Bundesgerichtshof Urteil, 18. Jan. 2012 - I ZR 17/11
vorgehend
Bundesgerichtshof
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Die in Japan ansässige Klägerin stellt Motorräder her. Sie ist Inhaberin der nachfolgend wiedergegebenen Gemeinschaftsbildmarke Nr. 3310034 (Klagemarke 1), die am 3. November 2003 unter anderem für Fahrzeuge (Klasse 12) eingetragen worden ist. Weiterhin ist sie Inhaberin der in roter Schrift gehaltenen, im Übrigen identischen Gemeinschaftsbildmarke Nr. 2181519, die am 30. September 2002 ebenfalls für Fahrzeuge (Klasse 12) eingetragen worden ist (Klagemarke 2). Die Klägerin verwendet die Marken zur Kennzeichnung der von ihr hergestellten „HONDA“-Motorräder.
- 2
- Die Beklagte handelt mit Motorrädern. Im Januar 2007 lieferte sie zwei „HONDA“-Motorräder nach Spanien, die sie zuvor von Händlern aus Singapur und Hongkong erworben hatte. Ferner bot sie im Februar 2008 in ihrem Ladengeschäft ein Motorrad mit der Bezeichnung „Honda CBR 600 RR“ zum Kauf an, das sie ebenfalls aus Singapur importiert hatte. Die Klägerin sieht darin eine Verletzung ihrer Markenrechte und mahnte die Beklagte im März 2008 erfolglos ab.
- 3
- Die Klägerin hat - soweit für das Revisionsverfahren von Bedeutung - beantragt, die Beklagte unter Androhung näher bezeichneter Ordnungsmittel zu verurteilen , es zu unterlassen, Motorräder der Marke Honda, die ohne Zustimmung der Klägerin erstmals auf dem Gebiet der Europäischen Union bzw. des Europäischen Wirtschaftsraums in Verkehr gebracht worden sind, anzubieten, zu bewerben , zu vertreiben oder in sonstiger Weise in Verkehr zu bringen und/oder solche Produkte erstmals ohne Zustimmung der Klägerin in die Europäische Union bzw. den Europäischen Wirtschaftsraum einzuführen.
- 4
- Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Sie hat sich auf Erschöpfung der Markenrechte berufen und Verwirkung des Unterlassungsanspruchs eingewendet, weil sie seit 25 Jahren „HONDA“-Motorräder aus den USA, Singapur und Hongkong importiere, was der Klägerin nicht verborgen geblieben sei.
- 5
- Das Landgericht hat die Beklagte antragsgemäß verurteilt. Die Berufung der Beklagten ist ohne Erfolg geblieben. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt, begehrt die Beklagte weiterhin die Abweisung der Klage.
Entscheidungsgründe:
- 6
- I. Das Berufungsgericht hat angenommen, der Klägerin stehe ein Unterlassungsanspruch aus Art. 9 Abs. 1 Buchst. a GMV zu. Zur Begründung hat es ausgeführt:
- 7
- Die Beklagte habe die Rechte der Klägerin aus der Klagemarke 1 verletzt , indem sie gekennzeichnete Markenware in den Europäischen Wirtschaftsraum eingeführt sowie zum Kauf angeboten und weiterverkauft habe. Die Markenrechte seien nicht nach Art. 13 Abs. 1 GMV erschöpft, da die Klägerin die in Rede stehenden Motorräder im Europäischen Wirtschaftsraum weder selbst in Verkehr gebracht noch ihre Zustimmung hierzu erteilt habe. Eine Zustimmung ergebe sich weder daraus, dass die Klägerin dem Modell „Honda CBR 600 RR“ sogenannte Homologationsunterlagen und eine deutschsprachige Bedienungsanleitung beigefügt habe, noch daraus, dass die Beklagte im Rahmen von Rückrufaktionen für Motorräder außereuropäischer Herkunft von der Honda Motor Europe (North) GmbH angeschrieben worden sei; auch ein Zuwarten der Klägerin vor Inanspruchnahme der Beklagten stehe der Klage nicht entgegen.
- 8
- Der Unterlassungsanspruch sei nicht nach § 242 BGB verwirkt. Ob die Grundsätze von Treu und Glauben bei unionsrechtlichen Ansprüchen anwendbar seien, könne dahinstehen, da jedenfalls die Voraussetzungen der Verwirkung nicht erfüllt seien. Es fehle bereits an einem länger andauernden ungestörten Gebrauch der angegriffenen Bezeichnung, weil jede Einfuhr eines „HONDA“-Motorrades in den Europäischen Wirtschaftsraum eine eigene Rechtsverletzung darstelle und einen neuen Anspruch auslöse, wodurch jeweils die für die Beurteilung des Zeitmoments der Verwirkung maßgebliche Frist neu zu laufen beginne.
- 9
- II. Die Revision der Beklagten hat im Wesentlichen keinen Erfolg. Das Berufungsgericht hat dem Unterlassungsantrag der Klägerin für das Gebiet der Europäischen Union zu Recht stattgegeben. Nur soweit das Verbot sich darüber hinaus auch auf das gesamte Gebiet des Europäischen Wirtschaftsraums erstreckt, ist der Revision stattzugeben.
- 10
- 1. Die Klage ist nicht wegen fehlender Bestimmtheit des Klageantrags gemäß § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO unzulässig.
- 11
- Die Klägerin hat ihr Klagebegehren auf zwei eingetragene Marken und damit auf zwei verschiedene Streitgegenstände gestützt (vgl. BGH, Beschluss vom 24. März 2011 - I ZR 108/09, BGHZ 189, 56 Rn. 3 f. - TÜV I; Urteil vom 17. August 2011 - I ZR 108/09, GRUR 2011, 1043 Rn. 25 ff. = WRP 2011, 1454 - TÜV II). Auf den Hinweis des Senats hat die Klägerin klargestellt, dass sie ihre Rechte in erster Linie aus der Klagemarke 1 und nur für den Fall, dass solche Rechte nicht bestehen sollten, sodann aus der Klagemarke 2 verfolgt. Diese an sich schon in der Klage gebotene Klarstellung konnte die Klägerin auch noch in der Revisionsinstanz nachholen; sie ist auch verfahrensrechtlich unbedenklich, weil das Berufungsgericht die Verurteilung auf die Klagemarke 1 gestützt hat (vgl. BGH, GRUR 2011, 1043 Rn. 37 - TÜV II).
- 12
- 2. Das Berufungsgericht hat zu Recht den Verletzungstatbestand des Art. 9 Abs. 1 Buchst. a GMV bejaht und eine Erschöpfung des Markenrechts der Klägerin verneint.
- 13
- a) Nach den von der Revision nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts hat die Beklagte im Januar 2007 mit der Klagemarke 1 gekennzeichnete „HONDA“-Motorräder aus dem asiatischen Raum nach Deutschland eingeführt und nach Spanien verkauft. Zudem hat die Beklagte im Februar 2008 ein solches Motorrad aus Asien nach Deutschland eingeführt und hier zum Kauf angeboten. Dass die darin liegende Zeichenbenutzung mit Zustimmung der Markeninhaberin erfolgt ist, hat die Beklagte nicht geltend gemacht.
- 14
- b) Eine Erschöpfung des Markenrechts nach Art. 13 Abs. 1 GMV ist nicht eingetreten. Die Klägerin hat die „HONDA“-Motorräder nicht selbst im Europäischen Wirtschaftsraum in Verkehr gebracht. Mit Recht hat das Berufungsgericht angenommen, dass sie dazu auch keine Zustimmung erteilt hat.
- 15
- aa) Da die Zustimmung einem Verzicht des Inhabers auf sein ausschließliches Recht im Sinne des Art. 9 GMV gleichkommt und das entscheidende Element für die Erschöpfung dieses Rechts ist, muss sie auf eine Weise geäußert werden, die einen Willen zum Verzicht auf dieses Recht mit Bestimmtheit erkennen lässt (vgl. zu Art. 7 Abs. 1 MarkenRL EuGH, Urteil vom 20. November 2001 - C-414/99, Slg. 2001, I-8691 = GRUR 2002, 156 Rn. 45 = WRP 2002, 65 - Davidoff; Urteil vom 15. Oktober 2009 - C-324/08, Slg. 2009, I-10019 = GRUR 2009, 1159 Rn. 22 - Makro u.a./Diesel). Ein solcher Wille ergibt sich in der Regel aus einer ausdrücklichen Erteilung der Zustimmung. Er kann sich aber auch konkludent aus Anhaltspunkten und Umständen vor, bei oder nach dem Inverkehrbringen außerhalb des Europäischen Wirtschaftsraums ergeben, die ebenfalls mit Bestimmtheit einen Verzicht des Inhabers auf sein Recht erkennen lassen (vgl. EuGH, GRUR 2002, 156 Rn. 46 f. - Davidoff).
- 16
- bb) Das Berufungsgericht hat angenommen, dass die Klägerin dem Inverkehrbringen der „HONDA“-Motorräder im Europäischen Wirtschaftsraum nicht ausdrücklich zugestimmt hat und auch keine Anhaltspunkte vorliegen, die die Annahme einer konkludenten Zustimmung rechtfertigen. Dem Umstand, dass sich die Klägerin um die Zulassungsfähigkeit der Motorräder der Baureihe „CBR 600 RR“ im Europäischen Wirtschaftsraum bemüht und eine dahinge- hende Homologation auch tatsächlich erhalten hat, hat das Berufungsgericht lediglich entnommen, dass die Klägerin die rechtlichen Voraussetzungen für einen Vertrieb dieses Modells in Europa schaffen wollte, damit aber keine Globalzustimmung für ein Inverkehrbringen aller Motorräder dieses Typs im Europäischen Wirtschaftsraum erteilt hat. Diese auf tatrichterlichem Gebiet liegende Würdigung wird von der Revision nicht in Zweifel gezogen. Sie ist weder erfahrungswidrig noch sonst aus Rechtsgründen zu beanstanden.
- 17
- Gleiches gilt für die Beurteilung des Umstandes, dass die Klägerin die Motorräder nach europäischen Spezifikationen hergestellt und ihnen deutschsprachige Bedienungsanleitungen beigegeben hat. Das Berufungsgericht hat darin zu Recht lediglich Rationalisierungsmaßnahmen beim Herstellungsverfahren gesehen, nicht aber die generelle Zustimmung zum Inverkehrbringen der Waren in Europa. Die Erschöpfung der Rechte aus der Marke tritt immer nur im Hinblick auf die konkreten Warenstücke ein, für die die Voraussetzungen des Art. 13 Abs. 1 GMV vorliegen (EuGH, Urteil vom 1. Juli 1999 - C-173/98, Slg. 1999, I-4103 = GRUR Int. 1999, 870 Rn. 18 ff. = WRP 1999, 803 - Sebago; Urteil vom 3. Juni 2010 - C-127/09, Slg. 2010, I-4965 = GRUR 2010, 723 Rn. 31 = WRP 2010, 865 - Coty Prestige). Es genügt daher nicht, dass die Motorräder der Baureihe „CBR 600 RR“ allgemein für den europäischen Markt geeignet sind und andere Fahrzeuge aus dieser Baureihe mit Zustimmung der Klägerin möglicherweise dort in Verkehr gebracht wurden.
- 18
- cc) Eine konkludente Zustimmung der Klägerin ergibt sich auch nicht daraus , dass die Beklagte im Rahmen von Rückrufaktionen für Motorräder außer- europäischer Herkunft von der Honda Motor Europe (North) GmbH angeschrieben wurde, ohne dass dabei der Import der Motorräder missbilligt wurde. Nach den insoweit weder erfahrungswidrigen noch anderweitig zu beanstandenden Feststellungen des Berufungsgerichts waren diese Schreiben allein Ausdruck der Verkehrssicherungspflicht der Klägerin; sie dienten dazu, die Besitzer betroffener Fahrzeuge über alle einschlägigen Betriebe zuverlässig zu erreichen. Ein Verzicht der Klägerin auf ihre Markenrechte folgt daraus nicht.
- 19
- dd) Das Berufungsgericht ist schließlich zutreffend davon ausgegangen, dass in einem Zuwarten der Klägerin mit der Beanstandung des Verhaltens der Beklagten selbst dann keine konkludente Zustimmung läge, wenn die Klägerin vom Parallelhandel der Beklagten Kenntnis erlangt haben sollte. Eine konkludente Zustimmung zum Vertrieb von Waren im Europäischen Wirtschaftsraum, die - wie im Streitfall - zunächst außerhalb dieses Gebietes in den Verkehr gebracht worden sind, kann sich nicht aus dem bloßen Schweigen des Markeninhabers ergeben (vgl. EuGH, GRUR 2002, 156 Rn. 55 - Davidoff).
- 20
- 3. Das Berufungsgericht hat eine Verwirkung des Unterlassungsanspruchs der Klägerin verneint, weil nach jeder Einfuhr eines mit der Marke „HONDA“ gekennzeichneten Motorrads in den Europäischen Wirtschaftsraum die maßgebliche Frist für die Beurteilung des erforderlichen Zeitmoments jeweils neu zu laufen beginne. Auch das hält der Nachprüfung durch das Revisionsgericht stand.
- 21
- a) Das Berufungsgericht konnte im Streitfall offenlassen, ob mitgliedstaatliche Grundsätze der Verwirkung der Ausübung der Rechte aus Gemeinschaftsmarken entgegenstehen können (insoweit verneinend im hier nicht eröffneten Anwendungsbereich des Art. 9 Abs. 1 MarkenRL jetzt EuGH, Urteil vom 22. September 2011 - C-482/09, GRUR 2012, 519 Rn. 33 ff. = WRP 2011, 1559 - Budweiser, dazu Palzer/Preisendanz, EuZW 2012, 134, 138; Hacker, WRP 2012, 266, 267). Denn die Voraussetzungen einer Verwirkung liegen schon nach deutschem Recht nicht vor. Es bedarf deshalb unter diesem Aspekt auch keiner Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union.
- 22
- aa) Verwirkung ist ein Fall der unzulässigen Rechtsausübung wegen widersprüchlichen Verhaltens, bei dem der Verstoß gegen Treu und Glauben in der Illoyalität der verspäteten Rechtsausübung liegt (BGHZ 25, 47, 51 f.; BGH, Urteil vom 29.2.1984 - VIII ZR 310/82, NJW 1984, 1684). Dabei ist indes zu beachten , dass bei wiederholten, gleichartigen Verletzungshandlungen jede Verletzungshandlung einen neuen Unterlassungsanspruch entstehen lässt. So ist im Nachbarrecht anerkannt, dass wiederholte gleichartige Störungen, die zeitlich unterbrochen auftreten, jeweils einen neuen Unterlassungsanspruch auslösen und die für die Beurteilung des Zeitmoments bei der Verwirkung maßgebliche Frist jeweils neu beginnen lassen (vgl. BGH, Urteil vom 21. Oktober 2005 - V ZR 169/04, NJW-RR 2006, 235, 236). Dieser nachbarrechtliche Grundsatz kann, wie das Berufungsgericht zutreffend erkannt hat, auf die Verwirkung des markenrechtlichen Unterlassungsanspruchs übertragen werden (ebenso für das Wettbewerbsrecht Köhler in Köhler/Bornkamm, UWG, 30. Aufl., § 11 Rn. 2.14).
- 23
- Auch längere Untätigkeit des Markeninhabers gegenüber bestimmten gleichartigen Verletzungshandlungen kann kein berechtigtes Vertrauen eines Händlers begründen, der Markeninhaber dulde auch künftig sein Verhalten und werde weiterhin nicht gegen solche - jeweils neuen - Rechtsverletzungen vorgehen. Der Verwirkungseinwand, der auf einen im Vertrauen auf die Benutzungsberechtigung geschaffenen schutzwürdigen Besitzstand gegründet ist, darf nämlich nicht dazu führen, dass dem Benutzer eine zusätzliche Rechtsposition eingeräumt wird und die Rechte des nach Treu und Glauben nur ausnahmsweise und in engen Grenzen schutzwürdigen Rechtsverletzers über die- se Grenzen hinaus erweitert werden (vgl. BGH, Urteil vom 14. Februar 2008 - I ZR 162/05, GRUR 2008, 803 Rn. 29 = WRP 2008, 1192, 1195 - HEITEC). Rechtsfolge der allgemeinen Verwirkung auf der Grundlage des § 242 BGB ist im Markenrecht allein, dass ein Markeninhaber seine Rechte im Hinblick auf bestimmte konkrete, bereits begangene oder noch andauernde Rechtsverletzungen nicht mehr durchzusetzen vermag (vgl. Staudinger/Looschelders/Olzen, BGB [2009], § 242 Rn. 304; MünchKomm.BGB/Roth/Schubert, 6. Aufl., § 242 Rn. 331). Ein Freibrief für künftige Schutzrechtsverletzungen ist damit nicht verbunden.
- 24
- Ohne Erfolg wendet die Revision ein, die in den speziell geregelten Verwirkungstatbeständen des § 21 Abs. 1 und 2 MarkenG sowie des Art. 54 Abs. 1 und 2 GMV zum Ausdruck kommende Wertung gebiete es, für die Frage der Verwirkung auf den Zeitraum gleichgearteter Benutzungshandlungen abzustellen und nicht auf den einzelnen Importvorgang. Die genannten Bestimmungen betreffen nicht den vorliegenden Fall der über längere Zeit ständig wiederholten Benutzung einer fremden Marke beim Handel mit nicht erschöpfter Markenware , sondern setzen die ununterbrochene Benutzung eines eigenen Zeichens des Anspruchsgegners über einen Zeitraum von fünf Jahren voraus.
- 25
- Unter dem Gesichtspunkt der Verwirkung kann der rechtsverletzend importierende Händler daher keine Rechtsposition erlangen, die ihm ein Recht auf immer neue Verletzungshandlungen gewähren und ihm so auf Dauer faktisch eine kostenlose Lizenz verschaffen würde. Es wäre ein nicht hinnehmbarer Wertungswiderspruch, wenn der Markenverletzer seine rechtsverletzenden Handlungen unbefristet fortsetzen dürfte, während jedem Lizenznehmer durch Ausübung eines vertraglichen Kündigungsrechts ein in der Vergangenheit zulässiger Vertrieb für die Zukunft untersagt werden könnte. Soweit der Senats- entscheidung „Universitätsemblem“ (BGH, Urteil vom 23. September 1992 - I ZR 251/09, GRUR 1993, 151, 153 = WRP 1993, 101 - Universitätsemblem, insoweit nicht in BGHZ 119, 237) etwas anderes entnommen werden kann, wird daran nicht festgehalten.
- 26
- bb) Die vom Antrag der Klägerin umfasste Verletzungsform ist die ohne ihre Zustimmung erfolgende Einfuhr von Motorrädern der Marke HONDA in den europäischen Wirtschaftsraum. Die für die Beurteilung des Zeitmoments der Verwirkung maßgebliche Frist hat daher mit jeder Einfuhr eines einzelnen Motorrads neu zu laufen begonnen. Die Klägerin hat die Beklagte wegen des im Februar 2008 von ihr ausgestellten Honda-Motorrads bereits am 10. März 2008 abgemahnt. Unabhängig von den sonstigen Einzelumständen des Streitfalls und insbesondere von der Frage einer fortgesetzten Importtätigkeit der Beklagten während des vorliegenden Gerichtsverfahrens kommt schon mangels eines relevanten Zeitmoments eine Verwirkung des von der Klägerin geltend gemachten , allein in die Zukunft gerichteten Unterlassungsanspruchs nicht in Betracht. Für die mögliche Verwirkung eines Schadensersatzanspruches ist damit nichts gesagt. Hierauf kommt es im Streitfall nicht mehr an, nachdem die Klägerin die Klage, soweit sie auf Auskunft und Feststellung der Schadensersatzverpflichtung gerichtet war, in der Berufungsinstanz zurückgenommen hat.
- 27
- b) Ein etwa unmittelbar im Unionsrecht bestehender Verwirkungsgrundsatz könnte keine geringeren Anforderungen an den Eintritt der Verwirkung stellen als das in dieser Hinsicht bereits weitgehende deutsche Recht (zu anderen Rechtsordnungen vgl. Staudinger/Looschelders/Olzen aaO § 242 Rn. 1116 ff.; zur engen Auslegung unionsrechtlicher Ausnahmen von Unterlassungspflichten aus Gemeinschaftsmarken vgl. EuGH, Urteil vom 14. Dezember 2006 - C-316/05, Slg. 2006, I-12083 = GRUR 2007, 228 Rn. 30 - Nokia). Daran bestehen keine vernünftigen Zweifel, so dass auch insoweit eine Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union nach Art. 267 Abs. 3 AEUV nicht erforderlich ist.
- 28
- 4. Die Revision hat gleichwohl zu einem geringen Teil Erfolg. Die Klägerin hat in der Klagebegründung klargestellt, dass sie das Verbot hinsichtlich aller Verletzungshandlungen für den gesamten Europäischen Wirtschaftsraum erstrebt. Das Berufungsgericht hat die entsprechende Verurteilung durch das Landgericht in vollem Umfang bestätigt. Das Unterlassungsgebot kann indes nicht für das gesamte Gebiet des Europäischen Wirtschaftsraums ausgesprochen werden. Schutzgebiet der Gemeinschaftsmarke ist allein das Gebiet der Europäischen Union (vgl. BGH, Urteil vom 13. September 2007 - I ZR 33/05, GRUR 2008, 254 Rn. 39 = WRP 2008, 236 - THE HOME STORE).
- 29
- III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1, § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO.
Kirchhoff Koch
Vorinstanzen:
LG Düsseldorf, Entscheidung vom 13.05.2009 - 2a O 267/08 -
OLG Düsseldorf, Entscheidung vom 30.12.2010 - I-20 U 96/09 -
Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Urteil, 18. Jan. 2012 - I ZR 17/11
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Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.
(1) Die Erhebung der Klage erfolgt durch Zustellung eines Schriftsatzes (Klageschrift).
(2) Die Klageschrift muss enthalten:
- 1.
die Bezeichnung der Parteien und des Gerichts; - 2.
die bestimmte Angabe des Gegenstandes und des Grundes des erhobenen Anspruchs, sowie einen bestimmten Antrag.
(3) Die Klageschrift soll ferner enthalten:
- 1.
die Angabe, ob der Klageerhebung der Versuch einer Mediation oder eines anderen Verfahrens der außergerichtlichen Konfliktbeilegung vorausgegangen ist, sowie eine Äußerung dazu, ob einem solchen Verfahren Gründe entgegenstehen; - 2.
die Angabe des Wertes des Streitgegenstandes, wenn hiervon die Zuständigkeit des Gerichts abhängt und der Streitgegenstand nicht in einer bestimmten Geldsumme besteht; - 3.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.
(4) Außerdem sind die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze auch auf die Klageschrift anzuwenden.
(5) Die Klageschrift sowie sonstige Anträge und Erklärungen einer Partei, die zugestellt werden sollen, sind bei dem Gericht schriftlich unter Beifügung der für ihre Zustellung oder Mitteilung erforderlichen Zahl von Abschriften einzureichen. Einer Beifügung von Abschriften bedarf es nicht, soweit die Klageschrift elektronisch eingereicht wird.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Die Klägerin zu 2 ist Nießbrauchsberechtigte eines Hausgrundstücks, welches sie seit 1991 mit dem Kläger zu 1, ihrem Ehemann, bewohnt. Schräg gegenüber auf der anderen Straßenseite befindet sich das Grundstück der Beklagten , die dort ein von ihrem verstorbenen Ehemann übernommenes Fuhrunternehmen betreibt.
- 2
- Der Ehemann der Beklagten erhielt 1970 die Genehmigung zum Bau eines Wohnhauses mit zwei Pkw-Garagen und zwei Lkw-Garagen „als Fuhrgeschäft“ sowie für eine oberirdische Heizöllagerung von 12.000 Litern. Das Wohnhaus mit den zwei Pkw-Garagen wurde erstellt, die beiden Lkw-Garagen hingegen nicht. Statt dessen legte der Ehemann der Beklagten Abstellplätze für bis zu drei Lkw an. Er errichtete zudem eine 1972 nachträglich zugelassene Eigenverbrauchstankstelle, die inzwischen stillgelegt wurde. Von einer 1978 erteilten Genehmigung für den Neubau einer Montagegrube machte er keinen Gebrauch. Heute besteht der Fuhrpark aus zwei oder drei Lastkraftwagen, davon mindestens zwei Tanklastzügen, die als Gefahrguttransporter eingesetzt werden.
- 3
- Seit 1998 wenden sich die Kläger mit zahlreichen Eingaben an Behörden und an den Petitionsausschuss des Landtags Baden-Württemberg sowie mit einer verwaltungsgerichtlichen Klage vergeblich gegen den - zeitweilig bis zu acht Lastkraftwagen umfassenden - Fuhrbetrieb. Sie fühlen sich durch Anund Abfahrten der Lastzüge, durch Dieselabgase und insbesondere durch an Samstagen ausgeführte Wartungs- und Reparaturarbeiten beeinträchtigt.
- 4
- Das Landgericht hat die vorliegende Klage, mit der die Kläger die Verurteilung der Beklagten zur Unterlassung der Benutzung ihres Grundstücks als Fuhrbetrieb mit Tanklastzügen und Hängerzügen sowie für die Durchführung von Reparatur- und Wartungsarbeiten verlangen, abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat der Klage stattgegeben. Mit ihrer von dem Senat zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Kläger beantragen, erstrebt die Beklagte die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.
Entscheidungsgründe:
I.
- 5
- Nach Auffassung des Berufungsgerichts ist es bei der Prüfung der Wesentlichkeit und der Ortsüblichkeit von Immissionen ein sachgerechter Ansatz, ob die emittierende Anlage mit oder ohne behördliche Genehmigung betrieben wird. Ein nicht genehmigter Betrieb könne nicht ortsüblich sein. Das Fehlen der notwendigen Genehmigung spreche zudem so lange für eine Wesentlichkeit der Beeinträchtigung des Nachbargrundstücks, wie nicht feststehe, dass die Anlage ohne Einschränkungen genehmigungsfähig sei. Nach den überzeugenden Ausführungen des Verwaltungsgerichts in einem zwischen den Klägern und der Gemeinde geführten Rechtsstreit sei der gesamte Fuhrbetrieb der Beklagten materiell baurechtswidrig und in seiner Ausprägung nicht genehmigungsfähig. Damit sei nach den von dem Bundesgerichtshof aufgestellten Darlegungs - und Beweisregeln vorgegeben, dass von dem Betrieb der Beklagten Einwirkungen ausgingen, welche die Benutzung des Grundstücks der Kläger wesentlich beeinträchtigten. Da die Genehmigungsfähigkeit einer typisierenden Betrachtung folge, komme es nicht darauf an, ob hier Lärmschutzvorschriften eingehalten seien. Ob Immissionsunterlassungsansprüche verwirkt werden könnten, brauche nicht entschieden zu werden, denn die Voraussetzungen für eine Verwirkung lägen nicht vor.
- 6
- Das hält revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht stand.
II.
- 7
- 1. Ohne Erfolg rügt die Revision allerdings, dass das Berufungsgericht eine Überraschungsentscheidung getroffen und damit gegen Art. 103 Abs. 1 GG, § 139 ZPO verstoßen habe. Entgegen ihrer Ansicht war es nicht verpflichtet, die Beklagte darauf hinzuweisen, dass es hinsichtlich der möglichen Verwirkung des Unterlassungsanspruchs ihren Vortrag zu dem sogenannten Umstandsmoment für nicht ausreichend hielt.
- 8
- Zwar trifft es zu, dass eine in erster Instanz siegreiche Partei darauf vertrauen kann, dass das Berufungsgericht ihr rechtzeitig einen Hinweis nach § 139 ZPO gibt, wenn es der Beurteilung der Vorinstanz nicht folgen will und insbesondere aufgrund seiner abweichenden Ansicht eine Ergänzung des Vorbringens oder einen Beweisantritt für erforderlich hält (BGH, Urt. v. 27. April 1994, XII ZR 16/93, WM 1994, 1823, 1824 m.w.N.). Aber diese Situation war hier nicht gegeben. Das Landgericht hat nicht, wie die Beklagte meint, die Klageabweisung (auch) damit begründet, die Kläger müssten sich den Einwand der Verwirkung entgegenhalten lassen. Vielmehr hat es den Gesichtspunkt der Verwirkung lediglich angesprochen, ohne darüber eine Entscheidung zu treffen. Zudem bestand für das Berufungsgericht auch deshalb keine Hinweispflicht , weil das Problem der Verwirkung von Beginn an eine der zentralen Fragen des Rechtsstreits und auch Gegenstand der Erörterung in der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht war; dabei hat es den Parteien den weiteren Verfahrenslauf aufgezeigt, falls der Gesichtspunkt der Verwirkung nicht zum Tragen kommen sollte. Bei dieser Sachlage war die Beklagte auch ohne richterlichen Hinweis gehalten, umfassend zu den beiden Elementen der Verwirkung, dem Zeit- und dem Umstandsmoment, vorzutragen. Außerdem schließt die Vorgehensweise des Berufungsgerichts die Annahme aus, es habe eine Überraschungsentscheidung zu Lasten der Beklagten getroffen.
- 9
- 2. Ebenfalls erfolglos macht die Revision geltend, der Anspruch der Kläger gegen die Beklagte sei verwirkt. Allerdings kann hier offen bleiben, ob - wie das Berufungsgericht gemeint hat - das für die Verwirkung erforderliche Umstandsmoment nicht erfüllt ist; denn es fehlt an dem ebenfalls notwendigen Zeitmoment.
- 10
- a) Ein Recht ist verwirkt, wenn sich der Schuldner wegen der Untätigkeit seines Gläubigers über einen gewissen Zeitraum hin bei objektiver Beurteilung darauf einrichten darf und eingerichtet hat, dieser werde sein Recht nicht mehr geltend machen, und deswegen die verspätete Geltendmachung gegen Treu und Glauben verstößt (ständige Rechtsprechung, siehe nur Senat, BGHZ 122, 308, 315 m.w.N.; BGH, Urt. v. 14. November 2002, VII ZR 23/02, NJW 2003, 824). Die Verwirkung ist somit ein Sonderfall der unzulässigen Rechtsausübung (§ 242 BGB); sie kann im gesamten Privatrecht eingewendet werden (Senat, BGHZ 122, 308, 314). Verwirkt werden können nur subjektive Rechte, weil nur bei ihnen davon gesprochen werden kann, ihre Ausübung stehe in Widerspruch zu der länger andauernden Nichtausübung, die bei dem Schuldner einen entsprechenden Vertrauenstatbestand begründet hat (BGH, Beschl. v. 1. Juli 1994, BLw 95/93, WM 1994, 1944, 1945). Der Verwirkung unterliegen dingliche Rechte nicht, wohl aber die daraus folgenden Ansprüche (Bamberger /Roth/Grüneberg, BGB, § 242 Rdn. 163; MünchKomm-BGB/Roth, 4. Aufl., § 242 Rdn. 298; Palandt/Heinrichs, BGB, 64. Aufl., § 242 Rdn. 107; Soergel /Teichmann, BGB, 12. Aufl., § 242 Rdn. 335; Staudinger/J. Schmidt, BGB [1995], § 242 Rdn. 538). Mithin bestehen keine Bedenken, auch die aus Besitz bzw. Eigentum abgeleiteten Beseitigungs- und Unterlassungsansprüche nach §§ 862 Abs. 1, 1004 Abs. 1 BGB dem Einwand der Verwirkung auszusetzen (vgl. Senat, Urt. v. 22. Juni 1990, V ZR 3/89, NJW 1990, 2555, 2556).
- 11
- b) Bei Unterlassungsansprüchen der hier vorliegenden Art ist zu unterscheiden : Sollen wiederholte gleichartige Störungen abgewehrt werden, die zeitlich unterbrochen auftreten, löst jede neue Einwirkung einen neuen Anspruch aus (Bamberger/Roth/Grüneberg, aaO; Palandt/Heinrichs, aaO; ebenso RG JW 1935, 1775 für den Schadensersatzanspruch). Die für die Beurteilung des Zeitmoments maßgebliche Frist beginnt jeweils neu zu laufen, so dass es in der Regel - mit Ausnahme besonders langer Unterbrechungen - an dem Zeitmoment fehlt. Ob das auch für die Abwehr ununterbrochen andauernder Einwirkungen gilt (vgl. Senat, Urt. v. 14. Oktober 1994, V ZR 76/93, WM 1995, 300, 301 für den Beginn der Ausschlussfrist des § 864 Abs. 1 BGB), kann offen bleiben. Solche Immissionen sind nicht Gegenstand dieses Rechtsstreits.
- 12
- 3. Zu Unrecht hat das Berufungsgericht jedoch eine wesentliche Beeinträchtigung der Benutzung des von den Klägern bewohnten Grundstücks durch Immissionen angenommen, die von dem Grundstück der Beklagten herrühren. Die Feststellungen in dem Berufungsurteil rechtfertigen das nicht.
- 13
- a) Im Ansatz zutreffend ist das Berufungsgericht - stillschweigend - davon ausgegangen, dass den Klägern ein Unterlassungsanspruch nach §§ 862 Abs. 1 Satz 2, 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB i.V.m. § 1065 BGB gegen die Beklagte als Betreiberin des störenden Fuhrunternehmens zustehen kann; richtig ist auch, dass ein solcher Anspruch nicht nach § 864 Abs. 1 BGB durch Fristablauf erloschen und die Zulässigkeit der Immissionen am Maßstab des § 906 BGB zu messen ist (vgl. Senat, Urt. v. 14. Oktober 1994, V ZR 76/93, WM 1995, 300, 301).
- 14
- b) Fehlerhaft hat das Berufungsgericht aber den Vortrag der Beklagten für unerheblich gehalten, die von ihrem Grundstück ausgehenden Lärmemissionen lägen unterhalb der in den Vorschriften der TA-Lärm für Mischgebiete enthaltenen Grenzwerte. Das zeigt, dass das Berufungsgericht die für seine Ansicht herangezogene Rechtsprechung des Senats missverstanden hat. Es hat die für den Erfolg des Unterlassungsanspruchs notwendige Unterscheidung zwischen einer wesentlichen Beeinträchtigung des Nachbargrundstücks und einer ortsüblichen Benutzung des emittierenden Grundstücks (§ 906 Abs. 2 Satz 1 BGB) verkannt. In seinem Urteil vom 30. Oktober 1998 hat der Senat nicht den Grundsatz aufgestellt, dass die von einem Betrieb auf ein Nachbargrundstück einwirkenden Immissionen als wesentlich anzusehen sind, wenn dieser bauplanungsrechtlich nicht genehmigt und auch nicht genehmigungsfähig ist; vielmehr hat er es lediglich für rechtlich unbedenklich gehalten, bei der Erheblichkeitsprüfung die Tatsache mit zu berücksichtigen, dass die für den Betrieb notwendige behördliche Genehmigung fehlt (BGHZ 140, 1, 6 f.). Hinsichtlich der ortsüblichen Benutzung des emittierenden Grundstücks hat der Senat entschieden, dass eine vorhandene Genehmigung nicht automatisch die Ortsüblichkeit begründet, sondern dafür nur einen Anhalt bietet; das Fehlen einer notwendigen Genehmigung schließt allerdings die Ortsüblichkeit aus (BGHZ 140, 1, 9), jedenfalls dann, wenn es auch an der Genehmigungsfähigkeit fehlt (vgl. Wenzel, NJW 2005, 241, 245). Das verdeutlicht, dass bei der für die Feststellung der Wesentlichkeit erforderlichen Würdigung der Gesamtumstände das Fehlen der öffentlich-rechtlichen Genehmigung nur ein einzelnes Kriterium ist. Es kann zu dem Ergebnis führen, dass die von dem Betriebsgrundstück ausgehenden Emissionen die Benutzung des Nachbargrundstücks nur unwesentlich beeinträchtigen und deshalb kein Unterlassungsanspruch des Nachbarn besteht. Dass der Betrieb aus öffentlich-rechtlichen Gründen wegen fehlender Genehmigung nicht aufrechterhalten bleiben dürfte, ist für die Beurteilung der Wesentlichkeit der Beeinträchtigung des Nachbargrundstücks somit nicht von alleiniger Bedeutung. Maßgeblich bleibt, ob im konkreten Fall von dem Betrieb Immissionen ausgehen, die sich nach dem Empfinden eines "verständigen Durchschnittsmenschen" als wesentlich darstellen (Senat BGHZ 148, 261, 264 m.w.Nw.). Dabei können die nach § 906 Abs. 1 Satz 2 und 3 BGB maßgeblichen Regelwerke, in denen Grenz- oder Richtwerte für Immissionen festgelegt sind, nicht außer Betracht gelassen werden.
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- 4. Unter diesen Gesichtspunkten wird das Berufungsgericht dem Vortrag der Beklagten nachzugehen haben, die von ihrem Grundstück ausgehenden Lärmemissionen lägen unterhalb der maßgeblichen Grenzwerte.
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- a) Trifft das zu, ist zunächst von der Unwesentlichkeit der Lärmbeeinträchtigung für die Benutzung des von den Klägern bewohnten Grundstücks auszugehen (§ 906 Abs. 1 Satz 2 und 3 BGB); es ist dann Sache der Kläger, Umstände darzulegen und zu beweisen, welche diese Indizwirkung erschüttern (Senat, Urt. v. 13. Februar 2004, V ZR 217/03, NJW 2004, 1317, 1318). Dazu haben sie bisher nichts vorgetragen, weil sie zu Unrecht davon ausgegangen sind, von der Beklagten wegen der fehlenden baurechtlichen Genehmigung die Unterlassung der Benutzung des Grundstücks zum Befahren, Abstellen sowie zur Reparatur und Wartung von Lastkraftwagen verlangen zu können. Insoweit müssen die Kläger gegebenenfalls Gelegenheit zu weiterem Vortrag erhalten.
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- b) Bestätigt sich der Vortrag der Beklagten nicht, werden die maßgeblichen Grenz- oder Richtwerte also überschritten, rechtfertigt das allerdings nicht ohne weiteres die Annahme einer wesentlichen Beeinträchtigung des Nachbargrundstücks , sondern indiziert lediglich das Vorliegen einer solchen (Senat, grundstücks, sondern indiziert lediglich das Vorliegen einer solchen (Senat, Urt. v. 13. Februar 2004, V ZR 217/03, aaO). Der Beklagten wird damit nicht die Möglichkeit abgeschnitten, eine nur unwesentliche Beeinträchtigung darzulegen und zu beweisen.
- 18
- c) Die indizielle Bedeutung der Einhaltung oder Nichteinhaltung von Grenz- oder Richtwerten muss das Berufungsgericht beachten. Es kann im Rahmen seines Beurteilungsspielraums unter Würdigung der Umstände des Einzelfalls und unter Berücksichtigung des Empfindens eines verständigen Durchschnittsmenschen von dem Regelfall abweichen und trotz Unterschreitens der Werte eine wesentliche Beeinträchtigung annehmen oder eine solche trotz Überschreitens der Werte verneinen.
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- 5. Das Berufungsgericht wird auch Feststellungen zu der Wesentlichkeit der von den Klägern ebenfalls geltend gemachten Beeinträchtigungen durch das Einsickern von Schweröl in den Boden und durch die Abgase der LkwMotoren treffen müssen. Falls es wegen einer oder mehrerer Immissionen eine wesentliche Beeinträchtigung der Benutzung des von den Klägern bewohnten Grundstücks feststellt, wird es aufzuklären haben, ob sie durch eine ortsübliche Benutzung des Grundstücks der Beklagten herbeigeführt wird und nicht durch wirtschaftlich zumutbare Maßnahmen verhindert werden kann (§ 906 Abs. 2 Satz 1 BGB). Verneint es die Ortsüblichkeit, muss es den Klägern die Möglichkeit zu einer Anpassung ihres Unterlassungsantrags geben. Die Parteien und das Berufungsgericht haben nämlich bisher übersehen, dass der Störer regelmäßig zwischen verschiedenen zur Abhilfe geeigneten Maßnahmen wählen kann, es also grundsätzlich ihm überlassen bleibt, auf welchem Weg er die Beeinträchtigung abwendet; daher kann der Beeinträchtigte in der Regel lediglich die Vornahme geeigneter Maßnahmen zur Verhinderung der Beeinträchtigung verlangen und der Urteilsausspruch nur allgemein auf Unterlassung von Störungen bestimmter Art lauten (Senat, Urt. v. 12. Dezember 2003, V ZR 98/03, NJW 2004, 1035, 1037 m.w.N.). Hier haben die Kläger jedoch bisher die Verurteilung der Beklagten zu einer konkreten Maßnahme beantragt, die das Berufungsgericht auch ausgesprochen hat. Das ist aber nur dann zulässig, wenn allein diese Maßnahme den Nichteintritt der drohenden Beeinträchtigung gewährleistet oder wenn weitere Maßnahmen zwar möglich sind, vernünftigerweise jedoch nicht ernsthaft in Betracht gezogen werden können (Senat, Urt. v. 12. Dezember 2003, V ZR 98/03, aaO). Dazu fehlt es bisher an Parteivortrag und an Feststellungen des Berufungsgerichts.
III.
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- Nach alledem ist das Urteil des Berufungsgerichts aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Die Sache ist zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO), damit es die erforderlichen Feststellungen treffen kann.
Czub Roth
Vorinstanzen:
LG Rottweil, Entscheidung vom 02.02.2004 - 3 O 351/03 -
OLG Stuttgart, Entscheidung vom 22.07.2004 - 2 U 27/04 -
Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.
(1) Der Inhaber einer Marke oder einer geschäftlichen Bezeichnung hat nicht das Recht, die Benutzung einer eingetragenen Marke mit jüngerem Zeitrang für die Waren oder Dienstleistungen, für die sie eingetragen ist, zu untersagen, soweit er die Benutzung der Marke während eines Zeitraums von fünf aufeinanderfolgenden Jahren in Kenntnis dieser Benutzung geduldet hat, es sei denn, daß die Anmeldung der Marke mit jüngerem Zeitrang bösgläubig vorgenommen worden ist.
(2) Der Inhaber einer Marke oder einer geschäftlichen Bezeichnung hat nicht das Recht, die Benutzung einer Marke im Sinne des § 4 Nr. 2 oder 3, einer geschäftlichen Bezeichnung oder eines sonstigen Rechts im Sinne des § 13 mit jüngerem Zeitrang zu untersagen, soweit er die Benutzung dieses Rechts während eines Zeitraums von fünf aufeinanderfolgenden Jahren in Kenntnis dieser Benutzung geduldet hat, es sei denn, daß der Inhaber dieses Rechts im Zeitpunkt des Rechtserwerbs bösgläubig war.
(3) In den Fällen der Absätze 1 und 2 kann der Inhaber des Rechts mit jüngerem Zeitrang die Benutzung des Rechts mit älterem Zeitrang nicht untersagen.
(4) Die Absätze 1 bis 3 lassen die Anwendung allgemeiner Grundsätze über die Verwirkung von Ansprüchen unberührt.
(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.
(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.
(3) (weggefallen)
(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last.
(2) Das Gericht kann der einen Partei die gesamten Prozesskosten auferlegen, wenn
- 1.
die Zuvielforderung der anderen Partei verhältnismäßig geringfügig war und keine oder nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat oder - 2.
der Betrag der Forderung der anderen Partei von der Festsetzung durch richterliches Ermessen, von der Ermittlung durch Sachverständige oder von einer gegenseitigen Berechnung abhängig war.