Änderung der BGH-Rechtsprechung zur Vorsatzanfechtung

erstmalig veröffentlicht: 21.11.2023, letzte Fassung: 27.11.2023
Zusammenfassung des Autors

Die BGH-Rechtsprechung zur Vorsatzanfechtung hat sich geändert. Das Urteil vom 6. Mai 2021 (IX ZR 72/20) erhöhte die Anforderungen an den Vorsatz des Schuldners für eine Gläubigerbenachteiligung. Kenntnis einer bereits eingetretenen Zahlungsunfähigkeit ist nur noch ein Indiz, abhängig von Tiefe und Dauer der Zahlungsunfähigkeit. Drohende Zahlungsunfähigkeit reicht allein nicht mehr aus, es bedarf weiterer Indizien. Das Urteil vom 10. Februar 2022 erhöhte die Beweislast zu Gunsten der Anfechtungsgegner. Die Urteile vom 3. März 2022 betonen die Bedeutung der insolvenzrechtlichen Überschuldung und weiterer Indizien für den Vorsatz. 

Änderung der BGH-Rechtsprechung zur Vorsatzanfechtung

Eine Richtungsänderung in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) zur Vorsatzanfechtung wurde mit dem Urteil vom 6. Mai 2021 (IX ZR 72/20) eingeleitet. Dieses Urteil, das hohe Wellen in der rechtlichen Gemeinschaft schlug, markierte eine überfällige Neujustierung in einem langjährigen Streit um die Anforderungen für die sogenannte Vorsatzanfechtung nach § 133 Insolvenzordnung (InsO). Diese Vorschrift war in den letzten 15 Jahren durch die Rechtsprechung des BGH zur Generalklausel des Anfechtungsrechts geworden.

Ausgangssituation

Die Folge dieser Entwicklung war eine Zunahme von Insolvenzverfahren auf Kosten derjenigen, die sich der Vorsatzanfechtung ausgesetzt sahen. Sie wurden zum einen mit dem Verlust ihrer Forderungen, sowie der Möglichkeit, bereits erhaltene Zahlungen an die Insolvenzmasse zurückzuzahlen konfrontiert. Der BGH hatte die Voraussetzungen für eine erfolgreiche Vorsatzanfechtung durch Vermutungstatbestände und Regelungen zur Verteilung der Darlegungs- und Beweislast erheblich erleichtert. Dies ging vielen Wirtschaftsvertretern und dem Gesetzgeber zu weit, was zur Änderung des Anfechtungsrechts im Jahr 2017 führte, wodurch die Vorsatzanfechtung eingeschränkt wurde.

Der BGH hat diese Änderung des Gesetzgebers in den Jahren seit 2017 aufgegriffen und seine Rechtsprechung behutsam angepasst. Dieser Kurswechsel wurde im Urteil vom 6. Mai 2021 deutlich betont und in den Urteilen vom 10. Februar 2022     (IX ZR 148/19) und 3. März 2022 (IX ZR 78/20 und IX ZR 53/19) weiter konkretisiert.

Urteil vom 6. Mai 2021

Im Urteil vom 6. Mai 2021 hat der BGH die Anforderungen an den Vorsatz des Schuldners für eine Gläubigerbenachteiligung erhöht. Dies wirkt sich auch auf die Anforderungen an die Kenntnis des Anfechtungsgegners aus. Früher wurde allein aus der Kenntnis einer bereits eingetretenen Zahlungsunfähigkeit automatisch auf den Benachteiligungsvorsatz des Schuldners geschlossen. Nunmehr dient diese Kenntnis nur noch als Indiz für den Vorsatz. Die Stärke dieses Indizes hängt von der Tiefe der Zahlungsunfähigkeit und ihrer Dauer ab. Auch die Möglichkeit einer zukünftigen Überwindung der Zahlungsunfähigkeit muss in Betracht gezogen werden. Nur wenn der Schuldner aufgrund der finanziellen Krise erwarten kann, seine Gläubiger nicht mehr vollständig zu befriedigen und eine Insolvenz unvermeidlich erscheint, liegt ein Gläubigerbenachteiligungsvorsatz vor.

Darüber hinaus hat der BGH die Auswirkungen einer nur drohenden Zahlungsunfähigkeit eingeschränkt. Die bloße drohende Zahlungsunfähigkeit reicht nicht mehr aus, um Zahlungen nach § 133 InsO anzufechten. Es bedarf weiterer Indizien, wie die gezielte Befriedigung bestimmter Altgläubiger außerhalb des normalen Geschäftsverlaufs oder inkongruenter Deckungen. Zudem hat der Insolvenzverwalter nun die Aufgabe nachzuweisen, warum es keine Aussichten auf die Überwindung der Zahlungsunfähigkeit gibt.

Urteil vom 10. Februar 2022

Das Urteil vom 10. Februar 2022 (IX ZR 148/19) hat die Darlegungs- und Beweislast im Rahmen der Vorsatzanfechtung zu Gunsten der Anfechtungsgegner erhöht. Der Insolvenzverwalter muss nun darlegen, wie sich der Schuldner gegenüber anderen Gläubigern verhalten hat, wenn der Anfechtungsgegner Anzeichen dafür vorbringt, dass der Schuldner die Zahlungen möglicherweise wieder aufnehmen könnte. Die bloße Tatsache, dass die Verbindlichkeit, die die Zahlungseinstellung begründet hatte, getilgt oder gestundet wurde, reicht als Anzeichen aus. Dies trägt dem Umstand Rechnung, dass Anfechtungsgegner oft keine Kenntnis von der wirtschaftlichen Lage des Schuldners haben.

Urteile vom 3. März 2022

Die Urteile vom 3. März 2022 (IX ZR 78/20 und IX ZR 53/19) betonen die Bedeutung einer insolvenzrechtlichen Überschuldung als Beweisanzeichen für einen Gläubigerbenachteiligungsvorsatz und die Kenntnis des Anfechtungsgegners. Allerdings ist die Aussagekraft begrenzt und hängt von der Wahrscheinlichkeit ab, dass die Zahlungsunfähigkeit tatsächlich eintreten wird. Weitere Indizien, insbesondere solche aus der Art der angefochtenen Rechtshandlung, müssen hinzukommen. Die Urteile klären auch, dass die Insolvenzantragspflicht nicht automatisch den Zeitraum begrenzt, in dem der zahlungsunfähige Schuldner seine Gläubiger befriedigen kann. Hierbei sind die Umstände des Einzelfalls entscheidend.

Fazit

Die jüngsten Entwicklungen in der Rechtsprechung und die Gesetzesänderung von 2017 haben die Beweislastverteilung wieder stärker zu Gunsten der Anfechtungsgegner verschoben. Geschäfte mit insolvenzgefährdeten Unternehmen sind zwar weniger riskant geworden, bergen jedoch immer noch erhebliche Anfechtungsrisiken, die sorgfältig geprüft werden sollten.

Gesetze

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Insolvenzordnung - InsO | § 133 Vorsätzliche Benachteiligung


(1) Anfechtbar ist eine Rechtshandlung, die der Schuldner in den letzten zehn Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag mit dem Vorsatz, seine Gläubiger zu benachteiligen, vorgenommen hat, wenn der andere Tei

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BUNDESGERICHTSHOF
Urteil vom 06.05.2021 - IX ZR 72/20
 
Tenor

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil der 8. Zivilkammer des Landgerichts Bonn vom 17. März 2020 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand


Der Kläger ist Verwalter in dem auf Fremdantrag vom 8. Oktober 2015 am 3. November 2015 eröffneten Insolvenzverfahren über das Vermögen der N.                          GmbH (nachfolgend: Schuldnerin). Unter dem Gesichtspunkt der Vorsatzanfechtung verlangt der Kläger von der beklagten Bundesrepublik Deutschland Rückgewähr von insgesamt zehn Teilzahlungen, welche die Schuldnerin auf ein vom Bundesamt für Justiz (nachfolgend: Bundesamt) nach § 335 HGB verhängtes Ordnungsgeld sowie zur Begleichung von Gebühren und Auslagen erbracht hat.

Die Schuldnerin war ihrer Pflicht zur Offenlegung des Jahresabschlusses für das Geschäftsjahr 2006 nicht nachgekommen. Das Bundesamt drohte ihr deshalb mit Schreiben vom 17. März 2008 ein Ordnungsgeld in Höhe von 2.500 € an. Daneben setzte es eine Gebühr von 50 € sowie Auslagen in Höhe von 3,50 € fest. Die Schuldnerin legte Einspruch ein und bat um Fristverlängerung. Sie begründete die Säumnis mit Sanierungsmaßnahmen und wies daraufhin, dass die verzögerte Erstellung des Jahresabschlusses im Interesse ihres Erhalts erfolge. Der Jahresabschluss wurde am 24. September 2008 offengelegt. Am 4. August 2009 setzte das Bundesamt das angedrohte Ordnungsgeld von 2.500 € zuzüglich Auslagen von 3,50 € fest. Die dagegen eingelegte Beschwerde der Schuldnerin wurde durch Beschluss des Landgerichts Bonn vom 17. März 2010 zurückgewiesen.

Mit Schreiben vom 29. April 2010 erinnerte das Bundesamt an den Ausgleich der Gesamtforderung in Höhe von 2.557 € (2.500 € zzgl. 50 € zzgl. 3,50 € zzgl. 3,50 €). Unter dem 21. Mai 2010 nahm das Bundesamt schriftlich auf einen telefonischen Antrag eines Vertreters der Schuldnerin auf Ratenzahlung sowie auf eine "eingehende telefonische Erörterung der wirtschaftlichen Verhältnisse des Unternehmens" Bezug und erklärte sich mit einer ratenweisen Begleichung der offenen Forderung einverstanden. In der Zeit vom 14. Juni 2010 bis zum 23. März 2011 leistete die Schuldnerin daraufhin neun Ratenzahlungen in Höhe von insgesamt 2.307 €. Am 27. Februar 2012 zahlte die Schuldnerin weitere 53,50 € an Gebühren und Auslagen, nachdem sie den Jahresabschluss für das Geschäftsjahr 2010 nicht offengelegt und das Bundesamt ihr auch insoweit ein Ordnungsgeld angedroht hatte.

Das Amtsgericht hat die auf Rückzahlung von 2.360,50 € nebst Zinsen gerichtete Klage abgewiesen. Die Berufung des Klägers hat keinen Erfolg gehabt. Mit seiner vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein ursprüngliches Klageziel weiter.

Gründe


Die Revision hat Erfolg. Das Rechtsmittel führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

A.

Das Berufungsgericht hat ausgeführt: Das Amtsgericht habe die auf § 133 Abs. 1 InsO in der bis zum 4. April 2017 geltenden Fassung gestützte Klage mit Recht abgewiesen. Es könne offenbleiben, ob die Schuldnerin mit dem Vorsatz gehandelt habe, ihre Gläubiger zu benachteiligen. Jedenfalls fehle es an einer Kenntnis des Bundesamts von einem solchen Benachteiligungsvorsatz. Das Bundesamt treffe keine Beobachtungs- und Erkundigungspflicht. Es habe nicht im Allgemeininteresse oder im Interesse einer Versichertengemeinschaft die Entwicklung eines krisenbehafteten Unternehmens zu verfolgen. Insbesondere sei das Bundesamt nicht gehalten, die offengelegten Jahresabschlüsse auf ihre inhaltliche Richtigkeit zu prüfen. Auch aus dem Zahlungsverhalten und den Einlassungen der Schuldnerin könne nicht auf eine Kenntnis des Bundesamts vom Gläubigerbenachteiligungsvorsatz der Schuldnerin geschlossen werden. Schließlich seien dem Bundesamt auch nicht etwaige Kenntnisse der Bundesanzeiger Verlag GmbH (nachfolgend: GmbH) über eine bilanzielle Überschuldung der Schuldnerin zuzurechnen. Dementsprechend könne dahinstehen, ob derartige Kenntnisse auf Seiten der GmbH vorhanden gewesen seien. Anhaltspunkte für eine Kenntnis gebe es überdies nicht.

B.

Die Ausführungen des Berufungsgerichts halten rechtlicher Prüfung nicht stand. Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung kann eine Kenntnis des Bundesamts vom revisionsrechtlich zu unterstellenden Gläubigerbenachteiligungsvorsatz der Schuldnerin nicht verneint werden.

I.

Gemäß § 133 Abs. 1 InsO in der bis zum 4. April 2017 geltenden Fassung des Gesetzes vom 5. Oktober 1994 (BGBl. I S. 2866; nachfolgend § 133 Abs. 1 InsO aF) ist eine Rechtshandlung anfechtbar, die der Schuldner in den letzten zehn Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens mit dem Vorsatz vorgenommen hat, seine Gläubiger zu benachteiligen, wenn der andere Teil zur Zeit der Handlung den Vorsatz des Schuldners kannte. Die Kenntnis des anderen Teils wird vermutet, wenn dieser wusste, dass die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners drohte und dass die Handlung die Gläubiger benachteiligte (§ 133 Abs. 1 Satz 2 InsO aF).

Der für die subjektiven Voraussetzungen der Vorsatzanfechtung darlegungs- und beweisbelastete Insolvenzverwalter hat demnach zwei Möglichkeiten, die Kenntnis des Anfechtungsgegners vom Gläubigerbenachteiligungsvorsatz des Schuldners nachzuweisen. Er kann den Vollbeweis führen oder sich mit der Darlegung und dem Nachweis des Vermutungstatbestands des § 133 Abs. 1 Satz 2 InsO aF begnügen. Greift lediglich die gesetzliche Vermutung, steht dem Anfechtungsgegner der Beweis des Gegenteils offen (§ 292 ZPO).

II.

Dem wird das angefochtene Urteil nicht gerecht. Der Vollbeweis einer auf Seiten des Bundesamts vorhandenen Kenntnis vom (unterstellten) Gläubigerbenachteiligungsvorsatz der Schuldnerin lässt sich mit den vom Berufungsgericht angestellten Erwägungen nicht verneinen. Den Vermutungstatbestand des § 133 Abs. 1 Satz 2 InsO hat das Berufungsgericht nicht gesondert in Erwägung gezogen.

1. Die Kenntnis des Anfechtungsgegners vom Gläubigerbenachteiligungsvorsatz des Schuldners ist ebenso wie der Vorsatz selbst eine innere, dem Beweis nur eingeschränkt zugängliche Tatsache. Die subjektiven Voraussetzungen der Vorsatzanfechtung können daher in aller Regel nur mittelbar aus objektiven (Hilfs-)Tatsachen hergeleitet werden (vgl. BGH, Urteil vom 14. Juli 2016 - IX ZR 188/15, ZIP 2016, 1686 Rn. 12; st. Rspr.).

Es ist Aufgabe des Tatrichters, die ihm unterbreiteten Hilfstatsachen auf der Grundlage des Gesamtergebnisses der mündlichen Verhandlung und einer etwaigen Beweisaufnahme umfassend und widerspruchsfrei zu würdigen (vgl. BGH, Urteil vom 14. Juli 2016, aaO). Dabei hat er die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu den für und gegen den Gläubigerbenachteiligungsvorsatz und die Kenntnis von diesem sprechenden Beweisanzeichen zu berücksichtigen. Die einzelnen Beweisanzeichen dürfen dabei nicht schematisch angewandt werden (BGH, Urteil vom 7. Mai 2020 - IX ZR 18/19, WM 2020, 1074 Rn. 10; vom 17. September 2020 - IX ZR 174/19, ZIP 2020, 2135 Rn. 17).

2. Zu den Beweisanzeichen, die für die subjektiven Voraussetzungen der Vorsatzanfechtung sprechen, zählt die erkannte Zahlungsunfähigkeit. Ein Schuldner, der zahlungsunfähig ist und seine Zahlungsunfähigkeit kennt, handelt nach der bisherigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs in der Regel mit Benachteiligungsvorsatz (vgl. BGH, Urteil vom 14. September 2017 - IX ZR 3/16, WM 2017, 2319 Rn. 8; Beschluss vom 5. März 2020 - IX ZR 171/18, ZInsO 2020, 893 Rn. 10). Dementsprechend hat der Senat bisher entschieden, dass der Anfechtungsgegner regelmäßig den Gläubigerbenachteiligungsvorsatz des Schuldners erkennt, wenn er um dessen Zahlungsunfähigkeit weiß (BGH, Urteil vom 14. Juli 2016, aaO Rn. 14; Beschluss vom 5. März 2020, aaO).

3. Zur Feststellung der Zahlungsunfähigkeit im Sinne des § 17 Abs. 2 Satz 1 InsO ist die Aufstellung einer Liquiditätsbilanz entbehrlich, wenn eine Zahlungseinstellung nach § 17 Abs. 2 Satz 2 InsO die gesetzliche Vermutung der Zahlungsunfähigkeit begründet (BGH, Urteil vom 7. Mai 2015 - IX ZR 95/14, WM 2015, 1202 Rn. 12). Kennen Schuldner und Anfechtungsgegner Tatsachen, aus denen sich bei zutreffender rechtlicher Würdigung die Zahlungseinstellung des Schuldners mit der nach § 286 ZPO notwendigen Gewissheit ergibt, kennen sie damit nach der bisherigen Rechtsprechung auch die Zahlungsunfähigkeit (BGH, Urteil vom 18. Juli 2013 - IX ZR 143/12, WM 2013, 1993 Rn. 17 mwN; vgl. auch Urteil vom 12. Oktober 2017 - IX ZR 50/15, WM 2017, 2322 Rn. 19).

Zahlungseinstellung ist dasjenige nach außen hervortretende Verhalten des Schuldners, in dem sich typischerweise ausdrückt, dass er nicht in der Lage ist, seine fälligen Zahlungspflichten zu erfüllen. Es muss sich mindestens für die beteiligten Verkehrskreise der berechtigte Eindruck aufdrängen, dass der Schuldner außerstande ist, seinen fälligen Zahlungsverpflichtungen zu genügen. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs reicht die tatsächliche Nichtzahlung eines erheblichen Teils der fälligen Verbindlichkeiten für eine Zahlungseinstellung aus. Das gilt selbst dann, wenn tatsächlich noch geleistete Zahlungen beträchtlich sind, aber im Verhältnis zu den fälligen Gesamtschulden nicht den wesentlichen Teil ausmachen. Die Nichtzahlung einer einzigen Verbindlichkeit kann eine Zahlungseinstellung begründen, wenn die Forderung von insgesamt nicht unbeträchtlicher Höhe ist (BGH, Urteil vom 12. Oktober 2017, aaO Rn. 12 mwN). Eigene Erklärungen des Schuldners, fällige Verbindlichkeiten nicht begleichen zu können, deuten ebenfalls auf eine Zahlungseinstellung hin, auch wenn sie mit einer Stundungsbitte versehen sind (vgl. BGH, Urteil vom 24. März 2016 - IX ZR 242/13, WM 2016, 797 Rn. 8).

4. Unter Berücksichtigung der vorstehenden Grundsätze lässt sich eine auf Seiten des Bundesamts erkannte Zahlungseinstellung der Schuldnerin und damit eine Kenntnis des Bundesamts von deren Gläubigerbenachteiligungsvorsatz mit den Erwägungen des Berufungsgerichts nicht verneinen.

a) Mit Recht hat das Berufungsgericht allerdings erkannt, dass sich das Bundesamt keine Kenntnisse der Bundesanzeiger Verlag GmbH als Betreiber des Bundesanzeigers, in dem die Jahresabschlüsse bekannt zu machen sind, über die handelsbilanzielle Überschuldung der Schuldnerin zurechnen lassen muss. Seine Mitarbeiter waren auch nicht gehalten, selbst Einsicht in die offengelegten Jahresabschlüsse zu nehmen.

aa) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs findet die Zurechnung fremden Wissens auch im Bereich der Insolvenzanfechtung statt. Anerkannt ist etwa, dass der Einzugsstelle für die Gesamtsozialversicherbeiträge bei der Beurteilung der subjektiven Voraussetzungen des § 133 Abs. 1 InsO aF Kenntnisse des Sachbearbeiters des Hauptzollamts, dessen sich die Stelle bei der Vollstreckung ihrer Bescheide bedient, entsprechend § 166 Abs. 1 BGB zuzurechnen sind (BGH, Beschluss vom 14. Februar 2013 - IX ZR 115/12, ZInsO 2013, 608 Rn. 4 ff; Urteil vom 7. Mai 2015 - IX ZR 95/14, WM 2015, 1202 Rn. 23; vom 31. Oktober 2019 - IX ZR 170/18, ZIP 2020, 83 Rn. 14). Eine Wissenszurechnung hat der Senat zudem angenommen im Falle der Bildung einer behördenübergreifenden Handlungs- und Informationseinheit zur Bezahlung einer Forderung durch Aufrechnung (BGH, Urteil vom 30. Juni 2011 - IX ZR 155/08, BGHZ 190, 201 Rn. 19 ff). Diese Rechtsprechung beruht auf dem Gedanken, dass der Anfechtungsgegner nicht Nutzen aus einer im Zusammenhang mit einer Rechtshandlung bestehenden Wissensaufspaltung ziehen können soll, indem er sich gegenüber Erkenntnissen abschottet, welche die Anfechtbarkeit der Rechtshandlung begründen (vgl. BGH, Urteil vom 30. Juni 2011, aaO Rn. 20; Beschluss vom 14. Februar 2013, aaO Rn. 6).

An einer Wissensaufspaltung im vorstehenden Sinne fehlt es im Streitfall. Das Bundesamt und die GmbH wirken in unterschiedlichen Aufgabenbereichen darauf hin, dass Unternehmen die Offenlegungspflichten nach § 325 HGB erfüllen. Die GmbH prüft, ob die einzureichenden Unterlagen fristgemäß und vollzählig eingereicht worden sind (§ 329 Abs. 1 Satz 1 HGB). Ist das nicht der Fall, unterrichtet sie das für die Durchführung der Ordnungsgeldverfahren nach §§ 335, 340o und 341o HGB zuständige Bundesamt (§ 329 Abs. 4 HGB). Aus dieser gesetzlich vorgesehenen Aufgabenteilung folgt jedoch keine Wissensaufspaltung im Zusammenhang mit der hier interessierenden Rechtshandlung - der Begleichung eines festgesetzten Ordnungsgelds nebst Gebühren und Auslagen. Die Aufgabenteilung bewirkt keine Abschottung des Bundesamts gegenüber Erkenntnissen, die zur Anfechtbarkeit der Begleichung eines festgesetzten Ordnungsgelds führen könnten. Die von der GmbH nach § 329 Abs. 1 Satz 1 HGB vorzunehmende Prüfung ist beschränkt auf die Vollzähligkeit der eingereichten Unterlagen und die Einhaltung der zu beachtenden Frist. Eine inhaltliche Prüfung der Unterlagen ist nicht vorgesehen (MünchKomm-HGB/Fehrenbacher, 4. Aufl., § 329 Rn. 8; BeckOGK-HGB/Drinhausen, 2020, § 329 Rn. 6; Böcking/Gros/Rabenhorst in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, HGB, 4. Aufl., § 329 Rn. 4).

bb) Die Mitarbeiter des Bundesamts waren nicht gehalten, die offengelegten Jahresabschlüsse auf eine handelsbilanzielle Überschuldung der Schuldnerin zu prüfen. Selbst wenn eine entsprechende Obliegenheit bestünde, ließe sich damit die nach § 133 Abs. 1 InsO aF erforderliche Kenntnis vom Gläubigerbenachteiligungsvorsatz nicht begründen.

In einem nach § 10 Abs. 1 Nr. 4 GesO zu beurteilenden Anfechtungsfall ist der Bundesgerichtshof davon ausgegangen, der Gläubiger könne auf Grund von Presseberichten, die keine amtliche Verlautbarung enthalten, nach den Umständen gehalten sein, sich nach der Zahlungsfähigkeit des Schuldners zu erkundigen (BGH, Urteil vom 19. Juli 2001 - IX ZR 36/99, ZIP 2001, 1641). Dies beruhte auf den gegenüber § 133 InsO aF geringeren subjektiven Anforderungen des § 10 Abs. 1 Nr. 4 GesO. Mit Urteil vom 19. Februar 2009 (IX ZR 62/08, BGHZ 180, 63 Rn. 21 f) hat der Bundesgerichtshof Arbeitnehmer von einer Beobachtungs- und Erkundigungsobliegenheit ausgenommen und diese auf institutionelle Gläubiger wie den Fiskus oder die Sozialversicherungsträger begrenzt. Später hat er klargestellt, dass die Beobachtungs- und Erkundigungsobliegenheit an besondere Umstände anknüpfe (BGH, Urteil vom 30. Juni 2011 - IX ZR 155/08, BGHZ 190, 201 Rn. 21).

Im Streitfall sind die Voraussetzungen für eine Beobachtungs- und Erkundigungsobliegenheit nicht erfüllt. Im Blick auf das hier interessierende Ordnungsgeld ist das Bundesamt kein institutioneller Gläubiger im aufgezeigten Sinne. Festsetzung und Beitreibung des Ordnungsgelds sollen die Einhaltung der aus § 325 HGB folgenden Offenlegungspflichten gewährleisten, sie erfolgen daher weder im fiskalischen Allgemeininteresse noch im Interesse einer Versichertengemeinschaft (vgl. BGH, Urteil vom 30. Juni 2011, aaO). Es fehlt auch an besonderen Umständen, die eine Beobachtungs- und Erkundigungsobliegenheit begründen könnten. Die Obliegenheit entsteht nicht, wenn - wie hier - Zweifel an der Zahlungsfähigkeit des Schuldners (lediglich) aus dessen Zahlungsverhalten dem Gläubiger gegenüber folgen. Sonst wäre jeder institutionelle Gläubiger schon dann zur Beobachtung und Erkundigung gehalten, wenn aufgrund von Zahlungsverzögerungen des Schuldners ihm gegenüber Grund zu Zweifeln an dessen Zahlungsfähigkeit besteht.

b) Die vom Berufungsgericht im Rahmen der Prüfung der Kenntnis des Bundesamts vom Gläubigerbenachteiligungsvorsatz vorgenommene Gesamtwürdigung der für und gegen eine Zahlungseinstellung der Schuldnerin sprechenden Umstände ist rechtsfehlerhaft. Das Berufungsgericht hat Umstände berücksichtigt, die es nicht hätte berücksichtigen dürfen, und zu berücksichtigende Umstände nicht gewürdigt.

aa) Rechtsfehlerhaft hat das Berufungsgericht darauf abgestellt, dass der Kläger nicht dargelegt habe, warum die Schuldnerin nicht lediglich zahlungsunwillig gewesen sei. Das Berufungsgericht hätte die dargelegten objektiven Umstände darauf untersuchen müssen, ob diese auf eine Zahlungseinstellung schließen lassen. Die aus § 17 Abs. 2 Satz 2 InsO folgende gesetzliche Vermutung für die Zahlungsunfähigkeit kann auch dann eingreifen, wenn der Schuldner in Wirklichkeit nur zahlungsunwillig ist. Ausschlaggebend ist der nach außen hervortretende, objektive Eindruck. Lässt dieser Eindruck auf eine Zahlungseinstellung schließen, wird gesetzlich vermutet, dass nicht lediglich Zahlungsunwilligkeit, sondern Zahlungsunfähigkeit vorlag (vgl. BGH, Urteil vom 15. März 2012 - IX ZR 239/09, WM 2012, 711 Rn. 18; vom 12. Oktober 2017 - IX ZR 50/15, WM 2017, 2322 Rn. 13). Diese Vermutung ist zu widerlegen. Im Falle einer nach den objektiven Umständen anzunehmenden Zahlungseinstellung hilft deshalb der Einwand, der Schuldner sei lediglich zahlungsunwillig gewesen, nur weiter, wenn der Anfechtungsgegner den Nachweis führt (§ 292 ZPO), dass der Schuldner zahlungsfähig war (vgl. BGH, Urteil vom 12. Oktober 2017, aaO).

Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts ist es auch nicht erforderlich, dass die Forderungen mehrerer Gläubiger nicht bedient werden. Vielmehr kann auch die Nichtzahlung einer einzigen Verbindlichkeit eine Zahlungseinstellung begründen, wenn die Forderung von insgesamt nicht unbeträchtlicher Höhe ist (BGH, Urteil vom 12. Oktober 2017, aaO Rn. 12 mwN). Die Annahme einer Zahlungseinstellung setzt auch nicht die Feststellung der genauen Höhe der gegen den Schuldner bestehenden Forderungen oder gar einer Unterdeckung von mindestens 10 vom Hundert voraus (BGH, Urteil vom 30. Juni 2011 - IX ZR 134/10, ZInsO 2011, 1410 Rn. 13; vom 7. Mai 2013 - IX ZR 113/10, ZInsO 2013, 1419 Rn. 19).

Rechtsfehlerhaft hat das Berufungsgericht schließlich in seine Erwägungen eingestellt, dass es keine Anhaltspunkte für eine vorwerfbare Gesinnung auf Seiten der Mitarbeiter des Bundesamts gebe. § 133 Abs. 1 InsO aF setzt keinen eigenen Benachteiligungsvorsatz des Anfechtungsgegners voraus, sondern nur dessen Kenntnis vom Vorsatz des Schuldners (vgl. BGH, Urteil vom 30. Juni 2011 - IX ZR 155/08, BGHZ 190, 201 Rn. 28 mwN). Es kommt deshalb nicht darauf an, ob auch der Anfechtungsgegner die Benachteiligung der Gläubigergesamtheit will oder jedenfalls billigend in Kauf nimmt.

bb) Die vom Berufungsgericht vorgenommene Würdigung ist auch unvollständig. Das Berufungsgericht hat unberücksichtigt gelassen, dass nach dem bestrittenen Vortrag des Klägers der von ihm als Zeuge benannte Steuerberater der Schuldnerin anlässlich der im Schreiben des Bundesamts vom 21. Mai 2010 in Bezug genommenen Erörterung der wirtschaftlichen Verhältnisse der Schuldnerin als deren Vertreter darauf hingewiesen habe, dass es der Schuldnerin nicht möglich sei, die geschuldete Summe in einem Betrag zu entrichten. Das Berufungsgericht hat sich auch nicht mit dem Vortrag des Klägers befasst, wonach die von der Schuldnerin im Ordnungsgeldverfahren eingelegten Rechtsbehelfe von vornherein aussichtslos gewesen und nur als strategisches Mittel zum Aufschub der zu leistenden Zahlungen genutzt worden seien. Auch das könnte für eine Zahlungseinstellung sprechen (vgl. BGH, Urteil vom 25. Februar 2016 - IX ZR 109/15, WM 2016, 560 Rn. 15). Sollte die Schuldnerin einen Zahlungsaufschub bezweckt haben, käme hinzu, dass dieser Zeitraum ersichtlich nicht ausreichte, um die zur Begleichung der offenen Verbindlichkeiten benötigten Mittel herbeizuschaffen. Schließlich hat das Berufungsgericht nicht erwogen, dass die Schuldnerin ihre Pflichten aus der im Mai 2010 getroffenen Ratenzahlungsvereinbarung weder ordnungsgemäß (verspätete Entrichtung der Raten) noch vollständig (Rate Oktober 2010) erfüllt hat.

C.

Das angefochtene Urteil ist danach aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Da die Sache nicht zur Endentscheidung reif ist, ist sie zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 und 3 ZPO). Das Berufungsgericht wird sich erneut mit der Frage zu befassen haben, ob auf Seiten des Bundesamts Kenntnis vom (unterstellten) Gläubigerbenachteiligungsvorsatz der Schuldnerin vorlag. Dabei wird Folgendes zu berücksichtigen sein:

1. Eine mögliche Überschuldung der Schuldnerin ist für die Kenntnis des Bundesamts vom Gläubigerbenachteiligungsvorsatz ohne Bedeutung. Auf die von der Revision in diesem Zusammenhang aufgeworfenen Fragen kommt es nicht an. Die Mitarbeiter des Bundesamts kannten noch nicht einmal die Handelsbilanzen der Schuldnerin und mussten diese auch nicht kennen.

2. Der Vollbeweis der gemäß § 133 Abs. 1 Satz 1 InsO aF erforderlichen Kenntnis vom Gläubigerbenachteiligungsvorsatz wäre nicht allein deshalb anzunehmen, weil man auf Seiten des Bundesamts eine Zahlungseinstellung der Schuldnerin erkannt hatte und deshalb die Kenntnis von der Zahlungsunfähigkeit zu vermuten wäre. Die Rechtsprechung, wonach allein aus der vom Anfechtungsgegner erkannten Zahlungsunfähigkeit gefolgert wird, dieser sei in der Regel auch über den Benachteiligungsvorsatz des Schuldners im Bilde (BGH, Urteil vom 14. Juli 2016 - IX ZR 188/15, ZIP 2016, 1686 Rn. 14 mwN; st. Rspr.), bedarf einer neuen Ausrichtung. Entsprechendes gilt für die Feststellung des Gläubigerbenachteiligungsvorsatzes selbst. Soweit die Rechtsprechung bisher angenommen hat, dass ein Schuldner, der zahlungsunfähig ist und seine Zahlungsunfähigkeit kennt, in aller Regel mit Benachteiligungsvorsatz handelt (vgl. BGH, Urteil vom 21. Januar 2016 - IX ZR 84/13, ZIP 2016, 374 Rn. 15; vom 7. September 2017 - IX ZR 224/16, WM 2017, 1910 Rn. 23; vom 14. September 2017 - IX ZR 3/16, WM 2017, 2319 Rn. 8; st. Rspr.), kann ebenfalls nicht mehr allein darauf abgestellt werden, dass der Schuldner seine Zahlungsunfähigkeit kannte. Dies gilt auch für § 133 InsO in der derzeit geltenden Fassung.

a) Der Schluss von der erkannten Zahlungsunfähigkeit auf den Gläubigerbenachteiligungsvorsatz und auf die Kenntnis von diesem fügt sich nicht ohne Bruch in die Systematik der Anfechtungstatbestände ein. Entsprechendes gilt für die Systematik des § 133 Abs. 1 InsO selbst. Die Annahme der subjektiven Voraussetzungen der Vorsatzanfechtung allein aufgrund erkannter Zahlungsunfähigkeit lässt vor diesem Hintergrund einen entsprechenden Willen des Gesetzgebers zweifelhaft erscheinen. Es kommt hinzu, dass die erkannte Zahlungsunfähigkeit für sich genommen in einer nicht zu vernachlässigenden Zahl der Fälle nicht mit hinreichender Gewissheit (§ 286 ZPO) auf die subjektiven Voraussetzungen der Vorsatzanfechtung schließen lässt. Dies gilt insbesondere dann, wenn der Schuldner aus der maßgeblichen Sicht ex ante trotz eingetretener Zahlungsunfähigkeit berechtigterweise davon ausgehen durfte, noch alle seine Gläubiger befriedigen zu können. Der Senat hält es deshalb für erforderlich, den Bezugspunkt des Gläubigerbenachteiligungsvorsatzes zu erweitern. Es reicht nicht aus, dass der Schuldner weiß, dass er im Zeitpunkt der Vornahme der später angefochtenen Rechtshandlung nicht alle seine Gläubiger befriedigen kann. Entscheidend ist, dass er weiß oder jedenfalls billigend in Kauf nimmt, dass er auch künftig nicht dazu in der Lage sein wird.

aa) Nach der bisherigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs gilt das Beweisanzeichen der beiderseits erkannten Zahlungsunfähigkeit für die subjektiven Voraussetzungen der Vorsatzanfechtung auch dann, wenn der Schuldner seinem Gläubiger eine kongruente Deckung gewährt (vgl. BGH, Urteil vom 10. Januar 2013 - IX ZR 13/12, ZIP 2013, 174 Rn. 15; vom 25. April 2013 - IX ZR 235/12, ZInsO 2013, 1077 Rn. 25; vom 12. Februar 2015 - IX ZR 180/12, ZIP 2015, 585 Rn. 22). Darin liegt der eigentliche Anwendungsbereich dieses Beweisanzeichens. Die Gewährung einer inkongruenten Deckung ist ein eigenständiges Beweisanzeichen. Dieses ist schon dann zu berücksichtigen, wenn die Wirkungen der Rechtshandlung zu einem Zeitpunkt eintraten, als zumindest aus der Sicht des Empfängers der Leistung Anlass bestand, an der Liquidität des Schuldners zu zweifeln (zuletzt BGH, Urteil vom 17. September 2020 - IX ZR 174/19, ZIP 2020, 2135 Rn. 23 mwN).

Der Schluss von der erkannten Zahlungsunfähigkeit auf die subjektiven Voraussetzungen der Vorsatzanfechtung führt im Falle der Gewährung kongruenter Deckungen zu einem weitgehenden Gleichlauf mit den Voraussetzungen der Deckungsanfechtung nach § 130 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 InsO und damit faktisch zu einer Verlängerung des nach dieser Vorschrift maßgeblichen Anfechtungszeitraums von drei Monaten auf zehn Jahre nach altem Recht (§ 133 Abs. 1 Satz 1 InsO aF) und auf vier Jahre nach neuem Recht (§ 133 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 InsO). Das stößt nicht nur auf gesetzessystematische Bedenken. Auch ein entsprechender Wille des Gesetzgebers erscheint zweifelhaft. Die Regelung des § 130 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 InsO beruht auf dem Gedanken, dass ein Gläubiger, der eine kongruente Deckung erhalten hat, grundsätzlich darauf vertrauen können soll, die ihm zustehende Leistung behalten zu dürfen. Dieses Vertrauen soll zwar dann keinen Schutz verdienen, wenn der Gläubiger wusste, dass die Krise eingetreten war. Das Risiko, dass er die empfangene Leistung zur Insolvenzmasse zurückgewähren muss, soll der Gläubiger indes auch in diesem Fall im Grundsatz nur dann tragen, wenn das Insolvenzverfahren innerhalb einer begrenzten Zeit nach Erhalt der Leistung eröffnet wird (vgl. BT-Drucks. 12/2443, S. 158). Dieses Ansinnen wird verfehlt, wenn man die Anfechtung einer kongruenten Deckung nach § 133 Abs. 1 InsO schon dann für möglich hält, wenn der Schuldner erkanntermaßen zahlungsunfähig war.

Allerdings kann auch eine außerhalb der kritischen Zeit gewährte kongruente Deckung nach § 133 Abs. 1 InsO anfechtbar sein. Dies hat der Gesetzgeber mit der Neufassung des § 133 InsO durch das Insolvenzanfechtungsreformgesetz vom 29. März 2017 (BGBl. I S. 654 ff) bestätigt, indem er den Anfechtungszeitraum für Deckungshandlungen einheitlich auf vier Jahre vor dem Eröffnungsantrag festgelegt hat (§ 133 Abs. 2 InsO). Die Ausschöpfung des längeren Zeitraums darf aber nicht unter den gleichen Voraussetzungen möglich sein, unter denen die Anfechtung nach § 130 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 InsO auf die kritische Zeit von drei Monaten vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens begrenzt ist.

bb) Die Rechtsprechung zum Beweisanzeichen der beiderseits erkannten Zahlungsunfähigkeit stellt überdies Sinn und Zweck der gesetzlichen Vermutung des § 133 Abs. 1 Satz 2 InsO (iVm Abs. 3 Satz 1) infrage. Die Vermutungsregelung ist mit dem Ziel geschaffen worden, dem Insolvenzverwalter die schwierige Beweisführung im Blick auf die Kenntnis des Anfechtungsgegners vom Gläubigerbenachteiligungsvorsatz und damit die praktische Durchsetzung des Anfechtungsanspruchs zu erleichtern (vgl. BT-Drucks. 12/2443, S. 160, 265 f). Die bezweckte Erleichterung kommt nicht zum Tragen, wenn man, wie es der Senat in der Vergangenheit getan hat, den Vollbeweis des Gläubigerbenachteiligungsvorsatzes des Schuldners allein aus der von ihm erkannten (drohenden) Zahlungsunfähigkeit ableitet (vgl. etwa BGH, Urteil vom 8. Januar 2015 - IX ZR 198/13, WM 2015, 293 Rn. 9 mwN; vom 21. Januar 2016 - IX ZR 84/13, ZIP 2016, 374 Rn. 15). Für die Kenntnis des Anfechtungsgegners von diesem Vorsatz gelten nämlich keine weitergehenden Anforderungen. Knüpft man den Gläubigerbenachteiligungsvorsatz und damit auch den Vollbeweis der Kenntnis des Anfechtungsgegners von diesem nicht mehr allein an die erkannte Zahlungsunfähigkeit, kommt ein eigenständiger, die Beweisführung erleichternder Anwendungsbereich der Vermutungsregelung des § 133 Abs. 1 Satz 2 InsO überhaupt erst in Betracht.

cc) Der Schluss von der erkannten Zahlungsunfähigkeit auf den Gläubigerbenachteiligungsvorsatz und die Kenntnis von diesem beruht auf dem Gedanken, der erkanntermaßen zahlungsunfähige Schuldner wisse, dass sein Vermögen nicht ausreicht, um sämtliche Gläubiger zu befriedigen (vgl. etwa BGH, Urteil vom 10. Juli 2014 - IX ZR 280/13, WM 2014, 1868 Rn. 17; vom 12. Oktober 2017 - IX ZR 50/15, WM 2017, 2322 Rn. 9). Danach ist der Bezugspunkt für die Beurteilung des Vorsatzes die Liquiditätslage im Moment der Rechtshandlung. Das ist keine hinreichend sichere Beurteilungsgrundlage. Das Wissen des Schuldners um seine gegenwärtige Zahlungsunfähigkeit ist nur ein Aspekt. Der Gläubigerbenachteiligungsvorsatz kann nicht allein daraus abgeleitet werden, dass der Schuldner im Zeitpunkt der Rechtshandlung nicht in der Lage ist, sämtliche Gläubiger zu befriedigen. Von entscheidender Bedeutung für den Gläubigerbenachteiligungsvorsatz ist vielmehr, dass der Schuldner weiß oder jedenfalls billigend in Kauf nimmt, dass er seine (übrigen) Gläubiger auch zu einem späteren Zeitpunkt nicht vollständig befriedigen können wird. Dies kann aus der im Moment der Rechtshandlung gegebenen Liquiditätslage nicht in jedem Fall mit hinreichender Gewissheit abgeleitet werden. Die gegenwärtige Zahlungsunfähigkeit allein spricht für den Gläubigerbenachteiligungsvorsatz im hier verwendeten Sinne, wenn sie ein Ausmaß angenommen hat, das eine vollständige Befriedigung der übrigen Gläubiger auch in Zukunft nicht erwarten lässt, etwa deshalb, weil ein Insolvenzverfahren unausweichlich erscheint. Das mag in einer überwiegenden Zahl der nach Maßgabe des § 133 Abs. 1 InsO zu beurteilenden Fälle anzunehmen sein. Es bleibt aber eine nicht zu vernachlässigende Anzahl von Fallgestaltungen, in denen die Krise noch nicht so weit fortgeschritten ist oder aus anderen Gründen berechtigte Hoffnung auf Besserung besteht. Hier genügt der Blick auf die momentane Liquiditätslage nicht für eine im Sinne des § 286 ZPO sichere Überzeugung. Deshalb hält es der Senat für erforderlich, den Bezugspunkt für die Beurteilung des Gläubigerbenachteiligungsvorsatzes zu erweitern. Maßgeblich ist, ob der Schuldner wusste oder jedenfalls billigend in Kauf nahm, seine übrigen Gläubiger auch zu einem späteren Zeitpunkt nicht vollständig befriedigen zu können. Entsprechendes gilt für die Kenntnis des Anfechtungsgegners vom Gläubigerbenachteiligungsvorsatz des Schuldners.

b) Ob der Schuldner wusste oder jedenfalls billigend in Kauf nahm, seine übrigen Gläubiger auch zu einem späteren Zeitpunkt nicht vollständig befriedigen zu können, hat der Tatrichter gemäß § 286 ZPO unter Würdigung aller maßgeblichen Umstände des Einzelfalls zu prüfen (vgl. BGH, Urteil vom 13. August 2009 - IX ZR 159/06, WM 2009, 1943 Rn. 8; vom 7. Mai 2020 - IX ZR 18/19, WM 2020, 1074 Rn. 7, 10, st. Rspr.).

aa) Ausgangspunkt der Prüfung ist auch hier die bereits eingetretene Zahlungsunfähigkeit (§ 17 Abs. 2 InsO). Wer im Zeitpunkt der Rechtshandlung alle seine Gläubiger befriedigen kann, handelt in aller Regel nicht mit Gläubigerbenachteiligungsvorsatz. Dementsprechend liegt regelmäßig keine Kenntnis des Anfechtungsgegners vom Gläubigerbenachteiligungsvorsatz des Schuldners vor, wenn er dessen Zahlungsunfähigkeit nicht kennt.

(1) Soweit der Senat in der Vergangenheit allein aus der erkannten drohenden Zahlungsunfähigkeit des Schuldners auf die subjektiven Voraussetzungen des § 133 Abs. 1 InsO geschlossen hat (vgl. BGH, Urteil vom 5. Dezember 2013 - IX ZR 93/11, ZIP 2014, 183 Rn. 15; vom 21. Januar 2016 - IX ZR 84/13, ZIP 2016, 374 Rn. 15 f), wird daran nicht festgehalten. Die drohende Zahlungsunfähigkeit ist gemäß § 18 Abs. 1 InsO nur dann Eröffnungsgrund, wenn der Schuldner den Insolvenzantrag stellt. Gegen seinen Willen kann also kein Insolvenzverfahren über sein Vermögen eröffnet werden, wenn er nur drohend zahlungsunfähig ist. Diese gesetzgeberische Wertung wird beeinträchtigt, wenn die drohende Zahlungsunfähigkeit der bereits eingetretenen vorsatzanfechtungsrechtlich gleichgestellt wird. Dadurch wird es dem Schuldner verwehrt, sein Unternehmen auch außerhalb eines bargeschäftlichen Leistungsaustauschs fortzuführen und auf diesem Wege die drohende Zahlungsunfähigkeit zu beseitigen. Müssen Gläubiger des nur drohend zahlungsunfähigen Schuldners die Vorsatzanfechtung fürchten, können sie geneigt sein, von Geschäftsbeziehungen mit ihm abzusehen oder bestehende Beziehungen zu beenden. Auch dies kann die ansonsten vermeidbare Zahlungsunfähigkeit überhaupt erst herbeiführen und auf diesem Wege letztlich in der Insolvenz münden.

Der Senat schließt nicht aus, dass auch im Stadium der nur drohenden Zahlungsunfähigkeit vorgenommene Deckungshandlungen nach § 133 Abs. 1 InsO anfechtbar sein können. Dann müssen jedoch weitere Umstände hinzutreten. Zur Vorsatzanfechtung kann es etwa führen, wenn im Zustand der nur drohenden Zahlungsunfähigkeit und in der sicheren Erwartung des Eintritts der Zahlungsunfähigkeit mit den noch vorhandenen Mitteln gezielt bestimmte (womöglich nahestehende) Altgläubiger außerhalb des ordnungsgemäßen Geschäftsgangs befriedigt werden.

(2) Für die Feststellung der eingetretenen Zahlungsunfähigkeit gelten die hergebrachten Grundsätze. Insbesondere kann weiterhin von der erkannten Zahlungseinstellung auf die erkannte Zahlungsunfähigkeit geschlossen werden. Anlass besteht jedoch zu einer Konkretisierung des durch den Tatrichter bei der Feststellung der Zahlungseinstellung anzulegenden Maßstabs. Entscheidend ist die am Beweismaß des § 286 ZPO zu messende, in umfassender und widerspruchsfreier Würdigung des Prozessstoffs zu gewinnende Überzeugung, der Schuldner könne aus Mangel an liquiden Zahlungsmitteln nicht zahlen. Eine besonders aussagekräftige Grundlage für diese Überzeugung ist die eigene Erklärung des Schuldners. Erklärt der Schuldner, eine fällige und nicht unbeträchtliche Verbindlichkeit binnen drei Wochen (vgl. BGH, Urteil vom 9. Juni 2016 - IX ZR 174/15, WM 2016, 1238 Rn. 27) nicht - und zwar auch nicht nur ratenweise - begleichen zu können, wird in aller Regel von einer Zahlungseinstellung des Schuldners im Zeitpunkt der Abgabe der Erklärung auszugehen sein. Dies gilt erst recht, wenn der Schuldner darüber hinaus ausdrücklich erklärt, zahlungsunfähig zu sein. Fehlt es an einer (ausdrücklichen) Erklärung des Schuldners, müssen die für eine Zahlungseinstellung sprechenden Umstände ein der Erklärung entsprechendes Gewicht erreichen. Zahlungsverzögerungen allein, auch wenn sie wiederholt auftreten, reichen dafür häufig nicht. Es müssen dann Umstände hinzutreten, die mit hinreichender Gewissheit dafürsprechen, dass die Zahlungsverzögerung auf der fehlenden Liquidität des Schuldners beruht.

Die zusätzlich erforderlichen Umstände können darin zu sehen sein, dass der Schuldner Forderungen solcher Gläubiger nicht begleicht, auf deren (weitere) Leistungserbringung er zur Aufrechterhaltung seines Geschäftsbetriebs angewiesen ist (vgl. BGH, Urteil vom 9. Juni 2016 - IX ZR 174/15, WM 2016, 1238 Rn. 24). Ferner kann der Mahn- und/oder Vollstreckungsdruck des Gläubigers der Zahlungsverzögerung ein größeres Gewicht verleihen (vgl. BGH, Urteil vom 21. Januar 2016 - IX ZR 32/14, NZI 2016, 222 Rn. 15). Ein schematisches Vorgehen verbietet sich auch hier. Maßgebend ist, dass die zusätzlichen Umstände im konkreten Einzelfall ein Gewicht erreichen, das der Erklärung des Schuldners entspricht, aus Mangel an liquiden Mitteln nicht zahlen zu können.

(3) Im Grundsatz hält der Senat auch daran fest, dass die Fortdauer der einmal eingetretenen Zahlungseinstellung zu vermuten ist (BGH, Urteil vom 6. Dezember 2012 - IX ZR 3/12, WM 2013, 174 Rn. 33; vom 25. Februar 2016 - IX ZR 109/15, WM 2016, 560 Rn. 24).

Allerdings ist die Vermutung in der Vergangenheit zu undifferenziert angewandt worden. Richtigerweise hängen Stärke und Dauer der Vermutung davon ab, in welchem Ausmaß die Zahlungsunfähigkeit zutage getreten ist. Dies gilt insbesondere für den Erkenntnishorizont des Anfechtungsgegners. Sein Wissen um die Liquidität des Schuldners bleibt in den meisten Fällen hinter den Erkenntnissen des Schuldners zurück. Dessen Krise kann tatsächlich schon weit fortgeschritten sein, sich dem Anfechtungsgegner jedoch nur eingeschränkt offenbaren. Dies gilt insbesondere dann, wenn sich das Wissen des Anfechtungsgegners auf das Zahlungsverhalten des Schuldners ihm gegenüber beschränkt. Gleichwohl hat die Rechtsprechung den Anfechtungsgegner in der Vergangenheit unbeschränkt für verpflichtet gehalten, die allgemeine Wiederaufnahme der Zahlungen zu beweisen. Dabei ist zwar unterschieden worden zwischen der objektiven Zahlungsunfähigkeit und der Kenntnis des Anfechtungsgegners (vgl. BGH, Urteil vom 6. Dezember 2012, aaO; vom 25. Februar 2016, aaO; vom 14. September 2017 - IX ZR 108/16, ZInsO 2017, 2212 Rn. 23). Voneinander abweichende Anforderungen an den zu führenden Beweis hat der Senat damit jedoch ersichtlich nie verbunden (vgl. etwa BGH, Urteil vom 17. Dezember 2015 - IX ZR 61/14, ZInsO 2016, 214 Rn. 30).

Dass die Fortdauervermutung zu weit gehen kann, zeigt der vorliegende Fall. Nach dem Vortrag des Klägers soll die Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin insbesondere aufgrund der im Mai 2010 abgegebenen Erklärung ihres Steuerberaters zutage getreten sein, die seinerzeit offene Schuld in Höhe von 2.557 € nicht in einer Summe begleichen zu können. Hier ist es nicht gerechtfertigt, dem Anfechtungsgegner die Darlegungs- und Beweislast für den nachträglichen Wegfall der Zahlungseinstellung aufzubürden. Die Zahlungseinstellung ist nur bezogen auf eine einzige (Haupt-)Forderung offenbar geworden, die verhältnismäßig geringfügig war. Eine derartige Deckungslücke kann erfahrungsgemäß im laufenden Geschäftsbetrieb ohne tiefgreifende Sanierungsbemühungen beseitigt werden. Anders liegt der Fall, wenn aus dem Zahlungsverhalten des Schuldners oder anderer zur Kenntnis des Anfechtungsgegners gelangter Umstände auf Liquiditätsschwierigkeiten in einem Ausmaß zu schließen ist, das aus objektiver Sicht eine Sanierung außerhalb eines Insolvenzverfahrens ausgeschlossen oder ein Insolvenzverfahren unabwendbar erscheinen lässt. Entsprechendes gilt für den nicht unternehmerisch tätigen Schuldner. Ist er zu einem bestimmten Zeitpunkt nicht in der Lage, eine verhältnismäßig geringfügige Verbindlichkeit zu begleichen, kann daraus nicht ohne weiteres geschlossen werden, dass dieses Unvermögen andauert, wenn er auf diese Schuld später Raten entrichtet. Eine andere Bewertung ist angezeigt, wenn das Ausmaß der offenbar gewordenen Illiquidität aus objektiver Sicht in dem nach § 140 InsO maßgeblichen Zeitpunkt erfahrungsgemäß ein Insolvenzverfahren erforderlich erscheinen lässt.

bb) Ist der Schuldner im Zeitpunkt der angefochtenen Rechtshandlung erkanntermaßen zahlungsunfähig, kommt es zusätzlich darauf an, ob er wusste oder jedenfalls billigend in Kauf nahm, seine anderen Gläubiger auch zu einem späteren Zeitpunkt nicht vollständig befriedigen zu können. Von Bedeutung ist in diesem Zusammenhang die im Moment der angefochtenen Rechtshandlung bestehende Deckungslücke zwischen dem liquiden Vermögen des Schuldners und seinen Verbindlichkeiten. Hatte die Deckungslücke ein Ausmaß erreicht, das selbst bei optimistischer Einschätzung der zukünftigen Entwicklung in absehbarer Zeit keine vollständige Befriedigung der bereits vorhandenen und der absehbar hinzutretenden Gläubiger (vgl. BGH, Urteil vom 12. Oktober 2017 - IX ZR 50/15, WM 2017, 2322 Rn. 19) erwarten ließ, musste dem Schuldner klar sein, dass er nicht einzelne Gläubiger befriedigen konnte, ohne andere zu benachteiligen. Befriedigt er in dieser Lage einzelne Gläubiger, handelt er deshalb mit Gläubigerbenachteiligungsvorsatz. Der Anfechtungsgegner weiß um diesen Vorsatz, wenn er die zu dessen Annahme führenden Umstände kennt.

Besteht - abhängig vom Ausmaß der bestehenden Deckungslücke und der aus objektiver Sicht erwartbaren und vom Schuldner erkannten Entwicklung - Aussicht auf nachhaltige Beseitigung der gegenwärtigen Zahlungsunfähigkeit, rückt der hierfür erforderliche Zeitraum in den Mittelpunkt der Betrachtung. Der Schuldner muss davon ausgehen dürfen, dass ihm dieser Zeitraum verbleibt. Das hängt vom Verhalten der (übrigen) Gläubiger ab. Sieht sich der Schuldner im Zeitpunkt der angefochtenen Rechtshandlung erheblichem Mahn- und/oder Vollstreckungsdruck ausgesetzt, begrenzt dies den für eine Beseitigung der vorhandenen Deckungslücke zur Verfügung stehenden Zeitraum. Der Schuldner handelt mit Gläubigerbenachteiligungsvorsatz, wenn er einen Zeitraum in seine Überlegungen einbezieht, der ihm unter Berücksichtigung des Verhaltens seiner übrigen Gläubiger ersichtlich nicht zur Verfügung steht.

Darlegungs- und beweisbelastet für die tatsächlichen Umstände, die über die erkannte Zahlungsunfähigkeit hinaus für den Gläubigerbenachteiligungsvorsatz und die Kenntnis von diesem erforderlich sind, ist der Insolvenzverwalter. Dies gilt auch, soweit es sich - wie bei dem Umstand, dass keine begründete Aussicht auf Beseitigung der Illiquidität bestand - um negative Tatsachen handelt. Dass keine begründete Aussicht auf Beseitigung der Deckungslücke bestand, ist allerdings regelmäßig anzunehmen, wenn die Ursache für die Entstehung der Zahlungsunfähigkeit nicht beseitigt war oder absehbar beseitigt werden würde.

3. Sieht das Berufungsgericht den Vollbeweis einer Kenntnis vom Gläubigerbenachteiligungsvorsatz nicht als geführt an, wird es die gesetzliche Vermutung des § 133 Abs. 1 Satz 2 InsO aF in den Blick zu nehmen haben.

a) Gemäß § 133 Abs. 1 Satz 2 InsO wird vermutet, dass der Gläubiger den Benachteiligungsvorsatz des Schuldners kannte, wenn er wusste, dass die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners drohte und dass die Rechtshandlung die Gläubiger benachteiligte. Die erste Voraussetzung dieses Vermutungstatbestands ist erfüllt, wenn die Mitarbeiter des Bundesamts in den nach § 140 InsO maßgeblichen Zeitpunkten Umstände kannten, die mit der von § 286 ZPO vorausgesetzten Gewissheit auf die (drohende) Zahlungsunfähigkeit oder die Zahlungseinstellung der Schuldnerin schließen ließen.

b) Das Wissen um die Benachteiligung der (übrigen) Gläubiger, die zweite Voraussetzung des Vermutungstatbestands, wird nach der bisherigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs durch die Kenntnis von drohender oder bereits eingetretener Zahlungsunfähigkeit indiziert, wenn der Anfechtungsgegner weiß, dass es noch andere Gläubiger gibt, deren Forderungen vom Schuldner nicht vollständig bedient werden (BGH, Urteil vom 4. Mai 2017 - IX ZR 285/16, WM 2017, 1221 Rn. 8; vom 22. Juni 2017 - IX ZR 111/14, WM 2017, 1424 Rn. 30 mwN). Mit letzterem muss ein Gläubiger rechnen, wenn der Schuldner unternehmerisch tätig ist (BGH, Urteil vom 22. Juni 2017, aaO; vom 7. Mai 2020 - IX ZR 18/19, WM 2020, 1074 Rn. 21). Zu weiteren Hinweisen sieht der Senat derzeit keinen Anlass.

(1) Anfechtbar ist eine Rechtshandlung, die der Schuldner in den letzten zehn Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag mit dem Vorsatz, seine Gläubiger zu benachteiligen, vorgenommen hat, wenn der andere Teil zur Zeit der Handlung den Vorsatz des Schuldners kannte. Diese Kenntnis wird vermutet, wenn der andere Teil wußte, daß die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners drohte und daß die Handlung die Gläubiger benachteiligte.

(2) Hat die Rechtshandlung dem anderen Teil eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht, beträgt der Zeitraum nach Absatz 1 Satz 1 vier Jahre.

(3) Hat die Rechtshandlung dem anderen Teil eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht, welche dieser in der Art und zu der Zeit beanspruchen konnte, tritt an die Stelle der drohenden Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nach Absatz 1 Satz 2 die eingetretene. Hatte der andere Teil mit dem Schuldner eine Zahlungsvereinbarung getroffen oder diesem in sonstiger Weise eine Zahlungserleichterung gewährt, wird vermutet, dass er zur Zeit der Handlung die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nicht kannte.

(4) Anfechtbar ist ein vom Schuldner mit einer nahestehenden Person (§ 138) geschlossener entgeltlicher Vertrag, durch den die Insolvenzgläubiger unmittelbar benachteiligt werden. Die Anfechtung ist ausgeschlossen, wenn der Vertrag früher als zwei Jahre vor dem Eröffnungsantrag geschlossen worden ist oder wenn dem anderen Teil zur Zeit des Vertragsschlusses ein Vorsatz des Schuldners, die Gläubiger zu benachteiligen, nicht bekannt war.

 

BUNDESGERICHTSHOF
Urteil vom 10.02.2022 - IX ZR 148/19

Tenor


Auf die Rechtsmittel der Beklagten werden der die Berufung zurückweisende Beschluss des 2. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 29. Mai 2019 aufgehoben und das Urteil der 16. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 18. Dezember 2018 abgeändert. Die Klage wird abgewiesen. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Von Rechts wegen

Tatbestand


Die Klägerin ist Verwalterin in dem auf Eigenantrag vom 31. Juli 2015 am 30. Oktober 2015 eröffneten Insolvenzverfahren über das Vermögen der D.                              GmbH (nachfolgend: Schuldnerin). Die Beklagte betreibt eine Spedition und erbrachte für die Schuldnerin in ständiger, schon seit 2004 laufender Geschäftsbeziehung Transportleistungen. Unter dem Gesichtspunkt der Vorsatzanfechtung nach § 133 Abs. 1 InsO nimmt die Klägerin die Beklagte auf Rückgewähr von 36 Einzelzahlungen der Schuldnerin an die Beklagte in Höhe von insgesamt 52.929,50 € in Anspruch, mit denen diese in der Zeit vom 7. April 2014 bis zum 9. September 2015 Transportleistungen der Beklagten vergütete.

Bereits Anfang 2013 hatten ein Krankenversicherer wegen rückständiger Sozialversicherungsbeiträge in Höhe von 23.141 € und das Finanzamt wegen Steuerschulden von 49.073,38 € Anträge auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Schuldnerin gestellt. Den Anträgen waren fruchtlose Vollstreckungsversuche vorausgegangen. Gegenüber dem Finanzamt hatte die Schuldnerin erklärt, zahlungsunfähig zu sein. Zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens kam es seinerzeit nicht. Die offenen Forderungen wurden durch Zahlungen Dritter beglichen und die Insolvenzanträge in der Folge für erledigt erklärt.

Die Beklagte war über die Insolvenzanträge nicht informiert und wusste auch sonst nichts über Verbindlichkeiten der Schuldnerin gegenüber Dritten. Sie kannte nur das Zahlungsverhalten der Schuldnerin ihr gegenüber. Das Zahlungsverhalten war durch eine dauerhaft und im Wesentlichen gleichbleibend schleppende Begleichung der aus den Transportleistungen entstandenen Forderungen zumindest seit Anfang 2012 geprägt. Das führte zu Mahnungen seitens der Beklagten, welche die Klägerin für den Zeitraum vom 6. November 2013 bis zum 2. September 2015 vorgelegt hat. Die Beklagte mahnte in vier Stufen. Ab der ersten Mahnung berechnete sie eine Gebühr in Höhe von 4 €. Ab der zweiten Mahnung wurden Verzugszinsen in Höhe von 10 % jährlich geltend gemacht. Ab der dritten Mahnung wurden die Beantragung eines gerichtlichen Mahnbescheids oder "rechtliche Schritte" angedroht. Tatsächlich eingeleitet wurden rechtliche Schritte zu keinem Zeitpunkt. Nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Schuldnerin meldete die Beklagte Forderungen in Höhe von insgesamt 3.717,90 € zur Tabelle an, die Rechnungen für Transportleistungen ab dem 12. August 2015 betrafen.

Die Klägerin behauptet, die Schuldnerin habe sich seit spätestens 2012 in ernsthaften finanziellen Schwierigkeiten befunden. Spätestens seit Mitte 2013 sei die Schuldnerin nicht mehr in der Lage gewesen, die aus den Leistungen der Beklagten resultierenden Forderungen zu erfüllen. Sie meint, daraus folge, dass die angefochtenen Zahlungen mit Gläubigerbenachteiligungsvorsatz geleistet worden seien. Die Beklagte habe den Gläubigerbenachteiligungsvorsatz aufgrund der schleppenden Zahlungsweise der Schuldnerin gekannt.

Das Landgericht hat der Klage mit Ausnahme eines Teils der als Nebenforderung geltend gemachten Zinsen stattgegeben. Die Berufung der Beklagten ist durch Beschluss nach § 522 Abs. 2 ZPO zurückgewiesen worden. Mit ihrer vom Senat zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf vollständige Abweisung der Klage weiter.

Gründe


Die Revision hat Erfolg.

I.

Das Berufungsgericht hat den nach § 133 Abs. 1 InsO erforderlichen Gläubigerbenachteiligungsvorsatz der Schuldnerin daraus abgeleitet, dass die Schuldnerin erkanntermaßen zahlungsunfähig gewesen sei. Die Zahlungsunfähigkeit sei gemäß § 17 Abs. 2 Satz 2 InsO zu vermuten, weil die Schuldnerin ihre Zahlungen eingestellt gehabt habe. Die Zahlungseinstellung sei ab Stellung der Insolvenzanträge durch Krankenversicherer und Finanzamt aufgrund der seinerzeit offenen Sozialversicherungsbeiträge und Steuerverbindlichkeiten zutage getreten. Die Zahlungseinstellung habe fortgewirkt. Eine allgemeine Wiederaufnahme der Zahlungen habe die Beklagte nicht substantiiert dargelegt. Die Kenntnis der Beklagten vom Gläubigerbenachteiligungsvorsatz ergebe sich aus dem Zahlungsverhalten der Schuldnerin ihr gegenüber. Da die Schuldnerin unternehmerisch tätig gewesen sei, habe die Beklagte damit rechnen müssen, dass auch gegenüber anderen Gläubigern Verbindlichkeiten entstünden, welche die Schuldnerin nicht bedienen könne.

II.

Die Ausführungen des Berufungsgerichts halten rechtlicher Prüfung nicht stand. Der streitgegenständliche Rückgewähranspruch nach § 143 Abs. 1 InsO kann nur aus § 133 Abs. 1 InsO in der gemäß Art. 103j EGInsO auf den Streitfall noch anwendbaren, bis zum 4. April 2017 geltenden Fassung folgen. Andere Anfechtungstatbestände scheiden von vornherein aus. Die Feststellungen des Berufungsgerichts tragen weder die Annahme eines Gläubigerbenachteiligungsvorsatzes der Schuldnerin noch einer Kenntnis der Beklagten von einem solchen Vorsatz.

1. Gemäß § 133 Abs. 1 Satz 1 InsO ist eine Rechtshandlung anfechtbar, die der Schuldner in den letzten zehn Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens mit dem Vorsatz vorgenommen hat, seine Gläubiger zu benachteiligen, wenn der andere Teil zur Zeit der Handlung den Vorsatz des Schuldners kannte. Die Kenntnis des anderen Teils wird vermutet, wenn dieser wusste, dass die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners drohte und dass die Handlung die Gläubiger benachteiligte (§ 133 Abs. 1 Satz 2 InsO).

a) Der Gläubigerbenachteiligungsvorsatz des Schuldners ist ebenso wie die Kenntnis des Anfechtungsgegners von diesem Vorsatz eine innere, dem Beweis nur eingeschränkt zugängliche Tatsache. Die subjektiven Voraussetzungen der Vorsatzanfechtung können daher in aller Regel nur mittelbar aus objektiven (Hilfs-)Tatsachen hergeleitet werden (vgl. BGH, Urteil vom 14. Juli 2016 - IX ZR 188/15, ZIP 2016, 1686 Rn. 12; vom 6. Mai 2021 - IX ZR 72/20, BGHZ 230, 28 Rn. 11; st. Rspr.).

Es ist Aufgabe des Tatrichters, die ihm unterbreiteten Hilfstatsachen auf der Grundlage des Gesamtergebnisses der mündlichen Verhandlung und einer etwaigen Beweisaufnahme umfassend und widerspruchsfrei zu würdigen (vgl. BGH, Urteil vom 14. Juli 2016, aaO). Dabei hat er die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu den für und gegen den Gläubigerbenachteiligungsvorsatz und die Kenntnis von diesem sprechenden Beweisanzeichen zu berücksichtigen (BGH, Urteil vom 6. Mai 2021, aaO Rn. 12).

b) Zu den Beweisanzeichen, die für die subjektiven Voraussetzungen der Vorsatzanfechtung sprechen, zählt die erkannte Zahlungsunfähigkeit. Nach zwischenzeitlich geänderter Rechtsprechung des Senats handelte ein Schuldner, der zahlungsunfähig war und seine Zahlungsunfähigkeit erkannt hatte, in der Regel mit Benachteiligungsvorsatz (vgl. BGH, Urteil vom 14. September 2017 - IX ZR 3/16, WM 2017, 2319 Rn. 8; Beschluss vom 5. März 2020 - IX ZR 171/18, ZInsO 2020, 893 Rn. 10). Dementsprechend hat der Senat vormals entschieden, dass der Anfechtungsgegner regelmäßig den Gläubigerbenachteiligungsvorsatz des Schuldners erkennt, wenn er um dessen Zahlungsunfähigkeit weiß (BGH, Urteil vom 14. Juli 2016, aaO Rn. 14; Beschluss vom 5. März 2020, aaO).

c) Nach Verkündung der angefochtenen Entscheidung des Berufungsgerichts hat der Senat erkannt, dass im - auch hier anzunehmenden - Fall der Gewährung einer kongruenten Deckung der Benachteiligungsvorsatz des Schuldners ebenso wie der Vollbeweis der Kenntnis des Anfechtungsgegners von diesem Vorsatz nicht mehr allein darauf gestützt werden können, dass der Schuldner im Zeitpunkt der angefochtenen Rechtshandlung erkanntermaßen zahlungsunfähig ist. Es reicht für den Benachteiligungsvorsatz nicht aus, dass der Schuldner weiß, dass er im Moment der Rechtshandlung nicht alle seine Gläubiger befriedigen kann. Hinzukommen muss, dass der Schuldner weiß oder jedenfalls billigend in Kauf nimmt, seine anderen Gläubiger auch zu einem späteren Zeitpunkt nicht vollständig befriedigen zu können. Entsprechendes gilt für den Vollbeweis der Kenntnis des Anfechtungsgegners vom Benachteiligungsvorsatz (vgl. BGH, Urteil vom 6. Mai 2021, aaO Rn. 30 ff). Insoweit kann sich der Insolvenzverwalter allerdings mit der Darlegung und dem Nachweis des Vermutungstatbestands des § 133 Abs. 1 Satz 2 InsO begnügen (vgl. BGH, Urteil vom 6. Mai 2021, aaO Rn. 9, 49 ff).

d) Auch nach neuer Rechtsprechung des Senats bleibt demnach die erkannte Zahlungsunfähigkeit ein vom Tatrichter in die vorzunehmende Gesamtwürdigung (vgl. BGH, Urteil vom 28. Januar 2021 - IX ZR 64/20, NZI 2021, 387 Rn. 16; vom 6. Mai 2021, aaO Rn. 12) einzubeziehendes Beweisanzeichen für die subjektiven Voraussetzungen der Vorsatzanfechtung nach § 133 Abs. 1 InsO. Im Falle der Gewährung einer kongruenten Deckung reicht die erkannte Zahlungsunfähigkeit im Zeitpunkt der angefochtenen Rechtshandlung allerdings nicht mehr aus, um den Gläubigerbenachteiligungsvorsatz des Schuldners oder den Vollbeweis der Kenntnis des Anfechtungsgegners von diesem Vorsatz zu begründen.

2. Voraussetzung für die Einbeziehung der erkannten Zahlungsunfähigkeit als Beweisanzeichen für die subjektiven Voraussetzungen der Vorsatzanfechtung in die vorzunehmende Gesamtwürdigung ist, dass die Zahlungsunfähigkeit in dem nach § 140 InsO maßgeblichen Zeitpunkt vorlag und erkannt wurde (vgl. BGH, Urteil vom 28. Januar 2021, aaO Rn. 22). Davon kann im Streitfall nicht ausgegangen werden.

a) Das Berufungsgericht hat den Gläubigerbenachteiligungsvorsatz der Schuldnerin im maßgeblichen Anfechtungszeitraum vom 7. April 2014 bis zum 9. September 2015 auf eine Zahlungseinstellung Anfang 2013 und die daraus gemäß § 17 Abs. 2 Satz 2 InsO folgende Vermutung der Zahlungsunfähigkeit gestützt. Hierzu hat es sich auf die vom Bundesgerichtshof entwickelte Vermutung der Fortdauer einer einmal eingetretenen Zahlungseinstellung berufen. Dies hält rechtlicher Prüfung nicht stand.

b) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs wirkt eine einmal eingetretene Zahlungseinstellung fort, bis der Schuldner seine Zahlungen im Allgemeinen wiederaufnimmt (BGH, Urteil vom 6. Dezember 2012 - IX ZR 3/12, ZIP 2013, 228 Rn. 33; vom 25. Februar 2016 - IX ZR 109/15, NZI 2016, 266 Rn. 24; vom 24. März 2016 - IX ZR 242/13, ZInsO 2016, 910 Rn. 11). Im Allgemeinen wiederaufgenommen sind die Zahlungen nicht schon dann, wenn die Verbindlichkeit, deren Nichtbedienung die Feststellung der Zahlungseinstellung trägt, nicht mehr herangezogen werden kann, weil sie etwa erfüllt oder gestundet worden ist. Zusätzlich erforderlich ist, dass der Schuldner (jedenfalls) den wesentlichen Teil seiner übrigen Verbindlichkeiten bedient (vgl. BGH, Urteil vom 24. März 2016, aaO mwN). Mit Urteil vom 6. Mai 2021 (IX ZR 72/20, BGHZ 230, 28 Rn. 43 ff) hat der Senat den Anwendungsbereich der Fortdauervermutung beschränkt. Stärke und Dauer der Vermutung hängen nunmehr davon ab, in welchem Ausmaß die Zahlungsunfähigkeit zutage getreten ist.

c) Greift die Fortdauervermutung ein, hat nach der bisherigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs der Anfechtungsgegner die allgemeine Wiederaufnahme der Zahlungen darzulegen und zu beweisen (vgl. BGH, Urteil vom 6. Dezember 2012, aaO; vom 25. Februar 2016, aaO Rn. 24; vom 24. März 2016, aaO). Damit wird dem Anfechtungsgegner in vielen Fällen Unmögliches abverlangt. Der Anfechtungsgegner kennt häufig nur das Zahlungsverhalten des Schuldners ihm gegenüber. Fehlen ihm weitergehende Erkenntnisse über die wirtschaftliche Lage des Schuldners, weiß der Anfechtungsgegner nicht, ob der Schuldner auch den wesentlichen Teil seiner übrigen Verbindlichkeiten wieder bedient hat. Dem Anfechtungsgegner ist dann schon die Darlegung der allgemeinen Wiederaufnahme der Zahlungen unmöglich.

d) Vor diesem Hintergrund hält es der Senat für angezeigt, die Anforderungen an den für die Entkräftung der Fortdauervermutung erforderlichen Vortrag durch eine sekundäre Darlegungslast des Insolvenzverwalters zu beschränken. Eine sekundäre Darlegungslast trifft den Prozessgegner der primär darlegungsbelasteten Partei, wenn diese keine nähere Kenntnis der maßgeblichen Umstände und auch keine Möglichkeit zur weiteren Sachaufklärung hat, während der Bestreitende alle wesentlichen Tatsachen kennt und es ihm unschwer möglich und zumutbar ist, nähere Angaben zu machen (BGH, Urteil vom 8. März 2021 - VI ZR 505/19, ZIP 2021, 799 Rn. 27; st. Rspr.). Unter diesen Voraussetzungen obliegt es danach dem Verwalter, zum Zahlungsverhalten des Schuldners im Übrigen, insbesondere zu weiterhin nicht bedienten Verbindlichkeiten des Schuldners vorzutragen. Hierfür genügt es jedoch nicht schon, dass der Anfechtungsgegner sich auf eine allgemeine Wiederaufnahme der Zahlungen beruft. Erforderlich, um eine sekundäre Darlegungslast auszulösen, ist vielmehr, dass der Anfechtungsgegner einen Umstand beweist oder ein solcher unstreitig ist, der eine Wiederaufnahme der Zahlungen im Allgemeinen als möglich erscheinen lässt. Dies ist etwa anzunehmen, wenn die Verbindlichkeit, deren Nichtbedienung die Feststellung der Zahlungseinstellung trägt, nicht mehr herangezogen werden kann und dem Anfechtungsgegner Kenntnisse über das Zahlungsverhalten des Schuldners im Übrigen fehlen. Dem Verwalter obliegt es dann regelmäßig, zum Zahlungsverhalten des Schuldners im Übrigen vorzutragen. Dies betrifft jedoch nur den Zeitraum, in dem die Wiederaufnahme der Zahlungen erfolgt sein soll.

3. Nach diesen Grundsätzen trägt die vom Berufungsgericht zur Annahme des Gläubigerbenachteiligungsvorsatzes der Schuldnerin vermutete Fortdauer der Anfang 2013 zutage getretenen Zahlungseinstellung nicht.

a) Keinen Bedenken begegnet es allerdings aus revisionsrechtlicher Sicht, dass vom Berufungsgericht auf eine Anfang 2013 zutage getretene Zahlungseinstellung geschlossen worden ist. Dies gilt auch unter Berücksichtigung der vom Senat mit Urteil vom 6. Mai 2021 (IX ZR 72/20, BGHZ 230, 28 Rn. 41 f) vorgenommenen Konkretisierung des durch den Tatrichter bei der Feststellung der Zahlungseinstellung anzulegenden Maßstabs.

aa) Entscheidend für die Feststellung der Zahlungseinstellung ist die am Beweismaß des § 286 ZPO zu messende, in umfassender und widerspruchsfreier Würdigung des Prozessstoffs zu gewinnende Überzeugung, der Schuldner könne aus Mangel an liquiden Zahlungsmitteln nicht zahlen. Eine besonders aussagekräftige Grundlage für diese Überzeugung ist die eigene Erklärung des Schuldners. Erklärt der Schuldner, eine fällige und nicht unbeträchtliche Verbindlichkeit binnen drei Wochen nicht - und zwar auch nicht nur ratenweise - begleichen zu können, wird in aller Regel von einer Zahlungseinstellung des Schuldners im Zeitpunkt der Abgabe der Erklärung auszugehen sein. Dies gilt erst recht, wenn der Schuldner darüber hinaus ausdrücklich erklärt, zahlungsunfähig zu sein. Fehlt es an einer (ausdrücklichen) Erklärung des Schuldners, müssen die für eine Zahlungseinstellung sprechenden Umstände ein der Erklärung entsprechendes Gewicht erreichen. Zahlungsverzögerungen allein, auch wenn sie wiederholt auftreten, reichen dafür häufig nicht. Es müssen dann Umstände hinzutreten, die mit hinreichender Gewissheit dafürsprechen, dass die Zahlungsverzögerung auf fehlender Liquidität des Schuldners beruht (BGH, Urteil vom 6. Mai 2021, aaO Rn. 41).

Die zusätzlich erforderlichen Umstände können darin zu sehen sein, dass der Schuldner Forderungen solcher Gläubiger nicht begleicht, auf deren (weitere) Leistungserbringung er zur weiteren Aufrechterhaltung seines Geschäftsbetriebs angewiesen ist. Ferner kann der Mahn- und/oder Vollstreckungsdruck des Gläubigers der Zahlungsverzögerung ein größeres Gewicht verleihen. Ein schematisches Vorgehen verbietet sich auch hier. Maßgebend ist, dass die zusätzlichen Umstände im konkreten Einzelfall ein Gewicht erreichen, das der Erklärung des Schuldners entspricht, aus Mangel an liquiden Mitteln nicht zahlen zu können (BGH, Urteil vom 6. Mai 2021, aaO Rn. 42 mwN).

bb) Unter Berücksichtigung dieses Maßstabs lässt die Würdigung des Berufungsgerichts keinen Rechtsfehler erkennen. Die Schuldnerin schuldete im Januar 2013 Sozialversicherungsbeiträge in Höhe von 23.141 € und Steuern in Höhe von 49.073,38 €. Vollstreckungsmaßnahmen des Krankenversicherers und des Finanzamts waren fruchtlos verlaufen. Gegenüber dem Finanzamt hatte die Schuldnerin erklärt, nicht zahlen zu können. Dem entsprach es, dass nach Stellung der Insolvenzanträge durch Krankenversicherer und Finanzamt die Anlassforderungen nicht durch die Schuldnerin, sondern durch Dritte erfüllt worden waren.

b) Mit der Begleichung der Sozialversicherungsbeitrags- und Abgabenforderungen waren allerdings die Verbindlichkeiten erfüllt, die nach den vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen die Annahme der Zahlungseinstellung trugen. Vor diesem Hintergrund wäre die Klägerin gehalten gewesen, bezogen auf den Zeitpunkt der Drittzahlungen zu den weiterhin nicht bedienten Verbindlichkeiten der Schuldnerin gegenüber anderen Gläubigern vorzutragen. Nur so wäre die Beklagte, die mit Ausnahme des Zahlungsverhaltens der Schuldnerin ihr gegenüber keine Kenntnisse über deren wirtschaftliche Lage hatte, in die Lage versetzt worden, die Fortdauervermutung (nach Möglichkeit) zu entkräften. Etwas anderes folgt nicht daraus, dass es im maßgeblichen Zeitpunkt der Drittzahlungen offene Forderungen der Beklagten gegenüber der Schuldnerin gegeben haben mag. Ohne Vortrag zu den weiterhin nicht bedienten Verbindlichkeiten gegenüber anderen Gläubigern ließ sich nicht bestimmen, ob mögliche Forderungen der Beklagten einen nicht unwesentlichen Teil der Verbindlichkeiten der Schuldnerin ausmachten.

4. Die vom Berufungsgericht für den gesamten Anfechtungszeitraum vom 7. April 2014 bis zum 9. September 2015 angenommene Zahlungseinstellung der Schuldnerin lässt sich nicht auf andere Umstände stützen. Insbesondere das Zahlungsverhalten der Schuldnerin gegenüber der Beklagten begründet nach dem anzuwendenden Maßstab (vgl. oben Rn. 22 f) nicht die Annahme einer Zahlungseinstellung für einen bestimmten Zeitpunkt. Die Schuldnerin hat weder erklärt, nicht zahlen zu können, noch erreichen die für eine Zahlungseinstellung sprechenden Umstände ein der Erklärung entsprechendes Gewicht (vgl. oben Rn. 22 f).

Nach dem Vortrag der Klägerin soll sich die Schuldnerin spätestens seit 2012 in ernsthaften finanziellen Schwierigkeiten befunden haben. Spätestens seit Mitte 2013 sei die Schuldnerin nicht mehr in der Lage gewesen, die aus den Leistungen der Beklagten resultierenden Forderungen zu erfüllen. Hierzu hat sich die Klägerin auf verspätete Zahlungen berufen, die in der Zeit vom 6. November 2013 bis zum 2. September 2015 zu Mahnungen geführt haben. Dem lässt sich nicht mit hinreichender Gewissheit (§ 286 ZPO) entnehmen, dass die Schuldnerin ihre Zahlungen zu einem bestimmten Zeitpunkt eingestellt hatte. Die Mahnungen weisen neben überfälligen Forderungen auch solche aus, die noch gar nicht fällig waren. Keine der Mahnungen weist einen höheren Gesamtbetrag als 8.100 € aus. Betrachtet man die Mahnungen in ihrer Gesamtheit, ergibt sich, dass die Schuldnerin stets gezahlt hat, wenn auch mit Verzögerung. Zu einem Anwachsen der Verbindlichkeiten als Ausdruck einer sich verschärfenden Krise ist es nicht gekommen. Mit einem Betrag von 3.717,90 € hat die Beklagte eine Forderung zur Insolvenztabelle angemeldet, die hinter dem Betrag der letzten, von der Klägerin zu den Akten gereichten Mahnung zurückbleibt. Auch dies bestätigt das konstant schleppende Zahlungsverhalten der Schuldnerin. Es kommt hinzu, dass nach dem unbestritten gebliebenen Vortrag der Beklagten das schleppende Zahlungsverhalten schon länger, nämlich seit Anfang 2012 andauerte. Dass die Schuldnerin bereits zu diesem Zeitpunkt ihre Zahlungen eingestellt gehabt hatte, behauptet die Klägerin nicht. Nach dem Vortrag der Klägerin soll sich die Schuldnerin lediglich in ernsthaften finanziellen Schwierigkeiten befunden haben. Da sich das Zahlungsverhalten der Schuldnerin in der Folge nicht wesentlich verändert hat, verliert es seine Bedeutung für die Annahme einer später zutage getretenen Zahlungseinstellung. Bezieht sich ein im Wesentlichen gleichbleibendes, dauerhaft schleppendes Zahlungsverhalten des späteren Schuldners auch auf einen Zeitraum, in dem der Schuldner seine Zahlungen unstreitig noch nicht eingestellt hatte, kann aus dem Zahlungsverhalten nicht auf eine später eingetretene Zahlungseinstellung geschlossen werden.

5. Da aus dem Zahlungsverhalten der Schuldnerin gegenüber der Beklagten nicht mit hinreichender Gewissheit auf eine Zahlungseinstellung zu einem bestimmten Zeitpunkt geschlossen werden kann, kann auch nicht von einer Kenntnis der Beklagten von einem (unterstellten) Gläubigerbenachteiligungsvorsatz der Schuldnerin ausgegangen werden. Das gilt auch unter Berücksichtigung des Vermutungstatbestands des § 133 Abs. 1 Satz 2 InsO in der hier zu berücksichtigenden alten Fassung.

Zwar reicht es danach auch im Falle kongruenter Deckungen aus, wenn der Anfechtungsgegner neben der gläubigerbenachteiligenden Wirkung der Rechtshandlung die drohende Zahlungsunfähigkeit des Schuldners kennt. Dem Anfechtungsgegner, der nur das Zahlungsverhalten des Schuldners ihm gegenüber kennt, fehlt es indes in der Regel an den Kenntnissen, die zur Beurteilung der drohenden Zahlungsunfähigkeit erforderlich sind (vgl. Schultz, ZIP 2018, 1527, 1531 f).

Gemäß § 18 Abs. 2 InsO droht der Schuldner zahlungsunfähig zu werden, wenn er voraussichtlich nicht in der Lage sein wird, die bestehenden Zahlungspflichten im Zeitpunkt der Fälligkeit zu erfüllen. Erforderlich ist danach eine in die Zukunft gerichtete Prognose, in welche die gesamte Finanzlage des Schuldners bis zur Fälligkeit aller im Prognosezeitraum fällig werdenden Verbindlichkeiten einzubeziehen ist. Der vorhandenen Liquidität und den Einnahmen, die bis zum Ende des Prognosezeitraums zu erwarten sind, müssen die Verbindlichkeiten gegenübergestellt werden, die bereits fällig sind oder bis zum Ende des Prognosezeitraums voraussichtlich fällig werden (vgl. BGH, Urteil vom 5. Dezember 2013 - IX ZR 93/11, ZInsO 2014, 77 Rn. 10). Die für eine solche Prognose erforderlichen Kenntnisse hat regelmäßig nicht, wer nur das Zahlungsverhalten des Schuldners ihm gegenüber kennt. Es fehlt an dem notwendigen, in die Zukunft gerichteten Überblick über die Vermögensverhältnisse des Schuldners. So liegt es auch im Streitfall. Anders als im Falle der Zahlungsunfähigkeit (vgl. § 17 Abs. 2 Satz 2 InsO) wird die Annahme der drohenden Zahlungsunfähigkeit auch nicht durch eine gesetzliche Vermutung erleichtert.

III.

Die Sache ist zur Endentscheidung reif (§ 563 Abs. 3 ZPO). Da die Beklagte nur das Zahlungsverhalten der Schuldnerin ihr gegenüber kannte, insoweit keine weiteren Feststellungen zu erwarten sind und aus dem Zahlungsverhalten die nach § 133 Abs. 1 InsO erforderliche Kenntnis vom Gläubigerbenachteiligungsvorsatz nicht abgeleitet werden kann, ist die Klage abzuweisen.

(1) Anfechtbar ist eine Rechtshandlung, die der Schuldner in den letzten zehn Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag mit dem Vorsatz, seine Gläubiger zu benachteiligen, vorgenommen hat, wenn der andere Teil zur Zeit der Handlung den Vorsatz des Schuldners kannte. Diese Kenntnis wird vermutet, wenn der andere Teil wußte, daß die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners drohte und daß die Handlung die Gläubiger benachteiligte.

(2) Hat die Rechtshandlung dem anderen Teil eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht, beträgt der Zeitraum nach Absatz 1 Satz 1 vier Jahre.

(3) Hat die Rechtshandlung dem anderen Teil eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht, welche dieser in der Art und zu der Zeit beanspruchen konnte, tritt an die Stelle der drohenden Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nach Absatz 1 Satz 2 die eingetretene. Hatte der andere Teil mit dem Schuldner eine Zahlungsvereinbarung getroffen oder diesem in sonstiger Weise eine Zahlungserleichterung gewährt, wird vermutet, dass er zur Zeit der Handlung die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nicht kannte.

(4) Anfechtbar ist ein vom Schuldner mit einer nahestehenden Person (§ 138) geschlossener entgeltlicher Vertrag, durch den die Insolvenzgläubiger unmittelbar benachteiligt werden. Die Anfechtung ist ausgeschlossen, wenn der Vertrag früher als zwei Jahre vor dem Eröffnungsantrag geschlossen worden ist oder wenn dem anderen Teil zur Zeit des Vertragsschlusses ein Vorsatz des Schuldners, die Gläubiger zu benachteiligen, nicht bekannt war.

 

BUNDESGERICHTSHOF
Urteil vom 10.02.2022 - IX ZR 148/19

Tenor


Auf die Rechtsmittel der Beklagten werden der die Berufung zurückweisende Beschluss des 2. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 29. Mai 2019 aufgehoben und das Urteil der 16. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 18. Dezember 2018 abgeändert. Die Klage wird abgewiesen. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Von Rechts wegen

Tatbestand


Die Klägerin ist Verwalterin in dem auf Eigenantrag vom 31. Juli 2015 am 30. Oktober 2015 eröffneten Insolvenzverfahren über das Vermögen der D.                              GmbH (nachfolgend: Schuldnerin). Die Beklagte betreibt eine Spedition und erbrachte für die Schuldnerin in ständiger, schon seit 2004 laufender Geschäftsbeziehung Transportleistungen. Unter dem Gesichtspunkt der Vorsatzanfechtung nach § 133 Abs. 1 InsO nimmt die Klägerin die Beklagte auf Rückgewähr von 36 Einzelzahlungen der Schuldnerin an die Beklagte in Höhe von insgesamt 52.929,50 € in Anspruch, mit denen diese in der Zeit vom 7. April 2014 bis zum 9. September 2015 Transportleistungen der Beklagten vergütete.

Bereits Anfang 2013 hatten ein Krankenversicherer wegen rückständiger Sozialversicherungsbeiträge in Höhe von 23.141 € und das Finanzamt wegen Steuerschulden von 49.073,38 € Anträge auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Schuldnerin gestellt. Den Anträgen waren fruchtlose Vollstreckungsversuche vorausgegangen. Gegenüber dem Finanzamt hatte die Schuldnerin erklärt, zahlungsunfähig zu sein. Zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens kam es seinerzeit nicht. Die offenen Forderungen wurden durch Zahlungen Dritter beglichen und die Insolvenzanträge in der Folge für erledigt erklärt.

Die Beklagte war über die Insolvenzanträge nicht informiert und wusste auch sonst nichts über Verbindlichkeiten der Schuldnerin gegenüber Dritten. Sie kannte nur das Zahlungsverhalten der Schuldnerin ihr gegenüber. Das Zahlungsverhalten war durch eine dauerhaft und im Wesentlichen gleichbleibend schleppende Begleichung der aus den Transportleistungen entstandenen Forderungen zumindest seit Anfang 2012 geprägt. Das führte zu Mahnungen seitens der Beklagten, welche die Klägerin für den Zeitraum vom 6. November 2013 bis zum 2. September 2015 vorgelegt hat. Die Beklagte mahnte in vier Stufen. Ab der ersten Mahnung berechnete sie eine Gebühr in Höhe von 4 €. Ab der zweiten Mahnung wurden Verzugszinsen in Höhe von 10 % jährlich geltend gemacht. Ab der dritten Mahnung wurden die Beantragung eines gerichtlichen Mahnbescheids oder "rechtliche Schritte" angedroht. Tatsächlich eingeleitet wurden rechtliche Schritte zu keinem Zeitpunkt. Nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Schuldnerin meldete die Beklagte Forderungen in Höhe von insgesamt 3.717,90 € zur Tabelle an, die Rechnungen für Transportleistungen ab dem 12. August 2015 betrafen.

Die Klägerin behauptet, die Schuldnerin habe sich seit spätestens 2012 in ernsthaften finanziellen Schwierigkeiten befunden. Spätestens seit Mitte 2013 sei die Schuldnerin nicht mehr in der Lage gewesen, die aus den Leistungen der Beklagten resultierenden Forderungen zu erfüllen. Sie meint, daraus folge, dass die angefochtenen Zahlungen mit Gläubigerbenachteiligungsvorsatz geleistet worden seien. Die Beklagte habe den Gläubigerbenachteiligungsvorsatz aufgrund der schleppenden Zahlungsweise der Schuldnerin gekannt.

Das Landgericht hat der Klage mit Ausnahme eines Teils der als Nebenforderung geltend gemachten Zinsen stattgegeben. Die Berufung der Beklagten ist durch Beschluss nach § 522 Abs. 2 ZPO zurückgewiesen worden. Mit ihrer vom Senat zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf vollständige Abweisung der Klage weiter.

Gründe


Die Revision hat Erfolg.

I.

Das Berufungsgericht hat den nach § 133 Abs. 1 InsO erforderlichen Gläubigerbenachteiligungsvorsatz der Schuldnerin daraus abgeleitet, dass die Schuldnerin erkanntermaßen zahlungsunfähig gewesen sei. Die Zahlungsunfähigkeit sei gemäß § 17 Abs. 2 Satz 2 InsO zu vermuten, weil die Schuldnerin ihre Zahlungen eingestellt gehabt habe. Die Zahlungseinstellung sei ab Stellung der Insolvenzanträge durch Krankenversicherer und Finanzamt aufgrund der seinerzeit offenen Sozialversicherungsbeiträge und Steuerverbindlichkeiten zutage getreten. Die Zahlungseinstellung habe fortgewirkt. Eine allgemeine Wiederaufnahme der Zahlungen habe die Beklagte nicht substantiiert dargelegt. Die Kenntnis der Beklagten vom Gläubigerbenachteiligungsvorsatz ergebe sich aus dem Zahlungsverhalten der Schuldnerin ihr gegenüber. Da die Schuldnerin unternehmerisch tätig gewesen sei, habe die Beklagte damit rechnen müssen, dass auch gegenüber anderen Gläubigern Verbindlichkeiten entstünden, welche die Schuldnerin nicht bedienen könne.

II.

Die Ausführungen des Berufungsgerichts halten rechtlicher Prüfung nicht stand. Der streitgegenständliche Rückgewähranspruch nach § 143 Abs. 1 InsO kann nur aus § 133 Abs. 1 InsO in der gemäß Art. 103j EGInsO auf den Streitfall noch anwendbaren, bis zum 4. April 2017 geltenden Fassung folgen. Andere Anfechtungstatbestände scheiden von vornherein aus. Die Feststellungen des Berufungsgerichts tragen weder die Annahme eines Gläubigerbenachteiligungsvorsatzes der Schuldnerin noch einer Kenntnis der Beklagten von einem solchen Vorsatz.

1. Gemäß § 133 Abs. 1 Satz 1 InsO ist eine Rechtshandlung anfechtbar, die der Schuldner in den letzten zehn Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens mit dem Vorsatz vorgenommen hat, seine Gläubiger zu benachteiligen, wenn der andere Teil zur Zeit der Handlung den Vorsatz des Schuldners kannte. Die Kenntnis des anderen Teils wird vermutet, wenn dieser wusste, dass die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners drohte und dass die Handlung die Gläubiger benachteiligte (§ 133 Abs. 1 Satz 2 InsO).

a) Der Gläubigerbenachteiligungsvorsatz des Schuldners ist ebenso wie die Kenntnis des Anfechtungsgegners von diesem Vorsatz eine innere, dem Beweis nur eingeschränkt zugängliche Tatsache. Die subjektiven Voraussetzungen der Vorsatzanfechtung können daher in aller Regel nur mittelbar aus objektiven (Hilfs-)Tatsachen hergeleitet werden (vgl. BGH, Urteil vom 14. Juli 2016 - IX ZR 188/15, ZIP 2016, 1686 Rn. 12; vom 6. Mai 2021 - IX ZR 72/20, BGHZ 230, 28 Rn. 11; st. Rspr.).

Es ist Aufgabe des Tatrichters, die ihm unterbreiteten Hilfstatsachen auf der Grundlage des Gesamtergebnisses der mündlichen Verhandlung und einer etwaigen Beweisaufnahme umfassend und widerspruchsfrei zu würdigen (vgl. BGH, Urteil vom 14. Juli 2016, aaO). Dabei hat er die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu den für und gegen den Gläubigerbenachteiligungsvorsatz und die Kenntnis von diesem sprechenden Beweisanzeichen zu berücksichtigen (BGH, Urteil vom 6. Mai 2021, aaO Rn. 12).

b) Zu den Beweisanzeichen, die für die subjektiven Voraussetzungen der Vorsatzanfechtung sprechen, zählt die erkannte Zahlungsunfähigkeit. Nach zwischenzeitlich geänderter Rechtsprechung des Senats handelte ein Schuldner, der zahlungsunfähig war und seine Zahlungsunfähigkeit erkannt hatte, in der Regel mit Benachteiligungsvorsatz (vgl. BGH, Urteil vom 14. September 2017 - IX ZR 3/16, WM 2017, 2319 Rn. 8; Beschluss vom 5. März 2020 - IX ZR 171/18, ZInsO 2020, 893 Rn. 10). Dementsprechend hat der Senat vormals entschieden, dass der Anfechtungsgegner regelmäßig den Gläubigerbenachteiligungsvorsatz des Schuldners erkennt, wenn er um dessen Zahlungsunfähigkeit weiß (BGH, Urteil vom 14. Juli 2016, aaO Rn. 14; Beschluss vom 5. März 2020, aaO).

c) Nach Verkündung der angefochtenen Entscheidung des Berufungsgerichts hat der Senat erkannt, dass im - auch hier anzunehmenden - Fall der Gewährung einer kongruenten Deckung der Benachteiligungsvorsatz des Schuldners ebenso wie der Vollbeweis der Kenntnis des Anfechtungsgegners von diesem Vorsatz nicht mehr allein darauf gestützt werden können, dass der Schuldner im Zeitpunkt der angefochtenen Rechtshandlung erkanntermaßen zahlungsunfähig ist. Es reicht für den Benachteiligungsvorsatz nicht aus, dass der Schuldner weiß, dass er im Moment der Rechtshandlung nicht alle seine Gläubiger befriedigen kann. Hinzukommen muss, dass der Schuldner weiß oder jedenfalls billigend in Kauf nimmt, seine anderen Gläubiger auch zu einem späteren Zeitpunkt nicht vollständig befriedigen zu können. Entsprechendes gilt für den Vollbeweis der Kenntnis des Anfechtungsgegners vom Benachteiligungsvorsatz (vgl. BGH, Urteil vom 6. Mai 2021, aaO Rn. 30 ff). Insoweit kann sich der Insolvenzverwalter allerdings mit der Darlegung und dem Nachweis des Vermutungstatbestands des § 133 Abs. 1 Satz 2 InsO begnügen (vgl. BGH, Urteil vom 6. Mai 2021, aaO Rn. 9, 49 ff).

d) Auch nach neuer Rechtsprechung des Senats bleibt demnach die erkannte Zahlungsunfähigkeit ein vom Tatrichter in die vorzunehmende Gesamtwürdigung (vgl. BGH, Urteil vom 28. Januar 2021 - IX ZR 64/20, NZI 2021, 387 Rn. 16; vom 6. Mai 2021, aaO Rn. 12) einzubeziehendes Beweisanzeichen für die subjektiven Voraussetzungen der Vorsatzanfechtung nach § 133 Abs. 1 InsO. Im Falle der Gewährung einer kongruenten Deckung reicht die erkannte Zahlungsunfähigkeit im Zeitpunkt der angefochtenen Rechtshandlung allerdings nicht mehr aus, um den Gläubigerbenachteiligungsvorsatz des Schuldners oder den Vollbeweis der Kenntnis des Anfechtungsgegners von diesem Vorsatz zu begründen.

2. Voraussetzung für die Einbeziehung der erkannten Zahlungsunfähigkeit als Beweisanzeichen für die subjektiven Voraussetzungen der Vorsatzanfechtung in die vorzunehmende Gesamtwürdigung ist, dass die Zahlungsunfähigkeit in dem nach § 140 InsO maßgeblichen Zeitpunkt vorlag und erkannt wurde (vgl. BGH, Urteil vom 28. Januar 2021, aaO Rn. 22). Davon kann im Streitfall nicht ausgegangen werden.

a) Das Berufungsgericht hat den Gläubigerbenachteiligungsvorsatz der Schuldnerin im maßgeblichen Anfechtungszeitraum vom 7. April 2014 bis zum 9. September 2015 auf eine Zahlungseinstellung Anfang 2013 und die daraus gemäß § 17 Abs. 2 Satz 2 InsO folgende Vermutung der Zahlungsunfähigkeit gestützt. Hierzu hat es sich auf die vom Bundesgerichtshof entwickelte Vermutung der Fortdauer einer einmal eingetretenen Zahlungseinstellung berufen. Dies hält rechtlicher Prüfung nicht stand.

b) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs wirkt eine einmal eingetretene Zahlungseinstellung fort, bis der Schuldner seine Zahlungen im Allgemeinen wiederaufnimmt (BGH, Urteil vom 6. Dezember 2012 - IX ZR 3/12, ZIP 2013, 228 Rn. 33; vom 25. Februar 2016 - IX ZR 109/15, NZI 2016, 266 Rn. 24; vom 24. März 2016 - IX ZR 242/13, ZInsO 2016, 910 Rn. 11). Im Allgemeinen wiederaufgenommen sind die Zahlungen nicht schon dann, wenn die Verbindlichkeit, deren Nichtbedienung die Feststellung der Zahlungseinstellung trägt, nicht mehr herangezogen werden kann, weil sie etwa erfüllt oder gestundet worden ist. Zusätzlich erforderlich ist, dass der Schuldner (jedenfalls) den wesentlichen Teil seiner übrigen Verbindlichkeiten bedient (vgl. BGH, Urteil vom 24. März 2016, aaO mwN). Mit Urteil vom 6. Mai 2021 (IX ZR 72/20, BGHZ 230, 28 Rn. 43 ff) hat der Senat den Anwendungsbereich der Fortdauervermutung beschränkt. Stärke und Dauer der Vermutung hängen nunmehr davon ab, in welchem Ausmaß die Zahlungsunfähigkeit zutage getreten ist.

c) Greift die Fortdauervermutung ein, hat nach der bisherigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs der Anfechtungsgegner die allgemeine Wiederaufnahme der Zahlungen darzulegen und zu beweisen (vgl. BGH, Urteil vom 6. Dezember 2012, aaO; vom 25. Februar 2016, aaO Rn. 24; vom 24. März 2016, aaO). Damit wird dem Anfechtungsgegner in vielen Fällen Unmögliches abverlangt. Der Anfechtungsgegner kennt häufig nur das Zahlungsverhalten des Schuldners ihm gegenüber. Fehlen ihm weitergehende Erkenntnisse über die wirtschaftliche Lage des Schuldners, weiß der Anfechtungsgegner nicht, ob der Schuldner auch den wesentlichen Teil seiner übrigen Verbindlichkeiten wieder bedient hat. Dem Anfechtungsgegner ist dann schon die Darlegung der allgemeinen Wiederaufnahme der Zahlungen unmöglich.

d) Vor diesem Hintergrund hält es der Senat für angezeigt, die Anforderungen an den für die Entkräftung der Fortdauervermutung erforderlichen Vortrag durch eine sekundäre Darlegungslast des Insolvenzverwalters zu beschränken. Eine sekundäre Darlegungslast trifft den Prozessgegner der primär darlegungsbelasteten Partei, wenn diese keine nähere Kenntnis der maßgeblichen Umstände und auch keine Möglichkeit zur weiteren Sachaufklärung hat, während der Bestreitende alle wesentlichen Tatsachen kennt und es ihm unschwer möglich und zumutbar ist, nähere Angaben zu machen (BGH, Urteil vom 8. März 2021 - VI ZR 505/19, ZIP 2021, 799 Rn. 27; st. Rspr.). Unter diesen Voraussetzungen obliegt es danach dem Verwalter, zum Zahlungsverhalten des Schuldners im Übrigen, insbesondere zu weiterhin nicht bedienten Verbindlichkeiten des Schuldners vorzutragen. Hierfür genügt es jedoch nicht schon, dass der Anfechtungsgegner sich auf eine allgemeine Wiederaufnahme der Zahlungen beruft. Erforderlich, um eine sekundäre Darlegungslast auszulösen, ist vielmehr, dass der Anfechtungsgegner einen Umstand beweist oder ein solcher unstreitig ist, der eine Wiederaufnahme der Zahlungen im Allgemeinen als möglich erscheinen lässt. Dies ist etwa anzunehmen, wenn die Verbindlichkeit, deren Nichtbedienung die Feststellung der Zahlungseinstellung trägt, nicht mehr herangezogen werden kann und dem Anfechtungsgegner Kenntnisse über das Zahlungsverhalten des Schuldners im Übrigen fehlen. Dem Verwalter obliegt es dann regelmäßig, zum Zahlungsverhalten des Schuldners im Übrigen vorzutragen. Dies betrifft jedoch nur den Zeitraum, in dem die Wiederaufnahme der Zahlungen erfolgt sein soll.

3. Nach diesen Grundsätzen trägt die vom Berufungsgericht zur Annahme des Gläubigerbenachteiligungsvorsatzes der Schuldnerin vermutete Fortdauer der Anfang 2013 zutage getretenen Zahlungseinstellung nicht.

a) Keinen Bedenken begegnet es allerdings aus revisionsrechtlicher Sicht, dass vom Berufungsgericht auf eine Anfang 2013 zutage getretene Zahlungseinstellung geschlossen worden ist. Dies gilt auch unter Berücksichtigung der vom Senat mit Urteil vom 6. Mai 2021 (IX ZR 72/20, BGHZ 230, 28 Rn. 41 f) vorgenommenen Konkretisierung des durch den Tatrichter bei der Feststellung der Zahlungseinstellung anzulegenden Maßstabs.

aa) Entscheidend für die Feststellung der Zahlungseinstellung ist die am Beweismaß des § 286 ZPO zu messende, in umfassender und widerspruchsfreier Würdigung des Prozessstoffs zu gewinnende Überzeugung, der Schuldner könne aus Mangel an liquiden Zahlungsmitteln nicht zahlen. Eine besonders aussagekräftige Grundlage für diese Überzeugung ist die eigene Erklärung des Schuldners. Erklärt der Schuldner, eine fällige und nicht unbeträchtliche Verbindlichkeit binnen drei Wochen nicht - und zwar auch nicht nur ratenweise - begleichen zu können, wird in aller Regel von einer Zahlungseinstellung des Schuldners im Zeitpunkt der Abgabe der Erklärung auszugehen sein. Dies gilt erst recht, wenn der Schuldner darüber hinaus ausdrücklich erklärt, zahlungsunfähig zu sein. Fehlt es an einer (ausdrücklichen) Erklärung des Schuldners, müssen die für eine Zahlungseinstellung sprechenden Umstände ein der Erklärung entsprechendes Gewicht erreichen. Zahlungsverzögerungen allein, auch wenn sie wiederholt auftreten, reichen dafür häufig nicht. Es müssen dann Umstände hinzutreten, die mit hinreichender Gewissheit dafürsprechen, dass die Zahlungsverzögerung auf fehlender Liquidität des Schuldners beruht (BGH, Urteil vom 6. Mai 2021, aaO Rn. 41).

Die zusätzlich erforderlichen Umstände können darin zu sehen sein, dass der Schuldner Forderungen solcher Gläubiger nicht begleicht, auf deren (weitere) Leistungserbringung er zur weiteren Aufrechterhaltung seines Geschäftsbetriebs angewiesen ist. Ferner kann der Mahn- und/oder Vollstreckungsdruck des Gläubigers der Zahlungsverzögerung ein größeres Gewicht verleihen. Ein schematisches Vorgehen verbietet sich auch hier. Maßgebend ist, dass die zusätzlichen Umstände im konkreten Einzelfall ein Gewicht erreichen, das der Erklärung des Schuldners entspricht, aus Mangel an liquiden Mitteln nicht zahlen zu können (BGH, Urteil vom 6. Mai 2021, aaO Rn. 42 mwN).

bb) Unter Berücksichtigung dieses Maßstabs lässt die Würdigung des Berufungsgerichts keinen Rechtsfehler erkennen. Die Schuldnerin schuldete im Januar 2013 Sozialversicherungsbeiträge in Höhe von 23.141 € und Steuern in Höhe von 49.073,38 €. Vollstreckungsmaßnahmen des Krankenversicherers und des Finanzamts waren fruchtlos verlaufen. Gegenüber dem Finanzamt hatte die Schuldnerin erklärt, nicht zahlen zu können. Dem entsprach es, dass nach Stellung der Insolvenzanträge durch Krankenversicherer und Finanzamt die Anlassforderungen nicht durch die Schuldnerin, sondern durch Dritte erfüllt worden waren.

b) Mit der Begleichung der Sozialversicherungsbeitrags- und Abgabenforderungen waren allerdings die Verbindlichkeiten erfüllt, die nach den vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen die Annahme der Zahlungseinstellung trugen. Vor diesem Hintergrund wäre die Klägerin gehalten gewesen, bezogen auf den Zeitpunkt der Drittzahlungen zu den weiterhin nicht bedienten Verbindlichkeiten der Schuldnerin gegenüber anderen Gläubigern vorzutragen. Nur so wäre die Beklagte, die mit Ausnahme des Zahlungsverhaltens der Schuldnerin ihr gegenüber keine Kenntnisse über deren wirtschaftliche Lage hatte, in die Lage versetzt worden, die Fortdauervermutung (nach Möglichkeit) zu entkräften. Etwas anderes folgt nicht daraus, dass es im maßgeblichen Zeitpunkt der Drittzahlungen offene Forderungen der Beklagten gegenüber der Schuldnerin gegeben haben mag. Ohne Vortrag zu den weiterhin nicht bedienten Verbindlichkeiten gegenüber anderen Gläubigern ließ sich nicht bestimmen, ob mögliche Forderungen der Beklagten einen nicht unwesentlichen Teil der Verbindlichkeiten der Schuldnerin ausmachten.

4. Die vom Berufungsgericht für den gesamten Anfechtungszeitraum vom 7. April 2014 bis zum 9. September 2015 angenommene Zahlungseinstellung der Schuldnerin lässt sich nicht auf andere Umstände stützen. Insbesondere das Zahlungsverhalten der Schuldnerin gegenüber der Beklagten begründet nach dem anzuwendenden Maßstab (vgl. oben Rn. 22 f) nicht die Annahme einer Zahlungseinstellung für einen bestimmten Zeitpunkt. Die Schuldnerin hat weder erklärt, nicht zahlen zu können, noch erreichen die für eine Zahlungseinstellung sprechenden Umstände ein der Erklärung entsprechendes Gewicht (vgl. oben Rn. 22 f).

Nach dem Vortrag der Klägerin soll sich die Schuldnerin spätestens seit 2012 in ernsthaften finanziellen Schwierigkeiten befunden haben. Spätestens seit Mitte 2013 sei die Schuldnerin nicht mehr in der Lage gewesen, die aus den Leistungen der Beklagten resultierenden Forderungen zu erfüllen. Hierzu hat sich die Klägerin auf verspätete Zahlungen berufen, die in der Zeit vom 6. November 2013 bis zum 2. September 2015 zu Mahnungen geführt haben. Dem lässt sich nicht mit hinreichender Gewissheit (§ 286 ZPO) entnehmen, dass die Schuldnerin ihre Zahlungen zu einem bestimmten Zeitpunkt eingestellt hatte. Die Mahnungen weisen neben überfälligen Forderungen auch solche aus, die noch gar nicht fällig waren. Keine der Mahnungen weist einen höheren Gesamtbetrag als 8.100 € aus. Betrachtet man die Mahnungen in ihrer Gesamtheit, ergibt sich, dass die Schuldnerin stets gezahlt hat, wenn auch mit Verzögerung. Zu einem Anwachsen der Verbindlichkeiten als Ausdruck einer sich verschärfenden Krise ist es nicht gekommen. Mit einem Betrag von 3.717,90 € hat die Beklagte eine Forderung zur Insolvenztabelle angemeldet, die hinter dem Betrag der letzten, von der Klägerin zu den Akten gereichten Mahnung zurückbleibt. Auch dies bestätigt das konstant schleppende Zahlungsverhalten der Schuldnerin. Es kommt hinzu, dass nach dem unbestritten gebliebenen Vortrag der Beklagten das schleppende Zahlungsverhalten schon länger, nämlich seit Anfang 2012 andauerte. Dass die Schuldnerin bereits zu diesem Zeitpunkt ihre Zahlungen eingestellt gehabt hatte, behauptet die Klägerin nicht. Nach dem Vortrag der Klägerin soll sich die Schuldnerin lediglich in ernsthaften finanziellen Schwierigkeiten befunden haben. Da sich das Zahlungsverhalten der Schuldnerin in der Folge nicht wesentlich verändert hat, verliert es seine Bedeutung für die Annahme einer später zutage getretenen Zahlungseinstellung. Bezieht sich ein im Wesentlichen gleichbleibendes, dauerhaft schleppendes Zahlungsverhalten des späteren Schuldners auch auf einen Zeitraum, in dem der Schuldner seine Zahlungen unstreitig noch nicht eingestellt hatte, kann aus dem Zahlungsverhalten nicht auf eine später eingetretene Zahlungseinstellung geschlossen werden.

5. Da aus dem Zahlungsverhalten der Schuldnerin gegenüber der Beklagten nicht mit hinreichender Gewissheit auf eine Zahlungseinstellung zu einem bestimmten Zeitpunkt geschlossen werden kann, kann auch nicht von einer Kenntnis der Beklagten von einem (unterstellten) Gläubigerbenachteiligungsvorsatz der Schuldnerin ausgegangen werden. Das gilt auch unter Berücksichtigung des Vermutungstatbestands des § 133 Abs. 1 Satz 2 InsO in der hier zu berücksichtigenden alten Fassung.

Zwar reicht es danach auch im Falle kongruenter Deckungen aus, wenn der Anfechtungsgegner neben der gläubigerbenachteiligenden Wirkung der Rechtshandlung die drohende Zahlungsunfähigkeit des Schuldners kennt. Dem Anfechtungsgegner, der nur das Zahlungsverhalten des Schuldners ihm gegenüber kennt, fehlt es indes in der Regel an den Kenntnissen, die zur Beurteilung der drohenden Zahlungsunfähigkeit erforderlich sind (vgl. Schultz, ZIP 2018, 1527, 1531 f).

Gemäß § 18 Abs. 2 InsO droht der Schuldner zahlungsunfähig zu werden, wenn er voraussichtlich nicht in der Lage sein wird, die bestehenden Zahlungspflichten im Zeitpunkt der Fälligkeit zu erfüllen. Erforderlich ist danach eine in die Zukunft gerichtete Prognose, in welche die gesamte Finanzlage des Schuldners bis zur Fälligkeit aller im Prognosezeitraum fällig werdenden Verbindlichkeiten einzubeziehen ist. Der vorhandenen Liquidität und den Einnahmen, die bis zum Ende des Prognosezeitraums zu erwarten sind, müssen die Verbindlichkeiten gegenübergestellt werden, die bereits fällig sind oder bis zum Ende des Prognosezeitraums voraussichtlich fällig werden (vgl. BGH, Urteil vom 5. Dezember 2013 - IX ZR 93/11, ZInsO 2014, 77 Rn. 10). Die für eine solche Prognose erforderlichen Kenntnisse hat regelmäßig nicht, wer nur das Zahlungsverhalten des Schuldners ihm gegenüber kennt. Es fehlt an dem notwendigen, in die Zukunft gerichteten Überblick über die Vermögensverhältnisse des Schuldners. So liegt es auch im Streitfall. Anders als im Falle der Zahlungsunfähigkeit (vgl. § 17 Abs. 2 Satz 2 InsO) wird die Annahme der drohenden Zahlungsunfähigkeit auch nicht durch eine gesetzliche Vermutung erleichtert.

III.

Die Sache ist zur Endentscheidung reif (§ 563 Abs. 3 ZPO). Da die Beklagte nur das Zahlungsverhalten der Schuldnerin ihr gegenüber kannte, insoweit keine weiteren Feststellungen zu erwarten sind und aus dem Zahlungsverhalten die nach § 133 Abs. 1 InsO erforderliche Kenntnis vom Gläubigerbenachteiligungsvorsatz nicht abgeleitet werden kann, ist die Klage abzuweisen.

BUNDESGERICHTSHOF
Urteil vom 3. März 2022 - IX ZR 78/20

Tenor


Auf die Revisionen der Beklagten und des Klägers wird das Urteil des 8. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 27. Dezember 2019, berichtigt durch Beschluss vom 15. Juni 2020, im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als über den Zahlungsanspruch entschieden worden ist. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Verfahrens vor dem Bundesgerichtshof, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand


Die       SE (fortan: Schuldnerin) war die Holding eines weltweit agierenden Photovoltaikkonzerns. Der Konzern finanzierte sich maßgeblich mit der Ausgabe von Wandelschuldverschreibungen. Am 28. Februar 2007 und am 26. Mai 2009 gab die 100%-ige Tochtergesellschaft der Schuldnerin, die                       B.V. mit Sitz in den Niederlanden (fortan:       B.V.), Wandelschuldverschreibungen mit fünfjähriger Laufzeit aus. Die erste Wandelschuldverschreibung über 492,5 Mio. € war am 28. Februar 2012 zur Rückzahlung fällig (fortan: WSV 2012), die zweite Wandelschuldverschreibung über 250 Mio. € am 26. Mai 2014 (fortan: WSV 2014). Die Schuldnerin übernahm für diese Wandelschuldverschreibungen gegenüber den Anleihegläubigern die unmittelbare, unbedingte und unwiderrufliche Garantie für den Rückzahlungsanspruch. Am 21. Oktober 2010 gab die Schuldnerin selbst eine weitere Wandelschuldverschreibung mit fünfjähriger Laufzeit über 128,7 Mio. € aus (fortan: WSV 2015). Den Emissionserlös aus der WSV 2015 nutzte die Schuldnerin dazu, Wandelschuldverschreibungen der WSV 2012 zurückzukaufen. Die Anleihebedingungen der WSV 2014 und der WSV 2015 sahen ein sofortiges Kündigungsrecht der Gläubiger vor, sollten Anleihegläubiger der WSV 2012 mit ihren Forderungen ausfallen.

Die Schuldnerin geriet im Jahr 2011 - auch aufgrund von Veränderungen im Photovoltaik-Markt - in eine finanzielle Krise. Sie entschloss sich, eine Sanierung zu versuchen, und beauftragte hierzu verschiedene Berater, darunter die Beklagte. Die Schuldnerin erteilte der Beklagten am 31. August 2011 ein Mandat, sie umfassend wirtschaftsrechtlich zu beraten. Die Beklagte sollte vor allem das Sanierungs- und Restrukturierungskonzept und die Sanierung zur Vermeidung einer Insolvenz betreuen. Spätestens im September 2011 zeichnete sich ab, dass die Schuldnerin nicht in der Lage sein würde, die Verbindlichkeiten aus der WSV 2012 in der noch offenstehenden Höhe von 201,7 Mio. € bei Fälligkeit am 28. Februar 2012 zu begleichen.

Zur Sanierung strebte die Schuldnerin mit Unterstützung der Beklagten an, die aus den drei Wandelschuldverschreibungen WSV 2012, WSV 2014 und WSV 2015 folgenden Verbindlichkeiten in Eigenkapital zu überführen. Für die WSV 2012 und die WSV 2014 erforderte dies die Zustimmung jedes einzelnen Anleihegläubigers, weil das Schuldverschreibungsgesetz vom 4. Dezember 1899 nicht für Anleihen galt, deren Emittent - wie die       B.V. - seinen Sitz im Ausland hat. Ebenso wenig unterlagen die WSV 2012 und die WSV 2014 dem Gesetz über Schuldverschreibungen aus Gesamtemissionen vom 31. Juli 2009 (BGBl. I S. 2512 ff; fortan: Schuldverschreibungsgesetz 2009 oder SchVG), weil sie vor dem 5. August 2009 ausgegeben worden waren. Das von der Beklagten entwickelte Restrukturierungskonzept sah deshalb vor, über einen Mehrheitsbeschluss der Anleihegläubiger gemäß § 24 Abs. 2 SchVG die WSV 2012 dem Schuldverschreibungsgesetz 2009 zu unterwerfen. Dies sollte ermöglichen, mit einfachem Mehrheitsbeschluss der Anleihegläubiger zunächst eine Stundung der Forderungen aus der WSV 2012 und anschließend eine Umwandlung in Eigenkapital zu erreichen.

Am 25. Oktober 2011 beschloss die einberufene Gläubigerversammlung der WSV 2012, die WSV 2012 gemäß § 24 Abs. 2 SchVG dem Schuldverschreibungsgesetz 2009 zu unterwerfen. Sie beschloss weiter, dass die Gläubiger berechtigt sein sollten, die Anleihebedingungen durch Mehrheitsbeschluss zu ändern, und bestellte einen gemeinsamen Vertreter. Hiergegen erhoben zunächst drei Anleihegläubiger Anfechtungs- und Nichtigkeitsklagen. Daraufhin begehrte die     B.V. beim Landgericht Frankfurt am Main die Feststellung, dass diese Klagen einem Vollzug der Beschlüsse der Gläubigerversammlung nicht entgegenstünden. Das Landgericht wies diesen Antrag mit Beschluss vom 23. Januar 2012 zurück. Die          B.V. legte sofortige Beschwerde ein, ließ das Beschwerdeverfahren beim Oberlandesgericht Frankfurt am Main jedoch ruhend stellen. Am 2. Februar 2012 vereinbarte die      B.V. mit den drei klagenden Anleihegläubigern, dass diese ihre Klagen gegen den Beschluss der Gläubigerversammlung vom 25. Oktober 2011 zurücknehmen sollten. Die Schuldnerin verpflichtete sich im Gegenzug, die Schuldverschreibungen dieser Gläubiger zum Nennbetrag zuzüglich Zinsen zu erwerben, die      B.V. verpflichtete sich zur Rücknahme ihrer Beschwerde. In einer weiteren Gläubigerversammlung vom 27. Februar 2012 stimmte die Mehrheit der Anleihegläubiger der WSV 2012 einer Stundung der Forderungen durch den gemeinsamen Vertreter bis zum 30. April 2012 zu. Am 6. März 2012 einigte sich die Schuldnerin mit rund 32 % der Anleihegläubiger der WSV 2012 und rund 22 % der Anleihegläubiger der WSV 2014 über die Rahmenbedingungen für eine Umwandlung der Wandelschuldverschreibungen in Eigenkapital auf der Grundlage des Schuldverschreibungsgesetzes 2009.

Im gleichen Zeitraum unternahm die P.       AG einen Sanierungsversuch und beauftragte hierzu ebenfalls die Beklagte. Die P.      AG strebte in gleicher Weise an, die von einer niederländischen Tochtergesellschaft im Jahr 2007 begebene Schuldverschreibung in Eigenkapital umzuwandeln. Der Schuldnerin war dies bekannt. Im Sanierungsverfahren der P.       AG beschlossen die Anleihegläubiger in einer am 20. Juni 2011 einberufenen Gläubigerversammlung mehrheitlich, die Anleihebedingungen auf der Grundlage von § 24 Abs. 2 SchVG zu ändern. Hiergegen erhoben mehrere Gläubiger Anfechtungs- und Nichtigkeitsklage. Das Landgericht Frankfurt am Main wies mit Beschluss vom 27. Oktober 2011 (ZIP 2011, 2306 ff) einen Antrag der Tochtergesellschaft der P.     AG zurück, den sofortigen Vollzug der Beschlüsse zu ermöglichen. Mit Urteil vom 15. November 2011 entschied das Landgericht Frankfurt am Main, dass die Beschlüsse der Gläubigerversammlung vom 20. Juni 2011 nichtig seien. Auf die sofortige Beschwerde der Tochtergesellschaft der P.       AG gegen den Beschluss des Landgerichts Frankfurt am Main vom 27. Oktober 2011 wies der Vorsitzende des zuständigen Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main mit Verfügung vom 15. Dezember 2011 darauf hin, dass § 24 Abs. 2 SchVG wohl nur für solche Schuldverschreibungen anwendbar sein dürfte, die bereits einer Mehrheitsentscheidung nach dem Schuldverschreibungsgesetz vom 4. Dezember 1899 unterfielen. Mit Beschluss vom 27. März 2012 wies das Oberlandesgericht Frankfurt am Main (ZIP 2012, 725 ff) die sofortige Beschwerde zurück. Es vertrat die Rechtsansicht, dass Gläubiger einer vor dem 5. August 2009 im Ausland begebenen Schuldverschreibung keine Änderung der Anleihebedingungen durch Mehrheitsentscheidung nach § 24 Abs. 2 SchVG herbeiführen könnten.

Die Beklagte stellte der Schuldnerin für ihre Beratungstätigkeiten laufend Rechnungen im Abstand von ein bis zwei Wochen, welche die Schuldnerin jeweils zeitnah ausglich. Vom 15. November 2011 bis 2. April 2012 erhielt die Beklagte von der Schuldnerin insgesamt 4.530.807,16 €.

Am 3. April 2012 stellte die Schuldnerin einen Insolvenzantrag. Das Insolvenzgericht eröffnete mit Beschluss vom 1. Juli 2012 das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Schuldnerin und bestellte den Kläger zum Insolvenzverwalter. Der Kläger verlangt Rückzahlung von 4.530.807,16 € nebst Zinsen sowie Auskunft über die mit den Rechnungen abgerechneten Leistungen unter Angabe von Bearbeitungszeiträumen, einzelnen Bearbeitern und Tätigkeitsbeschreibungen.

Das Landgericht, dessen Entscheidung in ZIP 2015, 1358 ff veröffentlicht ist, hat die Beklagte zur Rückzahlung von 4.530.807,16 € nebst Zinsen verurteilt und die Klage im Übrigen abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen und auf die Berufung der Beklagten die Rückzahlung auf 536.203,97 € herabgesetzt. Mit ihren vom Senat hinsichtlich des Zahlungsanspruchs zugelassenen Revisionen verfolgen die Parteien ihre ursprünglichen Anträge weiter.

Gründe


Die Revisionen führen im Umfang ihrer Zulassung zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache.

A.

Das Berufungsgericht hat - soweit noch von Interesse - ausgeführt, für die Zahlungen ab dem 27. März 2012 lägen die Voraussetzungen der Vorsatzanfechtung nach § 133 Abs. 1 InsO vor. Für die früheren Zahlungen fehle es an einem Benachteiligungsvorsatz der Schuldnerin. Allerdings habe die Schuldnerin seit dem 10. November 2011 von ihrer drohenden Zahlungsunfähigkeit gewusst. Hieraus könne aber erst ab dem 27. März 2012 auf den Benachteiligungsvorsatz der Schuldnerin geschlossen werden. Bis zum 27. März 2012 habe ein schlüssiges Sanierungskonzept vorgelegen, das schon in die Tat umgesetzt worden sei und bis zum Erlass des Beschlusses des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 27. März 2012 Aussicht auf Erfolg geboten habe. Damit habe die Kenntnis der drohenden Zahlungsunfähigkeit ihre Bedeutung als Indiz bis zu diesem Zeitpunkt verloren.

Mit Erlass des Beschlusses des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 27. März 2012 habe die Schuldnerin von der Erfolglosigkeit ihres Sanierungskonzepts ausgehen müssen. Damit habe sie ab diesem Zeitpunkt mit Benachteiligungsvorsatz gehandelt. Die Beklagte habe den Benachteiligungsvorsatz der Schuldnerin gekannt. Dies ergebe sich aus § 133 Abs. 1 Satz 2 InsO. Die Beklagte habe von der drohenden Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin gewusst. Sie müsse daher darlegen und beweisen, dass sie Zahlungen auf der Grundlage eines schlüssigen Sanierungskonzepts erhalten habe. Daran fehle es nach Übermittlung der Entscheidung des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 27. März 2012. Der Schuldnerin sei keine weitere Überlegungsfrist einzuräumen. Dies gelte auch für die Zahlungen am 27. März 2012. Da die Schuldnerin an diesem Tag um 17:24 Uhr von dem Beschluss erfahren habe, habe sie mit Benachteiligungsvorsatz gehandelt. Die Zahlungen seien durch Überweisung erfolgt, so dass der für die Rechtshandlung maßgebliche Zeitpunkt gemäß § 140 Abs. 1 InsO die Entstehung des Anspruchs auf Gutschrift sei. Dies sei am 27. März 2012 um 19:05 Uhr der Fall gewesen. Die Beklagte könne sich für die Zahlungen ab dem 27. März 2012 nicht auf § 142 InsO berufen, weil dies einer Anfechtung nach § 133 Abs. 1 InsO selbst dann nicht entgegenstehe, wenn es sich um eine bargeschäftsähnliche Lage handele.

Weitergehende Anfechtungsansprüche bestünden nicht. Eine Anfechtung nach § 131 InsO scheide aus, weil die Zahlungen kongruent gewesen seien. Die Forderungen der Beklagten seien fällig gewesen. Auch wenn keine den Anforderungen des § 10 Abs. 2 RVG entsprechende Rechnung vorliege, könne der Vergütungsanspruch eines Rechtsanwalts erfüllt werden. Der Schuldner könne auf eine Rechnungsstellung nach § 10 Abs. 2 RVG verzichten. Im Übrigen hätten die Parteien die Erteilung einer Rechnung nach § 10 RVG abbedungen. Eine Anfechtung nach § 133 Abs. 2 InsO aF (jetzt § 133 Abs. 4 InsO) komme von vornherein nicht in Betracht. Die Beklagte sei keine nahestehende Person im Sinne des § 138 Abs. 2 Nr. 2 InsO. Eine Anfechtung nach § 134 InsO sei nicht möglich, weil die Beklagte als Zuwendungsempfänger ihrerseits eine Gegenleistung zu erbringen gehabt habe.

B.

Dies hält rechtlicher Überprüfung in wesentlichen Punkten nicht stand. Da das Insolvenzverfahren vor dem 5. April 2017 eröffnet worden ist, sind die Vorschriften der §§ 130 ff InsO in der bis dahin geltenden Fassung weiter anzuwenden (Art. 103j Abs. 1 EGInsO).

I.

Die Revision der Beklagten hat Erfolg. Die Begründung, mit der das Berufungsgericht eine Anfechtung der ab dem 27. März 2012 erfolgten Zahlungen nach § 133 Abs. 1 InsO bejaht, ist rechtsfehlerhaft.

1. Gemäß § 133 Abs. 1 Satz 1 InsO ist eine Rechtshandlung anfechtbar, die der Schuldner in den letzten zehn Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag mit dem Vorsatz, seine Gläubiger zu benachteiligen, vorgenommen hat, wenn der andere Teil zur Zeit der Handlung den Vorsatz des Schuldners kannte.

a) Die subjektiven Voraussetzungen der Vorsatzanfechtung nach § 133 Abs. 1 InsO hat der Tatrichter gemäß § 286 ZPO unter Würdigung aller maßgeblichen Umstände des Einzelfalls zu prüfen (BGH, Urteil vom 13. August 2009 - IX ZR 159/06, WM 2009, 1943 Rn. 8; vom 22. Juni 2017 - IX ZR 111/14, WM 2017, 1424 Rn. 13; vom 7. Mai 2020 - IX ZR 18/19, WM 2020, 1074 Rn. 7; vom 6. Mai 2021 - IX ZR 72/20, BGHZ 230, 28 Rn. 37). Die revisionsgerichtliche Kontrolle der getroffenen Feststellungen beschränkt sich darauf, ob sich der Tatrichter entsprechend dem Gebot des § 286 ZPO mit dem Prozessstoff umfassend und widerspruchsfrei auseinandergesetzt hat, die Beweiswürdigung also vollständig und rechtlich möglich ist und nicht gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze verstößt (BGH, Urteil vom 14. Juli 2016 - IX ZR 188/15, WM 2016, 1701 Rn. 12 mwN; vom 7. Mai 2020, aaO mwN).

b) Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats genügt für den in § 133 Abs. 1 InsO vorausgesetzten Benachteiligungsvorsatz des Schuldners bedingter Vorsatz (BGH, Urteil vom 27. Mai 2003 - IX ZR 169/02, BGHZ 155, 75, 84; vom 22. Juni 2017, aaO Rn. 14; vom 12. Oktober 2017 - IX ZR 50/15, WM 2017, 2322 Rn. 9). Der Tatrichter hat bei seiner Würdigung der für und gegen einen Benachteiligungsvorsatz sprechenden Umstände bei der Anfechtung kongruenter Deckungen zu berücksichtigen, dass die Zahlungsunfähigkeit nur ein Beweisanzeichen darstellt, aus dem nicht schematisch auf einen Benachteiligungsvorsatz geschlossen werden kann.

aa) Die Vorsatzanfechtung beruht nicht auf dem Grundsatz der Gläubigergleichbehandlung, sondern schützt das Interesse der Gläubiger, dass der Schuldner ihre prinzipiell gleichen Befriedigungschancen nicht beeinträchtigt (vgl. BGH, Urteil vom 10. Februar 2005 - IX ZR 211/02, BGHZ 162, 143, 150; vom 16. Januar 2014 - IX ZR 31/12, WM 2014, 272 Rn. 17; vom 22. Juni 2017 - IX ZR 111/14, WM 2017, 1424 Rn. 20; vom 6. Juli 2017 - IX ZR 178/16, ZIP 2017, 1677 Rn. 17; vom 17. September 2020 - IX ZR 174/19, ZIP 2020, 2135 Rn. 16). Im Falle der Anfechtung kongruenter Deckungen sind insbesondere die Systematik der Anfechtungstatbestände sowie die Systematik des § 133 Abs. 1 InsO selbst zu berücksichtigen (vgl. BGH, Urteil vom 6. Mai 2021 - IX ZR 72/20, BGHZ 230, 28 Rn. 31). Dies betrifft zum einen die gesetzlichen Wertungen der Deckungsanfechtung (§§ 130 bis 132 InsO; vgl. BGH, Urteil vom 6. Mai 2021, aaO Rn. 33 f) und zum anderen Sinn und Zweck der gesetzlichen Vermutung des § 133 Abs. 1 Satz 2 InsO (vgl. BGH, Urteil vom 6. Mai 2021, aaO Rn. 35).

Der Senat hat daher nach Verkündung des Urteils des Berufungsgerichts entschieden, den Bezugspunkt des Gläubigerbenachteiligungsvorsatzes zu erweitern. Gewährt der Schuldner einem Gläubiger eine kongruente Deckung, kann der Benachteiligungsvorsatz nicht allein darauf gestützt werden, dass der Schuldner im Zeitpunkt der angefochtenen Rechtshandlung erkanntermaßen zahlungsunfähig ist (BGH, Urteil vom 6. Mai 2021, aaO Rn. 30 f). Es reicht nicht aus, dass der Schuldner weiß, dass er im Zeitpunkt der Rechtshandlung nicht alle seine Gläubiger befriedigen kann. Entscheidend ist, dass er im Zeitpunkt der Rechtshandlung weiß oder jedenfalls billigend in Kauf nimmt, seine anderen Gläubiger auch künftig, zu einem späteren Zeitpunkt, nicht vollständig befriedigen zu können (BGH, Urteil vom 6. Mai 2021, aaO Rn. 31, 36, 46). Die Liquiditätslage des Schuldners im Moment der Rechtshandlung ist keine hinreichend sichere Beurteilungsgrundlage für den Benachteiligungsvorsatz (BGH, Urteil vom 6. Mai 2021, aaO Rn. 36). Aus ihr kann nicht in jedem Fall mit hinreichender Gewissheit abgeleitet werden, dass der Schuldner weiß oder jedenfalls billigend in Kauf nimmt, dass er seine (übrigen) Gläubiger auch zu einem späteren Zeitpunkt nicht vollständig befriedigen können wird (BGH, Urteil vom 6. Mai 2021, aaO).

Darüber hinaus hat der Senat nach Verkündung des Urteils des Berufungsgerichts entschieden, dass allein aus der drohenden Zahlungsunfähigkeit nicht auf den Benachteiligungsvorsatz geschlossen werden kann (BGH, Urteil vom 6. Mai 2021, aaO Rn. 39). Um einen Benachteiligungsvorsatz im Stadium der drohenden Zahlungsunfähigkeit annehmen zu können, müssen stets weitere Umstände hinzutreten (BGH, Urteil vom 6. Mai 2021, aaO Rn. 40).

bb) Für den Benachteiligungsvorsatz ist allein die Perspektive ex ante, zum Zeitpunkt der Rechtshandlung ausschlaggebend. Dies gilt auch für die Frage, ob der Schuldner weiß oder jedenfalls billigend in Kauf nimmt, seine anderen Gläubiger auch künftig, zu einem späteren Zeitpunkt, nicht vollständig befriedigen zu können. Dabei richtet sich der für den Benachteiligungsvorsatz nach § 133 InsO erhebliche Zeitraum für die Vorstellung des Schuldners, seine anderen Gläubiger zu einem späteren Zeitpunkt befriedigen zu können, nicht nach der Insolvenzantragspflicht.

(1) Die erkannte Zahlungsunfähigkeit stellt ein Indiz für den Benachteiligungsvorsatz des Schuldners dar (BGH, Urteil vom 6. Mai 2021 - IX ZR 72/20, BGHZ 230, 28 Rn. 36). Sie kann den Schluss auf den Benachteiligungsvorsatz tragen, wenn sie die Überzeugung rechtfertigt, dass der Schuldner bereits im Zeitpunkt der Rechtshandlung wegen der Zahlungsunfähigkeit erkennt, dass sein Vermögen und sein weiterer Erwerb nicht mehr ausreichen, um sämtliche Gläubiger künftig, zu einem späteren Zeitpunkt, zu befriedigen.

(a) Dies folgt nicht automatisch aus der erkannten Zahlungsunfähigkeit. Die gegenwärtige Zahlungsunfähigkeit allein spricht für den Gläubigerbenachteiligungsvorsatz, wenn sie ein Ausmaß angenommen hat, das eine vollständige Befriedigung der übrigen Gläubiger auch in Zukunft nicht erwarten lässt, etwa deshalb, weil ein Insolvenzverfahren unausweichlich erscheint. Ist die Krise noch nicht so weit fortgeschritten oder besteht aus anderen Gründen berechtigte Hoffnung auf Besserung, genügt der Blick auf die momentane Liquiditätslage nicht für eine im Sinne des § 286 ZPO sichere Überzeugung (BGH, Urteil vom 6. Mai 2021, aaO). Hatte die Deckungslücke ein Ausmaß erreicht, das selbst bei optimistischer Einschätzung der zukünftigen Entwicklung in absehbarer Zeit keine vollständige Befriedigung der bereits vorhandenen und der absehbar hinzutretenden Gläubiger erwarten ließ, musste dem Schuldner klar sein, dass er nicht einzelne Gläubiger befriedigen konnte, ohne andere zu benachteiligen. Befriedigt er in dieser Lage einzelne Gläubiger, handelt er deshalb mit Gläubigerbenachteiligungsvorsatz (BGH, Urteil vom 6. Mai 2021, aaO Rn. 46). Besteht - abhängig vom Ausmaß der bestehenden Deckungslücke und der aus objektiver Sicht erwartbaren und vom Schuldner erkannten Entwicklung - Aussicht auf nachhaltige Beseitigung der gegenwärtigen Zahlungsunfähigkeit, darf der Schuldner davon ausgehen, dass ihm der hierfür erforderliche Zeitraum verbleibt. Der Schuldner handelt mit Gläubigerbenachteiligungsvorsatz, wenn er einen Zeitraum in seine Überlegungen einbezieht, der ihm unter Berücksichtigung des Verhaltens seiner übrigen Gläubiger ersichtlich nicht zur Verfügung steht (BGH, Urteil vom 6. Mai 2021, aaO Rn. 47).

(b) Daher sind für die Bedeutung des Indizes der Zahlungsunfähigkeit die konkrete Deckungslücke und die Erwartungen des Schuldners an die weitere Entwicklung dieser Deckungslücke maßgeblich. Der Tatrichter hat zunächst die Umstände zu würdigen, welche die Zahlungsunfähigkeit begründen. Ob sie den Schluss zulassen, dass der Schuldner bereits zum Zeitpunkt der Rechtshandlung erkannt oder billigend in Kauf genommen hat, seine übrigen Gläubiger auch zukünftig nicht vollständig befriedigen zu können, hängt von der Art und Bedeutung der Tatsachen ab, die den Schluss auf die Zahlungsunfähigkeit tragen. Dabei beurteilt sich der Begriff der Zahlungsunfähigkeit auch im Rahmen des Insolvenzanfechtungsrechts nach § 17 InsO (BGH, Urteil vom 30. Juni 2011 - IX ZR 134/10, WM 2011, 1429 Rn. 10 mwN; vom 12. Oktober 2017 - IX ZR 50/15, WM 2017, 2322 Rn. 10).

Begründen diese Tatsachen eine Zahlungseinstellung im Sinne von § 17 Abs. 2 Satz 2 InsO, muss der Tatrichter einbeziehen, dass es sich bei dieser Norm um eine gesetzliche Vermutung handelt. Zwar kennt derjenige, der die Zahlungseinstellung kennt, aufgrund der gesetzlichen Vermutung stets die Zahlungsunfähigkeit (vgl. BGH, Urteil vom 19. Februar 2009 - IX ZR 62/08, BGHZ 180, 63 Rn. 13; vom 18. Juli 2013 - IX ZR 143/12, WM 2013, 1993 Rn. 17). Hingegen hat der Tatrichter für den Benachteiligungsvorsatz zu prüfen, welchen Schluss die die Zahlungseinstellung tragenden Tatsachen hinsichtlich der weiteren Entwicklung der Deckungslücke und der Erwartungen des Schuldners zulassen.

Bedeutung für die Vorstellung des Schuldners, seine übrigen Gläubiger auch zukünftig nicht befriedigen zu können, hat zudem die Krisenursache. Maßgeblich ist, ob der Schuldner aufgrund der ihm bekannten Krisenursachen nach den objektiven Umständen erkannt hat, dass ein Insolvenzverfahren unvermeidlich ist und er tatsächlich keine Aussichten mehr hat, seine Gläubiger zukünftig zu befriedigen. Daran fehlt es, wenn der Schuldner nach den objektiven Umständen noch annehmen konnte, dass die Krise nur vorübergehend ist oder die von ihm eingeleiteten Schritte zur Überwindung der Krise oder die begonnenen Sanierungsmaßnahmen Erfolg haben werden. Dabei ist auch zu berücksichtigen, ob der Schuldner damit rechnet, dass alsbald ein anderer Gläubiger einen zulässigen und begründeten Insolvenzantrag stellen wird.

(2) Aus der Insolvenzantragspflicht nach § 15a InsO oder dem Zahlungsverbot nach § 15b InsO ergibt sich für den Benachteiligungsvorsatz keine Begrenzung des Zeitraums, den der Schuldner, der seine Zahlungsunfähigkeit erkannt hat, für eine künftige Befriedigung seiner Gläubiger in Betracht ziehen darf. Ob der Schuldner erkannt oder billigend in Kauf genommen hat, dass eine vollständige Befriedigung der übrigen Gläubiger auch in Zukunft nicht zu erwarten ist, unterliegt vielmehr tatrichterlicher Würdigung (vgl. BGH, Urteil vom 6. Mai 2021 - IX ZR 72/20, BGHZ 230, 28 Rn. 37).

(a) Die Voraussetzungen, unter denen der Schuldner mit Benachteiligungsvorsatz handelt, sind nicht deckungsgleich mit dem vom Gesetzgeber für die Insolvenzantragspflicht des Schuldners bestimmten Zeitraum. Der Benachteiligungsvorsatz des Schuldners legitimiert die Vorsatzanfechtung gegenüber dem Empfänger und verpflichtet den Empfänger, seinen Vermögenserwerb zurück zu gewähren. Es geht um eine rechtfertigende Grundlage für den Eingriff in die Vermögensposition des Empfängers. Daher müssen die Anforderungen an den Benachteiligungsvorsatz auch die Bedürfnisse des Verkehrsschutzes einbeziehen (vgl. BT-Drucks. 12/2443, S. 265). Dies gilt insbesondere für kongruente Deckungen, bei denen die Anforderungen im Hinblick auf die zeitliche Begrenzung der Deckungsanfechtung nach § 130 InsO eigenständig zu bestimmen sind. Insbesondere stellt das Unterlassen eines Insolvenzantrags keine Rechtshandlung des Schuldners dar, auf die eine Vorsatzanfechtung gestützt werden könnte (BGH, Urteil vom 10. Februar 2005 - IX ZR 211/02, BGHZ 162, 143, 154 ff).

(b) Dem kann nicht entgegengehalten werden, dass ein Gleichlauf zwischen dem Benachteiligungsvorsatz nach § 133 Abs. 1 InsO und der Insolvenzantragspflicht gemäß § 15a InsO sowie dem Zahlungsverbot gemäß § 15b InsO bestehen müsse. Insbesondere kann nicht allein deshalb ein Benachteiligungsvorsatz bejaht werden, weil die Organe des Schuldners die nach § 15a InsO bestehende Insolvenzantragspflicht verletzen (aA Thole, ZRI 2021, 609, 612; Gehrlein/Pape, ZInsO 2021, 2061, 2066). Ebenso wenig folgt allein aus einem Verstoß gegen das Zahlungsverbot des § 15b InsO, dass der Schuldner mit Benachteiligungsvorsatz im Sinne des § 133 Abs. 1 InsO gehandelt hat. § 15a InsO und § 15b InsO regeln nicht den Interessenkonflikt zwischen dem Empfänger einer Leistung und der Gläubigergemeinschaft.

Die Insolvenzantragspflicht gemäß § 15a InsO und das Zahlungsverbot nach § 15b InsO richten sich an die Organe des Schuldners (vgl. Steffek in Kübler/Prütting/Bork, InsO, 2021, § 15a Rn. 25; Bork/Kebekus in Kübler/Prütting/Bork, InsO, 2021, § 15b Rn. 9, 12). Die Bestimmungen regeln den Interessenkonflikt zwischen diesen Organen, dem Schuldner und der Gesamtheit der Gläubiger. § 15a InsO schafft Handlungspflichten; eine Haftung des zur Handlung Verpflichteten tritt unter den Voraussetzungen des § 823 Abs. 2 BGB ein. Bei einem Verstoß gegen das Zahlungsverbot des § 15b Abs. 1 InsO ordnet § 15b Abs. 4 InsO eine Erstattungspflicht des Handelnden an. Die Vorschriften zielen darauf, die Pflichtenstellung der Organe des Schuldners zugunsten der Gläubigergesamtheit zu aktivieren. Daher betreffen die Haftungsfolgen die Organe des Schuldners. Hierfür genügt einfache Fahrlässigkeit oder ein sorgfaltswidriges Handeln. Demgegenüber nehmen die Vorschriften die Interessen eines einzelnen Gläubigers - insbesondere des Empfängers einer Leistung - nicht in den Blick. Dessen Interessen gehen nicht in den Interessen der Gläubigergesamtheit auf. Sie unterscheiden sich vielmehr und können auch gegenläufig sein. Daher hat eine Verletzung der Pflichten nach §§ 15a, 15b InsO für die Rechtsstellung eines einzelnen Gläubigers - wenn nicht die Voraussetzungen für eine Haftung gemäß § 826 BGB oder als Teilnehmer gemäß § 830 BGB erfüllt sind - keine Auswirkungen. Das von §§ 15a, 15b InsO verfolgte Schutzkonzept zugunsten der Gesamtheit der Gläubiger bestimmt nicht darüber, wann ein Eingriff in die Interessen eines einzelnen Gläubigers zulässig ist. Der Verschleppungsvorsatz ist ein Gefährdungsvorsatz, dessen Verwirklichung nicht zwingend den Vorsatz hinsichtlich einer Gläubigerbenachteiligung umfasst (vgl. Ellers, DB 2021, 2678, 2682).

Demgegenüber begründet die Vorsatzanfechtung die Verpflichtung eines Gläubigers, die ihm zustehende Leistung bei einer späteren Eröffnung des Insolvenzverfahrens wieder zur Masse zu erstatten (§ 143 InsO). Dies greift in die Interessen des einzelnen Gläubigers ein. Die Vorsatzanfechtung regelt den Interessenkonflikt zwischen dem Schuldner, der Gesamtheit der Gläubiger und dem Empfänger der Leistung. Die Wertungsgrundlage, welche eine Rückgewährpflicht des Empfängers rechtfertigt, unterscheidet sich grundlegend von der Frage, unter welchen Voraussetzungen ein Organ des Schuldners für Pflichtverletzungen oder Masseverkürzungen haftet. Dies zeigt sich schon im Wortlaut des § 133 Abs. 1 InsO, der sich von §§ 15a, 15b InsO klar unterscheidet.

Ein Benachteiligungsvorsatz ist nicht schon dann gegeben, wenn der Schuldner bei seiner Rechtshandlung zugleich andere Pflichten verletzt. Für § 133 Abs. 1 InsO kommt es darauf an, ob Umstände als Indiz vorsatzausschließend oder vorsatzbegründend sind. Zentraler Anknüpfungspunkt der gesetzlichen Regelung ist der in einer Rechtshandlung zum Ausdruck gekommene Wille des Schuldners, den Anfechtungsgegner zum Nachteil anderer Gläubiger zu bevorzugen (BGH, Urteil vom 10. Februar 2005 - IX ZR 211/02, BGHZ 162, 143, 150). Dies ist der Fall, wenn der Schuldner die hinsichtlich der Zugriffsmöglichkeiten bestehende Chancengleichheit zwischen den Gläubigern beeinträchtigt. Es geht um die Aussichten eines Gläubigers, gleiche Chancen für einen Zugriff auf das Vermögen des Schuldners zu haben, sei es im Wege der Zwangsvollstreckung, sei es - wenn das Insolvenzverfahren unvermeidlich ist - durch eine Eröffnung des Insolvenzverfahrens, nicht um die tatsächliche Befriedigung seiner Forderung. Daraus folgt zugleich, dass der Schuldner die in diesem Punkt bestehende Chancengleichheit nicht schon deshalb verletzt, weil die Befriedigungsquote geringer ausfällt. Ein Handeln unter Verletzung eines nicht gegenüber dem Gläubiger bestehenden Handlungs- oder Unterlassungsgebots genügt hierzu nicht. Der Bezugspunkt des Benachteiligungsvorsatzes unterscheidet sich von §§ 15a, 15b InsO (vgl. Schoppmeyer, WM 2018, 353, 355 ff; Ellers, DB 2021, 2678, 2682; vgl. auch Willemsen/Kühn, BB 2020, 1353, 1356). Die aus §§ 15a, 15b InsO folgenden Fristen und Unterlassungsgebote bestimmen daher nicht über die Voraussetzungen der Vorsatzanfechtung nach § 133 InsO.

2. Die Würdigung des Berufungsgerichts ist nach diesen Maßstäben rechtsfehlerhaft.

a) Allerdings geht das Berufungsgericht mit Recht davon aus, dass für die Zeit ab dem 27. März 2012 kein erfolgversprechender Sanierungsversuch mehr vorlag. Rechtsfehlerfrei nimmt das Berufungsgericht an, dass der Sanierungsversuch objektiv mit Erlass der Entscheidung des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main in der Sache P.      am 27. März 2012 gescheitert war und Schuldnerin und Beklagte mit dem Zugang der E-Mail über die abschlägige Entscheidung am 27. März 2012 um 17:24 Uhr in ausreichendem Maß Kenntnis hatten.

aa) Ein Sanierungsversuch ist gescheitert, wenn eine weitere Fortsetzung der Sanierungsbemühungen aus der Perspektive ex ante innerhalb der noch zur Verfügung stehenden Zeit keinen Erfolg mehr verspricht. Hängt der Erfolg der Sanierung davon ab, dass eine Rechtsfrage in einer bestimmten Weise zu beantworten ist, ist der Sanierungsversuch gescheitert, wenn sich die rechtlichen Risiken verwirklichen.

Dies ist der Fall, wenn ein Gericht die rechtlichen Fragen zu Lasten des Schuldners entscheidet und keine ernsthafte Möglichkeit besteht, eine dem Schuldner günstige Beurteilung der Rechtsfragen herbeizuführen. Kann der Schuldner Rechtsmittel einlegen, kommt es nicht nur auf die Erfolgsaussichten des Rechtsmittels, sondern auch darauf an, ob dem Schuldner die für die Durchführung eines Rechtsmittels erforderliche Zeit noch zur Verfügung steht. Unter entsprechenden Voraussetzungen haben sich die rechtlichen Risiken zudem dann verwirklicht, wenn eine dem Schuldner nachteilige, gefestigte Rechtsauffassung des zuständigen Gerichts besteht oder sich eine solche Rechtsauffassung aus in vergleichbaren Fällen getroffenen Entscheidungen ergibt.

bb) Nach diesen Maßstäben hat das Berufungsgericht den Sanierungsversuch mit der Entscheidung des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 27. März 2012 rechtsfehlerfrei als gescheitert angesehen.

(1) Nach seinen Feststellungen beruhte der Sanierungsversuch entscheidend darauf, dass eine Umwandlung der Ansprüche aus den Wandelschuldverschreibungen in Eigenkapital gelang. Hierzu war eine Änderung der Anleihebedingungen der WSV 2012 und WSV 2014 durch Mehrheitsbeschluss nach § 24 Abs. 2 SchVG erforderlich. Es begegnet keinen rechtlichen Bedenken, dass das Berufungsgericht diesen Weg als gescheitert angesehen hat, als das im Falle der Schuldnerin zuständige Oberlandesgericht Frankfurt am Main in den vergleichbaren Fällen der P.       AG entschied, dass das Schuldverschreibungsgesetz 2009 auf Schuldverschreibungen nach Art der WSV 2012 und WSV 2014 unanwendbar sei.

Es kommt nicht darauf an, dass der Bundesgerichtshof mit Urteil vom 1. Juli 2014 (II ZR 381/13, BGHZ 202, 7 ff) entschieden hat, dass § 24 Abs. 2 SchVG auf nach deutschem Recht begebene inhaltsgleiche Schuldverschreibungen aus Gesamtemissionen, die vor dem 5. August 2009 ausgegeben wurden, Anwendung findet, auch wenn sie nicht dem Schuldverschreibungsgesetz von 1899 unterfielen. Diese Entscheidung ist erst nach dem Beschluss vom 27. März 2012 ergangen. Ob ein erfolgversprechendes Sanierungskonzept vorliegt, hat sich an den zur Zeit der Umsetzung tatsächlich bestehenden Rechtsauffassungen auszurichten. Dies gilt im positiven wie im negativen Sinn. Eine ernsthafte Möglichkeit, rechtzeitig auf eine Änderung der Rechtsauffassung des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main hinzuwirken, stand der Schuldnerin nicht zur Verfügung. Dass eine Entscheidung des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main in dem von der       B.V. angestrengten Freigabeverfahren nach § 20 Abs. 3 Satz 4 SchVG noch ausstand, nachdem die B.V. dies hatte ruhend stellen lassen, ist unerheblich. Hierfür war derselbe Senat zuständig, der den Beschluss vom 27. März 2012 erlassen hatte. Der Beschluss im Freigabeverfahren nach § 20 Abs. 3 Satz 4 SchVG war nicht anfechtbar. Um ein Hauptsacheverfahren erfolgversprechend durchführen zu können, fehlte der Schuldnerin die erforderliche Zeit.

(2) Zu Unrecht rügt die Revision, dass das Sanierungskonzept nicht als gescheitert anzusehen sei, weil die Schuldnerin bereits zuvor einen Ersatzplan entwickelt gehabt habe, der ein Verfahren nach englischem Recht vorgesehen habe. Es kann dahinstehen, ob dieser Weg angesichts der mit ihm verbundenen erheblichen rechtlichen Risiken hinreichende Aussicht auf Erfolg gehabt hätte. Jedenfalls bestand nach den Feststellungen des Berufungsgerichts für die Schuldnerin am 27. März 2012 angesichts der Ende April 2012 eintretenden Zahlungsunfähigkeit kein zeitlicher Spielraum mehr, nunmehr ein anderes Sanierungskonzept mit erheblichen rechtlichen Risiken zu versuchen. Das Scheitern der vorgesehenen Lösung eröffnete kein neues Zeitfenster. Es bestehen angesichts der vom Berufungsgericht festgestellten Umstände keine Anhaltspunkte, dass der Ersatzplan aus der Sicht der Schuldnerin innerhalb der noch zur Verfügung stehenden Zeit eine erfolgversprechende Lösung darstellen konnte.

cc) Weiter rechtsfehlerfrei nimmt das Berufungsgericht an, dass Schuldnerin und Beklagte am 27. März 2012 spätestens um 17:24 Uhr Kenntnis vom Scheitern des Sanierungsversuchs hatten. Dies ist in erster Linie eine Frage der tatrichterlichen Würdigung. Revisionsrechtlich erhebliche Fehler zeigt die Beklagte nicht auf.

Zu Unrecht rügt die Revision, dass eine Kenntnis erst angenommen werden könne, nachdem die Entscheidungsgründe des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main in hinreichendem Maß geprüft worden seien. Das Berufungsgericht hat in seinem Tatbestand festgestellt, dass die Parteien übereinstimmend vorgetragen haben, der Rechtsabteilungsleiter der Schuldnerin sei mit E-Mail vom 27. März 2012 um 17:24 Uhr vom Erlass und Inhalt des Beschlusses des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main unterrichtet worden. An diese tatbestandlichen Feststellungen ist der Senat gemäß § 314 ZPO gebunden. Das Berufungsgericht konnte aufgrund der von ihm gewürdigten, der Entscheidung des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vorhergehenden Entwicklung ohne Rechtsfehler annehmen, dass die Schuldnerin und die Beklagte bereits mit Erlass der Entscheidung von der Erfolglosigkeit des Sanierungskonzepts wussten.

b) Mit Recht hält das Berufungsgericht zudem den Einwand der Beklagten für unbeachtlich, es liege eine bargeschäftliche Leistung vor.

aa) Zutreffend nimmt das Berufungsgericht an, dass ein Bargeschäft gemäß § 142 InsO in der bis zum 4. April 2017 geltenden Fassung anfechtbar ist, wenn die Voraussetzungen der Vorsatzanfechtung gemäß § 133 Abs. 1 InsO erfüllt sind.

bb) Die Beklagte kann sich gegenüber der Vorsatzanfechtung nicht auf eine bargeschäftsähnliche Lage berufen. Entgegen der Ansicht der Revision erfüllt die Bezahlung von Leistungen eines Sanierungsberaters nicht die Voraussetzungen der bargeschäftsähnlichen Lage.

(1) In Fällen kongruenter Leistungen kann der Schuldner trotz der Indizwirkung einer erkannten Zahlungsunfähigkeit nicht mit Gläubigerbenachteiligungsvorsatz handeln, wenn er seine Leistung Zug um Zug gegen eine zur Fortführung seines Unternehmens unentbehrliche Gegenleistung erbracht hat, die den Gläubigern im Allgemeinen nutzt (bargeschäftsähnliche Lage, vgl. BGH, Urteil vom 12. Februar 2015 - IX ZR 180/12, ZIP 2015, 585 Rn. 22 mwN; Beschluss vom 27. September 2018 - IX ZR 313/16, WM 2018, 2097 Rn. 3).

(2) Die Bezahlung von Leistungen eines Sanierungsberaters erfüllt nicht die Voraussetzungen der bargeschäftsähnlichen Lage (vgl. Hirte/Fontaine, ZInsO 2017, 1817, 1819; van Marwyk, ZInsO 2018, 1352, 1356). Allerdings kann ein Bargeschäft gemäß § 142 InsO auch für die Bezahlung von Dienstleistungen eines Rechtsanwalts im Zusammenhang mit einer Sanierungsberatung in Betracht kommen (vgl. BGH, Urteil vom 13. April 2006 - IX ZR 158/05, BGHZ 167, 190 Rn. 30 ff). Die Zahlung eines angemessenen Honorars für ernsthafte und nicht von vornherein als aussichtslos erscheinende Sanierungsbemühungen kann selbst dann, wenn diese gescheitert sind, ein Bargeschäft sein (vgl. BGH, Urteil vom 6. Dezember 2007 - IX ZR 113/06, ZIP 2008, 232 Rn. 23 mwN). Ein Bargeschäft im Sinne des § 142 InsO setzt voraus, dass die Leistungen des Sanierungsberaters einen praktischen Nutzen für den Schuldner haben oder dessen Vermögen anreichern (BGH, Urteil vom 6. Dezember 2007, aaO Rn. 24 f zu § 142 InsO).

Allein die bargeschäftliche Abwicklung steht jedoch einem Benachteiligungsvorsatz nicht entgegen; die bargeschäftsähnliche Lage weist gegenüber einem Bargeschäft nach § 142 InsO engere Voraussetzungen auf. Die Leistungen des Sanierungsberaters stellen keine für die Fortführung des Unternehmens unentbehrliche Leistungen im Sinne der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur bargeschäftsähnlichen Lage dar. Dies meint solche Leistungen, die der Schuldner für seine unternehmerische Tätigkeit benötigt.

Für eine anfechtungsfeste Bezahlung von Leistungen eines Sanierungsberaters ist ein Schutz nach den Grundsätzen der bargeschäftsähnlichen Lage zudem nicht erforderlich. Strebt der Schuldner eine erfolgversprechende Sanierung an und bezahlt er in diesem Rahmen die Leistungen des Sanierungsberaters, spricht bereits dies gegen einen Benachteiligungsvorsatz des Schuldners. Insoweit vermag eine bargeschäftliche Abwicklung der Zahlungen die Zweifel an einem Benachteiligungsvorsatz zu verstärken.

c) Ebenfalls zutreffend nimmt das Berufungsgericht an, dass die Zahlung durch bargeldlose Überweisung im Sinne des § 140 Abs. 1 InsO erst vorgenommen ist, wenn der Anspruch des Gläubigers auf die Gutschrift entsteht (BGH, Urteil vom 24. Oktober 1996 - IX ZR 284/95, ZIP 1996, 2080, 2082; vom 18. Juli 2002 - IX ZR 480/00, ZIP 2002, 1540, 1542; vom 9. Juni 2005 - IX ZR 152/03, NZI 2005, 497, 498; vom 28. Januar 2021 - IX ZR 64/20, ZIP 2021, 416 Rn. 28 mwN). Die hiergegen in der mündlichen Verhandlung von der Revision erhobenen Einwände geben keinen Anlass, von dieser Rechtsprechung abzuweichen.

d) Hingegen hält die Erwägung des Berufungsgerichts, die Schuldnerin habe im Hinblick auf die drohende Zahlungsunfähigkeit mit Benachteiligungsvorsatz gehandelt, rechtlicher Überprüfung nicht stand. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts war die Schuldnerin seit September 2011 drohend zahlungsunfähig. Die Revision der Beklagten erhebt keine Rügen; Rechtsfehler sind nicht ersichtlich.

Die Annahme des Berufungsgerichts, die Schuldnerin habe die Zahlungen ab dem 27. März 2012 mit Benachteiligungsvorsatz vorgenommen, berücksichtigt nicht, dass nach der - erst nach der Entscheidung des Berufungsgerichts ergangenen - neuen Rechtsprechung des Senats im Fall einer kongruenten Deckung allein aus einer drohenden Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nicht gefolgert werden kann, dass der Schuldner mit Benachteiligungsvorsatz handelte (BGH, Urteil vom 6. Mai 2021 - IX ZR 72/20, BGHZ 230, 28 Rn. 39). Zusätzliche Umstände, die für einen Benachteiligungsvorsatz auch bei drohender Zahlungsunfähigkeit sprechen könnten, hat das Berufungsgericht nicht festgestellt.

3. Die Sache ist hinsichtlich der Revision der Beklagten nicht zur Endentscheidung reif. Auch wenn eine drohende Zahlungsunfähigkeit allein keinen Schluss auf einen Benachteiligungsvorsatz zulässt, lässt sich auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen des Berufungsgerichts nicht ausschließen, dass zusätzliche Indizien bestehen, die zusammen mit der drohenden Zahlungsunfähigkeit den Schluss auf einen Benachteiligungsvorsatz für die Zahlungen ab dem 27. März 2012 zulassen.

a) Die drohende Zahlungsunfähigkeit gehört - wie alle Umstände, die Einfluss auf die zukünftige Erfüllung der Ansprüche der übrigen Gläubiger haben können - zu den Indizien, welche der Tatrichter im Rahmen der nach § 286 ZPO erforderlichen Gesamtwürdigung zu berücksichtigen hat. Um bei kongruenten Deckungen auf einen Benachteiligungsvorsatz schließen zu können, müssen jedoch zusätzliche, von der drohenden Zahlungsunfähigkeit unabhängige Umstände hinzutreten, damit im Stadium der nur drohenden Zahlungsunfähigkeit vorgenommene Deckungshandlungen nach § 133 Abs. 1 InsO anfechtbar sein können (BGH, Urteil vom 6. Mai 2021 - IX ZR 72/20, BGHZ 230, 28 Rn. 40).

b) Zusätzliche Umstände, die eine Vorsatzanfechtung von Rechtshandlungen bei erkannter drohender Zahlungsunfähigkeit begründen können, kommen auch bei der Bezahlung von Leistungen eines Sanierungsberaters in Betracht. Solche Umstände können im Streitfall darin liegen, dass die Schuldnerin die Leistungen der Beklagten nach dem von ihr erkannten Scheitern des Sanierungsversuchs bezahlt hat, obwohl sie nur wenig später, am 3. April 2012, einen Insolvenzantrag gestellt hat.

Es kann für einen Benachteiligungsvorsatz bei drohender Zahlungsunfähigkeit sprechen, wenn der Eintritt der Zahlungsunfähigkeit sicher zu erwarten ist und alsbald bevorsteht, der Schuldner sich bewusst ist, dass er kurzfristig einen Insolvenzantrag stellen wird, und er gleichwohl Gläubiger in der verbleibenden Zeit bis zum ohnehin beabsichtigten Insolvenzantrag gezielt befriedigt. Der Senat hat bereits darauf hingewiesen, dass es zur Vorsatzanfechtung führen kann, wenn im Zustand der nur drohenden Zahlungsunfähigkeit und in der sicheren Erwartung des Eintritts der Zahlungsunfähigkeit mit den noch vorhandenen Mitteln gezielt bestimmte (womöglich nahestehende) Altgläubiger außerhalb des ordnungsgemäßen Geschäftsgangs befriedigt werden (BGH, Urteil vom 6. Mai 2021 - IX ZR 72/20, BGHZ 230, 28 Rn. 40). Diese Voraussetzungen können gegeben sein, wenn der Schuldner Leistungen erbringt, nachdem der Sanierungsversuch gescheitert ist.

Tragender Grund für das für sich genommen unzureichende Gewicht der drohenden Zahlungsunfähigkeit ist die gesetzgeberische Wertung, dem Schuldner die Möglichkeit zu belassen, sein Unternehmen auch außerhalb eines bargeschäftlichen Leistungsaustauschs fortzuführen und auf diesem Wege die drohende Zahlungsunfähigkeit zu beseitigen (BGH, Urteil vom 6. Mai 2021, aaO Rn. 39). Dass bei drohender Zahlungsunfähigkeit kein Insolvenzverfahren gegen den Willen des Schuldners eröffnet werden kann, verliert sein Gewicht, wenn der Eintritt der Zahlungsunfähigkeit sicher zu erwarten ist und alsbald bevorsteht, nachdem ein Sanierungsversuch gescheitert ist und keine Aussichten bestehen, zukünftig alle Gläubiger zu befriedigen. Unter diesen Voraussetzungen kommt ein Benachteiligungsvorsatz des Schuldners in Betracht, wenn der Schuldner darauf verzichtet, den von ihm als unvermeidlich erkannten und jetzt schon möglichen Insolvenzantrag zu stellen, und diese Verzögerung des Insolvenzantrags bewusst dazu nutzt, um bestimmte Gläubiger zu bevorzugen. Der Benachteiligungsvorsatz liegt damit in diesen Fällen im besonderen Motiv des Schuldners.

II.

Die Revision des Klägers hat ebenfalls Erfolg. Die Begründung, mit der das Berufungsgericht eine Anfechtbarkeit der bis zum 27. März 2012 erfolgten Zahlungen verneint, hält in einem entscheidenden Punkt rechtlicher Überprüfung nicht stand.

1. Eine Anfechtbarkeit nach § 131 InsO ist nicht gegeben. Rechtsfehlerfrei behandelt das Berufungsgericht die Zahlungen der Schuldnerin als kongruente Leistungen.

a) Die Forderungen der Beklagten waren fällig. Dies richtet sich grundsätzlich nach § 8 Abs. 1 RVG. § 10 RVG enthält keine Regelung über die Fälligkeit der Honoraransprüche, sondern ist nur Voraussetzung dafür, dass der Rechtsanwalt die Vergütung einfordern kann (BGH, Urteil vom 7. März 2019 - IX ZR 143/18, WM 2019, 738 Rn. 13; Gerold/Schmidt/Burhoff, RVG, 25. Aufl., § 10 Rn. 1). Dabei können die Parteien von § 8 Abs. 1 RVG abweichende Fälligkeitsvereinbarungen treffen (BGH, Beschluss vom 19. September 2013 - IX ZR 112/11, ZfSch 2014, 47 Rn. 2 mwN). Im Streitfall haben die Parteien vereinbart, dass die Beklagte ihre Leistungen gegenüber der Schuldnerin im 2-Wochen-Rhythmus abrechnen werde.

b) Zu Unrecht macht die Revision geltend, die Inkongruenz der Zahlungen folge daraus, dass die Beklagte der Schuldnerin keine den Anforderungen des § 10 RVG entsprechende Berechnung mitgeteilt habe.

aa) Allerdings sind Zahlungen auf eine fällige Vergütungsforderung eines Rechtsanwalts inkongruent, falls der Rechtsanwalt sie mangels einer dem Auftraggeber mitgeteilten Berechnung noch nicht einfordern konnte (§ 10 Abs. 1 RVG; vgl. BGH, Urteil vom 13. April 2006 - IX ZR 158/05, BGHZ 167, 190 Rn. 26). Dass der Schuldner die Forderung gleichwohl erfüllen darf, mithin auf die ihm aus § 10 Abs. 1 RVG zustehende Einrede verzichten kann, ändert daran nichts. Vielmehr unterscheidet gerade das Recht des Gläubigers, die Leistung zu fordern, kongruente und inkongruente Rechtshandlungen (vgl. BGH, Urteil vom 6. Dezember 2018 - IX ZR 143/17, BGHZ 220, 280 Rn. 18 mwN; vom 12. September 2019 - IX ZR 16/18, ZIP 2019, 1972 Rn. 21).

bb) Im Streitfall hat die Beklagte unstreitig der Schuldnerin von ihr unterzeichnete Rechnungen gestellt. Dass diese Rechnungen keine näheren Angaben zu den erbrachten Leistungen, insbesondere nicht die von § 10 Abs. 2 RVG vorgeschriebenen Angaben enthielten, ist unschädlich.

Die Bestimmung über den Inhalt der Rechnungen nach § 10 Abs. 2 RVG ist dispositiv (vgl. Schneider in Schneider/Volpert/Fölsch, Gesamtes Kostenrecht, 3. Aufl., § 10 RVG Rn. 24; Gerold/Schmidt/Burhoff, RVG, 25. Aufl., § 10 Rn. 23). Damit können die Parteien vereinbaren, dass der Rechtsanwalt sein Honorar auch ohne eine den Anforderungen des § 10 Abs. 2 RVG entsprechende Rechnungsstellung einfordern und durchsetzen kann. Nach den rechtsfehlerfreien Feststellungen des Landgerichts, welche das Berufungsgericht sich zu eigen gemacht hat, haben sich Schuldnerin und Beklagte bereits mit der ursprünglichen Mandatsvereinbarung geeinigt, dass die Abrechnung der Leistungen der Beklagten in der tatsächlich vorgenommenen Art und Weise ausreichend sein soll.

c) Soweit der Kläger mit seiner Revision geltend macht, die Zahlungen seien inkongruent, weil die Schuldnerin mit der Beklagten ein Zahlungsziel von 14 Tagen vereinbart, aber 11 Zahlungen vorfällig vorgenommen habe, zeigt er keinen entsprechenden Tatsachenvortrag in der Berufungsinstanz auf. Der Senat hat die Rügen der Revision geprüft, aber nicht für durchgreifend erachtet. Von einer näheren Begründung wird gemäß § 564 ZPO abgesehen.

2. Die Voraussetzungen der Schenkungsanfechtung nach § 134 InsO sind nicht erfüllt; die Revision erinnert hiergegen nichts.

3. Rechtsfehlerhaft hält das Berufungsgericht eine Anfechtung nach § 133 Abs. 2 InsO (jetzt § 133 Abs. 4 InsO nF) von vornherein für ausgeschlossen, weil die Beklagte keine nahestehende Person im Sinne des § 138 Abs. 2 Nr. 2 InsO sei. Das Berufungsgericht unterlässt es, die zwischen der Beklagten und der Schuldnerin bestehenden rechtlichen Beziehungen näher zu prüfen.

a) Steuerberater oder Rechtsanwälte sind nach § 138 Abs. 2 Nr. 2 InsO als eine dem Schuldner nahestehende Person zu beurteilen, wenn sie aufgrund einer den Organen oder qualifizierten Gesellschaftern des Schuldners vergleichbaren gesellschaftsrechtlichen oder dienstvertraglichen Verbindung die Möglichkeit hatten, sich über die wirtschaftlichen Verhältnisse des Schuldners zu unterrichten (BGH, Urteil vom 15. November 2012 - IX ZR 205/11, BGHZ 195, 358 Rn. 10). Dem Freiberufler im Dienste des Schuldners müssen, wenn er als nahestehende Person gemäß § 138 Abs. 2 Nr. 2 InsO gelten soll, nach der ihm vertraglich eingeräumten Rechtsstellung wie einem in gleicher Zuständigkeit tätigen Angestellten alle über die wirtschaftliche Lage des Auftraggebers erheblichen Daten üblicherweise im normalen Geschäftsgang zufließen. Werden einem freiberuflichen Dienstleister vom Schuldner planmäßig bestimmte (klassifizierte) Tatsachen vorenthalten, kann kein Näheverhältnis nach § 138 Abs. 2 Nr. 2 InsO entstehen (BGH, Urteil vom 15. November 2012, aaO Rn. 11). Daher kann das Mandat eines Sanierungsberaters diesem nur dann die Stellung einer nahestehenden Person im Sinne des § 138 Abs. 2 Nr. 2 InsO verschaffen, wenn es nach seiner rechtlichen und tatsächlichen Prägung dem Sanierungsberater den typischen Wissensvorsprung über die wirtschaftliche Lage des Mandanten vermittelt, den sonst nur damit befasste leitende Angestellte des Unternehmens haben (vgl. BGH, Urteil vom 15. November 2012, aaO zum Buchhaltungsmandat eines Steuerberaters).

b) Ob diese Voraussetzungen im Streitfall erfüllt sind, lässt sich anhand der Feststellungen des Berufungsgerichts nicht beurteilen. Soweit das Berufungsgericht pauschal darauf abstellt, dass von einem Schuldner eingeschaltete Wirtschaftsprüfer, Steuerberater oder Rechtsanwälte keine nahestehenden Personen im Sinne des § 138 Abs. 2 Nr. 2 InsO seien, trifft dies nicht zu. Das Berufungsgericht unterlässt die erforderliche nähere Würdigung. Insbesondere ist zu prüfen, wie der tatsächliche Informationsfluss zwischen Schuldnerin und Beklagter im Rahmen der vertraglich eingeräumten Rechtsstellung ausgestaltet war. Sofern die bestehende Mandatsbeziehung der Beklagten nach ihrer rechtlichen und tatsächlichen Prägung den typischen Wissensvorsprung über die wirtschaftliche Lage des Mandanten vermittelte, den sonst nur damit befasste leitende Angestellte des Unternehmens oder dessen Vorstände haben, sind die Voraussetzungen des § 138 Abs. 2 Nr. 2 InsO erfüllt. Es genügt dabei, dass der Sanierungsberater die entsprechenden Informationen uneingeschränkt zur Verfügung erhält (vgl. MünchKomm-InsO/Kirchhof/Gehrlein, 4. Aufl., § 138 Rn. 34). Insoweit hat der Kläger behauptet, dass die Beklagte denselben Informationsfluss erhalten habe wie der Vorstand der Schuldnerin Dr. C.  und deren Syndikus Ch.     .

4. Auch die Ausführungen des Berufungsgerichts zur Anfechtung nach § 133 Abs. 1 InsO halten rechtlicher Überprüfung nicht stand.

a) Das Berufungsgericht berücksichtigt nicht, dass nach der - erst nach der Entscheidung des Berufungsgerichts ergangenen - neuen Rechtsprechung des Senats im Fall einer kongruenten Deckung allein aus einer drohenden Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nicht gefolgert werden kann, dass der Schuldner mit Benachteiligungsvorsatz handelte (BGH, Urteil vom 6. Mai 2021 - IX ZR 72/20, BGHZ 230, 28 Rn. 39).

b) Rechtsfehlerfrei geht das Berufungsgericht allerdings davon aus, dass Rechtshandlungen, die im Rahmen eines ernsthaften Sanierungsversuchs vorgenommen werden, ohne Benachteiligungsvorsatz erfolgen können. Bei Zahlungen an einen Sanierungsberater kommt dies unter bestimmten Umständen auch in Betracht, wenn der Sanierungsversuch noch nicht in den Anfängen in die Tat umgesetzt worden ist.

aa) Der Senat hat bislang angenommen, dass die Kenntnis von der (drohenden) Zahlungsunfähigkeit ihre Bedeutung als Beweisanzeichen für den Benachteiligungsvorsatz des Schuldners und die Kenntnis des Gläubigers hiervon verlieren kann, wenn die angefochtene Rechtshandlung Bestandteil eines ernsthaften, letztlich aber fehlgeschlagenen Sanierungsversuchs ist (BGH, Urteil vom 12. Mai 2016 - IX ZR 65/14, BGHZ 210, 249 Rn. 14 mwN; vom 28. März 2019 - IX ZR 7/18, NZI 2019, 594 Rn. 7; vom 30. April 2020 - IX ZR 162/16, NZI 2020, 687 Rn. 53). Denn in diesem Fall ist die Rechtshandlung von einem anfechtungsrechtlich unbedenklichen Willen geleitet und das Bewusstsein der Benachteiligung anderer Gläubiger tritt in den Hintergrund (BGH, Urteil vom 12. Mai 2016, aaO mwN; vom 14. Juni 2018 - IX ZR 22/15, WM 2018, 1703 Rn. 9; vom 28. März 2019, aaO).

bb) Nach der neuen Rechtsprechung kann der Gläubigerbenachteiligungsvorsatz bei kongruenten Deckungen nicht allein daraus abgeleitet werden, dass der Schuldner im Zeitpunkt der Rechtshandlung nicht in der Lage ist, sämtliche Gläubiger zu befriedigen. Vielmehr kommt es darauf an, ob der Schuldner zudem erkannt oder billigend in Kauf genommen hat, seine übrigen Gläubiger auch zukünftig nicht vollständig befriedigen zu können (BGH, Urteil vom 6. Mai 2021 - IX ZR 72/20, BGHZ 230, 28 Rn. 36). Darlegungs- und beweisbelastet für die tatsächlichen Umstände, die über die erkannte (drohende) Zahlungsunfähigkeit hinaus für den Gläubigerbenachteiligungsvorsatz erforderlich sind, ist der Insolvenzverwalter. Dies gilt auch, soweit es sich - wie etwa bei dem Umstand, dass keine begründete Aussicht auf Beseitigung der Illiquidität bestand - um negative Tatsachen handelt (BGH, Urteil vom 6. Mai 2021 - IX ZR 72/20, BGHZ 230, 28 Rn. 48). Unternimmt der Schuldner einen Sanierungsversuch, hat der Insolvenzverwalter mithin darzulegen und zu beweisen, dass dieser Sanierungsversuch untauglich war und der Schuldner dies erkannt oder billigend in Kauf genommen hat. Gleiches gilt, soweit der ursprünglich erfolgversprechende Sanierungsversuch gescheitert oder seine Fortführung nachträglich aussichtslos geworden ist.

(1) Für den Schluss auf einen Benachteiligungsvorsatz ist maßgeblich, dass für den Schuldner keine begründete Aussicht bestand, seine übrigen Gläubiger zukünftig vollständig befriedigen zu können. Dies hängt vor allem davon ab, welcher Art die Krise ist und welche Umstände die Krise ausgelöst haben, ob der Schuldner diese Umstände erkannt hat und ob eine begründete Aussicht aus der Sicht ex ante bestand, dass die Krise überwunden werden würde, sei es auch nur bei optimistischer Betrachtung. Erforderlich ist, dass die Einschätzung des Schuldners von objektiven Anhaltspunkten ausgeht, die ex ante eine optimistische Einschätzung rechtfertigen. Dass keine begründete Aussicht auf Beseitigung der Deckungslücke bestand, ist regelmäßig anzunehmen, wenn die Ursache für die Entstehung der Zahlungsunfähigkeit nicht beseitigt war oder absehbar beseitigt werden würde (BGH, Urteil vom 6. Mai 2021 - IX ZR 72/20, BGHZ 230, 28 Rn. 48). Hatte die Deckungslücke ein Ausmaß erreicht, das selbst bei optimistischer Einschätzung der zukünftigen Entwicklung in absehbarer Zeit keine vollständige Befriedigung der bereits vorhandenen und der absehbar hinzutretenden Gläubiger erwarten ließ, musste dem Schuldner klar sein, dass er nicht einzelne Gläubiger befriedigen konnte, ohne andere zu benachteiligen (BGH, Urteil vom 6. Mai 2021, aaO Rn. 46).

(2) Beruht die Einschätzung des Schuldners auf einem Sanierungsversuch, kommt es auf die Erfolgsaussichten an. Vertraut der Schuldner auf den Erfolg eines Sanierungsversuchs, spricht dies gegen den Benachteiligungsvorsatz, wenn eine begründete Aussicht auf Beseitigung der Deckungslücke bestand. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn aus der Sicht ex ante das Sanierungskonzept objektiv die Ausgangslage des Schuldners zutreffend erfasste und dem Schuldner eine tragfähige Prognose eines unvoreingenommenen branchenkundigen Fachmanns vorlag, die bei objektiver Betrachtung die ernsthafte und begründete Aussicht auf Erfolg rechtfertigte (vgl. BGH, Urteil vom 12. Mai 2016 - IX ZR 65/14, BGHZ 210, 249 Rn. 15, 18). Dies ist jedoch nicht zwingend erforderlich.

Sofern das Sanierungskonzept bei objektiver Betrachtung aus der Sicht ex ante nicht (weiter) erfolgversprechend war, kommt es für den Benachteiligungsvorsatz darauf an, ob der Schuldner dies erkannt oder billigend in Kauf genommen hat. Nimmt der Schuldner für seinen Sanierungsversuch die Beratung eines unvoreingenommenen, fachlich ausgewiesenen Experten in Anspruch, darf er auf ihre Richtigkeit grundsätzlich vertrauen, sofern nicht hinreichende Anhaltspunkte bestehen, dass die Beratung den Anforderungen an ein erfolgversprechendes Sanierungskonzept nicht genügte. Dies kann der Fall sein, wenn während des Sanierungsversuchs für den Schuldner nachteilige Entwicklungen eintreten und der Schuldner erkennt oder billigend in Kauf nimmt, dass eine Fortführung des Sanierungsversuchs keine ausreichende Aussicht auf Erfolg mehr hat. Dabei ist zu berücksichtigen, ob die Reaktion des Beraters auf die von seiner Prognose abweichende tatsächliche Entwicklung ein weiteres Vertrauen des Schuldners rechtfertigt.

Der Insolvenzverwalter genügt seiner Beweislast, wenn aufgrund der objektiven Umstände aus der Sicht ex ante die zukünftige Befriedigung der Gläubiger fernlag oder unrealistisch war. Es muss den objektiven Umständen nach feststehen, dass aus der Sicht ex ante ein Vertrauen auf die zukünftige Befriedigung der Gläubiger nicht gerechtfertigt war. Den objektiven Umständen nach mögliche zukünftige Entwicklungen darf der Schuldner zugrunde legen, wenn hierfür eine begründete Aussicht bestand.

(3) Ob der Schuldner aufgrund eines Sanierungsversuchs eine begründete Aussicht hatte, seine Gläubiger zukünftig befriedigen zu können, hängt nicht ausnahmslos davon ab, in welchem Umfang die einzelnen Sanierungsschritte bereits in die Tat umgesetzt worden sind. Soweit der Senat gefordert hat, dass das Sanierungskonzept bereits zur Zeit der angefochtenen Rechtshandlung jedenfalls in den Anfängen schon in die Tat umgesetzt sein müsse und infolgedessen auf der Seite des Schuldners ernsthafte und begründete Aussichten auf Erfolg rechtfertige, betraf dies ursprünglich inkongruente Deckungen (vgl. BGH, Urteil vom 12. November 1992 - IX ZR 236/91, ZIP 1993, 276, 279; vom 16. Oktober 2008 - IX ZR 183/06, ZIP 2009, 91 Rn. 52; vom 8. Dezember 2011 - IX ZR 156/09, ZIP 2012, 137 Rn. 11). Der Senat hat dies sodann auf sämtliche Erfüllungshandlungen übertragen, welche der Schuldner nach Maßgabe des Sanierungsversuchs vornimmt (vgl. BGH, Urteil vom 21. Februar 2013 - IX ZR 52/10, WM 2013, 763 Rn. 11; vom 3. April 2014 - IX ZR 201/13, WM 2014, 1009 Rn. 40). Dem liegt zugrunde, dass ein Schuldner, der Rechtshandlungen unter dem Deckmantel eines nur beabsichtigten oder vorgespiegelten Sanierungsversuchs vornimmt, nicht allein deswegen auf die zukünftige Befriedigung seiner Gläubiger vertrauen kann. Hingegen folgt daraus nicht, dass ein Schuldner, der einen als notwendig erkannten Insolvenzantrag vermeiden will, indem er eine Sanierung versucht, zunächst jede Rechtshandlung zu unterlassen hat, solange nicht das Sanierungskonzept in ersten Schritten umgesetzt werden kann.

Demgemäß kann es bei Leistungen eines Sanierungsberaters - insbesondere zur Prüfung, ob ein erfolgversprechender Sanierungsversuch möglich ist oder zur Entwicklung eines erfolgversprechenden Sanierungskonzepts - der Annahme eines Benachteiligungsvorsatzes auch dann entgegenstehen, wenn der Schuldner diese Leistungen bezahlt, bevor mit der Umsetzung des Sanierungskonzepts begonnen worden ist. Ist der Sanierungsversuch nicht von vornherein aussichtslos und handelt der Schuldner mit der Vorstellung, dass eine Vergütung dieser Beratungsleistungen erforderlich ist, um die Erfolgsaussichten einer Sanierung prüfen oder eine Sanierung beginnen zu können, spricht dies auch dann gegen einen Benachteiligungsvorsatz, wenn das Sanierungskonzept noch nicht einmal in den Anfängen in die Tat umgesetzt worden ist (vgl. HK-InsO/Thole, 10. Aufl., § 133 Rn. 35; Thole, ZIP 2013, 2081, 2087; Thole/Schmidberger, BB 2014, 3, 8; wohl auch Ganter, ZIP 2015, 1413, 1416).

c) Das Berufungsgericht bewertet den Sanierungsversuch rechtsfehlerhaft als aussichtsreich. Die hierzu getroffenen Feststellungen sind unzureichend.

aa) Das Berufungsgericht trifft keine Feststellungen dazu, ob das Sanierungskonzept der Schuldnerin über eine Reduzierung der Schulden hinaus Maßnahmen vorsah, welche geeignet waren, die Ursachen der Krise zu beseitigen und der Schuldnerin zukünftig einen wirtschaftlichen Betrieb zu ermöglichen. Dies war im Streitfall jedoch erforderlich.

(1) Ein taugliches Sanierungskonzept darf sich nicht auf die finanzwirtschaftliche Seite beschränken, sondern muss auch die Ursachen einbeziehen, die zur Zahlungsunfähigkeit geführt haben (vgl. BGH, Urteil vom 12. Mai 2016 - IX ZR 65/14, BGHZ 210, 249 Rn. 29 ff). Erforderlich sind eine Analyse der Verluste und der Möglichkeit deren künftiger Vermeidung, eine Beurteilung der Erfolgsaussichten und der Rentabilität des Unternehmens in der Zukunft und Maßnahmen zur Vermeidung oder Beseitigung der (drohenden) Insolvenzreife (BGH, Urteil vom 12. Mai 2016, aaO Rn. 18). Beschränkt sich ein Sanierungsversuch allein darauf, dass alle oder ein Teil der Gläubiger quotal auf ihre Forderungen verzichten, ist dies nur dann erfolgversprechend, wenn der Insolvenzgrund allein auf einem Finanzierungsproblem beruht, etwa dem Ausfall berechtigter Forderungen des Schuldners, das Schuldnerunternehmen aber grundsätzlich profitabel arbeitet (BGH, Urteil vom 12. Mai 2016, aaO Rn. 29, 31). Das Sanierungskonzept muss berücksichtigen, ob zur Sanierung ein Forderungsverzicht der Gläubiger ausreichend ist oder ob Umstrukturierungsmaßnahmen erforderlich sind (vgl. BGH, Urteil vom 12. Mai 2016, aaO Rn. 34 ff). Die Beseitigung der Ursachen der Krise ist die Grundlage jeder erfolgversprechenden Sanierung, sofern die Krise nicht ausnahmsweise lediglich auf einem Zahlungsausfall beruht (vgl. BGH, Urteil vom 21. Februar 2013 - IX ZR 52/10, WM 2013, 763 Rn. 13; vom 12. Mai 2016, aaO Rn. 40).

(2) Das Berufungsgericht befasst sich nur mit dem Versuch, die Schuldnerin zu entschulden, indem der wesentliche Teil der Verbindlichkeiten in Eigenkapital umgewandelt werden sollte. Dass das Sanierungskonzept die Veränderungen am Photovoltaikmarkt berücksichtigte, hat das Berufungsgericht nicht festgestellt. Die Krise der Schuldnerin beruhte nicht allein auf einem Forderungsausfall, sondern auf erheblichen Veränderungen in der Branche. Nach den Feststellungen des Landgerichts führten ein stetiger Preisverfall in der Solarbranche, Überproduktion und asiatische Konkurrenz dazu, dass erheblicher zusätzlicher Liquiditätsbedarf entstand. Arbeitete die Schuldnerin nicht profitabel, stellte dies die dauerhafte Zahlungsfähigkeit in Frage (vgl. BGH, Urteil vom 12. Mai 2016, aaO Rn. 31). Feststellungen, auf welche Weise die Schuldnerin diesen Veränderungen Rechnung tragen wollte, hat das Berufungsgericht - wie die Revision zu Recht rügt - nicht getroffen. Das Berufungsgericht zeigt nicht auf, dass bereits der Versuch, die Schuldnerin zu entschulden, für sich genommen geeignet war, die Zahlungsfähigkeit zu erhalten.

bb) Ebenso erlauben die Feststellungen des Berufungsgerichts zur finanzwirtschaftlichen Seite des Sanierungskonzepts nicht den Schluss, dass bis zum 27. März 2012 ein aussichtsreicher Sanierungsversuch vorlag.

(1) Strebt der Schuldner zur Sanierung eine Umwandlung von Verbindlichkeiten in Eigenkapital an, muss er einen erfolgversprechenden Weg verfolgen. Es ist nicht erforderlich, dass dieser Weg rechtlich risikolos ist. Der Schuldner muss jedoch eine Einschätzung der rechtlichen Risiken vornehmen. Maßgeblich ist die Perspektive ex ante. Auf den Stand der höchstrichterlichen Rechtsprechung darf er hinsichtlich der Erfolgsaussichten des Sanierungsversuchs vertrauen. Fehlt es an einer höchstrichterlichen Rechtsprechung, muss der Schuldner prüfen, ob der vorgesehene Weg nach dem Meinungsstand in veröffentlichter Literatur und Rechtsprechung Aussicht auf Erfolg hat. Beantwortet eine deutlich überwiegende Meinung die Rechtsfrage zum Nachteil des Schuldners, scheidet eine Sanierung auf dieser Grundlage aus, wenn dem Schuldner die Zeit für eine verbindliche Klärung zu seinen Gunsten nicht zur Verfügung steht (vgl. Fischer, NZI 2016, 665, 670). Nutzt der Schuldner für die Sanierung eine neue gesetzliche Regelung und wirft diese Rechtsfragen auf, die in Literatur und Rechtsprechung noch nicht entschieden worden sind, muss der Schuldner prüfen, ob die für ihn günstige Antwort rechtlich vertretbar ist und der Sanierungsversuch voraussichtlich nicht aus Rechtsgründen scheitern wird. Dies ist bei neuen gesetzlichen Regelungen angesichts der mit ihnen verbundenen Unsicherheiten nach einem großzügigen Maßstab zu beurteilen (vgl. Thole, ZIP 2015, 2145, 2150; Hirte/Fontaine, ZInsO 2017, 1817, 1820). Hierbei darf sich der Schuldner auf den Rat eines fachlich einschlägig ausgewiesenen Beraters verlassen, wenn dieser objektiv nachvollziehbare Gründe für seine Lösung darlegt und sich mit möglichen Gegenargumenten auseinandersetzt (vgl. Fischer, NZI 2016, 665, 670).

Erfordert das Sanierungskonzept - wie im Streitfall - in rechtlicher Hinsicht die Zustimmung der Anleihegläubiger und der Aktionäre, muss es eine taugliche Prognose darüber enthalten, ob sich die Zustimmung im erforderlichen Maß erreichen lässt. Das Sanierungskonzept bietet keine ausreichende Erfolgsaussicht, wenn die erforderliche Mitwirkung der Anleihegläubiger und der Gesellschafter oder Anteilseigner von vornherein sehr fraglich ist (vgl. BGH, Urteil vom 21. Januar 2016 - IX ZR 84/13, WM 2016, 366 Rn. 17) oder gar nicht erreicht werden kann. Kann der Schuldner ernsthaft und auf nachvollziehbarer Grundlage davon ausgehen, dass sich die erforderliche Mitwirkung erreichen lässt, genügt dies den Anforderungen an einen erfolgversprechenden Sanierungsversuch; es bedarf keiner im Voraus abgegebenen rechtlich verbindlichen Zusagen, um einen Benachteiligungsvorsatz auszuschließen.

Schließlich ist die Prüfung, welche Aussichten ein Sanierungsversuch hat, laufend an die Veränderung der Umstände anzupassen. Dies gilt insbesondere für die tatsächlichen und rechtlichen Risiken. Der Schuldner muss beobachten und bewerten, wie sich die rechtlichen Risiken während des Sanierungsversuchs entwickeln. Bei bislang ungeklärten oder neuen Rechtsfragen hat der Schuldner für ihn nachteilige veröffentlichte Rechtsprechung einzubeziehen. Dabei muss der Schuldner stets das für den Sanierungsversuch zur Verfügung stehende Zeitfenster beachten. Wesentlicher Gesichtspunkt für das Zeitfenster ist die fortbestehende Zahlungsfähigkeit des Schuldners und die Frage, welche Aussichten bestehen, eine Zahlungsunfähigkeit durch den Sanierungsversuch abzuwenden oder zu beseitigen. Das Zeitfenster endet, wenn der Insolvenzantrag aus der Perspektive ex ante unabwendbar ist.

(2) Die Feststellungen des Berufungsgerichts erlauben keine abschließende Beurteilung, ob das Konzept zur finanziellen Sanierung die rechtlichen Risiken auch in ihren während der Umsetzung eintretenden nachteiligen Veränderungen in vertretbarer Weise einbezogen hat. Ebenso lässt sich auf der Grundlage der Feststellungen des Berufungsgerichts nicht beurteilen, ob eine ernsthafte Aussicht bestand, die Aktionäre der Schuldnerin einzubeziehen.

(a) Zutreffend nimmt das Berufungsgericht an, dass die Umwandlung der Forderungen aus der WSV 2012 durch einen Mehrheitsbeschluss der Anleihegläubiger aus der Sicht ex ante einen rechtlich aussichtsreichen Weg zur Entschuldung darstellte. Dies folgt schon daraus, dass der Bundesgerichtshof mit Urteil vom 1. Juli 2014 (II ZR 381/13, BGHZ 202, 7 ff) bestätigt hat, dass § 24 Abs. 2 SchVG auch für Wandelschuldverschreibungen nach Art der WSV 2012 anwendbar ist.

(b) Jedoch genügen die Feststellungen des Berufungsgerichts nicht, um abschließend beurteilen zu können, ob das Konzept zur Umwandlung der Verbindlichkeiten aus der WSV 2012 trotz der der Schuldnerin nachteiligen tatsächlichen Entwicklung der unklaren Rechtsfrage bis zuletzt erfolgversprechend war. Im Ausgangspunkt ist es aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden, dass das Berufungsgericht allein aus den Entscheidungen des Landgerichts Frankfurt am Main im Fall der P.        AG, dem im Beschwerdeverfahren der P.       AG erteilten Hinweis des Vorsitzenden des 5. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 15. Dezember 2011 und dem hinsichtlich der WSV 2012 ergangenen Beschluss des Landgerichts Frankfurt am Main vom 23. Januar 2012 nicht gefolgert hat, dass das Sanierungskonzept nunmehr objektiv keine Erfolgsaussichten mehr hatte. Die Würdigung des Berufungsgerichts ist jedoch unvollständig. Angesichts der für die Schuldnerin nachteiligen Entwicklung und der eine Umsetzung des Sanierungskonzepts ausschließenden Rechtsauffassung der zuständigen Gerichte musste die Schuldnerin ihr Sanierungskonzept überprüfen, ob weiterhin eine erfolgversprechende Aussicht bestand, die Verbindlichkeiten aus der WSV 2012 in Eigenkapital umzuwandeln. Von entscheidender Bedeutung war dabei, ob die Schuldnerin erwarten konnte, innerhalb der noch zur Verfügung stehenden Zeit die rechtlichen und tatsächlichen Voraussetzungen für die Realisierung des Sanierungskonzepts zu schaffen.

Das Berufungsgericht bezieht die Auswirkungen der nachteiligen tatsächlichen Veränderungen nur unzureichend in seine Würdigung der mit dem Sanierungskonzept verbundenen rechtlichen Risiken ein. Es trifft keine Feststellungen dazu, warum für die Schuldnerin nach wie vor eine ernsthafte Aussicht bestand, dass sich das Oberlandesgericht Frankfurt am Main tatsächlich ihrer Rechtsansicht anschließen würde. Dies hängt davon ab, wie die Schuldnerin die für sie negativen Entwicklungen in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht bewertet hat und welche Schritte sie unternahm, um das Oberlandesgericht Frankfurt am Main von ihrer Rechtsansicht zu überzeugen. Ebenso wenig trifft das Berufungsgericht Feststellungen dazu, welche Aussichten für die Schuldnerin bestanden, trotz der negativen Entwicklung auch nach dem 23. Januar 2012 eine ausreichende Mitwirkung der Anleihegläubiger und Aktionäre zu erreichen, welche zeitliche Perspektive einbezogen wurde und insbesondere welche Auswirkungen die Veränderungen auf das Zeitfenster aus der Sicht ex ante hatten. Die Schuldnerin musste insoweit nicht nur das Oberlandesgericht Frankfurt am Main von ihrer Rechtsansicht überzeugen, sondern auch die jeweils erforderliche Mehrheit der Anleihegläubiger und Aktionäre.

Es lässt sich mangels hinreichender Feststellungen daher nicht ausschließen, dass die Schuldnerin nach dem 23. Januar 2012 das Sanierungskonzept allein aus einer bloßen Hoffnung heraus weiterverfolgte. Dies wäre der Fall, wenn die Schuldnerin die tatsächlich eingetretene nachteilige Entwicklung nicht nur als vorübergehend oder umkehrbar eingeschätzt hat, sondern mangels tragfähiger und begründeter Aussichten erkannt hatte, dass der Sanierungsversuch gescheitert war. Insoweit könnte sowohl das Abwarten als auch der Beschluss der Anleihegläubiger vom 27. Februar 2012 nur noch von einer bloßen Hoffnung getragen worden sein.

Rechtsfehlerhaft bewertet das Berufungsgericht den Versuch der Schuldnerin, eine Änderung des Schuldverschreibungsgesetzes 2009 mit Hilfe eines Lobbyisten herbeizuführen, als ein Indiz für einen erfolgversprechenden Sanierungsversuch. Ein Sanierungsversuch kann grundsätzlich nicht darauf gestützt werden, eine bestehende Rechtslage durch Lobbyarbeit zugunsten des Schuldners zu verändern. Das Berufungsgericht stellt weder fest, dass hierfür ausnahmsweise eine begründete Aussicht auf Erfolg bestand, noch ist ersichtlich, dass der Schuldnerin die für gesetzliche Änderungen erforderliche Zeit zur Verfügung stand. Ebenso würdigt das Berufungsgericht die am 2. Februar 2012 getroffene Vereinbarung mit den klagenden Anleihegläubigern nicht vollständig. Mit der Vereinbarung verschaffte die Schuldnerin widersprechenden Anleihegläubigern Sondervorteile. Zwar müssen für ein Sanierungskonzept die Gläubiger weder gleichbehandelt noch vollständig einbezogen werden (vgl. BGH, Urteil vom 12. Mai 2016 - IX ZR 65/14, BGHZ 210, 249 Rn. 16, 18). Jedoch muss das Sanierungskonzept einbeziehen, ob die Ungleichbehandlung einzelner Gläubiger die Umsetzung gefährdet oder unwahrscheinlich macht. Dies gilt insbesondere, wenn die Gefahr besteht, dass sich Nachahmer finden. Hierzu waren schon deshalb Überlegungen erforderlich, weil die Verbindlichkeiten aus der WSV 2012 am 28. Februar 2012 fällig wurden.

(c) Weiter trifft das Berufungsgericht - wie die Revision des Klägers zutreffend rügt - keine ausreichenden Feststellungen dazu, ob Aussichten bestanden, das Einverständnis der Aktionäre der Schuldnerin zu erlangen. Die Umwandlung der Forderungen der Anleihegläubiger der WSV 2012, WSV 2014 und WSV 2015 in Eigenkapital setzte die Zustimmung der Aktionäre der Schuldnerin mit der nach Aktienrecht erforderlichen Mehrheit voraus.

Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts lässt sich nicht ausschließen, dass diese Zustimmung bereits vor dem 27. März 2012 sehr fraglich oder nicht erreichbar war. Solange keine gegenteiligen Anhaltspunkte bestanden, durfte die Schuldnerin grundsätzlich davon ausgehen, dass die Aktionäre wirtschaftlich rational handeln. Welche Anforderungen an die Annahme zu stellen sind, dass die Aktionäre mit der erforderlichen Mehrheit zustimmen werden, hängt davon ab, welche Art Mitwirkung den Gesellschaftern oder Anteilseignern nach dem Sanierungskonzept abverlangt wird. Handelt es sich darum, dass ihr Anteil am Gesellschaftskapital durch eine Umwandlung von Gläubigerforderungen in eine Kapitalbeteiligung an der Schuldnerin gemindert werden soll, spricht der mit der andernfalls drohenden Insolvenz verbundene Wertverlust regelmäßig für die Bereitschaft der Anteilseigner, der Maßnahme zuzustimmen. Anders sieht dies aus, wenn den Anteilseignern eine zusätzliche Eigenbeteiligung zur Sanierung abverlangt wird, insbesondere, wenn sie weiteres Kapital zur Verfügung stellen sollen. Insoweit ist es im Ausgangspunkt nicht zu beanstanden, dass das Berufungsgericht annimmt, dass die Aktionäre der Schuldnerin aus wirtschaftlicher Vernunft die Sanierungsbemühungen einer Insolvenz vorgezogen hätten und deshalb mit ihrer hinreichenden Zustimmung zu rechnen gewesen sei. Jedoch setzt sich das Berufungsgericht nicht mit dem Vortrag des Klägers auseinander, dass der Hauptaktionär der Schuldnerin das Vorhaben bereits abgelehnt gehabt habe; dies kann einer Erfolgsaussicht entgegenstehen, wenn sich deshalb die erforderliche Mehrheit nicht erreichen ließ.

5. Die Entscheidung des Berufungsgerichts erweist sich hinsichtlich der Anfechtung der Zahlungen bis zum 27. März 2012 nicht aus anderen Gründen als richtig.

a) Eine Anfechtung nach § 133 Abs. 2 InsO (jetzt § 133 Abs. 4 InsO nF) scheidet nicht schon deshalb aus, weil es an einer unmittelbaren Gläubigerbenachteiligung fehlt. Das Berufungsgericht trifft hierzu - von seinem rechtlichen Ausgangspunkt aus folgerichtig - keine Feststellungen.

aa) Auch das reine Erfüllungsgeschäft zählt zu den entgeltlichen Verträgen im Sinne des § 133 Abs. 2 InsO (BGH, Urteil vom 27. Juni 2019 - IX ZR 167/18, BGHZ 222, 283 Rn. 69 mwN). Das Entgelt besteht in der Befreiung von der Schuld (BGH, Urteil vom 10. Juli 2014 - IX ZR 192/13, BGHZ 202, 59 Rn. 47 mwN).

bb) Eine unmittelbare Gläubigerbenachteiligung ist Voraussetzung für eine Anfechtung nach § 133 Abs. 2 InsO. Unmittelbar ist eine Benachteiligung, die ohne Hinzukommen späterer Umstände schon mit der Vornahme der angefochtenen Rechtshandlung selbst eintritt. Maßgeblicher Zeitpunkt ist derjenige der Vollendung der Rechtshandlung (BGH, Urteil vom 27. Juni 2019, aaO Rn. 72 mwN). Erfüllungsleistungen des Schuldners führen jedoch nur dann zu einer unmittelbaren Benachteiligung der Insolvenzgläubiger, wenn der Schuldner keine gleichwertige Gegenleistung erhalten hat oder der erfüllte Anspruch rechtlich nicht mehr durchsetzbar war (vgl. BGH, Urteil vom 6. April 1995 - IX ZR 61/94, BGHZ 129, 236, 240 f; vom 10. Juli 2014, aaO Rn. 48; vom 22. Dezember 2016 - IX ZR 94/14, WM 2017, 486 Rn. 17; vom 27. Juni 2019, aaO Rn. 73; MünchKomm-InsO/Kayser/Freudenberg, 4. Aufl., § 133 Rn. 44 mwN). Dies kann der Fall sein, wenn das vereinbarte Entgelt den Wert der vom anderen Teil geschuldeten Leistungen von vorneherein überstieg (BGH, Urteil vom 22. Dezember 2016, aaO). Hingegen werden die Gläubiger durch einen Vertrag, auf Grund dessen der Schuldner für das, was er aufgibt, eine vollwertige Gegenleistung erhält, auch dann nicht unmittelbar benachteiligt, wenn diese Gegenleistung infolge eines weiteren, nicht zu dem Gesamttatbestand des Rechtsgeschäfts gehörenden Umstandes in dem Zeitpunkt nicht mehr in dem Vermögen des Schuldners vorhanden ist, in dem die von ihm zu erbringende Leistung endgültig aus seinem Vermögen herausgeht (BGH, Urteil vom 9. Februar 1955 - IV ZR 173/54, WM 1955, 404, 406; vom 27. Juni 2019, aaO). Ebenso wenig genügt für eine unmittelbare Gläubigerbenachteiligung der reinen Erfüllungsleistung, dass der Schuldner zum Zeitpunkt seiner Leistung insolvenzreif ist, weil bei einer Schuldtilgung auf die Ausgewogenheit der erfüllten Verpflichtungen abzustellen ist (BGH, Urteil vom 6. April 1995, aaO S. 241; vgl. auch BGH, Urteil vom 9. Februar 1955, aaO). Nähere Feststellungen des Berufungsgerichts zu einer unmittelbaren Gläubigerbenachteiligung fehlen.

b) Einer Vorsatzanfechtung nach § 133 Abs. 1 InsO steht im Streitfall nicht schon entgegen, dass nach der neuen Rechtsprechung des Senats der Benachteiligungsvorsatz nicht allein auf das Indiz der drohenden Zahlungsunfähigkeit gestützt werden kann (BGH, Urteil vom 6. Mai 2021 - IX ZR 72/20, BGHZ 230, 28 Rn. 39). Allerdings handelt in aller Regel nicht mit Gläubigerbenachteiligungsvorsatz, wer im Zeitpunkt der Rechtshandlung alle seine Gläubiger befriedigen kann (BGH, Urteil vom 6. Mai 2021, aaO Rn. 38). Auf der Grundlage der Feststellungen des Berufungsgerichts lässt sich ein Benachteiligungsvorsatz der Schuldnerin bei der Bezahlung der Leistungen der Beklagten nicht ausschließen, weil die Feststellungen des Berufungsgerichts keine abschließende Entscheidung erlauben, ob der Sanierungsversuch untauglich war (vgl. oben Rn. 82 ff) und die Schuldnerin dies erkannt oder billigend in Kauf genommen hat. Revisionsrechtlich ist zugunsten des Klägers zu unterstellen, dass die Schuldnerin dies erkannt hat und ein zusätzliches Indiz neben der drohenden Zahlungsunfähigkeit vorlag.

aa) Ein zusätzliches Indiz kann zum einen darin liegen, dass der Eintritt der Zahlungsunfähigkeit sicher zu erwarten war und alsbald bevorstand, die Schuldnerin sich bewusst war, dass sie kurzfristig einen Insolvenzantrag stellen würde, und sie - nachdem der Sanierungsversuch gescheitert war - gleichwohl Gläubiger in der verbleibenden Zeit bis zum ohnehin beabsichtigten Insolvenzantrag gezielt befriedigte (vgl. oben Rn. 56 f).

bb) Ein zusätzliches Indiz kann weiter in dem mit der Rechtshandlung eingetretenen und vom Schuldner erkannten Ausmaß der Gläubigerbenachteiligung liegen (vgl. BGH, Urteil vom 4. Dezember 1997 - IX ZR 47/97, ZIP 1998, 248, 251).

(1) Dies gilt vor allem für eine mit der Vollendung der Rechtshandlung verwirklichte unmittelbare Gläubigerbenachteiligung (vgl. BGH, Urteil vom 4. Dezember 1997, aaO; vom 17. September 2020 - IX ZR 174/19, ZIP 2020, 2135 Rn. 41). Die Voraussetzungen einer unmittelbaren Gläubigerbenachteiligung (vgl. oben Rn. 100) können bei der Bezahlung von Beraterhonoraren erfüllt sein. So benachteiligen Dienst- oder Geschäftsbesorgungsverträge, die der Schuldner mit Dritten abschließt, die Gläubiger unmittelbar, wenn die vergüteten Dienste objektiv schon bei Abschluss des Vertrags keinen gleichwertigen Nutzen bringen konnten (vgl. Schoppmeyer in Kübler/Prütting/Bork, InsO, 2013, § 132 Rn. 33). Dies gilt auch für Sanierungsversuche, wenn die versprochene Leistung des Sanierungsberaters objektiv nach ihrer Art von vornherein untauglich ist (vgl. Schoppmeyer in Kübler/Prütting/Bork, aaO Rn. 34).

(2) Ein Benachteiligungsvorsatz kann weiter gegeben sein, wenn der Schuldner das Sanierungsrisiko mit einem untauglichen Sanierungsversuch bewusst den künftigen Insolvenzgläubigern auferlegt (vgl. Jaeger/Henckel, InsO, § 133 Rn. 31). Auch wenn es an einer unmittelbaren Gläubigerbenachteiligung fehlt, kann es bei der Bezahlung von Beratungsleistungen ein zusätzliches Indiz für einen Benachteiligungsvorsatz darstellen, wenn die Beratungsleistung zu einem erkennbar untauglichen Sanierungsversuch erfolgt und der Schuldner dies billigend in Kauf nimmt. Gleiches gilt für Leistungen eines Sanierungsberaters, die dieser erbringt, nachdem der ursprünglich aussichtsreiche Sanierungsversuch erkennbar gescheitert ist. Ist der Schuldner drohend zahlungsunfähig, hat ein untauglicher Sanierungsversuch oder die Fortführung eines erkennbar gescheiterten oder nunmehr aussichtslosen Sanierungsversuchs für den Schuldner und die Gläubigergesamtheit keinen Nutzen. In diesem Fall führt die weitere Sanierungsberatung allein dazu, dass liquide Mittel abfließen, ohne dass für die übrigen Gläubiger eine Aussicht besteht, mittelbar von den Leistungen des Sanierungsberaters zu profitieren. Der Schuldner erhält für die Zahlung keine Gegenleistung, die aus seiner Sicht den Schluss erlaubt, dass er die Krise zugunsten seiner Gläubiger wird überwinden können. Sofern die Akteure nur ihre eigenen Interessen durchzusetzen versuchen oder aber vor der als unvermeidbar erkannten Antragstellung eine bevorzugte Befriedigung erreichen wollen, spricht dies für einen Benachteiligungsvorsatz (vgl. Kayser, WM 2013, 293, 294).

C.

Da die Sache nicht zur Endentscheidung reif ist, ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Für das weitere Verfahren weist der Senat auf folgende Gesichtspunkte hin:

I.

Darlegungs- und beweisbelastet für die tatsächlichen Umstände, die über die erkannte (drohende) Zahlungsunfähigkeit hinaus für den Gläubigerbenachteiligungsvorsatz erforderlich sind, ist der Insolvenzverwalter. Das Berufungsgericht wird den Parteien Gelegenheit zu ergänzendem Sachvortrag zu geben haben. Da die Schuldnerin zum Zeitpunkt der Rechtshandlungen nur drohend zahlungsunfähig war, wird das Berufungsgericht in erster Linie zu prüfen haben, ob im Streitfall die für einen Schluss auf den Benachteiligungsvorsatz neben der drohenden Zahlungsunfähigkeit erforderlichen zusätzlichen Indizien vorlagen.

Soweit es für diese zusätzlichen Indizien auf den Sanierungsversuch ankommt, wird das Berufungsgericht zu prüfen haben, ob der Sanierungsversuch zum Zeitpunkt der einzelnen Rechtshandlungen nicht (weiter) erfolgversprechend war und ob die Schuldnerin dies erkannt hatte. Sollte die Schuldnerin aus der Sicht ex ante auch nach der Entscheidung des Landgerichts Frankfurt am Main vom 23. Januar 2012 auf der Grundlage einer tauglichen Beratung weiter davon ausgegangen sein, dass es ihr innerhalb der zur Verfügung stehenden Zeit gelingen konnte, die rechtlichen und tatsächlichen Voraussetzungen für die Realisierung des Sanierungskonzepts zu schaffen, spricht dies gegen einen Benachteiligungsvorsatz der Schuldnerin.

II.

Hinsichtlich der für eine Vorsatzanfechtung nach § 133 Abs. 1 Satz 1 InsO erforderlichen Kenntnis des Gläubigers kann der Insolvenzverwalter den Vollbeweis führen oder sich auf die Vermutung des § 133 Abs. 1 Satz 2 InsO berufen (vgl. BGH, Urteil vom 6. Mai 2021 - IX ZR 72/20, BGHZ 230, 28 Rn. 30 ff, 49). Greift die Vermutung des § 133 Abs. 1 Satz 2 InsO ein, bewirkt dies eine Umkehr der Beweislast. Es obliegt dann dem Anfechtungsgegner, darzulegen und zu beweisen, dass er nichts von einem Benachteiligungsvorsatz des Schuldners wusste (BGH, Urteil vom 15. März 2012 - IX ZR 239/09, WM 2012, 711 Rn. 14; vom 21. Januar 2016 - IX ZR 84/13, WM 2016, 366 Rn. 8; vom 12. Mai 2016 - IX ZR 65/14, BGHZ 210, 249 Rn. 23). Den Gläubiger, der über die (drohende) Zahlungsunfähigkeit des Schuldners und die Gläubigerbenachteiligung unterrichtet ist, trifft deshalb auch die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass er spätere Zahlungen auf der Grundlage eines schlüssigen Sanierungskonzepts erlangt hat (BGH, Urteil vom 3. April 2014 - IX ZR 201/13, WM 2014, 1009 Rn. 40; vom 12. Mai 2016, aaO Rn. 23 mwN).

BUNDESGERICHTSHOF
Urteil vom 03.03.2022 - IX ZR 53/19

Tenor


Die Revision gegen das Urteil des 1. Zivilsenats des Hanseatischen Oberlandesgerichts vom 21. Februar 2019 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand


Der Kläger ist Verwalter in dem auf Eigenantrag vom 16. August 2013 eröffneten Insolvenzverfahren über das Vermögen der A.                      GmbH (nachfolgend: Schuldnerin). Die Schuldnerin wurde durch Gesellschaftsvertrag vom 4. Februar 2010 mit einem Stammkapital von 25.000 € gegründet. Gegenstand des Unternehmens der Schuldnerin war der Betrieb eines ambulanten Pflegedienstes. Der Jahresabschluss der Schuldnerin für das erste Geschäftsjahr wies zum 31. Dezember 2010 einen nicht durch Eigenkapital gedeckten Fehlbetrag in Höhe von 205.473,78 € und damit eine handelsbilanzielle Überschuldung aus. In dem darauffolgenden Jahresabschluss zum 31. Dezember 2011 war der Fehlbetrag auf 431.382,11 € angestiegen. Zu der angestiegenen handelsbilanziellen Überschuldung trugen Verbindlichkeiten gegenüber Gesellschaftern in Höhe von 420.000 € maßgeblich bei.

Die Schuldnerin reichte die Jahresabschlüsse zusammen mit ihren Jahressteuererklärungen bei der Veranlagungsstelle der Beklagten ein. Am 15. Januar, 14. und 15. Februar 2013 zog die Einzugsstelle der Beklagten Steuerverbindlichkeiten der Schuldnerin in Höhe von insgesamt 20.792,43 € per Lastschrift ein. Das Zahlungsverhalten der Schuldnerin gegenüber der Beklagten war bis zu diesen Zeitpunkten ohne Beanstandung. Mit Ausnahme der beiden Jahresabschlüsse gab es aus Sicht der Beklagten auch sonst keinen Anhaltspunkt für wirtschaftliche Schwierigkeiten der Schuldnerin.

Unter dem Gesichtspunkt der Vorsatzanfechtung verlangt der Kläger von der Beklagten Rückgewähr der per Lastschrift eingezogenen 20.792,43 €. Er ist der Ansicht, der Gläubigerbenachteiligungsvorsatz der Schuldnerin und die Kenntnis der Beklagten von diesem Vorsatz ließen sich aus der den Jahresabschlüssen zu entnehmenden handelsbilanziellen Überschuldung der Schuldnerin ableiten. Jahresabschlüsse, die wiederholt und ansteigend nicht durch Eigenkapital gedeckte Fehlbeträge in Höhe eines Vielfachen des Stammkapitals auswiesen und aus denen sich keine Anhaltspunkte für nennenswerte stille Reserven ergäben, vermittelten die Kenntnis von der insolvenzrechtlichen Überschuldung im Sinne des § 19 InsO. Eine andere Beurteilung komme nur in Betracht, wenn sich aus dem Jahresabschluss ergebe, dass eine Fortführung des Unternehmens im Sinne von § 19 Abs. 2 Satz 1 InsO in der gebotenen Weise geprüft und bejaht worden sei.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung des Klägers hat keinen Erfolg gehabt. Mit seiner vom Senat zur Fortbildung des Rechts zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein ursprüngliches Klageziel weiter.

Gründe


Die Revision hat keinen Erfolg.

I.

Das Berufungsgericht hat offengelassen, ob die Schuldnerin mit Gläubigerbenachteiligungsvorsatz gehandelt habe. Dem Landgericht sei darin zuzustimmen, dass die Beklagte einen etwaigen Vorsatz der Schuldnerin nicht gekannt habe. Eine solche Kenntnis sei auch nicht gemäß § 133 Abs. 1 Satz 2 InsO zu vermuten. Das Zahlungsverhalten der Schuldnerin gegenüber der Beklagten sei beanstandungslos gewesen. Eine etwaige Überschuldung sei das einzige Indiz für eine möglicherweise gegebene (drohende) Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin gewesen. Die Beklagte habe nicht auf Grundlage der Jahresabschlüsse für die Jahre 2010 und 2011 eine zwingende Kenntnis von der (drohenden) Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin haben müssen.

II.

Die Ausführungen des Berufungsgerichts halten rechtlicher Prüfung im Ergebnis stand. Mit Recht hat das Berufungsgericht angenommen, dass eine Anfechtung nach § 133 Abs. 1 InsO in der auf den Streitfall anwendbaren, bis zum 4. April 2017 geltenden Fassung jedenfalls daran scheitert, dass die Beklagte einen möglichen Gläubigerbenachteiligungsvorsatz der Schuldnerin nicht kannte. Weitere Anfechtungstatbestände scheiden von vornherein aus.

1. Mit Recht weist die Revision allerdings darauf hin, dass sich das Berufungsgericht bei der Beurteilung der Kenntnis der Beklagten von einem Benachteiligungsvorsatz der Schuldnerin nicht auf die Frage einer erkannten (drohenden) Zahlungsunfähigkeit beschränken durfte.

a) Die Kenntnis des Anfechtungsgegners vom Gläubigerbenachteiligungsvorsatz des Schuldners ist ebenso wie der Benachteiligungsvorsatz selbst eine innere, dem Beweis nur eingeschränkt zugängliche Tatsache. Die subjektiven Voraussetzungen der Vorsatzanfechtung können daher in aller Regel nur mittelbar aus objektiven (Hilfs-)Tatsachen hergeleitet werden (vgl. BGH, Urteil vom 14. Juli 2016 - IX ZR 188/15, ZIP 2016, 1686 Rn. 12; vom 6. Mai 2021 - IX ZR 72/20, BGHZ 230, 28 Rn. 11; st. Rspr.).

Es ist Aufgabe des Tatrichters, die ihm unterbreiteten Hilfstatsachen auf der Grundlage des Gesamtergebnisses der mündlichen Verhandlung und einer etwaigen Beweisaufnahme umfassend und widerspruchsfrei zu würdigen (vgl. BGH, Urteil vom 14. Juli 2016, aaO). Dabei hat er die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu den für und gegen den Gläubigerbenachteiligungsvorsatz und die Kenntnis von diesem sprechenden Beweisanzeichen zu berücksichtigen (BGH, Urteil vom 6. Mai 2021, aaO Rn. 12).

b) Zu den Beweisanzeichen, die für die subjektiven Voraussetzungen der Vorsatzanfechtung nach § 133 Abs. 1 InsO sprechen, zählen nicht nur die erkannte drohende (vgl. BGH, Urteil vom 3. März 2022 - IX ZR 78/20, zVb in BGHZ Rn. 54) oder bereits eingetretene Zahlungsunfähigkeit (vgl. BGH, Urteil vom 6. Mai 2021, aaO Rn. 30 ff). Auch die Gewährung einer inkongruenten Deckung bei finanziell beengten Verhältnissen kann für den Gläubigerbenachteiligungsvorsatz des Schuldners und für die Kenntnis des Anfechtungsgegners von diesem Vorsatz sprechen (vgl. BGH, Urteil vom 17. September 2020 - IX ZR 174/19, ZInsO 2020, 2274 Rn. 18, 20 ff). Weitere Beweisanzeichen, die für eine Annahme der subjektiven Voraussetzungen des § 133 Abs. 1 InsO streiten, sind eine durch die angefochtene Rechtshandlung bewirkte unmittelbare Gläubigerbenachteiligung oder die Übertragung des letzten werthaltigen Gegenstands auf einen - womöglich nahestehenden - Dritten (vgl. BGH, Urteil vom 17. September 2020, aaO Rn. 18, 38 ff). Auch die Gewährung eines Sondervorteils für den Fall der Insolvenz spricht für einen Gläubigerbenachteiligungsvorsatz und die Kenntnis von diesem (vgl. BGH, Urteil vom 12. Oktober 2017 - IX ZR 288/14, BGHZ 216, 136 Rn. 53).

Der Katalog der vom Bundesgerichtshof herausgebildeten Beweisanzeichen ist nicht abschließend. Weitere für die subjektiven Voraussetzungen der Vorsatzanfechtung sprechende Umstände sind denkbar und vom Tatrichter in die in jedem Einzelfall vorzunehmende Gesamtwürdigung einzubeziehen. Dabei verbietet sich eine schematische Betrachtung (vgl. BGH, Urteil vom 17. September 2020, aaO Rn. 17; st. Rspr.). Die in Betracht kommenden Beweisanzeichen betreffen zum einen die wirtschaftliche Lage des Schuldners im Zeitpunkt der angefochtenen Rechtshandlung. Erkennt ein Schuldner, dass er aufgrund seiner wirtschaftlichen Lage nicht mehr alle seine Gläubiger wird befriedigen können, kann die Erfüllung einzelner Gläubigerforderungen mit Gläubigerbenachteiligungsvorsatz vorgenommen sein. Es ist aber nicht nur die wirtschaftliche Lage des Schuldners in den Blick zu nehmen. Auch Art und Weise der angefochtenen Rechtshandlung können für den Gläubigerbenachteiligungsvorsatz im Sinne des § 133 Abs. 1 InsO sprechen. Insbesondere zu Vermögensverschiebungen, die zur Benachteiligung der Gläubigergesamtheit vorgenommen werden, kann es bereits im Vorfeld einer wirtschaftlichen Krise kommen (vgl. BGH, Urteil vom 29. April 2021 - IX ZR 266/19, ZInsO 2021, 1454 Rn. 18 f). Deshalb hat der Tatrichter neben den wirtschaftlichen Verhältnissen des Schuldners auch die Umstände in seine Würdigung einzubeziehen, unter denen die angefochtene Rechtshandlung vorgenommen worden ist. Zu diesen Umständen zählen etwa die Gewährung einer inkongruenten Deckung, die Bewirkung einer unmittelbaren Gläubigerbenachteiligung und die Übertragung von Vermögensgegenständen an nahestehende Dritte.

Die Umstände, unter denen die angefochtene Rechtshandlung vorgenommen worden ist, können die Annahme der subjektiven Voraussetzungen der Vorsatzanfechtung für sich genommen rechtfertigen (vgl. BGH, Urteil vom 29. April 2021, aaO). Gleiches gilt für die wirtschaftliche Lage des Schuldners. Die Krise kann erkanntermaßen derart fortgeschritten gewesen sein, dass allein darauf eine im Sinne des § 286 ZPO hinreichende Überzeugung vom Gläubigerbenachteiligungsvorsatz des Schuldners und von der Kenntnis des Anfechtungsgegners von diesem Vorsatz gestützt werden kann. Die notwendige Überzeugung kann sich aber auch erst in einer Zusammenschau der wirtschaftlichen Lage und der Umstände ergeben, unter denen die angefochtene Rechtshandlung vorgenommen worden ist. Der Tatrichter darf deshalb seine Würdigung nicht auf die wirtschaftliche Lage des Schuldners beschränken, erst recht nicht auf eine (drohende) Zahlungsunfähigkeit.

c) Mit Recht beruft sich die Revision darauf, dass auch eine Überschuldung im Sinne des § 19 Abs. 2 InsO zu den Umständen gehört, die in die Gesamtwürdigung aller für und gegen den Gläubigerbenachteiligungsvorsatz des Schuldners und die Kenntnis von diesem sprechende Umstände einzubeziehen sind. Der entscheidende Grund dafür ist die negative Fortführungsprognose, welche den Eintritt der Zahlungsunfähigkeit wahrscheinlich macht.

Die insolvenzrechtliche Überschuldung ist nicht nur deshalb zu berücksichtigen, weil der insolvenzrechtlich überschuldete Schuldner in vielen Fällen zugleich drohend zahlungsunfähig im Sinne des § 18 Abs. 2 InsO ist (vgl. MünchKomm-InsO/Drukarczyk, 4. Aufl., § 18 Rn. 89; Brinkmann, NZI 2019, 921, 922 f; Piekenbrock, NZI-Beilage 1/2019, 47 f). Die Überschuldung im Sinne des § 19 Abs. 2 InsO ist nicht nur Hinweis auf eine drohende Zahlungsunfähigkeit (so MünchKomm-InsO/Kayser/Freudenberg, 4. Aufl. § 133 Rn. 24e; Schäfer in Kummer/Schäfer/Wagner, Insolvenzanfechtung, 3. Aufl., § 133 F 79; vgl. auch BGH, Urteil vom 13. Mai 2004 - IX ZR 190/03, NZI 2005, 692, 693), sondern ein eigenständiges Beweisanzeichen für die subjektiven Voraussetzungen der Vorsatzanfechtung nach § 133 Abs. 1 InsO.

Die Stärke des Beweisanzeichens entspricht allerdings weitgehend dem der drohenden Zahlungsunfähigkeit (vgl. dazu BGH, Urteil vom 6. Mai 2021 - IX ZR 72/20, BGHZ 230, 28 Rn. 39 f; vom 3. März 2022 - IX ZR 78/20, zVb in BGHZ Rn. 54 ff, 101 ff). Daran ändert nichts, dass aus der insolvenzrechtlichen Überschuldung, anders als im Falle der drohenden Zahlungsunfähigkeit, eine Insolvenzantragspflicht erwächst (vgl. § 15a InsO). Maßgeblicher Gesichtspunkt für die Beurteilung der Überzeugungskraft des Beweisanzeichens sind sowohl im Falle der drohenden Zahlungsunfähigkeit als auch im Blick auf die Überschuldung im Sinne des § 19 Abs. 2 InsO die Wahrscheinlichkeit des Eintritts der Zahlungsunfähigkeit und die zeitliche Nähe ihres Eintritts.

aa) Ist der Schuldner drohend zahlungsunfähig, ist überwiegend wahrscheinlich, dass er zu einem bestimmten Zeitpunkt innerhalb des Prognosezeitraums seine bestehenden und dann fälligen Verbindlichkeiten nicht wird erfüllen können (vgl. BGH, Urteil vom 5. Dezember 2013 - IX ZR 93/11, ZInsO 2014, 77 Rn. 10). Die überwiegende Wahrscheinlichkeit ist Mindestvoraussetzung für die drohende Zahlungsunfähigkeit, der spätere Eintritt der Zahlungsunfähigkeit kann auch wahrscheinlicher sein oder sogar sicher bevorstehen. Die Wahrscheinlichkeit des Eintritts der Zahlungsunfähigkeit beeinflusst die Stärke des Beweisanzeichens. Entsprechendes gilt für den Zeitraum bis zum drohenden Eintritt der Zahlungsunfähigkeit. Steht der sichere Eintritt der Zahlungsunfähigkeit unmittelbar bevor, kann es für den Benachteiligungsvorsatz sprechen, wenn der Schuldner sich bewusst ist, dass er kurzfristig einen Insolvenzantrag stellen wird und er gleichwohl Gläubiger in der verbleibenden Zeit bis zum ohnehin beabsichtigten Insolvenzantrag gezielt befriedigt (vgl. BGH, Urteil vom 3. März 2022 - IX ZR 78/20, zVb in BGHZ Rn. 55 f). Steht der Eintritt der Zahlungsunfähigkeit nicht sicher oder nicht unmittelbar bevor, bedarf es anderer zusätzlicher Umstände, um den Gläubigerbenachteiligungsvorsatz zu begründen. Diese können etwa in dem vom Schuldner erkannten Eintritt einer unmittelbaren Gläubigerbenachteiligung liegen oder darin, dass der Schuldner das Sanierungsrisiko mit einem untauglichen Sanierungsversuch bewusst den künftigen Insolvenzgläubigern auferlegt (vgl. BGH, Urteil vom 3. März 2022, aaO Rn. 103 ff).

bb) Ähnlich ist es im Falle der Überschuldung nach § 19 Abs. 2 InsO. Ein Rechtsträger, der insolvenzrechtlich überschuldet ist, verfügt nicht über ausreichend Vermögen, um seine bestehenden Verbindlichkeiten zu decken. Überdies ist die Fortführung seines Unternehmens bis zum Ende des Prognosezeitraums nicht überwiegend wahrscheinlich. Die negative Fortführungsprognose macht den späteren Eintritt der Zahlungsunfähigkeit wahrscheinlich. Der spätere Eintritt der Zahlungsunfähigkeit kann auch wahrscheinlicher sein oder sicher bevorstehen. Insoweit unterscheidet sich die Lage nicht von der drohenden Zahlungsunfähigkeit im Sinne des § 18 Abs. 2 InsO. Gleiches gilt für den Zeitraum bis zum Eintritt der Zahlungsunfähigkeit. Die Zahlungsunfähigkeit kann unmittelbar bevorstehen oder erst am Ende des Prognosezeitraums eintreten. Vor diesem Hintergrund gilt für die Stärke des Beweisanzeichens der insolvenzrechtlichen Überschuldung nichts anderes als für die drohende Zahlungsunfähigkeit. Es bedarf daher zusätzlicher, in der Art und Weise der Rechtshandlung liegender Umstände, um den Gläubigerbenachteiligungsvorsatz des Schuldners zu begründen.

Das Beweisanzeichen der erkannten insolvenzrechtlichen Überschuldung ist nicht deshalb stärker, weil die Überschuldung im Sinne des § 19 Abs. 2 InsO gemäß § 15a InsO eine Pflicht zum Insolvenzantrag begründet. Der Senat hat mit Urteil vom 3. März 2020 (IX ZR 78/20, zVb in BGHZ Rn. 27 ff) entschieden, dass weder die aus § 15a InsO folgende Insolvenzantragspflicht noch das § 15b InsO zu entnehmende Zahlungsverbot darüber bestimmen, ob der Schuldner im Falle der erkannten Zahlungsunfähigkeit mit Gläubigerbenachteiligungsvorsatz gehandelt hat. Für die erkannte insolvenzrechtliche Überschuldung gilt dies entsprechend.

2. Das Berufungsgericht hat offengelassen, ob auf Seiten der Schuldnerin mit Gläubigerbenachteiligungsvorsatz gehandelt worden ist. Davon ist revisionsrechtlich auszugehen.

3. Im Ergebnis mit Recht hat das Berufungsgericht erkannt, dass die Beklagte den (unterstellten) Gläubigerbenachteiligungsvorsatz der Schuldnerin nicht kannte.

a) Die Kenntnis von einer möglichen insolvenzrechtlichen Überschuldung der Schuldnerin folgt entgegen der Ansicht der Revision nicht daraus, dass auf Seiten der Beklagten die Jahresabschlüsse der im Februar 2010 gegründeten Schuldnerin zum 31. Dezember 2010 und 31. Dezember 2011 vorlagen, die nicht durch Eigenkapital gedeckte Fehlbeträge von 205.473,78 € (Geschäftsjahr 2010) und 431.382,11 € (Geschäftsjahr 2011) auswiesen. Allein aus der ansteigenden, zuletzt für den 31. Dezember 2011 festgestellten handelsbilanziellen Überschuldung lässt sich entgegen der Ansicht des Klägers nicht auf die Kenntnis der Beklagten vom Gläubigerbenachteiligungsvorsatz der Schuldnerin in den nach § 140 InsO maßgeblichen Zeitpunkten der angefochtenen Lastschriftzahlungen vom 15. Januar, 14. und 15. Februar 2013 in Höhe von insgesamt 20.792,43 € schließen.

aa) Für die Annahme einer Überschuldung im Sinne des § 19 InsO fehlt es an einer § 17 Abs. 2 Satz 2 InsO entsprechenden gesetzlichen Vermutung. Will der nach § 133 Abs. 1 InsO anfechtende Insolvenzverwalter den Gläubigerbenachteiligungsvorsatz oder die Kenntnis von diesem auf eine insolvenzrechtliche Überschuldung stützen, muss er deshalb deren Eintritt im Grundsatz voll beweisen. Das gilt auch für die negative Fortführungsprognose. Der insoweit für eine abweichende Verteilung der Darlegungs- und Beweislast streitende Wortlaut des § 19 Abs. 2 Satz 1 InsO steht dem nicht entgegen. Es ist nicht ersichtlich, dass der Gesetzgeber damit eine Beweislastregelung für den Insolvenzanfechtungsprozess treffen wollte. Die Rückkehr zum zweigliedrigen Überschuldungsbegriff beruht auf dem Finanzmarktstabilisierungsgesetz vom 17. Oktober 2008 (BGBl. I, S. 1982). Damit sollte das aus Sicht des Gesetzgebers ökonomisch unbefriedigende Ergebnis vermieden werden, dass auch Unternehmen, bei denen die überwiegende Wahrscheinlichkeit besteht, dass sie weiterhin erfolgreich am Markt operieren können, zwingend ein Insolvenzverfahren zu durchlaufen haben (BT-Drucks. 16/10600, S. 13). Zu Fragen der Beweislast äußern sich die Materialien nicht - erst recht nicht zur Beweislastverteilung im Insolvenzanfechtungsprozess.

bb) Der nach § 133 Abs. 1 InsO anfechtende Insolvenzverwalter muss daher im Ausgangspunkt sowohl die rechnerische Überschuldung im Sinne des § 19 Abs. 2 Satz 1 InsO darlegen und beweisen als auch die negative Fortführungsprognose. Die objektiv vorliegende insolvenzrechtliche Überschuldung muss zur Kenntnis des Schuldners gelangt und - weil es hier um den Vollbeweis der Kenntnis vom Benachteiligungsvorsatz geht - auch dem Anfechtungsgegner bekannt geworden sein. Auch dies muss im Grundsatz der Insolvenzverwalter darlegen und beweisen.

cc) Der Nachweis der objektiv vorliegenden insolvenzrechtlichen Überschuldung wird im Insolvenzanfechtungsprozess grundsätzlich nicht durch eine Handelsbilanz erleichtert, die einen nicht durch Eigenkapital gedeckten Fehlbetrag ausweist. Dies gilt gleichermaßen für den Nachweis der Kenntnis des Anfechtungsgegners von der Überschuldung, wenn diesem eine solche Handelsbilanz bekannt geworden ist.

(1) Nach der Rechtsprechung des II. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs kommt allerdings der Handelsbilanz indizielle Bedeutung für die Frage zu, ob die Gesellschaft insolvenzrechtlich überschuldet ist (BGH, Urteil vom 27. April 2009 - II ZR 253/07, ZIP 2009, 1220 Rn. 9; vom 15. März 2011 - II ZR 204/09, ZIP 2011, 1007 Rn. 33; vom 8. März 2012 - IX ZR 102/11, ZInsO 2012, 732 Rn. 5). Danach kann der Anspruchsteller seiner Darlegungslast genügen, wenn er eine Handelsbilanz vorlegt, aus der sich ein nicht durch Eigenkapital gedeckter Fehlbetrag ergibt, und er nach entsprechender Überprüfung erläutert, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang stille Reserven oder sonstige aus der Bilanz nicht ersichtliche Vermögenswerte vorhanden sind (vgl. BGH, Urteil vom 27. April 2009, aaO; vom 15. März 2011, aaO; vom 8. März 2012, aaO). Dann ist es Sache des beklagten Geschäftsführers, im Rahmen seiner sekundären Darlegungslast im Einzelnen vorzutragen, welche stillen Reserven oder sonstigen für eine Überschuldungsbilanz maßgeblichen Werte in der Handelsbilanz nicht abgebildet sind (vgl. BGH, Urteil vom 27. April 2009, aaO; vom 15. März 2011, aaO).

(2) Eine derartige Verteilung der Darlegungslast ist im Insolvenzanfechtungsprozess nicht gerechtfertigt, wenn es sich bei dem Anfechtungsgegner - wie auch im Streitfall - um eine außenstehende Person handelt. Gehört der Anfechtungsgegner nicht zu den nach § 15a InsO antragspflichtigen Personen und steht er den für die Beurteilung der insolvenzrechtlichen Überschuldung maßgeblichen Geschehensabläufen auch nicht aus anderen Gründen so nahe wie eine antragspflichtige Person, kann von ihm nicht erwartet werden, dass er zu stillen Reserven oder sonstigen, in der Handelsbilanz nicht abgebildeten Werten vorträgt.

Daraus folgt, dass im Insolvenzanfechtungsprozess der Verwalter seiner Darlegungslast im Blick auf eine rechnerische Überschuldung im Sinne des § 19 Abs. 2 Satz 1 InsO grundsätzlich nicht genügt, wenn er auf einen nicht durch Eigenkapital gedeckten Fehlbetrag in einer Handelsbilanz verweist und nach entsprechender Überprüfung erläutert, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang stille Reserven oder sonstige aus der Bilanz nicht ersichtliche Vermögenswerte vorhanden sind. Nichts anderes gilt für die Kenntnis des Anfechtungsgegners von der rechnerischen Überschuldung, wenn diesem eine Handelsbilanz bekannt geworden ist, die einen nicht durch Eigenkapital gedeckten Fehlbetrag ausweist.

(3) Dass die vom Gesellschaftsrecht beeinflussten Wertungen in der Rechtsprechung des II. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs im Grundsatz nicht auf den Insolvenzanfechtungsprozess übertragen werden können, zeigt sich auch im Blick auf die neben der rechnerischen Überschuldung erforderliche negative Fortführungsprognose und die Kenntnis des Anfechtungsgegners von dieser. Vom außenstehenden Anfechtungsgegner kann nicht erwartet werden, dass er Umstände darlegt, die es aus damaliger Sicht rechtfertigten, das schuldnerische Unternehmen fortzuführen (vgl. BGH, Urteil vom 15. März 2011 - II ZR 204/09, ZIP 2011, 1007 Rn. 31 mwN). Vielmehr ist grundsätzlich der Verwalter gehalten, zur negativen Fortführungsprognose vorzutragen. Erst dann kann auch die Stärke des Beweisanzeichens beurteilt werden, die davon abhängt, ob, mit welcher Wahrscheinlichkeit und wann der Eintritt der Zahlungsunfähigkeit zu erwarten war (vgl. oben Rn. 16 ff).

b) An der vorstehenden Beurteilung ändert nichts, dass es sich bei dem beklagten Finanzamt um einen institutionellen Gläubiger handelt, den nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs Beobachtungs- und Erkundigungsobliegenheiten treffen können.

aa) In einem nach § 10 Abs. 1 Nr. 4 GesO zu beurteilenden Anfechtungsfall ist der Bundesgerichtshof davon ausgegangen, der Gläubiger könne aufgrund von Presseberichten, die keine amtliche Verlautbarung enthalten, nach den Umständen gehalten sein, sich nach der Zahlungsfähigkeit des Schuldners zu erkundigen (BGH, Urteil vom 19. Juli 2001 - IX ZR 36/99, ZIP 2001, 1641, 1643). Dies beruhte auf den gegenüber § 133 Abs. 1 InsO aF geringeren subjektiven Anforderungen des § 10 Abs. 1 Nr. 4 GesO. Mit Urteil vom 19. Februar 2009 (IX ZR 62/08, BGHZ 180, 63 Rn. 21 f) hat der Bundesgerichtshof Arbeitnehmer von einer Beobachtungs- und Erkundigungsobliegenheit ausgenommen und diese auf institutionelle Gläubiger wie den Fiskus oder die Sozialversicherungsträger begrenzt. Später hat er klargestellt, dass die Beobachtungs- und Erkundigungsobliegenheit an besondere Umstände anknüpfe (BGH, Urteil vom 30. Juni 2011 - IX ZR 155/08, BGHZ 190, 201 Rn. 21).

bb) Ob an dieser Rechtsprechung festzuhalten ist, kann offenbleiben. Die im Rahmen des Besteuerungsverfahrens erfolgende Übermittlung eines Jahresabschlusses, dem sich ein nicht durch Eigenkapital gedeckter Fehlbetrag entnehmen lässt, ist jedenfalls kein Umstand, der eine Beobachtungs- und Erkundigungsobliegenheit der Finanzverwaltung im Blick auf eine mögliche insolvenzrechtliche Überschuldung auslöst. Die Übermittlung des Jahresabschlusses dient der Informationsgewinnung im Besteuerungsverfahren. Die Finanzverwaltung erhält Informationen für die Anordnung und Durchführung von Außenprüfungen (§§ 193 f AO). Anhand des Jahresabschlusses kann sie prüfen, ob die Angaben in der Steuererklärung plausibel sind. Das Risikomanagementsystem der Finanzverwaltung wird effektuiert (vgl. Heuermann/Brandes/Hofmeister, EStG, 2021, § 5b Rn. 6 mwN).

Hingegen dient die Übermittlung des Jahresabschlusses nicht der Prüfung, ob der Steuerpflichtige insolvenzrechtlich überschuldet ist. Die Finanzverwaltung darf im Grundsatz davon ausgehen, dass sich die auf Seiten des Steuerpflichtigen verantwortlichen Personen die Bedeutung eines nicht durch Eigenkapital gedeckten Fehlbetrags in der Handelsbilanz bewusstgemacht und die notwendigen Konsequenzen gezogen haben. Die Finanzverwaltung muss daher nicht Nachfrage halten, ob es stille Reserven oder sonstige in der Handelsbilanz nicht abgebildete Vermögenswerte gibt. Sie muss auch nicht das Ergebnis einer etwaigen Fortführungsprognose erfragen. Erst recht muss die Finanzverwaltung keine eigenen Ermittlungen anstellen.

c) Die Kenntnis der Beklagten vom (unterstellten) Gläubigerbenachteiligungsvorsatz der Schuldnerin ist auch nicht gemäß § 133 Abs. 1 Satz 2 InsO zu vermuten. Der Kläger beruft sich in der Revisionsinstanz nicht auf den Vermutungstatbestand. Von einer Kenntnis der Beklagten von einer drohenden Zahlungsunfähigkeit kann überdies nicht ausgegangen werden.