Bundesgerichtshof Urteil, 17. Nov. 2014 - I ZR 97/13

bei uns veröffentlicht am17.11.2014
vorgehend
Landgericht Stuttgart, 17 O 749/10, 02.08.2012
Oberlandesgericht Stuttgart, 2 U 156/12, 18.04.2013

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 9 7 / 1 3 Verkündet am:
17. November 2014
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Zuwiderhandlung während Schwebezeit
Wird eine zunächst durch einen vollmachtlos handelnden Stellvertreter des
Gläubigers angenommene vertragsstrafebewehrte Unterlassungserklärung später
durch den Gläubiger genehmigt, führt die gemäß § 184 Abs. 1 BGB anzunehmende
Rückwirkung der Genehmigung nicht dazu, dass eine Vertragsstrafe
für solche Verstöße gegen den Unterlassungsvertrag verwirkt ist, die während
der Zeit der schwebenden Unwirksamkeit des Vertrages stattgefunden haben.
BGH, Urteil vom 17. November 2014 - I ZR 97/13 - OLG Stuttgart
LG Stuttgart
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 18. September 2014 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Büscher,
die Richter Pokrant, Dr. Koch, Dr. Löffler und die Richterin Dr. Schwonke

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Beklagten wird unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels das Urteil des 2. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 18. April 2013 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Berufung des Beklagten gegen das Urteil der 17. Zivilkammer des Landgerichts Stuttgart vom 2. August 2012 im Hinblick auf die Verurteilung zur Zahlung von 324.500 € und von acht Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 7. Juni 2008 aus 327.187,60 € zurückgewiesen worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die in Portugal ansässige Klägerin war Inhaberin der unter anderem für Bekleidungsstücke mit Priorität vom 17. Oktober 1996 eingetragenen Gemeinschaftsbildmarke Nr. 000397117
2
Sie ließ unter dieser Marke Bekleidungsstücke und Accessoires im gehobenen Preissegment herstellen und im Europäischen Wirtschaftsraum durch Lizenznehmer vertreiben. Im März 2011 übertrug sie die Marke auf die Q. , S. .
3
Der Beklagte verkaufte 2007 als Geschäftsführer der Pe. W. & E. Ltd. mit Sitz in F. Bekleidungsstücke und Gürtel, die ohne die Zustimmung der Klägerin mit ihrer Marke versehen und in den Europäischen Wirtschaftsraum eingeführt und vertrieben worden waren.
4
Unter dem 13. Juli 2007 mahnten die Prozessbevollmächtigten der Klägerin die Pe. W. & E. Ltd. ab. Der Beklagte gab für die Gesellschaft am 24. Juli 2007 und im eigenen Namen am 2. August 2007 Erklärungen ab, in denen er sich strafbewehrt zur Unterlassung und zur Auskunftserteilung bis zum 21. August 2007 verpflichtete und angab, die Abmahnkosten in Höhe von 2.687,60 € zu übernehmen. Die für die Pe. W. & E. Ltd. abgegebene Erklärung nahmen die Prozessbevollmächtigten der Klägerin in deren Namen am 26. Juli 2007 und die vom Beklagten persönlich abgegebene Erklärung am 3. August 2007 an.
5
Der Beklagte führte den Verkauf von widerrechtlich mit der Marke der Klägerin versehenen Kleidungsstücken unter dem am 17. Juli 2007 mit Hilfe eines Strohmanns gegründeten Unternehmen P- Ltd. weiter. Er erzielte dadurch im Zeitraum vom 24. September 2007 bis zum 13. Februar 2008 einen Umsatz von 417.892,74 €.
6
Mit der vorliegenden Klage beansprucht die Klägerin vom Beklagten die Zahlung von 327.187,60 €. Dieser Betrag setzt sich zusammen aus einer Vertragsstrafe von 304.500 € wegen Verstoßes gegen das Unterlassungsgebot und einer weiteren Vertragsstrafe von 20.000 € wegen der bislang nicht erteilten Auskunft sowie aus 2.687,60 € vertraglich übernommener Abmahnkosten. Außerdem macht die Klägerin im Wege der Stufenklage Auskunftsansprüche geltend.
7
Der Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Er hat seine Unterlassungsund Verpflichtungserklärung vom 2. August 2007 mit Schriftsatz vom 18. November 2011 widerrufen und geltend gemacht, die Klägerin existiere nicht mehr, jedenfalls sei sie nicht aktivlegitimiert. Auch sei eine Prozessvollmacht der Klägervertreter nicht nachgewiesen worden.
8
Das Landgericht hat den Beklagten durch Teil-Versäumnisurteil zur Zahlung von 327.187,60 € nebst Zinsen in Höhe von acht Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 7. Juni 2008 sowie zu der vertraglich übernommenen Auskunft verurteilt. Nach einem Einspruch des Beklagten hat das Landgericht das Teil-Versäumnisurteil aufrechterhalten. Die dagegen gerichtete Berufung des Beklagten ist ohne Erfolg geblieben. Mit seiner vom Senat zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt, erstrebt der Beklagte weiterhin die Abweisung der Klage.

Entscheidungsgründe:


9
I. Das Berufungsgericht hat angenommen, der Klägerin stünden die geltend gemachten Ansprüche auf Zahlung von Vertragsstrafen und Abmahnkosten aufgrund des zwischen den Parteien abgeschlossenen Unterlassungsvertrags zu.
10
Die Klägerin habe ihre Existenz als juristische Person und die Prozessvollmacht ihrer Rechtsanwälte nachgewiesen. Sie sei aktivlegitimiert, weil der Unterlassungsvertrag mit ihr zustande gekommen sei. Die Klägerin habe ihre Aktivlegitimation für die Klageansprüche nicht deswegen verloren, weil die Gemeinschaftsmarke im Zuge der Umgliederung im Jahr 2011 an das Schweizer Unternehmen Q. übertragen worden sei. Die Vertragsstrafe sei bereits vor der Umstrukturierung im März 2011 verwirkt worden. Die Ansprüche seien deshalb bei der Klägerin entstanden und weder kraft Gesetzes noch rechtsgeschäftlich auf die Erwerberin übergegangen. Den Klageansprüchen stehe auch nicht der vom Beklagten während des Prozesses erklärte Widerruf des Unterlassungsvertrags wegen fehlender Vertretungsmacht der Klägervertreter bei Abschluss des Vertrags entgegen. Es könne unterstellt werden, dass die Rechtsanwälte bei der Annahme der Erklärung des Beklagten am 3. August 2007 ohne Vertretungsmacht gehandelt hätten. Ein vollmachtloses Handeln sei jedoch spätestens dadurch, dass die Klägervertreter aus dem Vertrag Klage erhoben hätten, mit Rückwirkung genehmigt worden. Zur Klageerhebung seien die Klägervertreter durch die ihnen erteilte und im Original vorgelegte umfassende Handlungsvollmacht vom 27. Mai 2010 bevollmächtigt gewesen. Der vom Beklagten während des Rechtsstreits mit Schreiben vom 18. November 2011 erklärte Widerruf habe mithin ein bereits genehmigtes Geschäft betroffen und sei daher ins Leere gegangen.
11
II. Die Revision des Beklagten hat Erfolg, soweit sie sich gegen die Verurteilung zur Zahlung einer Vertragsstrafe in Höhe von 304.500 € wegen Verstoßes gegen die vertragliche Verpflichtung zur Unterlassung und zur Zahlung einer weiteren Vertragsstrafe in Höhe von 20.000 € wegen Verstoßes gegen die vertragliche Verpflichtung zur Auskunftserteilung sowie gegen die Verpflichtung zur Zahlung von acht Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 7. Juni 2008 aus 327.187,60 € richtet (dazu unter II 2 a). Insoweit führt die Revision zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. Erfolglos wendet sich die Revision gegen die Verurteilung des Beklagten zur Zahlung von Abmahnkosten in Höhe von 2.687,60 € und zur Auskunftserteilung (dazu unter II 2 b).
12
1. Die Klage ist zulässig. Das Berufungsgericht hat zutreffend angenommen , dass die Klägerin rechtlich existiert und damit parteifähig ist (§ 50 Abs. 1 ZPO).
13
a) Die Revision rügt, das Berufungsgericht habe sich für den Nachweis der Existenz der Klägerin, einer Gesellschaft nach portugiesischem Recht, maßgeblich auf einen Onlineauszug aus dem portugiesischen Register gestützt, dessen fehlende Aussagekraft aber verkannt. Der Auszug könne keine in der Zukunft liegenden Umstände - hier den Fortbestand der Klägerin über das Datum des Abrufs der Handelsregisterdaten am 7. September 2011 hinaus - bezeugen. Mit diesem Angriff gegen das Berufungsurteil dringt die Revision nicht durch.
14
aa) Das Berufungsgericht hat offengelassen, ob der Einwand des Beklagten , die Klägerin sei untergegangen, überhaupt hinreichend substantiiert dargelegt worden ist. Jedenfalls sei dem Vorbringen des Beklagten lediglich zu entnehmen , dass er den Untergang der Klägerin im Zusammenhang mit der Um- strukturierung der Unternehmensgruppe der Klägerin im März 2011 behauptet habe. Maßgebend sei deshalb allein, ob Umstände eingetreten seien, die Zweifel an der Existenz der Klägerin nach diesem Zeitpunkt begründen könnten. Dass die Klägerin jedoch nach März 2011 existiert habe, ergebe sich aus dem Handelsregisterausdruck vom 7. September 2011 in Verbindung mit der eidesstattlichen Versicherung des Rechtsanwalts Dr. C. vom 7. November 2011. Ergänzend hat das Berufungsgericht darauf abgestellt, dass die Klägerin auch zum Zeitpunkt der Entscheidung in der Berufungsinstanz noch im Internet aufgerufen werden konnte.
15
bb) Gegen die Annahme des Berufungsgerichts, dass der Beklagte sich nur auf einen Untergang der Klägerin im Zusammenhang mit der Umstrukturierung der Unternehmensgruppe im März 2011 berufen hat, wendet sich die Revision nicht. Im Streitfall war damit allein maßgeblich, ob die Klägerin nach März 2011 noch existiert hat. Dieser Umstand konnte durch einen Auszug aus dem Onlinehandelsregister vom September 2011 nachgewiesen werden.
16
b) Es sind auch sonst keine Umstände ersichtlich, die Zweifel am Fortbestand der Klägerin seit September 2011 begründen könnten. Ohne Erfolg macht die Revision insoweit geltend, das Berufungsgericht habe nicht berücksichtigt, dass der Klägervertreter selbst im Rahmen von Vergleichsverhandlungen mit Schreiben vom 26. September 2011 angeregt habe, der Beklagte solle Zahlungspflichten auch gegenüber der Q. mit Sitz in der S. übernehmen, weil nicht auszuschließen sei, dass während der in Aussicht genommenen Laufzeit der Zahlungsverpflichtung des Beklagten eine Liquidation der Klägerin erfolgen werde. Aus diesem im Rahmen von Vergleichsverhandlungen geäußerten Wunsch zur umfassenden Absicherung der Zahlungsverpflichtungen des Beklagten lässt sich nicht entnehmen, dass eine Liquidation der Klägerin tatsächlich geplant war und in der Zwischenzeit umgesetzt worden ist.
17
c) Ist die Existenz der Klägerin im September 2011 damit nachgewiesen und bestehen keine Zweifel an ihrem Fortbestand, kommt es auf die weitere, von der Revision aufgeworfene Frage, ob die Klägerin nach portugiesischem Recht allein deshalb als rechts- und parteifähig zu behandeln ist, weil sie Vermögenswerte klageweise geltend macht, nicht mehr an.
18
2. Auf der Grundlage der bislang vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen ist die Klage nur wegen des Anspruchs auf Zahlung der Abmahnkosten in Höhe von 2.687,60 € und wegen des vertraglich vereinbarten Auskunftsanspruchs begründet.
19
a) Die Annahme des Berufungsgerichts, der Klägerin stünden Ansprüche auf Zahlung von Vertragsstrafen über 324.500 € wegen Verstoßes gegen die vertraglich übernommene Verpflichtung zur Unterlassung und zur Auskunftserteilung sowie zur Zahlung von acht Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 7. Juni 2008 aus 327.187,60 € zu, hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand. Das Berufungsgericht hat rechtsfehlerhaft einen Verstoß des Beklagten gegen die Verpflichtung zur Unterlassung und zur Auskunftserteilung aus der Vereinbarung der Parteien vom 2./3. August 2007 angenommen.
20
aa) Das Berufungsgericht hat die Beurteilung des Landgerichts gebilligt, wonach der Klägerin ein Anspruch auf Zahlung einer Vertragsstrafe in Höhe von 304.500 € zusteht, weil der Beklagte gegen Ziffer 1 der Unterlassungs- und Verpflichtungsvereinbarung vom 2./3. August 2007 verstoßen habe. Es hat insoweit angenommen, es könne offenbleiben, ob die Rechtsanwälte der Klägerin bei der Annahme der Erklärung des Beklagten am 3. August 2007 mit Vertre- tungsmacht gehandelt hätten. Liege ein vollmachtloses Handeln vor, sei dieses spätestens dadurch, dass die Klägervertreter aus dem Vertrag die vorliegende Klage erhoben hätten, mit Rückwirkung genehmigt worden. Der vom Beklagten während des Rechtsstreits mit Schreiben vom 18. November 2011 gemäß § 178 BGB erklärte Widerruf seiner Verpflichtungserklärung habe danach ein bereits genehmigtes Geschäft betroffen und habe keine Wirkung mehr entfaltet. Mit dieser Begründung kann ein Vertragsstrafeanspruch nicht bejaht werden.
21
(1) Der Beurteilung des Berufungsgerichts liegt die Annahme zugrunde, die in § 177 Abs. 1, § 184 Abs. 1 BGB angeordnete Rückwirkung der Genehmigung eines zunächst vollmachtlos abgeschlossenen Unterlassungsvertrags führe dazu, dass die im Vertrag versprochene Vertragsstrafe auch durch Zuwiderhandlungen verwirkt wird, die während der Schwebezeit zwischen dem vollmachtlosen Abschluss und der Genehmigung der Vereinbarung durch Klageerhebung am 20. Januar 2011 vorgenommen wurden. Dies hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
22
(2) Gemäß § 184 BGB wirkt die Genehmigung auf den Zeitpunkt der Vornahme des Rechtsgeschäfts zurück, soweit nichts anderes bestimmt ist. Entgegen der Annahme des Berufungsgerichts führt die Rückwirkung der Genehmigung jedoch nicht dazu, dass der andere Teil während der Schwebezeit aus dem Vertretergeschäft verpflichtet wird. Während der Schwebezeit entstehen keine Rechtsfolgen, die an das tatsächliche Bestehen einer Leistungspflicht anknüpfen (vgl. BGH, Urteil vom 8. Oktober 1975 - VIII ZR 115/74, BGHZ 65, 123, 126; MünchKomm.BGB/Schramm, 6. Aufl., § 177 Rn. 46; Bub in BeckOK/ BGB, Stand: 1. Mai 2014, § 184 Rn. 9; Gehrlein/Weinland in jurisPK-BGB, 7. Aufl., § 177 Rn. 5). Der Geschäftsgegner gerät daher während der Zeit schwebender Unwirksamkeit des Vertrags mit seiner Leistungspflicht nicht in Verzug. Besteht seine Verpflichtung in einem Unterlassen, verwirkt er die Ver- tragsstrafe nicht nach § 339 Satz 2 BGB durch eine Zuwiderhandlung während des Schwebezustands der strafbewehrten Unterlassungsvereinbarung.
23
(3) Die vom Berufungsgericht angenommenen Verstöße gegen den Unterlassungsvertrag vom 2./3. August 2007 lagen in der Zeit vom 24. September 2007 bis 13. Februar 2008, und damit innerhalb der vom Berufungsgericht angenommenen Zeit schwebender Unwirksamkeit des Vertrags (3. August 2007 bis zur Klageerhebung am 20. Januar 2011). Auf diese festgestellten Zuwiderhandlungen kann bei Annahme eines zunächst vollmachtlos abgeschlossenen Vertrags eine Verurteilung zu Vertragsstrafezahlungen daher nicht gestützt werden.
24
bb) Die Revision wendet sich ferner mit Erfolg gegen die Annahme des Berufungsgerichts, der Klägerin stehe ein Anspruch auf Zahlung einer weiteren Vertragsstrafe in Höhe von 20.000 € zu, weil die Beklagte ihrer gemäß Ziffer 2 der Unterlassungsvereinbarung vom 2./3. August 2007 bestehenden vertragsstrafebewehrten Verpflichtung zur Auskunftserteilung bis 21. August 2007 nicht nachgekommen sei. Dieser Beurteilung liegt ebenfalls die unzutreffende Annahme zugrunde, der Beklagte sei während der vom Berufungsgericht angenommenen Schwebezeit zur Auskunftserteilung verpflichtet gewesen.
25
cc) Die Revision hat außerdem Erfolg, soweit sie sich dagegen richtet, dass der Beklagte zur Zahlung von acht Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 7. Juni 2008 aus 327.187,60 € verurteilt worden ist. Sowohl der vom Berufungsgericht angenommene Beginn des Zinslaufs als auch die Zinshöhe halten einer rechtlichen Überprüfung nicht stand.
26
(1) Das Landgericht hat - ausgehend von der in dem Schreiben der Klägerin vom 16. Mai 2008 gesetzten Zahlungsfrist bis zum 6. Juni 2008 - angenom- men, die Zinszahlungspflicht des Beklagten beginne am 7. Juni 2008. Aus den vorstehenden Gründen ist auch diese Beurteilung nicht rechtsfehlerfrei. Das Berufungsgericht ist von einer schwebenden Unwirksamkeit der Vereinbarung bis zur Klageerhebung am 20. Januar 2011 ausgegangen. Zuvor war der Beklagte zur Leistung nicht verpflichtet. Die Aufforderung der Klägerin vom 16. Mai 2008 konnte deshalb keine Pflicht zur Zahlung von Verzugszinsen gemäß § 288 BGB auslösen.
27
(2) Mit Erfolg wendet sich die Revision auch gegen die vom Berufungsgericht gebilligte Annahme des Landgerichts, der Beklagte schulde gemäß § 288 Abs. 2 BGB Zinsen in Höhe von acht Prozentpunkten über dem Basiszinssatz. Unter Entgeltforderungen im Sinne von § 288 Abs. 2 BGB sind nur solche Forderungen zu verstehen, die auf Zahlung eines Entgelts als Gegenleistung für die vom Gläubiger erbrachte oder zu erbringende Leistung gerichtet sind (vgl. BGH, Urteil vom 21. April 2010 - XII ZR 10/08, NJW 2010, 1872 Rn. 23). Nicht als Entgeltforderung anzusehen sind danach Ansprüche aus einem Vertragsstrafeversprechen und Ansprüche auf Erstattung von Abmahnkosten (BGH, NJW 2010, 1872 Rn. 24).
28
dd) Die Beurteilung des Berufungsgerichts, der Beklagte sei zur Zahlung der Vertragsstrafen und des Zinsanspruchs verpflichtet, stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO).
29
(1) Das Berufungsgericht hat allerdings angenommen, die Klägervertreter verfügten über Generalvollmachten der Geschäftsführerin der Klägerin Sa. vom 10. Oktober 2007, 22. Juli 2009 und 27. Mai 2010. Es hat jedoch letztlich offengelassen, ob darin schon eine Genehmigung des Vertragsschlusses mit dem Beklagten zu sehen ist. Ungeachtet dieser Frage lassen sich die Ansprüche auf Zahlung der Vertragsstrafen schon deshalb nicht - jedenfalls nicht vollständig - auf eine etwaige Genehmigung aufgrund dieser Generalvollmachten stützen, weil sie zeitlich nicht vor den Verletzungshandlungen liegen, aus denen die Klägerin die Vertragsstrafenansprüche herleitet. Dies gilt für die Generalvollmacht vom 10. Oktober 2007 zwar nur eingeschränkt, weil der Zeitraum des beanstandeten Vertriebs vom 24. September 2007 bis zum 13. Februar 2008 reicht. Den Feststellungen des Berufungsgerichts ist aber nichts dazu zu entnehmen, wie sich die Verstöße auf den fraglichen Zeitraum verteilen.
30
(2) Entgegen der in der mündlichen Verhandlung geäußerten Ansicht der Revisionserwiderung war der Beklagte nicht gemäß § 242 BGB unter dem Gesichtspunkt des widersprüchlichen Verhaltens gehindert, sich erst im laufenden Prozess auf die fehlende Vertretungsmacht der Rechtsanwälte der Klägerin bei Annahme der Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung des Beklagten am 3. August 2008 zu berufen.
31
Widersprüchliches Verhalten verstößt nicht ohne weiteres gegen die Grundsätze von Treu und Glauben (§ 242 BGB). Es bleibt einer Partei grundsätzlich unbenommen, von einem Rechtsstandpunkt nach Einleitung eines Rechtsstreits abzurücken. Rechtsmissbräuchlich ist widersprüchliches Verhalten nach ständiger Rechtsprechung vielmehr erst dann, wenn dadurch für den anderen Teil ein Vertrauenstatbestand geschaffen worden ist oder wenn andere besondere Umstände die Rechtsausübung als treuwidrig erscheinen lassen (BGH, Urteil vom 17. Februar 2005 - III ZR 172/04, BGHZ 162, 175, 181 mwN). Hierfür fehlt es im Streitfall an hinreichenden Anhaltspunkten.
32
b) Die Revision bleibt dagegen ohne Erfolg, soweit sie sich gegen die Annahme des Berufungsgerichts richtet, der Klägerin stünden aufgrund der Ver- pflichtungsvereinbarung der Parteien Ansprüche auf Auskunftserteilung und auf Zahlung von Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 2.687,60 € zu.
33
aa) Der Begründetheit der Ansprüche auf Auskunftserteilung und Zahlung von Abmahnkosten steht nicht entgegen, dass das Berufungsgericht von einer vollmachtlosen Annahme der Verpflichtungserklärung durch die Rechtsanwälte der Klägerin und deshalb von einer bis zur Klageerhebung am 20. Januar 2011 bestehenden schwebenden Unwirksamkeit der entsprechenden Vereinbarung ausgegangen ist. Der Beklagte hat sich in Ziffer 2 seiner Erklärung vom 2. August 2007 zur Erteilung der vom Landgericht tenorierten Auskünfte und in Ziffer 5 der Erklärung zur Zahlung von Abmahnkosten in Höhe von 2.687,60 € verpflichtet. Beide Ansprüche ergeben sich damit unmittelbar aus der spätestens mit Klageerhebung wirksam gewordenen Verpflichtungserklärung des Beklagten und sind nicht von der weiteren Voraussetzung eines Vertragsverstoßes während des vom Berufungsgericht zugrunde gelegten Zeitraums einer schwebenden Unwirksamkeit der Vereinbarung abhängig.
34
bb) Ohne Erfolg wendet sich die Revision gegen die Annahme des Berufungsgerichts , der - auf Seiten der Klägerin unterstellt vollmachtlos abgeschlossene - Unterlassungs- und Verpflichtungsvertrag der Parteien sei spätestens dadurch wirksam geworden, dass die Klägerin den Vertragsschluss durch Erhebung der vorliegenden Klage konkludent genehmigt habe (§ 177 Abs. 1 BGB).
35
(1) Die Revision macht insoweit geltend, das Berufungsgericht habe rechtsfehlerhaft allein den objektiven Umstand der Klageerhebung als Genehmigungshandlung genügen lassen und keine hinreichenden Feststellungen zu den subjektiven Voraussetzungen einer stillschweigenden Genehmigung getroffen. Diese Rüge greift nicht durch.
36
(2) Zwar setzt eine Genehmigung schwebend unwirksamer Geschäfte durch schlüssiges Verhalten regelmäßig voraus, dass der Genehmigende die Unwirksamkeit kennt oder zumindest mit ihr rechnet und dass in seinem Verhalten der Ausdruck des Willens zu sehen ist, das bisher als unverbindlich angesehene Geschäft verbindlich werden zu lassen (BGH, Urteil vom 22. Februar 2005 - XI ZR 41/04, NJW 2005, 1488, 1490). Allerdings ist auch in einem schlüssigen Verhalten ohne Erklärungsbewusstsein dann eine wirksame, wenn auch nach § 119 BGB anfechtbare Willenserklärung zu sehen, wenn der Erklärende bei Anwendung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt hätte erkennen und vermeiden können, dass seine Äußerung nach Treu und Glauben und der Verkehrssitte als Willenserklärung aufgefasst werden durfte, und wenn der Empfänger sie auch tatsächlich so verstanden hat (BGH, Urteil vom 2. November 1989 - IX ZR 197/88, BGHZ 109, 171, 177; Urteil vom 7. November 2001 - VIII ZR 13/01, BGHZ 149, 129, 136; MünchKomm.BGB/Schramm aaO § 177 Rn. 26). Der Bundesgerichtshof hat diese Grundsätze allerdings anhand von Sachverhalten entwickelt, bei denen der Geschäftsgegner vor den nachteiligen Folgen des fehlenden Erklärungsbewusstseins des Handelnden geschützt werden sollte. Darauf sind diese Grundsätze aber nicht beschränkt. Liegt in dem schlüssigen Verhalten auch ohne Erklärungsbewusstsein eine Willenserklärung , kommt es nicht darauf an, welche der Vertragsparteien sich darauf beruft. So liegen die Dinge auch im Streitfall. Das Berufungsgericht hat seiner Beurteilung zu Recht die Annahme zugrunde gelegt, die Klageerhebung aus dem Vertrag habe den objektiven Erklärungswert, dass die Klägerin den Unterlassungs - und Verpflichtungsvertrag in jedem Fall als wirksam ansehen und behandelt wissen wollte und sich daraus aus Sicht des Beklagten die Genehmigung der Vereinbarung vom 2./3. August 2007 durch die Klägerin im Falle ihrer schwebenden Unwirksamkeit ergibt. Anhaltspunkte dafür, dass der Beklagte zu einem anderen Verständnis Anlass hatte, sind von der Revision weder geltend gemacht noch sonst ersichtlich.
37
III. Das Berufungsurteil ist daher teilweise aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO).
38
Die Sache ist an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, soweit es um die Verurteilung des Beklagten zur Zahlung von Vertragsstrafen über 324.500 € wegen Verstoßes gegen die vertragliche Verpflichtung zur Unterlassung und zur Auskunftserteilung sowie zur Zahlung von Verzugszinsen geht. Das Berufungsgericht wird im wiedereröffneten Berufungsverfahren zu klären haben, ob die Parteien vor den geltend gemachten Verletzungshandlungen eine wirksame Vereinbarung geschlossen haben, die den Beklagten strafbewehrt zur Unterlassung und zur Auskunftserteilung verpflichtet hat. Das hat die Klägerin geltend gemacht. Sie hat sich darauf berufen, ihre Prozessbevollmächtigten seien bevollmächtigt gewesen, die Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung des Beklagten vom 2. August 2007 am 3. August 2007 anzunehmen.
39
Sollte das Berufungsgericht erneut zu dem Ergebnis kommen, dass der Beklagte in dem bislang angenommenen Umfang gegen die Unterlassungsund Verpflichtungsvereinbarung verstoßen hat, stellt sich die Frage, welche Höhe der Vertragsstrafe angemessen ist. Entgegen der Ansicht der Revision bestehen im Streitfall keine Anhaltspunkte, die aus Rechtsgründen gegen die vom Landgericht angenommene und vom Berufungsgericht gebilligte Höhe der Vertragsstrafe sprechen.
Büscher Richter am BGH Pokrant ist im Ruhestand Koch und daher verhindert zu unterschreiben. Büscher
Löffler Schwonke
Vorinstanzen:
LG Stuttgart, Entscheidung vom 02.08.2012 - 17 O 749/10 -
OLG Stuttgart, Entscheidung vom 18.04.2013 - 2 U 156/12 -

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Urteil, 17. Nov. 2014 - I ZR 97/13

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5 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Bundesgerichtshof Urteil, 17. Nov. 2014 - I ZR 97/13.

Bundesgerichtshof Urteil, 20. Juli 2017 - III ZR 545/16

bei uns veröffentlicht am 20.07.2017

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL III ZR 545/16 Verkündet am: 20. Juli 2017 P e l l o w s ki Justizhauptsekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja BGB § 675

Bundesgerichtshof Urteil, 04. Mai 2017 - I ZR 208/15

bei uns veröffentlicht am 04.05.2017

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL I ZR 208/15 Verkündet am: 4. Mai 2017 Führinger Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein B

Bundesgerichtshof Urteil, 14. Jan. 2016 - III ZR 107/15

bei uns veröffentlicht am 14.01.2016

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL III ZR 107/15 Verkündet am: 14. Januar 2016 P e l l o w s k i Justizobersekretärin als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja KHEntgG

Oberlandesgericht Düsseldorf Urteil, 21. Apr. 2015 - I-20 U 9/14

bei uns veröffentlicht am 21.04.2015

Tenor I. Auf die Anschlussberufung des Klägers wird das am 17.12.2013 verkündete Urteil der 14c. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst: 1. Die Bekl

Referenzen

(1) Schließt jemand ohne Vertretungsmacht im Namen eines anderen einen Vertrag, so hängt die Wirksamkeit des Vertrags für und gegen den Vertretenen von dessen Genehmigung ab.

(2) Fordert der andere Teil den Vertretenen zur Erklärung über die Genehmigung auf, so kann die Erklärung nur ihm gegenüber erfolgen; eine vor der Aufforderung dem Vertreter gegenüber erklärte Genehmigung oder Verweigerung der Genehmigung wird unwirksam. Die Genehmigung kann nur bis zum Ablauf von zwei Wochen nach dem Empfang der Aufforderung erklärt werden; wird sie nicht erklärt, so gilt sie als verweigert.

(1) Die nachträgliche Zustimmung (Genehmigung) wirkt auf den Zeitpunkt der Vornahme des Rechtsgeschäfts zurück, soweit nicht ein anderes bestimmt ist.

(2) Durch die Rückwirkung werden Verfügungen nicht unwirksam, die vor der Genehmigung über den Gegenstand des Rechtsgeschäfts von dem Genehmigenden getroffen worden oder im Wege der Zwangsvollstreckung oder der Arrestvollziehung oder durch den Insolvenzverwalter erfolgt sind.

Verspricht der Schuldner dem Gläubiger für den Fall, dass er seine Verbindlichkeit nicht oder nicht in gehöriger Weise erfüllt, die Zahlung einer Geldsumme als Strafe, so ist die Strafe verwirkt, wenn er in Verzug kommt. Besteht die geschuldete Leistung in einem Unterlassen, so tritt die Verwirkung mit der Zuwiderhandlung ein.

(1) Die nachträgliche Zustimmung (Genehmigung) wirkt auf den Zeitpunkt der Vornahme des Rechtsgeschäfts zurück, soweit nicht ein anderes bestimmt ist.

(2) Durch die Rückwirkung werden Verfügungen nicht unwirksam, die vor der Genehmigung über den Gegenstand des Rechtsgeschäfts von dem Genehmigenden getroffen worden oder im Wege der Zwangsvollstreckung oder der Arrestvollziehung oder durch den Insolvenzverwalter erfolgt sind.

(1) Parteifähig ist, wer rechtsfähig ist.

(2) Ein Verein, der nicht rechtsfähig ist, kann klagen und verklagt werden; in dem Rechtsstreit hat der Verein die Stellung eines rechtsfähigen Vereins.

Bis zur Genehmigung des Vertrags ist der andere Teil zum Widerruf berechtigt, es sei denn, dass er den Mangel der Vertretungsmacht bei dem Abschluss des Vertrags gekannt hat. Der Widerruf kann auch dem Vertreter gegenüber erklärt werden.

(1) Schließt jemand ohne Vertretungsmacht im Namen eines anderen einen Vertrag, so hängt die Wirksamkeit des Vertrags für und gegen den Vertretenen von dessen Genehmigung ab.

(2) Fordert der andere Teil den Vertretenen zur Erklärung über die Genehmigung auf, so kann die Erklärung nur ihm gegenüber erfolgen; eine vor der Aufforderung dem Vertreter gegenüber erklärte Genehmigung oder Verweigerung der Genehmigung wird unwirksam. Die Genehmigung kann nur bis zum Ablauf von zwei Wochen nach dem Empfang der Aufforderung erklärt werden; wird sie nicht erklärt, so gilt sie als verweigert.

(1) Die nachträgliche Zustimmung (Genehmigung) wirkt auf den Zeitpunkt der Vornahme des Rechtsgeschäfts zurück, soweit nicht ein anderes bestimmt ist.

(2) Durch die Rückwirkung werden Verfügungen nicht unwirksam, die vor der Genehmigung über den Gegenstand des Rechtsgeschäfts von dem Genehmigenden getroffen worden oder im Wege der Zwangsvollstreckung oder der Arrestvollziehung oder durch den Insolvenzverwalter erfolgt sind.

Verspricht der Schuldner dem Gläubiger für den Fall, dass er seine Verbindlichkeit nicht oder nicht in gehöriger Weise erfüllt, die Zahlung einer Geldsumme als Strafe, so ist die Strafe verwirkt, wenn er in Verzug kommt. Besteht die geschuldete Leistung in einem Unterlassen, so tritt die Verwirkung mit der Zuwiderhandlung ein.

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(1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, beträgt der Zinssatz für Entgeltforderungen neun Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(3) Der Gläubiger kann aus einem anderen Rechtsgrund höhere Zinsen verlangen.

(4) Die Geltendmachung eines weiteren Schadens ist nicht ausgeschlossen.

(5) Der Gläubiger einer Entgeltforderung hat bei Verzug des Schuldners, wenn dieser kein Verbraucher ist, außerdem einen Anspruch auf Zahlung einer Pauschale in Höhe von 40 Euro. Dies gilt auch, wenn es sich bei der Entgeltforderung um eine Abschlagszahlung oder sonstige Ratenzahlung handelt. Die Pauschale nach Satz 1 ist auf einen geschuldeten Schadensersatz anzurechnen, soweit der Schaden in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist.

(6) Eine im Voraus getroffene Vereinbarung, die den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf Verzugszinsen ausschließt, ist unwirksam. Gleiches gilt für eine Vereinbarung, die diesen Anspruch beschränkt oder den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf die Pauschale nach Absatz 5 oder auf Ersatz des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ausschließt oder beschränkt, wenn sie im Hinblick auf die Belange des Gläubigers grob unbillig ist. Eine Vereinbarung über den Ausschluss der Pauschale nach Absatz 5 oder des Ersatzes des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ist im Zweifel als grob unbillig anzusehen. Die Sätze 1 bis 3 sind nicht anzuwenden, wenn sich der Anspruch gegen einen Verbraucher richtet.

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bb) Der Gesetzgeber hat unter Berücksichtigung dieser Vorgaben in § 288 Abs. 2 BGB den nach Art. 3 Abs. 1 d der Richtlinie 2000/35/EG vorgeschriebenen höheren Zinssatz für alle Entgeltforderungen aus Rechtsgeschäften , an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, angeordnet. Voraussetzung für das Vorliegen einer Entgeltforderung ist somit, dass die Geldforderung die Gegenleistung für eine von dem Gläubiger erbrachte oder zu erbringende Leistung ist (MünchKomm/Ernst 5. Aufl. § 288 BGB Rdn. 19, § 286 BGB Rdn. 75; Staudinger /Löwisch/Feldmann [Neubearbeitung 2009] BGB § 288 Rdn. 17, § 286 Rdn. 90 ff.; Jauernig/Stadler 13. Aufl. § 288 BGB Rdn. 32).

Ergibt die Begründung des Berufungsurteils zwar eine Rechtsverletzung, stellt die Entscheidung selbst aber aus anderen Gründen sich als richtig dar, so ist die Revision zurückzuweisen.

Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
III ZR 172/04
Verkündet am:
17. Februar 2005
K i e f e r
Justizangestellter
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
§ 193 BGB ist auf Kündigungsfristen weder unmittelbar noch entsprechend
anwendbar (Fortführung von BGHZ 59, 265).
BGH, Urteil vom 17. Februar 2005 - III ZR 172/04 - OLG München
LG München I
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 17. Februar 2005 durch den Vorsitzenden Richter Schlick und die Richter
Dr. Wurm, Dr. Kapsa, Galke und Dr. Herrmann

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 15. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 14. Januar 2004 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsrechtszuges, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand


Die Klägerin unterhält eine deutsche Basketball-Mannscha ft, die am Spielbetrieb der Bundesliga teilnimmt; die Beklagte ist ein Telekommunikationsunternehmen , das inzwischen seinen operativen Betrieb eingestellt hat. Unter dem 11./15. Oktober 2001 schlossen die Parteien einen Werbevertrag, der in Ziffer VIII über die Vertragsdauer folgende Bestimmungen enthält:
"a) Die Laufzeit dieses Vertrags beginnt mit seiner Unterzeichnung durch beide Parteien und läuft für die Saison 2001/2002 und 2002/2003, d.h. für die Zeit bis zum 30. Juni 2003.
b) Beide Parteien erhalten allerdings die Möglichkeit, den Vertrag bis zum 30.04.2002 mit einer Frist von einem Monat ohne Angabe von Gründen schriftlich zu kündigen. Sollte diese Kündigung ausgesprochen werden, endet der Vertrag bereits mit dem Ende der Spielzeit 2001/2002."
Mit Schreiben vom 27. März 2002 kündigte die Beklagte d as Vertragsverhältnis. Seinerzeit fielen die Osterfeiertage auf den 31. März und 1. April. Zwischen den Parteien ist streitig, ob der Klägerin das Kündigungsschreiben schon am Karsamstag, dem 30. März 2002, oder frühestens am folgenden Dienstag, dem 2. April 2002, zugegangen ist.
Die Vorinstanzen haben eine Kündigung auch noch am 2. April 2002 für rechtzeitig gehalten und die auf Zahlung eines Teils der Vergütung für die Saison 2002/2003 in Höhe von 84.100 € einschließlich Mehrwertsteuer gerichtete Klage abgewiesen. Mit der vom erkennenden Senat zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihren Zahlungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe


Die Revision hat Erfolg.

I.


Das Berufungsgericht, dessen Urteil in VuR 2004, 266 (m it zustimmender Anmerkung des vorinstanzlichen Prozeßbevollmächtigten der Beklagten) veröffentlicht ist, läßt es wie das Landgericht dahinstehen, ob das Kündigungsschreiben der Beklagten schon am 30. März 2002 bei der Klägerin eingegangen ist. Es hält in zumindest analoger Anwendung des § 193 BGB auch einen Zugang noch am nächsten auf das Fristende (31. März 2002) folgenden Werktag für wirksam. Bei Kündigungserklärungen sei - abhängig vom jeweiligen Vertragstypus - nach der Schutzbedürftigkeit des Adressaten zu unterscheiden. Im Streitfall handele es sich um einen Werbevertrag zwischen gleichberechtigten Vertragspartnern, deren Position sich nicht mit derjenigen eines Arbeitgebers/ Arbeitnehmers oder Vermieters/Mieters gleichsetzen lasse. Eine Schutzbedürftigkeit wie in diesen Fallgruppen sei hier nicht gegeben. Auf die Frage, ob der Klägerin die Berufung auf einen verspäteten Zugang der Kündigung gemäß § 242 BGB wegen widersprüchlichen Verhaltens zu versagen sei, weil sie diesen Umstand nicht während der auf die Kündigung folgenden Vertragsverhandlungen zwischen den Parteien erwähnt und ihn erst im Prozeß geltend gemacht habe, komme es nicht an.

II.


Diese Ausführungen halten den Angriffen der Revision n icht stand. § 193 BGB gilt, soweit keine abweichende gesetzliche oder vertragliche Regelung besteht, insgesamt nicht für Kündigungsfristen.
1. Nach § 193 BGB kann eine an einem bestimmten Tage oder innerhalb einer Frist abzugebende Willenserklärung noch am nächsten Werktag abgegeben werden, wenn der bestimmte Tag oder der letzte Tag der Frist auf einen
ben werden, wenn der bestimmte Tag oder der letzte Tag der Frist auf einen Sonntag, einen staatlich anerkannten allgemeinen Feiertag oder einen Sonnabend fällt. Die Anwendung dieser Vorschrift auf bei Kündigungserklärungen einzuhaltende Fristen ist umstritten. Überwiegend hat sich eine nach Vertragsformen differenzierende Kasuistik herausgebildet, während bei den hiervon nicht erfaßten Verträgen nach dem Schutzzweck der Kündigungsfrist unterschieden werden soll.
Für Arbeitsverträge verneint das Bundesarbeitsgericht - n ach ursprünglich gegenteiliger Auffassung im Anschluß an die Rechtsprechung des Reichsarbeitsgerichts (BAGE 20, 8 = AP Nr. 2 zu § 66 HGB mit ablehnender Anmerkung Herschel; RAGE 4, 139, 140 ff.; 16, 125, 126 f.) - eine Anwendung des § 193 BGB, unabhängig davon, wie lang die Kündigungsfrist ist und ob sie auf Gesetz, Kollektivvertrag oder Einzelvereinbarung beruht (BAGE 22, 304 = AP Nr. 1 zu § 193 BGB mit zustimmender Anmerkung Hueck = SAE 1971, 13 mit zustimmender Anmerkung Beuthien; DB 1977, 639). Dem sind die übrige Rechtsprechung und die Fachliteratur gefolgt (vgl. nur LAG Düsseldorf DB 1960, 1218, 1219; LAG Köln NZA-RR 2002, 355, 356; Staudinger/Repgen, BGB, Neubearb. 2004, § 193 Rn. 14). Dieser Auffassung hat sich auch der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs für das Handelsvertreterrecht angeschlossen (BGHZ 59, 265).
In Miet- und Pachtverhältnissen soll wegen der Schutzfunkt ion der dort bestimmten Kündigungsfristen die Auslegungsregel des § 193 BGB nach überwiegender Ansicht gleichfalls nicht gelten (Bamberger/Roth/Henrich, BGB, § 193 Rn. 4; Erman/H. Palm, BGB, 11. Aufl., § 193 Rn. 2; Soergel/Niedenführ, BGB, 13. Aufl., § 193 Rn. 9; Staudinger/Repgen, aaO für den Fall, daß durch
die Kündigung eine gesetzliche Schutzfrist ausgelöst werde). Dem entgegen hat das Reichsgericht in solchen Fallgestaltungen die Anwendung des § 193 BGB gebilligt (RG JW 1907, 705; so auch LG Kiel WuM 1994, 542, 543). Der Bundesgerichtshof hat sich hierzu noch nicht geäußert; das Urteil des VIII. Zivilsenats vom 16. Oktober 1974 (VIII ZR 74/73 - NJW 1975, 40) betrifft nicht eine Kündigung im technischen Sinne, sondern die Ablehnung einer ohne "Kündigung" eintretenden Vertragsverlängerung.
Bei Versicherungsverträgen entspricht die Anwendung der Vorschrift auf der Grundlage älterer Entscheidungen der Instanzgerichte heute offenbar allgemeiner Meinung (LG Köln VersR 1953, 185; AG Hamburg VersR 1951, 125; AG München VersR 1951, 204, 205; Prölss in Prölss/Martin, VVG, 27. Aufl., § 8 Rn. 7; Staudinger/Repgen, aaO; a.A. AG Osnabrück Recht 1942 Nr. 1703).
Für andere Vertragsverhältnisse, wie hier, will die Ko mmentarliteratur demgegenüber überwiegend danach unterscheiden, ob die Einhaltung der Kündigungsfrist dem Schutz des Adressaten dient oder ob dies zu verneinen ist (Nachweise oben bei Mietverträgen; s. ferner Jauernig, BGB, 11. Aufl., § 193 Rn. 1; MünchKomm/Grothe, BGB, 4. Aufl., § 193 Rn. 7; a.A. Palandt/Heinrichs, BGB, 64. Aufl., § 193 Rn. 3: keine Anwendung der Bestimmung bei Kündigungsfristen

).


2. Der erkennende Senat schließt sich wie bereits der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGHZ 59, 265) den überzeugenden Gründen gegen eine Geltung des § 193 BGB für Kündigungsfristen in BAGE 22, 304, 305 ff. an. Er hält über diese beiden Entscheidungen hinaus im Interesse der Rechtsklarheit und Rechtssicherheit eine Ausdehnung der dort entwickelten Grundsätze auf
alle Kündigungsfristen ohne Rücksicht auf die Natur der in Rede stehenden Verträge und die Frage einer besonderen Schutzbedürftigkeit des Kündigungsempfängers für geboten.

a) Eine unmittelbare Anwendung des § 193 BGB auf Kü ndigungsfristen scheidet aus. Wenn mit einer Frist von einem Monat zu einem bestimmten Tag gekündigt werden kann, bedeutet dies weder, daß die Willenserklärung an einem bestimmten Tag abzugeben ist, noch, daß die Kündigung innerhalb einer Frist abgegeben werden müßte, wie es das Gesetz voraussetzt. Die Zeit vor Beginn der Kündigungsfrist ist selbst keine Frist, weil sie keinen Anfangszeitpunkt , sondern nur einen Endtermin hat (BAGE 20, 8, 11; 22, 304, 305 f.; BGHZ 59, 265, 267). Auch der Beginn des Vertragsverhältnisses läßt sich nicht als Anfangstermin in diesem Sinne ansehen (so aber RG JW 1907, 705).

b) Eine entsprechende Anwendung des § 193 BGB kommt eb enfalls nicht in Betracht. Die Bestimmung dient dem Schutz und den Interessen desjenigen , der die Willenserklärung abzugeben hat. Wer innerhalb einer Frist eine Erklärung abgeben muß - wie etwa den Widerruf seiner Vertragserklärung (§ 355 BGB) -, soll davor bewahrt werden, daß das ihm zustehende Recht, die Frist bis zum letzten Tag auszunutzen, wegen der Arbeits- und Behördenruhe am Wochenende und an den Feiertagen verkürzt wird. Demgegenüber dient entgegen Teilen der Kommentarliteratur die Verpflichtung zur Einhaltung bestimmter Kündigungsfristen stets dem Schutz des Kündigungsgegners. Dieser soll sich rechtzeitig auf die Beendigung des Vertragsverhältnisses einstellen können; insofern sind alle zu seinen Gunsten bestehenden Fristen, auch soweit es sich um vertraglich vereinbarte Fristen handelt, Mindestfristen, die ihm ungekürzt zur Verfügung stehen sollen. Davon abgesehen ist es auch metho-
disch nicht möglich, eine Vorschrift, die denjenigen, der eine Willenserklärung abzugeben hat, vor einer Fristverkürzung schützen soll, zu Lasten des Empfängers einer Kündigung entsprechend anzuwenden mit der Folge, daß im Ergebnis die zur Verfügung stehende (Kündigungs-)Frist nicht verlängert, sondern - im ungünstigsten Falle sogar wesentlich - verkürzt wird (BAGE 22, 304, 308 ff.; BGHZ 59, 265, 267; Herschel, Anmerkung zu BAG AP Nr. 2 zu § 66 HGB; Hueck, Anmerkung zu BAG AP Nr. 1 zu § 193 BGB).
Ausnahmen hiervon je nach Interessenlage und fehlender besonderer Schutzbedürftigkeit des Kündigungsempfängers, gemessen an der Art des Vertragsverhältnisses oder der Länge der einzelnen Kündigungsfristen, sind nicht angebracht. Dies würde ein beträchtliches Maß an Unsicherheit mit sich bringen , während gerade Fristbestimmungen klar überschaubar und leicht handhabbar sein müssen. Damit würde die erforderliche Rechtssicherheit durch schwer berechenbare und nicht selten erst in einem Rechtsstreit zu klärende Billigkeitserwägungen ersetzt (BAG aaO S. 311; BGHZ aaO S. 268). So wäre etwa bei der vorliegenden Fallgestaltung nicht ohne weiteres einsichtig, warum der Vermieter einer Sache - das gilt beispielsweise auch für die Vermietung von Werbeflächen - vor einer Verkürzung der ihm gegenüber einzuhaltenden Kündigungsfrist geschützt sein sollte, wie es das Berufungsgericht offenbar im Auge hat, der Anbieter sonstiger Werbemaßnahmen, wie hier, bei kaum abweichender Interessenlage dagegen nicht.

III.


Mit der gegebenen Begründung kann das Berufungsurteil danach nicht bestehen bleiben.
Die Entscheidung stellt sich auch nicht aus anderen Gründe n als richtig dar (§ 561 ZPO). Widersprüchliches Verhalten, wie es die Beklagte der Klägerin vorwirft, verstößt nicht ohne weiteres gegen die Grundsätze von Treu und Glauben (§ 242 BGB). Insbesondere bleibt es der Partei grundsätzlich unbenommen , von einer Rechtsansicht, die sie bei vorausgegangenen Vertragsverhandlungen eingenommen hat, nach Einleitung eines Rechtsstreits abzurükken. Rechtsmißbräuchlich ist nach ständiger Rechtsprechung widersprüchliches Verhalten vielmehr erst dann, wenn dadurch für den anderen Teil ein Vertrauenstatbestand geschaffen worden ist oder wenn andere besondere Umstände die Rechtsausübung als treuwidrig erscheinen lassen (BGH, Urteil vom 5. Juni 1997 - X ZR 73/95 - NJW 1997, 3377, 3379 f.; Urteil vom 17. März 2004 - VIII ZR 161/03 - WM 2004, 1219, 1221; Urteil vom 14. September 2004 - XI ZR 248/03 - ZIP 2004, 2273, 2275). Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts besteht hierfür kein Anhalt.
Die Sache ist deshalb unter Aufhebung des angefochtenen Urteils an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, damit es die erforderlichen weiteren Feststellungen nachholen kann.
Schlick Wurm Kapsa
Galke Herrmann

(1) Schließt jemand ohne Vertretungsmacht im Namen eines anderen einen Vertrag, so hängt die Wirksamkeit des Vertrags für und gegen den Vertretenen von dessen Genehmigung ab.

(2) Fordert der andere Teil den Vertretenen zur Erklärung über die Genehmigung auf, so kann die Erklärung nur ihm gegenüber erfolgen; eine vor der Aufforderung dem Vertreter gegenüber erklärte Genehmigung oder Verweigerung der Genehmigung wird unwirksam. Die Genehmigung kann nur bis zum Ablauf von zwei Wochen nach dem Empfang der Aufforderung erklärt werden; wird sie nicht erklärt, so gilt sie als verweigert.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XI ZR 41/04 Verkündet am:
22. Februar 2005
Weber,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
_____________________
RBerG Art. 1 § 1
Eine GmbH, die rechtsberatend tätig wird, bedarf auch dann einer Erlaubnis nach
dem Rechtsberatungsgesetz, wenn ihr Geschäftsführer als Rechtsanwalt zugelassen
ist.
BGH, Urteil vom 22. Februar 2005 - XI ZR 41/04 - OLG Karlsruhe
LG Mannheim
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 22. Februar 2005 durch den Vorsitzenden Richter Nobbe,
die Richter Dr. Müller, Dr. Wassermann, die Richterin Mayen und den
Richter Dr. Appl

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Kläger wird das Urteil des 17. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 20. Januar 2004 aufgehoben.
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Mannheim vom 27. Juni 2003 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte hat die Kosten der Rechtsmittelverfahren zu tragen. Jedoch trägt die Streithelferin ihre eigenen Kosten selbst.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Kläger begehren die Feststellung, daß ein zwis chen ihnen und der Rechtsvorgängerin der Beklagten (im folgenden: Beklagte) geschlossener Darlehensvertrag unwirksam ist. Die beklagte Sparkasse verlangt
im Wege der Hilfswiderklage die Rückzahlung der ausgereichten Darlehensvaluta in Höhe von 10.225,84 € nebst Zinsen. Dem liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
Am 2. März 1994 schlossen die Kläger mit der K. Steuerberatungsgesellschaft mbH (im folgenden: Treuhänderin) einen notariell beurkundeten Geschäftsbesorgungsvertrag zum Erwerb eines Anteils an dem "Immobilienfonds N. (Streithelferin " der Beklagten). Zugleich erteilten sie der Treuhänderin, die über eine Erlaubnis zur Rechtsbesorgung nicht verfügte, eine umfassende Vollmacht zum Abschuß aller Rechtsgeschäfte im Zusammenhang mit dem Anteilserwerb. Darüber hinaus sollte die Treuhänderin zur Vertretung der Kläger gegenüber Gerichten und Behörden berechtigt sein. Ebenfalls am 2. März 1994 unterzeichneten die Kläger Formulare der Beklagten, die mit "Übermittlung von Daten an die Schufa" und "Bankauskunftsverfahren" überschrieben waren, ferner eine Einzugsermächtigung, eine Selbstauskunft, der entsprechende Gehaltsnachweise beigefügt waren, sowie ein Formular zur Abtretung einer Lebensversicherung. Diese Unterlagen wurden der Beklagten am 24. März 1994 durch die Initiatorin des Fonds übermittelt.
Am 11. April 1994 nahm die Treuhänderin in Vertret ung der Kläger bei der Beklagten das streitgegenständliche, durch eine noch anzusparende Kapitallebensversicherung zu tilgende Festzinsdarlehen in Höhe von 20.000 DM auf. Eine notarielle Ausfertigung der Treuhandvollmacht lag der Beklagten bei Abschluß des Darlehensvertrages nicht vor. Noch am gleichen Tag übersandte die Beklagte den Klägern eine Kopie des Kreditvertrages sowie eine Widerrufsbelehrung verbunden mit der Auf-
forderung, diese zu unterzeichnen und zurückzusenden. Durch notarielle Urkunde vom 29. April 1994 erklärte die Treuhänderin namens der Kläger den Beitritt zu dem Immobilienfonds und übermittelte der Beklagten eine Abschrift der Beitrittsurkunde. Am 2. Mai 1994 zahlte die Beklagte auf Anweisung der Treuhänderin die Darlehensvaluta auf ein bei ihr geführtes Konto der Treuhänderin aus. Die von den Klägern unterzeichnete Widerrufsbelehrung ging am 7. Juni 1994 bei der Beklagten ein.
Mit der Begründung, Treuhandvertrag, Vollmacht und Darlehensvertrag seien wegen Verstoßes gegen das Rechtsberatungsgesetz nichtig , begehren die Kläger die Feststellung der Unwirksamkeit des Darlehensvertrages. Die Beklagte und deren Streithelferin treten dem entgegen. Hilfsweise verlangt die Beklagte die Rückzahlung der ausgereichten Darlehensvaluta.
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben und die Hilfswiderklage abgewiesen. Auf die Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht das erstinstanzliche Urteil aufgehoben und die Klage abgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision erstreben die Kläger die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.

Entscheidungsgründe:


Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebun g des Berufungsurteils und zur Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.

I.


Das Berufungsgericht hat - soweit für das Revision sverfahren bedeutsam - im wesentlichen ausgeführt, der Geschäftsbesorgungsvertrag verstoße gegen Art. 1 § 1 Abs. 1 RBerG und sei nach § 134 BGB nichtig. Die Unwirksamkeit erfasse auch die der Treuhänderin erteilte Vollmacht. Eine Rechtsscheinhaftung nach § 172 BGB komme nicht in Betracht, weil der Beklagten bei Abschluß des Darlehensvertrages weder das Original noch eine Ausfertigung der notariellen Vollmachtsurkunde vorgelegen habe. Jedoch sei die nicht wirksam erteilte Vollmacht aus allgemeinen Rechtsscheingesichtspunkten der Beklagten gegenüber als wirksam zu behandeln. Die Kläger hätten durch Unterzeichnung der verschiedenen Unterlagen - "Übermittlung von Daten an die Schufa und Bankauskunftsverfahren" sowie Einzugsermächtigung und Selbstauskunft - gegenüber der Beklagten zurechenbar den Rechtsschein einer Bevollmächtigung der Treuhänderin gesetzt. Die Beklagte habe insbesondere deshalb von einer Bevollmächtigung ausgehen dürfen, weil sie in der Vergangenheit eine Vielzahl von gleichgelagerten Geschäften unter Einschaltung von Treuhändern als Vertreter abgewickelt habe.

II.


Diese Beurteilung hält revisionsrechtlicher Überpr üfung nicht stand.
1. Zutreffend ist allerdings die Ansicht des Beruf ungsgerichts, die der Treuhänderin im Rahmen des umfassenden Geschäftsbesorgungs-
vertrages erteilte Vollmacht sei wegen Verstoßes gegen Art. 1 § 1 RBerG unwirksam.

a) Nach der neueren Rechtsprechung des Bundesgeric htshofs bedarf derjenige, der ausschließlich oder hauptsächlich die rechtliche Abwicklung eines Grundstückserwerbs oder Fondsbeitritts im Rahmen eines Steuersparmodells für den Erwerber besorgt, der Erlaubnis gemäß Art. 1 § 1 RBerG. Ein - wie hier - ohne diese Erlaubnis abgeschlossener umfassender Geschäftsbesorgungsvertrag ist, wie auch die Revisionserwiderung grundsätzlich nicht in Zweifel zieht, nichtig (BGHZ 145, 265, 269 ff.; zuletzt Senatsurteile vom 2. März 2004 - XI ZR 267/02, BKR 2004, 236, 237, vom 16. März 2004 - XI ZR 60/03, WM 2004, 1127, vom 23. März 2004 - XI ZR 194/02, WM 2004, 1221, 1223, vom 20. April 2004 - XI ZR 164/03, WM 2004, 1227, 1228 sowie XI ZR 171/03, WM 2004, 1230, 1231, vom 26. Oktober 2004 - XI ZR 255/03, ZIP 2005, 69, 72, vom 9. November 2004 - XI ZR 315/03, WM 2005, 72, 73 und vom 11. Januar 2005 - XI ZR 272/03, Umdruck S. 5; BGH, Urteil vom 8. Oktober 2004 - V ZR 18/04, WM 2004, 2349, 2352).
Daran ändert - anders als die Revisionserwiderung meint - auch der Umstand nichts, daß ein Geschäftsführer der Treuhänderin als Rechtsanwalt zugelassen war. Denn Vertragspartner und Treuhänder der Kläger war - worauf das Berufungsgericht mit Recht abgestellt hat - nicht dieser mit dem Abschluß des streitgegenständlichen Darlehensvertrages im übrigen überhaupt nicht befaßte Rechtsanwalt, sondern die K. Steuerberatungsgesellschaft mbH. Diese verfügte - was erforderlich gewesen wäre (BGH, Urteile vom 24. Juni 1987 - I ZR 74/85, NJW 1987,
3003, 3004 und vom 8. Oktober 2004 - V ZR 18/04, WM 2004, 2349, 2352) - selbst nicht über eine Erlaubnis zur Rechtsbesorgung.
Entgegen der Annahme der Revisionserwiderung steht ein Rechtsuchender , der den Treuhandvertrag mit einer GmbH schließt, durchaus anders als derjenige, dessen Vertragspartner der für die GmbH als Geschäftsführer tätige Rechtsanwalt selbst ist. Bei eventuellen Vertragsverletzungen haftet nämlich im ersten Fall lediglich die juristische Person, während bei einer Direktmandatierung der Anwalt persönlich für Versäumnisse einzustehen hat. Daß die Steuerberatungs GmbH hier einen Rechtsanwalt als Geschäftsführer beschäftigte, entbindet sie deshalb nicht von der Erlaubnispflicht (vgl. Taupitz JZ 1994, 1100, 1106; ders. NJW 1995, 369), sondern eröffnet ihr nur die Möglichkeit, gemäß §§ 3 und 10 der 1. Verordnung zur Ausführung des Rechtsberatungsgesetzes mit Aussicht auf Erfolg eine entsprechende Erlaubnis zu beantragen. Im Erlaubnisverfahren überprüft die Zulassungsbehörde nicht nur Eignung, Sachkunde und Zuverlässigkeit der von der juristischen Person namentlich zu benennenden ausübungsberechtigten natürlichen Personen, die allein im Namen und für Rechnung der juristischen Person rechtsberatend tätig werden dürfen, sondern prüft - vornehmlich im Interesse des Rechtsuchenden - auch die Zuverlässigkeit, insbesondere die wirtschaftlichen Verhältnisse, der juristischen Person selbst (vgl. Rennen/Caliebe, RBerG 3. Aufl. 1. AVO § 3 Rdn. 10 ff.). Nur nach einer entsprechenden Zuverlässigkeitsüberprüfung darf eine juristische Person - hier die K. Steuerberatungsgesellschaft mbH - rechtsberatend und rechtsbesorgend tätig werden.

b) Die Nichtigkeit des Geschäftsbesorgungsvertrage s erfaßt, was auch die Revisionserwiderung nicht in Zweifel zieht, nach dem Schutzgedanken des Art. 1 § 1 RBerG auch die der Treuhänderin erteilte umfassende Vollmacht (st.Rspr., siehe zuletzt Senatsurteile vom 23. März 2004 - XI ZR 194/02, vom 20. April 2004 - XI ZR 164/03 sowie XI ZR 171/03, vom 26. Oktober 2004 - XI ZR 255/03 jeweils aaO und vom 11. Januar 2005 - XI ZR 272/03, Umdruck S. 5 jeweils m.w.Nachw.).
2. Mit Erfolg wendet sich die Revision jedoch gege n die Ausführungen , mit denen das Berufungsgericht zu dem Ergebnis gelangt ist, die unwirksame Vollmacht sei gegenüber der Beklagten aus Rechtsscheingesichtspunkten als gültig zu behandeln. Dabei kann dahinstehen, ob - wie der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs in seinen Entscheidungen vom 14. Juni 2004 (II ZR 393/02, WM 2004, 1529, 1531 und II ZR 407/02, WM 2004, 1536, 1538) ausgeführt hat - bei einem kreditfinanzierten Beitritt zu einem Immobilienfonds eine Rechtsscheinvollmacht bei bestimmten Vertriebsmodellen von vornherein ausscheidet (dagegen jedenfalls für den Bereich kreditfinanzierter Grundstücksgeschäfte Senatsurteile vom 26. Oktober 2004 - XI ZR 255/03, ZIP 2005, 69, 72 und vom 9. November 2004 - XI ZR 315/03, WM 2005, 72, 73). Hier lagen nämlich bereits die tatbestandlichen Voraussetzungen für eine Rechtsscheinvollmacht nicht vor:

a) Wie vom Berufungsgericht zutreffend ausgeführt, ist die Vollmacht der Treuhänderin nicht nach § 172 Abs. 1 BGB gegenüber der Beklagten als wirksam zu behandeln. Die Anwendung dieser Vorschrift erfordert , daß der Beklagten spätestens bei Abschluß des Darlehensvertrages eine Ausfertigung der die Treuhänderin als Vertreterin der Kläger
ausweisenden notariellen Vollmachtsurkunde vorlag (st.Rspr., vgl. BGHZ 102, 60, 63; zuletzt Senatsurteile vom 20. April 2004 - XI ZR 164/03, WM 2004, 1227, 1228 sowie XI ZR 171/03, WM 2004, 1230, 1232, vom 26. Oktober 2004 - XI ZR 255/03, ZIP 2005, 69, 74, vom 9. November 2004 - XI ZR 315/03, WM 2005, 72, 75 und vom 14. Dezember 2004 - XI ZR 142/03, Umdruck S. 16). Dies war hier nicht der Fall.

b) Anders als das Berufungsgericht meint, ist die nicht wirksam erteilte Vollmacht der Beklagten gegenüber auch nicht über die §§ 171, 172 BGB hinaus aus allgemeinen Rechtsscheingesichtspunkten als wirksam zu behandeln.
aa) Eine solche Rechtsscheinvollmacht kommt nur da nn in Betracht , wenn das Vertrauen des Dritten auf den Bestand der Vollmacht an andere Umstände als an die Vollmachtsurkunde anknüpft und nach den Grundsätzen über die Duldungsvollmacht schutzwürdig erscheint (BGHZ 102, 60, 64 ff.; Senatsurteile vom 22. Oktober 1996 - XI ZR 249/95, WM 1996, 2230, 2232, vom 14. Mai 2002 - XI ZR 155/01, WM 2002, 1273, 1274 f., vom 25. März 2003 - XI ZR 227/02, WM 2003, 1064, 1066, vom 2. März 2004 - XI ZR 267/02, BKR 2004, 236, 238, vom 20. April 2004 - XI ZR 164/03, WM 2004, 1227, 1229 sowie XI ZR 171/03, WM 2004, 1230, 1232 und vom 14. Dezember 2004 - XI ZR 142/03, Umdruck S. 16). In Betracht kommen dabei ausschließlich bei oder vor Vertragsschluß vorliegende Umstände. Denn eine Duldungsvollmacht ist nur gegeben, wenn der Vertretene es - in der Regel über einen längeren Zeitraum - wissentlich geschehen läßt, daß ein anderer für ihn ohne Bevollmächtigung als Vertreter auftritt, und der Vertrags-
partner dieses bewußte Dulden dahin versteht und nach Treu und Glauben verstehen darf, daß der als Vertreter Handelnde bevollmächtigt ist (st.Rspr., siehe zuletzt Senatsurteile vom 14. Mai 2002 - XI ZR 155/01, vom 25. März 2003 - XI ZR 227/02, vom 2. März 2004 - XI ZR 267/02, vom 20. April 2004 - XI ZR 164/03 sowie XI ZR 171/03 und vom 14. Dezember 2004 - XI ZR 142/03 jeweils aaO m.w.Nachw.; BGH, Urteile vom 14. Juni 2004 - II ZR 393/02, WM 2004, 1529, 1532, zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen, und II ZR 407/02, WM 2004, 1536, 1539).
bb) So ist es hier aber nicht. Die von den Klägern unterzeichneten Formulare vermögen das Vorliegen einer Duldungsvollmacht nicht zu begründen. Wie vom Senat bereits wiederholt entschieden, dient die Erteilung einer Selbstauskunft ebenso wie die Unterzeichnung von Bankauskunfts - und Schufaformularen lediglich der Vorprüfung, ob jemand überhaupt kreditwürdig erscheint und als Darlehensnehmer in Betracht kommt, mithin der Vorbereitung, nicht aber dem Abschluß eines Darlehensvertrages (Senatsurteile vom 20. April 2004 - XI ZR 164/03, WM 2004, 1227, 1229 sowie XI ZR 171/03, WM 2004, 1230, 1232 und vom 14. Dezember 2004 - XI ZR 142/03, Umdruck S. 17 f.; BGH, Urteile vom 14. Juni 2004 - II ZR 393/02, WM 2004, 1529, 1532, zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen, und II ZR 407/02, WM 2004, 1536, 1539). Die Erteilung einer Einzugsermächtigung betrifft nur die technische Abwicklung eines noch zu schließenden Darlehensvertrages und läßt nicht den Schluß zu, deren Inhaber sei ohne jede Einschränkung und Bindung an den Willen des Vertretenen zum beliebigen Abschluß von Darlehensverträgen gleich in welcher Höhe, zu welchen Konditionen und mit welchen Sicherheiten ermächtigt (Senatsurteile vom 20. April 2004 - XI ZR
164/03 sowie XI ZR 171/03 und vom 14. Dezember 2004 - XI ZR 142/03 jeweils aaO). Gleiches gilt für die von den Klägern am 2. März 1994 unterzeichnete , vom Berufungsgericht nicht gewürdigte Abtretung einer erst noch abzuschließenden Lebensversicherung als Sicherheit für ein Darlehen.
Darüber hinaus wiesen sämtliche - der Initiatorin des Fonds überlassenen und von dieser an die Beklagte übermittelten - Formulare keinen Bezug zu der später als Treuhänderin tätig gewordenen K. Steuerberatungsgesellschaft mbH auf. Weder deuteten die Unterlagen daraufhin, daß der beabsichtigte Darlehensvertrag durch einen Vertreter geschlossen werden sollte, noch ließen sie die Person dieses Vertreters erkennen. Deshalb durfte die Beklagte aus den ihr von dritter Seite überlassenen Formularen keine Schlüsse auf eine Duldungsvollmacht zum Abschluß von Darlehensverträgen ziehen.
Schließlich ist nicht dargetan, daß die Kläger vor Abschluß des Darlehensvertrages am 11. April 1994 von irgendeinem Vertreterhandeln der Treuhänderin auch nur erfahren, geschweige denn ein solches über einen gewissen Zeitraum geduldet hätten. Vielmehr handelt es sich bei dem von der Treuhänderin geschlossenen Finanzierungsvertrag um das "Erstgeschäft", dem kein tatsächliches Vertreterhandeln vorausgegangen war.
cc) Soweit das Berufungsgericht einen Rechtsschein daraus herleiten will, daß die Beklagte in der Vergangenheit eine Vielzahl von gleichgelagerten Geschäften unter Einschaltung von Treuhändern abgewickelt hat, ist das - wie von der Revision zutreffend gerügt - ein untauglicher
Anknüpfungspunkt. Auch wenn es sich zwischen der Beklagten, der Initiatorin des Fonds und der Treuhänderin um ein eingespieltes Geschäftsmodell gehandelt haben sollte, haben die Kläger darauf jedenfalls keinen Einfluß genommen und damit keinen ihnen zurechenbaren rechtsscheinbegründenden Umstand geschaffen. Im übrigen kann aus einer generellen Geschäftspraxis nicht auf eine wirksame Bevollmächtigung im jeweiligen Einzelfall geschlossen werden.
dd) Ebensowenig haben die Kläger - wie die Revisio nserwiderung meint - den Abschluß des Darlehensvertrages geduldet oder konkludent genehmigt, indem sie die von ihnen unterzeichnete Widerrufsbelehrung am 7. Juni 1994 an die Beklagte übersandt und im folgenden den Darlehensvertrag nicht widerrufen haben.
(1) Eine Rechtsscheinhaftung der Kläger nach den G rundsätzen der Duldungsvollmacht ist nicht begründet. Wie das Berufungsgericht nicht verkannt hat, kommen für einen zurechenbar gesetzten Rechtsschein nur bei oder vor Vertragsschluß vorliegende Umstände in Betracht. Der Darlehensvertrag ist am 11. April 1994 unter Mitwirkung der Treuhänderin zwischen den Parteien geschlossen worden. Wann ein mögliches Widerrufsrecht des Darlehensnehmers nach dem Verbraucherkreditgesetz erloschen und der Vertrag wirksam geworden ist, ist ohne Belang. Am 11. April 1994 lagen - auch aus Sicht der Beklagten - keine Anhaltspunkte für eine Duldungsvollmacht vor.
(2) Eine Genehmigung schwebend unwirksamer Geschäf te durch schlüssiges Verhalten setzt regelmäßig voraus, daß der Genehmigende die Unwirksamkeit kennt oder zumindest mit ihr rechnet und daß in sei-
nem Verhalten der Ausdruck des Willens zu sehen ist, das bisher als unverbindlich angesehene Geschäft verbindlich zu machen (Senatsurteile vom 22. Oktober 1996 - XI ZR 249/95, WM 1996, 2230, 2232, vom 14. Mai 2002 - XI ZR 155/01, WM 2002, 1273, 1275, vom 29. April 2003 - XI ZR 201/02, WM 2004, 21, 24, vom 16. September 2003 - XI ZR 74/02, BKR 2003, 942, 944, vom 2. Dezember 2003 - XI ZR 421/02, WM 2004, 373, 375 und vom 20. April 2004 - XI ZR 164/03, WM 2004, 1227, 1229 sowie XI ZR 171/03, WM 2004, 1230, 1233; BGH, Urteile vom 14. Juni 2004 - II ZR 393/02, WM 2004, 1529, 1532, zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen, sowie II ZR 407/02, WM 2004, 1536, 1539). Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor; alle Beteiligten gingen - ungeachtet eines möglichen Widerrufsrechts - von der Wirksamkeit der erteilten Vollmacht und somit auch des Darlehensvertrages aus.
3. Die Hilfswiderklage der Beklagten ist unbegründ et. Dieser steht trotz Unwirksamkeit des Darlehensvertrages kein Anspruch auf Rückzahlung der Darlehensvaluta aus ungerechtfertigter Bereicherung gegen die Kläger zu.

a) Die Unwirksamkeit der mit dem Geschäftsbesorgun gsvertrag erteilten Vollmacht führt dazu, daß die Darlehenssumme aufgrund der - unwirksamen - Anweisung der Treuhänderin nicht an die Kläger, sondern auf ein Konto der Treuhänderin ausgezahlt worden ist. Nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats kann die Beklagte nur den Zahlungsempfänger auf Rückerstattung der Darlehensvaluta in Anspruch nehmen (vgl. BGHZ 147, 145, 150 f.; 152, 307, 311 f.; Senatsurteile vom 14. Mai 2002 - XI ZR 148/01, Umdruck S. 13, vom 3. Februar 2004 - XI ZR 125/03, WM 2004, 671, 672, zum Abdruck in BGHZ 158, 1 vor-
gesehen, vom 30. März 2004 - XI ZR 145/03, Umdruck S. 7, vom 20. April 2004 - XI ZR 164/03, WM 2004, 1227, 1230 und XI ZR 171/03, WM 2004, 1230, 1233, vom 14. Dezember 2004 - XI ZR 142/03, Umdruck S. 19 f. sowie vom 11. Januar 2005 - XI ZR 272/03, Umdruck S. 12).

b) Entgegen der Ansicht der Beklagten ist die von der Treuhänderin erteilte Anweisung auch nicht nach den Grundsätzen der Duldungsvollmacht als wirksam zu behandeln. Zwar haben die Kläger nach Abschluß des Darlehensvertrages am 11. April 1994 und vor Auszahlung der Darlehensvaluta am 2. Mai 1994 ein Exemplar der Krediturkunde erhalten , aus dem ersichtlich war, daß die Treuhänderin für sie einen Darlehensvertrag abgeschlossen hatte. Die Beklagte durfte aber aus dem Schweigen der Kläger auf die Übersendung der Krediturkunde nicht schließen, die Treuhänderin sei nicht nur zum Abschluß eines Darlehensvertrages , sondern darüber hinaus auch zur Verfügung über die Darlehensvaluta, insbesondere zur Einzahlung auf ihr eigenes Konto, berechtigt gewesen. Schließlich ist auch der der Beklagten übermittelten Abschrift der Beitrittsurkunde zu dem Immobilienfonds keine Bevollmächtigung der Treuhänderin zu entnehmen, im Namen der Kläger über die Darlehenssumme zu verfügen.

III.


Das Berufungsurteil war daher aufzuheben (§ 562 Ab s. 1 ZPO). Da weitere Feststellungen nicht zu treffen sind, konnte der Senat in der Sache selbst entscheiden (§ 563 Abs. 3 ZPO) und das landgerichtliche Urteil wieder herstellen.
Nobbe Müller Wassermann
Mayen Appl

(1) Wer bei der Abgabe einer Willenserklärung über deren Inhalt im Irrtum war oder eine Erklärung dieses Inhalts überhaupt nicht abgeben wollte, kann die Erklärung anfechten, wenn anzunehmen ist, dass er sie bei Kenntnis der Sachlage und bei verständiger Würdigung des Falles nicht abgegeben haben würde.

(2) Als Irrtum über den Inhalt der Erklärung gilt auch der Irrtum über solche Eigenschaften der Person oder der Sache, die im Verkehr als wesentlich angesehen werden.

(1) Insoweit die Revision für begründet erachtet wird, ist das angefochtene Urteil aufzuheben.

(2) Wird das Urteil wegen eines Mangels des Verfahrens aufgehoben, so ist zugleich das Verfahren insoweit aufzuheben, als es durch den Mangel betroffen wird.