BGHSt 38, 68, 69 und vom 16. Juni 1999 – 2 StR 28/99, BGHSt 45, 131, 132), sondern auch sein Recht auf Achtung seiner Intimsphäre (vgl. Hörnle in LK, 12. Aufl., § 176 Rn. 3). Die dargestellte Handlung überschreitet unter beiden Gesichtspunkten nicht die Erheblichkeitsschwelle des § 184g Nr. 1 StGB, die bezogen auf das konkrete Rechtsgut festzustellen ist.
7
(2) Ein Sexualbezug der Abbildungen ist nach der rechtsfehlerfreien Bewertung des Landgerichts durch die vom Angeklagten eingestandene Verbreitungsabsicht und dessen sachverständig festgestellte insbesondere pädophile Disposition (UA S. 151 f.) belegt. Mit den Bildern sollten die ausschließlich einschlägig interessierten Benutzer der genannten Internetplattform auf einen Oralverkehr eines Knaben an Männern angesprochen und bei ihnen ein Bedürfnis nach solchen Handlungen hervorgerufen oder verstärkt werden. Das verleiht den Fotos die Qualität pornografischer Schriften im Sinne des § 184 Abs. 1 StGB (vgl. Laufhütte/Roggenbuck, aaO, § 184 Rn. 5 bis 8), die der Angeklagte gemäß § 184 Abs. 1 Nr. 8 i.V.m. Abs. 1 Nr. 6 StGB hergestellt hat. Der Senat stellt insoweit den Schuldspruch in entsprechender Anwendung des § 354 Abs. 1 StPO um. Er schließt aus, dass sich der Angeklagte nach einem entsprechenden gerichtlichen Hinweis wirksamer als bis- her hätte verteidigen können. Das neu berufene Tatgericht wird insoweit eine neue, notwendigerweise beträchtlich mildere Strafe festzusetzen haben.
8
2. Hinsichtlich der Fälle II.4 bis 12 und 16 bis 25 der Urteilsgründe, in denen das Landgericht die Erlangung und Weiterleitung kinderpornografischer Dateien im Rahmen von Chatkontakten des Angeklagten mit unbekannt gebliebenen Partnern ausgeurteilt und Freiheitsstrafen jeweils zwischen vier und acht Monaten festgesetzt hat, war lediglich die Tenorierung klarzustellen. Hinsichtlich der Fälle II.4 und 5 der Urteilsgründe billigt der Senat die vom Landgericht gefundene, mit den Entscheidungen der Oberlandesgerichte Schleswig (NStZ-RR 2007, 41, 42) und Hamburg (NJW 2010, 1893, 1895) übereinstimmende Rechtsauffassung (vgl. dazu Laufhütte /Roggenbuck, aaO, § 184b Rn. 10 mN).
9
3. Die beiden schwersten Schuldsprüche der Verabredung eines Mordes (Fall II.14 der Urteilsgründe) und des Sichbereiterklärens zu einer besonders schweren Vergewaltigung (Fall II.15 der Urteilsgründe) halten der sachlichrechtlichen Prüfung nicht stand.
10
a) Fall II.14 der Urteilsgründe (Verabredung zum Mord u.a.; Freiheitsstrafe neun Jahre):
11
aa) Der Angeklagte befand sich unter der anonymen Bezeichnung „No Limit“ an einem nicht näher feststellbaren Tag im Sommer 2009 zwischen 12.50 Uhr und 19.59 Uhr auf der genannten Internetplattform in einem auf seiner Festplatte in einer Textdatei gespeichert gebliebenen Chatgespräch mit einem nicht identifizierten und für den Angeklagten nicht identifizierbaren, in den Niederlanden ansässigen Mann, der im Chat als „kees“ auftrat und den der Angeklagte aus einem früheren Chatkontakt kannte. In dem Gespräch tauschten die Partner Gedanken über Pläne zu Kindesmissbrauch mit extremen sexuellen und sadistischen Begleitumständen aus:
12
Beide erwogen, um einen geeigneten kindlichen Sexualpartner zu finden , ein Kind von der Straße zu nehmen; man müsse letztlich ein Kind finden , das allein an einsamer Stelle auf dem Schulweg sei. Im Hinblick auf noch unverplante Resturlaube konstatierten der Angeklagte und „kees“, dass man die Pläne wohl Ende September in die Tat umsetzen könne. Nach dem Austausch dreier kinderpornografischer Abbildungen konkretisierten sie ihr Vorhaben. Der Niederländer favorisierte, den zu entführenden Jungen an den Hoden aufzuhängen; der Junge sollte dann in seiner Qual seine Hoden selbst abschneiden. Der Angeklagte wollte den Jungen würgen, während er ihn „ficke“. Beide vergewisserten sich gegenseitig, dass sie es ernst meinten und dass „idealerweise“ ein acht Jahre alter Junge aus einer ländlichen Gegend des nördlichen Mecklenburg-Vorpommern entführt und über einige Stunden gequält werden sollte. Der Tod des Jungen sollte durch „kees“ herbeigeführt werden, indem er seinen Penis dem Kind so tief in den Mund stecken würde, dass es – während der Angeklagte den Analverkehr ausübe – daran ersticken würde. Der Leichnam könnte dann im Meer versenkt werden.
13
Zur Ausführung des Vorhabens erwogen der Angeklagte und „kees“, in den Niederlanden ein Fahrzeug zu mieten, dieses in Deutschland mit gestohlenen Kennzeichen zu versehen und ein Ferienhaus an der Nordsee zu mieten. Der Angeklagte übermittelte „kees“ das Internetangebot eines Ferienhauses in Neßmersiel. Er hielt es für sinnvoll, dass er das Ferienhaus vorab buche. Als konkrete Tatzeit wurde – im Hinblick auf die in Mecklenburg -Vorpommern am 30. Oktober 2009 endenden Schulferien – der November 2009 in Aussicht genommen. Ein verabredetes weiteres Chatgespräch fand nicht mehr statt.
14
bb) Das Schwurgericht hat die Einlassung des Angeklagten, seine Chatgespräche seien reine Fiktion gewesen, beweiswürdigend durch die große Anzahl der Realitätskennzeichen und durch den Umstand als widerlegt angesehen, dass der Angeklagte diverse Grundschulen in MecklenburgVorpommern im Internet daraufhin untersucht habe, wie weit sie von örtli- chen Polizeirevieren entfernt seien. Zudem habe der Angeklagte im eingestandenen Fall II.2 der Urteilsgründe nicht in Frage gestellt, dass nach der Präsentation des Bauernhofes im Harz als Tatort das dort verabredete Treffen tatsächlich stattfinden sollte.
15
cc) Die Feststellungen tragen die Annahme des Schwurgerichts nicht, der Angeklagte habe sich mit dem unbekannt gebliebenen Chatpartner „kees“ zu einem Verbrechen (u.a. des Mordes) gemäß § 30 Abs. 2 Variante 3 i.V.m. § 211 StGB verabredet.
16
(1) Eine Strafbarkeit setzt die vom ernstlichen Willen getragene Einigung von mindestens zwei Personen voraus, an der Verwirklichung eines bestimmten Verbrechens mittäterschaftlich mitzuwirken (BGH, Urteile vom 4. Februar 2009 – 2 StR 165/08, BGHSt 53, 174, 176 mN, und vom 13. November 2008 – 3 StR 403/08, NStZ 2009, 497). Der Gesetzeswortlaut lässt offen, in welchem Umfang ein Verabredender die Identität seines präsumtiven Mittäters kennen muss. Dies schließt die Annahme einer Verabredung zwischen Personen, die sich lediglich über einen Tarnnamen in einem Internetchatforum kennen, nicht aus. Allerdings hat sich die bisherige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, soweit ersichtlich, ausschließlich mit Fällen von den präsumtiven Mittätern bekannten Identitäten der jeweils anderen befasst (vgl. Roxin, JA 1979, 169; 171 f.; Schünemann in LK, 12. Aufl. § 30 Rn. 60 und 62; BGH, Urteile vom 28. Juni 2007 – 3 StR 140/07, BGHR StGB § 30 Abs. 2 Verabredung 7, vom 13. November 2008 – 3 StR 403/08, NStZ 2009, 497 und vom 4. Februar 2009 – 2 StR 165/08, BGHSt 53, 174).
17
Die Strafwürdigkeit der Verbrechensverabredung erklärt sich aus der Willensbindung der Beteiligten (Roxin, Strafrecht AT II [2003], S. 303 Rn. 43), durch die bereits vor Eintritt in das Versuchsstadium eine Gefahr für das durch die vorgestellte Tat bedrohte Rechtsgut entsteht (vgl. Fischer, StGB, 58. Aufl., § 30 Rn. 2). Der von einer solchen quasi-vertraglichen Verpflichtung ausgehende Motivationsdruck sorgt oft dafür, dass es von einer binden- den Verabredung für einen Beteiligten kaum noch ein Zurück gibt, so dass bei Angriffen auf die wertvollsten und schutzbedürftigsten Rechtsgüter schon der Abschluss der Deliktsvereinbarung durch eine Strafdrohung verhindert werden muss (Schünemann in LK, 12. Aufl., § 30 Rn. 11). Eine solche auf die Begehung des intendierten Verbrechens bezogene bindende Verabredung erfordert, dass jeder an ihr Beteiligte in der Lage sein muss, bei dem jeweils anderen präsumtiven Mittäter die von jenem zugesagten verbrecherischen Handlungen (vgl. Schröder, JuS 1967, 289, 291) auch einfordern zu können. Dies kann auch zwischen Personen geschehen, die lediglich unter Verwendung eines Tarnnamens kommunizieren. Solches wird sogar in etlichen Fallkonstellationen, in denen es gilt, hierdurch eine Entdeckung zu vermeiden, für die sich Verabredenden sinnvoll sein und nötigt nicht dazu, dass – etwa bei unbekannt bleiben wollenden Angehörigen verbrecherischer Organisationen – Zweifel an der Ernsthaftigkeit der Verabredung überwunden werden müssten. Gleiches wird naheliegend anzunehmen sein, wenn anonym getroffene Absprachen durch weitere Vorbereitungshandlungen oder deren Verabredung bestätigt worden sind. In Fällen, in denen die verabredete Tat – wie vorliegend – die gleichzeitige Präsenz der Mittäter bei Tatbegehung voraussetzt, ist eine verbleibende völlige Anonymität freilich ausgeschlossen. Deren spätere Auflösung muss Teil des konkreten Tatplans sein. Schon hierfür fehlt es an vollständigen Feststellungen.
18
(2) Insbesondere ist das Landgericht bei der von ihm zu beurteilenden Fallkonstellation, in der es darum geht, Verbrechensfantasie von wirklichem verbrecherischen Willen und dessen Umsetzung abzugrenzen, dem Gebot der erschöpfenden Beweiswürdigung nicht umfassend gerecht geworden (vgl. BGH, Urteil vom 16. November 2006 – 3 StR 139/06, NJW 2007, 384, 387, insoweit in BGHSt 51, 144 nicht abgedruckt; Brause, NStZ 2007, 505, 506). Seine Erwägungen vermögen deshalb nicht mehr als einen Verdacht der Verabredung zu einem Mord zu begründen (vgl. auch BGH, Beschluss vom 12. Dezember 2001 – 5 StR 520/01, StV 2002, 235). Die Schwurgerichtskammer hat in ihren beweiswürdigenden Erwägungen mehrere die Ab- sprache zwischen dem Angeklagten und „kees“ betreffenden Umstände, die gegen deren Ernstlichkeit als Verbrechensverabredung zu erwägen gewesen wären, nicht erkennbar bedacht.
19
Die Absprache wurde in lediglich einem Chatgespräch getroffen zwischen Partnern, die sich nicht persönlich kannten und deren Identität nicht ohne Mitwirkung des anderen zu ermitteln war. Über einen direkten kommunikativen Zugang zu „kees“ verfügte der Angeklagte nicht. Die abgesprochene Fortsetzung der Kommunikation unterblieb genauso wie die vom Angeklagten zugesagte Buchung des Ferienhauses (UA S. 56). Das Landgericht hat sich auch nicht mit dem zentralen Einwand des Angeklagten auseinandergesetzt , er habe sich seinen Chatpartnern immer wieder durch das Wechseln seines Nicknamens entzogen, bevor es richtig konkret hätte werden können (UA S. 79). Es hat zudem in seiner Beweiswürdigung zur Bestimmung des Tatzeitraums des Falles II.15 der Urteilsgründe den Charakter der vom Angeklagten im Sommer 2009 geführten Chatgespräche als eskalierende Fantasien (UA S. 130) – in Abgrenzung zu denen im eingestandenen Fall II.2 der Urteilsgründe – bezeichnet, ohne auf diese Gegensätzlichkeit für die hier zur nämlichen Zeit stattgefundene Tathandlung zurückzukommen.
20
Der vom Landgericht herangezogene Umstand, der Angeklagte habe im eingestandenen Fall der Verabredung eines schweren sexuellen Missbrauchs eines Kindes (Fall II.2 der Urteilsgründe) – indes dort ohne den Ausdruck ausufernd perversen sexuellen Geschehens – die Ernstlichkeit der Mitteilung des präsumtiven Tatorts nicht in Frage gestellt, ist kein den Angeklagten selbständig belastendes Indiz, weil dieser in jenem anders gelagerten Fall sogar weitergehend die Anmietung der Ferienwohnung im Harz eingestanden hatte.
21
Schließlich stößt der von der Schwurgerichtskammer als tragend herangezogene Umstand des Detailreichtums in der hier zu beurteilenden Fallkonstellation der gebotenen Abgrenzung bloßer Verbrechensfantasie von verbrecherischem Willen auf durchgreifende Bedenken. Ähnlich wie in Fällen , in denen Angaben von Mittätern zu ihren Tatgenossen durch die Wiedergabe selbst erlebter Tatdetails nicht wesentlich gestützt werden (BGH, Beschlüsse vom 26. April 2006 – 1 StR 90/06, StV 2006, 683, und vom 16. Juli 2009 – 5 StR 84/09 mN), eignen sich detaillierte Angaben eines Fantasiebegabten über ein Verbrechen nicht unbedingt zur Entscheidung der Frage, ob sie noch Fiktion oder bereits Ausdruck verbrecherischen Willens sind. Das gilt jedenfalls in Fällen der vorliegenden Art, nämlich des Austauschs perverser, den eigenen Sexualtrieb und den des Kommunikationspartners aufstachelnder und befriedigender sexualbezogener Fantasien. Für die Bewertung, ob sich die Ausführungen des Angeklagten noch im Bereich solcher Fantasien bewegen, hätte der Umstand nicht unberücksichtigt bleiben dürfen, dass der Angeklagte bislang gegenüber Kindern nicht sexuell übergriffig geworden ist.
22
(3) Der Senat sieht davon ab, den Sachverhalt neu als Verbrechensverabredung aufklären zu lassen. Hierfür erforderliche zusätzliche selbstbelastende Bekundungen des Angeklagten erscheinen ausgeschlossen. Auch unter anderen Tatbestandsvarianten des § 30 StGB wird sich eine Strafbarkeit nicht begründen lassen. Die hier soeben dargelegten Defizite in der Beweiswürdigung legen es nahe, dass ein neu berufenes Tatgericht auch zu keiner Verurteilung nach § 30 Abs. 1 Satz 1 StGB wegen strafbarer versuchter Anstiftung (vgl. Roxin, JA 1979, 169, 170) oder wegen Sichbereiterklärens im Sinne des § 30 Abs. 2 StGB (vgl. BGH, Urteil vom 4. Februar 2009 – 2 StR 165/08, BGHSt 53, 174, 177; BGH, Beschluss vom 11. August 1999 – 5 StR 217/99, BGHR StGB § 30 Abs. 2 Verabredung 5; Fischer, aaO, § 30 Rn. 10) kommen wird.
23
Ausschlaggebend für eine zu unterlassende Zurückverweisung ist indes jedenfalls, dass die Annahme einer Straflosigkeit nach § 31 Abs. 1 Nr. 2 StGB unumgänglich sein wird.
24
Der Angeklagte muss, um nach dieser Vorschrift Straflosigkeit zu erlangen , sein Vorhaben lediglich aufgegeben haben. Insoweit verlangt das Gesetz weniger als die bis Ende 1974 geltende Vorgängerregelung des § 49a Abs. 3 Nr. 3 StGB, wonach ein Widerruf der Erklärung geboten war, durch die der Täter sich zu einem Verbrechen bereit erklärt hatte. Die Aufgabe des Vorhabens ist vom Tatgericht – wie andere innere Tatsachen – beweiswürdigend aus den gesamten Umständen festzustellen. Das Erfordernis einer Erkennbarkeit nach außen ist – entgegen der im Gesetzgebungsverfahren geäußerten Vorstellung (BT-Drucks. IV/650, 155) – dem Gesetzeswortlaut nicht zu entnehmen (Roxin, aaO, S. 324 Rn. 98 bis 100; im Ergebnis ebenso die weit überwiegende Meinung in der Literatur: vgl. nur Schünemann , aaO, § 31 Rn. 16 f.; Heine in Schönke/Schröder, StGB, 28. Aufl., § 31 Rn. 8; Hoyer in SK-StGB, 7. Aufl., § 31 Rn. 14 f.; Fischer, aaO, § 31 Rn. 4; Joecks in MK-StGB, § 31 Rn. 18; aA Lackner/Kühl, StGB, 27. Aufl., § 31 Rn. 4 mN weiterer gegenteiliger Auffassungen). Die Aufgabe eines Entschlusses und deren äußere Erkennbarkeit sind ebenso zweierlei wie das Fassen eines Tatentschlusses und dessen Hervortreten nach außen (Roxin, aaO, Rn. 100). Es spricht gegen eine freiwillige Aufgabe des Vorhabens, wenn ein Beschuldigter bei Tatvorbereitungen entdeckt wird oder scheitert, während der Abbruch Erfolg versprechender Vorbereitungen oder ein Untätigbleiben , wo nach der Bereiterklärung wenigstens vorbereitende Aktivitäten zu erwarten gewesen wären, auf einen freiwilligen Rücktritt deuten (Roxin, aaO). Nur Letzteres ist nach den getroffenen Feststellungen anzunehmen. Der Angeklagte ist entgegen der Verabredung in keinen Chatverkehr mehr mit „kees“ eingetreten und hat es entgegen der Ankündigung unterlassen, das Ferienhaus für die in Aussicht genommene Tatzeit zu buchen.
25
Der Tatvorwurf der Verbrechensverabredung hat demnach im Fall II.14 der Urteilsgründe zu entfallen. Das neu berufene Tatgericht wird lediglich noch eine Strafe hinsichtlich der tateinheitlich ausgeurteilten Vergehen gemäß § 184b Abs. 2 und 4 Satz 1 („Erwerb“ verdrängt „Besitz“ nach Satz 2) StGB festzusetzen haben.
26
b) Fall II.15 der Urteilsgründe (Verabredung zur besonders schweren Vergewaltigung u.a.; Freiheitsstrafe vier Jahre):
27
aa) Der Angeklagte befand sich in einer nicht näher bestimmbaren Nacht des Jahres 2009 zwischen 23.25 Uhr und 4.37 Uhr mit einem Mann im Chatkontakt, der die anonyme Bezeichnung „Big Buddy“ führte. Beide sprachen darüber, den fünf Jahre alten Sohn des „Big Buddy“ gemeinsam und gleichzeitig oral und anal an einem Wochenende während der Herbstferien in einer „Seedatsche“ zu missbrauchen und ihm sexuell motivierte Schmerzen zuzufügen. Der Angeklagte äußerte den Wunsch, „das Tatopfer beim ‚Ficken’ in den Magen zu boxen und ihm Stecknadeln unter die Fußnägel zu stecken“. Auf die Ermahnung des Chatpartners, dass der Angeklagte ja die Grenzen kenne, konzedierte dieser, „dass der Junge das Ganze schon überleben werde, dass ‚der Arsch’ aber wund sein und der Junge auch Griffmarken aufweisen werde“. Der Angeklagte erklärte zum Abschluss des Kontakts, dass „Big Buddy“ ihm im Fall der Verwirklichung des Vorhabens „einen Lebenstraum erfüllen“ würde.
28
bb) Das Landgericht hat sich beweiswürdigend davon überzeugt, dass der Angeklagte zur Begehung des genügend konkretisierten Vergewaltigungs - und Missbrauchsverbrechens fest entschlossen war. Es vermochte sich aber nicht davon zu überzeugen, dass auch der Chatpartner des Angeklagten fest vorhatte, sich an dem Verbrechen zum Nachteil seines Sohnes als Mittäter zu beteiligen. Die Schwurgerichtskammer hat deshalb die Annahme einer Verbrechensverabredung abgelehnt und den Angeklagten wegen eines Sichbereiterklärens im Sinne des § 30 Abs. 2 StGB schuldig gesprochen.
29
cc) Die vom Landgericht hierfür vorgenommene Prüfung des Vorsatzes des Angeklagten ist lückenhaft.
30
(1) Das Landgericht hat zwar plausible und nachvollziehbare Erwägungen angestellt, die belegen, dass der vom Angeklagten erstrebte Analverkehr einem in der Realität zu verwirklichenden Wunsch des Angeklagten entspringt.
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Der Schuldspruch hat aber jedenfalls deshalb keinen Bestand, weil das Landgericht auch hier keine tragfähige Begründung für den Ausschluss eines strafbefreienden Rücktritts (§ 31 StGB) gefunden hat. Es würde einem neu berufenen Tatgericht nach Prüfung der Voraussetzungen des § 31 Abs. 1 Nr. 2 StGB nicht mehr möglich sein, zu einem Schuldspruch wegen des Sichbereiterklärens zu einer besonders schweren Vergewaltigung zu kommen. Insoweit wird auf die obigen Erwägungen zu II.14 der Urteilsgründe (oben Tz. 22) verwiesen und darauf, dass in der bisherigen Beweiswürdigung (UA S. 130) die zentralen Einwände des Angeklagten unberücksichtigt geblieben sind. Diese könnten nicht anders als ein Aufgeben des Vorhabens bewertet werden.
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(2) Die Frage, ob es für die vom Tatgericht angenommene Strafbarkeit angesichts der vollständigen Anonymität zwischen den Chatpersonen auch an ausreichenden Feststellungen dafür fehlte, dass der Angeklagte im Rahmen des Chatkontaktes die Annahme des Anerbietens tatsächlich schon ernstlich erstrebt hat (vgl. Fischer, aaO, § 30 Rn. 10), bedarf danach keiner Vertiefung.
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(3) Der Senat sieht auch in diesem Fall davon ab, die Sache neu aufklären und bewerten zu lassen. Weitere selbstbelastende Bekundungen des Angeklagten erscheinen auch insoweit genauso ausgeschlossen wie die Erlangung zusätzlicher belastender Indizien. Der vom Angeklagten willentlich als Textdatei auf seinem Computer gespeicherte Chatverkehr mit „Big Buddy“ unterfälllt ohne Weiteres der Strafbarkeit nach § 184b Abs. 4 Satz 2 StGB. Der Senat stellt den Schuldspruch dementsprechend um. Die Vor- schrift des § 265 Abs. 1 StPO steht dem nicht entgegen, weil der insoweit geständige Angeklagte sich nicht anders hätte verteidigen können.
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4. Der Wegfall von drei der vier höchsten Einzelstrafen nötigt zur Aufhebung der erkannten Gesamtfreiheitsstrafe und des maßgeblich auf den zugehörigen Verurteilungen beruhenden Maßregelausspruchs. Dieser hat zu entfallen. Eine Festsetzung von Strafen, die die Voraussetzungen des § 66 Abs. 2 StGB erfüllen könnten, ist nach den Schuldspruchänderungen und den bei der Bemessung der neuen Strafen zu beachtenden Maßstäben sicher auszuschließen. Die Festsetzung der Strafen in den Fällen II.13 bis 15 und der Gesamtfreiheitsstrafe wird auf der Grundlage der bisher getroffenen Feststellungen vorzunehmen sein. Diese können freilich um solche ergänzt werden, die den bisher getroffenen Feststellungen nicht widersprechen.
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5. Nachdem ein die Zuständigkeit des Schwurgerichts nach § 74 Abs. 2 GVG begründendes Verbrechen nicht mehr Verfahrensgegenstand ist, wird sich eine allgemeine Strafkammer des Landgerichts mit der Sache zu befassen haben (vgl. BGH, Urteil vom 7. September 1994 – 2 StR 264/94, NJW 1994, 3304, 3305, insoweit nicht in BGHSt 40, 251 abgedruckt).
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4. Der Senat hebt auch die rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen auf. Denn der freigesprochene Angeklagte konnte diese nicht mit einem Rechtsmittel angreifen.