Bundesgerichtshof Urteil, 07. März 2005 - II ZR 138/03

bei uns veröffentlicht am07.03.2005

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
II ZR 138/03 Verkündet am:
7. März 2005
Boppel
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Verlangt eine GmbH oder in ihrer Insolvenz der Insolvenzverwalter von
einem Gesellschafter Rückzahlung einer Leistung nach den Grundsätzen
des Eigenkapitalersatzes, muß die Gesellschaft bzw. der Insolvenzverwalter
darlegen und beweisen, daß die Gesellschaft zu dem maßgeblichen Zeitpunkt
in einer Krise i.S. des § 32 a Abs. 1 GmbHG war.

b) Beruft sich die Gesellschaft bzw. der Insolvenzverwalter dazu auf eine Insolvenzreife
wegen Überschuldung der Gesellschaft, reicht es nicht aus, wenn
lediglich die Handelsbilanz vorgelegt wird, auch wenn sich daraus ein nicht
durch Eigenkapital gedeckter Fehlbetrag ergibt. Vielmehr muß entweder ein
Überschuldungsstatus mit Aufdeckung etwaiger stiller Reserven und Ansatz
der Wirtschaftsgüter zu Veräußerungswerten aufgestellt oder dargelegt werden
, daß stille Reserven und sonstige aus der Handelsbilanz nicht ersichtliche
Veräußerungswerte nicht vorhanden sind.

c) Dabei muß die Gesellschaft bzw. der Insolvenzverwalter nicht jede denkbare
Möglichkeit ausschließen, sondern nur naheliegende Anhaltspunkte - beispielsweise
stille Reserven bei Grundvermögen - und die von dem Gesellschafter
insoweit aufgestellten Behauptungen widerlegen.
BGH, Urteil vom 7. März 2005 - II ZR 138/03 - OLG Celle
LG Verden
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche
Verhandlung vom 7. März 2005 durch den Vorsitzenden Richter
Dr. h.c. Röhricht und die Richter Prof. Dr. Goette, Kraemer, Dr. Strohn und
Caliebe

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 9. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Celle vom 27. März 2003 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Der Beklagte ist zu 25 % an der B. GmbH beteiligt. Er ist Eigentümer des Betriebsgrundstücks, das er an die Gesellschaft vermietet hat. Am 2. Juni 1999 wurde das Konkursverfahren über das Vermögen der Gesellschaft eröffnet und der Kläger zum Verwalter bestellt. Mit der Klage verlangt der Kläger Rückzahlung der von dem Beklagten im Jahre 1998 vereinnahmten Mieten. Dazu behauptet er, die Gesellschaft sei schon seit 1994 überschuldet gewesen. Das Landgericht hat der Klage im wesentlichen stattgegeben. Die Berufung des Beklagten ist erfolglos geblieben. Dagegen richtet sich die vom Senat zugelassene Revision.

Entscheidungsgründe:


Die Revision ist begründet und führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
I. Das Berufungsgericht hat ausgeführt: Die Überlassung des Betriebsgrundstücks habe jedenfalls im Jahre 1998 eigenkapitalersetzenden Charakter gehabt. Die zum 31. Dezember 1996 aufgestellte Bilanz der Gesellschaft habe einen nicht durch Eigenkapital gedeckten Fehlbetrag in Höhe von 139.672,44 DM ausgewiesen. Dieser Wert sei nicht im Hinblick auf die Erstellung eines Überschuldungsstatus zu korrigieren gewesen. Zwar habe der Beklagte zu einzelnen Aktivposten der Bilanz das Vorliegen von stillen Reserven behauptet und dazu auch präzise Zahlen vorgetragen. Der daraufhin als Sachverständiger eingeschaltete Wirtschaftsprüfer habe jedoch keine ausreichenden Anhaltspunkte vorgefunden, um die tatsächlichen Werte der Wirtschaftsgüter bestimmen zu können. Das gehe zu Lasten des Beklagten. Zwar liege die Beweislast für die Kreditunwürdigkeit grundsätzlich bei der Gesellschaft bzw. ihrem Konkursverwalter. Die Jahresbilanz habe aber eine indizielle Bedeutung für die Insolvenzreife. Nur wenn greifbare Anhaltspunkte für das Vorhandensein stiller Reserven vorlägen, müsse der Konkursverwalter dazu vortragen und Beweis führen.
II. Dem kann nicht gefolgt werden.
1. Die Klage auf Rückgewähr der Mieten ist nach §§ 30, 31 Abs. 1 GmbHG i.V.m. den Rechtsprechungsregeln zur eigenkapitalersetzenden Gebrauchsüberlassung (BGHZ 109, 55; 121, 31) nur dann begründet, wenn die Gesellschaft am 31. Dezember 1996 - oder jedenfalls bis zum 30. Juni 1997, als der Beklagte den Mietvertrag zum Ablauf des 31. Dezember 1997 späte-
stens hätte kündigen können - in eine Krise im Sinne des § 32 a Abs. 1 GmbHG geraten ist und der Beklagte - wovon im Normalfall auszugehen ist - das erkennen konnte. Eine Krise lag dann vor, wenn die Gesellschaft insolvenzreif oder jedenfalls "überlassungsunwürdig" war. Zu einer unabhängig von einer Insolvenzreife bestehenden Überlassungsunwürdigkeit hat das Berufungsgericht keine Feststellungen getroffen. Dafür ist auch nichts ersichtlich. Entscheidend ist daher allein die Frage, ob die Gesellschaft insolvenzreif war. Da die Gesellschaft im Jahre 1998 noch zahlungsfähig war, konnte sich eine Insolvenzreife nur aus einer Überschuldung ergeben. Nach der hier noch anwendbaren Konkursordnung sind dazu eine rechnerische Überschuldung und eine negative Fortbestehensprognose erforderlich. Eine rechnerische Überschuldung in diesem Sinne liegt vor, wenn die im Insolvenzfall verwertbaren Vermögensgegenstände zu ihren Veräußerungswerten nicht mehr ausreichen, um die Schulden zu decken.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats liegt die Darlegungsund Beweislast bezüglich der Überschuldung bei der Gesellschaft bzw. dem für sie tätig werdenden Insolvenzverwalter. Der Insolvenzverwalter hat die Überschuldung grundsätzlich durch Vorlage eines Überschuldungsstatus darzulegen. Darin sind die stillen Reserven aufzudecken und die Vermögensgegenstände zu Veräußerungswerten anzusetzen. Nicht ausreichend ist dagegen, lediglich die Handelsbilanz vorzulegen, weil die Handelsbilanz nach anderen Kriterien als ein Überschuldungsstatus aufzustellen ist. So sagt sie etwa nichts über stille Reserven aus. Die Handelsbilanz kann deshalb nur indizielle Bedeutung für die insolvenzrechtliche Überschuldung haben. Mindestens muß der Insolvenzverwalter die Ansätze der Handelsbilanz daraufhin überprüfen und erläutern, ob und ggf. in welchem Umfang stille Reserven oder sonstige daraus nicht ersichtliche Veräußerungswerte vorhanden sind. Dabei muß er nicht jede
denkbare Möglichkeit ausschließen, sondern nur naheliegende Anhaltspunkte - beispielsweise stille Reserven bei Grundvermögen - und die von dem Gesellschafter insoweit aufgestellten Behauptungen widerlegen (BGHZ 125, 141, 146; 146, 264, 267 f.; Sen.Urt. v. 18. Dezember 2000 - II ZR 191/99, ZIP 2001, 242, 243; v. 2. April 2001 - II ZR 261/99, ZIP 2001, 839; ebenso zur vergleichbaren Problematik bei der Kreditunwürdigkeit Sen.Urt. v. 2. Juni 1997 - II ZR 211/95, NJW 1997, 3171, 3172 und v. 17. November 1997 - II ZR 224/96, NJW 1998, 1143, 1144).
2. Nach diesen Grundsätzen und dem bisherigen Vortrag der Parteien ist die Klage unbegründet. Der Kläger hat keinen Überschuldungsstatus zu dem maßgeblichen Zeitpunkt aufgestellt. Er hat auch nicht die Behauptungen des Beklagten zu den stillen Reserven widerlegt. So hat der Beklagte behauptet, die Transportfahrzeuge der Gemeinschuldnerin, die in der Handelsbilanz mit einem Erinnerungswert von 11,00 DM erfaßt gewesen seien, hätten tatsächlich einen Wert in Höhe von 61.000,00 DM gehabt, die Werkzeuge der Gemeinschuldnerin , in der Bilanz mit 18.348,00 DM veranschlagt, seien 43.000,00 DM wert gewesen , die abgeschriebenen geringwertigen Wirtschaftsgüter hätten noch einen Wert in Höhe von 11.000,00 DM gehabt und die sonstige Betriebs- und Geschäftsausstattung , die mit einem Buchwert in Höhe von 23.645,00 DM erfaßt gewesen sei, sei tatsächlich 73.000,00 DM wert gewesen. Dieser Vortrag ist substantiiert genug, um dem Kläger die Möglichkeit zu geben, sich damit auseinanderzusetzen und die Zahlen des Beklagten zu widerlegen. Das hat das Berufungsgericht im Ansatz auch richtig gesehen, wie sich daraus ergibt, daß es eine Beweisaufnahme durch Einholung eines Sachverständigengutachtens angeordnet hat. Daß der Sachverständige dann aber erklärt hat, er könne mangels ausreichender Unterlagen keine Feststellungen treffen, geht zu Lasten des Klägers. Seine Sache war es, die Überschuldung unter Berücksichtigung des
substantiierten Gegenvortrags des Beklagten darzulegen und zu beweisen. Ist ihm das nicht möglich, kann seine Klage keinen Erfolg haben. Anders wäre allenfalls dann zu entscheiden, wenn der Beklagte eine ihm obliegende Pflicht zur Führung und Aufbewahrung von Büchern bzw. Belegen verletzt hätte. Das aber macht der Kläger selbst nicht geltend.
III. Danach kann das angefochtene Urteil keinen Bestand haben. Die Sache ist zurückzuverweisen, da sie noch nicht zur Endentscheidung reif ist. Das Berufungsgericht hat die Beweisaufnahme abgebrochen, ohne alles getan zu haben, um den Sachverhalt aufzuklären. So hätte versucht werden müssen, aufgrund der Veräußerungserlöse, die für die streitigen Gegenstände im Rahmen des Konkursverfahrens erzielt worden sind, auf die Verkehrswerte zu dem hier maßgeblichen Zeitpunkt rückzuschließen, soweit ausreichende Anhaltspunkte dafür vorliegen, daß die verwerteten Wirtschaftsgüter auch schon zu jenem Zeitpunkt vorhanden waren. Dazu hätte notfalls ein anderer Sachverständiger hinzugezogen werden müssen, der - über das allgemeine Wissen eines Wirtschaftsprüfers hinaus - über spezielle Kenntnisse in der Bewertung von Anlagegütern verfügt. Entgegen der Auffassung des Sachverständigen Bi. ist es dagegen nicht erforderlich, eine Überschuldungsbilanz aufzustellen. Es geht allein darum zu überprüfen, ob die von dem Beklagten behaupteten stillen Reserven vorhanden waren, die - nur - in ihrer Summe ausreichen, um trotz des in der Handelsbilanz ausgewiesenen Fehlbetrags eine rechnerische Überschuldung im Sinne des Insolvenzrechts auszuschließen. Gelingt dem Kläger, ggf. nach ergänzendem Vortrag, der Beweis, daß jedenfalls ein Teil dieser stillen Reserven nicht vorhanden war, ist von einer rechnerischen Überschuldung - und damit angesichts der von dem Berufungsgericht festgestellten negativen Fortbestehensprognose von einer Insolvenzreife - auszugehen. Gelingt dem Kläger dieser Beweis dagegen nicht, ist die Klage unbegründet. Die
Zurückverweisung ermöglicht den Parteien, unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Senats ergänzend vorzutragen, und dem Berufungsgericht , auf dieser Grundlage die Beweisaufnahme fortzusetzen.
Röhricht Goette Kraemer
Strohn Caliebe

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Urteil, 07. März 2005 - II ZR 138/03

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Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung - GmbHG | § 30 Kapitalerhaltung


(1) Das zur Erhaltung des Stammkapitals erforderliche Vermögen der Gesellschaft darf an die Gesellschafter nicht ausgezahlt werden. Satz 1 gilt nicht bei Leistungen, die bei Bestehen eines Beherrschungs- oder Gewinnabführungsvertrags (§ 291 des Aktie

Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung - GmbHG | § 31 Erstattung verbotener Rückzahlungen


(1) Zahlungen, welche den Vorschriften des § 30 zuwider geleistet sind, müssen der Gesellschaft erstattet werden. (2) War der Empfänger in gutem Glauben, so kann die Erstattung nur insoweit verlangt werden, als sie zur Befriedigung der Gesellschafts

Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung - GmbHG | § 32 Rückzahlung von Gewinn


Liegt die in § 31 Abs. 1 bezeichnete Voraussetzung nicht vor, so sind die Gesellschafter in keinem Fall verpflichtet, Beträge, welche sie in gutem Glauben als Gewinnanteile bezogen haben, zurückzuzahlen.
Bundesgerichtshof Urteil, 07. März 2005 - II ZR 138/03 zitiert 5 §§.

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(1) Das zur Erhaltung des Stammkapitals erforderliche Vermögen der Gesellschaft darf an die Gesellschafter nicht ausgezahlt werden. Satz 1 gilt nicht bei Leistungen, die bei Bestehen eines Beherrschungs- oder Gewinnabführungsvertrags (§ 291 des Aktiengesetzes) erfolgen oder durch einen vollwertigen Gegenleistungs- oder Rückgewähranspruch gegen den Gesellschafter gedeckt sind. Satz 1 ist zudem nicht anzuwenden auf die Rückgewähr eines Gesellschafterdarlehens und Leistungen auf Forderungen aus Rechtshandlungen, die einem Gesellschafterdarlehen wirtschaftlich entsprechen.

(2) Eingezahlte Nachschüsse können, soweit sie nicht zur Deckung eines Verlustes am Stammkapital erforderlich sind, an die Gesellschafter zurückgezahlt werden. Die Zurückzahlung darf nicht vor Ablauf von drei Monaten erfolgen, nachdem der Rückzahlungsbeschluß nach § 12 bekanntgemacht ist. Im Fall des § 28 Abs. 2 ist die Zurückzahlung von Nachschüssen vor der Volleinzahlung des Stammkapitals unzulässig. Zurückgezahlte Nachschüsse gelten als nicht eingezogen.

(1) Zahlungen, welche den Vorschriften des § 30 zuwider geleistet sind, müssen der Gesellschaft erstattet werden.

(2) War der Empfänger in gutem Glauben, so kann die Erstattung nur insoweit verlangt werden, als sie zur Befriedigung der Gesellschaftsgläubiger erforderlich ist.

(3) Ist die Erstattung von dem Empfänger nicht zu erlangen, so haften für den zu erstattenden Betrag, soweit er zur Befriedigung der Gesellschaftsgläubiger erforderlich ist, die übrigen Gesellschafter nach Verhältnis ihrer Geschäftsanteile. Beiträge, welche von einzelnen Gesellschaftern nicht zu erlangen sind, werden nach dem bezeichneten Verhältnis auf die übrigen verteilt.

(4) Zahlungen, welche auf Grund der vorstehenden Bestimmungen zu leisten sind, können den Verpflichteten nicht erlassen werden.

(5) Die Ansprüche der Gesellschaft verjähren in den Fällen des Absatzes 1 in zehn Jahren sowie in den Fällen des Absatzes 3 in fünf Jahren. Die Verjährung beginnt mit dem Ablauf des Tages, an welchem die Zahlung, deren Erstattung beansprucht wird, geleistet ist. In den Fällen des Absatzes 1 findet § 19 Abs. 6 Satz 2 entsprechende Anwendung.

(6) Für die in den Fällen des Absatzes 3 geleistete Erstattung einer Zahlung sind den Gesellschaftern die Geschäftsführer, welchen in betreff der geleisteten Zahlung ein Verschulden zur Last fällt, solidarisch zum Ersatz verpflichtet. Die Bestimmungen in § 43 Abs. 1 und 4 finden entsprechende Anwendung.

Liegt die in § 31 Abs. 1 bezeichnete Voraussetzung nicht vor, so sind die Gesellschafter in keinem Fall verpflichtet, Beträge, welche sie in gutem Glauben als Gewinnanteile bezogen haben, zurückzuzahlen.

(1) Das zur Erhaltung des Stammkapitals erforderliche Vermögen der Gesellschaft darf an die Gesellschafter nicht ausgezahlt werden. Satz 1 gilt nicht bei Leistungen, die bei Bestehen eines Beherrschungs- oder Gewinnabführungsvertrags (§ 291 des Aktiengesetzes) erfolgen oder durch einen vollwertigen Gegenleistungs- oder Rückgewähranspruch gegen den Gesellschafter gedeckt sind. Satz 1 ist zudem nicht anzuwenden auf die Rückgewähr eines Gesellschafterdarlehens und Leistungen auf Forderungen aus Rechtshandlungen, die einem Gesellschafterdarlehen wirtschaftlich entsprechen.

(2) Eingezahlte Nachschüsse können, soweit sie nicht zur Deckung eines Verlustes am Stammkapital erforderlich sind, an die Gesellschafter zurückgezahlt werden. Die Zurückzahlung darf nicht vor Ablauf von drei Monaten erfolgen, nachdem der Rückzahlungsbeschluß nach § 12 bekanntgemacht ist. Im Fall des § 28 Abs. 2 ist die Zurückzahlung von Nachschüssen vor der Volleinzahlung des Stammkapitals unzulässig. Zurückgezahlte Nachschüsse gelten als nicht eingezogen.

(1) Zahlungen, welche den Vorschriften des § 30 zuwider geleistet sind, müssen der Gesellschaft erstattet werden.

(2) War der Empfänger in gutem Glauben, so kann die Erstattung nur insoweit verlangt werden, als sie zur Befriedigung der Gesellschaftsgläubiger erforderlich ist.

(3) Ist die Erstattung von dem Empfänger nicht zu erlangen, so haften für den zu erstattenden Betrag, soweit er zur Befriedigung der Gesellschaftsgläubiger erforderlich ist, die übrigen Gesellschafter nach Verhältnis ihrer Geschäftsanteile. Beiträge, welche von einzelnen Gesellschaftern nicht zu erlangen sind, werden nach dem bezeichneten Verhältnis auf die übrigen verteilt.

(4) Zahlungen, welche auf Grund der vorstehenden Bestimmungen zu leisten sind, können den Verpflichteten nicht erlassen werden.

(5) Die Ansprüche der Gesellschaft verjähren in den Fällen des Absatzes 1 in zehn Jahren sowie in den Fällen des Absatzes 3 in fünf Jahren. Die Verjährung beginnt mit dem Ablauf des Tages, an welchem die Zahlung, deren Erstattung beansprucht wird, geleistet ist. In den Fällen des Absatzes 1 findet § 19 Abs. 6 Satz 2 entsprechende Anwendung.

(6) Für die in den Fällen des Absatzes 3 geleistete Erstattung einer Zahlung sind den Gesellschaftern die Geschäftsführer, welchen in betreff der geleisteten Zahlung ein Verschulden zur Last fällt, solidarisch zum Ersatz verpflichtet. Die Bestimmungen in § 43 Abs. 1 und 4 finden entsprechende Anwendung.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
VERSÄ UMNISURTEIL
II ZR 191/99 Verkündet am:
18. Dezember 2000
Vondrasek
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
GmbHG §§ 30, 31, 32 a und 32 b

a) Dem Anspruch auf Rückgewähr des in der Krise der GmbH gezahlten Entgelts
für eine eigenkapitalersetzend wirkende Gebrauchsüberlassung steht nicht
entgegen, daß der Gesellschafter der Gesellschaft Mittel (hier: "Untermietzinsen"
) überlassen hat, durch welche ein Aufwendungsersatzanspruch erfüllt
werden sollte, den die GmbH gegen ihn besaß.

b) Kommt es für die Feststellung der Umqualifizierung einer Gesellschafterleistung
in funktionales Eigenkapital auf die Überschuldung der Gesellschaft an,
wird die Gesellschaft bzw. ihr Insolvenzverwalter seiner Darlegungs- und Beweislast
durch die Vorlage einer ein negatives Ergebnis ausweisenden Handelsbilanz
, mag diesem Umstand auch indizielle Bedeutung beikommen kön-
nen, nicht gerecht; vielmehr bedarf es grundsätzlich der Erstellung einer Überschuldungsbilanz
, welche die aktuellen Verkehrs- oder Liquidationswerte ausweist.
BGH, Urteil vom 18. Dezember 2000 - II ZR 191/99 - OLG Hamm
LG Detmold
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 18. Dezember 2000 durch den Vorsitzenden Richter Dr. h.c. Röhricht und
die Richter Dr. Hesselberger, Prof. Dr. Goette, Dr. Kurzwelly und Kraemer

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 8. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 19. April 1999 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Klage hinsichtlich eines 84.107,32 DM übersteigenden Betrages, mithin in Höhe von 15.000,-- DM, zuzüglich Zinsen abgewiesen worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens , an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Der Beklagte gründete Ende 1991 die M. Hutmanufaktur GmbH (im folgenden : M. GmbH). Diese mietete zugleich ein dem Beklagten gehörendes, sanierungsbedürftiges Grundstück, welches sie teilweise selbst nutzte, teilwei-
se im Auftrag des Beklagten "untervermietete". Die von dem Beklagten für erforderlich angesehenen Instandsetzungs- und Verbesserungsmaßnahmen gab nicht er selbst in Auftrag, sondern verpflichtete in dem Mietvertrag die M. GmbH mit deren Ausführung. Zur Finanzierung der Baumaßnahmen nahm die M. GmbH aus öffentlichen Kassen geförderte Kredite in einer Gesamthöhe von 2 Mio. DM auf. Der Beklagte sicherte diese Darlehensaufnahme durch die Einräumung von Grundschulden und die Übernahme einer Bürgschaft ab. Im Falle der Beendigung des Mietverhältnisses sollte die M. GmbH aus der Kreditverpflichtung entlassen und an ihrer Stelle allein der Beklagte gegenüber den Darlehensgebern verpflichtet sein. Gegenüber der M. GmbH verpflichtete er sich zum Ersatz aller ihr durch die Baumaßnahmen entstehenden Aufwendungen. Soweit die eingehenden Mietzahlungen hierzu nicht ausreichten, hatte der Beklagte die erforderlichen Beträge aus seinem sonstigen Vermögen aufzubringen.
Nachdem die M. GmbH im Jahr 1992 zwischen Februar und August die Mieten regelmäßig auf das Mietkonto des Beklagten überwiesen hatte, ist sie in der Folgezeit ihre Zahlungen schuldig geblieben; lediglich am 18. März 1993 hat sie einen Betrag von 15.000,-- DM geleistet. Die Klägerin, die nach Eröffnung des Gesamtvollstreckungsverfahrens Ende Februar 1995 zur Verwalterin berufen worden ist, hat - soweit im Revisionsverfahren noch von Bedeutung - von dem Beklagten Erstattung der von der Gemeinschuldnerin in den beiden Jahren 1992 und 1993 gezahlten Mieten in Höhe von insgesamt 57.500,-- DM mit der Begründung verlangt, die Grundstücksüberlassung habe eigenkapitalersetzenden Charakter gehabt. Das Berufungsgericht hat die entsprechende Klage abgewiesen. Die hiergegen eingelegte Revision der Klägerin hat der Senat nur hinsichtlich der im März 1993 gezahlten Mieten angenommen.

Entscheidungsgründe:


Da der Beklagte trotz ordnungsgemäßer Ladung in der mündlichen Verhandlung nicht vertreten war, ist durch Versäumnisurteil (§§ 331, 557 ZPO), aber auf Grund sachlicher Prüfung (BGHZ 37, 79, 81) zu entscheiden.
Im Umfang der Annahme ist die Revision der Klägerin begründet. Sie rügt mit Recht, daß das Berufungsgericht rechtsfehlerhaft angenommen hat, die im März 1993 geleistete Mietzahlung von 15.000,-- DM müsse deswegen von dem Beklagten nicht erstattet werden, weil der Gemeinschuldnerin seitens des Beklagten in demselben Zeitraum "Untermietzinsen" von mehr als 30.000,-- DM belassen worden sind. Mit dieser Erwägung setzt sich das Berufungsgericht zu seiner eigenen Annahme in Widerspruch, daß die dem Beklagten zustehenden "Untermietzinsen" - wie es mit der M. GmbH bei Abschluß des Mietvertrages vereinbart worden war - dazu verwendet worden sind, die Pflicht des Beklagten zur Erstattung derjenigen Aufwendungen zu erfüllen, die der M. GmbH bei den in seinem Auftrag und in seinem Interesse als Grundstückseigentümer veranlaßten Bau- und Sanierungsmaßnahmen einschließlich der Bedienung der in diesem Zusammenhang aufgenommenen Kredite entstanden sind. Dienten danach die dem Beklagten gebührenden "Untermietzinsen" allein dazu, dessen gegenüber der M. GmbH eingegangenen Verpflichtungen zu erfüllen, geht das Berufungsgericht fehl, wenn es in der Überlassung der "Untermietzinsen" an die M. GmbH eine die Auszahlung gebundenen Stammkapitals kompensierende Leistung ihres Gesellschafters sehen will und aus diesem Grund annimmt, ein von der Klägerin auf die sog. "Rechtsprechungsregeln" gestützter Erstattungsanspruch könne nicht bestehen.
Eine abschließende Entscheidung ist dem Senat verwehrt, weil das Berufungsgericht - von seinem abweichenden Standpunkt aus folgerichtig - nicht geprüft, sondern lediglich unterstellt hat, daß die Gesellschaft bei Bewirkung der Mietzahlung am 18. März 1993 überschuldet gewesen ist. Damit die hierzu erforderlichen Feststellungen nachgeholt werden können, ist die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. In diesem Zusammenhang weist der Senat vorsorglich darauf hin, daß die Klägerin allein mit der Vorlage der zum 31. Dezember 1992 erstellten Jahresbilanz ihrer Darlegungs- und Beweislast für das Vorhandensein einer Überschuldung (vgl. Sen.Urt. v. 2. Juni 1997 - II ZR 211/95, ZIP 1997, 1648) der M. GmbH nicht nachkommen kann, weil nach der ständigen Rechtsprechung des Senats (vgl. BGHZ 125, 141, 146; Sen.Urt. v. 12. Juli 1999 - II ZR 87/98, ZIP 1999, 1524) die Überschuldungsbilanz nach anderen Kriterien als die Handelsbilanz aufzustellen ist. Abgesehen davon, daß ein negatives Ergebnis der Handelsbilanz zum maßgebenden Stichtag - mag es auch indizielle Bedeutung haben können - nicht zwangsläufig auch das Vorhandensein einer Überschuldung belegt, kann selbst bei Annahme
einer Überschuldung am 31. Dezember 1992 nicht ohne weiteres ausgeschlossen werden, daß die erst zu Beginn des Jahres 1995 in die Insolvenz geratene Gesellschaft im Zeitpunkt der Zahlung der Miete (18. März 1993) die Krise überwunden hatte und in der Lage war, den Betrag aus ungebundenem Gesellschaftsvermögen zu zahlen.
Röhricht Hesselberger Goette
Kurzwelly Kraemer

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
II ZR 261/99 Verkündet am:
2. April 2001
Vondrasek
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
GmbHG §§ 30, 31, 32 a, 32 b

a) Eine in der Jahresbilanz ausgewiesene Überschuldung hat bei der Prüfung
der Insolvenzreife der Gesellschaft allenfalls indizielle Bedeutung und ist lediglich
Ausgangspunkt für die weitere Ermittlung des wahren Wertes des Gesellschaftsvermögens.

b) Stille Reserven können nicht nur eine buchmäßige Überschuldung neutralisieren
, sondern auch der Annahme der Kreditunwürdigkeit der Gesellschaft entgegenstehen
, soweit ihr Vorhandensein von einem externen Gläubiger als hinreichende
Kreditsicherheit angesehen wird.
BGH, Urteil vom 2. April 2001 - II ZR 261/99 - OLG Celle
LG Hannover
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 2. April 2001 durch den Vorsitzenden Richter Dr. h.c. Röhricht und die
Richter Dr. Hesselberger, Prof. Dr. Goette, Dr. Kurzwelly und Kraemer

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 9. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Celle vom 14. Juli 1999 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Klägerinnen, die aufgrund rechtskräftigen Urteils vom 27. November 1997 der M. (M. GmbH) einen Betrag i.H.v. 85.168,06 DM nebst Zinsen schulden, haben gegen die Gläubigerin Vollstreckungsgegenklage erhoben. Diese stützen sie auf die von ihnen gegen die titulierte Forderung am 8. Januar 1998 erklärte Aufrechnung mit einem Anspruch, den ihre Mutter gegen die M. GmbH besaß und den sie am 29. Dezember 1997 an die beiden Klägerinnen abge-
treten hat.
Die Mutter der Klägerinnen war bis Ende Februar 1995 Gesellschafterin der M. GmbH; in dieser Eigenschaft hatte sie sich für Verbindlichkeiten der GmbH verbürgt und dafür einen Provisionsanspruch in Höhe von 90.000,-- DM erworben; bei ihm handelt es sich um die an die Klägerinnen abgetretene Forderung.
Die M. GmbH hat den Anspruch gegen die Klägerinnen bereits während des gegen sie geführten Rechtsstreits durch Vertrag vom 23. Dezember 1996 an die Beklagte abgetreten; Geschäftsführer beider Gesellschaften ist der geschiedene Ehemann der Mutter der Klägerinnen.
Die Beklagte hat unter Bezugnahme auf die Bilanzen der Gesellschaft die Auffassung vertreten, die von der Mutter der Klägerinnen abgetretene Provisionsforderung habe ebenso wie die ihr zugrundeliegende Bürgschaft eigenkapitalersetzenden Charakter gehabt, mit ihr habe deswegen nicht wirksam aufgerechnet werden können.
Das Landgericht hat die Zwangsvollstreckung in Höhe von 90.000,-- DM für unzulässig erklärt, die Berufung der Beklagten ist erfolglos geblieben. Mit der Revision verfolgt die Beklagte ihr Begehren auf vollständige Abweisung der Klage weiter.

Entscheidungsgründe:


I.


Die Revision ist begründet und führt unter Aufhebung des angefochtenen Urteils zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. Dabei bedarf es im gegenwärtigen Stadium des Rechtsstreits keiner abschließenden Entscheidung durch den Senat, ob die von der Mutter der Klägerinnen abgetretene Forderung deswegen nicht gegen die M. GmbH bzw. nunmehr die Beklagte als deren Rechtsnachfolgerin durchsetzbar ist, weil sie eigenkapitalersetzenden Charakter besitzt. Denn das Berufungsgericht hat schon nicht ordnungsgemäß festgestellt, daß der Anspruch, mit dem die Klägerinnen aufgerechnet haben, überhaupt fällig war.
Nach dem Bürgschaftsvertrag konnte der Provisionsanspruch zwar jederzeit geltend gemacht werden. Die Klägerinnen haben jedoch selbst unter Bezugnahme auf den von ihnen vorgelegten notariellen Kauf- und Abtretungsvertrag vom 27. Februar 1995 vorgetragen, zwischen der M. GmbH und der Zedentin sei anläßlich deren Ausscheidens aus der Gesellschaft vereinbart worden, daß - insofern abweichend von dem Bürgschaftsvertrag - die Auszahlung der Provision u.a. erst "nach vollständiger Veräußerung und Kaufpreiszahlung hinsichtlich der Projekte Dienstleistungszentrum E. ..." bewirkt werden solle. Daß diese Voraussetzung erfüllt ist, ist nicht verfahrensfehlerfrei festgestellt. Zwar haben die Klägerinnen behauptet, E. sei im Dezember 1996 veräußert worden, die Beklagte ist dem jedoch unter Beweisantritt entgegengetreten und hat behauptet, der seinerzeit geschlossene Vertrag sei nicht durchgeführt worden.

Damit das Berufungsgericht die danach erforderlichen, vorgreiflichen Feststellungen treffen kann, ist die Sache zurückzuverweisen.

II.


Für die weitere Sachbehandlung weist der Senat vorsorglich auf folgendes hin:
Da die Zedentin Ende Februar 1995 aus der M. GmbH ausgeschieden ist, kommt es für die Frage, ob die abgetretene Provisionsforderung einer Durchsetzungssperre nach den Eigenkapitalersatzregeln unterliegt, darauf an, ob die GmbH sich zu diesem Zeitpunkt in der Krise befunden hat (vgl. BGHZ 127, 1, 6 f.). Ist das zu verneinen, spielt das spätere Schicksal der M. GmbH für die Aufrechnungsbefugnis der Klägerinnen keine Rolle, weil die ausgeschiedene Gesellschafterin für eine erst später eintretende Überschuldung keine Finanzierungsfolgenverantwortung träfe.
Auf der Grundlage des bisherigen Vortrags kann nicht festgestellt werden , daß die M. GmbH Ende Februar 1995 überschuldet war. Zwar weist der zum Bilanzstichtag 30. September 1995 erstellte Jahresabschluß eine buchmäßige Überschuldung aus, sie ist aber für die Frage der Insolvenzreife, aus der die Beklagte den Eigenkapitalersatzcharakter der Forderung herleiten will, anders als das Berufungsgericht und die Beklagte annehmen, für sich allein nicht aussagekräftig; eine in der Jahresbilanz ausgewiesene Überschuldung kann vielmehr allenfalls indizielle Bedeutung haben und muß dann Ausgangspunkt für die weitere Ermittlung des wahren Wertes des Gesellschafts-
vermögens sein (Sen.Urt. v. 18. Dezember 2000 - II ZR 191/99, ZIP 2001, 242 und v. 8. Januar 2001 - II ZR 88/99, ZIP 2001, 235). Bei der gebotenen Aufdeckung der stillen Reserven der Grundstücke der Gesellschaft würde - wie es in den Erläuterungen zum Jahresabschluß heißt - "die Überschuldung neutralisiert" werden. Angesichts dieses von ihr selbst vorgelegten Abschlusses ist die Beklagte der sie treffenden Darlegungs- und Beweislast hinsichtlich der Insolvenzreife der M. GmbH zu dem maßgeblichen Zeitpunkt Ende Februar 1995 nicht nachgekommen.
Dasselbe gilt auch für die Frage einer etwaigen Kreditunwürdigkeit, weil stille Reserven als Kreditsicherheit für externe Gläubiger dienen und deswegen einer Kreditunwürdigkeit entgegenstehen können, wie der Senat in seinem die finanzielle Situation der M. GmbH in dem fraglichen Zeitraum betreffenden Urteil vom 12. Juli 1999 (II ZR 87/98, ZIP 1999, 1524) bereits ausgesprochen hat.
Röhricht Hesselberger Goette
Dr. Kurzwelly ist wegen Urlaubs an der Unterschriftsleistung verhindert.
Röhricht Kraemer