Bundesgerichtshof Urteil, 24. Feb. 2011 - I ZR 91/10

bei uns veröffentlicht am24.02.2011
vorgehend
Landgericht Düsseldorf, 31 O 68/09, 12.11.2009
Oberlandesgericht Düsseldorf, 18 U 232/09, 21.04.2010

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 91/10 Verkündet am:
24. Februar 2011
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
MÜ Art. 18 Abs. 3, Art. 18 Abs. 4 Satz 2

a) Die Obhutshaftung des Luftfrachtführers nach Art. 18 Abs. 1 und 3 MÜ kommt
auch dann noch in Betracht, wenn das Gut nach der eigentlichen Luftbeförderung
vom Flughafengelände mit einem Landfahrzeug zu einem außerhalb des
Flughafens gelegenen Lager des Luftfrachtführers gebracht wird, in dem es anschließend
abhandenkommt.

b) Auf die Vermutungsregel des Art. 18 Abs. 4 Satz 2 MÜ kann sich nicht nur der
Geschädigte, sondern auch der wegen Beschädigung oder Verlusts von Transportgut
in Anspruch genommene Luftfrachtführer berufen.
BGH, Urteil vom 24. Februar 2011 - I ZR 91/10 - OLG Düsseldorf
LG Düsseldorf
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 24. Februar 2011 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Bornkamm
und die Richter Pokrant, Prof. Dr. Büscher, Dr. Kirchhoff und Dr. Koch

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 18. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 21. April 2010 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Klägerin ist Transportversicherer der T. te. GmbH & Co. KG in H. bei F. (im Weiteren: Versicherungsnehmerin). Sie nimmt die Beklagte, die einen Paketbeförderungsdienst betreibt, aus abgetretenem und übergegangenem Recht der Versicherungsnehmerin wegen Verlusts von Transportgut auf Schadensersatz in Anspruch.
2
Die Versicherungsnehmerin beauftragte die Beklagte im Februar 2009 mit der Beförderung einer aus 24 Paketen bestehenden Sendung zu einer in Miami/USA ansässigen Empfängerin. Die Beklagte übernahm das Gut am 9. Februar 2009 bei der Versicherungsnehmerin und brachte es zunächst im Wege eines Straßentransports zu ihrem Center Köln Airport. Von dort wurde die Sendung per Luftfracht nach Miami/USA befördert. Ein Paket, das nach der Behauptung der Klägerin Waren im Wert von 9.486 € enthielt und ein Gewicht von 23 Kilogramm hatte, kam bei der Empfängerin nicht an. Die Beklagte leistete für den Verlust vorprozessual Ersatz in Höhe von 510 €.
3
Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, die Haftung der Beklagten für den streitgegenständlichen Verlust richte sich nach deutschem Landfrachtrecht, da das Paket nicht während der Luftbeförderung, sondern im Verlauf des sich daran anschließenden Landtransports verlorengegangen sei. Die Beklagte hafte für den eingetretenen Schaden unbeschränkt, weil der Verlust auf ihre mangelhafte Betriebsorganisation zurückzuführen sei. Dies folge aus dem Umstand, dass die Beklagte nicht in der Lage sei, den Verbleib des abhandengekommenen Pakets aufzuklären.
4
Die Klägerin hat die Beklagte deshalb auf Zahlung von 8.976 € nebst Zinsen in Anspruch genommen.
5
Die Beklagte hat demgegenüber insbesondere geltend gemacht, ihre Haftung richte sich nach den Bestimmungen des Montrealer Übereinkommens, da der Verlust während der Luftbeförderung eingetreten sei. Das Paket sei in ihr Center Miami gebracht worden, das noch Teil des Flughafens Miami sei, weil es nur 800 Meter vom Flughafen entfernt liege. Lediglich aus organisatorischen und logistischen Gründen würden alle für den Großraum Miami bestimmten Sendungen in dieses Center gebracht. Dort sei das Paket außer Kontrolle geraten.
6
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Auf die dagegen gerichtete Berufung hat das Berufungsgericht die Beklagte unter Abweisung der weitergehenden Klage verurteilt, an die Klägerin einen Betrag nebst Zinsen zu zahlen, der 391 Sonderziehungsrechten gemäß Art. 23 (richtig: Art. 22) MÜ am 21. April 2010 entspricht, abzüglich auf die Hauptforderung vorgerichtlich bereits gezahlter 510 € (OLG Düsseldorf, TranspR 2010, 456).
7
Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision erstrebt die Klägerin die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils. Die Beklagte beantragt, das Rechtsmittel zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:


8
I. Das Berufungsgericht hat angenommen, die Haftung der Beklagten für den Verlust des Gutes ergebe sich aus Art. 18 Abs. 1 MÜ. Der Umfang des zu leistenden Ersatzes werde daher durch Art. 22 Abs. 3 Satz 1 MÜ begrenzt. Dazu hat das Berufungsgericht ausgeführt:
9
Der Luftfrachtführer hafte gemäß Art. 18 Abs. 1 MÜ für den während einer Luftbeförderung eingetretenen Verlust des Gutes. Diese Voraussetzungen seien im Streitfall erfüllt, auch wenn sich das Center, in dem das Paket nach der Behauptung der Beklagten außer Kontrolle geraten sei, nicht auf dem Gelände des Flughafens Miami befinde. Das Montrealer Übereinkommen stelle hinsichtlich der Haftung für Verlust auf den Zeitraum ab, „während dessen sich die Güter in der Obhut des Luftfrachtführers befinden“. Es werde auch derjenige Zeitraum haftungsrechtlich miterfasst, in dem eine Zwischenlagerung der Güter in einem außerhalb des Flughafengeländes liegenden Lager des Luftfrachtführers stattfinde. Bei wertender Betrachtung müsse davon ausgegangen werden, dass die Zwischenlagerung in einem flughafennahen Lager dem Haftungszeitraum der Luftbeförderung unterfalle, wenn dieser Lagerung eine Luftbeförderung vorausgegangen sei oder ihr nachfolge. Danach habe das abhandengekommene Paket, wenn es im Center Miami verlorengegangen sei, noch unter der Obhut der Beklagten als Luftfrachtführerin gestanden. Die Klägerin habe zwar bestrit- ten, dass das Paket im Center Miami der Beklagten außer Kontrolle geraten sei. Dies sei aber nicht entscheidungserheblich, weil sich die Beklagte jedenfalls auf die Beweisvermutung gemäß Art. 18 Abs. 4 Satz 2 MÜ berufen könne. Bei der Beförderung vom Center Miami zur Empfängerin handele es sich um einen Oberflächentransport im Sinne eines Zubringerdienstes, der bei Ausführung des Luftbeförderungsvertrags erfolgt sei.
10
Die Haftung des Luftfrachtführers für Verlust von Gütern sei gemäß Art. 22 Abs. 3 Satz 1 MÜ (aF) auf 17 Sonderziehungsrechte für jedes Kilogramm begrenzt. Das abhandengekommene Paket habe ein Gewicht von 23 Kilogramm gehabt. Danach schulde die Beklagte für den Verlust des Gutes einen Betrag, der 391 Sonderziehungsrechten entspreche, abzüglich des vorgerichtlich bereits auf die Hauptforderung gezahlten Betrags von 510 €.
11
II. Die gegen diese Beurteilung gerichteten Angriffe der Revision haben keinen Erfolg. Das Berufungsgericht hat mit Recht angenommen, dass die Beklagte für den Verlust des Gutes dem Grunde nach gemäß Art. 18 Abs. 1 MÜ schadensersatzpflichtig ist, weil der Schaden während der Luftbeförderung im Sinne von Art. 18 Abs. 3 MÜ eingetreten ist.
12
1. Auf den zwischen der Versicherungsnehmerin und der Beklagten geschlossenen Beförderungsvertrag kommt nach Art. 28 Abs. 4 Satz 1 EGBGB aF deutsches Sachrecht zur Anwendung, weil die Beklagte ihren Sitz in Deutschland hat und sich hier auch der Verladeort befunden hat. Aus der Gesamtheit der Umstände ergibt sich nicht, dass der Vertrag mit einem anderen Staat als Deutschland engere Verbindungen aufweist (Art. 28 Abs. 5 EGBGB aF).
13
Da es sich bei der streitgegenständlichen Beförderung um einen Multimodaltransport handelte - der Transport des Gutes von der Versicherungsneh- merin zur Empfängerin sollte mit verschiedenartigen Beförderungsmitteln (Lkw und Flugzeug) erfolgen -, kommt grundsätzlich § 452 HGB zur Anwendung. Nach Satz 1 dieser Vorschrift unterliegt ein derartiger Vertrag den §§ 407 ff. HGB, sofern anzuwendende internationale Übereinkommen nichts anderes vorschreiben. Für eine gemischte Beförderung, die zum Teil durch Luftfahrzeuge und teilweise durch andere Verkehrsmittel ausgeführt wird, bestimmt Art. 38 Abs. 1 MÜ, dass das Übereinkommen vorbehaltlich der Regelungen in Art. 18 Abs. 4 MÜ für die Luftbeförderung gilt. Demgemäß richtet sich die Haftung des Luftfrachtführers für Verlust von Transportgut nach den Vorschriften des Montrealer Übereinkommens, wenn der Schaden - wie hier - während der Obhutszeit des Luftfrachtführers eingetreten ist (Art. 18 Abs. 1 und 3 MÜ).
14
2. Das Berufungsgericht hat mit Recht angenommen, dass das streitgegenständliche Gut während der Luftbeförderung abhandengekommen ist, so dass die Beklagte für den Verlust nach Art. 18 Abs. 1 MÜ Schadensersatz schuldet.
15
a) Gemäß Art. 18 Abs. 3 MÜ umfasst die Luftbeförderung im Sinne des Absatzes 1 der Vorschrift den Zeitraum, während dessen die Güter sich in der Obhut des Luftfrachtführers befinden.
16
b) Das Berufungsgericht ist davon ausgegangen, dass die Sendung, zu der das abhandengekommene Paket gehörte, direkt per Luftfracht von Köln nach Miami befördert wurde.
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aa) Die Revision rügt, das Berufungsgericht habe bei seiner Annahme nicht berücksichtigt, dass die Klägerin einen derartigen Sendungsverlauf bestritten habe. Sie habe in beiden Vorinstanzen geltend gemacht, die Beklagte habe nicht substantiiert dargelegt, dass der Verlust des Gutes eingetreten sei, als sie dieses noch als Luftfrachtführerin in ihrer Obhut gehabt habe. Es sei auch möglich , dass die Sendung von Köln nach Philadelphia/USA und von dort per Lkw nach Miami transportiert worden sei. Bei einem solchen Sendungsverlauf sei die Luftbeförderung bereits in Philadelphia beendet gewesen.
18
bb) Dieses Vorbringen verhilft der Revision nicht zum Erfolg. Das Berufungsurteil enthält im unstreitigen Teil seines Tatbestands die Feststellung, dass das Gut zunächst im Straßengüterverkehr von der Versicherungsnehmerin zum Center Köln Airport transportiert und von dort aus im Luftverkehr nach Miami befördert wurde. Dieses „aus dem Berufungsurteil ersichtliche Parteivorbringen“ (§ 559 Abs. 1 Satz 1 ZPO) erbringt nach § 314 Abs. 1 ZPO Beweis für das mündliche Parteivorbringen in der Berufungsinstanz (vgl. BGH, Urteil vom 8. Januar 2007 - II ZR 334/04, NJW-RR 2007, 1434 Rn. 11; Musielak/Ball, ZPO, 8. Aufl., § 559 Rn. 15). Dieser Beweis kann nur durch das Sitzungsprotokoll und nicht durch den Inhalt der Schriftsätze entkräftet werden. Bei einem Widerspruch zwischen dem Inhalt der vorbereitenden Schriftsätze und der Wiedergabe des Parteivorbringens im Tatbestand des angefochtenen Urteils sind die Ausführungen im Tatbestand maßgeblich (BGH, Urteil vom 2. Februar 1999 - VI ZR 25/98, BGHZ 140, 335, 339). Etwaige Unrichtigkeiten im Tatbestand des angefochtenen Urteils können von der davon betroffenen Partei nur im Wege eines Tatbestandsberichtigungsantrags gemäß § 320 Abs. 1 ZPO behoben werden (BGH, NJW-RR 2007, 1434 Rn. 11; BGH, Urteil vom 16. Dezember 2010 - I ZR 161/08, NJW 2011, 1513 Rn. 12 - Satan der Rache), der im Streitfall nicht gestellt worden ist. Die Beweiskraft des Tatbestands könnte nur dann entfallen, wenn dieser in sich widersprüchlich wäre (BGHZ 140, 335, 339; BGH, Urteil vom 9. März 2005 - VIII ZR 381/03, NJW-RR 2005, 962, 963). Dafür ist hier nichts ersichtlich.
19
c) Das Berufungsgericht hat weiterhin angenommen, das Gut sei entweder im Center Miami der Beklagten (dazu unter aa) oder während der Auslieferungsfahrt von dort zu der in Miami ansässigen Empfängerin (dazu unter bb) abhandengekommen. Der genaue Verlustort brauche indes nicht geklärt zu werden, da der Verlust in beiden Fällen während der Luftbeförderung im Sinne von Art. 18 Abs. 1 und 3 MÜ eingetreten sei. Die dagegen gerichteten Angriffe der Revision haben keinen Erfolg.
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aa) Für den Fall, dass das Gut im Center Miami der Beklagten abhandengekommen ist, hat das Berufungsgericht angenommen, die Obhutshaftung der Beklagten als Luftfrachtführerin werde nicht dadurch ausgeschlossen, dass die Sendung, zu der das verlorengegangene Paket gehört habe, mit einem Lkw vom Flughafen zum Außenlager befördert worden sei. Ebenso wenig stehe der Haftung der Beklagten als Luftfrachtführerin entgegen, dass das Center in Miami auch als Umschlagslager für Landtransporte genutzt werde. Gemäß Art. 18 Abs. 3 MÜ werde auch derjenige Zeitraum haftungsrechtlich miterfasst, während dessen die Güter in einem außerhalb des Flughafengeländes befindlichen Lager des Luftfrachtführers zwischengelagert würden. Bei wertender Betrachtung komme es auch nicht darauf an, dass ein Zwischenlager sowohl den Zwecken der Luftbeförderung als auch solchen der Landbeförderung diene. Eine räumliche Abgrenzung der Bereiche in einem Lager sei nicht erforderlich.
21
Die Revision rügt, das Berufungsgericht habe zu Unrecht angenommen, dass sich das abhandengekommene Paket im Center Miami noch in der Obhut der Beklagten als Luftfrachtführerin befunden habe. Der Güterumschlag könne in der Regel nicht als eigenständige Teilstrecke qualifiziert werden. Er sei entweder der vorangegangenen Luftbeförderung oder der nachfolgenden Teilstrecke der Oberflächenbeförderung zuzuordnen. Im Streitfall sei Letzteres anzunehmen. Der Zeitraum der Luftbeförderung umfasse nach Art. 18 Abs. 4 Satz 1 MÜ nicht die Beförderung zu Land, zur See oder auf Binnengewässern außerhalb des Flughafens. Die Voraussetzungen dieser Vorschrift seien hier erfüllt, weil das Paket zunächst - unstreitig - per Lkw vom Flughafen in Miami zum außerhalb des Flughafens gelegenen Lager der Beklagten befördert worden sei.
22
Auch mit diesem Vorbringen vermag die Revision nicht durchzudringen. Gemäß Art. 18 Abs. 1 Satz 1 MÜ haftet der Luftfrachtführer für Güterschäden, die während der Luftbeförderung eingetreten sind. Den für die Haftung des Luftfrachtführers maßgeblichen Zeitraum umschreibt Art. 18 Abs. 3 MÜ - anders als Art. 18 Abs. 2 WA 1955, der darauf abstellte, dass die Güter sich zum Zeitpunkt des schädigenden Ereignisses auf einem Flughafen oder an Bord eines Luftfahrzeugs befanden - als den Zeitraum, während dessen der Luftfrachtführer die Güter in seiner Obhut hat. Der Haftungszeitraum wird mithin nicht mehr mit der Örtlichkeit der Güter, sondern lediglich mit der Obhutsausübung des Luftfrachtführers verbunden (Müller-Rostin in Giemulla/Schmid, Frankfurter Kommentar zum Luftverkehrsrecht, Bd. 3 Montrealer Übereinkommen, Stand Dezember 2009, Art. 18 Rn. 32; MünchKomm.HGB/Ruhwedel, 2. Aufl., Art. 18 MÜ Rn. 15; Reuschle, Montrealer Übereinkommen, Art. 18 Rn. 3).
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Der Begriff der Obhut wird - trotz seiner zentralen Bedeutung für die Haftung des Luftfrachtführers - im Übereinkommen allerdings nicht näher definiert. Zu dem in Art. 18 Abs. 2 WA 1955 verwendeten Obhutsbegriff hat der Senat entschieden, dass er nach Sinn und Zweck der genannten Vorschrift bestimmt werden muss. Danach soll die Haftung des Luftfrachtführers auch auf Schadensfälle ausgedehnt werden, die nicht während der eigentlichen Luftbeförderung , wohl aber in einem Zeitraum eintreten, in dem sich das Frachtgut derart im Einwirkungsbereich des Luftfrachtführers befindet, dass dieser in der Lage ist, das Gut gegen Verlust und Beschädigung zu schützen (vgl. BGH, Urteil vom 27. Oktober 1978 - I ZR 114/76, VersR 1979, 83, 84 f.; Urteil vom 21. Septem- ber 2000 - I ZR 135/98, BGHZ 145, 170, 177). Es genügt, dass der Luftfrachtführer auf die Behandlung des Gutes Einfluss nehmen kann. Übergibt er das Frachtgut freiwillig an einen Dritten, so wird seine Obhut zumindest im Kernbereich der Luftbeförderung im Regelfall schon deshalb fortbestehen, weil der Dritte seinerseits in Erfüllung seiner dem Luftfrachtführer gegenüber bestehenden Vertragspflichten zum sorgsamen Umgang mit dem Gut verpflichtet ist. Die Obhut endet erst dann, wenn der Luftfrachtführer den Gewahrsam ohne eigene Mitwirkung verliert - beispielsweise durch hoheitliche Maßnahmen einer Zollbehörde - und deshalb keine tatsächlichen oder rechtlichen Einwirkungsmöglichkeiten auf das Frachtgut mehr hat (BGHZ 145, 170, 177 f.; Müller-Rostin, TranspR 1989, 121, 124).
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Diese Grundsätze sind auch bei der Bestimmung des Obhutsbegriffs in Art. 18 Abs. 3 MÜ heranzuziehen (Müller-Rostin in Giemulla/Schmid aaO Art. 18 Rn. 34 ff.; MünchKomm.HGB/Ruhwedel aaO Art. 18 MÜ Rn. 48; Koller, Transportrecht, 7. Aufl., Art. 18 MÜ Rn. 3; Reuschle aaO Art. 18 Rn. 22 ff.). Dementsprechend wird die Obhut des Luftfrachtführers im Regelfall nicht schon mit dem Ausladen der Güter aus dem Luftfahrzeug beendet. Sie dauert vielmehr auch dann noch an, wenn der Luftfrachtführer die Güter nach Beendigung der eigentlichen Luftbeförderung bis zur Ablieferung an den Empfänger einlagert. Unerheblich ist dabei, ob die Güter in einem eigenen Lagerhaus des Luftfrachtführers eingelagert werden oder ob dies bei einer vom Luftfrachtführer beauftragten Lagergesellschaft geschieht, weil das Lagerunternehmen in Erfüllung seiner dem Luftfrachtführer gegenüber bestehenden Vertragspflichten handelt. Die obhutsbegründende Einwirkungsmöglichkeit des Luftfrachtführers wird in einem solchen Fall nicht beendet, da die Lagergesellschaft dem Luftfrachtführer gegenüber zum Schutz der Güter und auf dessen Verlangen zu deren Herausgabe verpflichtet ist (vgl. BGHZ 145, 170, 177 f.; Müller-Rostin in Giemulla/Schmid aaO Art. 18 Rn. 45).
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Die Obhutshaftung des Luftfrachtführers nach Art. 18 Abs. 1 und 3 MÜ kann entgegen der Ansicht der Revision auch dann noch in Betracht kommen, wenn das Gut nach der eigentlichen Luftbeförderung vom Flughafengelände mit einem Landfahrzeug zu einem außerhalb des Flughafens gelegenen Lager des Luftfrachtführers gebracht wird, in dem es anschließend abhandenkommt. In Art. 18 Abs. 4 Satz 1 MÜ ist zwar bestimmt, dass Transporte mit Oberflächentransportmitteln zu Land, zur See oder auf Binnengewässern außerhalb eines Flughafens grundsätzlich nicht in den Zeitraum der Luftbeförderung fallen. Das bedeutet jedoch nicht, dass die Haftung des Luftfrachtführers nach den Vorschriften des Montrealer Übereinkommens stets mit dem Überschreiten der Flughafengrenzen endet. Zu berücksichtigen ist vielmehr, dass das Montrealer Übereinkommen den Haftungszeitraum des Luftfrachtführers im Vergleich zu Art. 18 Abs. 2 WA 1955, bei dem der Haftungszeitraum durch die Örtlichkeit des Gutes (an Bord des Luftfahrzeugs oder auf einem Flughafen) begrenzt war, wesentlich erweitert hat. Für die Haftung nach Art. 18 Abs. 1 und 3 MÜ kommt es maßgeblich darauf an, ob sich das beschädigte oder verlorengegangene Gut zum Zeitpunkt des schädigenden Ereignisses in der Obhut des Luftfrachtführers befunden hat. Dadurch wird gerade auch die Einlagerung des Gutes in einem Warenlager des Luftfrachtführers außerhalb des Flughafens von der Haftung gemäß Art. 18 Abs. 1 und 3 MÜ - anders als unter der Geltung des Art. 18 WA 1955 - erfasst. Dies kommt - wie das Berufungsgericht mit Recht angenommen hat - dem Bedürfnis der Praxis entgegen, angesichts der räumlichen Beschränkungen auf vielen Flughäfen die Haftungsregelungen des Übereinkommens auch für sonstige Obhutsfälle zur Anwendung gelangen zu lassen (so ausdrücklich die Begründung des Entwurfs eines Gesetzes zum Montrealer Übereinkommen , BT-Drucks. 15/2285, S. 42; ebenso MünchKomm.HGB/Ruhwedel aaO Art. 18 MÜ Rn. 38; Müller-Rostin in Giemulla/Schmid aaO Art. 18 Rn. 86; Boettge, VersR 2005, 908, 912; Saenger, NJW 2000, 169, 173; differenzierend Koller aaO Art. 18 MÜ Rn. 3).
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Unterliegt die Einlagerung des Gutes in einem außerhalb des Flughafengeländes gelegenen Warenlager des Luftfrachtführers haftungsrechtlich den Bestimmungen des Montrealer Übereinkommens, erscheint es nicht sinnvoll, Beförderungen zu dieser Einlagerungsstätte und damit verbundene Umschlagsleistungen einer anderen Haftungsordnung zu unterstellen. Denn auch diese Beförderungs- und Umschlagsleistungen erfolgen - wenn die Einlagerung vom Luftfrachtführer vorgenommen wird - unter der Obhut des Luftfrachtführers oder seiner Leute, die erst mit der Ablieferung der Güter an den Empfänger beendet wird (vgl. Andresen/Valder, Speditions-, Fracht- und Lagerrecht, § 466 Rn. 21; aA Müller-Rostin in Giemulla/Schmid aaO Art. 18 Rn. 86, der maßgeblich auf den Wortlaut des Art. 18 Abs. 4 Satz 1 MÜ abstellt; differenzierend Koller aaO Art. 18 MÜ Rn. 3). Jedenfalls stand das streitgegenständliche Paket, wenn es im Center Miami verlorengegangen ist, unter der Obhut der Beklagten als Luftfrachtführerin mit der Folge, dass die Beklagte für den Verlust des Gutes gemäß Art. 18 Abs. 1 MÜ schadensersatzpflichtig ist.
27
bb) Für den Fall, dass das Gut nicht im Center Miami der Beklagten, sondern auf dem Weg von dort zu der in Miami ansässigen Empfängerin verlorengegangen sein sollte, hat das Berufungsgericht ebenfalls die Voraussetzungen für eine Haftung der Beklagten nach Art. 18 Abs. 1 MÜ bejaht. Es hat angenommen , die Beklagte könne sich auf die Beweisvermutung des Art. 18 Abs. 4 Satz 2 MÜ berufen, weil es sich bei dem Landtransport zwischen dem Center Miami und der Empfängerin um einen Zubringerdienst im Sinne der genannten Vorschrift gehandelt habe, der bei Ausführung des Luftbeförderungsvertrags erfolgt sei. Auch gegen diese Beurteilung wendet sich die Revision ohne Erfolg.
28
(1) Die Revision rügt, das Berufungsgericht sei zu Unrecht von der Anwendbarkeit des Art. 18 Abs. 4 Satz 2 MÜ ausgegangen. Der Anwendungsbe- reich der Ausnahmevorschrift sei bei einer multimodalen Beförderung nicht eröffnet. Hilfsbeförderungen im Sinne von Art. 18 Abs. 4 Satz 2 MÜ kämen nur bei einem reinen Luftbeförderungsvertrag in Betracht.
29
Dieses Vorbringen verhilft der Revision nicht zum Erfolg, weil es nicht genügend berücksichtigt, dass gemäß Art. 38 Abs. 1 MÜ gemischte Beförderungen grundsätzlich auch den Bestimmungen des Montrealer Übereinkommens unterfallen. Dies wird durch den Hinweis in Art. 38 Abs. 1 auf Art. 18 Abs. 4 MÜ klargestellt. Die Regelung in Art. 38 Abs. 1 MÜ, der zufolge das Übereinkommen nur für die Luftbeförderung gilt, wird durch Art. 18 Abs. 4 Satz 2 MÜ eingeschränkt, wenn eine Teilstrecke vertragsgemäß mit einem Luftfahrzeug ausgeführt wird und der Zubringerdienst im Sinne des Art. 18 Abs. 4 Satz 2 MÜ rein tatsächlich dieser Luftbeförderung zugeordnet werden kann (vgl. Koller aaO Art. 18 WA 1955 Rn. 13 Fn. 55; MünchKomm.HGB/Ruhwedel aaO Art. 38 MÜ Rn. 2; Reuschle aaO Art. 38 Rn. 7).
30
(2) Die Revision macht des Weiteren geltend, selbst wenn Art. 18 Abs. 4 Satz 2 MÜ auch bei Vorliegen eines Multimodaltransports zur Anwendung käme , führte dies im Streitfall nicht zur Schadensersatzpflicht der Beklagten nach Art. 18 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 22 Abs. 3 Satz 1 MÜ. Auch hiermit hat die Revision keinen Erfolg.
31
Die Vorschrift des Art. 18 Abs. 4 Satz 2 MÜ kommt im Streitfall zur Anwendung. Auf die dort vorgesehene widerlegbare Vermutung kann sich auch der Luftfrachtführer berufen. Die Regelung gilt nicht nur für den Geschädigten. Der Wortlaut der Vorschrift bietet keinen Anhaltspunkt für die Annahme, dass die widerlegbare Vermutung nur zugunsten des Geschädigten zur Anwendung kommen soll. Ebenso wenig kann der Gesetzessystematik und dem Zweck des Art. 18 Abs. 4 Satz 2 MÜ entnommen werden, dass sich der Frachtführer nicht auf die Vermutung berufen kann, wenn für ihn die Anwendung der Vorschriften des Übereinkommens günstiger sein sollte als eine Haftung nach dem sonst anzuwendenden Transportrecht. Die Vorschrift hat nicht eine einseitige Begünstigung des Geschädigten zum Ziel, sondern schafft für beide Parteien des Luftfrachtvertrags eine Beweiserleichterung (Müller-Rostin in Giemulla/Schmid aaO Art. 18 Rn. 92; Pokrant in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, HGB, 2. Aufl., Art. 18 MÜ Rn. 21; MünchKomm.HGB/Kronke, 1. Aufl., Art. 18 WA 1955 Rn. 44 zu Art. 18 Abs. 3 Satz 2 WA 1955; Reuschle aaO Art. 18 Rn. 43; aA Koller aaO Art. 18 WA 1955 Rn. 14; ders., TranspR 2005, 177, 180; Kirchhof, TranspR 2007, 133, 137).
32
Die Revision macht geltend, die Vermutung greife im vorliegenden Fall nicht ein; denn es stehe sicher fest, dass der Schaden nicht während der Luftbeförderung , sondern entweder im Außenlager der Beklagten oder nach der Umladung des Pakets in das Zustellfahrzeug auf dem Weg zur Empfängerin eingetreten sei. Nach dem eigenen Vortrag der Beklagten beweise der Destinationsscan , dass das Gut im Center der Beklagten für die Zustellung bereitgestellt worden sei. Wenn der Schadensort bei einem Multimodaltransport - wie hier - bekannt sei, greife die Vermutungswirkung des Art. 18 Abs. 4 Satz 2 MÜ nicht ein. Sofern der Schaden allein bei der Beförderung durch ein „anderes“ Verkehrsmittel eingetreten sei, gelte gemäß Art. 38 Abs. 1 MÜ ausschließlich das für dieses Beförderungsmittel maßgebliche Haftungsregime und nicht mehr das Haftungsrecht des Montrealer Übereinkommens.
33
Auch mit diesem Vorbringen vermag die Revision nicht durchzudringen. Das Berufungsgericht hat mit Recht angenommen, dass die Beklagte für den Verlust des Gutes auch dann nach Art. 18 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 22 Abs. 3 MÜ haftet, wenn das Gut während der Beförderung vom Center Miami zur Empfängerin verlorengegangen ist, weil dieser Oberflächentransport außer- halb des Flughafengeländes von Miami gemäß Art. 18 Abs. 4 Satz 2 MÜ noch dem Zeitraum der Luftbeförderung im Sinne von Art. 18 Abs. 3 MÜ zuzuordnen ist.
34
Die Revision geht bei ihrer gegenteiligen Ansicht davon aus, dass sich das abhandengekommene Paket nach seinem Eintreffen im Center Miami nicht mehr in der Obhut der Beklagten als Luftfrachtführerin befunden habe. Dies trifft jedoch - wie vorstehend unter II 2 c aa (Rn. 24 ff.) dargelegt - gerade nicht zu. Stünde fest, dass das Gut im Center Miami abhandengekommen ist, müsste die Beklagte für den Verlust gemäß Art. 18 Abs. 1 und 3 MÜ haften. Nach den nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts kann das Paket aber auch erst während des Transports zur Empfängerin verlorengegangen sein. Der genaue Verlustort steht daher entgegen der Annahme der Revision gerade nicht fest. Für diesen Fall bestimmt Art. 18 Abs. 4 Satz 2 MÜ, dass bis zum Beweis des Gegenteils vermutet wird, dass der Schaden durch ein während der Luftbeförderung eingetretenes Ereignis verursacht worden ist. Der Anwendungsbereich des Art. 18 Abs. 4 Satz 2 MÜ ist mithin grundsätzlich eröffnet. Der Revision ist insofern zuzustimmen, als die Beklagte im Hinblick darauf, dass der Ort des Verlustes nicht feststeht, eine sekundäre Darlegungslast trifft. Dieser ist die Beklagte indessen - entgegen der Ansicht der Revision - nachgekommen. Sie hat vorgetragen, dass das Paket im Center Miami einen Eingangsscan und einen Destinationsscan erhalten habe, demnach zur Auslieferung bereitgestellt worden sei; ein Scan „Out for Delivery“sei dagegen nicht erstellt worden, so dass das Paket im Center Miami außer Kontrolle geraten sein müsse. Es wäre unter diesen Umständen Sache der Klägerin gewesen, darzulegen und zu beweisen , dass dieser Vortrag nicht zutrifft und der Verlust des Gutes entgegen dem Vorbringen der Beklagten auf dem Weg vom Center Miami zur Empfängerin eingetreten ist.
35
Das Berufungsgericht ist auch zutreffend vom Vorliegen der weiteren Voraussetzungen für die Anwendung des Art. 18 Abs. 4 Satz 2 MÜ ausgegangen. Es hat - von der Revision unbeanstandet - festgestellt, dass die Versicherungsnehmerin und die Beklagte einen einheitlichen Vertrag geschlossen haben , der sowohl die Luft- als auch die Landbeförderung umfasst und alle Elemente eines internationalen Luftfrachtvertrags im Sinne des Art. 1 Abs. 1 und 2 MÜ enthält. Einer ausdrücklichen Aufnahme der Abrede über den Oberflächentransport in Miami in den Luftfrachtbrief bedurfte es nicht, weil der Luftfrachtbrief gemäß Art. 11 Abs. 1 MÜ lediglich eine widerlegbare Vermutung für den Inhalt des Vertrags liefert (Koller aaO Art. 18 MÜ Rn. 4; Müller-Rostin in Giemulla/ Schmid aaO Art. 18 Rn. 90 aE; Reuschle aaO Art. 18 Rn. 40).
36
Das Berufungsgericht hat auch mit Recht angenommen, dass es sich bei dem Transport des Gutes vom Center Miami zur Empfängerin um eine Oberflächenbeförderung im Sinne von Art. 18 Abs. 4 Satz 2 MÜ gehandelt hat. Die Ablieferung des Gutes an die Empfängerin sollte unstreitig nicht auf dem Bestimmungsflughafen in Miami, sondern an der innerstädtischen Adresse der Empfängerin erfolgen. Das Zurollen des Gutes vom Bestimmungsflughafen zum bestimmungsgemäßen Empfänger unterfällt als Zubringerdienst dem Anwendungsbereich des Art. 18 Abs. 4 Satz 2 MÜ (Müller-Rostin in Giemulla/Schmid aaO Art. 18 Rn. 89; Koller aaO Art. 18 WA 1955 Rn. 13; Reuschle aaO Art. 18 Rn. 41).
37
III. Danach ist die Revision der Klägerin mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.
Bornkamm Pokrant Büscher Richter am BGH Dr. Koch ist in Urlaub und kann daher nicht unterschreiben. Kirchhoff Bornkamm
Vorinstanzen:
LG Düsseldorf, Entscheidung vom 12.11.2009 - 31 O 68/09 -
OLG Düsseldorf, Entscheidung vom 21.04.2010 - I-18 U 232/09 -

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Urteil, 24. Feb. 2011 - I ZR 91/10

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(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

Zivilprozessordnung - ZPO | § 559 Beschränkte Nachprüfung tatsächlicher Feststellungen


(1) Der Beurteilung des Revisionsgerichts unterliegt nur dasjenige Parteivorbringen, das aus dem Berufungsurteil oder dem Sitzungsprotokoll ersichtlich ist. Außerdem können nur die in § 551 Abs. 3 Nr. 2 Buchstabe b erwähnten Tatsachen berücksichtigt
Bundesgerichtshof Urteil, 24. Feb. 2011 - I ZR 91/10 zitiert 8 §§.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 97 Rechtsmittelkosten


(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

Zivilprozessordnung - ZPO | § 559 Beschränkte Nachprüfung tatsächlicher Feststellungen


(1) Der Beurteilung des Revisionsgerichts unterliegt nur dasjenige Parteivorbringen, das aus dem Berufungsurteil oder dem Sitzungsprotokoll ersichtlich ist. Außerdem können nur die in § 551 Abs. 3 Nr. 2 Buchstabe b erwähnten Tatsachen berücksichtigt

Zivilprozessordnung - ZPO | § 314 Beweiskraft des Tatbestandes


Der Tatbestand des Urteils liefert Beweis für das mündliche Parteivorbringen. Der Beweis kann nur durch das Sitzungsprotokoll entkräftet werden.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 320 Berichtigung des Tatbestandes


(1) Enthält der Tatbestand des Urteils Unrichtigkeiten, die nicht unter die Vorschriften des vorstehenden Paragraphen fallen, Auslassungen, Dunkelheiten oder Widersprüche, so kann die Berichtigung binnen einer zweiwöchigen Frist durch Einreichung ein

Handelsgesetzbuch - HGB | § 452 Frachtvertrag über eine Beförderung mit verschiedenartigen Beförderungsmitteln


Wird die Beförderung des Gutes auf Grund eines einheitlichen Frachtvertrags mit verschiedenartigen Beförderungsmitteln durchgeführt und wären, wenn über jeden Teil der Beförderung mit jeweils einem Beförderungsmittel (Teilstrecke) zwischen den Vertra

Referenzen - Urteile

Bundesgerichtshof Urteil, 24. Feb. 2011 - I ZR 91/10 zitiert oder wird zitiert von 5 Urteil(en).

Bundesgerichtshof Urteil, 24. Feb. 2011 - I ZR 91/10 zitiert 3 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesgerichtshof Urteil, 08. Jan. 2007 - II ZR 334/04

bei uns veröffentlicht am 08.01.2007

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL II ZR 334/04 Verkündet am: 8. Januar 2007 Vondrasek Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR:

Bundesgerichtshof Urteil, 16. Dez. 2010 - I ZR 161/08

bei uns veröffentlicht am 16.12.2010

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL I ZR 161/08 Verkündet am: 16. Dezember 2010 Führinger Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein B

Bundesgerichtshof Urteil, 21. Sept. 2000 - I ZR 135/98

bei uns veröffentlicht am 21.09.2000

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL I ZR 135/98 Verkündet am: 21. September 2000 Führinger Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ : ja WA A
2 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Bundesgerichtshof Urteil, 24. Feb. 2011 - I ZR 91/10.

Bundesgerichtshof Urteil, 10. Mai 2012 - I ZR 109/11

bei uns veröffentlicht am 10.05.2012

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL I ZR 109/11 Verkündet am: 10. Mai 2012 Führinger Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR:

Oberlandesgericht Düsseldorf Urteil, 30. Sept. 2015 - I-18 U 53/15

bei uns veröffentlicht am 30.09.2015

Tenor Die Berufung der Beklagten gegen das am 16.04.2015 verkündete Urteil der 1. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Düsseldorf (31 O 85/14) wird zurückgewiesen. Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Beklagte zu tragen. Dieses und das an

Referenzen

Wird die Beförderung des Gutes auf Grund eines einheitlichen Frachtvertrags mit verschiedenartigen Beförderungsmitteln durchgeführt und wären, wenn über jeden Teil der Beförderung mit jeweils einem Beförderungsmittel (Teilstrecke) zwischen den Vertragsparteien ein gesonderter Vertrag abgeschlossen worden wäre, mindestens zwei dieser Verträge verschiedenen Rechtsvorschriften unterworfen, so sind auf den Vertrag die Vorschriften des Ersten Unterabschnitts anzuwenden, soweit die folgenden besonderen Vorschriften oder anzuwendende internationale Übereinkommen nichts anderes bestimmen. Dies gilt auch dann, wenn ein Teil der Beförderung über See durchgeführt wird.

(1) Der Beurteilung des Revisionsgerichts unterliegt nur dasjenige Parteivorbringen, das aus dem Berufungsurteil oder dem Sitzungsprotokoll ersichtlich ist. Außerdem können nur die in § 551 Abs. 3 Nr. 2 Buchstabe b erwähnten Tatsachen berücksichtigt werden.

(2) Hat das Berufungsgericht festgestellt, dass eine tatsächliche Behauptung wahr oder nicht wahr sei, so ist diese Feststellung für das Revisionsgericht bindend, es sei denn, dass in Bezug auf die Feststellung ein zulässiger und begründeter Revisionsangriff erhoben ist.

Der Tatbestand des Urteils liefert Beweis für das mündliche Parteivorbringen. Der Beweis kann nur durch das Sitzungsprotokoll entkräftet werden.

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Bei der von der Klägerin als unrichtig beanstandeten Feststellung des Berufungsgerichts über die "vollständige Rückzahlung des Darlehens" durch die Beklagte zu 1 "in nicht näher bekannten Raten" vor dem Abschluss des notariellen Kaufvertrages vom 17. März 2000 handelt es sich um aus dem Berufungsurteil ersichtliches (unstreitiges) Parteivorbringen i.S. des § 559 Abs. 1 ZPO, das als tatbestandliche Darstellung im Rahmen der Urteilsgründe an die Stelle des früheren förmlichen Tatbestandes des Berufungsurteils gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO n.F. getreten ist (vgl. nur MünchKommZPO(AB)/Wenzel 2. Aufl. § 559 Rdn. 2). Dieses "aus dem Berufungsurteil ersichtliche Parteivorbringen" - zu dem auch der in Bezug genommene Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils gehört - erbringt nach § 314 ZPO Beweis für das mündliche Parteivorbringen in der Berufungsinstanz (vgl. Musielak/Ball, ZPO 5. Aufl. § 559 Rdn. 15 m.w.Nachw.). Dieser Beweis kann nur durch das Sitzungsprotokoll, nicht jedoch durch den Inhalt der Schriftsätze entkräftet werden (BGHZ 140, 335, 339). Selbst bei einem Widerspruch zwischen ausdrücklichen "tatbestandlichen" Feststellungen und in Bezug genommenem Inhalt der vorbereitenden Schriftsätze geht der "Tatbestand" vor. Eine etwaige Unrichtigkeit derartiger tatbestandlicher Darstellungen im Berufungsurteil kann nur im Berichtigungsverfahren nach § 320 ZPO behoben werden (st.Rspr., vgl. BGH, Urt. v. 13. Juli 2000 - I ZR 49/98, WM 2000, 2070, 2072; BGH, Beschl. v. 26. März 1997 - IV ZR 275/96, NJW 1997, 1933; BGH, Urt. v. 3. März 1995 - V ZR 266/93, ZIP 1995, 961; BGH, Urt. v. 7. Dezember 1993 - VI ZR 74/93, NJW 1994, 517, 519 - jew. zu der inhaltsgleichen Vorgängervorschrift des § 561 ZPO a.F.). Eine Verfahrensrüge nach § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 ZPO oder - wie hier - eine entspre- chende verfahrensrechtliche Gegenrüge des Revisionsbeklagten, die auf ein im Berufungsurteil nur allgemein in Bezug genommenes schriftsätzliches Vorbringen gestützt wird, kommt zur Richtigstellung eines derartigen Mangels nicht in Betracht (vgl. auch Musielak/Ball aaO § 559 Rdn. 16; MünchKommZPO(AB)/ Wenzel aaO § 559 Rdn. 4 und § 551 Rdn. 23).

(1) Enthält der Tatbestand des Urteils Unrichtigkeiten, die nicht unter die Vorschriften des vorstehenden Paragraphen fallen, Auslassungen, Dunkelheiten oder Widersprüche, so kann die Berichtigung binnen einer zweiwöchigen Frist durch Einreichung eines Schriftsatzes beantragt werden.

(2) Die Frist beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils. Der Antrag kann schon vor dem Beginn der Frist gestellt werden. Die Berichtigung des Tatbestandes ist ausgeschlossen, wenn sie nicht binnen drei Monaten seit der Verkündung des Urteils beantragt wird.

(3) Das Gericht entscheidet ohne Beweisaufnahme. Bei der Entscheidung wirken nur diejenigen Richter mit, die bei dem Urteil mitgewirkt haben. Ist ein Richter verhindert, so gibt bei Stimmengleichheit die Stimme des Vorsitzenden und bei dessen Verhinderung die Stimme des ältesten Richters den Ausschlag. Eine Anfechtung des Beschlusses findet nicht statt. Der Beschluss, der eine Berichtigung ausspricht, wird auf dem Urteil und den Ausfertigungen vermerkt. Erfolgt der Berichtigungsbeschluss in der Form des § 130b, ist er in einem gesonderten elektronischen Dokument festzuhalten. Das Dokument ist mit dem Urteil untrennbar zu verbinden.

(4) Die Berichtigung des Tatbestandes hat eine Änderung des übrigen Teils des Urteils nicht zur Folge.

12
a) Der Beurteilung des Revisionsgerichts unterliegt gemäß § 559 Abs. 1 Satz 1 ZPO nur dasjenige Parteivorbringen, das aus dem Berufungsurteil oder dem Sitzungsprotokoll ersichtlich ist. Die tatbestandliche Feststellung im Berufungsurteil , zwischen den Parteien stehe außer Streit, dass die Eheleute J. mit Vertrag vom 3. August 1984 die vom Grundvertrag erfassten Filmrechte "en bloc" auf die TSC übertragen hätten, liefert Beweis für das mündliche Parteivorbringen (§ 314 ZPO); eine Unrichtigkeit dieser Feststellung kann grundsätzlich nur im Berichtigungsverfahren (§ 320 ZPO) geltend gemacht und gegebenenfalls behoben werden (vgl. BGH, Urteil vom 8. Januar 2007 - II ZR 334/04, NJW-RR 2007, 1434 Rn. 11; Urteil vom 1. Dezember 2008 - II ZR 102/07, BGHZ 179, 71 Rn. 16; Zöller/Vollkommer, ZPO, 28. Aufl., § 314 Rn. 3). Ist eine Berichtigung des Tatbestands nach § 320 ZPO beantragt worden, kann eine Unrichtigkeit tatbestandlicher Feststellungen im Berufungsurteil, aber auch in der Revisionsinstanz mit einer Verfahrensrüge nach § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b ZPO geltend gemacht werden, soweit sich aus der den Berichtigungsantrag zurückweisenden Entscheidung des Berufungsgerichts ergibt, dass seine tatbestandlichen Feststellungen widersprüchlich sind. In der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist anerkannt, dass der Tatbestand eines Berufungsurteils keinen Beweis für das Parteivorbringen liefert, wenn er widersprüchlich ist (BGH, Urteil vom 9. März 1995 - III ZR 44/94, NJW-RR 1995, 1058, 1060; Urteil vom 19. November 1998 - IX ZR 116/97, NJW 1999, 641, 642; Urteil vom 14. Januar 2010 - I ZR 4/08 Rn. 9, juris). Ein solcher Widerspruch kann sich aus Unterschieden zwischen den tatbestandlichen Feststellungen und einem konkret in Bezug genommenen schriftsätzlichen Vorbringen einer Partei ergeben (BGH, Urteil vom 14. Oktober 1988 - V ZR 73/87, NJW 1989, 898; Urteil vom 22. September 2010 - VIII ZR 285/09, NJW 2011, 143 Rn. 58). Dass ein Widerspruch zwischen den tatbestandlichen Feststellungen und dem Parteivorbringen besteht, kann aber auch aus der Begründung der Entscheidung des Berufungsgerichts folgen, mit der es den Berichtigungsantrag einer Partei zurückweist. So verhält es sich hier.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 135/98 Verkündet am:
21. September 2000
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ : ja
WA Art. 18, 20 Abs. 2, Art. 25

a) Der bei Ausfüllung eines internationalen Luftfrachtbriefs ausdrücklich als
Absender (Shipper) Bezeichnete wird grundsätzlich selbst dann Vertragspartei
des Luftfrachtvertrages, wenn der für ihn handelnde "Agent" ein Speditionsunternehmen
betreibt.

b) Übergibt der Luftfrachtführer das Frachtgut freiwillig in die Hand eines Dritten
, so besteht die Obhut des Luftfrachtführers (Art. 18 Abs. 2 WA) jedenfalls
im Kernbereich der Luftbeförderung im Regelfalle fort.

c) Unter "Leuten" i.S. des Art. 20 WA sind in der Regel auch Monopolunternehmen
zu verstehen, deren sich der Luftfrachtführer zur Ausführung der
ihm aufgetragenen Luftbeförderung arbeitsteilig bedient. Auf eine nähere
Weisungsbefugnis des Luftfrachtführers kommt es nicht an.

d) Liegt nach den Umständen des Falles ein grob fahrlässiges Organisationsverschulden
i.S. des Art. 25 WA mit gewisser Wahrscheinlichkeit nahe, ist
der Luftfrachtführer zur Vermeidung prozessualer Nachteile grundsätzlich
gehalten, ein Informationsdefizit des Anspruchstellers durch detaillierten
Sachvortrag auszugleichen.
BGH, Urt. v. 21. September 2000 - I ZR 135/98 - OLG Frankfurt am Main
LG Frankfurt am Main
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 4. Mai 2000 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Erdmann
und die Richter Starck, Prof. Dr. Bornkamm, Dr. Büscher und Raebel

für Recht erkannt:
Die Revision der Beklagten gegen das Grundurteil des 5. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 21. April 1998 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Klägerin beauftragte die als Spediteurin tätige T. (richtig und im folgenden : P.) GmbH, je zwei gebrauchte Laptops und Platinen von Frankfurt am Main nach St. Petersburg/Rußland zu befördern. Die P. beauftragte ihrerseits die Beklagte und stellte hierbei am 14. November 1995 einen IATA-Luftfrachtbrief aus, in welchem die Klägerin in die Rubrik "Shipper's Name and Address" eingesetzt war. Die P. unterzeichnete diesen Luftfrachtbrief sowohl in dem Feld "Signature of Shipper or his Agent" als auch in dem Feld "Signature of Issuing Carrier or his Agent".
Das Frachtgut wurde am 15. November 1995 von der Beklagten verladen und geriet nach Ankunft auf dem Flughafen St. Petersburg in Verlust. Die Ent-
ladung erfolgte durch die örtliche Flughafengesellschaft, die A. E. Pu. (im folgenden : Pu.), die auf dem Flughafen St. Petersburg nach Art eines Monopolunternehmens den gesamten Bodenverkehrsumschlag besorgte. Nach der Entladung des Flugzeuges, bei der der Stationsleiter der Beklagten zugegen war, meldete die Pu. den Verlust der Frachtstücke.
Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, die P. habe als ihre Vertreterin mit der Beklagten einen Luftfrachtvertrag geschlossen, nach dem sie, die Klägerin, als Absenderin Schadensersatz für den Verlust verlangen könne. Sie ist der Ansicht, die Beklagte müsse unbeschränkt haften, da sie nicht angegeben habe, wie der Entladevorgang und die weitere Frachtbehandlung durch die Pu. im einzelnen abgelaufen seien.
Die Klägerin hat den Schaden mit 18.230 US-Dollar beziffert und zuletzt Zahlung von 25.879,31 DM nebst 5 % Zinsen begehrt.
Die Beklagte ist dem entgegengetreten und hat vorgetragen, der Klägerin gegenüber nicht verpflichtet zu sein. Sie sei Luftfrachtführerin der P. gewesen. Diese habe als Spediteurin der Klägerin in eigenem Namen gehandelt. Ihr, der Beklagten, dürfte auch nicht zur Last fallen, daß sie zu näherem Vortrag über die Behandlung der Frachtstücke durch die Pu. nicht imstande sei.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat den Anspruch dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt (OLG Frankfurt TranspR 1999, 24).
Mit ihrer - zugelassenen - Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter. Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:


I. Das Berufungsgericht hat der Klägerin einen Schadensersatz gem. Art. 18 Abs. 1 des Warschauer Abkommens in der Fassung des Haager Protokolls (im folgenden: WA) dem Grunde nach zuerkannt und dazu ausgeführt:
Die Klägerin sei aktivlegitimiert, da der Luftfrachtvertrag zwischen ihr, vertreten durch die P., und der Beklagten abgeschlossen worden sei. Dies folge aus der Eintragung der Klägerin als Absenderin im Luftfrachtbrief, dessen Beweisvermutung (Art. 11 Abs. 1 WA) sich auch auf die Person des Absenders erstrecke. Zwar würden Spediteure - wie die von der Klägerin eingeschaltete P. - regelmäßig im eigenen Namen auftreten. Zu einem Vertragsabschluß mit dem Spediteur selbst könne es aber nur dann kommen, wenn dieser erkennbar als Spediteur auftrete. Dazu habe sich die Beklagte nicht erklärt.
Die Beklagte hafte, da der Verlust des Transportgutes bei der Luftbeförderung i.S. des Art. 18 Abs. 1 und 2 WA eingetreten sei, nämlich auf dem Flughafen in St. Petersburg. Der Obhutsbereich des Luftfrachtführers schließe den Gewahrsam des Bodenverkehrsunternehmens - hier der Pu. - ein, auch wenn es sich dabei um ein Monopolunternehmen handele.
Die Beklagte habe s ich nicht nach Art. 20 WA zu entlasten vermocht. Sie habe nicht ausreichend dargestellt, daß sie oder ihre "Leute", zu denen die Pu. gehöre, alle erforderlichen Maßnahmen zur Verhütung des Schadens getroffen hätten. Sie habe insbesondere nicht dargetan, wie ihr Stationsleiter, der
bei der Entladung des Flugzeugs überwachend anwesend gewesen sei, seine Aufgabe wahrgenommen habe.
Die Beklagte hafte nach Art. 25 WA, ohne sich auf die Beschränkungen des Art. 22 Abs. 2 WA berufen zu können, in vollem Umfange. Es sei davon auszugehen, daß die Klägerin nachgewiesen habe, daß der Schaden durch ein Verhalten der Beklagten entstanden sei, das leichtfertig und von dem Bewußtsein der Schadenswahrscheinlichkeit getragen gewesen sei. Zwar habe die Klägerin hierzu nicht näher vorgetragen. Die Beklagte treffe jedoch - entsprechend den im sonstigen Transportrecht entwickelten Grundsätzen - eine Einlassungspflicht , der sie nicht nachgekommen sei. Sie habe zur Behandlung und Verlustsicherung der Sendung in ihrem Obhutsbereich, in den die Absenderin keinen Einblick habe, keine Angaben gemacht. Sie habe sich weder näher zu dem Entladevorgang auf dem Rollfeld in St. Petersburg noch in allgemeiner Weise zur Weiterbehandlung der Frachtstücke nach dem Verbringen auf das Rollfeld durch die Pu. geäußert.
II. Diese Beurteilung hält der revisionsrechtlichen Überprüfung stand.
1. Das Berufungsgericht hat im Ergebnis zu Recht die Aktivlegitimation der Klägerin bejaht. Entgegen der Ansicht der Revision ist der Luftfrachtvertrag nicht zwischen der von der Klägerin als Spediteurin eingeschalteten P., sondern zwischen der Klägerin und der Beklagten abgeschlossen worden.
Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, daß der IATALuftfrachtbrief (Anl. K 1) gemäß Art. 11 Abs. 1 WA den widerlegbaren Beweis für den Abschluß des Luftbeförderungsvertrages erbringt. Diese Beweisvermutung erstreckt sich auch auf den Inhalt des Vertrages, insbesondere die
Frage, wer von den am Luftbeförderungsvertrag Beteiligten als Absender, Frachtführer und Empfänger anzusehen ist (vgl. BGH, Urt. v. 15.11.1988 - IX ZR 11/88, TranspR 1989, 151, 153; Giemulla/Schmid/Müller-Rostin, Warschauer Abkommen, Art. 1 Rdn. 44; Ruhwedel, Der Luftbeförderungsvertrag, 3. Aufl., Rdn. 122; Koller, Transportrecht, 4. Aufl., WA 1955 Art. 11 Rdn. 16 f.). Aus der Namensnennung der Klägerin in der Rubrik "Shipper's Name and Address" folgert das Berufungsgericht zu Recht, daß die Klägerin nach dem Inhalt des Frachtbriefes Absenderin des Frachtgutes und mithin Vertragspartner der Luftfrachtführerin sein sollte. Der im Luftfrachtbrief enthaltene Begriff "Shipper" (vgl. Ruhwedel aaO Rdn. 304) entspricht in der englischen Übersetzung des Warschauer Abkommens dem Synonym "consignor", womit in der deutschen Übersetzung der "Absender", also derjenige gemeint ist, der den Luftfrachtführer im Beförderungsvertrag mit der Durchführung der Luftbeförderung beauftragt (vgl. BGH, Urt. v. 9.10.1981 - I ZR 98/79, LM Warschauer Abkommen Nr. 19; LG Frankfurt ZLW 1995, 357, 359; A. Gran, TranspR 1999, 173, 183).
Auch aus dem unstreitigen Teil des Tatbestandes des Berufungsurteils ergibt sich, daß nach dem Verständnis der Parteien im Streitfall mit "Shipper" im Frachtbrief der Absender gemeint war. Dies ist im Revisionsverfahren auch nicht in Zweifel gezogen worden. Die Revision meint jedoch, die P. sei erkennbar als Spediteurin aufgetreten, woraus zu entnehmen sei, daß sie den Luftfrachtvertrag im eigenen Namen habe abschließen wollen. Damit vermag sie nicht durchzudringen.
Allerdings ist auch das Berufungsgericht davon ausgegangen, daß der beauftragte Frachtführer selbst dann nicht auf ein Handeln in fremdem Namen schließen darf, wenn der ihn beauftragende Spediteur den Namen des Versen-
ders offenlegt oder diesen gar als Absender bezeichnet; denn Kaufleute müßten wissen, daß Spediteure im eigenen Namen aufträten. Gleichwohl greife diese Auslegungsregel hier nicht ein. Dazu wäre erforderlich, daß die Beklagte bei Vertragsabschluß habe erkennen müssen, daß die P. Spediteurin gewesen sei. Dazu habe sich die Beklagte jedoch nicht erklärt. Die Revision rügt insoweit , das Berufungsgericht habe unberücksichtigt gelassen, daß die P. - was den beteiligten Verkehrskreisen bekannt sei - ein weltweit tätiges Speditionsunternehmen sei. Es sei im übrigen unstreitig, daß sie als Spediteurin und nicht in anderer Funktion tätig gewesen sei. Eines gesonderten Vortrags der Beklagten dazu habe es daher nicht bedurft. Auch wenn man dem folgt, hilft dies der Revision nicht weiter. Denn im Streitfall kann bereits die angeführte Auslegungsregel nicht herangezogen werden.
Dabei kann offenbleiben, ob dem Grundsatz, daß der beauftragte Frachtführer auch dann nicht auf ein Handeln in fremdem Namen schließen darf, wenn der ihn beauftragende Spediteur den Namen des Versenders offenlegt oder diesen gar als Absender bezeichnet, in dieser Allgemeinheit gefolgt werden kann (bejahend OLG Köln TranspR 1986, 194, 195; OLG München NJW-RR 1989, 803, 804; Koller, Transportrecht, 3. Aufl., HGB § 407 Rdn. 4; a.A. OLG München VersR 1982, 264, 265). Es bestehen bereits Bedenken , die Auslegungsregel ohne weiteres auf internationale Sachverhalte zu übertragen. Denn die Regel beruht auf dem im deutschen Rechtskreis anerkannten Vertragstypus des Speditionsvertrages, nach dessen - vor Inkrafttreten des Transportrechtsreformgesetzes gültigen - Leitbild der Spediteur die Güterversendung "im eigenen Namen" besorgt (§ 407 Abs. 1 HGB a.F.). Sie setzt voraus, daß der von einem Spediteur beauftragte Frachtführer dessen besondere Stellung nach deutschem Recht kennt. Davon kann bei einem auswärtigen Luftfrachtführer - wie hier bei der in den USA ansässigen Beklagten, mag
diese auch in Deutschland eine Direktion haben - nicht ohne weiteres ausgegangen werden. Dem braucht vorliegend jedoch nicht weiter nachgegangen zu werden. Denn im Streitfall hat sich die P. nicht darauf beschränkt, den Namen ihres Auftraggebers nur zu Informationszwecken offenzulegen. Vielmehr hat sie die Klägerin bei der Ausfüllung des Luftfrachtbriefes ausdrücklich als Absenderin bezeichnet, worunter der Rechtsverkehr die Stellung einer Vertragspartei des Luftfrachtvertrages versteht (vgl. auch Koller, Transportrecht, 4. Aufl., HGB § 453 Rdn. 4 zum neuen Recht). Die Beklagte hatte deshalb keine Veranlassung , in der P. mehr als eine bloße Vertreterin der Klägerin zu sehen. Aus dem Umstand, daß die P. ausweislich des Frachtbriefwortlautes als Agent der Klägerin aufgetreten ist, ergibt sich nichts Gegenteiliges. Zwar kann die Verwendung dieses Begriffs im Einzelfall mehrdeutig sein und nicht nur den Stellvertreter i.S. des § 164 BGB bezeichnen, sondern auch einen Beauftragten, Vermittler oder Spediteur (vgl. BGHZ 52, 194, 199 f.). Der der englischen Sprache entnommene Terminus entspricht jedenfalls dann, wenn er als Rechtsbegriff verwendet wird, in der deutschen Übersetzung dem Stellvertreter i.S. des § 164 BGB (Triebel, Englisches Handels- und Wirtschaftsrecht, Rdn. 41). Legt der Agent - wie hier - bei seinem rechtsgeschäftlichen Handeln die Person seines Geschäftsherrn offen, so wird in aller Regel der Vertreter aus der von ihm eingeleiteten Transaktion weder berechtigt noch verpflichtet. Vielmehr tritt die rechtliche Bindung unmittelbar in der Person seines Geschäftsherrn ein (Hudson, Dictionary of Commercial Law, S. 11; v. Bernstorff, Einführung in das englische Recht, S. 47 f.). Im Streitfall sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich , daß die Parteien etwas anderes wollten.
2. Ohne Rechtsverstoß hat das Berufungsgericht eine Haftung der Beklagten nach Art. 18 Abs. 1 WA bejaht.
Nach dieser Bestimmung hat der Luftfrachtführer den Schaden zu ersetzen , der durch Verlust von Gütern entsteht, wenn das Ereignis, durch das der Schaden verursacht wurde, während der Luftbeförderung eingetreten ist. Hierbei umfaßt die Luftbeförderung gem. Art. 18 Abs. 2 WA auch den Zeitraum, in dem sich die Güter auf einem Flughafen unter der Obhut des Luftfrachtführers befinden.
Da der Verlust unstreitig auf dem Flughafen in St. Petersburg eingetreten ist, kommt es maßgebend darauf an, ob der Obhutszeitraum den Gewahrsam des Bodenverkehrsunternehmens Pu. einschließt. Das Berufungsgericht hat dies ungeachtet des Umstandes bejaht, daß es sich bei dem hier tätigen Bodenverkehrsunternehmen um ein Monopolunternehmen handelt (ebenso schon OLG Frankfurt NJW 1975, 1604, 1605; OLG Nürnberg TranspR 1992, 276, 278; LG Stuttgart ZLW 1994, 240, 241; LG Hamburg TranspR 1995, 76; Koller, Transportrecht, 4. Aufl., WA Art. 20 Rdn. 19; Müller-Rostin, TranspR 1989, 121, 124). Die Revision vertritt demgegenüber die Ansicht, die Sendung habe sich beim Abhandenkommen nicht mehr in der Obhut der Beklagten befunden , da sie mit der Entladung vollständig in den Einwirkungs- und Verantwortungsbereich des Bodenverkehrsunternehmens Pu. übergegangen sei. Diesem Unternehmen gegenüber habe der Beklagten jede Weisungsbefugnis gefehlt , jede Einmischung sei untersagt worden. Damit vermag die Revision nicht durchzudringen.
Nach der Rechtsprechung des Senats hat der Luftfrachtführer so lange Obhut an dem Gut, als es sich mit seinem Willen derart in seinem Einwirkungsbereich befindet, daß er in der Lage ist, das Gut gegen Verlust und Beschädigung zu schützen (BGH, Urt. v. 27.10.1978 - I ZR 114/76, VersR 1979, 83, 84 f.). Dazu ist ein körperlicher Gewahrsam durch den Luftfrachtführer nicht
zwingend erforderlich (vgl. Giemulla/Schmid/Müller-Rostin aaO Art. 18 Rdn. 18 c; Ruhwedel aaO Rdn. 437 f.). Es genügt, daß der Luftfrachtführer auf die Behandlung des Transportgutes Einfluß nehmen kann. Befindet sich das Frachtgut im Gewahrsam eines Dritten, so hängt der Grad der erforderlichen Einwirkungsmöglichkeit von den Umständen des jeweiligen Einzelfalls ab. Im Grundsatz kann ein geringerer Grad von Einwirkungsmöglichkeit ausreichen, wenn der Schaden in einem zu den Kernbereichen der Luftbeförderung gehörenden Teilabschnitt eingetreten ist. Denn der Absender darf darauf vertrauen, daß der Luftfrachtführer zumindest in den vertragstypischen Tätigkeitsfeldern der Luftbeförderung für eine sorgfältige Vertragserfüllung einstehen will.
Übergibt der Luftfrachtführer das Frachtgut freiwillig in die Hand eines Dritten, so wird die Obhut des Luftfrachtführers zumindest im Kernbereich der Luftbeförderung im Regelfall bereits deshalb fortbestehen, weil der Dritte seinerseits in Erfüllung seiner dem Luftfrachtführer gegenüber bestehenden Vertragspflichten zum sorgsamen Umgang mit dem Frachtgut verpflichtet ist (vgl. OLG München ZLW 2000, 118, 122; Müller-Rostin, TranspR 1989, 121, 124). Insoweit wird die obhutsbegründende Einwirkungsmöglichkeit durch das rechtliche Band der Vertragsbeziehung vermittelt. Die Obhut endet lediglich dann, wenn der Luftfrachtführer den Gewahrsam ohne eigene Mitwirkung - beispielsweise durch staatlichen Hoheitsakt einer Zollbehörde - verliert und keine tatsächlichen oder rechtlichen Einwirkungsmöglichkeiten auf das Frachtgut besitzt (vgl. dazu Koller, Transportrecht, 4. Aufl., WA Art. 18 Rdn. 5; Giemulla/ Schmid/Müller-Rostin aaO Art. 18 Rdn. 21 b und c m.w.N.).
Angesichts dieses rechtlichen Ausgangspunktes ist das Berufungsgericht zu Recht von einer während des Entladevorgangs fortbestehenden Obhut der Beklagten ausgegangen. Der Entladevorgang einschließlich des Waren-
umschlags auf dem Flughafen gehören zu den vertragstypischen Leistungspflichten des Luftbeförderungsvertrages; mithin entstand der Schaden in einem Bereich, in dem keine allzu strengen Anforderungen an das Fortbestehen einer Obhut des Luftfrachtführers zu stellen sind.
Das Berufungsgericht hat keine Feststellungen dazu getroffen, ob der Verlust unmittelbar beim Entladen oder erst danach auf dem Flughafengelände eingetreten ist. Legt man das Vorbringen der Beklagten zugrunde, so ist die Sendung bereits beim Entladen aus dem Flugzeug abhanden gekommen (Klageerwiderung GA 19 f. und RB 5, 9 und 10). Für diesen Zeitraum ist aber noch eine tatsächliche Einwirkungsmöglichkeit der Beklagten selbst gegeben. Denn bei dem Entladevorgang war unstreitig der Stationsleiter der Beklagten überwachend anwesend. Nach der allgemeinen Lebenserfahrung wirkt sich eine Beobachtung schadensgefährdeter Vorgänge risikomindernd aus. Dies liegt gerade bei Diebstahlsgefahren auf der Hand, da eine Überwachung das Risiko potentieller Täter erhöht, entdeckt zu werden. Darauf, daß das Umschlagsunternehmen die Anwesenheit des Stationsleiters nur mit Widerspruch geduldet habe, kommt es nicht an. Auch der von der Revision angeführte Umstand, daß der Stationsleiter dem Umschlagsunternehmen keinerlei Weisungen habe erteilen dürfen, erfordert keine andere Beurteilung, da allein die Anwesenheit des Stationsleiters eine überwachende Funktion ausübte.
Aber auch dann, wenn der Verlust entgegen der Behauptung der Beklagten erst nach dem Entladen aus dem Flugzeug außerhalb des unmittelbaren tatsächlichen Einwirkungsbereichs des Stationsleiters auf dem Flughafengelände eingetreten sein sollte, wäre der der Beklagten zuzurechnende Obhutszeitraum nicht überschritten. Denn die Pu. gehört zu den "Leuten" i.S. des
Art. 20 WA, für die der Luftfrachtführer verantwortlich ist (vgl. nachfolgend unter II. 3.).
3. Die Revision wendet sich ohne Erfolg gegen die weitere Annahme des Berufungsgerichts, die Ersatzpflicht der Beklagten sei auch nicht gem. Art. 20 WA entfallen. Nach dieser Vorschrift tritt die Ersatzpflicht nicht ein, wenn der Luftfrachtführer beweist, daß er und seine "Leute" alle erforderlichen Maßnahmen zur Verhütung des Schadens getroffen haben oder daß sie diese Maßnahmen nicht treffen konnten. Diesen Nachweis hat das Berufungsgericht zu Recht als nicht erbracht angesehen.
Soweit die Überwachung des Entladevorgangs durch den Stationsleiter der Beklagten in Rede steht, hat die Beklagte selbst vorgetragen, daß die Fracht "gleichsam unter seinen Augen" abhanden gekommen sei (GA 20). Dabei fehlt es an jeglichem Vortrag, wie das Entladen erfolgte und welche Kontrollmaßnahmen dabei durchgeführt wurden.
Die Beklagte hätte sich überdies auch hinsichtlich des Verhaltens der Pu. und deren Mitarbeiter entlasten müssen, da diese - wie das Berufungsgericht zu Recht angenommen hat - zu den "Leuten" der Beklagten i.S. des Art. 20 WA gehören. Dem hält die Revision ohne Erfolg entgegen, die Beklagte habe die Dienste der Pu. in Anspruch nehmen müssen und dieser keinerlei Weisungen erteilen dürfen.
Unter "Leuten" i.S. des Art. 20 WA sind alle Personen zu verstehen, deren sich der Luftfrachtführer zur Ausführung der ihm aufgetragenen Luftbeförderung arbeitsteilig bedient. Hierbei ist im Sinne einer vertragsautonomen Auslegung der internationalen Tendenz Rechnung zu tragen, den persönlichen
Anwendungsbereich der Vorschrift großzügig zu umschreiben (MünchKommHGB/Kronke, WA Art. 20 Rdn. 33). In der Sache entspricht der "Leute"-Begriff weitgehend der dem deutschen Rechtskreis geläufigen Rechtsstellung des Erfüllungsgehilfen nach § 278 BGB (BGH, Urt. v. 14.2.1989 - VI ZR 121/88, TranspR 1989, 275, 276 f.). Auch dort beruht der eigentliche Grund für die Zurechnung der fremden Handlung darauf, daß der Erfüllungsgehilfe objektiv auf Veranlassung des Schuldners eine Aufgabe übernimmt, deren Erfüllung im Verhältnis zum Gläubiger dem Schuldner selbst obliegt (BGHZ 13, 111, 113; 50, 32, 35; 62, 119, 124; BGH, Urt. v. 30.3.1988 - I ZR 40/86, BGHR § 278 BGB - Unterlassungsversprechen 1). Deshalb wird die Eigenschaft , als Erfüllungsgehilfe tätig zu werden, auch nicht dadurch in Frage gestellt, daß der Erfüllungsgehilfe keinen Weisungen des Schuldners unterliegt. Unerheblich ist auch, daß der mit Willen des Schuldners in dessen Geschäftskreis eintretende Erfüllungsgehilfe hinsichtlich der von ihm erbrachten Leistung eine Monopolstellung innehat (vgl. BGHZ 62, 119, 124; auch BGHZ 100, 117, 122; BGHR § 278 BGB - Unterlassungsversprechen 1).
Umstritten ist, ob der "Leute"-Begriff i.S. des Art. 20 WA davon abweichend eine Weisungsabhängigkeit erfordert (so Giemulla/Schmid/Müller-Rostin aaO Art. 25 Rdn. 51; Giemulla, Luftverkehrsrecht im Wandel, S. 115, 126; Ruhwedel aaO Rdn. 580). Das Berufungsgericht hat die Auffassung vertreten, daß es auf eine intensive Weisungsbefugnis nicht ankommt (so auch OLG Nürnberg TranspR 1992, 276, 278; OLG München ZLW 2000, 119, 122; Koller, Transportrecht, 4. Aufl., WA Art. 20 Rdn. 19). Dem ist beizutreten. Andernfalls würde die Entlastungsmöglichkeit zugunsten des Luftfrachtführers in einem gem. Art. 18 Abs. 2 WA grundsätzlich noch der Luftbeförderung zuzurechnenden Bereich zum Nachtteil des Geschädigten, der insoweit keinen Einblick und auch keine Einflußmöglichkeiten hat, in einer Weise eingeengt, die mit dem
Zweck der strengen Obhutshaftung nicht mehr vereinbar wäre. Das Berufungsgericht hat zutreffend darauf abgehoben, daß die Erweiterung des Obhutszeitraums dadurch gerechtfertigt ist, daß es der Luftfrachtführer in aller Regel in der Hand hat, das Frachtgut auch in diesem Zeitraum durch geeignete Maßnahmen vor Verlust und Beschädigung zu schützen. Demgegenüber ist der Absender mit den Verhältnissen auf den Flughäfen regelmäßig nicht vertraut und kann auf Entladung, Verwahrung und Weiterleitung an den Empfänger keinen Einfluß nehmen. Es ist allerdings nicht zu verkennen, daß auch die Einwirkungsmöglichkeiten der Luftfrachtführer auf die Bodenverkehrsdienste der einzelnen Flughäfen unterschiedlich sein können und bei Monopolunternehmen wie der Pu. wesentlich erschwert sind. Entscheidend muß indessen sein, ob der Dritte dem Luftfrachtführer gegenüber zum Schutze des Gutes und zur Herausgabe verpflichtet ist (vgl. Koller, Transportrecht, 4. Aufl., WA Art. 18 Rdn. 5). Kann die Entladung und der Umschlag des Gutes im Rahmen der vertraglichen Beziehungen im Einzelfall nicht hinreichend gewährleistet werden, so ist es Sache des Luftfrachtführers, einen Beförderungsauftrag gegebenenfalls abzulehnen, will er sich nicht der strengen Obhutshaftung aussetzen. Die besonderen Schwierigkeiten, die im Einzelfall bei der Sicherstellung rechtlicher Einflußmöglichkeiten gegeben sein können, fallen grundsätzlich in die Sphäre des Luftfrachtführers. Die Revisionserwiderung verweist zu Recht darauf, daß eine Betrachtung, die auf die konkreten rechtlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse auf einzelnen Flughäfen Rücksicht nimmt und die maßgebend auf das Ausmaß der Weisungsmöglichkeiten gegenüber der jeweiligen Bodenverkehrsgesellschaft abstellt, letztlich der gebotenen einheitlichen Anwendung des Warschauer Abkommens zuwiderliefe. Der Verkehrsschutz erfordert eine gewisse generalisierende Handhabung.
Die Gegenmeinung kann nicht mit Erfolg darauf verweisen, daß der "Leute"-Begriff der deutschen Übersetzung in der französischen Originalfassung des Warschauer Abkommens "préposés" lautet. Denn eine inhaltsgleiche Übertragung des französischen Rechtsbegriffs (Art. 1384 und 1953 Code Civil), der nur den nicht selbständigen Gehilfen meint, entspricht nicht zwingend dem Sinn und Zweck des Abkommens: Bereits zum Zeitpunkt der Entstehung des Abkommens bestand bei der Luftbeförderung die Praxis, daß sich der Luftfrachtführer zur Ausführung der Transporte mitunter selbständiger Unternehmen bediente. Es entsprach mithin einem naheliegenden Bedürfnis, auch diese Unternehmen in die Haftung des Luftfrachtführers einzubinden. Darüber hinaus zeigt eine rechtsvergleichende Betrachtung, daß die Umsetzung der Originalfassung des Abkommens in die einzelnen Vertragssprachen nicht einheitlich gelang; so sind etwa in der italienischen Übersetzung mit "préposés" ausschließlich die selbständigen Hilfspersonen des Luftfrachtführers gemeint (Schmid, TranspR 1984, 1, 3 f., Fn. 18 m.w.N.).
Auch der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes läßt sich das Erfordernis einer intensiven Weisungsbefugnis nicht entnehmen. Allerdings hat der VI. Zivilsenat (TranspR 1989, 275, 276 f.) die Auffassung vertreten, daß bei der Auslegung der §§ 44, 45 LuftVG der an Art. 20 WA angelehnte Begriff der "Leute" zwar weitgehend den Erfüllungsgehilfen nach § 278 BGB gleichgestellt sei, daß die "Leute" i.S. des § 45 LuftVG aber ähnlich den Verrichtungsgehilfen von den Weisungen des Luftfrachtführers abhängig sein müßten. Insoweit handelt es sich indessen nicht um eine die Entscheidung tragende Erwägung. Außerdem läßt sich der dort vorausgesetzte Weisungsbegriff mit der hier vertretenen Auffassung vereinbaren, die eine gewisse Weisungsbefugnis ausreichen läßt, welche in rechtlichen Einflußmöglichkeiten und einer - hier gegebe-
nen - zumindest überwachenden Anwesenheit beim Entladevorgang bestehen kann.
4. Entgegen der Ansicht der Revision ist es schließlich auch nicht zu beanstanden, daß das Berufungsgericht der Beklagten die Berufung auf die Haftungsbeschränkung des Art. 22 WA versagt hat.
Nach Art. 25 WA gilt die Haftungsbeschränkung des Art. 22 WA nicht, wenn nachgewiesen wird, daß der Schaden durch eine Handlung oder Unterlassung des Luftfrachtführers oder seiner "Leute" verursacht worden ist, die leichtfertig und in dem Bewußtsein begangen wurde, daß ein Schaden mit Wahrscheinlichkeit eintreten werde.

a) Nach Ansicht des Berufungsgerichts hat die Klägerin den Nachweis erbracht, daß der Schaden gemäß Art. 25 Satz 1 WA durch ein solches Verhalten der Beklagten verursacht worden ist. Zwar habe die Klägerin das Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen des Art. 25 WA nicht ausdrücklich vorgetragen. Auch sei eine gesteigerte Sorgfaltswidrigkeit der Beklagten nicht mit den Mitteln des Anscheinsbeweises nachgewiesen. Dennoch lägen eine Reihe von unstreitigen oder sich aus dem Prozeßverhalten ergebenden Hilfstatsachen vor, die den Schluß auf das qualifizierte Verschulden zuließen und den ausdrücklichen Vortrag der Haupttatsachen ersetzten. So sei unter anderem das Prozeßverhalten der Beklagten heranzuziehen: Obwohl die Beklagte der Klägerin gegenüber zur Aufklärung verpflichtet gewesen sei, habe sie es unterlassen , die ihr möglichen und zumutbaren Auskünfte zu erteilen. Es sei unklar geblieben, ob der Verlust noch auf dem Rollfeld oder erst nach der Verbringung der Fracht in die Räumlichkeiten der Pu. bekanntgegeben worden sei. Wenigstens hätte die Beklagte in allgemeiner Form vortragen können, in wel-
cher Art mit der Fracht nach dem Abtransport vom Rollfeld verfahren werde und wie die Fracht dann gegen Verlust geschützt werde. Aus dem fehlenden Vortrag zu Kontrollmaßnahmen könne der naheliegende Schluß gezogen werden , daß systematische Kontrollen nicht vorhanden gewesen seien und bei der Pu. keine ausreichenden Verlustsicherungen bestanden hätten. Dies lege es überzeugungsbildend nahe, daß die Beklagte leichtfertig und im Bewußtsein der Schadenswahrscheinlichkeit gehandelt habe.

b) Diese Ausführungen halten den Angriffen der Revision im Ergebnis stand.
aa) Es ist allgemein anerkannt und wird auch im Revisionsverfahren nicht in Zweifel gezogen, daß sich das in Art. 25 WA vorausgesetzte qualifizierte Verschulden des Luftfrachtführers oder seiner "Leute" auch aus einer mangelhaften Organisation des Betriebsablaufs ergeben kann, der keinen hinreichenden Schutz der zu befördernden Frachtgüter gewährleistet und sich in krasser Weise über die Sicherheitsinteressen der Vertragspartner hinwegsetzt (BGH, Urt. v. 10.5.1974 - I ZR 61/73, VersR 1974, 766; OLG Köln ZLW 1999, 163, 164 f.; OLG München ZLW 2000, 118, 122; Ruhwedel aaO Rdn. 525; Koller, Transportrecht, 4. Aufl., WA Art. 25 Rdn. 5). Ebenso ist unumstritten, daß der Geschädigte die materielle Beweislast für die Voraussetzungen des Art. 25 WA trägt.
bb) Die Revision rügt jedoch, daß das Berufungsgericht im Streitfall die Darlegungs- und Beweislast der Klägerin über das zulässige Maß hinaus erleichtert habe. Damit vermag sie nicht durchzudringen.
Es begegnet keinen durchgreifenden Bedenken, daß das Berufungsgericht insoweit die für den Bereich der ADSp- und CMR-Haftung anerkannte Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes auch im Streitfall herangezogen hat. Danach erfüllt der Anspruchsteller die ihm obliegende Darlegungslast für ein grob fahrlässiges Verschulden des Spediteurs oder Frachtführers bereits dann, wenn der Klagevortrag nach den Umständen des Falles ein grob fahrlässiges Verschulden mit gewisser Wahrscheinlichkeit nahelegt und allein der Spediteur bzw. der Frachtführer zur Aufklärung des in seinem Bereich entstandenen Schadens zumutbarerweise beitragen kann. Gleiches gilt, wenn sich die Anhaltspunkte für das Verschulden aus dem unstreitigen Sachverhalt ergeben. In diesem Fall darf sich der Anspruchsgegner zur Vermeidung prozessualer Nachteile nicht darauf beschränken, den Sachvortrag schlicht zu bestreiten. Er ist vielmehr gehalten, das Informationsdefizit des Anspruchstellers durch detaillierten Sachvortrag zum Ablauf des Betriebs und den ergriffenen Sicherungsmaßnahmen auszugleichen (vgl. näher BGHZ 127, 275, 283 f.; 129, 345, 349 f.; BGH, Urt. v. 22.6.1995 - I ZR 21/93, TranspR 1996, 37 f.; Urt. v. 6.7.1995 - I ZR 20/93, TranspR 1996, 70 f.; Urt. v. 14.12.1995 - I ZR 138/93, TranspR 1996, 121, 123; Urt. v. 25.9.1997 - I ZR 156/95, TranspR 1998, 262, 264; Urt. v. 16.7.1998 - I ZR 44/96, TranspR 1999, 19, 23).
Die Auferlegung einer sogenannten sekundären Behauptungslast ist auch außerhalb der genannten Rechtsgebiete in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes und im Schrifttum zumindest dann anerkannt, wenn die primär darlegungspflichtige Partei außerhalb des darzulegenden Geschehensablaufs steht und keine Kenntnisse von den maßgeblichen Tatsachen besitzt, während der Prozeßgegner zumutbar nähere Angaben machen kann (BGH, Urt. v. 20.1.1961 - I ZR 79/59, NJW 1961, 826, 828 - Pressedienst; Urt. v. 13.7.1962 - I ZR 43/61, GRUR 1963, 270, 272 = WRP 1962, 404 - Bärenfang;
BGHZ 120, 320, 327 - Tariflohnunterschreitung; BGH, Urt. v. 15.10.1986 - IVb ZR 78/85, NJW 1987, 1201; Urt. v. 11.6.1990 - II ZR 159/89, NJW 1990, 3151 f. mit Anm. Schreiber, JR 1991, 415; Urt. v. 17.10.1996 - IX ZR 293/95, NJW 1997, 128, 129; Baumgärtel, Beweislastpraxis im Privatrecht, Rdn. 303 ff.; Arens, ZZP 96 (1983), 1, 21 ff.; Zöller/Greger, ZPO, 21. Aufl., Vor § 284 Rdn. 34; MünchKommZPO/Peters, § 138 Rdn. 21 f.; Musielak/Stadler, ZPO, § 138 Rdn.10 f.).
cc) Entgegen einer in der Literatur vertretenen Meinung führt die Auferlegung sekundärer Darlegungslasten nicht zu einer Umkehr der materiellen Beweislast oder gar dazu, daß die begrenzte Haftung des Luftfrachtführers nach Art. 22 WA im "Endeffekt" abgeschafft würde (so Giemulla, Luftverkehrsrecht im Wandel, S. 115, 119 ff.; ders. in Giemulla/Schmid/Müller-Rostin aaO Art. 25 Rdn. 51). Diese Gefahr besteht schon deshalb nicht, weil der Luftfrachtführer im Schadensersatzprozeß nicht von vornherein zur Vermeidung prozessualer Nachteile vortragen muß. Vielmehr besteht die prozessuale Obliegenheit zur substantiierten Darlegung der dem eigenen Geschäftskreis entspringenden Abläufe nur dann, wenn das prozessuale Geschehen Anhaltspunkte für ein Organisationsverschulden bietet. Insoweit darf sich der klägerische Sachvortrag nicht darauf beschränken, die bloße Tatsache des Verlustes vorzutragen.
Auch dann, wenn der Luftfrachtführer die im Einzelfall bestehende Darlegungslast erfüllt, ändert sich die materielle Beweislast nicht. Nunmehr bleibt es nämlich Sache des Geschädigten, den Nachweis dafür zu erbringen, daß der vom Luftfrachtführer vorgetragene Organisationsablauf den strengen Verschuldensvorwurf des Art. 25 WA rechtfertigt. Hierzu mag der Geschädigte entweder den Tatsachenvortrag des Luftfrachtführers angreifen oder aufzei-
gen, weshalb die Organisation des Frachtablaufs den normativen Anforderungen des Art. 25 WA nicht gerecht wird. In beiden Fällen trägt der Geschädigte den Nachteil aus der Nichterweislichkeit seiner Behauptungen und muß sich im Fall des fehlgeschlagenen Beweises mit der beschränkten Haftung nach Art. 22 WA begnügen (Ruhwedel aaO Rdn. 525 f.; OLG Köln TranspR 1996, 26,

27).


dd) Auch der Einwand, die Auferlegung sekundärer Darlegunglasten verwässere das ausgewogene Haftungssystem des Warschauer Abkommens und verstieße insbesondere gegen die Intention der Vertragsstaaten, mit der Haager Fassung des Warschauer Abkommens den Ausschluß der Haftungsbeschränkungen gegenüber der Warschauer Fassung gewissermaßen als Gegenleistung für die Verdoppelung der Haftungssummen für Personenschäden einzuschränken (vgl. Riese, ZLR 1956, 1, 30; Guldimann, Internationales Lufttransportrecht , Art. 25 Rdn. 11; BGHZ 74, 162, 168), greift letztlich nicht durch. Denn dieser Gefahr ist bei der Ausgestaltung der konkreten Anforderungen an ein leichtfertiges und vom Bewußtsein der Schadenswahrscheinlichkeit getragenes Organisationsverschulden zu begegnen. Angesichts des anerkannten Rechtsgrundsatzes, daß das Warschauer Abkommen als internationales Abkommen aus sich selbst heraus unter Berücksichtigung seiner Entstehungsgeschichte und insbesondere seines Zwecks auszulegen ist (BGH, Urt. v. 19.3.1976 - I ZR 75/74, NJW 1976, 1583; BGHZ 74, 162, 168; Koller, Transportrecht , 4. Aufl., WA Art. 25 Rdn. 5), verbietet es sich, die zu § 51 ADSp a.F. und Art 29 CMR für den dort verwendeten Verschuldensmaßstab entwickelten Auslegungsgrundsätze unbesehen auf die Auslegung des Art. 25 WA zu übertragen.
Insbesondere bei Sachschäden muß nicht mit jedem leichtfertigen Verhalten das Bewußtsein einer Schadenswahrscheinlichkeit verbunden sein (BGHZ 74, 162, 168 f.; OLG München ZLW 2000, 118, 122; OLG Frankfurt TranspR 1993, 61, 63; Müller-Rostin, TranspR 1989, 126). In der Sache bleibt es der tatrichterlichen Würdigung vorbehalten, ob das Handeln nach dem äußeren Ablauf des zu beurteilenden Geschehens - hier: der Organisation des Entladevorgangs und des Warenumschlags - vom Bewußtsein getragen wurde, daß der Eintritt eines Schadens mit Wahrscheinlichkeit drohe (vgl. OLG München ZLW 2000, 118, 123; ZLW 1998, 565; OLG Köln TranspR 1996, 26 f. und ZLW 1999, 163, 165).
ee) Entgegen der Rechtsauffassung der Revision läßt sich demgegenüber eine weitere Verschärfung der Anforderungen an ein qualifiziertes Verschulden nicht aus dem Montrealer Übereinkommen über die Vereinheitlichung bestimmter Regeln für die internationale Luftbeförderung (abgedruckt in TranspR 1999, 315; näher Müller-Rostin, TranspR 1999, 291) herleiten. Soweit das noch nicht in Kraft getretene Abkommen für Frachtschäden selbst im Falle vorsätzlicher Schadensverursachung an der Haftungsbeschränkung festhält, unterscheidet sich das Haftungssystem grundlegend von der bislang gültigen Regelung des Art. 25 WA. Aufgrund des verfassungsrechtlich gewährleisteten Rückwirkungsverbots kann die Auslegung des Art. 25 WA nicht im Lichte einer inhaltsverschiedenen, zukünftigen Regelung erfolgen.

c) Bei diesem rechtlichen Ausgangspunkt hat das Berufungsgericht der Beklagten zu Recht die Darlegungslast dafür auferlegt, den von der Klägerin vorgetragenen Vorwurf eines groben Organisationsverschuldens durch konkrete Angaben zum Verlauf des Warenumschlags zu entkräften. Hierbei liefert insbesondere der Umstand, daß in der Nähe des Flughafens Verpackungsma-
terial gefunden wurde (BU 9), objektive Anhaltspunkte für den Verschuldensvorwurf. Zu Recht zieht das Berufungsgericht hieraus den naheliegenden Schluß, daß dieser Sachverhalt Anhaltspunkte für einen Diebstahl der Frachtgüter durch Mitarbeiter der Pu. liefert. Auch die Revision macht sich diese Schlußfolgerung zu eigen (RB 9). Träfe diese Vermutung zu, so stünde die unbeschränkte Haftung der Beklagten bereits deshalb fest, weil - wie ausgeführt - auch die Mitarbeiter der Pu. zu den "Leuten" der Beklagten gehörten, für die die Beklagte nach Art. 25 WA einstehen muß. Auf das Organisationsverschulden käme es dann nicht mehr an. In jedem Fall bot die Diebstahlsvermutung im Zusammenspiel mit der Weigerung, zum Ablauf des Entladevorgangs und zu den weiteren Abläufen des Warenumschlags im Bereich der Pu. näher vorzutragen , eine tragfähige Basis für die revisionsrechtlich nicht zu beanstandende tatrichterliche Würdigung, wonach der prozessual vorgetragene Sachverhalt hinreichende Rückschlüsse auf ein gravierendes Sicherheitsdefizit im Bereich der Pu. erlaube.
Schließlich scheitert die Auferlegung der Darlegungslast entgegen der Ansicht der Revision nicht daran, daß der Beklagten ein ergänzender Sachvortrag zu den Abläufen im Bereich der Pu. nicht zumutbar gewesen wäre. Das Berufungsgericht hat sich (BU 13) mit der Zumutbarkeit einer ergänzenden Auskunft auseinandergesetzt und darauf abgestellt, daß der Stationsleiter der Beklagten beim Entladevorgang anwesend gewesen sei. Folglich sei die Beklagte aus eigener Wahrnehmung ihres Mitarbeiters in der Lage gewesen, weitere Einzelheiten zur Organisation des Entladevorganges vorzutragen. Diese Ausführungen erscheinen plausibel und lassen im revisionsrechtlichen Prüfungsrahmen keinen Rechtsfehler erkennen. Auch die Revision zeigt insoweit keine Rechtsfehler auf.
III. Nach alledem war die Revision mit der Kostenfolge des § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.
Erdmann Starck Bornkamm
Büscher Raebel

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)