Bundesgerichtshof Urteil, 05. Mai 2008 - II ZR 105/07

bei uns veröffentlicht am05.05.2008
vorgehend
Amtsgericht Charlottenburg, 232 C 73/06, 16.06.2006
Landgericht Berlin, 52 S 262/06, 26.02.2007

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
II ZR 105/07 Verkündet am:
5. Mai 2008
Vondrasek
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Die persönliche Haftung des Kommanditisten lebt nach § 172 Abs. 4 Satz 1 HGB
auch dann wieder auf, wenn an ihn ein Agio zurückgezahlt wird, sofern dadurch der
Stand seines Kapitalkontos unter den Betrag seiner Haftsumme sinkt oder schon zuvor
diesen Wert nicht mehr erreicht hat (Bestätigung von Sen.Beschl. v. 9. Juli 2007
- II ZR 95/06, ZIP 2007, 2074; BGHZ 84, 383).
BGH, Urteil vom 5. Mai 2008 - II ZR 105/07 - LG Berlin
AG Charlottenburg
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 5. Mai 2008 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Goette und
die Richter Kraemer, Dr. Strohn, Caliebe und Dr. Reichart

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil der Zivilkammer 52 des Landgerichts Berlin vom 26. Februar 2007 im Kostenpunkt und insoweit abgeändert, als zum Nachteil der Klägerin erkannt worden ist. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der Zivilprozessabteilung 232 des Amtsgerichts Charlottenburg vom 16. Juni 2006 wird zurückgewiesen. Die Kosten der Rechtsmittelverfahren werden der Beklagten auferlegt.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Beklagte trat der Klägerin, einem 1997 gegründeten geschlossenen Immobilienfonds mit 281 Kommanditisten, mit Beitrittserklärung vom 26./29. Oktober 1999 bei. Sie zahlte die vereinbarte Hafteinlage in Höhe von 100.000,00 DM zuzüglich eines Agios in Höhe von 5.000,00 DM (= 2.556,46 €).
2
Die Klägerin erzielte von Beginn an ausschließlich negative Jahresergebnisse mit der Folge, dass die Kapitalkonten der Kommanditisten durchweg negativ waren. Im Jahr 2000 nahm sie gleichwohl gegenüber den Kommanditisten eine Liquiditätsausschüttung in Höhe von 6 % der jeweiligen Kommanditeinlage vor.
3
Als die Klägerin Anfang des Jahres 2004 nicht mehr in der Lage war, den Zins- und Tilgungsdienst für die bei der B. H. bank aufgenommenen Kredite zu zahlen, vereinbarte sie im Rahmen eines Sanierungskonzepts mit der Bank - auf deren Verlangen - u.a. die sofortige Fälligstellung eines Darlehensteilbetrages in Höhe des an die Kommanditisten insgesamt gezahlten Ausschüttungsbetrages. Die Gesellschafterversammlung hatte die Geschäftsführer zuvor mit einer Stimmenmehrheit von 99,15 % mit dem Abschluss dieser Vereinbarung beauftragt.
4
Die Bank hat die Klägerin - unter hierzu erteilter Zustimmung der Gesellschafterversammlung - dazu ermächtigt, ihre Forderungen gegen die Kommanditisten aus §§ 171, 172 Abs. 4 HGB im eigenen Namen und auf fremde Rechnung geltend zu machen. Nachdem die Klägerin die Beklagte außergerichtlich vergeblich zur Rückzahlung des auf sie entfallenden Ausschüttungsbetrages in Höhe von 3.067,65 € aufgefordert hatte, erhob sie Klage auf Zahlung dieses Betrages nebst Zinsen sowie auf Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltsgebühren.
5
Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Berufungsgericht hat sie auf die Berufung der Beklagten in Höhe von 2.556,46 € (= Betrag des Agios) abgewiesen. Hiergegen richtet sich die vom Berufungsgericht zugelassene Revision der Klägerin.

Entscheidungsgründe:

6
Die Revision hat in der Sache Erfolg und führt unter teilweiser Abänderung des angefochtenen Urteils zur Wiederherstellung des amtsgerichtlichen Urteils.
7
I. Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung - soweit für das Revisionsverfahren von Bedeutung - im Wesentlichen ausgeführt :
8
Die Ausschüttung an die Beklagte sei insoweit als haftungsunschädlich anzusehen, als die Beklagte über die im Handelsregister eingetragene Hafteinlage hinaus noch 2.556,46 € Agio an die Gesellschaft gezahlt habe, weil ihr durch eine Rückzahlung in Höhe des Agios etwas erstattet worden sei, das sie über den eingetragenen Betrag hinaus gezahlt habe, so dass ihre Haftungseinlage dadurch nicht gemindert worden sei.
9
II. Das angefochtene Urteil hält im Umfang seiner Anfechtung revisionsrechtlicher Überprüfung nicht stand.
10
1. Die Beklagte ist gemäß §§ 171, 172 Abs. 4 HGB zur Rückzahlung des gesamten an sie ausgeschütteten Betrages in Höhe von 3.067,75 € verpflichtet. Wie der Senat bereits in BGHZ 84, 383, 387 f. und erneut - zeitlich nach dem Berufungsurteil - mit Hinweisbeschluss vom 9. Juli 2007 (II ZR 95/06, ZIP 2007, 2074 Tz. 8; a.A. Bayer/Lieder, ZIP 2008, 809 ff.) entschieden hat, ist nach § 172 Abs. 4 HGB jede Rückzahlung an den Kommanditisten haftungsbegründend, wenn und soweit dadurch der Kapitalanteil des Kommanditisten unter den Betrag seiner Haftsumme sinkt oder schon zuvor diesen Wert nicht mehr erreicht hat.
11
2. So liegt der Fall hier. Das Berufungsgericht hat - entgegen der unzutreffenden Ansicht der Revisionserwiderung - unter Bezugnahme auf das amtsgerichtliche Urteil festgestellt, dass unstreitig (a) die Klägerin von Beginn an ausschließlich negative Jahresergebnisse erzielte, (b) die Kapitalkonten der Kommanditisten dementsprechend durchweg negativ waren und (c) die Ausschüttungen den ohnehin schon negativen Kapitalanteil der Beklagten - weiter - gemindert haben. Angesichts dessen ist durch die Ausschüttung die persönliche , zunächst durch die Zahlung der Pflichteinlage ausgeschlossene Haftung der Beklagten im Umfang der an sie geleisteten Zahlung wieder aufgelebt, ohne dass es, wie das Berufungsgericht fälschlicherweise meint, darauf ankommt, ob das Agio nach den gesellschaftsvertraglichen Regelungen dem Eigenkapital zuzurechnen ist, ob seine Rückzahlung im Gesellschaftsvertrag vorgesehen ist, oder ob die Rückzahlung ausdrücklich als "Rückzahlung des Agios" bezeichnet oder ohne Angabe eines Zahlungsgrundes geleistet worden ist.
Goette Kraemer Strohn Caliebe Reichart
Vorinstanzen:
AG Berlin-Charlottenburg, Entscheidung vom 16.06.2006 - 232 C 73/06 -
LG Berlin, Entscheidung vom 26.02.2007 - 52 S 262/06 -

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Urteil, 05. Mai 2008 - II ZR 105/07

Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Urteil, 05. Mai 2008 - II ZR 105/07

Referenzen - Gesetze

Handelsgesetzbuch - HGB | § 172


(1) Im Verhältnis zu den Gläubigern der Gesellschaft wird nach der Eintragung in das Handelsregister die Einlage eines Kommanditisten durch den in der Eintragung angegebenen Betrag bestimmt. (2) Auf eine nicht eingetragene Erhöhung der aus dem Ha

Handelsgesetzbuch - HGB | § 171


(1) Der Kommanditist haftet den Gläubigern der Gesellschaft bis zur Höhe seiner Einlage unmittelbar; die Haftung ist ausgeschlossen, soweit die Einlage geleistet ist. (2) Ist über das Vermögen der Gesellschaft das Insolvenzverfahren eröffnet, so
Bundesgerichtshof Urteil, 05. Mai 2008 - II ZR 105/07 zitiert 3 §§.

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Bundesgerichtshof Beschluss, 09. Juli 2007 - II ZR 95/06

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bei uns veröffentlicht am 25.07.2017

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bei uns veröffentlicht am 06.11.2015

Tenor 1. Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Amtsgerichts Hamburg vom 11.12.2014, Az. 35a C 382/14, abgeändert. Die Klage wird abgewiesen. 2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen. 3. Das Urteil ist vor

Landgericht Dortmund Urteil, 31. Okt. 2014 - 3 O 450/13

bei uns veröffentlicht am 31.10.2014

Tenor Die Klage wird abgewiesen. Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar. 1Tatbestand: 2Der Kläger verlangt von den Be

Landgericht Dortmund Urteil, 24. Okt. 2014 - 3 O 407/13

bei uns veröffentlicht am 24.10.2014

Tenor Die Klage wird abgewiesen. Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar. 1Tatbestand: 2Der Kläger verlangt von den Be

Referenzen

(1) Der Kommanditist haftet den Gläubigern der Gesellschaft bis zur Höhe seiner Einlage unmittelbar; die Haftung ist ausgeschlossen, soweit die Einlage geleistet ist.

(2) Ist über das Vermögen der Gesellschaft das Insolvenzverfahren eröffnet, so wird während der Dauer des Verfahrens das den Gesellschaftsgläubigern nach Absatz 1 zustehende Recht durch den Insolvenzverwalter oder den Sachwalter ausgeübt.

(1) Im Verhältnis zu den Gläubigern der Gesellschaft wird nach der Eintragung in das Handelsregister die Einlage eines Kommanditisten durch den in der Eintragung angegebenen Betrag bestimmt.

(2) Auf eine nicht eingetragene Erhöhung der aus dem Handelsregister ersichtlichen Einlage können sich die Gläubiger nur berufen, wenn die Erhöhung in handelsüblicher Weise kundgemacht oder ihnen in anderer Weise von der Gesellschaft mitgeteilt worden ist.

(3) Eine Vereinbarung der Gesellschafter, durch die einem Kommanditisten die Einlage erlassen oder gestundet wird, ist den Gläubigern gegenüber unwirksam.

(4) Soweit die Einlage eines Kommanditisten zurückbezahlt wird, gilt sie den Gläubigern gegenüber als nicht geleistet. Das gleiche gilt, soweit ein Kommanditist Gewinnanteile entnimmt, während sein Kapitalanteil durch Verlust unter den Betrag der geleisteten Einlage herabgemindert ist, oder soweit durch die Entnahme der Kapitalanteil unter den bezeichneten Betrag herabgemindert wird. Bei der Berechnung des Kapitalanteils nach Satz 2 sind Beträge im Sinn des § 268 Abs. 8 nicht zu berücksichtigen.

(5) Was ein Kommanditist auf Grund einer in gutem Glauben errichteten Bilanz in gutem Glauben als Gewinn bezieht, ist er in keinem Falle zurückzuzahlen verpflichtet.

(6) Gegenüber den Gläubigern einer Gesellschaft, bei der kein persönlich haftender Gesellschafter eine natürliche Person ist, gilt die Einlage eines Kommanditisten als nicht geleistet, soweit sie in Anteilen an den persönlich haftenden Gesellschaftern bewirkt ist. Dies gilt nicht, wenn zu den persönlich haftenden Gesellschaftern eine offene Handelsgesellschaft oder Kommanditgesellschaft gehört, bei der ein persönlich haftender Gesellschafter eine natürliche Person ist.

(1) Der Kommanditist haftet den Gläubigern der Gesellschaft bis zur Höhe seiner Einlage unmittelbar; die Haftung ist ausgeschlossen, soweit die Einlage geleistet ist.

(2) Ist über das Vermögen der Gesellschaft das Insolvenzverfahren eröffnet, so wird während der Dauer des Verfahrens das den Gesellschaftsgläubigern nach Absatz 1 zustehende Recht durch den Insolvenzverwalter oder den Sachwalter ausgeübt.

(1) Im Verhältnis zu den Gläubigern der Gesellschaft wird nach der Eintragung in das Handelsregister die Einlage eines Kommanditisten durch den in der Eintragung angegebenen Betrag bestimmt.

(2) Auf eine nicht eingetragene Erhöhung der aus dem Handelsregister ersichtlichen Einlage können sich die Gläubiger nur berufen, wenn die Erhöhung in handelsüblicher Weise kundgemacht oder ihnen in anderer Weise von der Gesellschaft mitgeteilt worden ist.

(3) Eine Vereinbarung der Gesellschafter, durch die einem Kommanditisten die Einlage erlassen oder gestundet wird, ist den Gläubigern gegenüber unwirksam.

(4) Soweit die Einlage eines Kommanditisten zurückbezahlt wird, gilt sie den Gläubigern gegenüber als nicht geleistet. Das gleiche gilt, soweit ein Kommanditist Gewinnanteile entnimmt, während sein Kapitalanteil durch Verlust unter den Betrag der geleisteten Einlage herabgemindert ist, oder soweit durch die Entnahme der Kapitalanteil unter den bezeichneten Betrag herabgemindert wird. Bei der Berechnung des Kapitalanteils nach Satz 2 sind Beträge im Sinn des § 268 Abs. 8 nicht zu berücksichtigen.

(5) Was ein Kommanditist auf Grund einer in gutem Glauben errichteten Bilanz in gutem Glauben als Gewinn bezieht, ist er in keinem Falle zurückzuzahlen verpflichtet.

(6) Gegenüber den Gläubigern einer Gesellschaft, bei der kein persönlich haftender Gesellschafter eine natürliche Person ist, gilt die Einlage eines Kommanditisten als nicht geleistet, soweit sie in Anteilen an den persönlich haftenden Gesellschaftern bewirkt ist. Dies gilt nicht, wenn zu den persönlich haftenden Gesellschaftern eine offene Handelsgesellschaft oder Kommanditgesellschaft gehört, bei der ein persönlich haftender Gesellschafter eine natürliche Person ist.

(1) Der Kommanditist haftet den Gläubigern der Gesellschaft bis zur Höhe seiner Einlage unmittelbar; die Haftung ist ausgeschlossen, soweit die Einlage geleistet ist.

(2) Ist über das Vermögen der Gesellschaft das Insolvenzverfahren eröffnet, so wird während der Dauer des Verfahrens das den Gesellschaftsgläubigern nach Absatz 1 zustehende Recht durch den Insolvenzverwalter oder den Sachwalter ausgeübt.

(1) Im Verhältnis zu den Gläubigern der Gesellschaft wird nach der Eintragung in das Handelsregister die Einlage eines Kommanditisten durch den in der Eintragung angegebenen Betrag bestimmt.

(2) Auf eine nicht eingetragene Erhöhung der aus dem Handelsregister ersichtlichen Einlage können sich die Gläubiger nur berufen, wenn die Erhöhung in handelsüblicher Weise kundgemacht oder ihnen in anderer Weise von der Gesellschaft mitgeteilt worden ist.

(3) Eine Vereinbarung der Gesellschafter, durch die einem Kommanditisten die Einlage erlassen oder gestundet wird, ist den Gläubigern gegenüber unwirksam.

(4) Soweit die Einlage eines Kommanditisten zurückbezahlt wird, gilt sie den Gläubigern gegenüber als nicht geleistet. Das gleiche gilt, soweit ein Kommanditist Gewinnanteile entnimmt, während sein Kapitalanteil durch Verlust unter den Betrag der geleisteten Einlage herabgemindert ist, oder soweit durch die Entnahme der Kapitalanteil unter den bezeichneten Betrag herabgemindert wird. Bei der Berechnung des Kapitalanteils nach Satz 2 sind Beträge im Sinn des § 268 Abs. 8 nicht zu berücksichtigen.

(5) Was ein Kommanditist auf Grund einer in gutem Glauben errichteten Bilanz in gutem Glauben als Gewinn bezieht, ist er in keinem Falle zurückzuzahlen verpflichtet.

(6) Gegenüber den Gläubigern einer Gesellschaft, bei der kein persönlich haftender Gesellschafter eine natürliche Person ist, gilt die Einlage eines Kommanditisten als nicht geleistet, soweit sie in Anteilen an den persönlich haftenden Gesellschaftern bewirkt ist. Dies gilt nicht, wenn zu den persönlich haftenden Gesellschaftern eine offene Handelsgesellschaft oder Kommanditgesellschaft gehört, bei der ein persönlich haftender Gesellschafter eine natürliche Person ist.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
II ZR 95/06
vom
9. Juli 2007
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Dass der gleiche Sachverhalt von zwei Gerichten unterschiedlich beurteilt wird,
begründet noch keine Divergenz i.S. des § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 ZPO. Hinzukommen
muss, dass dieser Beurteilung unterschiedliche Rechtssätze zugrunde
liegen.

b) Die persönliche Haftung des Kommanditisten lebt nach § 171 Abs. 4 Satz 1 HGB
auch dann wieder auf, wenn an ihn ein Agio zurückgezahlt wird, sofern dadurch
der Stand seines Kapitalkontos unter den Betrag seiner Haftsumme sinkt.

c) Eine Schikane i.S. des § 226 BGB oder eine unzulässige Rechtsausübung i.S. des
§ 242 BGB liegt nur dann vor, wenn die Geltendmachung eines Rechts keinen anderen
Zweck haben kann als die Schädigung eines anderen, wenn der
Rechtsausübung kein schutzwürdiges Eigeninteresse zugrunde liegt oder wenn
das Recht nur geltend gemacht wird, um ein anderes, vertragsfremdes oder unlauteres
Ziel zu erreichen.
BGH, Hinweisbeschluss vom 9. Juli 2007 - II ZR 95/06 - OLG Köln
LG Bonn
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 9. Juli 2007 durch den
Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Goette und die Richter Kraemer, Dr. Strohn,
Caliebe und Dr. Reichart
einstimmig beschlossen:
1. Der Beklagte wird darauf hingewiesen, dass der Senat beabsichtigt , die Revision gemäß § 552 a ZPO durch Beschluss zurückzuweisen.
2. Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf 16.207,95 € festgesetzt.

Gründe:


1
I. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nach § 543 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor. Weder hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung , noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts.
2
Der bloße Umstand, dass mehrere Prozesse über vergleichbare Forderungen der Klägerin aus dem Komplex "B. GmbH & Co. KG" geführt werden und ein dem Berufungsgericht gleichrangiges Gericht, nämlich das Oberlandesgericht M. , die Klage wegen Rechtsmissbrauchs abgewiesen und damit einen gegenteiligen Standpunkt als das Berufungsgericht in diesem Verfahren eingenommen hat (Urt. v. 31. Januar 2006 - 5 U 3672/05), begründet noch keine Divergenz i.S. des § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 ZPO. Von einer Diver- genz in diesem Sinne ist vielmehr nur dann auszugehen, wenn den Entscheidungen sich widersprechende abstrakte Rechtssätze zugrunde liegen (BGHZ 151, 42, 45; 152, 182, 186; BGH, Urt. v. 16. September 2003 - XI ZR 238/02, WM 2003, 2278). Hier dagegen beruhen die gegenteiligen Urteile auf der Würdigung des jeweils vorgetragenen Sachverhalts in tatsächlicher Hinsicht. Ob der Tatrichter auf dieser Grundlage ein sittenwidriges Verhalten einer Partei annimmt, obliegt grundsätzlich seiner abschließenden Beurteilung und ist revisionsrechtlich nur eingeschränkt überprüfbar.
3
II. Die Revision hat auch keine Aussicht auf Erfolg.
4
Die Haftung des Klägers für die unstreitig entstandene Darlehensschuld der B. GmbH & Co. KG ergibt sich aus §§ 128, 161 Abs. 2, § 171 Abs. 1, § 172 Abs. 4 HGB. Seine persönliche, zunächst durch die Zahlung der Einlage ausgeschlossene Haftung als Kommanditist ist durch die Rückzahlung von 31.700,00 DM = 16.207,95 € in diesem Umfang wieder aufgelebt.
5
1. Die Annahme des Berufungsgerichts, die eingeklagte Rate des Darlehens Nr. 3 sei nicht durch anderweitige Zahlungen erfüllt worden, ist zutreffend. Dabei kann offen bleiben, ob das von der Klägerin vorgetragene Zahlenwerk auch dann noch schlüssig wäre, wenn die in den Jahren 2001 und 2003 geschlossenen Darlehensverträge wegen Sittenwidrigkeit nichtig wären, wie die Revision meint. Denn das Berufungsgericht hat auch festgestellt, dass keine Gründe für die Annahme einer solchen Sittenwidrigkeit vorliegen. Dagegen ist aus revisionsrechtlicher Sicht nichts zu erinnern. Dass die Klägerin darauf verzichtet hat, die von einem Teil der Kommanditisten aus der Kapitalerhöhung vom 30. August 1999 geschuldeten Bürgschaften zu ziehen, und stattdessen die Alt-Kommanditisten aus § 171 HGB in Anspruch nimmt, ist jedenfalls für sich allein nicht sittenwidrig.
6
Ebenso zutreffend hat das Berufungsgericht angenommen, dass der Beklagte den ihm obliegenden Beweis für eine Erfüllung der Klageforderung durch die nach 2003 geleisteten Zahlungen nicht erbracht hat.
7
2. Auch die Voraussetzungen einer Stundung der Klageforderung hat das Berufungsgericht zu Recht nicht festgestellt. Dabei kann offen bleiben, ob sich aus der Absprache, nur die Schuld der Gesellschaft, nicht aber auch diejenige der Gesellschafter zu stunden, ein Leistungsverweigerungsrecht der Gesellschafter ergibt, wie die Revision geltend macht. Das Berufungsgericht hat nämlich auch angenommen, dass der Beklagte die Voraussetzungen einer Stundung nicht bewiesen habe. Dagegen wehrt sich die Revision nicht, und ein Rechtsfehler ist nicht ersichtlich.
8
3. Zu Unrecht meint die Revision weiter, die Rückzahlung an den Kläger betreffe in Höhe von 5.000,00 DM das von ihm gezahlte Agio und führe deshalb nicht zu einem Wiederaufleben seiner persönlichen Haftung. Dabei verkennt die Revision, dass eine Rückzahlung immer dann haftungsbegründend wirkt, wenn und soweit dadurch der Kapitalanteil des Kommanditisten unter den Betrag seiner Haftsumme sinkt oder schon zuvor diesen Wert nicht mehr erreicht hat. Nach der Feststellung des Berufungsgerichts war das hier der Fall.
9
4. Schließlich ist die Klage auf der Grundlage der von dem Berufungsgericht verfahrensfehlerfrei getroffenen Feststellungen nicht wegen Verstoßes gegen das Schikaneverbot nach § 226 BGB oder wegen unzulässiger Rechtsausübung unbegründet. Davon wäre nur dann auszugehen, wenn die Geltendmachung des Rechts keinen anderen Zweck haben könnte als die Schädigung des Beklagten (vgl. RGZ 68, 424, 425), wenn der Rechtsausübung kein schutzwürdiges Eigeninteresse der Klägerin zugrunde läge (vgl. BGHZ 29, 113, 117 f.) oder wenn das Recht nur geltend gemacht würde, um ein anderes, vertrags- fremdes oder unlauteres Ziel zu erreichen (vgl. BGHZ 107, 296, 310 f.). Das zu beurteilen, ist Sache des Tatrichters. Revisionsrechtlich kann nur überprüft werden, ob der Tatrichter den Sachverhalt zutreffend festgestellt hat, ob er den Rechtsbegriff der Schikane oder der unzulässigen Rechtsausübung zutreffend erfasst hat und ob seine Wertung gegen Denk- oder Erfahrungssätze verstößt.
10
Danach ist die Annahme des Berufungsgerichts, es liege kein Rechtsmissbrauch vor, nicht zu beanstanden. Der Revision ist zwar zuzugeben, dass die Klägerin und T. bei der Prozessführung eng zusammengewirkt haben, was sich schon daraus ergibt, dass eine bei T. angestellte Rechtsanwältin mit Sitz in Bo. als Prozessbevollmächtigte der Klägerin aufgetreten ist und die B. GmbH & Co. KG den Prozesskostenvorschuss für die Klägerin gezahlt hat. Tatsache ist auch, dass die Kommanditisten nur über den Weg der Außenhaftung in Anspruch genommen werden können, weil die Gesellschaft im Innenverhältnis die unberechtigten Auszahlungen genehmigt hat, und dass die Gesellschaft keinen Rückgriffsansprüchen ausgesetzt wäre, wenn die Klägerin die für spätere Darlehen vorgesehenen Bürgschaften gemäß der Kapitalerhöhung vom 30. August 1999 in Anspruch genommen hätte. Schließlich mag T. den Rückstand in Höhe der Klageforderung bewusst auflaufen gelassen haben, um die Inanspruchnahme der Kommanditisten durch die Klägerin zu ermöglichen. Das alles schließt aber die Annahme des Berufungsgerichts, die Klägerin habe ein anzuerkennendes Interesse an der Inanspruchnahme des Beklagten, nicht aus. Im Gegenteil legt das vorgetragene Zahlenwerk diese Annahme sogar nahe. So waren nach der Gesamtaufstellung der Klägerin per 30. September 2005 zu diesem Zeitpunkt noch insgesamt 1.257.780,00 € an Darlehensforderungen offen. Der Jahresabschluss der Gesellschaft zum 31. Dezember 2003 weist dagegen einen Fehlbetrag in Höhe von 18.070.283,41 € aus. Dass sich die Lage inzwischen grundlegend gebessert hätte, ist vom Beklagten nicht dargelegt.
11
Entscheidend kommt hinzu, dass - wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat und was auch die Revision nicht in Abrede stellt - der Beklagte gem. §§ 110, 161 Abs. 2 HGB einen Aufwendungsersatzanspruch gegen die Gesellschaft hat, gerichtet auf Freistellung von der eingeklagten Forderung bzw. - nach Zahlung - auf Erstattung des an die Klägerin gezahlten Betrages. Sollte dieser Anspruch wegen schlechter Vermögenslage der Gesellschaft wertlos sein, spräche das gerade für die Entscheidung der Klägerin, nicht die Gesellschaft , sondern die Kommanditisten in Anspruch zu nehmen. Hat die Gesellschaft dagegen genügend Mittel, um den Aufwendungsersatzanspruch zu erfüllen, kann sich der Beklagte schadlos halten. Die damit verbundenen Unan- nehmlichkeiten reichen entgegen der Ansicht der Revision nicht aus, um das Verhalten der Klägerin als sittenwidrig erscheinen zu lassen.
Goette Kraemer Strohn
Caliebe Reichart
Hinweis: Das Revisionsverfahren ist durch Revisionsrücknahme erledigt worden.
Vorinstanzen:
LG Bonn, Entscheidung vom 14.06.2005 - 3 O 419/04 -
OLG Köln, Entscheidung vom 08.03.2006 - 13 U 130/05 -

(1) Im Verhältnis zu den Gläubigern der Gesellschaft wird nach der Eintragung in das Handelsregister die Einlage eines Kommanditisten durch den in der Eintragung angegebenen Betrag bestimmt.

(2) Auf eine nicht eingetragene Erhöhung der aus dem Handelsregister ersichtlichen Einlage können sich die Gläubiger nur berufen, wenn die Erhöhung in handelsüblicher Weise kundgemacht oder ihnen in anderer Weise von der Gesellschaft mitgeteilt worden ist.

(3) Eine Vereinbarung der Gesellschafter, durch die einem Kommanditisten die Einlage erlassen oder gestundet wird, ist den Gläubigern gegenüber unwirksam.

(4) Soweit die Einlage eines Kommanditisten zurückbezahlt wird, gilt sie den Gläubigern gegenüber als nicht geleistet. Das gleiche gilt, soweit ein Kommanditist Gewinnanteile entnimmt, während sein Kapitalanteil durch Verlust unter den Betrag der geleisteten Einlage herabgemindert ist, oder soweit durch die Entnahme der Kapitalanteil unter den bezeichneten Betrag herabgemindert wird. Bei der Berechnung des Kapitalanteils nach Satz 2 sind Beträge im Sinn des § 268 Abs. 8 nicht zu berücksichtigen.

(5) Was ein Kommanditist auf Grund einer in gutem Glauben errichteten Bilanz in gutem Glauben als Gewinn bezieht, ist er in keinem Falle zurückzuzahlen verpflichtet.

(6) Gegenüber den Gläubigern einer Gesellschaft, bei der kein persönlich haftender Gesellschafter eine natürliche Person ist, gilt die Einlage eines Kommanditisten als nicht geleistet, soweit sie in Anteilen an den persönlich haftenden Gesellschaftern bewirkt ist. Dies gilt nicht, wenn zu den persönlich haftenden Gesellschaftern eine offene Handelsgesellschaft oder Kommanditgesellschaft gehört, bei der ein persönlich haftender Gesellschafter eine natürliche Person ist.