Insolvenzrecht: BGH: Zur Haftung des Aufsichtsrats bei Insolvenz
Auf die Revision des Klägers und unter Zurückweisung der Anschlussrevision des Beklagten wird das Urteil des 2. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Dresden vom 11. Dezember 2007 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zu Lasten des Klägers entschieden worden ist.
Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil der 13. Zivilkammer des Landgerichts Dresden vom 5. Dezember 2006 wird zurückgewiesen. Dem Beklagten bleibt vorbehalten, nach der Zahlung der 153.387,56 € nebst den ausgeurteilten Zinsen seine Rechte in Höhe des Betrages, um den H. B. durch die Zahlung der E. AG an den Beklagten nach Rang und Höhe begünstigt worden ist, gegen den Kläger zu verfolgen.
Im Übrigen wird die Sache - auch zur Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens - an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Tatbestand:
Der Kläger ist Verwalter in dem am 15. August 2002 eröffneten Insolvenzverfahren über das Vermögen der E. AG (im Folgenden: Schuldnerin). Die Gesellschaft war am 17. Juli 2001 durch Umwandlung aus der E. GmbH hervorgegangen. Hauptaktionär mit 70,6 % der Aktien und - zunächst alleiniger - Vorstand war H. B. . Dem Aufsichtsrat gehörte der Beklagte, der schon vorher für die GmbH als Unternehmensberater tätig gewesen war, als Vorsitzender an.
Noch vor der Umwandlung hatte der Beklagte dem damaligen Hauptgesellschafter und Geschäftsführer der E. GmbH, H. B., ein Darlehen in Höhe von 500.000,00 DM gewährt. B. hatte diese Summe, ebenfalls aufgrund eines Darlehensvertrages, an die GmbH weitergeleitet. Nach beiden Darlehensverträgen sollten 200.000,00 DM zum 31. Dezember 2000 und 300.000,00 DM zum 31. Dezember 2001 zur Rückzahlung fällig sein. In der Zeit vom 14. Januar bis 18. Februar 2002 zahlte die Gesellschaft per Schecks bzw. Überweisungen insgesamt 153.387,56 € an den Beklagten. Als Tilgungszweck war auf den Schecks jeweils "Rückzahlung Gesellschafterdarlehen" vermerkt. Zuvor waren in einer Aufsichtsratssitzung am 31. Oktober 2001 wirtschaftliche Schwierigkeiten der Gesellschaft erörtert worden.
Weiter zahlte die Gesellschaft am 19. November 2001 an die dem B. gehörende Werbeagentur a. 100.000,00 DM. Weitere Zahlungen an die Werbeagentur bzw. an sonstige Stellen zugunsten des B. erfolgten in der Zeit vom 9. Januar bis 27. Februar 2002.
Der Kläger verlangt von dem Beklagten Ersatz der an diesen geflossenen 153.387,56 €. Ferner macht er einen Teilbetrag in Höhe von 50.000,00 € aus der Zahlung an die Werbeagentur des B. vom 19. November 2001, hilfsweise aus den nachfolgenden Zahlungen geltend.
Das Landgericht hat den Beklagten zur Zahlung von 153.387,56 € verurteilt und die weitergehende Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat der Klage dagegen in Höhe eines Teilbetrages von 50.000,00 € der an ihn zum Zwecke der Darlehenstilgung geflossenen 153.387,56 € und - auf den Hilfsantrag - bezüglich der am 10. und 25. Januar 2002 an die Werbeagentur des B. gezahlten insgesamt 19.500,00 € stattgegeben. Es hat dem Beklagten vorbehalten, die Gegenansprüche, die den befriedigten Gläubigern zugestanden haben, in dem Insolvenzverfahren zu verfolgen, und im Übrigen die Klage abgewiesen. Dagegen wehren sich der Kläger mit der vom Senat zugelassenen Revision und der Beklagte mit der Anschlussrevision.
Entscheidungsgründe:
Die Revision des Klägers ist begründet und führt unter Aufhebung des angefochtenen Urteils hinsichtlich des Anspruchs in Höhe von 153.387,56 € zur Zurückweisung der Berufung mit der Maßgabe, dass der Beklagte seine Rechte in dem Insolvenzverfahren geltend machen kann, im Übrigen zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. Die Anschlussrevision des Beklagten bleibt dagegen ohne Erfolg.
Hinsichtlich des Anspruchs auf Rückzahlung der an den Beklagten geflossenen 153.387,56 € hat das Berufungsgericht ausgeführt: Der Anspruch auf Zahlung von 50.000,00 € ergebe sich aus §§ 116, 93 Abs. 3 Nr. 6 AktG. Der Beklagte habe es zugelassen, dass Zahlungen in dieser Höhe nach Ablauf der hier auf drei Wochen anzusetzenden Insolvenzantragsfrist geleistet worden seien. Die Schuldnerin sei am 31. Dezember 2001 überschuldet und zahlungsunfähig gewesen. Dennoch seien am 12., 15. und 18. Februar 2002 insgesamt 50.000,00 € an den Beklagten überwiesen worden. Die Rahmenbedingungen für die bevorstehende Insolvenzreife seien schon in der Aufsichtsratssitzung am 31. Oktober 2001 erkennbar gewesen. Der Beklagte habe in Bezug auf die schuldhafte Verletzung seiner Überwachungspflicht den ihm obliegenden Entlastungsbeweis nicht geführt. Soweit dagegen Zahlungen innerhalb der Insolvenzantragsfrist geleistet oder veranlasst worden seien, bestehe kein Ersatzanspruch.
Diese Ausführungen halten revisionsrechtlicher Überprüfung nicht in allen Punkten stand.
Allerdings hat das Berufungsgericht - entgegen der Auffassung der Anschlussrevision - im Ergebnis ohne Rechtsfehler festgestellt, dass die Schuldnerin am 31. Dezember 2001 überschuldet und damit insolvenzreif war. Ob sie auch zahlungsunfähig war, kann damit offen bleiben.
Eine Überschuldung i.S. des § 19 Abs. 2 InsO - in der bis zum Inkrafttreten des Finanzmarktstabilisierungsgesetzes vom 17. Oktober 2008 geltenden Fassung - ergibt sich aus dem vorläufigen Jahresabschluss zum 31. Dezember 2001. Darin ist ein nicht durch Eigenkapital gedeckter Fehlbetrag in Höhe von 12.411.099,80 € - bei einer Bilanzsumme von 45.553.476,89 € - ausgewiesen. Nach der Rechtsprechung des Senats ist die Überschuldung zwar grundsätzlich durch Vorlage einer Überschuldungsbilanz darzulegen. Die Handelsbilanz hat dabei aber eine indizielle Bedeutung. Legt der Insolvenzverwalter eine Handelsbilanz vor, aus der sich ein nicht durch Eigenkapital gedeckter Fehlbetrag ergibt, so hat er die Ansätze dieser Bilanz daraufhin zu überprüfen und zu erläutern, ob und ggf. in welchem Umfang stille Reserven oder sonstige daraus nicht ersichtliche Veräußerungswerte vorhanden sind (BGHZ 146, 264, 267 f.; Sen.Urt. v. 7. März 2005 - II ZR 138/03 m.w.Nachw.). Ist er diesen Anforderungen nachgekommen, ist es Sache des beklagten Organmitglieds, im Rahmen seiner sekundären Darlegungslast im einzelnen vorzutragen, in welchen Punkten stille Reserven oder sonstige für eine Überschuldungsbilanz maßgebliche Werte in der Handelsbilanz nicht abgebildet sind.
Nach diesen Grundsätzen hat der Kläger die Überschuldung der Schuldnerin ausreichend dargelegt. Aus der Handelsbilanz ergibt sich eine rechnerische Überschuldung. Der Kläger hat dazu vorgetragen, dass weder stille Reserven noch sonstige aus der Handelsbilanz nicht ersichtliche Veräußerungswerte vorhanden gewesen seien. Die Anschlussrevision macht nicht geltend, der vorläufige Jahresabschluss sei inhaltlich unrichtig. Sie zeigt auch nicht auf, dass der Beklagte konkrete Anhaltspunkte für das Vorhandensein stiller Reserven vorgetragen hätte. Soweit sie meint, in dem Abschluss seien Verbindlichkeiten ausgewiesen, die Vorgänge aus der Zeit nach dem 31. Dezember 2001 beträfen und deshalb in einem Überschuldungsstatus zum 31. Dezember 2001 nicht hätten berücksichtigt werden dürfen - wie die Abschreibungen und Rückstellungen wegen der im Jahre 2001 geplanten, aber erst im Folgejahr beschlossenen Schließungen von Filialen -, verkennt sie den Umfang der ausgewiesenen Überschuldung. Während der nicht durch Eigenkapital gedeckte Fehlbetrag 12.411.099,80 € ausmacht, sind von dem Einwand der Anschlussrevision nur Abschreibungen in Höhe von 966.000,00 € und Rückstellungen in Höhe von 8.815.000,00 € betroffen.
Fehlerhaft ist aber die Annahme des Berufungsgerichts, es sei dem Vorstand nach § 92 Abs. 2 Satz 1 AktG (= § 92 Abs. 3 Satz 1 AktG in der Fassung vor Inkrafttreten des MoMiG) lediglich untersagt, nach Ablauf der längstens dreiwöchigen Insolvenzantragsfrist Zahlungen aus dem Gesellschaftsvermögen zu leisten. Das Zahlungsverbot des § 92 Abs. 2 Satz 1 AktG gilt - ebenso wie das gleichartige Zahlungsverbot des § 64 Satz 1 GmbHG (= § 64 Abs. 2 Satz 1 GmbHG a.F.) - bereits ab Eintritt der Insolvenzreife (BGHZ 143, 184, 188; 163, 134, 141; Sen.Urt. v. 18. März 1974 - II ZR 2/72). Das folgt schon aus dem eindeutigen Wortlaut der Vorschrift. Es entspricht auch dem Zweck der Norm. Durch das Zahlungsverbot soll sichergestellt werden, dass das noch vorhandene Gesellschaftsvermögen zur gleichmäßigen und ranggerechten Befriedigung der Gesellschaftsgläubiger erhalten bleibt (BGHZ 143, 184, 186). Dafür kommt es allein auf den Zeitpunkt des Eintritts der Insolvenzreife an. Auch wenn der Vorstand wegen laufender Sanierungsbemühungen innerhalb der längstens dreiwöchigen Frist des § 15 a Abs. 1 Satz 1 InsO (= § 92 Abs. 2 AktG a.F.) noch keinen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens stellen muss, hat er doch das Gesellschaftsvermögen für den Fall zu sichern, dass die Sanierungsbemühungen fehlschlagen und das Vermögen im Rahmen eines Insolvenzverfahrens zu verteilen ist. Verhält sich der Vorstand pflichtgemäß und stellt unverzüglich nach dem Scheitern der Sanierungsbemühungen den Insolvenzantrag, hat das Zahlungsverbot überhaupt nur Bedeutung für den Zeitraum ab Eintritt der Insolvenzreife.
Danach verstießen nicht nur - wie das Berufungsgericht meint - die Zahlungen ab dem 12. Februar 2002 in Höhe von 50.000,00 €, sondern sämtliche Zahlungen an den Beklagten in Höhe von zusammen 153.387,56 € gegen die Pflicht zur Massesicherung aus § 92 Abs. 2 Satz 1 AktG, da alle Zahlungen aus diesem Komplex erst nach dem 31. Dezember 2001, dem Eintritt der Insolvenzreife, bewirkt worden sind. Dass diese Zahlungen mit der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters vereinbar gewesen wären, hat das Berufungsgericht nicht festgestellt und wird auch von der Anschlussrevision nicht geltend gemacht.
Zu Recht hat das Berufungsgericht angenommen, dass der Verstoß des Beklagten gegen die ihm als Aufsichtsratsmitglied in Bezug auf die Beachtung des § 92 Abs. 2 Satz 1 AktG obliegenden Pflichten einen Ersatzanspruch der Gesellschaft und damit des Klägers nach §§ 116 Satz 1, 93 Abs. 3 Nr. 6 AktG begründet.
Das Zahlungsverbot des § 92 Abs. 2 Satz 1 AktG richtet sich zwar nur an den Vorstand als das geschäftsleitende Organ der Aktiengesellschaft. Den Aufsichtsrat treffen aber Informations-, Beratungs- und Überwachungspflichten. Er muss sich ein genaues Bild von der wirtschaftlichen Situation der Gesellschaft verschaffen und insbesondere in einer Krisensituation alle ihm nach §§ 90 Abs. 3, 111 Abs. 2 AktG zur Verfügung stehenden Erkenntnisquellen ausschöpfen (s. auch Sen.Urt. v. 1. Dezember 2008 - II ZR 102/07). Stellt er dabei fest, dass die Gesellschaft insolvenzreif ist, hat er darauf hinzuwirken, dass der Vorstand rechtzeitig einen Insolvenzantrag stellt und keine Zahlungen leistet, die mit der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters nicht vereinbar sind. Erforderlichenfalls muss er ein ihm unzuverlässig erscheinendes Vorstandsmitglied abberufen.
Im Streitfall hat die Gesellschaft lediglich darzulegen und zu beweisen, dass ihr durch ein möglicherweise pflichtwidriges Verhalten - ggf. durch ein Unterlassen - des Organmitglieds ein Schaden oder ein Vermögensverlust i.S. des § 93 Abs. 3 Nr. 6 AktG entstanden ist. Das Aufsichtsratsmitglied muss dagegen nach §§ 116, 93 Abs. 2 Satz 2 AktG darlegen und beweisen, dass es diese Pflichten erfüllt hat oder dass ihn jedenfalls an der Nichterfüllung kein Verschulden trifft (Sen.Urt. v. 1. Dezember 2008 - II ZR 102/07; BGHZ 152, 280, 284).
Danach ist der Beklagte zum Schadensersatz in Höhe von 153.387,56 € verpflichtet.
Durch die Zahlungen der Schuldnerin an den Beklagten ist die Insolvenzmasse um diesen Betrag geschmälert worden. Das wäre nicht geschehen, wenn der Beklagte als Vorsitzender des Aufsichtsrats wirksame Maßnahmen ergriffen hätte, um die Zahlungen zu verhindern. So hätte er die an ihn begebenen Schecks nicht einlösen und die Überweisungsbeträge sogleich auf das Gesellschaftskonto zurücküberweisen können.
Das Berufungsgericht hat festgestellt, dass der Beklagte den ihm obliegenden Entlastungsbeweis hinsichtlich der Pflichtwidrigkeit seines Verhaltens und hinsichtlich seines Verschuldens nicht geführt hat. Dagegen wehrt sich die Anschlussrevision ohne Erfolg. Ob sich ein Organmitglied nach § 93 Abs. 2 Satz 2 AktG entlastet hat, ist eine Frage tatrichterlicher Würdigung. Revisions-rechtlich ist nur zu prüfen, ob der Tatrichter alle maßgeblichen Umstände berücksichtigt und nicht gegen Denk- oder Erfahrungssätze verstoßen hat. Der Senat hat die Rügen der Anschlussrevision geprüft und dabei keine Rechtsfehler festgestellt. Zutreffend hat das Berufungsgericht darauf abgestellt, dass bereits in der Aufsichtsratssitzung am 31. Oktober 2001 die wirtschaftlichen Schwierigkeiten der Schuldnerin eingehend erörtert worden sind. Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 564 Satz 1 ZPO abgesehen.
Soweit die Anschlussrevision behauptet, die Zahlungen an den Beklagten seien einem debitorischen Konto der Schuldnerin belastet worden (vgl. Sen.Urt. v. 26. März 2007 - II ZR 310/05), ist dieser Vortrag erstmals im Revisionsverfahren gehalten worden und damit unbeachtlich.
Ob dem Schadensersatzanspruch der Einwand entgegengesetzt werden kann, die Schuldnerin habe für den Beklagten eine D & O-Versicherung abgeschlossen und deshalb sei der Kläger zumindest nach Treu und Glauben verpflichtet, vorrangig den Versicherer in Anspruch zu nehmen, kann offen bleiben. Denn das Berufungsgericht hat den Abschluss einer solchen Versicherung nicht festzustellen vermocht. Die Anschlussrevision zeigt insoweit keine Rechtsfehler auf.
Die Anschlussrevision kann sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, der Aufsichtsrat habe den Vorstand beauftragt, eine D & O-Versicherung abzuschließen, und wenn das pflichtwidrig unterblieben sei, treffe die Gesellschaft eine entsprechende Schadensersatzpflicht.
Zweifelhaft ist schon, ob der Vorstand für den Abschluss einer D & O-Versicherung zugunsten der Aufsichtsratsmitglieder zuständig ist oder ob die Prämienzahlung einen Vergütungsbestandteil darstellt, was gemäß § 113 Abs. 1 Satz 2 AktG - bei Fehlen einer satzungsmäßigen Regelung - die Zuständigkeit der Hauptversammlung begründen würde. Jedenfalls ist die Gesellschaft aber ihren Aufsichtsratsmitgliedern gegenüber nicht verpflichtet, für diese - ohne eine Regelung in der Satzung - eine Haftpflichtversicherung abzuschließen.
Damit ist der Beklagte als Vorsitzender des Aufsichtsrats, neben dem Vorstand B. und ggf. den übrigen Aufsichtsratsmitgliedern, zum Ersatz der an ihn gezahlten 153.387,56 € verpflichtet. Diese Pflicht steht unter dem Vorbehalt, dass der Beklagte nach Zahlung des Schadensersatzes den Darlehensrückzahlungsanspruch des Vorstands B. , der mit der Zahlung an ihn, den Beklagten, im Wege der Leistung im Dreipersonenverhältnis getilgt worden ist, in dem Insolvenzverfahren an rangrichtiger Stelle gegen den Kläger geltend machen kann (vgl. BGHZ 146, 264, 278 f.).
Hinsichtlich der Abweisung des Anspruchs auf Ersatz von 50.000,00 € wegen der Zahlung der Schuldnerin an die Werbeagentur des Vorstands B. in Höhe von 100.000,00 DM am 19. November 2001 führt die Revision zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung insoweit wie folgt begründet: Die Zahlung einer Vergütung an die Werbeagentur des Vorstands am 19. November 2001 führe nicht zu einem Ersatzanspruch gegen den Beklagten nach §§ 116, 93 Abs. 2, 3 AktG. Zum einen habe eine Insolvenzreife zu diesem Zeitpunkt noch nicht bestanden. Zum anderen ergebe sich, selbst wenn der zugrunde liegende Werbevertrag zwischen der Schuldnerin und B. gemäß § 112 AktG nur vom Aufsichtsrat habe geschlossen werden können, aus dem Verstoß gegen diese Vorschrift allein, dass der Vertrag nichtig bzw. schwebend unwirksam sei. Eine Sorgfaltspflichtverletzung des Aufsichtsrats könne insoweit nur vorliegen, wenn der Aufsichtsrat seine Entscheidungskompetenz erkannt und wahrgenommen habe. Ein etwaiger Anspruch auf Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung schließlich stehe nur der Schuldnerin zu. Auch diese Ausführungen sind nicht frei von Rechtsfehlern.
Ohne Erfolg wehrt sich die Revision allerdings dagegen, dass das Berufungsgericht den Vortrag des Klägers, die Schuldnerin sei schon vor dem 31. Dezember 2001 insolvenzreif gewesen, gemäß § 531 ZPO nicht zugelassen hat. Ausweislich des Tatbestands des landgerichtlichen Urteils (s. § 314 ZPO) hatte der Kläger im ersten Rechtszug lediglich vorgetragen, die Schuldnerin sei "bereits am 31. Dezember 2001" insolvenzreif gewesen. Damit war der gegenteilige zweitinstanzliche Vortrag neu im Sinne des § 531 Abs. 2 ZPO. Gründe, aus denen dieser neue Vortrag in der Berufungsinstanz hätte zugelassen werden müssen, zeigt die Revision nicht auf.
Nach dem für das Revisionsverfahren als richtig zu unterstellenden Sachverhalt kommt aber eine Schadensersatzhaftung des Beklagten wegen der Zahlung der 100.000,00 DM an die Werbeagentur des Vorstands B. deshalb in Betracht, weil diese Zahlung ohne Rechtsgrund geleistet worden ist.
Wie der Senat schon in seinem Urteil vom 21. April 1997 (BGHZ 135, 244, 252 ff.) ausgeführt hat, ist der Aufsichtsrat nach § 111 Abs. 1, § 112 AktG grundsätzlich gehalten, Schadensersatzansprüche der Gesellschaft gegen Vorstandsmitglieder geltend zu machen. Ebenso hat er einen Anspruch auf Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung nach § 812 BGB zu verfolgen. Auch insoweit gehört es zu seinen allein am Unternehmenswohl orientierten Pflichten, die Rechtslage zu begutachten, die Prozessrisiken abzuwägen, die Beitreibbarkeit der Forderung abzuschätzen und zu prüfen, ob ausnahmsweise Gründe vorliegen, die es angezeigt erscheinen lassen, die Forderung dennoch nicht oder nicht in voller Höhe geltend zu machen. Je nach dem Ergebnis dieser Prüfungen hat er die Pflicht, den Anspruch gegen das Vorstandsmitglied durchzusetzen. Verstößt der Aufsichtsrat gegen diese Pflichten, haftet er seinerseits nach §§ 116, 93 Abs. 2 AktG.
Danach kann der Beklagte - gemeinsam mit den beiden anderen Aufsichtsräten - verpflichtet gewesen sein, wegen der Zahlung der 100.000,00 DM einen Bereicherungsanspruch gegen B. geltend zu machen.
Der Kläger hat bestritten, dass zwischen B. und der Schuldnerin ein Vertrag über die Erbringung von Werbeleistungen geschlossen worden war. Dazu fehlen Feststellungen des Berufungsgerichts. Damit ist für das Revisionsverfahren davon auszugehen, dass kein Vertrag bestand. Dann ist das Entgelt am 19. November 2001 ohne Rechtsgrund gezahlt worden. Daraus kann sich - ggf. unter Berücksichtigung einer Saldierung der gegenseitigen Leistungen - ein Bereicherungsanspruch der Schuldnerin ergeben, den der Aufsichtsrat - unter den vorstehend aufgezeigten Voraussetzungen - hätte geltend machen müssen. Ob die Veranlassung einer rechtsgrundlosen Zahlung daneben zu einem Schadensersatzanspruch der Schuldnerin gegen den Vorstand B. geführt hat, kann bei dieser Sachlage offen bleiben.
Der Rechtsstreit ist damit noch nicht zur Endentscheidung reif. Das Berufungsgericht wird in der wiedereröffneten mündlichen Verhandlung zu prüfen haben, ob ein Zahlungsanspruch gegen B. bestand und ob die übrigen Voraussetzungen einer Pflicht des Aufsichtsrats zur Durchsetzung dieses Anspruchs erfüllt sind.
Dabei wird das Berufungsgericht Folgendes zu beachten haben: Sollte mit der Werbeagentur, die nach dem unbestrittenen Vortrag des Beklagten von B. als Einzelkaufmann geführt wurde, ein Vertrag geschlossen worden sein, kann es darauf ankommen, ob der Vertragsschluss vor oder nach der Umwandlung der E. GmbH in die E. AG stattgefunden hat. Im ersteren Fall hätte B. als Geschäftsführer die GmbH bei dem Vertragsschluss mit sich selbst vertreten können, sofern er von dem Verbot des Selbstkontrahierens nach § 181 BGB befreit war. Ist der Werbevertrag dagegen mit der AG geschlossen worden, konnte die Gesellschaft gemäß § 112 AktG nur vom Aufsichtsrat vertreten werden. Das war hier nicht geschehen. Ob ein Vertrag deshalb nichtig oder nur schwebend unwirksam ist, hat der Senat bislang offen gelassen (Sen.Urt. v. 29. November 2004 - II ZR 354/02). Diese Frage braucht auch hier nicht entschieden zu werden, weil eine Genehmigung nicht erteilt worden ist und nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens auch nicht mehr in Betracht kommt.
Sollte das Berufungsgericht in der wiedereröffneten mündlichen Verhandlung zu dem Ergebnis kommen, dass der auf Zahlung von 50.000,00 € gerichtete, auf die Nichtgeltendmachung eines Schadensersatzanspruchs gegen B. wegen der Zahlung der Schuldnerin vom 19. November 2001 an die Werbeagentur gestützte Schadensersatzanspruch begründet ist, so hat es von Amts wegen die Verurteilung zur Zahlung von 19.500,00 € gemäß dem Hilfsantrag des Klägers aufzuheben. Die Entscheidung über den Hilfsantrag steht nämlich unter einer auflösenden Bedingung. Ihr Fortbestand hängt davon ab, dass dem Hauptantrag nicht stattgegeben wird (BGHZ 106, 219, 221; 112, 229, 232; BGH, Urt. v. 29. Juni 2000 - I ZR 29/98).
Soweit die Anschlussrevision die Verurteilung des Beklagten auf den Hilfsantrag angreift, ist darüber in diesem Revisionsverfahren zu entscheiden. Wäre die Anschlussrevision nämlich begründet, müsste der Senat das angefochtene Urteil hinsichtlich der Verurteilung auf den Hilfsantrag aufheben. Die Anschlussrevision führt aber auch insoweit nicht zum Erfolg.
Das Berufungsgericht hat die Verurteilung des Beklagten auf den Hilfsantrag wie folgt begründet: In Höhe von 19.500,00 € schulde der Beklagte gemäß §§ 116, 93 Abs. 3 Nr. 6 AktG Schadensersatz, weil er es pflichtwidrig unterlassen habe, die weiteren Zahlungen an die Werbeagentur a. am 10. und 25. Januar 2002 in Höhe von 12.000,00 € und 7.500,00 € zu verhindern. Er habe den ihm obliegenden Entlastungsbeweis nicht geführt. Auch wenn er von den konkreten Überweisungen keine Kenntnis gehabt haben sollte, sei ihm jedenfalls bewusst gewesen, dass angesichts der fortlaufenden Werbung Vergütungen an die Werbeagentur gezahlt würden.
Die Anschlussrevision greift diese Feststellungen mit denselben Rügen an, die sie auch gegen die Verurteilung des Beklagten zur Zahlung von 50.000,00 € vorbringt. Aus den oben dargelegten Gründen greifen diese Rügen auch hier nicht durch.
Soweit das Berufungsgericht den Hilfsantrag - in Höhe von 30.500,00 € - abgewiesen hat, reicht es aus, dass der Senat diese Klageabweisung auf die Revision des Klägers aufhebt. Damit hat das Berufungsgericht die Möglichkeit, über den abgewiesenen Teil des Hilfsanspruchs erneut - und nur dann - zu entscheiden, wenn es den Hauptantrag wiederum abweisen sollte. Eine Entscheidung des Senats über den abgewiesenen Teil des Hilfsanspruchs wäre allenfalls veranlasst, wenn die Revision des Klägers insoweit unbegründet wäre (BGHZ 120, 96, 102). Das ist jedoch nicht der Fall.
Der Kläger wehrt sich vielmehr zu Recht gegen die Annahme des Berufungsgerichts, insoweit bestehe kein Schadensersatzanspruch aus §§ 116, 93 Abs. 3 Nr. 6 AktG, weil der Kläger nicht vorgetragen habe, dass der Beklagte von den übrigen Zahlungen des Vorstands B. an andere Stellen als dessen Werbeagentur - sämtlich nach Eintritt der Insolvenzreife - habe wissen müssen. Insoweit hat das Berufungsgericht die Darlegungs- und Beweislast verkannt.
Der Kläger hat - ausreichend - vorgetragen, dass der Schuldnerin durch ein möglicherweise pflichtwidriges Verhalten des Aufsichtsrats auch im Zusammenhang mit den weiteren von dem Vorstand B. veranlassten Zahlungen ein Schaden entstanden ist. Damit obliegt es dem Beklagten darzulegen und zu beweisen, dass er bezüglich dieser Zahlungen seine Pflichten nicht verletzt hat oder jedenfalls schuldlos war (BGHZ 152, 280, 284; Sen.Urt. v. 1. Dezember 2008 aaO). Dass der Beklagte diesen Entlastungsbeweis erbracht hätte, hat das Berufungsgericht nicht festgestellt.
Der Streitwert des Revisionsverfahrens wird auf 253.387,56 € festgesetzt (153.387,56 € + 50.000,00 € bezüglich der Hauptanträge und 50.000,00 € bezüglich des Hilfsantrags).
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BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
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- Der Kläger ist Verwalter in dem am 15. August 2002 eröffneten Insolvenzverfahren über das Vermögen der E. AG (im Folgenden : Schuldnerin). Die Gesellschaft war am 17. Juli 2001 durch Umwandlung aus der E. GmbH hervorgegangen. Hauptaktionär mit 70,6 % der Aktien und - zunächst alleiniger - Vorstand war H. B. . Dem Aufsichtsrat gehörte der Beklagte, der schon vorher für die GmbH als Unternehmensberater tätig gewesen war, als Vorsitzender an.
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- Noch vor der Umwandlung hatte der Beklagte dem damaligen Hauptgesellschafter und Geschäftsführer der E. GmbH, H. B. , ein Darlehen in Höhe von 500.000,00 DM gewährt. B. hatte diese Summe, ebenfalls aufgrund eines Darlehensvertrages, an die GmbH weitergeleitet. Nach beiden Darlehensverträgen sollten 200.000,00 DM zum 31. Dezember 2000 und 300.000,00 DM zum 31. Dezember 2001 zur Rückzahlung fällig sein. In der Zeit vom 14. Januar bis 18. Februar 2002 zahlte die Gesellschaft per Schecks bzw. Überweisungen insgesamt 153.387,56 € an den Beklagten. Als Tilgungszweck war auf den Schecks jeweils "Rückzahlung Gesellschafterdarlehen" vermerkt. Zuvor waren in einer Aufsichtsratssitzung am 31. Oktober 2001 wirtschaftliche Schwierigkeiten der Gesellschaft erörtert worden.
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- Weiter zahlte die Gesellschaft am 19. November 2001 an die dem B. gehörende Werbeagentur a. 100.000,00 DM. Weitere Zahlungen an die Werbeagentur bzw. an sonstige Stellen zugunsten des B. erfolgten in der Zeit vom 9. Januar bis 27. Februar 2002.
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- Der Kläger verlangt von dem Beklagten Ersatz der an diesen geflossenen 153.387,56 €. Ferner macht er einen Teilbetrag in Höhe von 50.000,00 € aus der Zahlung an die Werbeagentur des B. vom 19. November 2001, hilfsweise aus den nachfolgenden Zahlungen geltend.
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- Das Landgericht hat den Beklagten zur Zahlung von 153.387,56 € verurteilt und die weitergehende Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat der Klage dagegen in Höhe eines Teilbetrages von 50.000,00 € der an ihn zum Zwecke der Darlehenstilgung geflossenen 153.387,56 € und - auf den Hilfsantrag - bezüglich der am 10. und 25. Januar 2002 an die Werbeagentur des B. gezahlten insgesamt 19.500,00 € stattgegeben. Es hat dem Beklagten vorbehalten, die Gegenansprüche, die den befriedigten Gläubigern zugestanden haben, in dem Insolvenzverfahren zu verfolgen, und im Übrigen die Klage abgewiesen. Dagegen wehren sich der Kläger mit der vom Senat zugelassenen Revision und der Beklagte mit der Anschlussrevision.
Entscheidungsgründe:
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- Die Revision des Klägers ist begründet und führt unter Aufhebung des angefochtenen Urteils hinsichtlich des Anspruchs in Höhe von 153.387,56 € zur Zurückweisung der Berufung mit der Maßgabe, dass der Beklagte seine Rechte in dem Insolvenzverfahren geltend machen kann, im Übrigen zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. Die Anschlussrevision des Beklagten bleibt dagegen ohne Erfolg.
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- I. 1. Hinsichtlich des Anspruchs auf Rückzahlung der an den Beklagten geflossenen 153.387,56 € hat das Berufungsgericht ausgeführt: Der Anspruch auf Zahlung von 50.000,00 € ergebe sich aus §§ 116, 93 Abs. 3 Nr. 6 AktG. Der Beklagte habe es zugelassen, dass Zahlungen in dieser Höhe nach Ablauf der hier auf drei Wochen anzusetzenden Insolvenzantragsfrist geleistet worden seien. Die Schuldnerin sei am 31. Dezember 2001 überschuldet und zahlungsunfähig gewesen. Dennoch seien am 12., 15. und 18. Februar 2002 insgesamt 50.000,00 € an den Beklagten überwiesen worden. Die Rahmenbedingungen für die bevorstehende Insolvenzreife seien schon in der Aufsichtsratssitzung am 31. Oktober 2001 erkennbar gewesen. Der Beklagte habe in Bezug auf die schuldhafte Verletzung seiner Überwachungspflicht den ihm obliegenden Entlastungsbeweis nicht geführt. Soweit dagegen Zahlungen innerhalb der Insolvenzantragsfrist geleistet oder veranlasst worden seien, bestehe kein Ersatzanspruch.
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- 2. Diese Ausführungen halten revisionsrechtlicher Überprüfung nicht in allen Punkten stand.
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- a) Allerdings hat das Berufungsgericht - entgegen der Auffassung der Anschlussrevision - im Ergebnis ohne Rechtsfehler festgestellt, dass die Schuldnerin am 31. Dezember 2001 überschuldet und damit insolvenzreif war. Ob sie auch zahlungsunfähig war, kann damit offen bleiben.
- 10
- Eine Überschuldung i.S. des § 19 Abs. 2 InsO - in der bis zum Inkrafttreten des Finanzmarktstabilisierungsgesetzes vom 17. Oktober 2008 geltenden Fassung - ergibt sich aus dem vorläufigen Jahresabschluss zum 31. Dezember 2001. Darin ist ein nicht durch Eigenkapital gedeckter Fehlbetrag in Höhe von 12.411.099,80 € - bei einer Bilanzsumme von 45.553.476,89 € - ausgewiesen. Nach der Rechtsprechung des Senats ist die Überschuldung zwar grundsätzlich durch Vorlage einer Überschuldungsbilanz darzulegen. Die Handelsbilanz hat dabei aber eine indizielle Bedeutung. Legt der Insolvenzverwalter eine Handelsbilanz vor, aus der sich ein nicht durch Eigenkapital gedeckter Fehlbetrag ergibt, so hat er die Ansätze dieser Bilanz daraufhin zu überprüfen und zu erläutern , ob und ggf. in welchem Umfang stille Reserven oder sonstige daraus nicht ersichtliche Veräußerungswerte vorhanden sind (BGHZ 146, 264, 267 f.; Sen.Urt. v. 7. März 2005 - II ZR 138/03, ZIP 2005, 807 m.w.Nachw.). Ist er diesen Anforderungen nachgekommen, ist es Sache des beklagten Organmitglieds , im Rahmen seiner sekundären Darlegungslast im einzelnen vorzutragen , in welchen Punkten stille Reserven oder sonstige für eine Überschuldungsbilanz maßgebliche Werte in der Handelsbilanz nicht abgebildet sind.
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- Nach diesen Grundsätzen hat der Kläger die Überschuldung der Schuldnerin ausreichend dargelegt. Aus der Handelsbilanz ergibt sich eine rechnerische Überschuldung. Der Kläger hat dazu vorgetragen, dass weder stille Reserven noch sonstige aus der Handelsbilanz nicht ersichtliche Veräußerungswerte vorhanden gewesen seien. Die Anschlussrevision macht nicht geltend, der vorläufige Jahresabschluss sei inhaltlich unrichtig. Sie zeigt auch nicht auf, dass der Beklagte konkrete Anhaltspunkte für das Vorhandensein stiller Reserven vorgetragen hätte. Soweit sie meint, in dem Abschluss seien Verbindlichkeiten ausgewiesen, die Vorgänge aus der Zeit nach dem 31. Dezember 2001 beträfen und deshalb in einem Überschuldungsstatus zum 31. Dezember 2001 nicht hätten berücksichtigt werden dürfen - wie die Abschreibungen und Rückstellungen wegen der im Jahre 2001 geplanten, aber erst im Folgejahr beschlossenen Schließungen von Filialen -, verkennt sie den Umfang der ausgewiesenen Überschuldung. Während der nicht durch Eigenkapital gedeckte Fehlbetrag 12.411.099,80 € ausmacht, sind von dem Einwand der Anschlussrevision nur Abschreibungen in Höhe von 966.000,00 € und Rückstellungen in Höhe von 8.815.000,00 € betroffen.
- 12
- b) Fehlerhaft ist aber die Annahme des Berufungsgerichts, es sei dem Vorstand nach § 92 Abs. 2 Satz 1 AktG (= § 92 Abs. 3 Satz 1 AktG in der Fas- sung vor Inkrafttreten des MoMiG) lediglich untersagt, nach Ablauf der längstens dreiwöchigen Insolvenzantragsfrist Zahlungen aus dem Gesellschaftsvermögen zu leisten. Das Zahlungsverbot des § 92 Abs. 2 Satz 1 AktG gilt - ebenso wie das gleichartige Zahlungsverbot des § 64 Satz 1 GmbHG (= § 64 Abs. 2 Satz 1 GmbHG a.F.) - bereits ab Eintritt der Insolvenzreife (BGHZ 143, 184, 188; 163, 134, 141; Sen.Urt. v. 18. März 1974 - II ZR 2/72, NJW 1974, 1088, 1089, jeweils zu § 64 GmbHG; MünchKommAktG/Spindler 3. Aufl. § 92 Rdn. 61 m.w.Nachw., anders noch MünchKommAktG/Hefermehl/Spindler 2. Aufl. Rdn. 44). Das folgt schon aus dem eindeutigen Wortlaut der Vorschrift. Es entspricht auch dem Zweck der Norm. Durch das Zahlungsverbot soll sichergestellt werden, dass das noch vorhandene Gesellschaftsvermögen zur gleichmäßigen und ranggerechten Befriedigung der Gesellschaftsgläubiger erhalten bleibt (BGHZ 143, 184, 186). Dafür kommt es allein auf den Zeitpunkt des Eintritts der Insolvenzreife an. Auch wenn der Vorstand wegen laufender Sanierungsbemühungen innerhalb der längstens dreiwöchigen Frist des § 15 a Abs. 1 Satz 1 InsO (= § 92 Abs. 2 AktG a.F.) noch keinen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens stellen muss, hat er doch das Gesellschaftsvermögen für den Fall zu sichern, dass die Sanierungsbemühungen fehlschlagen und das Vermögen im Rahmen eines Insolvenzverfahrens zu verteilen ist. Verhält sich der Vorstand pflichtgemäß und stellt unverzüglich nach dem Scheitern der Sanierungsbemühungen den Insolvenzantrag, hat das Zahlungsverbot überhaupt nur Bedeutung für den Zeitraum ab Eintritt der Insolvenzreife.
- 13
- Danach verstießen nicht nur - wie das Berufungsgericht meint - die Zahlungen ab dem 12. Februar 2002 in Höhe von 50.000,00 €, sondern sämtliche Zahlungen an den Beklagten in Höhe von zusammen 153.387,56 € gegen die Pflicht zur Massesicherung aus § 92 Abs. 2 Satz 1 AktG, da alle Zahlungen aus diesem Komplex erst nach dem 31. Dezember 2001, dem Eintritt der Insolvenzreife , bewirkt worden sind. Dass diese Zahlungen mit der Sorgfalt eines ordent- lichen und gewissenhaften Geschäftsleiters vereinbar gewesen wären, hat das Berufungsgericht nicht festgestellt und wird auch von der Anschlussrevision nicht geltend gemacht.
- 14
- c) Zu Recht hat das Berufungsgericht angenommen, dass der Verstoß des Beklagten gegen die ihm als Aufsichtsratsmitglied in Bezug auf die Beachtung des § 92 Abs. 2 Satz 1 AktG obliegenden Pflichten einen Ersatzanspruch der Gesellschaft und damit des Klägers nach §§ 116 Satz 1, 93 Abs. 3 Nr. 6 AktG begründet.
- 15
- aa) Das Zahlungsverbot des § 92 Abs. 2 Satz 1 AktG richtet sich zwar nur an den Vorstand als das geschäftsleitende Organ der Aktiengesellschaft. Den Aufsichtsrat treffen aber Informations-, Beratungs- und Überwachungspflichten. Er muss sich ein genaues Bild von der wirtschaftlichen Situation der Gesellschaft verschaffen und insbesondere in einer Krisensituation alle ihm nach §§ 90 Abs. 3, 111 Abs. 2 AktG zur Verfügung stehenden Erkenntnisquellen ausschöpfen (s. auch Sen.Urt. v. 1. Dezember 2008 - II ZR 102/07, ZIP 2009, 70 Tz. 14 - MPS). Stellt er dabei fest, dass die Gesellschaft insolvenzreif ist, hat er darauf hinzuwirken, dass der Vorstand rechtzeitig einen Insolvenzantrag stellt und keine Zahlungen leistet, die mit der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters nicht vereinbar sind. Erforderlichenfalls muss er ein ihm unzuverlässig erscheinendes Vorstandsmitglied abberufen (Hopt/M. Roth in Großkomm.z.AktG 4. Aufl. § 111 Rdn. 313 ff.; MünchKommAktG /Habersack 3. Aufl. § 111 Rdn. 44 ff.).
- 16
- Im Streitfall hat die Gesellschaft lediglich darzulegen und zu beweisen, dass ihr durch ein möglicherweise pflichtwidriges Verhalten - ggf. durch ein Unterlassen - des Organmitglieds ein Schaden oder ein Vermögensverlust i.S. des § 93 Abs. 3 Nr. 6 AktG entstanden ist. Das Aufsichtsratsmitglied muss dagegen nach §§ 116, 93 Abs. 2 Satz 2 AktG darlegen und beweisen, dass es diese Pflichten erfüllt hat oder dass ihn jedenfalls an der Nichterfüllung kein Verschulden trifft (Sen.Urt. v. 1. Dezember 2008 - II ZR 102/07, ZIP 2009, 70 Tz. 20 - MPS; BGHZ 152, 280, 284).
- 17
- bb) Danach ist der Beklagte zum Schadensersatz in Höhe von 153.387,56 € verpflichtet.
- 18
- Durch die Zahlungen der Schuldnerin an den Beklagten ist die Insolvenzmasse um diesen Betrag geschmälert worden. Das wäre nicht geschehen, wenn der Beklagte als Vorsitzender des Aufsichtsrats wirksame Maßnahmen ergriffen hätte, um die Zahlungen zu verhindern. So hätte er die an ihn begebenen Schecks nicht einlösen und die Überweisungsbeträge sogleich auf das Gesellschaftskonto zurücküberweisen können.
- 19
- Das Berufungsgericht hat festgestellt, dass der Beklagte den ihm obliegenden Entlastungsbeweis hinsichtlich der Pflichtwidrigkeit seines Verhaltens und hinsichtlich seines Verschuldens nicht geführt hat. Dagegen wehrt sich die Anschlussrevision ohne Erfolg. Ob sich ein Organmitglied nach § 93 Abs. 2 Satz 2 AktG entlastet hat, ist eine Frage tatrichterlicher Würdigung. Revisionsrechtlich ist nur zu prüfen, ob der Tatrichter alle maßgeblichen Umstände berücksichtigt und nicht gegen Denk- oder Erfahrungssätze verstoßen hat. Der Senat hat die Rügen der Anschlussrevision geprüft und dabei keine Rechtsfehler festgestellt. Zutreffend hat das Berufungsgericht darauf abgestellt, dass bereits in der Aufsichtsratssitzung am 31. Oktober 2001 die wirtschaftlichen Schwierigkeiten der Schuldnerin eingehend erörtert worden sind. Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 564 Satz 1 ZPO abgesehen.
- 20
- cc) Soweit die Anschlussrevision behauptet, die Zahlungen an den Beklagten seien einem debitorischen Konto der Schuldnerin belastet worden (vgl.
- 21
- d) Ob dem Schadensersatzanspruch der Einwand entgegengesetzt werden kann, die Schuldnerin habe für den Beklagten eine D & O-Versicherung abgeschlossen und deshalb sei der Kläger zumindest nach Treu und Glauben verpflichtet, vorrangig den Versicherer in Anspruch zu nehmen, kann offen bleiben. Denn das Berufungsgericht hat den Abschluss einer solchen Versicherung nicht festzustellen vermocht. Die Anschlussrevision zeigt insoweit keine Rechtsfehler auf.
- 22
- e) Die Anschlussrevision kann sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, der Aufsichtsrat habe den Vorstand beauftragt, eine D & O-Versicherung abzuschließen , und wenn das pflichtwidrig unterblieben sei, treffe die Gesellschaft eine entsprechende Schadensersatzpflicht.
- 23
- Zweifelhaft ist schon, ob der Vorstand für den Abschluss einer D & OVersicherung zugunsten der Aufsichtsratsmitglieder zuständig ist oder ob die Prämienzahlung einen Vergütungsbestandteil darstellt, was gemäß § 113 Abs. 1 Satz 2 AktG - bei Fehlen einer satzungsmäßigen Regelung - die Zuständigkeit der Hauptversammlung begründen würde (so Hüffer, AktG 8. Aufl. § 113 Rdn. 2 a; a.A. Kort, DStR 2006, 799, 802). Jedenfalls ist die Gesellschaft aber ihren Aufsichtsratsmitgliedern gegenüber nicht verpflichtet, für diese - ohne eine Regelung in der Satzung - eine Haftpflichtversicherung abzuschließen (Henssler in Henze/Hoffmann-Becking, Gesellschaftsrecht 2001, S. 131, 146; Fleischer, WM 2005, 909, 919; MünchKommAktG/Spindler 3. Aufl. § 84 Rdn. 90).
- 24
- f) Damit ist der Beklagte als Vorsitzender des Aufsichtsrats, neben dem Vorstand B. und ggf. den übrigen Aufsichtsratsmitgliedern, zum Ersatz der an ihn gezahlten 153.387,56 € verpflichtet. Diese Pflicht steht unter dem Vorbehalt , dass der Beklagte nach Zahlung des Schadensersatzes den Darlehensrückzahlungsanspruch des Vorstands B. , der mit der Zahlung an ihn, den Beklagten, im Wege der Leistung im Dreipersonenverhältnis getilgt worden ist, in dem Insolvenzverfahren an rangrichtiger Stelle gegen den Kläger geltend machen kann (vgl. BGHZ 146, 264, 278 f.).
- 25
- II. Hinsichtlich der Abweisung des Anspruchs auf Ersatz von 50.000,00 € wegen der Zahlung der Schuldnerin an die Werbeagentur des Vorstands B. in Höhe von 100.000,00 DM am 19. November 2001 führt die Revision zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
- 26
- 1. Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung insoweit wie folgt begründet : Die Zahlung einer Vergütung an die Werbeagentur des Vorstands am 19. November 2001 führe nicht zu einem Ersatzanspruch gegen den Beklagten nach §§ 116, 93 Abs. 2, 3 AktG. Zum einen habe eine Insolvenzreife zu diesem Zeitpunkt noch nicht bestanden. Zum anderen ergebe sich, selbst wenn der zugrunde liegende Werbevertrag zwischen der Schuldnerin und B. gemäß § 112 AktG nur vom Aufsichtsrat habe geschlossen werden können, aus dem Verstoß gegen diese Vorschrift allein, dass der Vertrag nichtig bzw. schwebend unwirksam sei. Eine Sorgfaltspflichtverletzung des Aufsichtsrats könne insoweit nur vorliegen, wenn der Aufsichtsrat seine Entscheidungskompetenz erkannt und wahrgenommen habe. Ein etwaiger Anspruch auf Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung schließlich stehe nur der Schuldnerin zu.
- 27
- 2. Auch diese Ausführungen sind nicht frei von Rechtsfehlern.
- 28
- a) Ohne Erfolg wehrt sich die Revision allerdings dagegen, dass das Berufungsgericht den Vortrag des Klägers, die Schuldnerin sei schon vor dem 31. Dezember 2001 insolvenzreif gewesen, gemäß § 531 ZPO nicht zugelassen hat. Ausweislich des Tatbestands des landgerichtlichen Urteils (s. § 314 ZPO) hatte der Kläger im ersten Rechtszug lediglich vorgetragen, die Schuldnerin sei "bereits am 31. Dezember 2001" insolvenzreif gewesen. Damit war der gegenteilige zweitinstanzliche Vortrag neu im Sinne des § 531 Abs. 2 ZPO. Gründe, aus denen dieser neue Vortrag in der Berufungsinstanz hätte zugelassen werden müssen, zeigt die Revision nicht auf.
- 29
- b) Nach dem für das Revisionsverfahren als richtig zu unterstellenden Sachverhalt kommt aber eine Schadensersatzhaftung des Beklagten wegen der Zahlung der 100.000,00 DM an die Werbeagentur des Vorstands B. deshalb in Betracht, weil diese Zahlung ohne Rechtsgrund geleistet worden ist.
- 30
- aa) Wie der Senat schon in seinem Urteil vom 21. April 1997 (BGHZ 135, 244, 252 ff. - ARAG/Garmenbeck; dazu krit. Hopt/M. Roth aaO § 111 Rdn. 352 ff.; Paefgen, AG 2008, 761) ausgeführt hat, ist der Aufsichtsrat nach § 111 Abs. 1, § 112 AktG grundsätzlich gehalten, Schadensersatzansprüche der Gesellschaft gegen Vorstandsmitglieder geltend zu machen. Ebenso hat er einen Anspruch auf Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung nach § 812 BGB zu verfolgen. Auch insoweit gehört es zu seinen allein am Unternehmenswohl orientierten Pflichten, die Rechtslage zu begutachten, die Prozessrisiken abzuwägen, die Beitreibbarkeit der Forderung abzuschätzen und zu prüfen, ob ausnahmsweise Gründe vorliegen, die es angezeigt erscheinen lassen , die Forderung dennoch nicht oder nicht in voller Höhe geltend zu machen. Je nach dem Ergebnis dieser Prüfungen hat er die Pflicht, den Anspruch gegen das Vorstandsmitglied durchzusetzen. Verstößt der Aufsichtsrat gegen diese Pflichten, haftet er seinerseits nach §§ 116, 93 Abs. 2 AktG.
- 31
- bb) Danach kann der Beklagte - gemeinsam mit den beiden anderen Aufsichtsräten - verpflichtet gewesen sein, wegen der Zahlung der 100.000,00 DM einen Bereicherungsanspruch gegen B. geltend zu machen.
- 32
- Der Kläger hat bestritten, dass zwischen B. und der Schuldnerin ein Vertrag über die Erbringung von Werbeleistungen geschlossen worden war. Dazu fehlen Feststellungen des Berufungsgerichts. Damit ist für das Revisionsverfahren davon auszugehen, dass kein Vertrag bestand. Dann ist das Entgelt am 19. November 2001 ohne Rechtsgrund gezahlt worden. Daraus kann sich - ggf. unter Berücksichtigung einer Saldierung der gegenseitigen Leistungen - ein Bereicherungsanspruch der Schuldnerin ergeben, den der Aufsichtsrat - unter den vorstehend aufgezeigten Voraussetzungen - hätte geltend machen müssen. Ob die Veranlassung einer rechtsgrundlosen Zahlung daneben zu einem Schadensersatzanspruch der Schuldnerin gegen den Vorstand B. geführt hat, kann bei dieser Sachlage offen bleiben.
- 33
- c) Der Rechtsstreit ist damit noch nicht zur Endentscheidung reif. Das Berufungsgericht wird in der wiedereröffneten mündlichen Verhandlung zu prüfen haben, ob ein Zahlungsanspruch gegen B. bestand und ob die übrigen Voraussetzungen einer Pflicht des Aufsichtsrats zur Durchsetzung dieses Anspruchs erfüllt sind.
- 34
- Dabei wird das Berufungsgericht Folgendes zu beachten haben: Sollte mit der Werbeagentur, die nach dem unbestrittenen Vortrag des Beklagten von B. als Einzelkaufmann geführt wurde, ein Vertrag geschlossen worden sein, kann es darauf ankommen, ob der Vertragsschluss vor oder nach der Umwandlung der E. GmbH in die E. AG stattgefunden hat. Im ersteren Fall hätte B. als Geschäftsführer die GmbH bei dem Vertragsschluss mit sich selbst vertreten können, sofern er von dem Verbot des Selbstkontrahierens nach § 181 BGB befreit war. Ist der Werbevertrag dagegen mit der AG geschlossen worden, konnte die Gesellschaft gemäß § 112 AktG nur vom Aufsichtsrat vertreten werden. Das war hier nicht geschehen. Ob ein Vertrag deshalb nichtig (so Mertens aaO § 112 Rdn. 5 m.w.Nachw.) oder nur schwebend unwirksam ist (so Habersack aaO § 112 Rdn. 32 m.w.Nachw.), hat der Senat bislang offen gelassen (Sen.Urt. v. 29. November 2004 - II ZR 354/02, ZIP 2005, 348, 349). Diese Frage braucht auch hier nicht entschieden zu werden, weil eine Genehmigung nicht erteilt worden ist und nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens auch nicht mehr in Betracht kommt.
- 35
- III. 1. Sollte das Berufungsgericht in der wiedereröffneten mündlichen Verhandlung zu dem Ergebnis kommen, dass der auf Zahlung von 50.000,00 € gerichtete, auf die Nichtgeltendmachung eines Schadensersatzanspruchs gegen B. wegen der Zahlung der Schuldnerin vom 19. November 2001 an die Werbeagentur gestützte Schadensersatzanspruch begründet ist, so hat es von Amts wegen die Verurteilung zur Zahlung von 19.500,00 € gemäß dem Hilfsantrag des Klägers aufzuheben. Die Entscheidung über den Hilfsantrag steht nämlich unter einer auflösenden Bedingung. Ihr Fortbestand hängt davon ab, dass dem Hauptantrag nicht stattgegeben wird (BGHZ 106, 219, 221; 112, 229, 232; BGH, Urt. v. 29. Juni 2000 - I ZR 29/98, NJW-RR 2001, 620, 622).
- 36
- 2. Soweit die Anschlussrevision die Verurteilung des Beklagten auf den Hilfsantrag angreift, ist darüber in diesem Revisionsverfahren zu entscheiden. Wäre die Anschlussrevision nämlich begründet, müsste der Senat das angefochtene Urteil hinsichtlich der Verurteilung auf den Hilfsantrag aufheben.
- 37
- Die Anschlussrevision führt aber auch insoweit nicht zum Erfolg.
- 38
- a) Das Berufungsgericht hat die Verurteilung des Beklagten auf den Hilfsantrag wie folgt begründet: In Höhe von 19.500,00 € schulde der Beklagte gemäß §§ 116, 93 Abs. 3 Nr. 6 AktG Schadensersatz, weil er es pflichtwidrig unterlassen habe, die weiteren Zahlungen an die Werbeagentur a. am 10. und 25. Januar 2002 in Höhe von 12.000,00 € und 7.500,00 € zu verhindern. Er habe den ihm obliegenden Entlastungsbeweis nicht geführt. Auch wenn er von den konkreten Überweisungen keine Kenntnis gehabt haben sollte, sei ihm jedenfalls bewusst gewesen, dass angesichts der fortlaufenden Werbung Vergütungen an die Werbeagentur gezahlt würden.
- 39
- b) Die Anschlussrevision greift diese Feststellungen mit denselben Rügen an, die sie auch gegen die Verurteilung des Beklagten zur Zahlung von 50.000,00 € vorbringt (s. oben unter I 2). Aus den oben dargelegten Gründen greifen diese Rügen auch hier nicht durch.
- 40
- IV. Soweit das Berufungsgericht den Hilfsantrag - in Höhe von 30.500,00 € - abgewiesen hat, reicht es aus, dass der Senat diese Klageabweisung auf die Revision des Klägers aufhebt. Damit hat das Berufungsgericht die Möglichkeit, über den abgewiesenen Teil des Hilfsanspruchs erneut - und nur dann - zu entscheiden, wenn es den Hauptantrag wiederum abweisen sollte. Eine Entscheidung des Senats über den abgewiesenen Teil des Hilfsanspruchs wäre allenfalls veranlasst, wenn die Revision des Klägers insoweit unbegründet wäre (BGHZ 120, 96, 102). Das ist jedoch nicht der Fall.
- 41
- Der Kläger wehrt sich vielmehr zu Recht gegen die Annahme des Berufungsgerichts , insoweit bestehe kein Schadensersatzanspruch aus §§ 116, 93 Abs. 3 Nr. 6 AktG, weil der Kläger nicht vorgetragen habe, dass der Beklagte von den übrigen Zahlungen des Vorstands B. an andere Stellen als dessen Werbeagentur - sämtlich nach Eintritt der Insolvenzreife - habe wissen müssen. Insoweit hat das Berufungsgericht die Darlegungs- und Beweislast verkannt.
- 42
- Der Kläger hat - ausreichend - vorgetragen, dass der Schuldnerin durch ein möglicherweise pflichtwidriges Verhalten des Aufsichtsrats auch im Zusammenhang mit den weiteren von dem Vorstand B. veranlassten Zahlungen ein Schaden entstanden ist. Damit obliegt es dem Beklagten darzulegen und zu beweisen, dass er bezüglich dieser Zahlungen seine Pflichten nicht verletzt hat oder jedenfalls schuldlos war (BGHZ 152, 280, 284; Sen.Urt. v. 1. Dezember 2008 aaO). Dass der Beklagte diesen Entlastungsbeweis erbracht hätte, hat das Berufungsgericht nicht festgestellt.
- 43
- V. Der Streitwert des Revisionsverfahrens wird auf 253.387,56 € festgesetzt (153.387,56 € + 50.000,00 € bezüglich der Hauptanträge und 50.000,00 € bezüglich des Hilfsantrags).
Vorinstanzen:
LG Dresden, Entscheidung vom 05.12.2006 - 13 O 3202/04 -
OLG Dresden, Entscheidung vom 11.12.2007 - 2 U 49/07 -
Für die Sorgfaltspflicht und Verantwortlichkeit der Aufsichtsratsmitglieder gelten § 93 mit Ausnahme des Absatzes 2 Satz 3 über die Sorgfaltspflicht und Verantwortlichkeit der Vorstandsmitglieder und § 15b der Insolvenzordnung sinngemäß. Die Aufsichtsratsmitglieder sind insbesondere zur Verschwiegenheit über erhaltene vertrauliche Berichte und vertrauliche Beratungen verpflichtet. Sie sind namentlich zum Ersatz verpflichtet, wenn sie eine unangemessene Vergütung festsetzen (§ 87 Absatz 1).
(1) Die Vorstandsmitglieder haben bei ihrer Geschäftsführung die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters anzuwenden. Eine Pflichtverletzung liegt nicht vor, wenn das Vorstandsmitglied bei einer unternehmerischen Entscheidung vernünftigerweise annehmen durfte, auf der Grundlage angemessener Information zum Wohle der Gesellschaft zu handeln. Über vertrauliche Angaben und Geheimnisse der Gesellschaft, namentlich Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse, die den Vorstandsmitgliedern durch ihre Tätigkeit im Vorstand bekanntgeworden sind, haben sie Stillschweigen zu bewahren.
(2) Vorstandsmitglieder, die ihre Pflichten verletzen, sind der Gesellschaft zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens als Gesamtschuldner verpflichtet. Ist streitig, ob sie die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters angewandt haben, so trifft sie die Beweislast. Schließt die Gesellschaft eine Versicherung zur Absicherung eines Vorstandsmitglieds gegen Risiken aus dessen beruflicher Tätigkeit für die Gesellschaft ab, ist ein Selbstbehalt von mindestens 10 Prozent des Schadens bis mindestens zur Höhe des Eineinhalbfachen der festen jährlichen Vergütung des Vorstandsmitglieds vorzusehen.
(3) Die Vorstandsmitglieder sind namentlich zum Ersatz verpflichtet, wenn entgegen diesem Gesetz
- 1.
Einlagen an die Aktionäre zurückgewährt werden, - 2.
den Aktionären Zinsen oder Gewinnanteile gezahlt werden, - 3.
eigene Aktien der Gesellschaft oder einer anderen Gesellschaft gezeichnet, erworben, als Pfand genommen oder eingezogen werden, - 4.
Aktien vor der vollen Leistung des Ausgabebetrags ausgegeben werden, - 5.
Gesellschaftsvermögen verteilt wird, - 6.
(weggefallen) - 7.
Vergütungen an Aufsichtsratsmitglieder gewährt werden, - 8.
Kredit gewährt wird, - 9.
bei der bedingten Kapitalerhöhung außerhalb des festgesetzten Zwecks oder vor der vollen Leistung des Gegenwerts Bezugsaktien ausgegeben werden.
(4) Der Gesellschaft gegenüber tritt die Ersatzpflicht nicht ein, wenn die Handlung auf einem gesetzmäßigen Beschluß der Hauptversammlung beruht. Dadurch, daß der Aufsichtsrat die Handlung gebilligt hat, wird die Ersatzpflicht nicht ausgeschlossen. Die Gesellschaft kann erst drei Jahre nach der Entstehung des Anspruchs und nur dann auf Ersatzansprüche verzichten oder sich über sie vergleichen, wenn die Hauptversammlung zustimmt und nicht eine Minderheit, deren Anteile zusammen den zehnten Teil des Grundkapitals erreichen, zur Niederschrift Widerspruch erhebt. Die zeitliche Beschränkung gilt nicht, wenn der Ersatzpflichtige zahlungsunfähig ist und sich zur Abwendung des Insolvenzverfahrens mit seinen Gläubigern vergleicht oder wenn die Ersatzpflicht in einem Insolvenzplan geregelt wird.
(5) Der Ersatzanspruch der Gesellschaft kann auch von den Gläubigern der Gesellschaft geltend gemacht werden, soweit sie von dieser keine Befriedigung erlangen können. Dies gilt jedoch in anderen Fällen als denen des Absatzes 3 nur dann, wenn die Vorstandsmitglieder die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters gröblich verletzt haben; Absatz 2 Satz 2 gilt sinngemäß. Den Gläubigern gegenüber wird die Ersatzpflicht weder durch einen Verzicht oder Vergleich der Gesellschaft noch dadurch aufgehoben, daß die Handlung auf einem Beschluß der Hauptversammlung beruht. Ist über das Vermögen der Gesellschaft das Insolvenzverfahren eröffnet, so übt während dessen Dauer der Insolvenzverwalter oder der Sachwalter das Recht der Gläubiger gegen die Vorstandsmitglieder aus.
(6) Die Ansprüche aus diesen Vorschriften verjähren bei Gesellschaften, die zum Zeitpunkt der Pflichtverletzung börsennotiert sind, in zehn Jahren, bei anderen Gesellschaften in fünf Jahren.
(1) Bei einer juristischen Person ist auch die Überschuldung Eröffnungsgrund.
(2) Überschuldung liegt vor, wenn das Vermögen des Schuldners die bestehenden Verbindlichkeiten nicht mehr deckt, es sei denn, die Fortführung des Unternehmens in den nächsten zwölf Monaten ist nach den Umständen überwiegend wahrscheinlich. Forderungen auf Rückgewähr von Gesellschafterdarlehen oder aus Rechtshandlungen, die einem solchen Darlehen wirtschaftlich entsprechen, für die gemäß § 39 Abs. 2 zwischen Gläubiger und Schuldner der Nachrang im Insolvenzverfahren hinter den in § 39 Abs. 1 Nr. 1 bis 5 bezeichneten Forderungen vereinbart worden ist, sind nicht bei den Verbindlichkeiten nach Satz 1 zu berücksichtigen.
(3) Ist bei einer Gesellschaft ohne Rechtspersönlichkeit kein persönlich haftender Gesellschafter eine natürliche Person, so gelten die Absätze 1 und 2 entsprechend. Dies gilt nicht, wenn zu den persönlich haftenden Gesellschaftern eine andere Gesellschaft gehört, bei der ein persönlich haftender Gesellschafter eine natürliche Person ist.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Der Beklagte ist zu 25 % an der B. GmbH beteiligt. Er ist Eigentümer des Betriebsgrundstücks, das er an die Gesellschaft vermietet hat. Am 2. Juni 1999 wurde das Konkursverfahren über das Vermögen der Gesellschaft eröffnet und der Kläger zum Verwalter bestellt. Mit der Klage verlangt der Kläger Rückzahlung der von dem Beklagten im Jahre 1998 vereinnahmten Mieten. Dazu behauptet er, die Gesellschaft sei schon seit 1994 überschuldet gewesen. Das Landgericht hat der Klage im wesentlichen stattgegeben. Die Berufung des Beklagten ist erfolglos geblieben. Dagegen richtet sich die vom Senat zugelassene Revision.
Entscheidungsgründe:
Die Revision ist begründet und führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
I. Das Berufungsgericht hat ausgeführt: Die Überlassung des Betriebsgrundstücks habe jedenfalls im Jahre 1998 eigenkapitalersetzenden Charakter gehabt. Die zum 31. Dezember 1996 aufgestellte Bilanz der Gesellschaft habe einen nicht durch Eigenkapital gedeckten Fehlbetrag in Höhe von 139.672,44 DM ausgewiesen. Dieser Wert sei nicht im Hinblick auf die Erstellung eines Überschuldungsstatus zu korrigieren gewesen. Zwar habe der Beklagte zu einzelnen Aktivposten der Bilanz das Vorliegen von stillen Reserven behauptet und dazu auch präzise Zahlen vorgetragen. Der daraufhin als Sachverständiger eingeschaltete Wirtschaftsprüfer habe jedoch keine ausreichenden Anhaltspunkte vorgefunden, um die tatsächlichen Werte der Wirtschaftsgüter bestimmen zu können. Das gehe zu Lasten des Beklagten. Zwar liege die Beweislast für die Kreditunwürdigkeit grundsätzlich bei der Gesellschaft bzw. ihrem Konkursverwalter. Die Jahresbilanz habe aber eine indizielle Bedeutung für die Insolvenzreife. Nur wenn greifbare Anhaltspunkte für das Vorhandensein stiller Reserven vorlägen, müsse der Konkursverwalter dazu vortragen und Beweis führen.
II. Dem kann nicht gefolgt werden.
1. Die Klage auf Rückgewähr der Mieten ist nach §§ 30, 31 Abs. 1 GmbHG i.V.m. den Rechtsprechungsregeln zur eigenkapitalersetzenden Gebrauchsüberlassung (BGHZ 109, 55; 121, 31) nur dann begründet, wenn die Gesellschaft am 31. Dezember 1996 - oder jedenfalls bis zum 30. Juni 1997, als der Beklagte den Mietvertrag zum Ablauf des 31. Dezember 1997 späte-
stens hätte kündigen können - in eine Krise im Sinne des § 32 a Abs. 1 GmbHG geraten ist und der Beklagte - wovon im Normalfall auszugehen ist - das erkennen konnte. Eine Krise lag dann vor, wenn die Gesellschaft insolvenzreif oder jedenfalls "überlassungsunwürdig" war. Zu einer unabhängig von einer Insolvenzreife bestehenden Überlassungsunwürdigkeit hat das Berufungsgericht keine Feststellungen getroffen. Dafür ist auch nichts ersichtlich. Entscheidend ist daher allein die Frage, ob die Gesellschaft insolvenzreif war. Da die Gesellschaft im Jahre 1998 noch zahlungsfähig war, konnte sich eine Insolvenzreife nur aus einer Überschuldung ergeben. Nach der hier noch anwendbaren Konkursordnung sind dazu eine rechnerische Überschuldung und eine negative Fortbestehensprognose erforderlich. Eine rechnerische Überschuldung in diesem Sinne liegt vor, wenn die im Insolvenzfall verwertbaren Vermögensgegenstände zu ihren Veräußerungswerten nicht mehr ausreichen, um die Schulden zu decken.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats liegt die Darlegungsund Beweislast bezüglich der Überschuldung bei der Gesellschaft bzw. dem für sie tätig werdenden Insolvenzverwalter. Der Insolvenzverwalter hat die Überschuldung grundsätzlich durch Vorlage eines Überschuldungsstatus darzulegen. Darin sind die stillen Reserven aufzudecken und die Vermögensgegenstände zu Veräußerungswerten anzusetzen. Nicht ausreichend ist dagegen, lediglich die Handelsbilanz vorzulegen, weil die Handelsbilanz nach anderen Kriterien als ein Überschuldungsstatus aufzustellen ist. So sagt sie etwa nichts über stille Reserven aus. Die Handelsbilanz kann deshalb nur indizielle Bedeutung für die insolvenzrechtliche Überschuldung haben. Mindestens muß der Insolvenzverwalter die Ansätze der Handelsbilanz daraufhin überprüfen und erläutern, ob und ggf. in welchem Umfang stille Reserven oder sonstige daraus nicht ersichtliche Veräußerungswerte vorhanden sind. Dabei muß er nicht jede
denkbare Möglichkeit ausschließen, sondern nur naheliegende Anhaltspunkte - beispielsweise stille Reserven bei Grundvermögen - und die von dem Gesellschafter insoweit aufgestellten Behauptungen widerlegen (BGHZ 125, 141, 146; 146, 264, 267 f.; Sen.Urt. v. 18. Dezember 2000 - II ZR 191/99, ZIP 2001, 242, 243; v. 2. April 2001 - II ZR 261/99, ZIP 2001, 839; ebenso zur vergleichbaren Problematik bei der Kreditunwürdigkeit Sen.Urt. v. 2. Juni 1997 - II ZR 211/95, NJW 1997, 3171, 3172 und v. 17. November 1997 - II ZR 224/96, NJW 1998, 1143, 1144).
2. Nach diesen Grundsätzen und dem bisherigen Vortrag der Parteien ist die Klage unbegründet. Der Kläger hat keinen Überschuldungsstatus zu dem maßgeblichen Zeitpunkt aufgestellt. Er hat auch nicht die Behauptungen des Beklagten zu den stillen Reserven widerlegt. So hat der Beklagte behauptet, die Transportfahrzeuge der Gemeinschuldnerin, die in der Handelsbilanz mit einem Erinnerungswert von 11,00 DM erfaßt gewesen seien, hätten tatsächlich einen Wert in Höhe von 61.000,00 DM gehabt, die Werkzeuge der Gemeinschuldnerin , in der Bilanz mit 18.348,00 DM veranschlagt, seien 43.000,00 DM wert gewesen , die abgeschriebenen geringwertigen Wirtschaftsgüter hätten noch einen Wert in Höhe von 11.000,00 DM gehabt und die sonstige Betriebs- und Geschäftsausstattung , die mit einem Buchwert in Höhe von 23.645,00 DM erfaßt gewesen sei, sei tatsächlich 73.000,00 DM wert gewesen. Dieser Vortrag ist substantiiert genug, um dem Kläger die Möglichkeit zu geben, sich damit auseinanderzusetzen und die Zahlen des Beklagten zu widerlegen. Das hat das Berufungsgericht im Ansatz auch richtig gesehen, wie sich daraus ergibt, daß es eine Beweisaufnahme durch Einholung eines Sachverständigengutachtens angeordnet hat. Daß der Sachverständige dann aber erklärt hat, er könne mangels ausreichender Unterlagen keine Feststellungen treffen, geht zu Lasten des Klägers. Seine Sache war es, die Überschuldung unter Berücksichtigung des
substantiierten Gegenvortrags des Beklagten darzulegen und zu beweisen. Ist ihm das nicht möglich, kann seine Klage keinen Erfolg haben. Anders wäre allenfalls dann zu entscheiden, wenn der Beklagte eine ihm obliegende Pflicht zur Führung und Aufbewahrung von Büchern bzw. Belegen verletzt hätte. Das aber macht der Kläger selbst nicht geltend.
III. Danach kann das angefochtene Urteil keinen Bestand haben. Die Sache ist zurückzuverweisen, da sie noch nicht zur Endentscheidung reif ist. Das Berufungsgericht hat die Beweisaufnahme abgebrochen, ohne alles getan zu haben, um den Sachverhalt aufzuklären. So hätte versucht werden müssen, aufgrund der Veräußerungserlöse, die für die streitigen Gegenstände im Rahmen des Konkursverfahrens erzielt worden sind, auf die Verkehrswerte zu dem hier maßgeblichen Zeitpunkt rückzuschließen, soweit ausreichende Anhaltspunkte dafür vorliegen, daß die verwerteten Wirtschaftsgüter auch schon zu jenem Zeitpunkt vorhanden waren. Dazu hätte notfalls ein anderer Sachverständiger hinzugezogen werden müssen, der - über das allgemeine Wissen eines Wirtschaftsprüfers hinaus - über spezielle Kenntnisse in der Bewertung von Anlagegütern verfügt. Entgegen der Auffassung des Sachverständigen Bi. ist es dagegen nicht erforderlich, eine Überschuldungsbilanz aufzustellen. Es geht allein darum zu überprüfen, ob die von dem Beklagten behaupteten stillen Reserven vorhanden waren, die - nur - in ihrer Summe ausreichen, um trotz des in der Handelsbilanz ausgewiesenen Fehlbetrags eine rechnerische Überschuldung im Sinne des Insolvenzrechts auszuschließen. Gelingt dem Kläger, ggf. nach ergänzendem Vortrag, der Beweis, daß jedenfalls ein Teil dieser stillen Reserven nicht vorhanden war, ist von einer rechnerischen Überschuldung - und damit angesichts der von dem Berufungsgericht festgestellten negativen Fortbestehensprognose von einer Insolvenzreife - auszugehen. Gelingt dem Kläger dieser Beweis dagegen nicht, ist die Klage unbegründet. Die
Zurückverweisung ermöglicht den Parteien, unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Senats ergänzend vorzutragen, und dem Berufungsgericht , auf dieser Grundlage die Beweisaufnahme fortzusetzen.
Röhricht Goette Kraemer
Strohn Caliebe
Für die Sorgfaltspflicht und Verantwortlichkeit der Aufsichtsratsmitglieder gelten § 93 mit Ausnahme des Absatzes 2 Satz 3 über die Sorgfaltspflicht und Verantwortlichkeit der Vorstandsmitglieder und § 15b der Insolvenzordnung sinngemäß. Die Aufsichtsratsmitglieder sind insbesondere zur Verschwiegenheit über erhaltene vertrauliche Berichte und vertrauliche Beratungen verpflichtet. Sie sind namentlich zum Ersatz verpflichtet, wenn sie eine unangemessene Vergütung festsetzen (§ 87 Absatz 1).
(1) Der Vorstand hat dem Aufsichtsrat zu berichten über
- 1.
die beabsichtigte Geschäftspolitik und andere grundsätzliche Fragen der Unternehmensplanung (insbesondere die Finanz-, Investitions- und Personalplanung), wobei auf Abweichungen der tatsächlichen Entwicklung von früher berichteten Zielen unter Angabe von Gründen einzugehen ist; - 2.
die Rentabilität der Gesellschaft, insbesondere die Rentabilität des Eigenkapitals; - 3.
den Gang der Geschäfte, insbesondere den Umsatz, und die Lage der Gesellschaft; - 4.
Geschäfte, die für die Rentabilität oder Liquidität der Gesellschaft von erheblicher Bedeutung sein können.
(2) Die Berichte nach Absatz 1 Satz 1 Nr. 1 bis 4 sind wie folgt zu erstatten:
- 1.
die Berichte nach Nummer 1 mindestens einmal jährlich, wenn nicht Änderungen der Lage oder neue Fragen eine unverzügliche Berichterstattung gebieten; - 2.
die Berichte nach Nummer 2 in der Sitzung des Aufsichtsrats, in der über den Jahresabschluß verhandelt wird; - 3.
die Berichte nach Nummer 3 regelmäßig, mindestens vierteljährlich; - 4.
die Berichte nach Nummer 4 möglichst so rechtzeitig, daß der Aufsichtsrat vor Vornahme der Geschäfte Gelegenheit hat, zu ihnen Stellung zu nehmen.
(3) Der Aufsichtsrat kann vom Vorstand jederzeit einen Bericht verlangen über Angelegenheiten der Gesellschaft, über ihre rechtlichen und geschäftlichen Beziehungen zu verbundenen Unternehmen sowie über geschäftliche Vorgänge bei diesen Unternehmen, die auf die Lage der Gesellschaft von erheblichem Einfluß sein können. Auch ein einzelnes Mitglied kann einen Bericht, jedoch nur an den Aufsichtsrat, verlangen.
(4) Die Berichte haben den Grundsätzen einer gewissenhaften und getreuen Rechenschaft zu entsprechen. Sie sind möglichst rechtzeitig und, mit Ausnahme des Berichts nach Absatz 1 Satz 3, in der Regel in Textform zu erstatten.
(5) Jedes Aufsichtsratsmitglied hat das Recht, von den Berichten Kenntnis zu nehmen. Soweit die Berichte in Textform erstattet worden sind, sind sie auch jedem Aufsichtsratsmitglied auf Verlangen zu übermitteln, soweit der Aufsichtsrat nichts anderes beschlossen hat. Der Vorsitzende des Aufsichtsrats hat die Aufsichtsratsmitglieder über die Berichte nach Absatz 1 Satz 3 spätestens in der nächsten Aufsichtsratssitzung zu unterrichten.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Der Kläger ist Insolvenzverwalter der M. AG (nachfolgend Schuldnerin), die u.a. den Handel mit Baustoffen betrieb und seit 1995 am neuen Markt notiert war. Ihre Mehrheitsaktionärin (51 %) war die MPS GmbH. Die beiden Beklagten waren seit Mitte 1999 Mitglieder des Aufsichtsrats der Schuldnerin. Diese hatte bis zum Jahr 2001 durch zahlreiche Unternehmenskäufe (asset deals) eine Unternehmensgruppe mit einer Vielzahl von Einzelgesellschaften aufgebaut, die an mehr als 120 verschiedenen Stand- orten tätig waren. Die dazu benötigten Grundstücke wurden von der MPS GmbH angekauft und an die jeweiligen Einzelgesellschaften vermietet. Zur Finanzierung der Grundstücksgeschäfte gewährte die Schuldnerin der MPS GmbH insgesamt 25 unbesicherte Darlehen, und zwar im Jahr 1998 circa 3,65 Mio. DM (Nr. 1 und 2), im Jahr 1999 7 Mio. DM (Nr. 3 bis 5), im Jahr 2000 circa 35 Mio. DM (Nr. 6 bis 16) und im Jahr 2001 circa 34 Mio. DM (Nr. 17 bis 25). In den einzelnen Darlehensverträgen wurden unterschiedliche, nach Behauptung der Beklagten marktübliche Zinssätze (meist zwischen 7 und 8 %) vereinbart. Weiter heißt es dort jeweils: "Die Laufzeit des Darlehens bleibt offen. Eine Kündigung des Darlehens ist jederzeit zum Monatsende möglich." Im Zeitraum der Vereinbarung und Ausreichung der jeweiligen Darlehen war die Bonität der MPS GmbH unstreitig nicht zweifelhaft. Sie zahlte die monatlich fälligen Zinsen und erbrachte zum Teil auch Tilgungsleistungen. Die Jahresabschlüsse der Schuldnerin und der MPS GmbH wurden von der Nebenintervenientin geprüft , welche in ihrem Prüfbericht vom 15. März 2001 darauf hinwies, dass Sicherheiten für die Darlehen nicht vereinbart worden seien, jedoch nach Prüfung des Jahresabschlusses 2000 der MPS GmbH keine Hinweise darauf bestünden , dass die Darlehensforderungen der Schuldnerin nicht werthaltig seien. Der Jahresabschluss 2000 mit dem Prüfbericht wurde dem Aufsichtsrat der Schuldnerin im März 2001 zur Billigung vorgelegt. Der Kläger als Insolvenzverwalter der Schuldnerin hat die Darlehensforderungen zur Tabelle der inzwischen ebenfalls insolventen MPS GmbH angemeldet.
- 2
- Im September 2003 schloss der Kläger mit den Vorstandsmitgliedern der Schuldnerin eine Vereinbarung, nach welcher er sich "im Sinne eines Stillhalteabkommens" verpflichtete, die Vorstandsmitglieder aus bis dahin bekannten Sachverhalten nicht gerichtlich in Anspruch zu nehmen. Als Gegenleistung dafür verpflichteten sich die Vorstandsmitglieder, eine Barzahlung von 1,8 Mio. € zwecks Erhöhung der Masse für die eventuelle Durchführung eines Insolvenz- planverfahrens zu leisten und eine Reihe von Sicherheiten für von dem Kläger u.a. gegenüber der Nebenintervenientin geltend gemachte Schadensersatzansprüche zu bestellen.
- 3
- Mit der Klage begehrt der Kläger von den Beklagten Schadensersatz wegen Uneinbringlichkeit der Darlehensforderungen in Höhe eines Teilbetrages von 6.588.491,84 €, bezogen auf acht von ihm herausgegriffene Darlehen aus der Zeit vom 12. März 1998 bis 27. September 2001. Er meint, die Beklagten hafteten gemäß §§ 57, 93 Abs. 3 Nr. 1, 117 Abs. 2, 318 Abs. 2 AktG, weil sie die Gewährung der ungesicherten Kredite im Rahmen ihrer Prüfpflichten gemäß § 314 AktG alsbald hätten bemerken und weil sie dafür hätten sorgen müssen, dass die Kredite besichert werden. Die Klage hatte in erster Instanz in Höhe von 5.208.003,84 €, in zweiter Instanz in voller Höhe Erfolg. Dagegen richtet sich die - von dem Berufungsgericht zugelassene - Revision der Beklagten.
Entscheidungsgründe:
- 4
- Die Revision der Beklagten führt zur Aufhebung und Zurückverweisung.
- 5
- I. Das Berufungsgericht (ZIP 2007, 1314 = NZG 2008, 275; dazu Dieckmann /Knebel, EWiR 2007, 483) meint, die MPS GmbH habe die von ihr beherrschte Schuldnerin durch Abschluss der Darlehensverträge ohne Besicherung zu für sie nachteiligen Rechtsgeschäften i.S. von § 311 Abs. 1 AktG veranlasst. In der Regel verstoße der Vorstand einer AG mit der nicht zu ihren üblichen Geschäften gehörenden Vergabe ungesicherter Kredite an einen Aktionär gegen das Verbot der Einlagenrückgewähr gemäß §§ 57, 93 Abs. 3 Nr. 1 AktG, wie auch aus dem zur Kreditvergabe einer GmbH an ihren Gesellschafter er- gangenen Urteil des Bundesgerichtshofs vom 24. November 2003 (BGHZ 157, 72) zu erschließen sei. Auf die dortige Ausnahme einer (nicht unter § 30 GmbHG fallenden) Darlehensgewährung aus freien Rücklagen oder Gewinnvorträgen komme es für § 57 AktG nicht an, weil danach nicht nur das zur Deckung des Grundkapitals erforderliche, sondern das gesamte Gesellschaftsvermögen einer strikten Bindung unterliege. Auch im Rahmen der §§ 311 ff. AktG sei eine unter § 57 AktG fallende Leistung nur zulässig, wenn der Nachteil nach Maßgabe des § 311 Abs. 1, 2 AktG ausgeglichen werde. Ein mit der Vergabe ungesicherter Kredite einhergehendes Insolvenzrisiko der herrschenden Gesellschaft könne aber durch den bloßen Rückzahlungsanspruch und eine marktgerechte Verzinsung nicht ausgeglichen werden. So liege der Fall hier trotz der unstreitig nicht zweifelhaften Bonität der MPS GmbH im Zeitraum der Darlehensgewährungen, weil in Anbetracht der fortlaufenden, systematischen Vergabe ungesicherter Darlehen in zunehmender Höhe ohne vorbestimmte Laufzeit und ohne nennenswerte Rückführung mit einem Ausfallrisiko habe gerechnet werden müssen. Die Beklagten seien für den Ausfallschaden der Schuldnerin als Mitglieder ihres Aufsichtsrats gemäß § 318 Abs. 2 AktG mitverantwortlich , weil sie unter Verletzung ihrer Prüfungspflicht gemäß § 314 Abs. 1 AktG dem Hinweis auf die ungesicherten Darlehen im Prüfbericht der Nebenintervenientin vom März 2001 nicht nachgegangen seien und gegen die Darlehenspraxis der Schuldnerin nichts unternommen hätten. Das von dem Kläger mit den ehemaligen Vorstandsmitgliedern der Schuldnerin abgeschlossene "Stillhalteabkommen" habe keine Wirkung zugunsten der Beklagten. Sie schuldeten aber den vom Kläger begehrten Schadensersatz aus § 318 Abs. 2 AktG nur Zug um Zug gegen Abtretung der Ansprüche des Klägers gegenüber der MPS GmbH aus § 62 AktG.
- 6
- II. Das Berufungsurteil hält den Angriffen der Revision nicht in allen Punkten stand.
- 7
- 1. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts lässt sich die von ihm angenommene Haftung der Beklagten aus § 318 Abs. 2 i.V. mit § 317 AktG wegen Uneinbringlichkeit der Darlehensforderungen der Schuldnerin nicht darauf stützen, dass die Darlehensverträge zwischen der MPS GmbH und der von ihr abhängigen Schuldnerin (§ 17 AktG) von vornherein für diese nachteilige Rechtsgeschäfte i.S. des § 311 Abs. 1 AktG gewesen seien (zu dieser Voraussetzung des § 318 AktG vgl. MünchKommAkt/Kropff 2. Aufl. § 318 Rdn. 6).
- 8
- a) Nach der Rechtsprechung des Senats erfasst der Nachteilsbegriff der §§ 311, 317 AktG "jede Minderung oder konkrete Gefährdung der Vermögensund Ertragslage der Gesellschaft ohne Rücksicht auf Quantifizierbarkeit, soweit die genannte Beeinträchtigung als Abhängigkeitsfolge eintritt" (BGHZ 141, 79, 84; ebenso Habersack in Emmerich/Habersack, Aktien- und GmbH-Konzernrecht 5. Aufl. § 311 Rdn. 39; Hüffer, AktG 8. Aufl. § 311 Rdn. 25, jeweils m.w.Nachw.).
- 9
- Zwar mag die Abhängigkeitsfolge als solche hier zu bejahen sein, weil es dafür - ähnlich wie für die Feststellung einer Einlagenrückgewähr gemäß § 57 AktG (vgl. dazu Hüffer aaO § 57 Rdn. 3 a; Kölner Komm.z.AktG/ Koppensteiner 3. Aufl. § 311 Rdn. 61) - auf den Vergleich mit einem hypothetischen Drittgeschäft (vgl. BGHZ aaO) bzw. darauf ankommt, ob ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter einer unabhängigen Gesellschaft das Rechtsgeschäft zu denselben Konditionen vorgenommen hätte (vgl. § 317 Abs. 2 AktG; Sen.Urt. v. 3. März 2008 - II ZR 124/06, ZIP 2008, 785 Tz. 9), und dies im vorliegenden Fall unbesicherter Darlehensgewährungen durch eine ansonsten nicht mit Kreditgeschäften befasste Gesellschaft zur Finanzierung von Grundstücksgeschäften ihrer Mehrheitsaktionärin kaum anzunehmen ist (vgl. Großkomm.z.AktG/Henze 4. Aufl. § 57 Rdn. 49 m.Fn. 131).
- 10
- Das reicht aber für sich allein nicht aus. Denn es muss als weiteres Element ein Nachteil im Sinne der oben genannten Art hinzukommen. Ein in diesem Sinne nachteiliges Rechtsgeschäft (§ 311 Abs. 1 AktG) liegt nicht schon per se in der Vergabe eines ungesicherten "upstream-Darlehens" im Austausch gegen einen vollwertigen Rückzahlungsanspruch und angemessene Verzinsung (vgl. Habersack aaO § 311 Rdn. 47 f.; Henze, WM 2005, 717, 723; Hentzen , ZGR 2005, 480, 509 f.; Kölner Komm.z.AktG/Koppensteiner 3. Aufl. § 311 Rdn. 79; Krieger in Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts Bd. 4 Aktiengesellschaft 3. Aufl. § 69 Rdn. 61 f.; Pentz, ZIP 2006, 781, 785; J. Vetter in K. Schmidt/Lutter, AktG § 311 Rdn. 56 m. umfassenden Nachw.; Wessels, ZIP 2006, 1701, 1707 f.; a.A. MünchKommAktG/Bayer 3. Aufl. § 57 Rdn. 100; Bayer /Lieder, ZGR 2005, 133, 148 f.; Schön, ZHR 159, 351, 372). Vielmehr kommt es auf eine konkrete Gefährdung der Vermögens- oder Ertragslage der Gesellschaft an.
- 11
- b) Der Senat muss nicht entscheiden, ob der früher verbreiteten Auffassung zu folgen ist, die dahin ging, dass die dem Vergleich mit einem Drittgeschäft nicht standhaltende Gewährung von Gesellschaftsdarlehen an Aktionäre ohne bankübliche Sicherheiten gegen § 57 AktG verstoße (vgl. OLG Hamm ZIP 1995, 1263; MünchKommAktG/Bayer aaO § 57 Rdn. 100; Bayer/Lieder aaO; Hüffer aaO § 57 Rdn. 3 a; derselbe AG 2004, 416, 417 f.; Schön aaO; a.A. K. Schmidt, GesR 4. Aufl. § 29 II 2 a S. 891; Cahn, Kapitalerhaltung im Konzern 1998, S. 246 ff.) und zu einem sofortigen Rückgewähranspruch der AG gemäß § 62 AktG sowie zur Haftung des Vorstandes für die Rückzahlung gemäß § 93 Abs. 3 Nr. 1 AktG führen müsse (vgl. Habersack/Schürnbrand, NZG 2004, 689, 693). Denn § 311 AktG enthält, auch soweit er mit § 57 AktG gleich läuft, eine die §§ 57, 62, 93 Abs. 3 Nr. 1 AktG verdrängende Spezialregelung. Danach lösen solche - typischerweise an sich unter § 57 AktG fallende - Maßnahmen zum Nachteil der abhängigen Gesellschaft unter Einschluss von Vermögensverschiebungen keinen sofortigen Rückgewähranspruch (§ 62 AktG) aus; vielmehr lässt § 311 AktG einen zeitlich gestreckten Ausgleich in der Weise zu, dass der Nachteil bis zum Ende des Geschäftsjahrs ausgeglichen oder aber bis dahin der abhängigen Gesellschaft ein Rechtsanspruch auf künftigen Nachteilsausgleich eingeräumt wird, der nicht notwendig besichert werden muss (§ 311 Abs. 2 AktG). Damit unvereinbar wäre es, in jedem ungesicherten upstream-Darlehen der abhängigen Gesellschaft ein für sie nachteiliges Rechtsgeschäft zu sehen (vgl. Habersack aaO § 311 Rdn. 47, 82; Habersack /Schürnbrand aaO S. 693; Vetter aaO § 311 Rdn. 104 jew. m.w.Nachw.).
- 12
- Der Senat sieht sich in dieser Beurteilung durch die kürzlich in Kraft getretene Vorschrift des § 57 Abs. 1 Satz 3 AktG bestätigt, die klarstellt, dass eine Einlagenrückgewähr nicht vorliegt bei Leistungen der Gesellschaft, welche durch einen vollwertigen Gegenleistungs- oder Rückgewähranspruch gegen den Aktionär gedeckt sind. Der Gesetzgeber begreift dies gemäß der Begründung zum Regierungsentwurf (unter Hinweis auf die Begründung zu § 30 Abs. 1 Satz 2 n.F. GmbHG, abgedruckt bei Goette, Einführung in das neue GmbH-Recht, S. 258 ff., 357) nicht als konstitutive Neuregelung, sondern als lediglich klarstellende "Rückkehr zur bilanziellen Betrachtungsweise", die bis zu dem Senatsurteil vom 24. November 2003 (BGHZ 157, 72 zur Kreditgewährung an GmbH-Gesellschafter) "problemlos anerkannt" gewesen sei und der Tatsache Rechnung getragen habe, dass bei einer durch einen vollwertigen Gegenleistungs - oder Rückzahlungsanspruch gedeckten Leistung der Gesellschaft lediglich ein Aktiventausch stattfinde, der unter der Voraussetzung des § 57 Abs. 1 Satz 3 n.F. AktG auch bei dem in der Konzernpraxis verbreiteten "cashpooling" auf keine Bedenken stoße. Im Rahmen der als Privilegierung gegen- über § 57 AktG gedachten §§ 311, 317 f. AktG können keine strengeren Maßstäbe gelten (vgl. auch M. Winter, DStR 2007, 1484, 1489). Soweit der Senat in dem genannten, von dem Berufungsgericht herangezogenen Senatsurteil vom 24. November 2003 über die Vollwertigkeit der Forderung hinausgehende Erfordernisse aufgestellt hat, wird daran - in Anbetracht der Klarstellung des Gesetzgebers - auch für Altfälle aus der Zeit vor Inkrafttreten des § 57 Abs. 1 Satz 3 n.F. AktG nicht festgehalten.
- 13
- c) Ob eine Darlehensforderung vollwertig und damit die Darlehensgewährung für die abhängige Gesellschaft insoweit nicht nachteilig ist, hat im Rahmen des § 311 AktG der Vorstand vor Abschluss des Darlehensvertrages zu prüfen. Maßstab dafür ist eine vernünftige kaufmännische Beurteilung, wie sie auch bei der Bewertung von Forderungen aus Drittgeschäften im Rahmen der Bilanzierung (§ 253 HGB) maßgeblich ist (vgl. Vetter aaO § 311 Rdn. 101; zur Bewertung vgl. Baumbach/Hueck/Schulze-Osterloh, GmbHG 18. Aufl. § 42 Rdn. 364, 407 m.w.Nachw.). Eine an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit der Darlehensrückzahlung (in diesem Sinne MünchKommAktG/Bayer aaO § 57 Rdn. 148 zum Nachteilsausgleich) ist nicht erforderlich (vgl. Vetter aaO § 311 Rdn. 101). Jedoch hat der im faktischen Konzern nicht weisungsunterworfene Vorstand der abhängigen Gesellschaft (vgl. Habersack aaO § 311 Rdn. 10, 78 m.w.Nachw.) bei der auf den Zeitpunkt der Vornahme des Rechtsgeschäfts bezogenen Beurteilung (vgl. Habersack aaO § 311 Rdn. 44 f.) die Sorgfaltspflicht gemäß § 93 Abs. 1 Satz 1 AktG zu beachten (vgl. Sen.Urt. v. 3. März 2008 aaO Tz. 11; Habersack aaO § 311 Rdn. 78) und die Gewährung des unbesicherten Darlehens im Fall eines konkreten Ausfallrisikos zu verweigern (vgl. Habersack /Schürnbrand aaO S. 694). Erscheint dagegen aus der hier allein maßgeblichen ex-ante-Perspektive die Forderung als vollwertig bzw. ein Forderungsausfall unwahrscheinlich, handelt es sich um ein in dieser Hinsicht nicht nachteiliges Rechtsgeschäft auch dann, wenn es später wider Erwarten doch zu einem Forderungsausfall kommt (vgl. Habersack aaO § 311 Rdn. 44; MünchKommAktG/Kropff, 2. Aufl. § 311 Rdn. 146).
- 14
- d) Das bedeutet freilich nicht, dass die Verwaltungsorgane der abhängigen Gesellschaft nach einer für diese ex ante nicht nachteiligen Darlehensausreichung keine hierauf gerichteten Kontrollpflichten mehr träfen. Unberührt bleibt vielmehr ihre aus § 93 Abs. 1 Satz 1 AktG folgende und nicht durch §§ 311, 318 AktG verdrängte (vgl. Hüffer aaO § 318 Rdn. 9) Verpflichtung, laufend etwaige Änderungen des Kreditrisikos zu prüfen und auf eine sich nach der Darlehensausreichung andeutende Bonitätsverschlechterung mit einer Kreditkündigung oder der Anforderung von Sicherheiten zu reagieren (vgl. Pentz ZIP aaO, S. 785 m.w.Nachw.; vgl. auch RegEBegr. zu § 57 Abs. 1 Satz 3 n.F. AktG bei Goette aaO), was bei umfangreichen langfristigen Darlehen oder bei einem Cash-Management die Einrichtung eines geeigneten Informations- oder "Frühwarnsystems" zwischen Mutter- und Tochtergesellschaft erforderlich machen kann (vgl. Henze WM aaO 717, 726; Krieger aaO § 69 Rdn. 62; Vetter /Stadler, Haftungsrisiken beim konzernweiten Cash Pooling, Rdn. 194 ff.). Die Unterlassung solcher Maßnahmen einschließlich einer rechtzeitigen Kreditkündigung kann ihrerseits auch unter § 311 AktG fallen und Schadensersatzansprüche nach §§ 317, 318 AktG (neben solchen aus §§ 93 Abs. 2, 116 AktG; vgl. Hüffer aaO § 318 Rdn. 9) auslösen (zu Beweiserleichterungen für eine Einflussnahme des herrschenden Unternehmens vgl. Habersack aaO § 311 Rdn. 33; Kölner Komm.z.AktG/Koppensteiner aaO § 311 Rdn. 10; Vetter aaO § 311 Rdn. 30), wenn und soweit der durch das Unterlassen eintretende Nachteil nicht ausgleichsfähig ist.
- 15
- 2. Nach den dargelegten Grundsätzen kann das angefochtene Urteil mit der von dem Berufungsgericht gegebenen Begründung nicht bestehen bleiben.
- 16
- a) Die zwischen der MPS GmbH und der Schuldnerin abgeschlossenen Darlehensverträge können - entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts - nicht wegen eines Kreditrisikos als der Schuldnerin nachteilige Rechtsgeschäfte i.S. des § 311 AktG qualifiziert werden, weil die Bonität der MPS GmbH zum Zeitpunkt der Vereinbarung und Ausreichung der Darlehen "unstreitig nicht zweifelhaft" war, wie das Berufungsgericht ausdrücklich feststellt. Diese Feststellung hat Tatbestandswirkung i.S. von § 314 ZPO (vgl. BGHZ 119, 300 f.; Musielak /Musielak, ZPO 6. Aufl. § 314 Rdn. 2 m.w.Nachw.) und kann daher - entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung - nicht außerhalb eines Tatbestandsberichtigungsverfahrens (§ 320 ZPO) in Zweifel gezogen werden. Die Bonität eines Schuldners beurteilt sich nach seiner Vermögens- und Ertragslage. War die Bonität der MPS GmbH in Bezug auf die jeweiligen Darlehen im maßgeblichen Zeitpunkt ihrer Ausreichung nicht zweifelhaft, so bedeutet das, dass sie ihre Gesamtverbindlichkeiten unter Einschluss derjenigen aus den jeweiligen Neudarlehen decken konnte, die Rückzahlungsforderungen der Schuldnerin also vollwertig waren.
- 17
- b) Unerheblich ist hier, ob die Darlehen, was das Berufungsgericht in tatsächlicher Hinsicht offen lässt, angemessen verzinst waren. Zutreffend ist zwar, dass es für die darlehensgebende Gesellschaft einen Nachteil i.S. von § 311 AktG bedeutet, wenn die ihr durch die Darlehensgewährung an das herrschende Unternehmen entzogene und vorenthaltene Liquidität nicht oder nicht angemessen verzinst wird. Der dadurch entstehende Nachteil von u.U. nur ein bis zwei Prozentpunkten ist aber ein anderer als derjenige eines die gesamte Darlehenssumme ergreifenden, nicht ausgleichsfähigen konkreten Kreditrisikos und ist sowohl bei der Frage eines Ausgleichs durch anderweitige Vorteile (§ 311 AktG) als auch im Rahmen von Schadensersatzansprüchen gemäß §§ 317, 318 AktG gesondert zu erfassen. Da der Kläger hier nicht einen Zinsschaden, sondern einen Schaden in Form der Uneinbringlichkeit der Darlehen geltend macht und dieser Schaden mit einem etwa zu geringen Zinssatz nicht in dem erforderlichen Rechtswidrigkeitszusammenhang steht, bedarf es hier - entgegen der Ansicht des Klägers - keiner Angemessenheitsprüfung des Zinssatzes.
- 18
- c) Soweit das Berufungsgericht wegen der für die Beklagten im März 2001 erkennbaren Vielzahl von bis dahin nicht oder in nur geringem Umfang zurückgeführten Darlehen das Fehlen einer "langfristigen Bonitätsperspektive" beanstandet und eine Gesamtbetrachtung der ausgereichten Darlehen vornimmt , besagt das zum einen schon nichts für den nachteiligen Charakter der in den Anfangsjahren 1998 und 1999 gewährten Darlehen geringeren Umfangs. Wie schon ausgeführt, kann ein im Zeitpunkt seines Abschlusses nicht nachteiliges Rechtsgeschäft nicht nachträglich rückwirkend nachteilig werden. Zum anderen verkennt das Berufungsgericht, soweit es auf eine langfristige Bonitätsperspektive abstellt, dass die Darlehen "jederzeit zum Monatsende", also mit einer Frist von einem Tag bis zu maximal 30 Tagen kündbar waren und dass der Vorstand der Schuldnerin deshalb die Möglichkeit hatte, auf die von dem Berufungsgericht angesprochenen "Unwägbarkeiten des Wirtschaftslebens" bzw. auf eine sich andeutende Bonitätsverschlechterung der MPS GmbH mit einer Kündigung oder mit einem Sicherheitsverlangen sogleich zu reagieren.
- 19
- Eine andere Frage ist es indessen, ob die Beklagten nach Ausreichung der Darlehen Anlass zu der Annahme hatten, dass die ursprünglich vollwertigen Rückzahlungsansprüche gegen die MPS GmbH diese Qualifizierung zu verlieren drohten und sie deswegen - wie oben (II 1 d) ausgeführt - handeln mussten. Die dazu erforderlichen Feststellungen hat das Berufungsgericht - von seinem Rechtsstandpunkt aus konsequent - nicht getroffen. Das ist in dem wiedereröffneten Berufungsverfahren nachzuholen, wobei das Berufungsgericht auch zu prüfen haben wird, ob die Beklagten, nachdem sie von den unbesicherten Darlehensgewährungen erfuhren, darauf vertrauen durften oder aber Vorkehrungen dafür treffen mussten, dass die Organe der darlehensgebenden Schuldnerin die für die Beurteilung einer etwaigen Bonitätsverschlechterung der MPS GmbH erforderlichen Informationen erhielten.
- 20
- Darlegungs- und beweispflichtig für das Vorhandensein eines etwa erforderlichen Informationssystems (vgl. oben II 1 d) und dessen sachgerechte Ausgestaltung sind die auf Schadensersatz in Anspruch genommene Organmitglieder der abhängigen Gesellschaft. Denn es handelt sich insoweit um die Sorgfaltsanforderungen gemäß §§ 93 Abs. 2 Satz 2, 116 AktG (vgl. BGHZ 152, 280, 284). Den Kläger trifft lediglich die Beweislast dafür, dass und inwieweit der Schuldnerin durch ein möglicherweise pflichtwidriges Verhalten der Verwaltungsorgane in deren Pflichtenkreis ein Schaden entstanden ist, wobei dem Kläger Beweiserleichterungen gemäß § 287 ZPO zugute kommen (BGHZ aaO; Sen.Beschl. v. 8. Januar 2007 - II ZR 304/04, ZIP 2007, 322).
- 21
- Fehlte ein nach Sachlage erforderliches und geeignetes Informationssystem , so sind dafür auch die Beklagten aufgrund ihrer Überwachungsaufgabe als Aufsichtsratsmitglieder (§ 111 Abs. 1 AktG) verantwortlich (§ 116 AktG). Denn unabhängig davon, ob sie, wie das Berufungsgericht meint, zur Nachprüfung der in dem Prüfbericht der Nebenintervenientin vom März 2001 getroffenen Aussage über die Werthaltigkeit der im Jahresabschluss 2000 ausgewiesenen Darlehensforderungen der Schuldnerin verpflichtet waren, hatten sie jedenfalls aufgrund des Prüfberichts zur Kenntnis zu nehmen, dass ein umfangreicher Bestand ungesicherter Darlehensforderungen aufgelaufen war. Dies hätte sie veranlassen müssen, sich zu vergewissern und erforderlichenfalls darauf zu drängen, dass dem Vorstand die für die laufende Bonitätskontrolle erforderlichen Informationsgrundlagen im Hinblick auf die bereits gewährten und noch zu gewährenden Darlehen zur Verfügung standen und er auf eine Gefährdungslage rechtzeitig reagieren konnte. Ein etwaiges Versäumnis dieser Art hätte sich zwar in Anbetracht der bis zu der letzten Darlehensauszahlung im Jahr 2001 nicht zweifelhaften Bonität der MPS GmbH bis dahin nicht ausgewirkt, konnte sich aber möglicherweise in der Zeit danach auswirken. Weder den vorinstanzlichen Urteilen noch sonstigen revisionsrechtlicher Nachprüfung gemäß § 559 ZPO zugänglichen Unterlagen ist im Übrigen zu entnehmen, wann das Insolvenzverfahren der MPS GmbH beantragt und eröffnet wurde.
- 22
- 3. a) Abzuweisen ist die Klage - entgegen der Ansicht der Revision - nicht schon im Hinblick auf das zwischen dem Kläger und den Vorstandsmitgliedern der Schuldnerin getroffene "Stillhalteabkommen". Die tatrichterliche Auslegung des Berufungsgerichts, dass es sich nicht um einen Erlassvertrag mit Gesamtwirkung auch für die Beklagten als Gesamtschuldner neben den Vorstandsmitgliedern handelte, sondern um ein bloßes, auf das Verhältnis zwischen den Vertragsparteien beschränktes "pactum de non petendo" (dazu Palandt /Grüneberg, BGB 67. Aufl. § 397 Rdn. 4), ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Der Annahme eines Erlasses steht im Übrigen schon die Vorbemerkung i.V. mit § 2 der Vereinbarung entgegen, weil danach der Kläger Ansprüche gegen die D & O-Versicherung der Vorstandsmitglieder geltend zu machen beabsichtigte und ein Forderungserlass diesem Vorhaben die Grundlage entzogen hätte. Dass die Beklagten im Fall ihrer Verurteilung evtl. Regress gemäß § 426 BGB gegenüber den Vorstandsmitgliedern als Hauptverantwortlichen i.S. der §§ 93 Abs. 2, 318 Abs. 1 AktG nehmen können, zwingt nicht zu der Annahme, das Stillhalteabkommen habe dies vermeiden und deshalb auch zugunsten der Beklagten wirken sollen. Gemäß § 3 des Abkommens hat sich der Kläger lediglich verpflichtet, "die Mitglieder des Vorstandes nicht gerichtlich aus heute bekannten Sachverhalten in Anspruch zu nehmen...". Wie sich aus § 4 Abs. 6 der Vereinbarung ergibt, haben sich die Vorstandsmitglieder mit dem Kläger in dem Bewusstsein geeinigt, dass sie evtl. von Dritten "aus den klagegegenständlichen Sachverhalten" in Anspruch genommen werden können.
- 23
- b) Entgegen der Ansicht der Revision ist die Klage auch nicht im Hinblick auf die von den Vorstandsmitgliedern an den Kläger gemäß § 1 des Stillhalteabkommens gezahlten 1,8 Mio. € zum Teil abzuweisen. Die Zahlung erfolgte gemäß der Vorbemerkung sowie gemäß § 1 Nr. 2 der Vereinbarung "ausschließlich als Gegenleistung dafür, dass sie (die Beklagten) einem eigenen Prozessrisiko nicht ausgesetzt sind". Die Zahlung sollte "zur Masseerhöhung für die eventuelle Durchführung eines Insolvenzplanverfahrens als Übertragungsplanverfahren dienen und der Insolvenzmasse ohne jegliche Einschränkung endgültig zufließen". Eine Anrechnung der Zahlung auf andere bestehende Forderungen würde dem Zweck der "Masseerhöhung" widersprechen. Im Übrigen hat der Kläger eine Teilklage auf Schadensersatz wegen acht von ihm ausgewählter Darlehen erhoben, welche die Klageforderung erheblich übersteigen. Dass die 1,8 Mio. € auf den eingeklagten Teil des Gesamtschadens gezahlt sein sollen, ist nicht ersichtlich.
- 24
- III. Die nach allem erforderliche Aufhebung des angefochtenen Urteils lässt die dortige Einschränkung der Verurteilung der Beklagten Zug um Zug gegen Abtretung von Ansprüchen der Schuldnerin bzw. des Klägers gegen die MPS GmbH aus § 62 AktG unberührt, weil eine Abänderung insoweit nicht beantragt ist (vgl. § 557 Abs. 1 ZPO; Musielak/Ball aaO § 528 Rdn. 3). Ob solche Ansprüche aus § 62 AktG bestehen, ist gemäß § 557 Abs. 1 ZPO auch nicht zu prüfen. Im Fall einer Herabsetzung der Verurteilung ist der Abtretungsbetrag anzupassen.
- 25
- Die Zurückverweisung gibt dem Berufungsgericht Gelegenheit, die noch erforderlichen Feststellungen, ggf. nach ergänzendem Vortrag der Parteien, zu treffen. Goette Kraemer Strohn Reichart Drescher
LG Erfurt, Entscheidung vom 09.09.2005 - 10 O 611/04 -
OLG Jena, Entscheidung vom 25.04.2007 - 6 U 947/05 -
(1) Die Vorstandsmitglieder haben bei ihrer Geschäftsführung die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters anzuwenden. Eine Pflichtverletzung liegt nicht vor, wenn das Vorstandsmitglied bei einer unternehmerischen Entscheidung vernünftigerweise annehmen durfte, auf der Grundlage angemessener Information zum Wohle der Gesellschaft zu handeln. Über vertrauliche Angaben und Geheimnisse der Gesellschaft, namentlich Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse, die den Vorstandsmitgliedern durch ihre Tätigkeit im Vorstand bekanntgeworden sind, haben sie Stillschweigen zu bewahren.
(2) Vorstandsmitglieder, die ihre Pflichten verletzen, sind der Gesellschaft zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens als Gesamtschuldner verpflichtet. Ist streitig, ob sie die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters angewandt haben, so trifft sie die Beweislast. Schließt die Gesellschaft eine Versicherung zur Absicherung eines Vorstandsmitglieds gegen Risiken aus dessen beruflicher Tätigkeit für die Gesellschaft ab, ist ein Selbstbehalt von mindestens 10 Prozent des Schadens bis mindestens zur Höhe des Eineinhalbfachen der festen jährlichen Vergütung des Vorstandsmitglieds vorzusehen.
(3) Die Vorstandsmitglieder sind namentlich zum Ersatz verpflichtet, wenn entgegen diesem Gesetz
- 1.
Einlagen an die Aktionäre zurückgewährt werden, - 2.
den Aktionären Zinsen oder Gewinnanteile gezahlt werden, - 3.
eigene Aktien der Gesellschaft oder einer anderen Gesellschaft gezeichnet, erworben, als Pfand genommen oder eingezogen werden, - 4.
Aktien vor der vollen Leistung des Ausgabebetrags ausgegeben werden, - 5.
Gesellschaftsvermögen verteilt wird, - 6.
(weggefallen) - 7.
Vergütungen an Aufsichtsratsmitglieder gewährt werden, - 8.
Kredit gewährt wird, - 9.
bei der bedingten Kapitalerhöhung außerhalb des festgesetzten Zwecks oder vor der vollen Leistung des Gegenwerts Bezugsaktien ausgegeben werden.
(4) Der Gesellschaft gegenüber tritt die Ersatzpflicht nicht ein, wenn die Handlung auf einem gesetzmäßigen Beschluß der Hauptversammlung beruht. Dadurch, daß der Aufsichtsrat die Handlung gebilligt hat, wird die Ersatzpflicht nicht ausgeschlossen. Die Gesellschaft kann erst drei Jahre nach der Entstehung des Anspruchs und nur dann auf Ersatzansprüche verzichten oder sich über sie vergleichen, wenn die Hauptversammlung zustimmt und nicht eine Minderheit, deren Anteile zusammen den zehnten Teil des Grundkapitals erreichen, zur Niederschrift Widerspruch erhebt. Die zeitliche Beschränkung gilt nicht, wenn der Ersatzpflichtige zahlungsunfähig ist und sich zur Abwendung des Insolvenzverfahrens mit seinen Gläubigern vergleicht oder wenn die Ersatzpflicht in einem Insolvenzplan geregelt wird.
(5) Der Ersatzanspruch der Gesellschaft kann auch von den Gläubigern der Gesellschaft geltend gemacht werden, soweit sie von dieser keine Befriedigung erlangen können. Dies gilt jedoch in anderen Fällen als denen des Absatzes 3 nur dann, wenn die Vorstandsmitglieder die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters gröblich verletzt haben; Absatz 2 Satz 2 gilt sinngemäß. Den Gläubigern gegenüber wird die Ersatzpflicht weder durch einen Verzicht oder Vergleich der Gesellschaft noch dadurch aufgehoben, daß die Handlung auf einem Beschluß der Hauptversammlung beruht. Ist über das Vermögen der Gesellschaft das Insolvenzverfahren eröffnet, so übt während dessen Dauer der Insolvenzverwalter oder der Sachwalter das Recht der Gläubiger gegen die Vorstandsmitglieder aus.
(6) Die Ansprüche aus diesen Vorschriften verjähren bei Gesellschaften, die zum Zeitpunkt der Pflichtverletzung börsennotiert sind, in zehn Jahren, bei anderen Gesellschaften in fünf Jahren.
Für die Sorgfaltspflicht und Verantwortlichkeit der Aufsichtsratsmitglieder gelten § 93 mit Ausnahme des Absatzes 2 Satz 3 über die Sorgfaltspflicht und Verantwortlichkeit der Vorstandsmitglieder und § 15b der Insolvenzordnung sinngemäß. Die Aufsichtsratsmitglieder sind insbesondere zur Verschwiegenheit über erhaltene vertrauliche Berichte und vertrauliche Beratungen verpflichtet. Sie sind namentlich zum Ersatz verpflichtet, wenn sie eine unangemessene Vergütung festsetzen (§ 87 Absatz 1).
(1) Die Vorstandsmitglieder haben bei ihrer Geschäftsführung die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters anzuwenden. Eine Pflichtverletzung liegt nicht vor, wenn das Vorstandsmitglied bei einer unternehmerischen Entscheidung vernünftigerweise annehmen durfte, auf der Grundlage angemessener Information zum Wohle der Gesellschaft zu handeln. Über vertrauliche Angaben und Geheimnisse der Gesellschaft, namentlich Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse, die den Vorstandsmitgliedern durch ihre Tätigkeit im Vorstand bekanntgeworden sind, haben sie Stillschweigen zu bewahren.
(2) Vorstandsmitglieder, die ihre Pflichten verletzen, sind der Gesellschaft zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens als Gesamtschuldner verpflichtet. Ist streitig, ob sie die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters angewandt haben, so trifft sie die Beweislast. Schließt die Gesellschaft eine Versicherung zur Absicherung eines Vorstandsmitglieds gegen Risiken aus dessen beruflicher Tätigkeit für die Gesellschaft ab, ist ein Selbstbehalt von mindestens 10 Prozent des Schadens bis mindestens zur Höhe des Eineinhalbfachen der festen jährlichen Vergütung des Vorstandsmitglieds vorzusehen.
(3) Die Vorstandsmitglieder sind namentlich zum Ersatz verpflichtet, wenn entgegen diesem Gesetz
- 1.
Einlagen an die Aktionäre zurückgewährt werden, - 2.
den Aktionären Zinsen oder Gewinnanteile gezahlt werden, - 3.
eigene Aktien der Gesellschaft oder einer anderen Gesellschaft gezeichnet, erworben, als Pfand genommen oder eingezogen werden, - 4.
Aktien vor der vollen Leistung des Ausgabebetrags ausgegeben werden, - 5.
Gesellschaftsvermögen verteilt wird, - 6.
(weggefallen) - 7.
Vergütungen an Aufsichtsratsmitglieder gewährt werden, - 8.
Kredit gewährt wird, - 9.
bei der bedingten Kapitalerhöhung außerhalb des festgesetzten Zwecks oder vor der vollen Leistung des Gegenwerts Bezugsaktien ausgegeben werden.
(4) Der Gesellschaft gegenüber tritt die Ersatzpflicht nicht ein, wenn die Handlung auf einem gesetzmäßigen Beschluß der Hauptversammlung beruht. Dadurch, daß der Aufsichtsrat die Handlung gebilligt hat, wird die Ersatzpflicht nicht ausgeschlossen. Die Gesellschaft kann erst drei Jahre nach der Entstehung des Anspruchs und nur dann auf Ersatzansprüche verzichten oder sich über sie vergleichen, wenn die Hauptversammlung zustimmt und nicht eine Minderheit, deren Anteile zusammen den zehnten Teil des Grundkapitals erreichen, zur Niederschrift Widerspruch erhebt. Die zeitliche Beschränkung gilt nicht, wenn der Ersatzpflichtige zahlungsunfähig ist und sich zur Abwendung des Insolvenzverfahrens mit seinen Gläubigern vergleicht oder wenn die Ersatzpflicht in einem Insolvenzplan geregelt wird.
(5) Der Ersatzanspruch der Gesellschaft kann auch von den Gläubigern der Gesellschaft geltend gemacht werden, soweit sie von dieser keine Befriedigung erlangen können. Dies gilt jedoch in anderen Fällen als denen des Absatzes 3 nur dann, wenn die Vorstandsmitglieder die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters gröblich verletzt haben; Absatz 2 Satz 2 gilt sinngemäß. Den Gläubigern gegenüber wird die Ersatzpflicht weder durch einen Verzicht oder Vergleich der Gesellschaft noch dadurch aufgehoben, daß die Handlung auf einem Beschluß der Hauptversammlung beruht. Ist über das Vermögen der Gesellschaft das Insolvenzverfahren eröffnet, so übt während dessen Dauer der Insolvenzverwalter oder der Sachwalter das Recht der Gläubiger gegen die Vorstandsmitglieder aus.
(6) Die Ansprüche aus diesen Vorschriften verjähren bei Gesellschaften, die zum Zeitpunkt der Pflichtverletzung börsennotiert sind, in zehn Jahren, bei anderen Gesellschaften in fünf Jahren.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Der Kläger ist Insolvenzverwalter der M. AG (nachfolgend Schuldnerin), die u.a. den Handel mit Baustoffen betrieb und seit 1995 am neuen Markt notiert war. Ihre Mehrheitsaktionärin (51 %) war die MPS GmbH. Die beiden Beklagten waren seit Mitte 1999 Mitglieder des Aufsichtsrats der Schuldnerin. Diese hatte bis zum Jahr 2001 durch zahlreiche Unternehmenskäufe (asset deals) eine Unternehmensgruppe mit einer Vielzahl von Einzelgesellschaften aufgebaut, die an mehr als 120 verschiedenen Stand- orten tätig waren. Die dazu benötigten Grundstücke wurden von der MPS GmbH angekauft und an die jeweiligen Einzelgesellschaften vermietet. Zur Finanzierung der Grundstücksgeschäfte gewährte die Schuldnerin der MPS GmbH insgesamt 25 unbesicherte Darlehen, und zwar im Jahr 1998 circa 3,65 Mio. DM (Nr. 1 und 2), im Jahr 1999 7 Mio. DM (Nr. 3 bis 5), im Jahr 2000 circa 35 Mio. DM (Nr. 6 bis 16) und im Jahr 2001 circa 34 Mio. DM (Nr. 17 bis 25). In den einzelnen Darlehensverträgen wurden unterschiedliche, nach Behauptung der Beklagten marktübliche Zinssätze (meist zwischen 7 und 8 %) vereinbart. Weiter heißt es dort jeweils: "Die Laufzeit des Darlehens bleibt offen. Eine Kündigung des Darlehens ist jederzeit zum Monatsende möglich." Im Zeitraum der Vereinbarung und Ausreichung der jeweiligen Darlehen war die Bonität der MPS GmbH unstreitig nicht zweifelhaft. Sie zahlte die monatlich fälligen Zinsen und erbrachte zum Teil auch Tilgungsleistungen. Die Jahresabschlüsse der Schuldnerin und der MPS GmbH wurden von der Nebenintervenientin geprüft , welche in ihrem Prüfbericht vom 15. März 2001 darauf hinwies, dass Sicherheiten für die Darlehen nicht vereinbart worden seien, jedoch nach Prüfung des Jahresabschlusses 2000 der MPS GmbH keine Hinweise darauf bestünden , dass die Darlehensforderungen der Schuldnerin nicht werthaltig seien. Der Jahresabschluss 2000 mit dem Prüfbericht wurde dem Aufsichtsrat der Schuldnerin im März 2001 zur Billigung vorgelegt. Der Kläger als Insolvenzverwalter der Schuldnerin hat die Darlehensforderungen zur Tabelle der inzwischen ebenfalls insolventen MPS GmbH angemeldet.
- 2
- Im September 2003 schloss der Kläger mit den Vorstandsmitgliedern der Schuldnerin eine Vereinbarung, nach welcher er sich "im Sinne eines Stillhalteabkommens" verpflichtete, die Vorstandsmitglieder aus bis dahin bekannten Sachverhalten nicht gerichtlich in Anspruch zu nehmen. Als Gegenleistung dafür verpflichteten sich die Vorstandsmitglieder, eine Barzahlung von 1,8 Mio. € zwecks Erhöhung der Masse für die eventuelle Durchführung eines Insolvenz- planverfahrens zu leisten und eine Reihe von Sicherheiten für von dem Kläger u.a. gegenüber der Nebenintervenientin geltend gemachte Schadensersatzansprüche zu bestellen.
- 3
- Mit der Klage begehrt der Kläger von den Beklagten Schadensersatz wegen Uneinbringlichkeit der Darlehensforderungen in Höhe eines Teilbetrages von 6.588.491,84 €, bezogen auf acht von ihm herausgegriffene Darlehen aus der Zeit vom 12. März 1998 bis 27. September 2001. Er meint, die Beklagten hafteten gemäß §§ 57, 93 Abs. 3 Nr. 1, 117 Abs. 2, 318 Abs. 2 AktG, weil sie die Gewährung der ungesicherten Kredite im Rahmen ihrer Prüfpflichten gemäß § 314 AktG alsbald hätten bemerken und weil sie dafür hätten sorgen müssen, dass die Kredite besichert werden. Die Klage hatte in erster Instanz in Höhe von 5.208.003,84 €, in zweiter Instanz in voller Höhe Erfolg. Dagegen richtet sich die - von dem Berufungsgericht zugelassene - Revision der Beklagten.
Entscheidungsgründe:
- 4
- Die Revision der Beklagten führt zur Aufhebung und Zurückverweisung.
- 5
- I. Das Berufungsgericht (ZIP 2007, 1314 = NZG 2008, 275; dazu Dieckmann /Knebel, EWiR 2007, 483) meint, die MPS GmbH habe die von ihr beherrschte Schuldnerin durch Abschluss der Darlehensverträge ohne Besicherung zu für sie nachteiligen Rechtsgeschäften i.S. von § 311 Abs. 1 AktG veranlasst. In der Regel verstoße der Vorstand einer AG mit der nicht zu ihren üblichen Geschäften gehörenden Vergabe ungesicherter Kredite an einen Aktionär gegen das Verbot der Einlagenrückgewähr gemäß §§ 57, 93 Abs. 3 Nr. 1 AktG, wie auch aus dem zur Kreditvergabe einer GmbH an ihren Gesellschafter er- gangenen Urteil des Bundesgerichtshofs vom 24. November 2003 (BGHZ 157, 72) zu erschließen sei. Auf die dortige Ausnahme einer (nicht unter § 30 GmbHG fallenden) Darlehensgewährung aus freien Rücklagen oder Gewinnvorträgen komme es für § 57 AktG nicht an, weil danach nicht nur das zur Deckung des Grundkapitals erforderliche, sondern das gesamte Gesellschaftsvermögen einer strikten Bindung unterliege. Auch im Rahmen der §§ 311 ff. AktG sei eine unter § 57 AktG fallende Leistung nur zulässig, wenn der Nachteil nach Maßgabe des § 311 Abs. 1, 2 AktG ausgeglichen werde. Ein mit der Vergabe ungesicherter Kredite einhergehendes Insolvenzrisiko der herrschenden Gesellschaft könne aber durch den bloßen Rückzahlungsanspruch und eine marktgerechte Verzinsung nicht ausgeglichen werden. So liege der Fall hier trotz der unstreitig nicht zweifelhaften Bonität der MPS GmbH im Zeitraum der Darlehensgewährungen, weil in Anbetracht der fortlaufenden, systematischen Vergabe ungesicherter Darlehen in zunehmender Höhe ohne vorbestimmte Laufzeit und ohne nennenswerte Rückführung mit einem Ausfallrisiko habe gerechnet werden müssen. Die Beklagten seien für den Ausfallschaden der Schuldnerin als Mitglieder ihres Aufsichtsrats gemäß § 318 Abs. 2 AktG mitverantwortlich , weil sie unter Verletzung ihrer Prüfungspflicht gemäß § 314 Abs. 1 AktG dem Hinweis auf die ungesicherten Darlehen im Prüfbericht der Nebenintervenientin vom März 2001 nicht nachgegangen seien und gegen die Darlehenspraxis der Schuldnerin nichts unternommen hätten. Das von dem Kläger mit den ehemaligen Vorstandsmitgliedern der Schuldnerin abgeschlossene "Stillhalteabkommen" habe keine Wirkung zugunsten der Beklagten. Sie schuldeten aber den vom Kläger begehrten Schadensersatz aus § 318 Abs. 2 AktG nur Zug um Zug gegen Abtretung der Ansprüche des Klägers gegenüber der MPS GmbH aus § 62 AktG.
- 6
- II. Das Berufungsurteil hält den Angriffen der Revision nicht in allen Punkten stand.
- 7
- 1. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts lässt sich die von ihm angenommene Haftung der Beklagten aus § 318 Abs. 2 i.V. mit § 317 AktG wegen Uneinbringlichkeit der Darlehensforderungen der Schuldnerin nicht darauf stützen, dass die Darlehensverträge zwischen der MPS GmbH und der von ihr abhängigen Schuldnerin (§ 17 AktG) von vornherein für diese nachteilige Rechtsgeschäfte i.S. des § 311 Abs. 1 AktG gewesen seien (zu dieser Voraussetzung des § 318 AktG vgl. MünchKommAkt/Kropff 2. Aufl. § 318 Rdn. 6).
- 8
- a) Nach der Rechtsprechung des Senats erfasst der Nachteilsbegriff der §§ 311, 317 AktG "jede Minderung oder konkrete Gefährdung der Vermögensund Ertragslage der Gesellschaft ohne Rücksicht auf Quantifizierbarkeit, soweit die genannte Beeinträchtigung als Abhängigkeitsfolge eintritt" (BGHZ 141, 79, 84; ebenso Habersack in Emmerich/Habersack, Aktien- und GmbH-Konzernrecht 5. Aufl. § 311 Rdn. 39; Hüffer, AktG 8. Aufl. § 311 Rdn. 25, jeweils m.w.Nachw.).
- 9
- Zwar mag die Abhängigkeitsfolge als solche hier zu bejahen sein, weil es dafür - ähnlich wie für die Feststellung einer Einlagenrückgewähr gemäß § 57 AktG (vgl. dazu Hüffer aaO § 57 Rdn. 3 a; Kölner Komm.z.AktG/ Koppensteiner 3. Aufl. § 311 Rdn. 61) - auf den Vergleich mit einem hypothetischen Drittgeschäft (vgl. BGHZ aaO) bzw. darauf ankommt, ob ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter einer unabhängigen Gesellschaft das Rechtsgeschäft zu denselben Konditionen vorgenommen hätte (vgl. § 317 Abs. 2 AktG; Sen.Urt. v. 3. März 2008 - II ZR 124/06, ZIP 2008, 785 Tz. 9), und dies im vorliegenden Fall unbesicherter Darlehensgewährungen durch eine ansonsten nicht mit Kreditgeschäften befasste Gesellschaft zur Finanzierung von Grundstücksgeschäften ihrer Mehrheitsaktionärin kaum anzunehmen ist (vgl. Großkomm.z.AktG/Henze 4. Aufl. § 57 Rdn. 49 m.Fn. 131).
- 10
- Das reicht aber für sich allein nicht aus. Denn es muss als weiteres Element ein Nachteil im Sinne der oben genannten Art hinzukommen. Ein in diesem Sinne nachteiliges Rechtsgeschäft (§ 311 Abs. 1 AktG) liegt nicht schon per se in der Vergabe eines ungesicherten "upstream-Darlehens" im Austausch gegen einen vollwertigen Rückzahlungsanspruch und angemessene Verzinsung (vgl. Habersack aaO § 311 Rdn. 47 f.; Henze, WM 2005, 717, 723; Hentzen , ZGR 2005, 480, 509 f.; Kölner Komm.z.AktG/Koppensteiner 3. Aufl. § 311 Rdn. 79; Krieger in Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts Bd. 4 Aktiengesellschaft 3. Aufl. § 69 Rdn. 61 f.; Pentz, ZIP 2006, 781, 785; J. Vetter in K. Schmidt/Lutter, AktG § 311 Rdn. 56 m. umfassenden Nachw.; Wessels, ZIP 2006, 1701, 1707 f.; a.A. MünchKommAktG/Bayer 3. Aufl. § 57 Rdn. 100; Bayer /Lieder, ZGR 2005, 133, 148 f.; Schön, ZHR 159, 351, 372). Vielmehr kommt es auf eine konkrete Gefährdung der Vermögens- oder Ertragslage der Gesellschaft an.
- 11
- b) Der Senat muss nicht entscheiden, ob der früher verbreiteten Auffassung zu folgen ist, die dahin ging, dass die dem Vergleich mit einem Drittgeschäft nicht standhaltende Gewährung von Gesellschaftsdarlehen an Aktionäre ohne bankübliche Sicherheiten gegen § 57 AktG verstoße (vgl. OLG Hamm ZIP 1995, 1263; MünchKommAktG/Bayer aaO § 57 Rdn. 100; Bayer/Lieder aaO; Hüffer aaO § 57 Rdn. 3 a; derselbe AG 2004, 416, 417 f.; Schön aaO; a.A. K. Schmidt, GesR 4. Aufl. § 29 II 2 a S. 891; Cahn, Kapitalerhaltung im Konzern 1998, S. 246 ff.) und zu einem sofortigen Rückgewähranspruch der AG gemäß § 62 AktG sowie zur Haftung des Vorstandes für die Rückzahlung gemäß § 93 Abs. 3 Nr. 1 AktG führen müsse (vgl. Habersack/Schürnbrand, NZG 2004, 689, 693). Denn § 311 AktG enthält, auch soweit er mit § 57 AktG gleich läuft, eine die §§ 57, 62, 93 Abs. 3 Nr. 1 AktG verdrängende Spezialregelung. Danach lösen solche - typischerweise an sich unter § 57 AktG fallende - Maßnahmen zum Nachteil der abhängigen Gesellschaft unter Einschluss von Vermögensverschiebungen keinen sofortigen Rückgewähranspruch (§ 62 AktG) aus; vielmehr lässt § 311 AktG einen zeitlich gestreckten Ausgleich in der Weise zu, dass der Nachteil bis zum Ende des Geschäftsjahrs ausgeglichen oder aber bis dahin der abhängigen Gesellschaft ein Rechtsanspruch auf künftigen Nachteilsausgleich eingeräumt wird, der nicht notwendig besichert werden muss (§ 311 Abs. 2 AktG). Damit unvereinbar wäre es, in jedem ungesicherten upstream-Darlehen der abhängigen Gesellschaft ein für sie nachteiliges Rechtsgeschäft zu sehen (vgl. Habersack aaO § 311 Rdn. 47, 82; Habersack /Schürnbrand aaO S. 693; Vetter aaO § 311 Rdn. 104 jew. m.w.Nachw.).
- 12
- Der Senat sieht sich in dieser Beurteilung durch die kürzlich in Kraft getretene Vorschrift des § 57 Abs. 1 Satz 3 AktG bestätigt, die klarstellt, dass eine Einlagenrückgewähr nicht vorliegt bei Leistungen der Gesellschaft, welche durch einen vollwertigen Gegenleistungs- oder Rückgewähranspruch gegen den Aktionär gedeckt sind. Der Gesetzgeber begreift dies gemäß der Begründung zum Regierungsentwurf (unter Hinweis auf die Begründung zu § 30 Abs. 1 Satz 2 n.F. GmbHG, abgedruckt bei Goette, Einführung in das neue GmbH-Recht, S. 258 ff., 357) nicht als konstitutive Neuregelung, sondern als lediglich klarstellende "Rückkehr zur bilanziellen Betrachtungsweise", die bis zu dem Senatsurteil vom 24. November 2003 (BGHZ 157, 72 zur Kreditgewährung an GmbH-Gesellschafter) "problemlos anerkannt" gewesen sei und der Tatsache Rechnung getragen habe, dass bei einer durch einen vollwertigen Gegenleistungs - oder Rückzahlungsanspruch gedeckten Leistung der Gesellschaft lediglich ein Aktiventausch stattfinde, der unter der Voraussetzung des § 57 Abs. 1 Satz 3 n.F. AktG auch bei dem in der Konzernpraxis verbreiteten "cashpooling" auf keine Bedenken stoße. Im Rahmen der als Privilegierung gegen- über § 57 AktG gedachten §§ 311, 317 f. AktG können keine strengeren Maßstäbe gelten (vgl. auch M. Winter, DStR 2007, 1484, 1489). Soweit der Senat in dem genannten, von dem Berufungsgericht herangezogenen Senatsurteil vom 24. November 2003 über die Vollwertigkeit der Forderung hinausgehende Erfordernisse aufgestellt hat, wird daran - in Anbetracht der Klarstellung des Gesetzgebers - auch für Altfälle aus der Zeit vor Inkrafttreten des § 57 Abs. 1 Satz 3 n.F. AktG nicht festgehalten.
- 13
- c) Ob eine Darlehensforderung vollwertig und damit die Darlehensgewährung für die abhängige Gesellschaft insoweit nicht nachteilig ist, hat im Rahmen des § 311 AktG der Vorstand vor Abschluss des Darlehensvertrages zu prüfen. Maßstab dafür ist eine vernünftige kaufmännische Beurteilung, wie sie auch bei der Bewertung von Forderungen aus Drittgeschäften im Rahmen der Bilanzierung (§ 253 HGB) maßgeblich ist (vgl. Vetter aaO § 311 Rdn. 101; zur Bewertung vgl. Baumbach/Hueck/Schulze-Osterloh, GmbHG 18. Aufl. § 42 Rdn. 364, 407 m.w.Nachw.). Eine an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit der Darlehensrückzahlung (in diesem Sinne MünchKommAktG/Bayer aaO § 57 Rdn. 148 zum Nachteilsausgleich) ist nicht erforderlich (vgl. Vetter aaO § 311 Rdn. 101). Jedoch hat der im faktischen Konzern nicht weisungsunterworfene Vorstand der abhängigen Gesellschaft (vgl. Habersack aaO § 311 Rdn. 10, 78 m.w.Nachw.) bei der auf den Zeitpunkt der Vornahme des Rechtsgeschäfts bezogenen Beurteilung (vgl. Habersack aaO § 311 Rdn. 44 f.) die Sorgfaltspflicht gemäß § 93 Abs. 1 Satz 1 AktG zu beachten (vgl. Sen.Urt. v. 3. März 2008 aaO Tz. 11; Habersack aaO § 311 Rdn. 78) und die Gewährung des unbesicherten Darlehens im Fall eines konkreten Ausfallrisikos zu verweigern (vgl. Habersack /Schürnbrand aaO S. 694). Erscheint dagegen aus der hier allein maßgeblichen ex-ante-Perspektive die Forderung als vollwertig bzw. ein Forderungsausfall unwahrscheinlich, handelt es sich um ein in dieser Hinsicht nicht nachteiliges Rechtsgeschäft auch dann, wenn es später wider Erwarten doch zu einem Forderungsausfall kommt (vgl. Habersack aaO § 311 Rdn. 44; MünchKommAktG/Kropff, 2. Aufl. § 311 Rdn. 146).
- 14
- d) Das bedeutet freilich nicht, dass die Verwaltungsorgane der abhängigen Gesellschaft nach einer für diese ex ante nicht nachteiligen Darlehensausreichung keine hierauf gerichteten Kontrollpflichten mehr träfen. Unberührt bleibt vielmehr ihre aus § 93 Abs. 1 Satz 1 AktG folgende und nicht durch §§ 311, 318 AktG verdrängte (vgl. Hüffer aaO § 318 Rdn. 9) Verpflichtung, laufend etwaige Änderungen des Kreditrisikos zu prüfen und auf eine sich nach der Darlehensausreichung andeutende Bonitätsverschlechterung mit einer Kreditkündigung oder der Anforderung von Sicherheiten zu reagieren (vgl. Pentz ZIP aaO, S. 785 m.w.Nachw.; vgl. auch RegEBegr. zu § 57 Abs. 1 Satz 3 n.F. AktG bei Goette aaO), was bei umfangreichen langfristigen Darlehen oder bei einem Cash-Management die Einrichtung eines geeigneten Informations- oder "Frühwarnsystems" zwischen Mutter- und Tochtergesellschaft erforderlich machen kann (vgl. Henze WM aaO 717, 726; Krieger aaO § 69 Rdn. 62; Vetter /Stadler, Haftungsrisiken beim konzernweiten Cash Pooling, Rdn. 194 ff.). Die Unterlassung solcher Maßnahmen einschließlich einer rechtzeitigen Kreditkündigung kann ihrerseits auch unter § 311 AktG fallen und Schadensersatzansprüche nach §§ 317, 318 AktG (neben solchen aus §§ 93 Abs. 2, 116 AktG; vgl. Hüffer aaO § 318 Rdn. 9) auslösen (zu Beweiserleichterungen für eine Einflussnahme des herrschenden Unternehmens vgl. Habersack aaO § 311 Rdn. 33; Kölner Komm.z.AktG/Koppensteiner aaO § 311 Rdn. 10; Vetter aaO § 311 Rdn. 30), wenn und soweit der durch das Unterlassen eintretende Nachteil nicht ausgleichsfähig ist.
- 15
- 2. Nach den dargelegten Grundsätzen kann das angefochtene Urteil mit der von dem Berufungsgericht gegebenen Begründung nicht bestehen bleiben.
- 16
- a) Die zwischen der MPS GmbH und der Schuldnerin abgeschlossenen Darlehensverträge können - entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts - nicht wegen eines Kreditrisikos als der Schuldnerin nachteilige Rechtsgeschäfte i.S. des § 311 AktG qualifiziert werden, weil die Bonität der MPS GmbH zum Zeitpunkt der Vereinbarung und Ausreichung der Darlehen "unstreitig nicht zweifelhaft" war, wie das Berufungsgericht ausdrücklich feststellt. Diese Feststellung hat Tatbestandswirkung i.S. von § 314 ZPO (vgl. BGHZ 119, 300 f.; Musielak /Musielak, ZPO 6. Aufl. § 314 Rdn. 2 m.w.Nachw.) und kann daher - entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung - nicht außerhalb eines Tatbestandsberichtigungsverfahrens (§ 320 ZPO) in Zweifel gezogen werden. Die Bonität eines Schuldners beurteilt sich nach seiner Vermögens- und Ertragslage. War die Bonität der MPS GmbH in Bezug auf die jeweiligen Darlehen im maßgeblichen Zeitpunkt ihrer Ausreichung nicht zweifelhaft, so bedeutet das, dass sie ihre Gesamtverbindlichkeiten unter Einschluss derjenigen aus den jeweiligen Neudarlehen decken konnte, die Rückzahlungsforderungen der Schuldnerin also vollwertig waren.
- 17
- b) Unerheblich ist hier, ob die Darlehen, was das Berufungsgericht in tatsächlicher Hinsicht offen lässt, angemessen verzinst waren. Zutreffend ist zwar, dass es für die darlehensgebende Gesellschaft einen Nachteil i.S. von § 311 AktG bedeutet, wenn die ihr durch die Darlehensgewährung an das herrschende Unternehmen entzogene und vorenthaltene Liquidität nicht oder nicht angemessen verzinst wird. Der dadurch entstehende Nachteil von u.U. nur ein bis zwei Prozentpunkten ist aber ein anderer als derjenige eines die gesamte Darlehenssumme ergreifenden, nicht ausgleichsfähigen konkreten Kreditrisikos und ist sowohl bei der Frage eines Ausgleichs durch anderweitige Vorteile (§ 311 AktG) als auch im Rahmen von Schadensersatzansprüchen gemäß §§ 317, 318 AktG gesondert zu erfassen. Da der Kläger hier nicht einen Zinsschaden, sondern einen Schaden in Form der Uneinbringlichkeit der Darlehen geltend macht und dieser Schaden mit einem etwa zu geringen Zinssatz nicht in dem erforderlichen Rechtswidrigkeitszusammenhang steht, bedarf es hier - entgegen der Ansicht des Klägers - keiner Angemessenheitsprüfung des Zinssatzes.
- 18
- c) Soweit das Berufungsgericht wegen der für die Beklagten im März 2001 erkennbaren Vielzahl von bis dahin nicht oder in nur geringem Umfang zurückgeführten Darlehen das Fehlen einer "langfristigen Bonitätsperspektive" beanstandet und eine Gesamtbetrachtung der ausgereichten Darlehen vornimmt , besagt das zum einen schon nichts für den nachteiligen Charakter der in den Anfangsjahren 1998 und 1999 gewährten Darlehen geringeren Umfangs. Wie schon ausgeführt, kann ein im Zeitpunkt seines Abschlusses nicht nachteiliges Rechtsgeschäft nicht nachträglich rückwirkend nachteilig werden. Zum anderen verkennt das Berufungsgericht, soweit es auf eine langfristige Bonitätsperspektive abstellt, dass die Darlehen "jederzeit zum Monatsende", also mit einer Frist von einem Tag bis zu maximal 30 Tagen kündbar waren und dass der Vorstand der Schuldnerin deshalb die Möglichkeit hatte, auf die von dem Berufungsgericht angesprochenen "Unwägbarkeiten des Wirtschaftslebens" bzw. auf eine sich andeutende Bonitätsverschlechterung der MPS GmbH mit einer Kündigung oder mit einem Sicherheitsverlangen sogleich zu reagieren.
- 19
- Eine andere Frage ist es indessen, ob die Beklagten nach Ausreichung der Darlehen Anlass zu der Annahme hatten, dass die ursprünglich vollwertigen Rückzahlungsansprüche gegen die MPS GmbH diese Qualifizierung zu verlieren drohten und sie deswegen - wie oben (II 1 d) ausgeführt - handeln mussten. Die dazu erforderlichen Feststellungen hat das Berufungsgericht - von seinem Rechtsstandpunkt aus konsequent - nicht getroffen. Das ist in dem wiedereröffneten Berufungsverfahren nachzuholen, wobei das Berufungsgericht auch zu prüfen haben wird, ob die Beklagten, nachdem sie von den unbesicherten Darlehensgewährungen erfuhren, darauf vertrauen durften oder aber Vorkehrungen dafür treffen mussten, dass die Organe der darlehensgebenden Schuldnerin die für die Beurteilung einer etwaigen Bonitätsverschlechterung der MPS GmbH erforderlichen Informationen erhielten.
- 20
- Darlegungs- und beweispflichtig für das Vorhandensein eines etwa erforderlichen Informationssystems (vgl. oben II 1 d) und dessen sachgerechte Ausgestaltung sind die auf Schadensersatz in Anspruch genommene Organmitglieder der abhängigen Gesellschaft. Denn es handelt sich insoweit um die Sorgfaltsanforderungen gemäß §§ 93 Abs. 2 Satz 2, 116 AktG (vgl. BGHZ 152, 280, 284). Den Kläger trifft lediglich die Beweislast dafür, dass und inwieweit der Schuldnerin durch ein möglicherweise pflichtwidriges Verhalten der Verwaltungsorgane in deren Pflichtenkreis ein Schaden entstanden ist, wobei dem Kläger Beweiserleichterungen gemäß § 287 ZPO zugute kommen (BGHZ aaO; Sen.Beschl. v. 8. Januar 2007 - II ZR 304/04, ZIP 2007, 322).
- 21
- Fehlte ein nach Sachlage erforderliches und geeignetes Informationssystem , so sind dafür auch die Beklagten aufgrund ihrer Überwachungsaufgabe als Aufsichtsratsmitglieder (§ 111 Abs. 1 AktG) verantwortlich (§ 116 AktG). Denn unabhängig davon, ob sie, wie das Berufungsgericht meint, zur Nachprüfung der in dem Prüfbericht der Nebenintervenientin vom März 2001 getroffenen Aussage über die Werthaltigkeit der im Jahresabschluss 2000 ausgewiesenen Darlehensforderungen der Schuldnerin verpflichtet waren, hatten sie jedenfalls aufgrund des Prüfberichts zur Kenntnis zu nehmen, dass ein umfangreicher Bestand ungesicherter Darlehensforderungen aufgelaufen war. Dies hätte sie veranlassen müssen, sich zu vergewissern und erforderlichenfalls darauf zu drängen, dass dem Vorstand die für die laufende Bonitätskontrolle erforderlichen Informationsgrundlagen im Hinblick auf die bereits gewährten und noch zu gewährenden Darlehen zur Verfügung standen und er auf eine Gefährdungslage rechtzeitig reagieren konnte. Ein etwaiges Versäumnis dieser Art hätte sich zwar in Anbetracht der bis zu der letzten Darlehensauszahlung im Jahr 2001 nicht zweifelhaften Bonität der MPS GmbH bis dahin nicht ausgewirkt, konnte sich aber möglicherweise in der Zeit danach auswirken. Weder den vorinstanzlichen Urteilen noch sonstigen revisionsrechtlicher Nachprüfung gemäß § 559 ZPO zugänglichen Unterlagen ist im Übrigen zu entnehmen, wann das Insolvenzverfahren der MPS GmbH beantragt und eröffnet wurde.
- 22
- 3. a) Abzuweisen ist die Klage - entgegen der Ansicht der Revision - nicht schon im Hinblick auf das zwischen dem Kläger und den Vorstandsmitgliedern der Schuldnerin getroffene "Stillhalteabkommen". Die tatrichterliche Auslegung des Berufungsgerichts, dass es sich nicht um einen Erlassvertrag mit Gesamtwirkung auch für die Beklagten als Gesamtschuldner neben den Vorstandsmitgliedern handelte, sondern um ein bloßes, auf das Verhältnis zwischen den Vertragsparteien beschränktes "pactum de non petendo" (dazu Palandt /Grüneberg, BGB 67. Aufl. § 397 Rdn. 4), ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Der Annahme eines Erlasses steht im Übrigen schon die Vorbemerkung i.V. mit § 2 der Vereinbarung entgegen, weil danach der Kläger Ansprüche gegen die D & O-Versicherung der Vorstandsmitglieder geltend zu machen beabsichtigte und ein Forderungserlass diesem Vorhaben die Grundlage entzogen hätte. Dass die Beklagten im Fall ihrer Verurteilung evtl. Regress gemäß § 426 BGB gegenüber den Vorstandsmitgliedern als Hauptverantwortlichen i.S. der §§ 93 Abs. 2, 318 Abs. 1 AktG nehmen können, zwingt nicht zu der Annahme, das Stillhalteabkommen habe dies vermeiden und deshalb auch zugunsten der Beklagten wirken sollen. Gemäß § 3 des Abkommens hat sich der Kläger lediglich verpflichtet, "die Mitglieder des Vorstandes nicht gerichtlich aus heute bekannten Sachverhalten in Anspruch zu nehmen...". Wie sich aus § 4 Abs. 6 der Vereinbarung ergibt, haben sich die Vorstandsmitglieder mit dem Kläger in dem Bewusstsein geeinigt, dass sie evtl. von Dritten "aus den klagegegenständlichen Sachverhalten" in Anspruch genommen werden können.
- 23
- b) Entgegen der Ansicht der Revision ist die Klage auch nicht im Hinblick auf die von den Vorstandsmitgliedern an den Kläger gemäß § 1 des Stillhalteabkommens gezahlten 1,8 Mio. € zum Teil abzuweisen. Die Zahlung erfolgte gemäß der Vorbemerkung sowie gemäß § 1 Nr. 2 der Vereinbarung "ausschließlich als Gegenleistung dafür, dass sie (die Beklagten) einem eigenen Prozessrisiko nicht ausgesetzt sind". Die Zahlung sollte "zur Masseerhöhung für die eventuelle Durchführung eines Insolvenzplanverfahrens als Übertragungsplanverfahren dienen und der Insolvenzmasse ohne jegliche Einschränkung endgültig zufließen". Eine Anrechnung der Zahlung auf andere bestehende Forderungen würde dem Zweck der "Masseerhöhung" widersprechen. Im Übrigen hat der Kläger eine Teilklage auf Schadensersatz wegen acht von ihm ausgewählter Darlehen erhoben, welche die Klageforderung erheblich übersteigen. Dass die 1,8 Mio. € auf den eingeklagten Teil des Gesamtschadens gezahlt sein sollen, ist nicht ersichtlich.
- 24
- III. Die nach allem erforderliche Aufhebung des angefochtenen Urteils lässt die dortige Einschränkung der Verurteilung der Beklagten Zug um Zug gegen Abtretung von Ansprüchen der Schuldnerin bzw. des Klägers gegen die MPS GmbH aus § 62 AktG unberührt, weil eine Abänderung insoweit nicht beantragt ist (vgl. § 557 Abs. 1 ZPO; Musielak/Ball aaO § 528 Rdn. 3). Ob solche Ansprüche aus § 62 AktG bestehen, ist gemäß § 557 Abs. 1 ZPO auch nicht zu prüfen. Im Fall einer Herabsetzung der Verurteilung ist der Abtretungsbetrag anzupassen.
- 25
- Die Zurückverweisung gibt dem Berufungsgericht Gelegenheit, die noch erforderlichen Feststellungen, ggf. nach ergänzendem Vortrag der Parteien, zu treffen. Goette Kraemer Strohn Reichart Drescher
LG Erfurt, Entscheidung vom 09.09.2005 - 10 O 611/04 -
OLG Jena, Entscheidung vom 25.04.2007 - 6 U 947/05 -
(1) Die Vorstandsmitglieder haben bei ihrer Geschäftsführung die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters anzuwenden. Eine Pflichtverletzung liegt nicht vor, wenn das Vorstandsmitglied bei einer unternehmerischen Entscheidung vernünftigerweise annehmen durfte, auf der Grundlage angemessener Information zum Wohle der Gesellschaft zu handeln. Über vertrauliche Angaben und Geheimnisse der Gesellschaft, namentlich Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse, die den Vorstandsmitgliedern durch ihre Tätigkeit im Vorstand bekanntgeworden sind, haben sie Stillschweigen zu bewahren.
(2) Vorstandsmitglieder, die ihre Pflichten verletzen, sind der Gesellschaft zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens als Gesamtschuldner verpflichtet. Ist streitig, ob sie die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters angewandt haben, so trifft sie die Beweislast. Schließt die Gesellschaft eine Versicherung zur Absicherung eines Vorstandsmitglieds gegen Risiken aus dessen beruflicher Tätigkeit für die Gesellschaft ab, ist ein Selbstbehalt von mindestens 10 Prozent des Schadens bis mindestens zur Höhe des Eineinhalbfachen der festen jährlichen Vergütung des Vorstandsmitglieds vorzusehen.
(3) Die Vorstandsmitglieder sind namentlich zum Ersatz verpflichtet, wenn entgegen diesem Gesetz
- 1.
Einlagen an die Aktionäre zurückgewährt werden, - 2.
den Aktionären Zinsen oder Gewinnanteile gezahlt werden, - 3.
eigene Aktien der Gesellschaft oder einer anderen Gesellschaft gezeichnet, erworben, als Pfand genommen oder eingezogen werden, - 4.
Aktien vor der vollen Leistung des Ausgabebetrags ausgegeben werden, - 5.
Gesellschaftsvermögen verteilt wird, - 6.
(weggefallen) - 7.
Vergütungen an Aufsichtsratsmitglieder gewährt werden, - 8.
Kredit gewährt wird, - 9.
bei der bedingten Kapitalerhöhung außerhalb des festgesetzten Zwecks oder vor der vollen Leistung des Gegenwerts Bezugsaktien ausgegeben werden.
(4) Der Gesellschaft gegenüber tritt die Ersatzpflicht nicht ein, wenn die Handlung auf einem gesetzmäßigen Beschluß der Hauptversammlung beruht. Dadurch, daß der Aufsichtsrat die Handlung gebilligt hat, wird die Ersatzpflicht nicht ausgeschlossen. Die Gesellschaft kann erst drei Jahre nach der Entstehung des Anspruchs und nur dann auf Ersatzansprüche verzichten oder sich über sie vergleichen, wenn die Hauptversammlung zustimmt und nicht eine Minderheit, deren Anteile zusammen den zehnten Teil des Grundkapitals erreichen, zur Niederschrift Widerspruch erhebt. Die zeitliche Beschränkung gilt nicht, wenn der Ersatzpflichtige zahlungsunfähig ist und sich zur Abwendung des Insolvenzverfahrens mit seinen Gläubigern vergleicht oder wenn die Ersatzpflicht in einem Insolvenzplan geregelt wird.
(5) Der Ersatzanspruch der Gesellschaft kann auch von den Gläubigern der Gesellschaft geltend gemacht werden, soweit sie von dieser keine Befriedigung erlangen können. Dies gilt jedoch in anderen Fällen als denen des Absatzes 3 nur dann, wenn die Vorstandsmitglieder die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters gröblich verletzt haben; Absatz 2 Satz 2 gilt sinngemäß. Den Gläubigern gegenüber wird die Ersatzpflicht weder durch einen Verzicht oder Vergleich der Gesellschaft noch dadurch aufgehoben, daß die Handlung auf einem Beschluß der Hauptversammlung beruht. Ist über das Vermögen der Gesellschaft das Insolvenzverfahren eröffnet, so übt während dessen Dauer der Insolvenzverwalter oder der Sachwalter das Recht der Gläubiger gegen die Vorstandsmitglieder aus.
(6) Die Ansprüche aus diesen Vorschriften verjähren bei Gesellschaften, die zum Zeitpunkt der Pflichtverletzung börsennotiert sind, in zehn Jahren, bei anderen Gesellschaften in fünf Jahren.
Die Entscheidung braucht nicht begründet zu werden, soweit das Revisionsgericht Rügen von Verfahrensmängeln nicht für durchgreifend erachtet. Dies gilt nicht für Rügen nach § 547.
(1) Den Aufsichtsratsmitgliedern kann für ihre Tätigkeit eine Vergütung gewährt werden. Sie kann in der Satzung festgesetzt oder von der Hauptversammlung bewilligt werden. Sie soll in einem angemessenen Verhältnis zu den Aufgaben der Aufsichtsratsmitglieder und zur Lage der Gesellschaft stehen.
(2) Den Mitgliedern des ersten Aufsichtsrats kann nur die Hauptversammlung eine Vergütung für ihre Tätigkeit bewilligen. Der Beschluß kann erst in der Hauptversammlung gefaßt werden, die über die Entlastung der Mitglieder des ersten Aufsichtsrats beschließt.
(3) Bei börsennotierten Gesellschaften ist mindestens alle vier Jahre über die Vergütung der Aufsichtsratsmitglieder Beschluss zu fassen. Ein die Vergütung bestätigender Beschluss ist zulässig; im Übrigen gilt Absatz 1 Satz 2. In dem Beschluss sind die nach § 87a Absatz 1 Satz 2 erforderlichen Angaben sinngemäß und in klarer und verständlicher Form zu machen oder in Bezug zu nehmen. Die Angaben können in der Satzung unterbleiben, wenn die Vergütung in der Satzung festgesetzt wird. Der Beschluss ist wegen eines Verstoßes gegen Satz 3 nicht anfechtbar. § 120a Absatz 2 und 3 ist sinngemäß anzuwenden.
Für die Sorgfaltspflicht und Verantwortlichkeit der Aufsichtsratsmitglieder gelten § 93 mit Ausnahme des Absatzes 2 Satz 3 über die Sorgfaltspflicht und Verantwortlichkeit der Vorstandsmitglieder und § 15b der Insolvenzordnung sinngemäß. Die Aufsichtsratsmitglieder sind insbesondere zur Verschwiegenheit über erhaltene vertrauliche Berichte und vertrauliche Beratungen verpflichtet. Sie sind namentlich zum Ersatz verpflichtet, wenn sie eine unangemessene Vergütung festsetzen (§ 87 Absatz 1).
(1) Die Vorstandsmitglieder haben bei ihrer Geschäftsführung die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters anzuwenden. Eine Pflichtverletzung liegt nicht vor, wenn das Vorstandsmitglied bei einer unternehmerischen Entscheidung vernünftigerweise annehmen durfte, auf der Grundlage angemessener Information zum Wohle der Gesellschaft zu handeln. Über vertrauliche Angaben und Geheimnisse der Gesellschaft, namentlich Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse, die den Vorstandsmitgliedern durch ihre Tätigkeit im Vorstand bekanntgeworden sind, haben sie Stillschweigen zu bewahren.
(2) Vorstandsmitglieder, die ihre Pflichten verletzen, sind der Gesellschaft zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens als Gesamtschuldner verpflichtet. Ist streitig, ob sie die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters angewandt haben, so trifft sie die Beweislast. Schließt die Gesellschaft eine Versicherung zur Absicherung eines Vorstandsmitglieds gegen Risiken aus dessen beruflicher Tätigkeit für die Gesellschaft ab, ist ein Selbstbehalt von mindestens 10 Prozent des Schadens bis mindestens zur Höhe des Eineinhalbfachen der festen jährlichen Vergütung des Vorstandsmitglieds vorzusehen.
(3) Die Vorstandsmitglieder sind namentlich zum Ersatz verpflichtet, wenn entgegen diesem Gesetz
- 1.
Einlagen an die Aktionäre zurückgewährt werden, - 2.
den Aktionären Zinsen oder Gewinnanteile gezahlt werden, - 3.
eigene Aktien der Gesellschaft oder einer anderen Gesellschaft gezeichnet, erworben, als Pfand genommen oder eingezogen werden, - 4.
Aktien vor der vollen Leistung des Ausgabebetrags ausgegeben werden, - 5.
Gesellschaftsvermögen verteilt wird, - 6.
(weggefallen) - 7.
Vergütungen an Aufsichtsratsmitglieder gewährt werden, - 8.
Kredit gewährt wird, - 9.
bei der bedingten Kapitalerhöhung außerhalb des festgesetzten Zwecks oder vor der vollen Leistung des Gegenwerts Bezugsaktien ausgegeben werden.
(4) Der Gesellschaft gegenüber tritt die Ersatzpflicht nicht ein, wenn die Handlung auf einem gesetzmäßigen Beschluß der Hauptversammlung beruht. Dadurch, daß der Aufsichtsrat die Handlung gebilligt hat, wird die Ersatzpflicht nicht ausgeschlossen. Die Gesellschaft kann erst drei Jahre nach der Entstehung des Anspruchs und nur dann auf Ersatzansprüche verzichten oder sich über sie vergleichen, wenn die Hauptversammlung zustimmt und nicht eine Minderheit, deren Anteile zusammen den zehnten Teil des Grundkapitals erreichen, zur Niederschrift Widerspruch erhebt. Die zeitliche Beschränkung gilt nicht, wenn der Ersatzpflichtige zahlungsunfähig ist und sich zur Abwendung des Insolvenzverfahrens mit seinen Gläubigern vergleicht oder wenn die Ersatzpflicht in einem Insolvenzplan geregelt wird.
(5) Der Ersatzanspruch der Gesellschaft kann auch von den Gläubigern der Gesellschaft geltend gemacht werden, soweit sie von dieser keine Befriedigung erlangen können. Dies gilt jedoch in anderen Fällen als denen des Absatzes 3 nur dann, wenn die Vorstandsmitglieder die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters gröblich verletzt haben; Absatz 2 Satz 2 gilt sinngemäß. Den Gläubigern gegenüber wird die Ersatzpflicht weder durch einen Verzicht oder Vergleich der Gesellschaft noch dadurch aufgehoben, daß die Handlung auf einem Beschluß der Hauptversammlung beruht. Ist über das Vermögen der Gesellschaft das Insolvenzverfahren eröffnet, so übt während dessen Dauer der Insolvenzverwalter oder der Sachwalter das Recht der Gläubiger gegen die Vorstandsmitglieder aus.
(6) Die Ansprüche aus diesen Vorschriften verjähren bei Gesellschaften, die zum Zeitpunkt der Pflichtverletzung börsennotiert sind, in zehn Jahren, bei anderen Gesellschaften in fünf Jahren.
Vorstandsmitgliedern gegenüber vertritt der Aufsichtsrat die Gesellschaft gerichtlich und außergerichtlich. § 78 Abs. 2 Satz 2 gilt entsprechend.
(1) Angriffs- und Verteidigungsmittel, die im ersten Rechtszuge zu Recht zurückgewiesen worden sind, bleiben ausgeschlossen.
(2) Neue Angriffs- und Verteidigungsmittel sind nur zuzulassen, wenn sie
- 1.
einen Gesichtspunkt betreffen, der vom Gericht des ersten Rechtszuges erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten worden ist, - 2.
infolge eines Verfahrensmangels im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht wurden oder - 3.
im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht worden sind, ohne dass dies auf einer Nachlässigkeit der Partei beruht.
Der Tatbestand des Urteils liefert Beweis für das mündliche Parteivorbringen. Der Beweis kann nur durch das Sitzungsprotokoll entkräftet werden.
(1) Angriffs- und Verteidigungsmittel, die im ersten Rechtszuge zu Recht zurückgewiesen worden sind, bleiben ausgeschlossen.
(2) Neue Angriffs- und Verteidigungsmittel sind nur zuzulassen, wenn sie
- 1.
einen Gesichtspunkt betreffen, der vom Gericht des ersten Rechtszuges erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten worden ist, - 2.
infolge eines Verfahrensmangels im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht wurden oder - 3.
im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht worden sind, ohne dass dies auf einer Nachlässigkeit der Partei beruht.
(1) Der Aufsichtsrat hat die Geschäftsführung zu überwachen.
(2) Der Aufsichtsrat kann die Bücher und Schriften der Gesellschaft sowie die Vermögensgegenstände, namentlich die Gesellschaftskasse und die Bestände an Wertpapieren und Waren, einsehen und prüfen. Er kann damit auch einzelne Mitglieder oder für bestimmte Aufgaben besondere Sachverständige beauftragen. Er erteilt dem Abschlußprüfer den Prüfungsauftrag für den Jahres- und den Konzernabschluß gemäß § 290 des Handelsgesetzbuchs. Er kann darüber hinaus eine externe inhaltliche Überprüfung der nichtfinanziellen Erklärung oder des gesonderten nichtfinanziellen Berichts (§ 289b des Handelsgesetzbuchs), der nichtfinanziellen Konzernerklärung oder des gesonderten nichtfinanziellen Konzernberichts (§ 315b des Handelsgesetzbuchs) beauftragen.
(3) Der Aufsichtsrat hat eine Hauptversammlung einzuberufen, wenn das Wohl der Gesellschaft es fordert. Für den Beschluß genügt die einfache Mehrheit.
(4) Maßnahmen der Geschäftsführung können dem Aufsichtsrat nicht übertragen werden. Die Satzung oder der Aufsichtsrat hat jedoch zu bestimmen, daß bestimmte Arten von Geschäften nur mit seiner Zustimmung vorgenommen werden dürfen. Verweigert der Aufsichtsrat seine Zustimmung, so kann der Vorstand verlangen, daß die Hauptversammlung über die Zustimmung beschließt. Der Beschluß, durch den die Hauptversammlung zustimmt, bedarf einer Mehrheit, die mindestens drei Viertel der abgegebenen Stimmen umfaßt. Die Satzung kann weder eine andere Mehrheit noch weitere Erfordernisse bestimmen.
(5) Der Aufsichtsrat von Gesellschaften, die börsennotiert sind oder der Mitbestimmung unterliegen, legt für den Frauenanteil im Aufsichtsrat und im Vorstand Zielgrößen fest. Die Zielgrößen müssen den angestrebten Frauenanteil am jeweiligen Gesamtgremium beschreiben und bei Angaben in Prozent vollen Personenzahlen entsprechen. Legt der Aufsichtsrat für den Aufsichtsrat oder den Vorstand die Zielgröße Null fest, so hat er diesen Beschluss klar und verständlich zu begründen. Die Begründung muss ausführlich die Erwägungen darlegen, die der Entscheidung zugrunde liegen. Liegt der Frauenanteil bei Festlegung der Zielgrößen unter 30 Prozent, so dürfen die Zielgrößen den jeweils erreichten Anteil nicht mehr unterschreiten. Gleichzeitig sind Fristen zur Erreichung der Zielgrößen festzulegen. Die Fristen dürfen jeweils nicht länger als fünf Jahre sein. Wenn für den Aufsichtsrat bereits das Mindestanteilsgebot nach § 96 Absatz 2 oder 3 gilt, sind die Festlegungen nur für den Vorstand vorzunehmen. Gilt für den Vorstand das Beteiligungsgebot nach § 76 Absatz 3a, entfällt auch die Pflicht zur Zielgrößensetzung für den Vorstand.
(6) Die Aufsichtsratsmitglieder können ihre Aufgaben nicht durch andere wahrnehmen lassen.
Vorstandsmitgliedern gegenüber vertritt der Aufsichtsrat die Gesellschaft gerichtlich und außergerichtlich. § 78 Abs. 2 Satz 2 gilt entsprechend.
(1) Wer durch die Leistung eines anderen oder in sonstiger Weise auf dessen Kosten etwas ohne rechtlichen Grund erlangt, ist ihm zur Herausgabe verpflichtet. Diese Verpflichtung besteht auch dann, wenn der rechtliche Grund später wegfällt oder der mit einer Leistung nach dem Inhalt des Rechtsgeschäfts bezweckte Erfolg nicht eintritt.
(2) Als Leistung gilt auch die durch Vertrag erfolgte Anerkennung des Bestehens oder des Nichtbestehens eines Schuldverhältnisses.
Für die Sorgfaltspflicht und Verantwortlichkeit der Aufsichtsratsmitglieder gelten § 93 mit Ausnahme des Absatzes 2 Satz 3 über die Sorgfaltspflicht und Verantwortlichkeit der Vorstandsmitglieder und § 15b der Insolvenzordnung sinngemäß. Die Aufsichtsratsmitglieder sind insbesondere zur Verschwiegenheit über erhaltene vertrauliche Berichte und vertrauliche Beratungen verpflichtet. Sie sind namentlich zum Ersatz verpflichtet, wenn sie eine unangemessene Vergütung festsetzen (§ 87 Absatz 1).
(1) Die Vorstandsmitglieder haben bei ihrer Geschäftsführung die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters anzuwenden. Eine Pflichtverletzung liegt nicht vor, wenn das Vorstandsmitglied bei einer unternehmerischen Entscheidung vernünftigerweise annehmen durfte, auf der Grundlage angemessener Information zum Wohle der Gesellschaft zu handeln. Über vertrauliche Angaben und Geheimnisse der Gesellschaft, namentlich Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse, die den Vorstandsmitgliedern durch ihre Tätigkeit im Vorstand bekanntgeworden sind, haben sie Stillschweigen zu bewahren.
(2) Vorstandsmitglieder, die ihre Pflichten verletzen, sind der Gesellschaft zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens als Gesamtschuldner verpflichtet. Ist streitig, ob sie die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters angewandt haben, so trifft sie die Beweislast. Schließt die Gesellschaft eine Versicherung zur Absicherung eines Vorstandsmitglieds gegen Risiken aus dessen beruflicher Tätigkeit für die Gesellschaft ab, ist ein Selbstbehalt von mindestens 10 Prozent des Schadens bis mindestens zur Höhe des Eineinhalbfachen der festen jährlichen Vergütung des Vorstandsmitglieds vorzusehen.
(3) Die Vorstandsmitglieder sind namentlich zum Ersatz verpflichtet, wenn entgegen diesem Gesetz
- 1.
Einlagen an die Aktionäre zurückgewährt werden, - 2.
den Aktionären Zinsen oder Gewinnanteile gezahlt werden, - 3.
eigene Aktien der Gesellschaft oder einer anderen Gesellschaft gezeichnet, erworben, als Pfand genommen oder eingezogen werden, - 4.
Aktien vor der vollen Leistung des Ausgabebetrags ausgegeben werden, - 5.
Gesellschaftsvermögen verteilt wird, - 6.
(weggefallen) - 7.
Vergütungen an Aufsichtsratsmitglieder gewährt werden, - 8.
Kredit gewährt wird, - 9.
bei der bedingten Kapitalerhöhung außerhalb des festgesetzten Zwecks oder vor der vollen Leistung des Gegenwerts Bezugsaktien ausgegeben werden.
(4) Der Gesellschaft gegenüber tritt die Ersatzpflicht nicht ein, wenn die Handlung auf einem gesetzmäßigen Beschluß der Hauptversammlung beruht. Dadurch, daß der Aufsichtsrat die Handlung gebilligt hat, wird die Ersatzpflicht nicht ausgeschlossen. Die Gesellschaft kann erst drei Jahre nach der Entstehung des Anspruchs und nur dann auf Ersatzansprüche verzichten oder sich über sie vergleichen, wenn die Hauptversammlung zustimmt und nicht eine Minderheit, deren Anteile zusammen den zehnten Teil des Grundkapitals erreichen, zur Niederschrift Widerspruch erhebt. Die zeitliche Beschränkung gilt nicht, wenn der Ersatzpflichtige zahlungsunfähig ist und sich zur Abwendung des Insolvenzverfahrens mit seinen Gläubigern vergleicht oder wenn die Ersatzpflicht in einem Insolvenzplan geregelt wird.
(5) Der Ersatzanspruch der Gesellschaft kann auch von den Gläubigern der Gesellschaft geltend gemacht werden, soweit sie von dieser keine Befriedigung erlangen können. Dies gilt jedoch in anderen Fällen als denen des Absatzes 3 nur dann, wenn die Vorstandsmitglieder die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters gröblich verletzt haben; Absatz 2 Satz 2 gilt sinngemäß. Den Gläubigern gegenüber wird die Ersatzpflicht weder durch einen Verzicht oder Vergleich der Gesellschaft noch dadurch aufgehoben, daß die Handlung auf einem Beschluß der Hauptversammlung beruht. Ist über das Vermögen der Gesellschaft das Insolvenzverfahren eröffnet, so übt während dessen Dauer der Insolvenzverwalter oder der Sachwalter das Recht der Gläubiger gegen die Vorstandsmitglieder aus.
(6) Die Ansprüche aus diesen Vorschriften verjähren bei Gesellschaften, die zum Zeitpunkt der Pflichtverletzung börsennotiert sind, in zehn Jahren, bei anderen Gesellschaften in fünf Jahren.
Ein Vertreter kann, soweit nicht ein anderes ihm gestattet ist, im Namen des Vertretenen mit sich im eigenen Namen oder als Vertreter eines Dritten ein Rechtsgeschäft nicht vornehmen, es sei denn, dass das Rechtsgeschäft ausschließlich in der Erfüllung einer Verbindlichkeit besteht.
Vorstandsmitgliedern gegenüber vertritt der Aufsichtsrat die Gesellschaft gerichtlich und außergerichtlich. § 78 Abs. 2 Satz 2 gilt entsprechend.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Die Kosten des Revisionsverfahrens trägt die Beklagte.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Der Beklagte ist der Insolvenzverwalter der R. AG (im folgenden : die Beklagte). Die Beklagte, deren sämtliche Aktien von ihrem vormaligen Alleinvorstand A. Re. gehalten werden, befaßte sich mit dem Erwerb und der Verwertung von Kapitalanlagen, Unternehmensbeteiligungen und Immobilien. Das dafür erforderliche Kapital brachte sie durch den Abschluß zahlreicher stiller Gesellschaftsverträge auf. Nach dem jeweils zugrundeliegenden "Vertrag über eine Beteiligung als atypisch stiller Gesellschafter" hatte der Anleger eine Einlage als Einmalzahlung oder in monatlichen Raten zu erbringen. Weiter war vorgesehen, daß die stillen Gesellschafter im Innenverhältnis an
dem Vermögen der Beklagten so beteiligt sein sollten, als ob es ihnen und der Beklagten gemeinsam gehören würde, und daß den stillen Gesellschaftern der Gewinn im wesentlichen entsprechend der Höhe ihrer Einlagen und dem Grundkapital der Beklagten zustehen sollte - nach Abzug eines Vorwegbetrages in Höhe von 6 % zugunsten der Beklagten. Ferner sollten die stillen Gesellschafter nach dem gleichen Schlüssel an etwaigen Verlusten beteiligt sein, allerdings nur bis zur Höhe ihrer jeweiligen Einlage. Bei einer Beendigung der stillen Gesellschaft sollte eine Auseinandersetzung stattfinden, bei der die Vermögenswerte einschließlich des Geschäftswerts des Unternehmens unter Auflösung stiller Reserven mit dem Verkehrswert zu berücksichtigen sein sollten.
Am 22. November 2000 unterzeichnete der Kläger Angebote ("Zeichnungsscheine" ) zum Abschluß zweier Gesellschaftsverträge nach dem vorbezeichneten Muster mit Einlagen i.H. von 14.000,00 DM und 13.440,00 DM, jeweils nebst einem Agio und zahlbar teilweise sofort, teilweise in monatlichen Raten. Dabei - nach der Behauptung der Beklagten bereits früher - erhielt er einen mit "Präsentation" überschriebenen Prospekt der Beklagten.
Mit Anwaltsschreiben vom 17. April 2001 forderte der Kläger die Beklagte auf, die von ihm bereits geleisteten Zahlungen zurückzugewähren, und verweigerte weitere Zahlungen. Zur Begründung machte er geltend, die Verträge seien wegen Verstoßes gegen § 32 KWG gem. § 134 BGB nichtig. Hilfsweise erklärte er die Kündigung der Verträge wegen mangelhafter Aufklärung über die Nachteile und Risiken der Kapitalanlage.
Mit seiner Klage hat der Kläger Rückzahlung von 16.353,32 DM verlangt, das sind die von ihm an die Beklagte gezahlten Beträge abzüglich einer Entnahme i.H. von 466,68 DM. Land- und Oberlandesgericht haben der Klage
stattgegeben. Dagegen richtet sich die von dem Berufungsgericht zugelassene Revision der Beklagten. Der Kläger wehrt sich gegen die Revision mit der Maßgabe , daß die Forderung zur Tabelle festgestellt wird.
Entscheidungsgründe:
Die Revision ist unbegründet.
I. Das Berufungsgericht hat offen gelassen, ob die Verträge als Einlagengeschäfte i.S. des § 1 Abs. 1 Nr. 1, § 32 KWG anzusehen und deshalb mangels einer dafür erforderlichen Erlaubnis der Beklagten gem. § 134 BGB nichtig sind, ob sie wegen Sittenwidrigkeit nach § 138 BGB nichtig sind und ob sie wegen der Möglichkeit der Beklagten, Börsentermingeschäfte zu tätigen bei fehlender Termingeschäftsfähigkeit des Klägers nach § 53 BörsG a.F., unwirksam sind. Es hat angenommen, daß die Beklagte nach den Grundsätzen der Prospekthaftung und des Verschuldens bei Vertragsschluß zur Rückzahlung der geleisteten Beiträge verpflichtet sei und daß dieser Pflicht die Grundsätze über die fehlerhafte Gesellschaft nicht entgegenstünden.
II. Die Revision wendet sich nicht gegen die Feststellung des Berufungsgerichts , die Angaben in dem von der Beklagten herausgegebenen Prospekt genügten nicht den von der Rechtsprechung aufgestellten Anforderungen an die Richtigkeit und Vollständigkeit von Prospekten im Rahmen von Kapitalanlagemodellen und begründeten deshalb eine Schadensersatzpflicht der Beklagten als der für den Prospekt Verantwortlichen (vgl. BGHZ 71, 284; 79, 337; 123, 106; Urt. v. 18. Dezember 2000 - II ZR 84/99, ZIP 2001, 369; v. 3. Februar 2003 - II ZR 233/01, DStR 2003, 1494). Ebenso nimmt sie die Auffassung des Berufungsgerichts hin, die Beklagte hafte zusätzlich wegen Verletzung von Aufklä-
rungspflichten nach den Grundsätzen des Verschuldens bei Vertragsschluß (culpa in contrahendo) i.V.m. § 278 BGB.
Dagegen ist revisionsrechtlich auch nichts einzuwenden. Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats muß einem Anleger für seine Beitrittsentscheidung ein zutreffendes Bild über das Beteiligungsobjekt vermittelt werden, d.h. er muß über alle Umstände, die für seine Anlageentscheidung von wesentlicher Bedeutung sind oder sein können, insbesondere über die mit der angebotenen speziellen Beteiligungsform verbundenen Nachteile und Risiken, zutreffend , verständlich und vollständig aufgeklärt werden (BGHZ 79, 337, 344; Urt. v. 7. April 2003 - II ZR 160/02, WM 2003, 1087, 1088). Das ist hier - wie das Berufungsgericht in fehlerfreier tatrichterlicher Würdigung festgestellt hat - weder durch den Prospekt noch durch die Erklärungen der für die Beklagte tätig gewordenen Vermittler K. und F. geschehen. Die fehlerhafte Aufklärung ist nach der Lebenserfahrung auch ursächlich für die Anlageentscheidung geworden (vgl. Sen.Urt. v. 29. Mai 2000 - II ZR 280/98, NJW 2000, 3346, 3347). Damit ist der Kläger so zu stellen, wie er stehen würde, wenn er die beiden stillen Gesellschaftsverträge nicht abgeschlossen hätte. Ob die Investition tatsächlich werthaltig ist, spielt dabei keine Rolle. Zwar hat der Bundesgerichtshof angenommen , daß es bei einer voll werthaltigen Kapitalanlage an einem Schaden des Anlegers fehlen könne (BGHZ 115, 213, 221; Urt. v. 27. September 1988 - XI ZR 4/88, ZIP 1988, 1464, 1467; v. 19. Dezember 1989 - XI ZR 29/89, WM 1990, 681, 684). Hier geht es aber um Nachteile und Risiken des von der Beklagten angebotenen Anlagemodells, die sich nicht auf die von ihr getätigten Investitionen, sondern auf die Art der Vertragsgestaltung im Rahmen der stillen Gesellschaften beziehen. Das betrifft nach den Feststellungen des Berufungsgerichts die ungünstigen Entnahmemöglichkeiten, die langfristige Vertragsbindung und insbesondere die Unbestimmtheit und Widersprüchlichkeit der im Er-
messen der Beklagten stehenden Anlagestrategie. Damit liegt der Schaden des Klägers darin, daß er überhaupt eine derart ungünstige Art der Vermögensanlage gewählt hat, unabhängig von dem gegenwärtigen Stand dieses Vermögens.
III. Die Revision wendet sich gegen die Annahme des Berufungsgerichts, die Inanspruchnahme der Beklagten auf Rückzahlung der geleisteten Einlagen verstoße nicht gegen die Grundsätze über die fehlerhafte Gesellschaft. Sie meint, diese Grundsätze seien auf eine stille Gesellschaft ohne Einschränkungen anwendbar und führten dazu, daß die Beteiligungen des Klägers nur mit Wirkung für die Zukunft beendet werden könnten und daß er nicht seine vollen Einlagen, sondern nur seine möglicherweise geringeren Abfindungsguthaben herausverlangen könne. Dem kann nicht gefolgt werden.
Das Berufungsgericht hat aus den Grundsätzen über die fehlerhafte Gesellschaft , nach denen die in Vollzug gesetzte fehlerhafte Gesellschaft für die Vergangenheit als wirksam zu behandeln und lediglich mit Wirkung ex nunc kündbar ist, zu Recht keine Beschränkung des Schadensersatzanspruchs des Klägers hergeleitet. Der Senat hat diese Grundsätze zwar nicht nur auf Gesellschaften mit eigenem Vermögen angewandt, sondern auch auf reine Innengesellschaften wie die stillen Gesellschaften, die kein gemeinschaftliches Vermögen bilden (BGHZ 8, 157, 166 ff.; 55, 5, 8 ff.; 62, 234, 237; Urt. v. 12. Februar 1973 - II ZR 69/70, WM 1973, 900, 901; v. 25. November 1976 - II ZR 187/75, WM 1977, 196, 197; v. 22. Oktober 1990 - II ZR 247/89, NJW-RR 1991, 613, 614; v. 29. Juni 1992 - II ZR 284/91, ZIP 1992, 1552, 1554; zweifelnd in Urt. v. 18. Juni 1990 - II ZR 132/89, WM 1990, 1543, 1546; ebenso Zutt in Großkomm. HGB, 4. Aufl. § 230 Rdn. 69; Baumbach/Hopt, HGB 31. Aufl. § 230 Rdn. 11; dagegen Ulmer in Münch.Komm.z.BGB 4. Aufl. § 705 Rdn. 359; Schäfer, Die
Lehre vom fehlerhaften Verband 2002, S. 143 ff.; Hüffer, Gesellschaftsrecht, 6. Aufl. § 22 Fn. 28; vermittelnd - nur bei atypischen Gesellschaften - K. Schmidt in Münch.Komm.z.HGB § 230 Rdn. 130 ff.). Das kann aber jedenfalls dann nicht gelten, wenn der Vertragspartner des stillen Gesellschafters, der Inhaber des Handelsgeschäfts i.S. des § 230 HGB, verpflichtet ist, den stillen Gesellschafter im Wege des Schadensersatzes so zu stellen, als hätte er den Gesellschaftsvertrag nicht abgeschlossen und seine Einlage nicht geleistet. Jedenfalls ein solcher Anspruch unterliegt nicht den Beschränkungen nach den Grundsätzen der fehlerhaften Gesellschaft (Sen.Urt. v. 24. Mai 1993 - II ZR 136/92, ZIP 1993, 1089, 1090 f.; Bayer/Riedel, NJW 2003, 2567, 2571 f.; von Gerkan, EWiR § 235 HGB 1/03, S. 1037 f.; a.A. Armbrüster/Joos, ZIP 2004, 189, 198).
Das ergibt sich aus den Besonderheiten der stillen Gesellschaft im Gegensatz zu einer Publikumsgesellschaft in der Rechtsform einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts oder einer Kommanditgesellschaft. Wer einer solchen Publikumsgesellschaft beitritt, um sein Vermögen anzulegen, kann bei einer mangelhaften Aufklärung über die Risiken und Chancen des Anlageprojekts von der Gesellschaft weder Schadensersatz noch sonst Rückabwicklung seiner Gesellschaftsbeteiligung verlangen, weil die fehlerhafte Aufklärung der Gesellschaft nicht zugerechnet werden kann. Der einzelne Gesellschafter hat auf die Beitrittsverträge neuer Gesellschafter keinerlei Einwirkungsmöglichkeiten, tritt insoweit auch nicht in Erscheinung und ist im Gegenteil bei seinem eigenen Eintritt in die Gesellschaft regelmäßig selbst getäuscht oder jedenfalls nicht ordnungsgemäß aufgeklärt worden (st.Rspr., s. etwa Sen.Urt. v. 21. Juli 2003 - II ZR 387/02, NJW 2003, 2821, 2822). Wohl aber hat der eintretende Gesellschafter Schadensersatzansprüche gegen die Initiatoren der Gesellschaft, gegen die Gründungsgesellschafter und gegen diejenigen, die sonst für die Män-
gel seines Beitritts verantwortlich sind (BGHZ 26, 330, 333 f.). Das ist bei der stillen Gesellschaft in dem vorliegenden Anlagemodell anders. Hier tritt der Anleger nicht einer bestehenden Publikumsgesellschaft bei, sondern bildet mit der von dem Initiator des Anlageprojekts gegründeten Aktiengesellschaft eine neue - stille - Gesellschaft. Dabei beschränken sich seine Rechtsbeziehungen allein auf diese Aktiengesellschaft. Sie schuldet ihm bei einer Beendigung der stillen Gesellschaft das Auseinandersetzungsguthaben. Zugleich haftet sie ihm nach den Grundsätzen der Prospekthaftung und des Verschuldens bei Vertragsschluß , jeweils i.V.m. § 31 BGB und ggf. § 278 BGB, auf Schadensersatz. Anders als bei einer Publikumsgesellschaft richten sich der Auseinandersetzungsund der Schadensersatzanspruch gegen dieselbe Person. Nicht eine solche Gesellschaft ist Adressat des gesellschaftsrechtlichen Rückabwicklungsanspruchs , sondern ausschließlich die als Inhaberin des Handelsgewerbes i.S. des § 230 HGB auftretende Aktiengesellschaft, mit der allein der stille Gesellschaftsvertrag zustande gekommen ist, und die zugleich im Wege des Schadensersatzes verpflichtet ist, etwaige Minderungen der gesellschaftsrechtlichen Einlage auszugleichen. Dann aber kann der Schadensersatzanspruch nicht nach den Regeln über die fehlerhafte Gesellschaft beschränkt sein. Auch der Schutz der Gläubiger gebietet eine solche Beschränkung nicht, schon weil es bei der stillen Gesellschaft an einem durch Kapitalaufbringungs- und Kapitalerhaltungsvorschriften geschützten Gesellschaftsvermögen fehlt.
Da der Kläger somit seinen Schadensersatzanspruch ohne Einschränkungen durch die Grundsätze über die fehlerhafte Gesellschaft geltend machen kann, bedarf es keiner Entscheidung der Frage, ob diese Grundsätze - wie die Revisionserwiderung meint - auch deshalb nicht zur Anwendung kommen würden , weil die stille Beteiligung des Klägers an der beklagten Aktiengesellschaft einen Teilgewinnabführungsvertrag i.S. des § 292 Abs. 1 Nr. 2 AktG darstellt
(vgl. Sen.Urt. v. 21. Juli 2003 - II ZR 109/02, NJW 2003, 3412, 3413) und deshalb nach § 294 Abs. 2 AktG erst wirksam wird mit der Eintragung in das Handelsregister , wozu das Berufungsgericht keine Feststellungen getroffen hat.
Entgegen der Auffassung der Revision kommt es auch nicht darauf an, ob der Kläger aufgrund seiner Beteiligung Steuervorteile erlangt hat. Darauf hätte sich die Beklagte in den Tatsacheninstanzen berufen müssen, was nicht geschehen ist.
Röhricht Goette Kraemer
Strohn Caliebe
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
a) für Geräte der Unterhaltungselektronik mit Ausnahme der Videokamera Sony CCD TR-V 70 und des Fernsehers Royal TV 5199 zu werben, sofern diese nicht am ersten Werktag nach dem Tag des Erscheinens der Werbung vorrätig sind, und/oder
b) Geräte der Telekommunikation mit Ausnahme des Funkempfängers Quix Basic 2 und der Handies AEG 9050, Panasonic G 400 und Siemens S 3 Com im Laden mit anderen Preisen auszuzeichnen als mit dem Preis, mit dem sie beworben werden. 2. Es wird festgestellt, daß die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der dieser dadurch entstanden ist oder künftig noch entsteht, daß die Beklagte am 2. Oktober 1996 für ihren "P. Markt" in K. , Im L. center, wie unter 1. umschrieben für die unter 1. a und b genannten Geräte geworben hat. 3. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin Auskunft darüber zu erteilen, wo und wie oft sie am 2. Oktober 1996 wie unter 2. umschrieben für ihren "P. Markt" in K. , Im L. center, geworben hat, wobei die Auskunft nach den Werbeträgern und der Auflage der Werbeträger aufzuschlüsseln ist. Von den Kosten des Verfahrens in erster und zweiter Instanz werden der Klägerin 3/26, der Beklagten 23/26 auferlegt. Die Kosten des Revisionsverfahrens hat die Klägerin zu 3/14, die Beklagte zu 11/14 zu tragen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Die Beklagte betreibt unter der Bezeichnung "P. Märkte" Verbrauchermärkte für Geräte der Unterhaltungselektronik und der Telekommunikation. Einer dieser Märkte befand sich im L. center in K. . Die Beklagte warb in einer Werbebeilage zu dem in K. erscheinenden "Lokalanzeiger" (Ausgabe vom 2. Oktober 1996) für die Videokamera Sony CCD TR-V 70 und den Fernseher Royal TV 5199. Auf Nachfrage erklärte ein Verkäufer der Beklagten in der Filiale im L. center am 4. Oktober 1996, daß diese Geräte nicht vorrätig seien. In derselben Beilage bewarb die Beklagte den Funkempfänger Quix Basic 2 für 89,-- DM und die Handies AEG 9050, Panasonic G 400 und Siemens S 3 Com mit Preisen von jeweils 1,-- DM. Im Laden waren der Quix Basic 2 mit 149,-- DM und die Handies mit Preisen zwischen 5,-- DM und 59,-- DM ausgezeichnet.
Die Klägerin betreibt in K. ebenfalls einen Endverbrauchermarkt für Geräte der Unterhaltungselektronik und der Telekommunikation. Sie hat die Werbung der Beklagten als Irreführung über das Vorrätigsein der beworbenen Ware und als Irreführung über den Preis beanstandet. Auf Abmahnung unter Übersendung einer vorformulierten Unterlassungserklärung hat die Beklagte mit Schreiben vom 23. Oktober 1996 folgende eingeschränkte Erklärung abgegeben :
"Die Firma P. , Im L. center, K. , verpflichtet sich gegenüber der Firma M. GmbH, ... es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken für die Videokamera "Sony CCD TR-V 70" und
das "TV Gerät Royal TV 5199" zu werben, sofern diese am ersten Werktag nach dem Tag des Erscheinens der Werbung nicht vorrätig sind, und/oder folgende Geräte der Telekommunikation "Quix Basic 2, Handy AEG 9050, Handy Panasonic G 400, Handy Siemens S 3 Com" im Laden mit einem anderen Preis auszuzeichnen als mit dem Preis, mit dem sie in der Werbung beworben werden; für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen die o.g. Verpflichtung an die Unterlassungsgläubigerin eine Vertragsstrafe in Höhe von 10.000,-- DM zu zahlen." Die Klägerin erwiderte darauf mit Schreiben vom 23. Oktober 1996, sie nehme die Unterlassungserklärung an, weise aber darauf hin, daß sie dadurch nicht klaglos gestellt werde, weil ihr Unterlassungsanspruch nicht auf die konkrete Verletzungsform beschränkt sei.
Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, daß die Unterlassungserklärung die Wiederholungsgefahr für die gerügten Wettbewerbsverstöße nicht beseitigt habe, weil sie auf die Werbung und die Preisauszeichnung bei den näher bezeichneten Geräten beschränkt sei und sich nicht auf die Sortimentsbereiche der Unterhaltungselektronik und der Telekommunikation insgesamt beziehe.
Die Klägerin hat beantragt,
1. die Beklagte unter Androhung von Ordnungsmitteln zu verurteilen , es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken
a) für Geräte der Unterhaltungselektronik mit Ausnahme der Videokamera Sony CCD TR-V 70 und des Fernsehers Royal TV 5199 zu werben, sofern diese nicht am ersten Werktag
nach dem Tag des Erscheinens der Werbung vorrätig sind, und/oder
b) Geräte der Telekommunikation mit Ausnahme des Funkempfängers Quix Basic 2 und der Handies AEG 9050, Panasonic G 400 und Siemens S 3 Com im Laden mit anderen Preisen auszuzeichnen als mit dem Preis, mit dem sie beworben werden; 2. festzustellen, daß die Beklagte verpflichtet ist, ihr allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die unter 1. beschriebene Wettbewerbshandlung entstanden ist oder künftig noch entsteht; 3. die Beklagte zu verurteilen, ihr Auskunft darüber zu erteilen, wo, wann und wie oft sie seit dem 2. Oktober 1996 in der unter 1. beanstandeten Form geworben hat, wobei die Auskunft nach Werbeträgern, Auflage der Werbeträger und Kalendervierteljahren aufzuschlüsseln ist. Die Beklagte hat geltend gemacht, das Klagebegehren sei unbegründet, soweit es über die abgegebene Unterlassungserklärung hinausgehe. Der Unterlassungsantrag sei zudem zu weit gefaßt. Ein etwaiger Unterlassungsanspruch beziehe sich mangels einer entsprechenden Begehungsgefahr jedenfalls nicht auch auf ihre anderen Filialen im Bundesgebiet. Das Verbot dürfe auch nicht auf die Werbung für alle Geräte der Unterhaltungselektronik und der Telekommunikation erstreckt werden.
Das Landgericht hat den Unterlassungsanträgen nur beschränkt auf den "P. Markt" der Beklagten in K. , Im L. center, stattgegeben. Das Auskunfts - und das Feststellungsbegehren hat es ebenfalls abgewiesen. Gegen dieses Urteil haben die Klägerin Berufung und die Beklagte Anschlußberufung eingelegt.
Die Klägerin hat mit ihrer Berufung ihre Klageanträge, soweit sie abgewiesen worden sind, weiterverfolgt. Sie hat beantragt, die Beklagte unter Zurückweisung der Anschlußberufung und unter teilweiser Abänderung des landgerichtlichen Urteils nach den ursprünglichen Klageanträgen zu verurteilen. Hilfsweise hat sie beantragt, die Beklagte unter Androhung von Ordnungsmitteln zu verurteilen, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken
a) für Geräte der Unterhaltungselektronik zu werben, soweit diese nicht am ersten Werktag nach dem Tag des Erscheinens der Werbung vorrätig sind, und/oder b) Geräte der Telekommunikation im Laden mit anderen Preisen auszuzeichnen als mit dem Preis, mit dem sie beworben werden.
Die Beklagte hat beantragt, die Berufung der Klägerin zurückzuweisen und den Unterlassungsantrag unter Abänderung des angefochtenen Urteils insgesamt abzuweisen.
Das Berufungsgericht hat auf die Berufung der Klägerin - unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels und der Anschlußberufung der Beklagten - das Urteil des Landgerichts insoweit teilweise abgeändert, als es die auf Unterlassung gerichteten Hauptanträge vollständig abgewiesen hat. Den im Berufungsverfahren hilfsweise gestellten Unterlassungsanträgen hat das Berufungsgericht nur beschränkt auf die Filiale der Beklagten in K. s tattgegeben. Mit ihrer Revision beantragt die Klägerin, das Berufungsurteil aufzuheben , soweit zu ihrem Nachteil erkannt worden ist, und auch insoweit nach ihren Schlußanträgen im Berufungsverfahren zu erkennen. Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe:
Die Revision hat teilweise Erfolg.
I. 1. Das Berufungsgericht hat die mit den Hauptanträgen verfolgten Unterlassungsanträge als unzulässig abgewiesen. Das Berufungsbegehren habe einen unzulässigen Inhalt, weil es - wohl im Hinblick auf die Unterlassungserklärung der Beklagten - gerade Handlungen ausnehme, die sich auf die Gerätetypen bezögen, die bei den beanstandeten Wettbewerbsverstößen beworben worden seien. Damit werde der einheitliche Unterlassungsanspruch unzulässig geteilt und ein Verbot unter Abstrahierung von dem konkreten Wettbewerbsverstoß begehrt, an den allein die Prüfung der Wettbewerbswidrigkeit anknüpfen könne.
2. Die gegen diese Beurteilung gerichteten Revisionsangriffe haben Erfolg.
a) Die Revision der Klägerin gegen die Abweisung der auf Unterlassung gerichteten Hauptanträge ist - entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung - nicht mangels Beschwer unzulässig. Die Zulässigkeit eines vom Kläger eingelegten Rechtsmittels hängt vom Vorliegen der sogenannten formellen Beschwer ab. Danach ist ein Kläger schon dann beschwert, wenn das angefochtene Urteil von seinen Anträgen abweicht (vgl. BGH, Urt. v. 9.10.1990 - VI ZR 89/90, VersR 1991, 359, 360; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 58. Aufl., Vor § 511 Rdn. 14, jeweils m.w.N.). Dabei kommt es nicht darauf an,
daß das mit den Hilfsanträgen verfolgte Unterlassungsbegehren, mit dem die Klägerin überwiegend Erfolg hatte, in der Sache weiter geht als die mit den Hauptanträgen erstrebten Verbote. Denn für das Vorliegen einer formellen Beschwer reicht es bereits aus, daß Sachanträge der Klägerin nicht zugesprochen worden sind.
b) Die als Hauptanträge gestellten Unterlassungsanträge sind - entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts - zulässig. Die Frage, ob der Klägerin Ansprüche in dem geltend gemachten Umfang zustehen, betrifft nicht die Zulässigkeit, sondern die Begründetheit der Klage. Es ist jeweils Sache des Klägers, den Umfang seines Unterlassungsbegehrens mit seinem Klageantrag zu konkretisieren und abzugrenzen. Es ist ihm überlassen, ob er seinen Antrag enger faßt, als er dies nach dem Umfang des materiell-rechtlichen Anspruchs, der bei Unterstellung des Klagevorbringens gegeben wäre, tun müßte (vgl. dazu auch Pastor/Ahrens/Jestaedt, Der Wettbewerbsprozeß, 4. Aufl., Kap. 27 Rdn. 5). Dementsprechend war es auch zulässig, daß die Klägerin mit ihren Unterlassungsanträgen ausdrücklich nicht auch Handlungen angegriffen hat, die den beanstandeten konkreten Verletzungsformen - der Irreführung über das Vorrätigsein und über den Preis bestimmter Geräte - entsprechen. Die inhaltliche Beschränkung des Klagebegehrens wirft hier lediglich die Frage auf, ob ein diesem beschränkten Antrag entsprechender materiell-rechtlicher Anspruch gegeben ist. Das vom Berufungsgericht gesehene Problem, ob ein zulässig über die konkrete Verletzungsform hinaus verallgemeinerter Unterlassungsanspruch im Umfang des auf die konkrete Verletzungsform bezogenen Anspruchsteils und im Umfang der Verallgemeinerung in zulässiger Weise unabhängig voneinander in verschiedenen Verfahren rechtshängig gemacht werden könnte , stellt sich nicht, weil diese Fallgestaltung hier nicht vorliegt.
3. Der Senat kann auf der Grundlage der vom Berufungsgericht zur Begründung seiner Entscheidung über die Unterlassungshilfsanträge verfahrensfehlerfrei getroffenen Feststellungen selbst über die auf Unterlassung gerichteten Hauptanträge entscheiden. Diese sind in vollem Umfang zuzuerkennen. Das Verbot der Schlechterstellung des Rechtsmittelführers (reformatio in peius) steht dem nicht entgegen (vgl. BGH, Urt. v. 18.3.1999 - I ZR 33/97, GRUR 1999, 936, 938 = WRP 1999, 918 - Hypotonietee, m.w.N.).
a) Der geltend gemachte Anspruch, es zu unterlassen, für Geräte der Unterhaltungselektronik (mit Ausnahme der Videokamera Sony CCD TR-V 70 und des Fernsehers Royal TV 5199) zu werben, sofern diese nicht am ersten Werktag nach dem Tag des Erscheinens der Werbung vorrätig sind, ist begründet (§ 3 UWG).
(1) Die Klägerin ist - abweichend von der Ansicht des Berufungsgerichts - bereits nach § 3 UWG befugt, Ansprüche gegen die Beklagte wegen des beanstandeten Wettbewerbsverstoßes geltend zu machen, weil sie durch diesen unmittelbar betroffen ist. Als unmittelbar von einer zu Wettbewerbszwecken begangenen Handlung betroffen sind grundsätzlich diejenigen Mitbewerber anzusehen, die zu dem Verletzer (oder dem von diesem Geförderten ) in einem konkreten Wettbewerbsverhältnis stehen (vgl. BGH, Urt. v. 5.3.1998 - I ZR 229/95, GRUR 1998, 1039, 1040 = WRP 1998, 973 - Fotovergrößerungen ; Urt. v. 22.4.1999 - I ZR 159/96, GRUR 1999, 1007, 1008 = WRP 1999, 915 - Vitalkost; Urt. v. 15.7.1999 - I ZR 44/97, GRUR 1999, 1122, 1123 = WRP 1999, 1151- EG-Neuwagen I). Ein konkretes Wettbewerbsverhältnis ist bereits
dann gegeben, wenn beide Parteien gleichartige Waren innerhalb desselben Endverbraucherkreises abzusetzen versuchen. Diese Voraussetzung ist im Streitfall gegeben. Auf die vom Berufungsgericht erörterte Frage, ob das beanstandete Verhalten geeignet war, den Wettbewerb auf dem fraglichen Markt wesentlich zu beeinträchtigen (§ 13 Abs. 2 Nr. 1 UWG), kommt es danach für die Anspruchsberechtigung der Klägerin nicht an.
(2) Eine Werbeankündigung ist grundsätzlich als irreführend zu beurteilen , wenn die beworbenen Waren, die - wie hier - zum persönlichen Gebrauch bestimmt sind, entgegen der Verbrauchererwartung zu dem angekündigten Zeitpunkt nicht oder nicht in gewünschter Menge vorrätig sind und von den Interessenten im Verkaufslokal erworben werden können (st. Rspr.; vgl. BGH, Urt. v. 4.2.1999 - I ZR 71/97, GRUR 1999, 1011, 1012 = WRP 1999, 924 - Werbebeilage, m.w.N.). Aus den getroffenen, im Revisionsverfahren nicht angegriffenen Feststellungen ergibt sich, daß dies hier der Fall war. Die Beklagte hat am 2. Oktober 1996 in K. für eine Videokamera und ein Fernsehgerät geworben, ohne hinreichend dafür Sorge zu tragen, daß diese Geräte am 4. Oktober 1996, dem ersten Werktag danach, in ausreichender Zahl in ihrer K. Filiale vorrätig waren.
(3) Der Unterlassungsanspruch der Klägerin ist entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts nicht auf den räumlich umgrenzten Markt beschränkt, auf dem sich die Parteien als Wettbewerber begegnen. Der wettbewerbsrechtliche Unterlassungsanspruch des Mitbewerbers ist - wie der Senat nach Erlaß des angefochtenen Urteils entschieden hat - grundsätzlich nicht entsprechend seinem eigenen Tätigkeitsbereich räumlich beschränkt, sondern für das gesamte Bundesgebiet gegeben und auch - selbst bei nur räumlich beschränkter
Betroffenheit - bundesweit durchsetzbar. Dies hat seinen entscheidenden Grund darin, daß der Anspruch dem Wettbewerber nicht nur zum Schutz seiner Individualinteressen, sondern auch im Interesse der anderen Marktbeteiligten und der Allgemeinheit zuerkannt wird (BGH, Urt. v. 10.12.1998 - I ZR 141/96, GRUR 1999, 509, 510 = WRP 1999, 421 - Vorratslücken).
(4) Die Klägerin war - wie das Berufungsgericht zutreffend angenommen hat - nicht gehalten, ihren Klageantrag auf die konkrete Verletzungsform zu beschränken. Bei der Fassung eines Unterlassungsantrags sind im Interesse eines hinreichenden Rechtsschutzes gewisse Verallgemeinerungen zulässig, sofern auch in dieser Form das Charakteristische der konkreten Verletzungsform zum Ausdruck kommt. Dies hat seinen Grund darin, daß eine Verletzungshandlung die Vermutung der Begehungsgefahr nicht nur für die identische Verletzungsform begründet, sondern auch für alle im Kern gleichartigen Verletzungshandlungen (st. Rspr.; vgl. zuletzt BGH, Urt. v. 15.12.1999 - I ZR 159/97, GRUR 2000, 337, 338 = WRP 2000, 386 - Preisknaller, m.w.N.).
aa) Der Unterlassungsantrag verallgemeinert - entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung - in unbedenklicher Weise, soweit er sich allgemein auf Geräte der Unterhaltungselektronik bezieht (vgl. BGH, Urt. v. 29.2.1996 - I ZR 6/94, GRUR 1996, 796, 798 = WRP 1996, 734 - Setpreis).
bb) Der Unterlassungsanspruch gegen die Beklagte, ein Einzelhandelsunternehmen mit einer Reihe von Filialen, ist auch ohne räumliche Beschränkung auf die konkrete Filiale, die irreführend geworben hat, begründet. Dabei kann das bestrittene Vorbringen der Beklagten unterstellt werden, daß die irreführende Werbung und die entsprechende Warenvorratshaltung von der ört-
lichen Filiale der Beklagten in K. selbständig veranlaßt und organisiert worden ist. Derartige Umstände können nicht als charakteristische Besonderheiten , die den k onkret begangenen Verstoß kennzeichnen, behandelt werden. Denn nach § 13 Abs. 4 UWG richtet sich der Unterlassungsanspruch wegen aller in einem Unternehmen von Angestellten begangenen wettbewerbswidrigen Handlungen ohne Entlastungsmöglichkeit auch gegen den Inhaber des Unternehmens (vgl. auch Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 21. Aufl., § 13 UWG Rdn. 60). Dieser kann sich nicht darauf berufen, daß er dem handelnden Angestellten in dem betreffenden Bereich Entscheidungsfreiheit zugestanden hat. Ein Wettbewerbsverstoß eines Angestellten begründet dementsprechend grundsätzlich für das Inland eine räumlich nicht beschränkte Begehungsgefahr auch für den Inhaber des Unternehmens selbst. Der Umstand, daß eine irreführende Werbung auf Fehlverhalten des Leiters eines abgrenzbaren Unternehmensteils beruht, steht danach der Begründetheit eines gegen das Gesamtunternehmen geltend gemachten Unterlassungsanspruchs nicht entgegen. Für Unterlassungsansprüche wegen wettbewerbswidriger Handlungen , die in einer rechtlich unselbständigen Filiale eines Einzelhandelsunternehmens begangen worden sind, kann in dieser Beziehung nichts anderes gelten als für sonstige Wettbewerbsverstöße von Angestellten. Soweit der Senatsentscheidung "Kabinettwein" (Urt. v. 22.1.1987 - I ZR 211/84, GRUR 1987, 371, 373 = WRP 1987, 461) hinsichtlich dieser Frage etwas anderes entnommen werden kann, wird daran nicht festgehalten. Umstände, aus denen sich ergeben könnte, daß das Charakteristische des beanstandeten Wettbewerbsverstoßes aus anderen Gründen ausnahmsweise gerade in seinem örtlichen Bezug liegt, ergeben sich aus dem Vorbringen der Parteien nicht.
b) Der Antrag zu verbieten, Geräte der Telekommunikation im Laden mit einem anderen Preis auszuzeichnen als mit dem Preis, mit dem sie in der Werbung beworben werden, ist ebenfalls zuzuerkennen. Die Beklagte hat - wie auch die Revisionserwiderung nicht in Abrede stellt - dadurch irreführend geworben , daß sie in der Werbung für einen Funkempfänger und verschiedene Mobiltelefongeräte niedrigere Preise angegeben hat, als für diese Geräte an demselben Tag nach der Preisauszeichnung im Laden gefordert wurden.
Der gegen diese irreführende Preiswerbung gerichtete Unterlassungsantrag ist in zulässiger Weise auf Geräte der Telekommunikation verallgemeinert. Der beanstandete Wettbewerbsverstoß durch die Angabe von Preisen in der Werbung, die unter den im Laden verlangten Preisen lagen, war nicht gerade dadurch charakterisiert, daß dabei bestimmte Geräte der Telekommunikation beworben worden sind. Anderes hat auch die Beklagte nicht vorgetragen.
4. Die Entscheidung über die Hilfsanträge ist von Amts wegen - zur Klarstellung - in vollem Umfang aufzuheben, weil ihr Fortbestand dadurch auflösend bedingt war, daß den auf Unterlassung gerichteten Hauptanträgen im weiteren Verfahren stattgegeben wird (vgl. dazu näher BGHZ 106, 219, 220 ff.; BGH, Urt. v. 28.10.1992 - IV ZR 221/91, NJW 1993, 1005, 1007; Baumbach/ Lauterbach/Albers/Hartmann aaO § 559 Rdn. 3).
II. 1. Das Berufungsgericht hat die auf Feststellung der Schadensersatzpflicht der Beklagten und auf ihre Verurteilung zur Auskunftserteilung gerichteten Klageanträge abgewiesen. Bei der Beurteilung müsse hinsichtlich beider Anträge unterschieden werden zwischen den beiden festgestellten Wettbe-
werbsverstößen und anderen gleichartigen Wettbewerbsverstößen der Beklagten , von denen bislang nichts bekannt geworden sei.
Es sei anerkannt, daß ein Geschädigter grundsätzlich Auskunft verlangen könne, wenn er über den Umfang der Verletzungshandlung im Ungewissen sei und er zur Vorbereitung eines Schadensersatzanspruchs auf entsprechende Angaben des Verletzers angewiesen sei, die dieser unschwer erteilen könne. Ein Auskunftsbegehren über weitere Verletzungshandlungen sei nur dann ausnahmsweise gerechtfertigt, wenn im Rahmen einer durch eine feststehende Verletzungshandlung begründeten Sonderbeziehung besondere Umstände für eine hohe Wahrscheinlichkeit weiterer Verletzungen sprächen, z.B. dann, wenn die Art der Verletzungshandlung den Verdacht gleichartiger Handlungen auch in anderen Fällen sehr nahelege. Der Nachweis eines einzelnen Wettbewerbsverstoßes begründe jedoch nicht einen Anspruch auf Auskunft über alle möglichen anderen Verletzungshandlungen, weil dies auf eine Ausforschung und eine Vernachlässigung der allgemeinen Darlegungs- und Beweislastregeln hinausliefe. Greifbare Anhaltspunkte für fortlaufende Verstöße der Beklagten der hier in Rede stehenden Art habe die Klägerin nicht dargelegt. Dementsprechend sei auch das Begehren der Klägerin auf Feststellung der Schadensersatzpflicht der Beklagten unbegründet, weil die Klägerin nicht die einzelnen Wettbewerbsverstöße dargelegt habe, die sie zur Grundlage ihres Schadensersatzbegehrens machen wolle. Es sei ihre Sache als Gläubigerin, sich die Kenntnis von den anspruchsbegründenden Tatsachen selbst zu verschaffen.
Auch hinsichtlich der konkret festgestellten Wettbewerbsverstöße stehe der Klägerin weder ein Anspruch auf Auskunftserteilung noch ein Anspruch auf Feststellung der Schadensersatzpflicht der Beklagten zu. Die Klägerin habe
nicht wahrscheinlich gemacht, daß ihr die Wettbewerbsverstöße einen Schaden zugefügt hätten. Derartige Wettbewerbsverstöße bewirkten eine Enttäuschung der Kunden und ließen deshalb nach der Lebenserfahrung nicht unbedingt einen Schaden eines Wettbewerbers erwarten. Die angegriffene Werbung möge zwar zunächst Kunden angelockt haben; es sei auch denkbar, daß so angelockte Kunden nach Aufklärung der Irreführung auf andere Waren verwiesen worden seien. Dies seien aber rein theoretische Überlegungen, die nicht ausreichen könnten, um einen Schadenseintritt gerade bei der Klägerin als wahrscheinlich anzusehen. Der Klägerin stehe danach auch kein Anspruch auf Auskunftserteilung über Art und Umfang der konkret beanstandeten Wettbewerbsverstöße zu, weil dieser Anspruch als ein Hilfsanspruch voraussetze, daß der Gläubiger einen Schadensersatzanspruch geltend machen könne.
2. Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung nur teilweise stand.
a) Das Berufungsgericht hat den Gegenstand des auf die Verurteilung der Beklagten zur Auskunftserteilung und Feststellung ihrer Schadensersatzpflicht gerichteten Klagebegehrens zutreffend bestimmt.
Die entsprechenden Klageanträge beziehen sich - entgegen der Ansicht der Revision - nicht nur auf die konkreten, von der Beklagten begangenen Wettbewerbsverstöße. In wettbewerbsrechtlichen Streitigkeiten werden allerdings Anträge auf Verurteilung zur Auskunftserteilung und auf Feststellung der Schadensersatzpflicht vielfach so formuliert, daß auf die Umschreibung des beanstandeten Verhaltens in dem zugleich gestellten Unterlassungsantrag Bezug genommen wird. Dies geschieht oft auch dann, wenn der Unterlassungs-
antrag über die konkrete Verletzungsform hinaus verallgemeinert ist. Dabei wird häufig übersehen, daß sich die Reichweite des Unterlassungsanspruchs und diejenige der Ansprüche auf Auskunftserteilung und auf Schadensersatz in diesen Fällen nicht decken müssen. Im Umfang der Verallgemeinerung muß zwar bei Unterlassungsansprüchen eine Begehungsgefahr gegeben sein; dabei genügt es aber, wenn eine Begehungsgefahr (gegebenenfalls teilweise) nur in Form der Erstbegehungsgefahr besteht (vgl. Großkomm/Jacobs, UWG, Vor § 13, D, Rdn. 137 ff.; Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche, 7. Aufl., Kap. 5 Rdn. 9). Ansprüche auf Auskunftserteilung und auf Schadensersatz können - soweit Wiederholungsgefahr anzunehmen ist - im Umfang der Verallgemeinerung gegeben sein (vgl. dazu auch BGH, Urt. v. 1.2.1996 - I ZR 50/94, GRUR 1996, 502, 507 = WRP 1996, 721 - Energiekosten-Preisvergleich I); solche Ansprüche bestehen jedoch nicht, soweit der Unterlassungsantrag nur unter dem Gesichtspunkt der Erstbegehungsgefahr begründet sein kann.
Anträge auf Verurteilung zur Auskunftserteilung und auf Feststellung der Schadensersatzpflicht werden allerdings, wenn der Unterlassungsantrag über den Bereich hinaus, in dem Wiederholungsgefahr anzunehmen ist, verallgemeinert ist, vielfach dahin zu verstehen sein, daß sie sich nur auf die konkrete Verletzungsform beziehen sollen. Eine solche Auslegung der Klageanträge kommt hier jedoch nach der zutreffenden Beurteilung des Berufungsgerichts, die der Senat als Auslegung von Prozeßhandlungen in vollem Umfang nachprüfen kann (st. Rspr.; vgl. BGH, Urt. v. 16.12.1997 - VI ZR 279/96, NJW 1998, 1496, 1497, m.w.N.), nicht in Betracht. Der Antrag auf Verurteilung der Beklagten zur Auskunftserteilung ist nach seinem Wortlaut nur auf andere Verstöße als die hier konkret als begangen beanstandeten Verstöße bezogen. Dies ergibt sich daraus, daß Auskunft verlangt wird über die Werbung der Be-
klagten seit dem 2. Oktober 1996, und aus dem Umstand, daß die Werbung gemäß dem Klageantrag nach Kalendervierteljahren aufgeschlüsselt werden soll. Der Klageantrag nimmt zudem Bezug auf den Unterlassungsantrag, mit dem ausdrücklich kein Verbot einer Werbung für Geräte der konkreten Art, wie sie bei den beanstandeten Wettbewerbshandlungen beworben worden sind, gefordert wird. Dies schließt es aus, den Klageantrag auf Verurteilung der Beklagten zur Auskunftserteilung dahingehend auszulegen, daß er sich nur auf Handlungen entsprechend den konkreten Verletzungsformen beziehe.
Der Antrag auf Verurteilung zur Auskunftserteilung bezieht sich allerdings trotz seines - insoweit engeren - Wortlauts auch auf Handlungen, die den konkret beanstandeten Werbemaßnahmen für bestimmte Geräte entsprechen. Dies ergibt sich aus der zur Auslegung der Anträge mit heranzuziehenden Klagebegründung. Dementsprechend hat das Berufungsgericht zu Recht mit seinem Urteil auch insoweit über Ansprüche auf Auskunftserteilung entschieden.
Für die Auslegung des Antrags auf Feststellung der Schadensersatzpflicht der Beklagten gilt Entsprechendes. Es besteht kein Anhaltspunkt dafür, daß der Feststellungsantrag in seinem Umfang nicht dem Antrag auf Verurteilung zur Auskunftserteilung - als dem Hilfsanspruch zur Durchsetzung des Schadensersatzanspruchs - entsprechen soll. Die Klägerin hat zudem in ihrer Berufungsbegründung betont, daß sie die Feststellung der Schadensersatzpflicht der Beklagten auch im Umfang der Verallgemeinerung des Unterlassungsantrags begehrt.
b) Das Berufungsgericht hat das Klagebegehren zu Recht als unbegründet angesehen, soweit es darauf abzielt, daß die Beklagte auch zur Aus-
kunftserteilung über andere Wettbewerbsverstöße als die konkret beanstandete Werbeaktion für die Filiale in K. verurteilt wird. Der Klägerin kann ein Anspruch auf Auskunftserteilung nur zustehen als ein Hilfsanspruch zur Durchsetzung des wegen dieser Wettbewerbsverstöße gegebenen Schadensersatzanspruchs (vgl. BGHZ 125, 322, 329 - Cartier-Armreif). Ein solcher Anspruch ist aber in seinem Umfang begrenzt auf diejenigen zur Anspruchsdurchsetzung erforderlichen Informationen, die der Gläubiger selbst nicht anders erlangen kann und deren Erteilung dem Schuldner unschwer möglich und zumutbar ist (vgl. BGH, Urt. v. 2.2.1999 - KZR 11/97, WRP 1999, 534, 539 - Preisbindung durch Franchisegeber, m.w.N., insoweit nicht in BGHZ 140, 342). Ein Anspruch auf Auskunftserteilung darüber, ob der Verletzer ähnliche Handlungen begangen hat, die neue Schadensersatzansprüche rechtfertigen könnten, besteht nicht (vgl. BGH, Urt. v. 8.7.1980 - VI ZR 159/78, GRUR 1980, 1105, 1111 - Das Medizinsyndikat III, insoweit nicht in BGHZ 78, 9; Baumbach/Hefermehl aaO Einl. UWG Rdn. 404; Teplitzky aaO Kap. 38 Rdn. 7). Die Schadensersatzansprüche , um deren Durchsetzung es allein gehen kann, beruhen hier darauf, daß in der lokalen Werbung vom 2. Oktober 1996 für die Filiale der Beklagten in K. bestimmte Geräte beworben wurden, die am ersten folgenden Werktag nicht vorrätig waren oder in diesem Laden mit höheren Preisen ausgezeichnet waren, als in der Werbung angegeben worden war. Umstände, aus denen sich ergibt, daß die Werbemaßnahmen in K. v om 2. Oktober 1996 Teil einer überörtlichen Werbeaktion waren, die in gleicher Weise auch bei anderen Filialen der Beklagten zur Irreführung geeignet war, hat die Klägerin nicht dargelegt. Der geltend gemachte Anspruch darauf, auch Auskunft zu erhalten über irgendwelche anderen Wettbewerbsverstöße der in den Unterlassungsanträgen umschriebenen Art, die aber den konkret beanstandeten Wettbewerbsverstößen allenfalls ähnlich sind, aber an anderen Orten und unter wesentlich
veränderten Umständen, gegebenenfalls auch zu anderen Zeiten begangen worden sind, steht der Klägerin jedoch nicht zu. Im übrigen ist nicht ersichtlich, wie die Klägerin als ein nur für den Raum K. tätiges Einzelhandelsunternehmen durch etwaige Wettbewerbsverstöße geschädigt worden sein könnte, die außerhalb ihres Einzugsbereichs von anderen Filialen der Beklagten begangen worden sind.
3. Das Berufungsgericht hat dementsprechend zu Recht auch den Klageantrag auf Feststellung der Schadensersatzpflicht der Beklagten als unbegründet angesehen, soweit dieser allgemein Wettbewerbshandlungen, wie sie in den Unterlassungsanträgen umschrieben sind, betrifft.
4. Das Begehren der Klägerin auf Feststellung der Schadensersatzpflicht der Beklagten und auf ihre Verurteilung zur Auskunftserteilung hat das Berufungsgericht jedoch zu Unrecht abgewiesen, soweit es um Ansprüche aufgrund der Rechtsverletzungen durch die festgestellten Wettbewerbsverstöße geht.
a) Das Feststellungsbegehren setzt lediglich voraus, daß die Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts dargelegt ist. Daran werden in der Rechtsprechung grundsätzlich keine hohen Anforderungen gestellt. Es genügt, daß nach der Lebenserfahrung der Eintritt des Schadens in der Zukunft mit einiger Sicherheit zu erwarten ist; einer hohen Wahrscheinlichkeit dafür bedarf es nicht (vgl. BGHZ 130, 205, 220 - Feuer, Eis & Dynamit I; Baumbach /Hefermehl aaO Einl. UWG Rdn. 400; Pastor/Ahrens/Loewenheim aaO Kap. 69 Rdn. 8, m.w.N.). Danach ist bei der konkret beanstandeten Werbung für nicht vorrätig gehaltene Waren - abweichend von der Ansicht des Beru-
fungsgerichts - die Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts ohne weiteres anzunehmen. Die Fehlvorstellung über die sofortige Mitnahmemöglichkeit der beworbenen Geräte ist geeignet, Interessenten dazu zu veranlassen, das Geschäft aufzusuchen. Dort werden sie zwar enttäuscht, wenn sie die beworbenen Geräte nicht vorfinden. Nach der Lebenserfahrung eröffnet sich dadurch aber die Möglichkeit einer persönlich werbenden Ansprache in einem Maß, das sich ohne die Irreführung nicht geboten hätte; denn es ist mit dem Zulauf von Kunden zu rechnen, die bei Kenntnis der tatsächlichen Umstände von einem Besuch abgesehen hätten. Diese können, einmal angelockt, auch zum Erwerb anderer Waren veranlaßt werden (vgl. BGH, Urt. v. 9.5.1996 - I ZR 107/94, GRUR 1996, 800, 802 = WRP 1996, 899 - EDV-Geräte). Nach den gegebenen Umständen ist es wahrscheinlich, daß die Klägerin durch die Werbemaßnahmen der Beklagten geschädigt wurde. Beide Parteien betreiben in K. Verbrauchermärkte für Geräte der Unterhaltungselektronik und der Telekommunikation , deren örtliche Einzugsbereiche sich jedenfalls teilweise überschneiden. Der Umstand, daß das beiderseitige Sortiment aus der Sicht der Verbraucher jedenfalls teilweise austauschbar ist, läßt es naheliegend erscheinen, daß irreführende Werbemaßnahmen der hier beanstandeten Art geeignet waren, Kunden zu dem Verbrauchermarkt der Beklagten umzulenken.
In entsprechender Weise ist auch bei der angegriffenen Werbung mit Preisangaben für bestimmte Telekommunikationsgeräte, die nicht mit der Preisauszeichnung im Laden übereinstimmten, die Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts bei der Klägerin gegeben.
b) Das Auskunftsbegehren ist als Hilfsanspruch zur Durchsetzung des Schadensersatzanspruchs begründet. Der Klägerin liegen noch nicht alle für
diesen Zweck notwendigen Informationen vor, wie Angaben über die Auflage, in der die Werbung vom 2. Oktober 1996 im "Lokalanzeiger" gestreut wurde, und die sonstige Verbreitung dieser Werbung am gleichen Tag.
III. Auf die Revision der Klägerin war danach das Berufungsurteil unter Zurückweisung des Rechtsmittels im übrigen im Kostenpunkt und teilweise im Sachausspruch aufzuheben. Auf die Berufung der Klägerin war das landgerichtliche Urteil unter Zurückweisung des Rechtsmittels im übrigen und unter Zurückweisung der Anschlußberufung der Beklagten abzuändern. Den auf Unterlassung gerichteten Hauptanträgen war in vollem Umfang und den Anträgen auf Verurteilung der Beklagten zur Auskunftserteilung und auf Feststellung ihrer Schadensersatzpflicht teilweise stattzugeben. Im übrigen war die Klageabweisung durch die Vorinstanzen zu bestätigen. Die nach den Hilfsanträgen ausgesprochene Verurteilung zur Unterlassung, die aufgrund der Verurteilung nach den Hauptanträgen unwirksam geworden ist, war zur Klarstellung aufzuheben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1, § 97 Abs. 1 ZPO.
Erdmann v. Ungern-Sternberg Bornkamm
Pokrant Raebel
Für die Sorgfaltspflicht und Verantwortlichkeit der Aufsichtsratsmitglieder gelten § 93 mit Ausnahme des Absatzes 2 Satz 3 über die Sorgfaltspflicht und Verantwortlichkeit der Vorstandsmitglieder und § 15b der Insolvenzordnung sinngemäß. Die Aufsichtsratsmitglieder sind insbesondere zur Verschwiegenheit über erhaltene vertrauliche Berichte und vertrauliche Beratungen verpflichtet. Sie sind namentlich zum Ersatz verpflichtet, wenn sie eine unangemessene Vergütung festsetzen (§ 87 Absatz 1).
(1) Die Vorstandsmitglieder haben bei ihrer Geschäftsführung die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters anzuwenden. Eine Pflichtverletzung liegt nicht vor, wenn das Vorstandsmitglied bei einer unternehmerischen Entscheidung vernünftigerweise annehmen durfte, auf der Grundlage angemessener Information zum Wohle der Gesellschaft zu handeln. Über vertrauliche Angaben und Geheimnisse der Gesellschaft, namentlich Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse, die den Vorstandsmitgliedern durch ihre Tätigkeit im Vorstand bekanntgeworden sind, haben sie Stillschweigen zu bewahren.
(2) Vorstandsmitglieder, die ihre Pflichten verletzen, sind der Gesellschaft zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens als Gesamtschuldner verpflichtet. Ist streitig, ob sie die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters angewandt haben, so trifft sie die Beweislast. Schließt die Gesellschaft eine Versicherung zur Absicherung eines Vorstandsmitglieds gegen Risiken aus dessen beruflicher Tätigkeit für die Gesellschaft ab, ist ein Selbstbehalt von mindestens 10 Prozent des Schadens bis mindestens zur Höhe des Eineinhalbfachen der festen jährlichen Vergütung des Vorstandsmitglieds vorzusehen.
(3) Die Vorstandsmitglieder sind namentlich zum Ersatz verpflichtet, wenn entgegen diesem Gesetz
- 1.
Einlagen an die Aktionäre zurückgewährt werden, - 2.
den Aktionären Zinsen oder Gewinnanteile gezahlt werden, - 3.
eigene Aktien der Gesellschaft oder einer anderen Gesellschaft gezeichnet, erworben, als Pfand genommen oder eingezogen werden, - 4.
Aktien vor der vollen Leistung des Ausgabebetrags ausgegeben werden, - 5.
Gesellschaftsvermögen verteilt wird, - 6.
(weggefallen) - 7.
Vergütungen an Aufsichtsratsmitglieder gewährt werden, - 8.
Kredit gewährt wird, - 9.
bei der bedingten Kapitalerhöhung außerhalb des festgesetzten Zwecks oder vor der vollen Leistung des Gegenwerts Bezugsaktien ausgegeben werden.
(4) Der Gesellschaft gegenüber tritt die Ersatzpflicht nicht ein, wenn die Handlung auf einem gesetzmäßigen Beschluß der Hauptversammlung beruht. Dadurch, daß der Aufsichtsrat die Handlung gebilligt hat, wird die Ersatzpflicht nicht ausgeschlossen. Die Gesellschaft kann erst drei Jahre nach der Entstehung des Anspruchs und nur dann auf Ersatzansprüche verzichten oder sich über sie vergleichen, wenn die Hauptversammlung zustimmt und nicht eine Minderheit, deren Anteile zusammen den zehnten Teil des Grundkapitals erreichen, zur Niederschrift Widerspruch erhebt. Die zeitliche Beschränkung gilt nicht, wenn der Ersatzpflichtige zahlungsunfähig ist und sich zur Abwendung des Insolvenzverfahrens mit seinen Gläubigern vergleicht oder wenn die Ersatzpflicht in einem Insolvenzplan geregelt wird.
(5) Der Ersatzanspruch der Gesellschaft kann auch von den Gläubigern der Gesellschaft geltend gemacht werden, soweit sie von dieser keine Befriedigung erlangen können. Dies gilt jedoch in anderen Fällen als denen des Absatzes 3 nur dann, wenn die Vorstandsmitglieder die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters gröblich verletzt haben; Absatz 2 Satz 2 gilt sinngemäß. Den Gläubigern gegenüber wird die Ersatzpflicht weder durch einen Verzicht oder Vergleich der Gesellschaft noch dadurch aufgehoben, daß die Handlung auf einem Beschluß der Hauptversammlung beruht. Ist über das Vermögen der Gesellschaft das Insolvenzverfahren eröffnet, so übt während dessen Dauer der Insolvenzverwalter oder der Sachwalter das Recht der Gläubiger gegen die Vorstandsmitglieder aus.
(6) Die Ansprüche aus diesen Vorschriften verjähren bei Gesellschaften, die zum Zeitpunkt der Pflichtverletzung börsennotiert sind, in zehn Jahren, bei anderen Gesellschaften in fünf Jahren.
Für die Sorgfaltspflicht und Verantwortlichkeit der Aufsichtsratsmitglieder gelten § 93 mit Ausnahme des Absatzes 2 Satz 3 über die Sorgfaltspflicht und Verantwortlichkeit der Vorstandsmitglieder und § 15b der Insolvenzordnung sinngemäß. Die Aufsichtsratsmitglieder sind insbesondere zur Verschwiegenheit über erhaltene vertrauliche Berichte und vertrauliche Beratungen verpflichtet. Sie sind namentlich zum Ersatz verpflichtet, wenn sie eine unangemessene Vergütung festsetzen (§ 87 Absatz 1).
(1) Die Vorstandsmitglieder haben bei ihrer Geschäftsführung die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters anzuwenden. Eine Pflichtverletzung liegt nicht vor, wenn das Vorstandsmitglied bei einer unternehmerischen Entscheidung vernünftigerweise annehmen durfte, auf der Grundlage angemessener Information zum Wohle der Gesellschaft zu handeln. Über vertrauliche Angaben und Geheimnisse der Gesellschaft, namentlich Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse, die den Vorstandsmitgliedern durch ihre Tätigkeit im Vorstand bekanntgeworden sind, haben sie Stillschweigen zu bewahren.
(2) Vorstandsmitglieder, die ihre Pflichten verletzen, sind der Gesellschaft zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens als Gesamtschuldner verpflichtet. Ist streitig, ob sie die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters angewandt haben, so trifft sie die Beweislast. Schließt die Gesellschaft eine Versicherung zur Absicherung eines Vorstandsmitglieds gegen Risiken aus dessen beruflicher Tätigkeit für die Gesellschaft ab, ist ein Selbstbehalt von mindestens 10 Prozent des Schadens bis mindestens zur Höhe des Eineinhalbfachen der festen jährlichen Vergütung des Vorstandsmitglieds vorzusehen.
(3) Die Vorstandsmitglieder sind namentlich zum Ersatz verpflichtet, wenn entgegen diesem Gesetz
- 1.
Einlagen an die Aktionäre zurückgewährt werden, - 2.
den Aktionären Zinsen oder Gewinnanteile gezahlt werden, - 3.
eigene Aktien der Gesellschaft oder einer anderen Gesellschaft gezeichnet, erworben, als Pfand genommen oder eingezogen werden, - 4.
Aktien vor der vollen Leistung des Ausgabebetrags ausgegeben werden, - 5.
Gesellschaftsvermögen verteilt wird, - 6.
(weggefallen) - 7.
Vergütungen an Aufsichtsratsmitglieder gewährt werden, - 8.
Kredit gewährt wird, - 9.
bei der bedingten Kapitalerhöhung außerhalb des festgesetzten Zwecks oder vor der vollen Leistung des Gegenwerts Bezugsaktien ausgegeben werden.
(4) Der Gesellschaft gegenüber tritt die Ersatzpflicht nicht ein, wenn die Handlung auf einem gesetzmäßigen Beschluß der Hauptversammlung beruht. Dadurch, daß der Aufsichtsrat die Handlung gebilligt hat, wird die Ersatzpflicht nicht ausgeschlossen. Die Gesellschaft kann erst drei Jahre nach der Entstehung des Anspruchs und nur dann auf Ersatzansprüche verzichten oder sich über sie vergleichen, wenn die Hauptversammlung zustimmt und nicht eine Minderheit, deren Anteile zusammen den zehnten Teil des Grundkapitals erreichen, zur Niederschrift Widerspruch erhebt. Die zeitliche Beschränkung gilt nicht, wenn der Ersatzpflichtige zahlungsunfähig ist und sich zur Abwendung des Insolvenzverfahrens mit seinen Gläubigern vergleicht oder wenn die Ersatzpflicht in einem Insolvenzplan geregelt wird.
(5) Der Ersatzanspruch der Gesellschaft kann auch von den Gläubigern der Gesellschaft geltend gemacht werden, soweit sie von dieser keine Befriedigung erlangen können. Dies gilt jedoch in anderen Fällen als denen des Absatzes 3 nur dann, wenn die Vorstandsmitglieder die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters gröblich verletzt haben; Absatz 2 Satz 2 gilt sinngemäß. Den Gläubigern gegenüber wird die Ersatzpflicht weder durch einen Verzicht oder Vergleich der Gesellschaft noch dadurch aufgehoben, daß die Handlung auf einem Beschluß der Hauptversammlung beruht. Ist über das Vermögen der Gesellschaft das Insolvenzverfahren eröffnet, so übt während dessen Dauer der Insolvenzverwalter oder der Sachwalter das Recht der Gläubiger gegen die Vorstandsmitglieder aus.
(6) Die Ansprüche aus diesen Vorschriften verjähren bei Gesellschaften, die zum Zeitpunkt der Pflichtverletzung börsennotiert sind, in zehn Jahren, bei anderen Gesellschaften in fünf Jahren.