Bundesgerichtshof Urteil, 20. Sept. 2011 - II ZR 4/10

bei uns veröffentlicht am20.09.2011
vorgehend
Landgericht München I, 27 O 16344/06, 29.05.2009
Oberlandesgericht München, 19 U 3420/09, 30.11.2009

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
II ZR 4/10 Verkündet am:
20. September 2011
Vondrasek
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 7. Juni 2011 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Bergmann, die Richterin
Caliebe und die Richter Dr. Drescher, Born und Sunder

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 19. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 30. November 2009 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Beklagte, eine Privatbank, beteiligte sich im Jahr 2000 mit einem Anteil von rund 8,5 Mio. € an der Fondsgesellschaft „W. V. II GmbH & Co. KG“. Sie räumte der Klägerin im Frühjahr 2000 eine Unterbetei- ligung in Höhe von 100.000 € ein. Zu diesem Zweck vereinbarten die Parteien in § 1 des Unterbeteiligungsvertrags eine Innengesellschaft bürgerlichen Rechts; die Klägerin erwarb keine Mitberechtigung an der Hauptbeteiligung, sondern nur schuldrechtliche Ansprüche aus dem Vertrag mit der Beklagten. In § 3 des Vertrags verpflichtete sich die Klägerin, zuzüglich zu der Einlage in Höhe von 100.000 € ein Agio in Höhe von 5 % zu leisten, das der Aufbringung des Agios für die Hauptbeteiligung dienen sollte.
2
Die Unterbeteiligung der Klägerin war auf Empfehlung des Grafen S. zustande gekommen, der die Klägerin seinerzeit in Geldanlagen beriet und der zugleich Geschäftsbeziehungen zu der Beklagten unterhielt. Graf S. stand auch mit weiteren Anlegerinnen in Verbindung, die bei der Beklagten eine Unterbeteiligung an dem genannten Fonds erwarben. Am 31. März 2000 überwies ihm die Beklagte 40.000,01 DM (20.451,68 €) als „Bonifikation bezüglich Ihrer Vermittlungstätigkeit V. II Zeichnungen“. Hierüber klärte sie die Klägerin nicht auf. Noch vor der eigenen Unterzeichnung des Unterbeteiligungsvertrages am 24. Mai 2000 erhielt die Beklagte von der Fondsgesellschaft eine Vergütung in Höhe von ca. 4 % des Beteiligungsbetrages. Auch dies teilte sie der Klägerin nicht mit.
3
Die Klägerin überließ Graf S. den Beteiligungsbetrag zuzüglich Agio in Höhe von insgesamt 105.000 € zur Weiterleitung an die Beklagte. Die Beklagte forderte den Betrag, wie in § 3 des Unterbeteiligungsvertrages optional vorgesehen, erst nach und nach in Teilbeträgen ein, wobei sie ihre Kapitalabrufe an Graf S. richtete, ohne die Klägerin darüber zu informieren. Graf S. kam den Kapitalabrufen nur teilweise nach. Am 16. November 2004 beging er Selbstmord. Der Insolvenzverwalter über seinen Nachlass zahlte am 13. September 2007 an die Klägerin 5.311,86 €.
4
Das Landgericht hat der Klägerin Schadensersatz in Höhe des Anlagebetrages samt Agio abzüglich der geleisteten Zahlung Zug um Zug gegen Rückübertragung der Ansprüche aus der Unterbeteiligung sowie außergerichtli- che Rechtsverfolgungskosten zugesprochen. Die Berufung der Beklagten hat zu einer Abänderung der erstinstanzlichen Kostenentscheidung geführt und ist im Übrigen ohne Erfolg geblieben. Dagegen richtet sich die vom erkennenden Senat zugelassene Revision der Beklagten, mit der sie ihren Klageabweisungsantrag weiterverfolgt.

Entscheidungsgründe:

5
Die Revision der Beklagten hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
6
I. Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet:
7
Der Klägerin stehe gegen die Beklagte ein auf Rückabwicklung der Unterbeteiligung gerichteter Schadensersatzanspruch nach den Grundsätzen der culpa in contrahendo zu.
8
Nach der Beweisaufnahme in einer vor dem Senat verhandelten Parallelsache (OLG München - 19 U 5072/08), in der u.a. der Zeuge A. vernommen wurde, bestehe kein Zweifel daran, dass die Beklagte dem Grafen S. noch vor dem Vertragsabschluss mit der Klägerin eine Provision für die Vermittlung von Unterbeteiligungen versprochen und in Höhe von 2 % der Beteiligungssumme gezahlt habe. Die Darstellung der Beklagten, mit der Zahlung an Graf S. sei ein Teil des Agio zur Weiterleitung an die Anlegerinnen rückerstattet worden, sei nicht glaubhaft. Einer erneuten Beweisaufnahme vor dem Senat habe es nicht bedurft.
9
Durch die Provisionsvereinbarung mit Graf S. habe die Beklagte das Interesse der Klägerin an einer neutralen und sachgerechten Beratung gefährdet ; darüber hätte sie die Klägerin aufklären müssen. Die Aufklärungspflicht bestehe unabhängig davon, ob Graf S. als Vermögensverwalter oder als Anlageberater der Klägerin aufgetreten sei. Die Pflichtverletzung der Beklagten sei auch schuldhaft und für den Schaden der Klägerin ursächlich gewesen. Die Klägerin, der die Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens zu Gute komme, sei so zu stellen, als wäre sie die streitgegenständliche Unterbeteiligung nicht eingegangen. Die Beklagte habe der Klägerin den geltend gemachten Schaden auch deshalb zu ersetzen, weil sie nicht auf die ihr selbst als Gesellschafterin eingeräumten Sondervorteile in Höhe von 4 % des Beteiligungsbetrages hingewiesen habe.
10
II. Diese Beurteilung hält rechtlicher Überprüfung nicht stand.
11
1. Das Berufungsgericht hat seine Feststellung, bei der vor Abschluss des Unterbeteiligungsvertrages an Graf S. geleisteten Zahlung der Beklagten habe es sich um eine Provisionszahlung und nicht um eine, zur Weiterleitung an die Anlegerinnen bestimmte, teilweise Rückerstattung des Agio gehandelt , nicht verfahrensfehlerfrei getroffen.
12
a) Indem es seiner Überzeugungsbildung die in einer Parallelsache durchgeführte Beweisaufnahme zugrunde gelegt hat, hat das Berufungsgericht gegen den Grundsatz der Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme (§ 355 ZPO) verstoßen. Gemäß § 355 Abs. 1 Satz 1 ZPO hat die Beweisaufnahme grundsätzlich vor dem Prozessgericht zu erfolgen. Danach ist die Verwertung der Beweisaufnahme aus einem anderen Verfahren nur unter bestimmten Voraus- setzungen zulässig. Dies gilt auch dann, wenn das andere Verfahren bei dem gleichen Spruchkörper anhängig war.
13
aa) Allerdings dürfen Protokolle über die Aussagen von Zeugen in einem anderen Verfahren grundsätzlich auf Antrag der beweispflichtigen Partei im Wege des Urkundenbeweises in einen Zivilprozess eingeführt und dort gewürdigt werden. Unzulässig ist eine derartige Verwertung früherer Aussagen im Wege des Urkundenbeweises anstelle der Vernehmung der Zeugen im anhängigen Verfahren jedoch, wenn eine Partei zum Zwecke des unmittelbaren Beweises die Vernehmung dieser Zeugen beantragt oder die Beurteilung der Glaubwürdigkeit der Zeugen deren unmittelbare Vernehmung erfordert (vgl. BGH, Urteil vom 12. November 2003 - XII ZR 109/01, NJW 2004, 1324, 1325; Urteil vom 30. November 1999 - VI ZR 207/98, ZIP 2000, 635, 637).
14
Im Streitfall hat die Beklagte, worauf die Revision zutreffend hinweist, rechtzeitig beantragt, den in der Parallelsache vernommenen Zeugen v. A. in dem anhängigen Rechtsstreit (nochmals) zu vernehmen. Ein solcher Antrag lag bereits darin, dass die Beklagte auf Anfrage des Berufungsgerichts einer urkundenbeweislichen Verwertung der früheren Beweisaufnahme widersprochen und die Zurückverweisung der Sache an das Landgericht beantragt hat, jedenfalls aber in der konkreten Bezugnahme auf erstinstanzliche Beweisangebote im Schriftsatz vom 16. (richtig wohl: 23.) November, die die Benennung des Zeugen v. A. beinhalteten. Das Berufungsgericht durfte diesen Antrag nicht gemäß §§ 530, 296 Abs. 1 ZPO als verspätet zurückweisen, da die urkundenbeweisliche Verwertung des Ergebnisses der Beweisaufnahme aus dem Parallelverfahren bis zum Ablauf der Berufungsbegründungsfrist weder vom Berufungsgericht angeregt noch von der Klägerin beantragt worden war.
15
bb) Das Berufungsgericht durfte von der Vernehmung des Zeugen v. A. auch nicht mit der Begründung absehen, das Ergebnis der Beweisaufnahme in der Parallelsache sei gerichtskundig. Das Berufungsgericht hat seiner Einschätzung ein unzutreffendes Verständnis des Begriffs der bei dem Gericht offenkundigen Tatsachen (§ 291 ZPO) zugrunde gelegt.
16
Der Anwendungsbereich des § 291 ZPO wird durch den Grundsatz der Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme begrenzt. Es verstößt gegen diesen Grundsatz, wenn ein Gericht Aussagen, die Zeugen vor ihm in einem anderen Verfahren gemacht haben, als gerichtsbekannt verwertet (BGH, Urteil vom 4. November 2010 - I ZR 190/08, NJW-RR 2011, 569 Rn. 10). Ob § 291 ZPO gleichwohl dann anzuwenden ist, wenn das Gericht durch die frühere Beweisaufnahme Informationen erhalten hat, die ihm ein „sicheres Bild“ von tatsächlichen Verhältnissen, Ereignissen oder Zuständen vermittelt haben, kann im Streitfall offen bleiben. Denn jedenfalls sind Tatsachen, die - wie hier - in einem früheren Verfahren im Wege der Beweiswürdigung festgestellt wurden, auch für denselben Richter nicht offenkundig (vgl. Leipold in Stein/Jonas, ZPO, 22. Aufl., § 291 Rn. 10 bei Fn. 27).
17
cc) Der Verstoß des Berufungsgerichts gegen § 355 ZPO ist nicht gemäß § 295 ZPO geheilt worden. Da er erst durch das Urteil selbst offengelegt wurde, hatte die Beklagte keine Möglichkeit, den Fehler vor Abschluss des Berufungsverfahrens zu rügen.
18
b) Das Berufungsgericht hat, wie die Revision zu Recht rügt, auch die Vernehmung des in der Parallelsache nicht vernommenen Zeugen U. verfahrensfehlerhaft unterlassen. Auf diesen Zeugen hatte sich die Beklagte neben dem Zeugen v. A. bereits in erster Instanz bezogen. Das Berufungsgericht durfte von einer Vernehmung des Zeugen nicht deshalb absehen, weil die Beklagte ihn im Berufungsverfahren zunächst nicht nochmals benannt hat.
19
Eine Wiederholung erstinstanzlicher Beweisantritte im Berufungsverfahren ist jedenfalls dann entbehrlich, wenn der Beweisführer in erster Instanz obsiegt hatte und der Beweisantritt hierfür unerheblich war (BGH, Urteil vom 7. Januar 2008 - II ZR 283/06, BGHZ 175, 86 Rn. 17 m.w.N.). Ebenso sind in der zweiten Instanz aber auch die Beweisangebote des Berufungsklägers zu beachten, die in erster Instanz unerledigt blieben, weil es auf sie nach dem erstinstanzlichen Urteil aus Rechtsgründen nicht ankam (Musielak/Ball, ZPO, 8. Aufl., § 520 Rn. 29; zweifelnd Zöller/Heßler, ZPO, 28. Aufl., § 520 Rn. 41). So verhielt es sich im Streitfall, da es für die Entscheidung des Landgerichts unerheblich war, ob die Beklagte mit Graf S. eine Provision vereinbart hatte.
20
2. Der Auffassung des Berufungsgerichts, eine eigenständige vorvertragliche Pflichtverletzung der Beklagten sei in einer unterbliebenen Offenlegung ihrer eigenen Vergütung zu sehen, kann aus Rechtsgründen nicht gefolgt werden. Die Beklagte hat die Klägerin zwar nicht über die an sie geleistete Zahlung und deren Höhe unterrichtet. Die Klägerin konnte aber aus § 1 Nr. 4 des Unterbeteiligungsvertrags entnehmen, dass der Beklagten eine als Platzierungsprovision bezeichnete Vergütung zufließt, die sie nicht an die Klägerin als Unterbeteiligte weiterreichen musste. Eine weitergehende Aufklärungspflicht der Beklagten , insbesondere über die Höhe der Vergütung, bestand nicht.
21
a) Nach der ständigen Rechtsprechung des erkennenden Senats sind Sondervorteile, die den Gründungsgesellschaftern gewährt werden, offenzulegen , da dem Anleger für seine Beitrittsentscheidung ein zutreffendes Bild über das Beteiligungsobjekt vermittelt werden muss, nämlich über alle Umstände, die für seine Entschließung von wesentlicher Bedeutung sind oder sein können, insbesondere über Tatsachen, die den Vertragszweck vereiteln können (vgl. BGH, Urteil vom 14. Januar 1985 - II ZR 41/84, WM 1985, 533; Urteil vom 10. Oktober 1994 - II ZR 95/93, ZIP 1994, 1851; Urteil vom 7. April 2003 - II ZR 160/02, WM 2003, 1086).
22
Die Höhe der Vergütung, die der Beklagten gewährt wurde, stellt keinen nach diesen Grundsätzen aufklärungspflichtigen Umstand dar, da sie für die Entschließung des Anlegers keine wesentliche Bedeutung hatte. Aus dem von den Parteien abgeschlossenen Unterbeteiligungsvertrag (§ 3 Nr. 1) ergibt sich, dass für die Hauptbeteiligung ein Agio in Höhe von 5 % aufzubringen war, das den Kapitalstock nicht vermehrt und u.a. der Abdeckung von Vertriebskosten dient. Die auf dieser Grundlage einzuschätzenden Erfolgsaussichten der Anlage werden durch die Höhe der auf die Beklagte entfallenden Vergütung nicht erkennbar berührt. Dass der Beklagten (insgesamt) Provisionen und sonstige Entgelte zugeflossen seien, die aus dem auf die Hauptbeteiligung entfallenden Agio nicht mehr bestritten werden konnten, hat das Berufungsgericht nicht festgestellt.
23
b) Eine Aufklärungspflicht der Beklagten über die Höhe der ihr gewährten Vergütung kann auch nicht mit einem bei der Beklagten bestehenden Interessenkonflikt begründet werden.
24
Allerdings ist eine Bank nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs verpflichtet, einen Anleger über an sie fließende Rückvergütungen aufzuklären , wenn zwischen ihr und dem Kunden ein Beratungsvertrag zustande gekommen ist. Diese Aufklärung ist notwendig, um dem Kunden einen insofern bestehenden Interessenkonflikt der Bank offen zu legen und ihm die Beurteilung zu ermöglichen, ob die Bank ihm eine bestimmte Anlage nur deswegen empfiehlt, weil sie selbst daran verdient (vgl. BGH, Urteil vom 19. Dezember 2006 - XI ZR 56/05, BGHZ 170, 226 Rn. 23; Beschluss vom 20. Januar 2009 - XI ZR 510/07, ZIP 2009, 455 Rn. 12 f.; Urteil vom 27. Oktober 2009 - XI ZR 338/08, ZIP 2009, 2380 Rn. 31; Beschluss vom 9. März 2011 - XI ZR 191/10, ZIP 2011, 855 Rn. 20). Im Streitfall hat das Berufungsgericht eine Verpflichtung der Beklagten zur Beratung der Klägerin aber nicht festgestellt. Die Revisionserwiderung macht auch nicht geltend, dass eine Beratungspflicht der Beklagten bestanden habe.
25
III. Die Sache ist entgegen der Ansicht der Revision nicht im Sinne der Beklagten entscheidungsreif.
26
1. Sollte die Beklagte mit Graf S. eine Provisionsvereinbarung getroffen haben und verpflichtet gewesen sein, die Klägerin darüber aufzuklären, so könnte sie sich nicht auf einen unvermeidbaren Rechtsirrtum berufen. Die Beklagte hätte eine aufgrund ihrer Beteiligung an der Provisionsvereinbarung mit Graf S. möglicherweise bestehende Verpflichtung zur Aufklärung der Klägerin in Betracht ziehen müssen.
27
2. Ein Verschulden der Beklagten kann auch nicht mit der Begründung verneint werden, die Beklagte habe gemäß § 708 BGB nur für diejenige Sorgfalt einstehen müssen, die sie in eigenen Angelegenheiten anzuwenden pflegt. Die Haftungsmilderung nach § 708 BGB gilt im vorvertraglichen Stadium jedenfalls dann nicht, wenn die Pflichtverletzung in einer Fehlinformation oder einer Aufklärungspflichtverletzung besteht, die den Geschädigten zum Abschluss des Gesellschaftsvertrages erst bewogen hat (vgl. Staudinger/Habermeier, BGB, Neubearb. 2003, § 708 Rn. 2; MünchKommBGB/Emmerich, 5. Aufl., § 311 Rn. 282; Palandt/Sprau, BGB, 70. Auflage, § 708 Rn. 2).
28
IV. Das Berufungsurteil ist danach aufzuheben und die Sache ist zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuver- weisen (§ 562 Abs. 1, § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Für den Fall, dass das Berufungsgericht erneut den Abschluss einer Provisionsvereinbarung zwischen der Beklagten und Graf S. feststellen sollte, weist der Senat darauf hin, dass eine diesbezügliche Aufklärungspflicht der Beklagten entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht schon mit der Begründung angenommen werden kann, Graf S. sei Vermögensverwalter oder Anlageberater der Klägerin gewesen (vgl. die Urteile des Senats vom heutigen Tage - II ZR 277/09, - II ZR 11/10 und - II ZR 39/10).
Bergmann Caliebe Drescher
Born Sunder
Vorinstanzen:
LG München I, Entscheidung vom 29.05.2009 - 27 O 16344/06 -
OLG München, Entscheidung vom 30.11.2009 - 19 U 3420/09 -

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Urteil, 20. Sept. 2011 - II ZR 4/10

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Referenzen - Gesetze

Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Zivilprozessordnung - ZPO | § 563 Zurückverweisung; eigene Sachentscheidung


(1) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts erfolgen. (2) Das Berufungsgerich

Zivilprozessordnung - ZPO | § 562 Aufhebung des angefochtenen Urteils


(1) Insoweit die Revision für begründet erachtet wird, ist das angefochtene Urteil aufzuheben. (2) Wird das Urteil wegen eines Mangels des Verfahrens aufgehoben, so ist zugleich das Verfahren insoweit aufzuheben, als es durch den Mangel betroffen
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Zivilprozessordnung - ZPO | § 295 Verfahrensrügen


(1) Die Verletzung einer das Verfahren und insbesondere die Form einer Prozesshandlung betreffenden Vorschrift kann nicht mehr gerügt werden, wenn die Partei auf die Befolgung der Vorschrift verzichtet, oder wenn sie bei der nächsten mündlichen Verha

Zivilprozessordnung - ZPO | § 296 Zurückweisung verspäteten Vorbringens


(1) Angriffs- und Verteidigungsmittel, die erst nach Ablauf einer hierfür gesetzten Frist (§ 273 Abs. 2 Nr. 1 und, soweit die Fristsetzung gegenüber einer Partei ergeht, 5, § 275 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3, 4, § 276 Abs. 1 Satz 2, Abs. 3, § 277) vorgebrac

Zivilprozessordnung - ZPO | § 291 Offenkundige Tatsachen


Tatsachen, die bei dem Gericht offenkundig sind, bedürfen keines Beweises.

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Werden Angriffs- oder Verteidigungsmittel entgegen den §§ 520 und 521 Abs. 2 nicht rechtzeitig vorgebracht, so gilt § 296 Abs. 1 und 4 entsprechend.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 355 Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme


(1) Die Beweisaufnahme erfolgt vor dem Prozessgericht. Sie ist nur in den durch dieses Gesetz bestimmten Fällen einem Mitglied des Prozessgerichts oder einem anderen Gericht zu übertragen. (2) Eine Anfechtung des Beschlusses, durch den die eine o

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 708 Haftung der Gesellschafter


Ein Gesellschafter hat bei der Erfüllung der ihm obliegenden Verpflichtungen nur für diejenige Sorgfalt einzustehen, welche er in eigenen Angelegenheiten anzuwenden pflegt.

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als Urkundsbeamtin
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in der Familiensache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein

a) Zu den besonderen Voraussetzungen, unter denen ein Unterhaltsschuldner, der
ein Verbrechen oder ein schweres Vergehen gegen den Unterhaltsgläubiger begeht
, nach § 1579 Nr. 2 BGB auch einen Anspruch auf rückständigen Unterhalt
verwirkt.

b) Zur auf einen bestimmten Unterhaltszeitraum beschränkten Revisionszulassung
(im Anschluß an Senatsurteil vom 29. Januar 2003 - XII ZR 92/01 - FamRZ 2003,
590).
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Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 12. November 2003 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Hahne und die
Richter Sprick, Weber-Monecke, Prof. Dr. Wagenitz und Dr. Ahlt

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 2. Zivilsenats des Pfälzischen Oberlandesgerichts Zweibrücken - als Familiensenat - vom 30. März 2001 wird - auf Kosten des Klägers - als unzulässig verworfen , soweit er Trennungsunterhalt für die Zeit ab 1. Januar 1999 begehrt, und im übrigen - für die Zeit vom 1. April 1998 bis 31. Dezember 1998 - als unbegründet zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der Kläger begehrt in monatlich unterschiedlicher Höhe Trennungsunterhalt für die Zeit vom 1. April 1998 bis zur Rechtskraft der Scheidung am 15. Oktober 1999. Die Parteien hatten am 29. Juli 1988 die Ehe geschlossen. Am 9. März 1998 zog die Beklagte mit den beiden aus der Ehe hervorgegangenen Kindern - A., geboren 1991, und J., geboren 1992 - aus dem von den Parteien gemieteten Einfamilienhaus aus. Seither leben die Parteien getrennt.
Der 1945 geborene Kläger war während der Trennungszeit - wie auch schon zuvor - gesundheitlich beeinträchtigt und erwerbslos; er bezieht seit Ende Dezember 1998 Sozialhilfe. Die Beklagte arbeitete während der Ehe vollschichtig als Diplomübersetzerin in einem Patentanwaltsbüro und erzielte daneben Einkünfte aus selbständiger Übersetzungstätigkeit. Seit Juni 1998 arbeitet sie in ihrer nichtselbständigen Tätigkeit nur noch 30 Wochenstunden; in welchem Umfang sie während der Trennungszeit selbständig tätig war, ist streitig. Am Nachmittag des 23. Dezember 1998 wollte die Beklagte mit ihren Kindern die Räume des Kinderschutzbundes in L. aufsuchen; dem Kläger sollte dort der betreute Umgang mit den Kindern ermöglicht werden. Auf dem Weg dorthin wurde die Beklagte von einem Mann angegriffen und mit einem Metallrohr mehrmals auf Kopf und Arme geschlagen; sie erlitt eine Kopfplatzwunde sowie Schwellungen und Hämatome an Kopf und Oberarm. Der Kläger, der die Täterschaft bestreitet, ist wegen dieser Tat rechtskräftig wegen gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verurteilt worden, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde. Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die zugelassene Revision, mit welcher der Kläger sein Berufungsbegehren weiterverfolgt.

Entscheidungsgründe:

I.

Die Revision ist nicht zulässig, soweit der Kläger für die Zeit ab 1. Januar 1999 Trennungsunterhalt begehrt; denn hierzu fehlt es an einer Zulassung des Rechtsmittels durch das Oberlandesgericht. Der Entscheidungssatz des angefochtenen Urteils enthält zwar keinen Zusatz, der die dort zugunsten des Klägers zugelassene Revision einschränkt. Die Eingrenzung des Rechtsmittels kann sich jedoch auch aus den Entscheidungsgründen ergeben (vgl. etwa Senatsurteil vom 29. Januar 2003 - XII ZR 92/01 - FamRZ 2003, 590). Das ist hier der Fall. Das Oberlandesgericht hat in den Gründen seines Urteils ausgeführt, die Revision werde im Hinblick auf die vom Bundesgerichtshof bislang nicht entschiedene Frage zugelassen, ob Ausnahmefälle denkbar seien, in denen eine Verfehlung des unterhaltsberechtigten Ehegatten gegenüber dem unterhaltspflichtigen Ehegatten so schwer wiege, daß die Inanspruchnahme des unterhaltspflichtigen Ehegatten nicht nur wegen künftiger, sondern auch wegen bereits entstandener Unterhaltsansprüche unzumutbar erscheine. Diese Frage erlangt im vorliegenden Rechtsstreit nur insoweit Bedeutung, als der Kläger Trennungsunterhalt für die Monate April bis Dezember 1998 verlangt; denn nur für diesen Zeitraum waren etwaige Ansprüche des Klägers auf Trennungsunterhalt bereits entstanden, als der dem Kläger zur Last gelegte tätliche Angriff auf die Beklagte am 23. Dezember 1998 begangen wurde. Ist aber in einem Unterhaltsrechtsstreit die Rechtsfrage, deretwegen das Oberlandesgericht die Revision zugelassen hat, nur für einen klar begrenzten Teil des Zeitraums, für den insgesamt Unterhalt begehrt wird, erheblich , so liegt, wie der Senat entschieden hat, regelmäßig die Annahme nahe, das Oberlandesgericht habe die Revision nur hinsichtlich des von der Zulas-
sungsfrage betroffenen Teils des Unterhaltszeitraums zulassen wollen (Senats- urteil aaO 591). Auch im vorliegenden Fall ist deshalb davon auszugehen, daß das Oberlandesgericht die Revision nur insoweit zulassen wollte, als der Kläger Unterhalt für die Zeit vom 1. April 1998 bis 31. Dezember 1998 begehrt.

II.

Soweit der Kläger für diesen Zeitraum Unterhalt begehrt, ist das Rechtsmittel nicht begründet. 1. Das Oberlandesgericht hat dahinstehen lassen, ob die Voraussetzungen eines Anspruchs des Klägers auf Trennungsunterhalt im vorliegenden Fall erfüllt sind. Jedenfalls seien etwaige Trennungsunterhaltsansprüche verwirkt. Aufgrund der im Strafverfahren protokollierten Zeugenaussage der Zeugin M. stehe zur Überzeugung des Oberlandesgerichts fest, daß es der Kläger gewesen sei, der die Beklagte tätlich angegriffen und verletzt habe. Die Zeugin habe einen Mann in einem blauen Arbeitsanzug mit einem länglichen Gegenstand in der Hand hinter der um Hilfe schreienden Beklagten und den beiden Kindern herlaufen sehen. Kurze Zeit später habe sie diesen Mann zurückkommen , den in der Hand gehaltenen Gegenstand sowie eine bei der Rückkehr getragene Perücke in den Kofferraum eines dunkelfarbigen Kraftfahrzeugs legen und mit diesem Wagen davonfahren sehen. Unter dem amtlichen Kennzeichen , das die Zeugin sich gemerkt habe, sei ein dunkelfarbiges Kraftfahrzeug auf den Namen des Klägers zugelassen gewesen. Auch die von der Zeugin geschilderten persönlichen Merkmale des von ihr beobachteten Mannes (dunklere Hautfarbe, Brille mit dunklem Rand und fehlende Haare auf dem
Hinterkopf) träfen auf den Kläger, der dem Oberlandesgericht aufgrund persönlicher Anhörung bekannt sei, zu. Da das Oberlandesgericht bereits aufgrund der urkundenbeweislich verwerteten Zeugenaussage von der von der Beklagten behaupteten Täterschaft des Klägers überzeugt sei, habe es der unmittelbaren Vernehmung der Zeugin M. sowie der beiden Kinder, deren Angaben im Ermittlungsverfahren wegen fehlender Belehrung über das Zeugnisverweigerungsrecht urkundenbeweislich nicht hätten verwertet werden können, nicht bedurft. Der schwerwiegende Angriff des Klägers gegen die körperliche Unversehrtheit der Beklagten erfülle den Tatbestand des § 1579 Nr. 2 BGB. Er führe zum Ausschluß etwaiger Trennungsunterhaltsansprüche des Klägers; denn es sei der Beklagten nicht zuzumuten, an den Kläger trotz dessen Verhaltens ihr gegenüber Unterhaltsleistungen zu erbringen. Dies gelte auch für die Zeit vor dem tätlichen Angriff. In der Regel trete eine Verwirkung von Unterhaltsansprüchen wegen schwerer Vergehen oder Verbrechen gegen den Unterhaltsverpflichteten zwar nur für die Zukunft ein und lasse zum Zeitpunkt der Verfehlung bereits entstandene Unterhaltsansprüche unberührt. Es bestehe nämlich grundsätzlich kein Anlaß, den mit Unterhaltszahlungen in Verzug geratenen Unterhaltspflichtigen zu begünstigen, weil ein späteres Ereignis ihn von der Unterhaltspflicht befreie. Allerdings seien Ausnahmefälle denkbar, in denen die Verfehlung des Berechtigten so schwerwiegend sei, daß die Inanspruchnahme des Verpflichteten auch wegen bereits entstandener Unterhaltsansprüche unzumutbar erscheinen müsse. Ein solcher Ausnahmefall liege hier vor: Der Kläger habe die Tat von langer Hand vorbereitet und in dem Bewußtsein geplant, daß die beiden Kinder das Geschehen miterleben würden. Die Tatausführung sei zudem geeignet gewesen, der Beklagten wesentlich ernsthaftere Verletzungen zuzufügen als sie letztlich aufgrund der Flucht der Beklagten vermieden werden konnten. Schließlich sei zu bedenken, daß die Beklagte einen etwaigen
Unterhaltsanspruch des Klägers für die Zeit vor dem tätlichen Angriff zumindest teilweise dadurch erfüllt habe, daß sie den Mietzins für die vormalige Ehewohnung auch noch nach ihrem Auszug an die Vermieter entrichtet und damit zumindest den Wohnbedarf des Klägers bis zu dessen Auszug aus dieser Wohnung im Mai 1999 gedeckt habe. 2. Diese Ausführungen halten rechtlicher Nachprüfung stand.
a) Die Revision rügt, das Oberlandesgericht sei verfahrensfehlerhaft zu der Feststellung gelangt, der Kläger habe den tätlichen Angriff auf die Klägerin verübt. Dieser Rüge bleibt der Erfolg versagt. Ein Verfahrensverstoß liegt nicht schon darin, daß das Oberlandesgericht die Zeugin M. nicht selbst vernommen, sondern sich darauf beschränkt hat, die Aussage der Zeugin aus dem Strafverfahren zu verwerten. Protokolle über die Aussagen von Zeugen in einem anderen Verfahren dürfen im Wege des Urkundenbeweises in den Zivilprozeß eingeführt und dort gewürdigt werden , wenn dies - wie hier seitens der Beklagten geschehen - von der beweispflichtigen Partei beantragt wird. Unzulässig wäre die Verwertung dieser früheren Aussage im Wege des Urkundenbeweises anstelle der Vernehmung der Zeugin im anhängigen Verfahren allerdings dann, wenn eine Partei zum Zwekke des unmittelbaren Beweises die Vernehmung dieser Zeugin beantragt oder die Beurteilung der Glaubwürdigkeit der Zeugin deren unmittelbare Vernehmung erfordert hätte (BGH Urteil vom 30. November 1999 - VI ZR 207/98 - BGHR ZPO § 286 Abs. 1 Strafakten 3; Zöller/Greger ZPO 23. Aufl. § 356 Rdn. 4, § 373 Rdn. 9). Beides war hier indes nicht der Fall. Die Beklagte hatte zum Beweis der Täterschaft des Klägers vorrangig die Beiziehung der Strafakten beantragt und dementsprechend nur hilfsweise die Vernehmung dieser Zeugin angeboten; der Kläger hat die Anhörung dieser Zeugin oder anderer
Zeugen zum Antritt des Gegenbeweises nicht beantragt. Die Glaubwürdigkeit der mit den Parteien nicht bekannten und am Tatgeschehen unbeteiligten Zeugin stand nicht in Frage. Andere Gesichtspunkte, die eine Verletzung des Grundsatzes der Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme begründen könnten, sind nicht ersichtlich; auch die Revision zeigt solche Aspekte nicht auf. Allerdings durfte das Oberlandesgericht die Akten über das gegen den Kläger geführte Strafverfahren nur verwerten, wenn diese zuvor Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren. Das war - entgegen der Auffassung der Revision - hier jedoch der Fall. Zwar läßt der Wortlaut des in der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Oberlandesgericht verkündeten Beschlusses ("Die Strafakten ... werden zu Beweiszwecken beigezogen") für sich genommen nicht ohne weiteres erkennen, daß die Strafakten in der Folge auch tatsächlich zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht worden sind. Das ist jedoch auch nicht nötig. Aus den Akten über den vorliegenden Rechtsstreit ergibt sich, daß die Strafakten im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Oberlandesgericht vorlagen. Ausweislich des Protokolls über diese mündliche Verhandlung folgte auf den Beschluß über die Beiziehung der Akten eine erneute Erörterung der Sach- und Rechtslage, eine streitige Verhandlung der Anwälte zur Sache und die Verkündung eines Entscheidungstermins. Es ist deshalb davon auszugehen, daß die Strafakten Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren und für alle Beteiligten erkennbar war, daß das Gericht diese Akten bei seiner Entscheidung, für deren Verkündung es am Schluß der Sitzung einen Termin bestimmte, berücksichtigen werde. Auch der Beibringungsgrundsatz ist nicht verletzt. Richtig ist zwar, daß ein Antrag auf Beiziehung von Akten nach § 432 ZPO grundsätzlich nicht den gesetzlichen Erfordernissen genügt, wenn die Partei nicht näher bezeichnet, welche Urkunden oder Aktenteile sie für erheblich hält. Gibt der Tatrichter ei-
nem Antrag auf Beiziehung von Akten statt, obwohl dieser Antrag den Erforder- nissen nicht genügt, so wird damit nicht ohne weiteres der gesamte Akteninhalt zum Gegenstand des Rechtsstreits; denn der Tatrichter betriebe eine unzulässige Beweisermittlung, wenn er von sich aus die beigezogenen Akten daraufhin überprüfen wollte, ob sie Tatsachen enthalten, die einer Partei günstig sind (BGH Urteil vom 9. Juni 1994 - IX ZR 125/93 - ZIP 1994, 1555, 1557). So lagen die Dinge hier jedoch nicht. Die Beklagte hat zwar in der mündlichen Verhandlung vor dem Oberlandesgericht zum Nachweis der behaupteten Täterschaft des Beklagten nur "die Beiziehung der Strafakten... der Staatsanwaltschaft F." beantragt, ohne sich dabei auf konkrete Akteninhalte zu beziehen. Sie hat jedoch zuvor schriftsätzlich verdeutlicht, daß sie sich zum Beweis für die von ihr behauptete Täterschaft des Klägers auf das Zeugnis der Zeugin Christine M. berufen wolle. Aus dem Zusammenhang beider Anträge wird deutlich, daß die Beklagte auf die urkundenbeweisliche Verwertung der Strafakten im Hinblick auf die Aussage der Zeugin Christine M. angetragen hat. Diesem Antrag hat das Oberlandesgericht ohne Rechtsfehler entsprochen. Die von der Revision erhobenen weiteren Verfahrensrügen hat der Senat geprüft und für nicht durchgreifend erachtet.
b) Nach Auffassung der Revision rechtfertigt die vom Oberlandesgericht festgestellte Täterschaft des Klägers nicht den Ausschluß von Unterhaltsansprüchen , die dem Kläger für die Zeit vor der Tat zustünden. Auch damit kann die Revision nicht durchdringen. Zwar geht - wie der Senat bereits dargelegt hat - ein Unterhaltsgläubiger, der ein Verbrechen oder ein vorsätzliches schweres Vergehen gegen den Unterhaltsschuldner begeht, nach § 1579 Nr. 2 BGB seiner Unterhaltsansprüche grundsätzlich nur für die Zukunft verlustig. Das ergibt sich bereits aus der Ent-
stehungsgeschichte dieser Härteklausel, die durch das 1. EheRG geschaffen worden und dem bis dahin geltenden § 66 EheG vergleichbar ist. Zu § 66 EheG war anerkannt, daß eine Verwirkung des Unterhaltsanspruchs nur für die Zukunft eintritt und bereits entstandene Unterhaltsansprüche unberührt läßt. In der Begründung des Entwurfs eines 1. EheRG wird zudem auf die Rechtsähnlichkeit der neuen Härteklausel mit § 1611 BGB hingewiesen. Auch für diese Vorschrift , die einen Wegfall oder eine Beschränkung des Verwandtenunterhalts wegen schwerer Verfehlung gegenüber dem Unterhaltspflichtigen vorsieht, war schon bei der Schaffung des 1. EheRG anerkannt, daß die Verwirkung des Unterhaltsanspruchs nicht rückwirkend eintritt. Beides rechtfertigt den Schluß, daß der Gesetzgeber bei der Schaffung des § 1579 Nr. 2 BGB für die zeitliche Reichweite der Verwirkung keine von den § 66 EheG, § 1611 BGB grundsätzlich abweichende Regelung treffen wollte (Senatsurteil vom 9. November 1983 - IVb ZR 8/82 - FamRZ 1984, 334 mit ausführlichen Nachweisen). Dieser gesetzgeberische Wille schließt es freilich nicht aus, in Ausnahmefällen auch bereits entstandene Unterhaltsansprüche als verwirkt anzusehen (offengelassen im Senatsurteil vom 9. November 1983 aaO). Richtig ist zwar, daß der Zweck der Härteklausel es nicht zwingend erfordert, generell auch einen bereits fälligen, aber unerfüllt gebliebenen Unterhaltsanspruch rückwirkend zu vernichten. Auch erscheint es nicht gerechtfertigt, einen in Verzug geratenen Unterhaltsschuldner allein deshalb zu begünstigen, weil ein späteres Ereignis ihn von der Unterhaltspflicht befreit (Senatsurteil vom 9. November 1983 aaO). Beide Gesichtspunkte hindern indes nicht, der Schwere der vom Unterhaltsgläubiger gegen den Unterhaltsschuldner verübten Straftat in besonders gravierenden Ausnahmefällen durch eine Verwirkung auch bereits entstandener Unterhaltsansprüche Rechnung zu tragen. § 1579 BGB knüpft die Versagung, Herabsetzung oder Begrenzung von Unterhaltsansprüchen an das Kriterium grober Unbilligkeit. Aus den genannten Gründen wird die Einforderung von Un-
terhaltsrückständen nicht immer schon dann als grob unbillig anzusehen sein, wenn die vom Täter begangene Straftat eine künftige unterhaltsrechtliche Inanspruchnahme des leistungsfähigen Opfers durch den bedürftigen Täter unzumutbar werden läßt. Dennoch können besondere Umstände der Tat jede weitere Erfüllung der sich aus der ehelichen oder nachehelichen Solidarität ergebenden Unterhaltspflicht für das Opfer unerträglich werden und mit Billigkeitsgesichtspunkten schlechthin unvereinbar erscheinen lassen, mag auch der Zeitraum , für den der Täter von seinem Opfer Unterhalt begehrt, vor der Tatausführung gelegen haben. Die Beurteilung der Frage, ob die besonderen Voraussetzungen einer solchen, auch vor der Tat liegende Unterhaltszeiträume erfassenden Unzumutbarkeit weiterer Unterhaltsleistungen vorliegen, obliegt dem Tatrichter. Das Oberlandesgericht hat diese Voraussetzungen insbesondere deshalb bejaht, weil der Kläger die Tat gegen die Beklagte nicht im Affekt begangen , sondern von langer Hand geplant hat und sich dabei bewußt war, daß die gemeinsamen Kinder Zeugen der an ihrer Mutter begangenen Gewalttat würden. Es hat zusätzlich berücksichtigt, daß die Beklagte den Mietzins für das bis dahin als Ehewohnung genutzte Einfamilienhaus auch nach der Trennung der Parteien und über den Zeitpunkt der Tat des Klägers hinaus bis hin zu dessen Auszug (im Mai 1999) an die Vermieter entrichtet und damit
den Unterhaltsanspruch des Klägers für die Zeit vor der Tat zumindest teilweise erfüllt hat. Diese tatrichterliche Würdigung läßt revisionsrechtlich bedeutsame Rechtsfehler nicht erkennen.
Hahne Sprick Weber-Monecke
Wagenitz Ahlt

Werden Angriffs- oder Verteidigungsmittel entgegen den §§ 520 und 521 Abs. 2 nicht rechtzeitig vorgebracht, so gilt § 296 Abs. 1 und 4 entsprechend.

(1) Angriffs- und Verteidigungsmittel, die erst nach Ablauf einer hierfür gesetzten Frist (§ 273 Abs. 2 Nr. 1 und, soweit die Fristsetzung gegenüber einer Partei ergeht, 5, § 275 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3, 4, § 276 Abs. 1 Satz 2, Abs. 3, § 277) vorgebracht werden, sind nur zuzulassen, wenn nach der freien Überzeugung des Gerichts ihre Zulassung die Erledigung des Rechtsstreits nicht verzögern würde oder wenn die Partei die Verspätung genügend entschuldigt.

(2) Angriffs- und Verteidigungsmittel, die entgegen § 282 Abs. 1 nicht rechtzeitig vorgebracht oder entgegen § 282 Abs. 2 nicht rechtzeitig mitgeteilt werden, können zurückgewiesen werden, wenn ihre Zulassung nach der freien Überzeugung des Gerichts die Erledigung des Rechtsstreits verzögern würde und die Verspätung auf grober Nachlässigkeit beruht.

(3) Verspätete Rügen, die die Zulässigkeit der Klage betreffen und auf die der Beklagte verzichten kann, sind nur zuzulassen, wenn der Beklagte die Verspätung genügend entschuldigt.

(4) In den Fällen der Absätze 1 und 3 ist der Entschuldigungsgrund auf Verlangen des Gerichts glaubhaft zu machen.

Tatsachen, die bei dem Gericht offenkundig sind, bedürfen keines Beweises.

10
2. Mit dieser Verfahrensweise hat das Berufungsgericht gegen den Grundsatz der Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme (§ 355 ZPO) verstoßen. Der Umstand, dass den Richtern des Berufungsgerichts bekannt war, was die Mitarbeiter der Beklagten S. und C. in einem anderen Verfahren ausgesagt hatten , ändert nichts an dem Grundsatz, dass die Beweisaufnahme nach § 355 Abs. 1 Satz 1 ZPO vor dem Prozessgericht zu erfolgen hat. Die Ergebnisse der Beweisaufnahme in einem anderen Verfahren können zwar im Wege des Urkundenbeweises verwertet werden, wenn dies von der beweispflichtigen Partei beantragt wird (BGH, Urteil vom 30. November 1999 - VI ZR 207/98, NJW 2000, 1420, 1421). Einen solchen Antrag haben jedoch weder die Klägerin noch die Beklagte gestellt. Die Beklagte hat vielmehr der Würdigung der Aussagen der in einem anderen Verfahren vernommenen Zeugen S. und C. ausdrücklich widersprochen und geltend gemacht, entweder sei eine erneute Beweisaufnahme (Gegenüberstellung) oder eine vollkommen neue Bewertung der Bekundungen notwendig. Es kommt hinzu, dass die in einem anderen Verfah- ren vernommenen Mitarbeiter S. und C. der Beklagten in diesem Verfahren von keiner Partei als Zeugen benannt worden sind. Auch deshalb durfte das Berufungsgericht deren Bekundungen, die sie in einem anderen Rechtsstreit gemacht haben, nicht ohne Weiteres zum Gegenstand des vorliegenden Verfahrens machen.

Tatsachen, die bei dem Gericht offenkundig sind, bedürfen keines Beweises.

(1) Die Beweisaufnahme erfolgt vor dem Prozessgericht. Sie ist nur in den durch dieses Gesetz bestimmten Fällen einem Mitglied des Prozessgerichts oder einem anderen Gericht zu übertragen.

(2) Eine Anfechtung des Beschlusses, durch den die eine oder die andere Art der Beweisaufnahme angeordnet wird, findet nicht statt.

(1) Die Verletzung einer das Verfahren und insbesondere die Form einer Prozesshandlung betreffenden Vorschrift kann nicht mehr gerügt werden, wenn die Partei auf die Befolgung der Vorschrift verzichtet, oder wenn sie bei der nächsten mündlichen Verhandlung, die auf Grund des betreffenden Verfahrens stattgefunden hat oder in der darauf Bezug genommen ist, den Mangel nicht gerügt hat, obgleich sie erschienen und ihr der Mangel bekannt war oder bekannt sein musste.

(2) Die vorstehende Bestimmung ist nicht anzuwenden, wenn Vorschriften verletzt sind, auf deren Befolgung eine Partei wirksam nicht verzichten kann.

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2. Das angefochtene Urteil stellt sich auch nicht aus anderen, von der vorliegenden Verletzung des Anspruchs der Beklagten auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) unabhängigen Gründen im Ergebnis als richtig dar. Vielmehr ist der von dem Berufungsgericht übergangene Beweisantritt objektiv entscheidungserheblich (vgl. zu diesem Erfordernis im Fall eines Verstoßes gegen Art. 103 Abs. 1 GG BGH, Urt. v. 18. Juli 2003 - V ZR 187/02, NJW 2003, 3205 f.).

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
II ZR 160/02 Verkündet am:
7. April 2003
Boppel
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Einem Gründungsgesellschafter gewährte Sondervorteile müssen im Emissionsprospekt
eines geschlossenen Immobilienfonds auch dann offengelegt werden
, wenn sie bereits vor dem Beitritt eines Anlegers erfolgt sind, aber im Zusammenhang
mit dem Anlageprojekt stehen.
BGH, Urteil vom 7. April 2003 - II ZR 160/02 - OLG Schleswig
LG Kiel
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 7. April 2003 durch den Vorsitzenden Richter Dr. h.c. Röhricht und die
Richter Dr. Hesselberger, Kraemer, Münke und Dr. Graf

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 5. Zivilsenats des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts in Schleswig vom 25. April 2002 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Der Kläger nimmt den Beklagten unter den Gesichtspunkten des Verschuldens bei Vertragsschluß und der Prospekthaftung auf Schadensersatz in Anspruch.
Der Beklagte war Gründungskommanditist der am 4. Juni 1993 gegründeten D. KG (im folgenden: D. KG) mit einer Kommanditeinlage von 100.000,00 DM und zugleich alleinvertretungsberechtigter Geschäftsführer der persönlich haftenden Gesellschafterin,
der D. Grundstücksgesellschaft mbH (im folgenden: D. GmbH). Die Komplementärin D. GmbH sollte bis zum 31. Dezember 1993 berechtigt sein, ohne besondere Zustimmung der Kommanditisten weitere Kommanditisten mit Kommanditeinlagen bis insgesamt 1,5 Mio. DM aufzunehmen.
Gesellschaftszweck der D. KG war es, das Grundstück Do. Straße 144 in R. zu erwerben und zu vermarkten. Ursprünglich war Eigentümerin dieses Grundstücks die A. GmbH. Von dieser erwarb zunächst die I. GmbH (im folgenden: I. GmbH) das Grundstück zum Kaufpreis von 3 Mio. DM; der Kaufvertrag war von dem zwischenzeitlich verstorbenen Notar Dr. M. beurkundet worden. Mit weiterem Kaufvertrag vom 20. Juli 1993, ebenfalls beurkundet von Notar Dr. M., verkaufte die I. GmbH, bei welcher der Beklagte ursprünglich ebenfalls Gesellschafter war, das Grundstück sodann an die zwischenzeitlich gegründete D. KG für einen Kaufpreis von 4 Mio. DM. Dieser Kaufvertrag sah in § 8 vor, daß die B. S. GmbH, K., an der der Beklagte und seine Ehefrau zu jeweils 25 % beteiligt waren, für ihre Vermittlungstätigkeit eine Maklercourtage in Höhe von 5 % des Kaufpreises zzgl. Mehrwertsteuer erhalten sollte. Seinen Anteil an der I. GmbH veräußerte der Beklagte mit Vertrag vom 11. Juni 1993 und mit Zustimmung der Gesellschafter der I. GmbH durch Beschluß vom 2. März 1993.
Der Kläger erklärte am 10. Juli 1993 seinen Beitritt zur D. KG mit einer Kommanditeinlage von 100.000,00 DM, die er in der Folgezeit über den Notar Dr. M. durch auf ihn lautenden Scheck bezahlte. Zuvor hatte er von Dr. M. eine schriftliche Projektbeschreibung erhalten, die von einem Dr. Sch. erstellt worden war und deren Begleitschreiben ("Betr.: Angebot zur Beteiligung als Kommanditist an der D.
Kommanditgesellschaft") im Briefkopf den Namen, die Berufsbezeichnung und die Adresse des Beklagten enthielt.
In der Folgezeit ließ sich die im Beteiligungsangebot vorgesehene Mischnutzung aus Wohnflächen, Gastronomie, Laden- und Parkflächen - nicht zuletzt nach Einholung einer "Markt- und Standortanalyse" - nicht mehr realisieren. Auch die ersatzweise geplante Bebauung mit einem Großkino war nach einem negativen Bauvorbescheid der Hansestadt R. nicht durchführbar. Am 10. März 1997 beschlossen die Gesellschafter der D. KG die Liquidation der Gesellschaft. Eine Rückzahlung der Kommanditeinlagen erfolgte bisher nicht.
Der Kläger ist der Ansicht, der Beklagte sei ihm als Gründungskommanditist schadensersatzpflichtig. Die dem Beteiligungsangebot beigefügte Projektbeschreibung sei in mehrfacher Hinsicht unvollständig gewesen. So habe der Beklagte nicht darauf hingewiesen, daß die baurechtliche Zulässigkeit des Projektes nicht gesichert gewesen sei. Auch habe er seine Beteiligungen an der I. GmbH und der B. S. GmbH verschwiegen. Hätte er, der Kläger, von diesen Verflechtungen gewußt, wäre er der Gesellschaft nicht beigetreten. Zudem habe ihm der Beklagte telefonisch versichert, daß das Investment risikolos sei; denn im Falle eines Scheiterns des Projektes könne das Grundstück jederzeit gewinnbringend für 6 Mio. DM veräußert werden. In Wahrheit habe der im Zuge der Liquidation erzielte Erlös bei etwa 2,5 Mio. DM gelegen. Da seine Beteiligung zwischenzeitlich wertlos sei und er auch keine steuerlichen Vorteile habe geltend machen können, sei ihm ein Schaden in Höhe von 100.000,00 DM entstanden.
Landgericht und Oberlandesgericht haben die Klage abgewiesen. Mit der - zugelassenen - Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe:


Die Revision ist begründet und führt zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
I. Soweit das Berufungsgericht gegenüber der geltend gemachten Inanspruchnahme aus typisierter Prospekthaftung zutreffend angenommen hat, daß ein solcher Anspruch binnen sechs Monaten nach Kenntnis von der Unrichtigkeit des Prospekts, spätestens aber binnen drei Jahren nach Beitritt zur Gesellschaft verjähre, und diese Voraussetzungen angesichts des am 10. Juli 1993 erfolgten Beitritts zur Gesellschaft und einer Erhebung der Klage erst im März 1999 gegeben seien, wird dies von der Revision nicht angegriffen.
II. Mit Erfolg wendet sich die Revision aber dagegen, daß das Berufungsgericht auch einen Anspruch des Klägers nach den hergebrachten Grundsätzen der Haftung für Verschulden bei Vertragsverhandlungen abgelehnt hat. Der Beklagte war nämlich nicht nur als Geschäftsführer der D. GmbH mit der Werbung weiterer Kommanditisten betraut, sondern als Gründungskommanditist der D. KG war er selbst Vertragspartner der neu eintretenden Gesellschafter. Die aus der Anbahnung von Vertragsverhandlungen entstandenen Pflichten trafen deshalb den Beklagten, der auch für unvollständige oder fehlerhafte Angaben haftet, soweit diese durch Beauftragte oder andere Personen in seinem Verantwortungsbereich gemacht worden sind (vgl. Sen.Urt. v.
14. Januar 1985 - II ZR 41/84, WM 1985, 533, 534; Sen.Urt. v. 10. Oktober 1994 - II ZR 95/93, WM 1994, 2192). Hinzu kommt, daß der Beklagte sich die Angaben in der Projektbeschreibung mit seinem Anschreiben zu eigen gemacht hat.
1. Das Berufungsgericht hat die Angaben in der Projektbeschreibung für "nicht im haftungsbegründenden Sinn unrichtig" gehalten. Dies greift die Revision mit Recht an.

a) Unrichtig ist der Prospekt vor allem insofern, als er die baurechtliche Zulässigkeit des Projektes als gesichert darstellt. Die Aussage in der Anlagebeschreibung , nach der eine generelle Zustimmung zum Nutzungskonzept durch das Bauordnungsamt und in Abstimmung mit dem Stadtplanungsamt als Ergebnis einer engen und konstruktiven Zusammenarbeit bereits erteilt sei, stellt entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht bloß die Behauptung einer allgemeinen Sympathie der Stadtverwaltung für die noch weiter durchzuführenden Projektierungsarbeiten dar. Eine solche Beurteilung steht weder mit der Wortwahl der Formulierung noch den daraus abgeleiteten Erwartungen eines potentiellen Anlegers in Einklang. Schon die Verwendung des Begriffes "erteilt" suggeriert, daß die Stadtverwaltung hinsichtlich des Bauprojektes und des diesem zugrundeliegenden Nutzungskonzepts bereits Erklärungen mit gewisser Bindungswirkung abgegeben hat. Dies war, wie sich aus dem Schreiben der Hansestadt R. vom 2. Juni 1993 ergibt, aber nicht der Fall. Gerade die Durchführbarkeit einer beabsichtigten Bebauung ist jedoch von grundlegender Bedeutung für die Anlageentscheidung an einem Immobilienprojekt.

b) Bedenken bestehen auch gegen die Beurteilung des Berufungsgerichts , welches die im Anschreiben des Beklagten angeführte Möglichkeit eines
Weiterverkaufs des Grundstücks ebenso wie den Hinweis "Interessenten gibt es heute schon" als "nicht allzu aussagekräftig" beurteilt hat. Dies kann jedoch offenbleiben , da die behauptete zusätzliche telefonische Information des Klägers entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht nur eine persönliche und nicht weiter substantiierte Einschätzung darstellt. Da durch das Berufungsgericht keine abschließenden Feststellungen zu dem behaupteten Telefonat getroffen worden sind, ist zugunsten des Klägers für das Revisionsverfahren zu unterstellen, daß es so, wie von ihm dargestellt, stattgefunden hat. Die Angabe, "das Investment" sei "risikolos, da der Wiederverkauf des Grundstücks zum Preis von 6 Mio. DM ohne weiteres möglich" sei, enthält die klare Einschätzung und Aussage, daß das finanzielle Risiko auch für den Fall der Nichtdurchführung des Projekts abgesichert sei und damit die Gefahr eines Verlustes der Einlage minimiert werde. Eine solch deutliche Erklärung wird selbst einen erfahrenen Investor wie den Kläger bei seiner Anlageentscheidung beeinflussen; sie würde daher, bei deren Vorliegen und soweit sie tatsächlich unzutreffend war, grundsätzlich eine Haftung des Beklagten begründen.
2. Die in dem Anschreiben des Beklagten und der beigefügten Projektbeschreibung enthaltenen Angaben waren, worauf die Revision zutreffend hinweist , entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts auch in weiteren Punkten fehlerhaft. Wie der Senat bereits mehrfach entschieden hat, muß dem Anleger für seine Beitrittsentscheidung ein zutreffendes Bild über das Beteiligungsobjekt vermittelt werden, d.h. über alle Umstände, die für seine Entschließung von wesentlicher Bedeutung sind oder sein können, insbesondere über Tatsachen , die den Vertragszweck vereiteln können (BGHZ 79, 337, 344; Sen.Urt. v. 10. Oktober 1994 - II ZR 95/93 aaO, S. 2193; Sen.Urt. v. 29. Mai 2000 - II ZR 280/98, NJW 2000, 3346). Danach sind Angaben erforderlich über den Gründungsgesellschaftern gewährte Sondervorteile (Sen.Urt. v. 10. Oktober
1994 aaO, S. 2193) sowie wesentliche kapitalmäßige oder personelle Ver- flechtungen zwischen den Gesellschaftern und den an dem Projekt beteiligten Unternehmen (Sen.Urt. v. 10. Oktober 1994 aaO).

a) Nach diesen Grundsätzen war der Beklagte verpflichtet, beitretende Gesellschafter darauf hinzuweisen, daß durch die Zwischenschaltung der I. GmbH, an der er zum damaligen Zeitpunkt noch beteiligt war, bei dieser ein Gewinn von 1 Mio. DM innerhalb weniger Wochen anfiel. Die Auffassung des Berufungsgerichts, eine Informationsverpflichtung des Klägers habe deswegen nicht bestanden, weil zum Zeitpunkt der Anlageentscheidung des Klägers die Aufwendungen zu Lasten der D. KG bereits getätigt gewesen seien, ist von Rechtsirrtum beeinflußt. Die Gefahr für das Scheitern eines Anlageprojektes bereits in der Anfangsphase infolge derartiger vorgeschalteter Kosten besteht unabhängig davon, ob sie vor oder nach einem Beitritt des Anlegers entstanden sind. Entscheidend ist, daß mit der vorgezogenen Realisierung von Gewinnen das Schicksal der Beteiligungsgesellschaft aus der Sicht der Gründungsgesellschafter nicht mehr erheblich sein muß.
Aus denselben Gründen war der Kläger auch hinsichtlich der an die B. S. GmbH entrichteten Maklercourtage darauf hinzuweisen, daß der Beklagte hierdurch Sondervorteile erhalten hatte. Die Ansicht des Berufungsgerichts , der Kläger sei deswegen nicht schutzwürdig, weil ein Anspruch der B. S. GmbH auf Maklercourtage nicht gegeben gewesen sei, ist zudem rechtsfehlerhaft (vgl. hierzu auch BGH, Urt. v. 6. Februar 2003 - III ZR 287/02). Außerdem hängt die Gefahr eines Mißerfolges des Beteiligungsprojektes von den tatsächlich getätigten Aufwendungen ab - unabhängig davon, ob möglicherweise irgendwelche Rückforderungsansprüche bestehen, und soweit überhaupt ein Wille der Geschäftsführung zur Geltendmachung vor-
handen ist. Die Revision weist im übrigen mit Recht darauf hin, daß die Auffassung des Berufungsgerichts zu dem merkwürdigen und rechtlich falschen Ergebnis führen würde, daß zwar über rechtmäßig vereinbarte Sondervorteile informiert werden müßte, nicht aber über unrechtmäßig erhaltene Zahlungen.

b) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ergibt sich keine andere Betrachtungsweise aus dem Umstand, daß es sich bei der D. KG um einen kleinen Kreis von Investoren handelte, der sich überwiegend aus früheren Projekten kannte, und bei dem "gewisse persönliche Verflechtungen keinesfalls verwunderlich erscheinen" mußten. Vielmehr erlangt gerade für derartige Gesellschaften die Aufklärungsverpflichtung gegenüber solchen Anlageinteressenten besondere Bedeutung, welche nicht in persönlichen "Verflechtungen" mit Gründungsgesellschaftern und Initiatoren des Projektes stehen, um einer ansonsten jederzeit möglichen Übervorteilung entgegenzuwirken. Die in diesem Zusammenhang weiter geäußerte Ansicht des Berufungsgerichts, der Kläger hätte auch bei Kenntnis dieser Umstände zum Anlagezeitpunkt keine andere Entscheidung getroffen, entbehrt der notwendigen Tatsachenfeststellungen und erweist sich damit als reine Spekulation. - Auch aus der persönlichen Bekanntschaft des Klägers mit dem verstorbenen Notar Dr. M. ergibt sich nichts dafür, daß - unabhängig von dessen Verschwiegenheitsverpflichtung - mögliche Kenntnisse des Notars dem Kläger zuzurechnen wären.
III. Nach alledem hat das Berufungsurteil keinen Bestand.
Der Senat kann jedoch in der Sache nicht entscheiden, da bislang offengeblieben ist, ob dem Kläger überhaupt der behauptete Schaden entstanden ist, was dann zu verneinen wäre, wenn er die Beteiligung nur als Treuhänder für
den Notar Dr. M. gehalten hätte. Sofern allerdings durch den zwischenzeitlichen Tod des Notars die Parteien in Beweisnot kommen sollten, wird Berücksichtigung finden müssen, daß der Beklagte als Geschäftsführer der D. GmbH eine Zeugenvernehmung des Dr. M. dadurch vereitelte, daß er ihn nicht von der notariellen Schweigepflicht entband, obgleich er diese Erklärung in seiner Eigenschaft als Geschäftsführer hätte abgeben können.
Röhricht Dr. Hesselberger ist wegen Kraemer Erkrankung an der Unterschrift gehindert Röhricht Münke Graf
23
aa) Die Aufklärung über die Rückvergütung ist notwendig, um dem Kunden einen insofern bestehenden Interessenkonflikt der Bank (§ 31 Abs. 1 Nr. 2 WpHG) offen zu legen. Erst durch die Aufklärung wird der Kunde in die Lage versetzt, das Umsatzinteresse der Bank selbst einzuschätzen (vgl. Assmann/Schneider/Koller, WpHG 4. Aufl. § 31 Rdn. 74; a.A. Schwark, Kapitalmarktrechts-Kommentar 3. Aufl. § 31 WpHG Rdn. 27) und zu beurteilen, ob die Bank ihm einen bestimmten Titel nur deswegen empfiehlt, weil sie selbst daran verdient. Nach der Rechtsprechung des Senats (BGHZ 146, 235, 239) hat eine Bank, die einem Vermögensverwalter Provisionen und Depotgebühren rückvergütet, ihren Kunden vor Abschluss der vom Vermögensverwalter initiierten Effektengeschäfte darauf hinzuweisen, dass sie dadurch eine Gefährdung der Kundeninteressen durch den Vermögensverwalter geschaffen hat. Diese Rechtsprechung ist auch auf den vorliegenden Fall zu übertragen. Wenn eine Bank einen Kunden ohne Zwischenschaltung eines Vermögensverwalters berät, Anlageempfehlungen abgibt und dabei an den empfohlenen Fonds durch Rückvergütungen verdient, sind die Kundeninteressen durch die von der Bank erhaltenen Rückvergütungen gefährdet. Es besteht die konkrete Gefahr, dass die Bank Anlageempfehlungen nicht allein im Kundeninteresse nach den Kriterien anleger- und objektgerechter Beratung abgibt, sondern zumindest auch in ihrem eigenen Interesse, möglichst hohe Rückvergütungen zu erhalten. Dabei spielt es entgegen der Ansicht der Beklagten keine Rolle, ob die Rückvergütungen einem bestimmten Geschäft unmittelbar zugeordnet werden oder in gewissen Zeitabständen gezahlt werden. Wesentlich ist nur, dass die Rückvergütungen umsatzabhängig sind.
12
Zutreffend (1) ist die Ansicht der Beschwerdebegründung, dass das genannte Senatsurteil (BGHZ 170, 226, 234 f. Tz. 23) auch auf den Vertrieb von Medienfonds durch eine Bank anwendbar ist. Bei der Offenlegung von Rückvergütungen geht es um die Frage, ob eine Gefährdungssituation für den Kunden geschaffen wird. Deshalb ist es geboten, den Kunden über etwaige Rückvergütungen aufzuklären und zwar unabhängig von der Rückvergütungshöhe. Dabei macht es keinen Unterschied , ob der Berater Aktienfonds oder Medienfonds vertreibt. Der aufklärungspflichtige Interessenkonflikt ist in beiden Fällen gleich. Der Senat hat zwar § 31 Abs. 1 Nr. 2 WpHG a.F. im Zusammenhang mit der Pflicht zur Vermeidung eines Interessenkonflikts angeführt (BGHZ 170, 226, 234 Tz. 23), seine Ausführungen zum Interessenkonflikt aber nicht auf den Anwendungsbereich des WpHG beschränkt. In § 31 Abs. 1 Nr. 2 WpHG a.F. ist lediglich der auch zivilrechtlich allgemein anerkannte Grundsatz der Vermeidung von vertragswidrigen Interessenkonflikten aufsichtsrechtlich für den Bereich des Wertpapierhandels normiert worden (vgl. KK-WpHG/Möllers § 31 Rdn. 23 m.w.Nachw.; auch Palandt/ Sprau, BGB 68. Aufl. § 654 Rdn. 4).

Ein Gesellschafter hat bei der Erfüllung der ihm obliegenden Verpflichtungen nur für diejenige Sorgfalt einzustehen, welche er in eigenen Angelegenheiten anzuwenden pflegt.

(1) Insoweit die Revision für begründet erachtet wird, ist das angefochtene Urteil aufzuheben.

(2) Wird das Urteil wegen eines Mangels des Verfahrens aufgehoben, so ist zugleich das Verfahren insoweit aufzuheben, als es durch den Mangel betroffen wird.

(1) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts erfolgen.

(2) Das Berufungsgericht hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde gelegt ist, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(3) Das Revisionsgericht hat jedoch in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Aufhebung des Urteils nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist.

(4) Kommt im Fall des Absatzes 3 für die in der Sache selbst zu erlassende Entscheidung die Anwendbarkeit von Gesetzen, auf deren Verletzung die Revision nach § 545 nicht gestützt werden kann, in Frage, so kann die Sache zur Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
II ZR 277/09 Verkündet am:
20. September 2011
Vondrasek
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Vor dem Abschluss eines Unterbeteiligungsvertrages zu Anlagezwecken ist der Vertragspartner
des Kapitalanlegers nur unter besonderen Voraussetzungen verpflichtet,
diesen über die Zahlung von Vertriebsprovisionen aufzuklären, die er an einen zugleich
für den Anleger beratend tätigen Anlagevermittler leistet.
BGH, Urteil vom 20. September 2011 - II ZR 277/09 - OLG München
LG München I
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 7. Juni 2011 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Bergmann, die
Richterin Caliebe und die Richter Dr. Drescher, Born und Sunder

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 19. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 28. September 2009 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Beklagte, eine Privatbank, beteiligte sich im Jahr 2000 mit einem An- teil von rund 8,5 Mio. € an der Fondsgesellschaft „W. V. II GmbH & Co. KG“. Sie räumte der Klägerin durch Vertrag vom 30. März/ 24. Mai 2000 eine Unterbeteiligung in Höhe von 100.000 € ein. Zu diesem Zweck vereinbarten die Parteien in § 1 des Vertrags eine Innengesellschaft bürgerlichen Rechts; die Klägerin erwarb keine Mitberechtigung an der Hauptbeteiligung , sondern nur schuldrechtliche Ansprüche aus dem Vertrag mit der Beklagten. In § 3 des Vertrags verpflichtete sich die Klägerin, zuzüglich zu der Einlage in Höhe von 100.000 € ein Agio in Höhe von 5 % zu leisten, das der Aufbringung des Agios für die Hauptbeteiligung dienen sollte.
2
Die Unterbeteiligung der Klägerin war auf Empfehlung des Grafen S. zustande gekommen, der die Klägerin seinerzeit in Geldanlagen beriet und der zugleich Geschäftsbeziehungen zu der Beklagten unterhielt. Graf S. stand auch mit weiteren Anlegerinnen in Verbindung, die bei der Beklagten eine Unterbeteiligung an dem genannten Fonds erwarben. Am 31. März 2000 überwies ihm die Beklagte 40.000,01 DM (20.451,68 €) als „Bonifikation bezüglich Ihrer Vermittlungstätigkeit V. II Zeichnungen“. Hierüber klärte sie die Klägerin nicht auf.
3
Die Klägerin überließ Graf S. den Beteiligungsbetrag zuzüglich Agio in Höhe von insgesamt 105.000 € zur Weiterleitung an die Beklagte. Die Beklagte forderte den Betrag, wie in § 3 des Unterbeteiligungsvertrages optional vorgesehen, erst nach und nach in Teilbeträgen ein, wobei sie ihre Kapitalabrufe an Graf S. richtete, ohne die Klägerin darüber zu informieren. Graf S. kam den Kapitalabrufen nur teilweise nach. Am 16. November 2004 beging er Selbstmord. Der Insolvenzverwalter über seinen Nachlass zahlte am 3. Sep- tember 2007 an die Klägerin 11.355,74 €.
4
Das Landgericht hat der Klägerin Schadensersatz in Höhe des Anlagebetrages samt Agio abzüglich der geleisteten Zahlung Zug um Zug gegen Rückübertragung der Ansprüche aus der Unterbeteiligung sowie außergerichtliche Rechtsverfolgungskosten zugesprochen. Die Berufung der Beklagten ist ohne Erfolg geblieben. Dagegen richtet sich die vom erkennenden Senat zugelassene Revision der Beklagten, mit der sie ihren Klageabweisungsantrag weiterverfolgt.

Entscheidungsgründe:

5
Die Revision der Beklagten hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
6
I. Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet:
7
Der Klägerin stehe gegen die Beklagte ein auf Rückabwicklung der Unterbeteiligung gerichteter Schadensersatzanspruch nach den Grundsätzen der culpa in contrahendo zu, weil die Beklagte sie nicht vor Vertragsschluss auf die mit Graf S. bestehende Provisionsvereinbarung hingewiesen habe. Nach Beweisaufnahme bestehe kein Zweifel daran, dass die Beklagte dem Grafen S. noch vor dem Vertragsabschluss mit der Klägerin eine Provision für die Vermittlung von Unterbeteiligungen versprochen und in Höhe von 2 % der Beteiligungssumme gezahlt habe. Durch die Provisionsvereinbarung habe die Beklagte das Interesse der Klägerin an einer neutralen und sachgerechten Beratung gefährdet; darüber hätte sie die Klägerin aufklären müssen. Die Aufklärungspflicht bestehe unabhängig davon, ob Graf S. als Vermögensverwalter oder als Anlageberater der Klägerin aufgetreten sei. Die Pflichtverletzung der Beklagten sei auch schuldhaft und für den Schaden der Klägerin ursächlich gewesen. Die Klägerin, der die Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens zu Gute komme, sei so zu stellen, als wäre sie die streitgegenständliche Unterbeteiligung nicht eingegangen.
8
II. Diese Beurteilung hält rechtlicher Überprüfung nicht in allen Punkten stand. Die bisherigen Feststellungen des Berufungsgerichts bieten keine tragfähige Grundlage für die Annahme eines vorvertraglichen Aufklärungsverschuldens der Beklagten.
9
1. Die Feststellung des Berufungsgerichts, die Beklagte habe Graf S. für die Vermittlung der Unterbeteiligung eine Provision versprochen, lässt allerdings keinen revisionsrechtlich relevanten Fehler erkennen; sie wird von der Revision auch nicht angegriffen.
10
2. Rechtsfehlerhaft hat das Berufungsgericht seiner Entscheidung die Annahme zugrunde gelegt, der Vertragspartner des Anlegers (hier: die Beklagte ) habe diesen grundsätzlich über Provisionszahlungen aufzuklären, die er dem Vermögensverwalter oder Anlageberater des Anlegers gewährt.
11
a) Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass zwischen den Parteien mit dem Abschluss des Unterbeteiligungsvertrags eine Innengesellschaft des Bürgerlichen Rechts zustande gekommen ist, an der sich die Klägerin zu Anlagezwecken beteiligt hat. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann der Vertragspartner des Anlegers diesem wegen Verschuldens beim Abschluss des mit ihm geschlossenen Gesellschaftsvertrags zum Schadenersatz verpflichtet sein, wenn er den Anleger bei der Vertragsanbahnung nicht über alle für seine Anlageentscheidung wesentlichen Umstände zutreffend, verständlich und vollständig aufklärt (vgl. BGH, Urteil vom 19. Juli 2004 - II ZR 354/02, ZIP 2004, 1706, 1707 f.; Urteil vom 29. November 2004 - II ZR 6/03, ZIP 2005, 254, 256; Urteil vom 21. März 2005 - II ZR 140/03, ZIP 2005, 753, 757; Urteil vom 21. März 2005 - II ZR 310/03, ZIP 2005, 759, 760 f.). Diese Aufklärungspflicht trifft den Vertragspartner des Anlegers unabhängig davon, ob der Gesellschaftsvertrag unter Verwendung eines Prospekts angebahnt wird (vgl. BGH, Urteil vom 2. Juni 2008 - II ZR 210/06, BGHZ 177, 25 Rn. 11). Die Klägerin macht allerdings, soweit sie beanstandet, dass die Beklagte die an Graf S. gezahlte Provision verschwiegen habe, keinen Aufklärungsmangel geltend, der die Umstände der Hauptbeteiligung betrifft. Daher musste sich das Berufungsgericht auch nicht näher damit befassen, dass der Klägerin nach § 1 Nr. 3 des Unterbeteiligungsvertrages der Zeichnungsprospekt der Hauptgesellschaft mit weiteren Unterlagen übergeben und erläutert worden sein soll.
12
b) Der Vertragspartner des Anlegers ist jedoch grundsätzlich nicht verpflichtet , diesen vor Vertragsabschluss über die Zahlung von Vertriebsprovisionen aufzuklären, die er an einen (zugleich für den Anleger beratend tätigen) Anlagevermittler leistet (vgl. BGH, Urteil vom 14. März 2003 - V ZR 308/02, ZIP 2003, 1355, 1356; Urteil vom 21. September 2010 - XI ZR 232/09, ZIP 2010, 2140 Rn. 19 f.; s.a. Urteil vom 15. April 2010 - III ZR 196/09, BGHZ 185, 185 Rn. 11 ff.). Zwar besteht selbst bei Vertragsverhandlungen, in denen die Parteien entgegengesetzte Interessen verfolgen, die Pflicht, den anderen Teil über solche Umstände aufzuklären, die den von ihm verfolgten Vertragszweck vereiteln können und daher für seinen Entschluss von wesentlicher Bedeutung sind, sofern er die Mitteilung nach der Verkehrsauffassung erwarten durfte (BGH, Urteil vom 4. April 2001 - VIII ZR 32/00, ZIP 2001, 918, 920; Urteil vom 14. März 2003 - V ZR 308/02, ZIP 2003, 1355, 1357). Diese allgemeinen Voraussetzungen einer vorvertraglichen Aufklärungspflicht sind aber nicht schon dann erfüllt, wenn der eine Verhandlungspartner dem (auch für den anderen Teil tätigen) Vermittler des Geschäfts eine Provision zahlt.
13
aa) Nur unter besonderen Voraussetzungen hat der Vertragspartner des Anlegers diesem gegenüber die an einen Vermittler gezahlte Vertriebsprovision offenzulegen. Der Bundesgerichtshof hat eine solche Offenbarungspflicht für den Fall bejaht, dass eine Bank den Vermögensverwalter eines Kunden an ihren Provisionen und Depotgebühren beteiligt (BGH, Urteil vom 19. Dezember 2000 - XI ZR 349/99, BGHZ 146, 235, 239). Durch die Vereinbarung, dem Vermögensverwalter einen Teil der Provisionen und Depotgebühren zu vergüten, die sie künftig von Kunden erhalte, die er ihr zuführe, schaffe die Bank nämlich für ihn einen Anreiz, sowohl bei der Auswahl der Bankverbindung als auch hinsichtlich der Anzahl und des Umfangs der Geschäfte nicht allein das Interesse des Kunden, sondern auch das eigene Interesse an möglichst umfangreichen Vergütungen der Bank zu berücksichtigen (BGH, aaO). An einer vergleichbaren Interessengefährdung und damit an der Grundlage für die Annahme einer Aufklärungspflicht fehlt es jedoch, wenn zwischen dem Anleger und dem Provisionsempfänger kein Vertragsverhältnis besteht, aufgrund dessen der Provisionsempfänger ähnlich einem Vermögensverwalter die Wahrnehmung der Interessen des Anlegers - insbesondere als Hauptleistungspflicht - schuldet (vgl. BGH, Urteil vom 14. März 2003 - V ZR 308/02, ZIP 2003, 1355, 1356; Urteil vom 21. September 2010 - XI ZR 232/09, ZIP 2010, 2140 Rn. 20).
14
bb) Danach kommt eine Pflicht des Vertragspartners des Anlegers, die Bezahlung einer Vertriebsprovision zu offenbaren, lediglich dann in Betracht, wenn der Provisionsempfänger ähnlich einem Vermögensverwalter verpflichtet ist, die Interessen des Anlegers wahrzunehmen und wenn infolgedessen durch die Provisionsvereinbarung das Interesse des Anlegers an einer sachgerechten , durch eigene Erwerbsinteressen seines Vermögensverwalters oder Beraters unbeeinflussten Anlageempfehlung erheblich gefährdet wird. Eine solche Aufklärungspflicht setzt weiter voraus, dass der Anleger die durch die Provisionsvereinbarung bedingte Gefährdung seiner Interessen ohne zutreffende Aufklärung nicht erkennen würde. Erforderlich ist außerdem, dass die Aufklärungsbedürftigkeit des Anlegers einschließlich der sie begründenden Vertragsbeziehung zu dem Provisionsempfänger für den Vertragspartner des Anlegers ersichtlich ist.
15
c) Das Berufungsgericht hat die für die Annahme einer Aufklärungspflichtverletzung der Beklagten erforderlichen Feststellungen nicht getroffen.
16
aa) Das Berufungsgericht durfte sich schon im Rahmen der Prüfung, ob zwischen Graf S. und der Klägerin ein Vertragsverhältnis bestand, das als Grundlage für eine Aufklärungspflicht der Beklagten über die Provisionszahlung an Graf S. in Betracht kam, nicht darauf beschränken, offen zu lassen, ob Graf S. als Vermögensverwalter der Klägerin oder als deren Anlageberater tätig geworden ist, ohne nähere Feststellungen zum konkreten Inhalt der Rechtsbeziehung zwischen der Klägerin und dem Grafen S. zu treffen. Der Auffassung des Berufungsgerichts, der Anlageberater habe (als solcher) seine Vertragspflichten „neutral“, nämlich anleger- und objektgerecht zu erfüllen und dürfe sich dabei nicht von eigenen finanziellen Interessen leiten lassen, und dem vom Berufungsgericht darauf gestützten Schluss, dass schon aus diesem Grund eine Aufklärungspflicht der Beklagten auch dann bestanden habe, wenn Graf S. als Anlageberater für die Klägerin tätig geworden sei, kann aus Rechtsgründen nicht gefolgt werden. Die bloße - nicht näher konkretisierte - Annahme, der Provisionsempfänger sei (möglicherweise) als Anlageberater für den Anleger tätig geworden, reicht für die Feststellung eines eine Aufklärungspflicht des die Provision zahlenden Vertragspartners des Anlegers begründenden Vertragsverhältnisses zwischen dem Anleger und dem Provisionsempfänger nicht aus. Dem allein lässt sich nicht entnehmen, dass der Provisionsempfänger ähnlich einem Vermögensverwalter verpflichtet war, die Interessen des Anlegers so wahrzunehmen, dass durch die Provisionsvereinbarung das Interesse des Anlegers an einer sachgerechten, durch eigene Erwerbsinteressen seines Beraters unbeeinflussten Anlageempfehlung erheblich gefährdet war.
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bb) Wie der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs - nach Erlass des Berufungsurteils - entschieden hat, besteht für einen nicht bankmäßig gebundenen , freien Anlageberater - soweit nicht § 31d des Wertpapierhandelsgesetzes eingreift - jedenfalls dann keine Verpflichtung gegenüber seinem Kunden, ungefragt über eine von ihm bei der empfohlenen Anlage erwartete Provision aufzu- klären, wenn der Kunde selbst keine Provision an den Berater zahlt und offen ein Agio oder Kosten für die Eigenkapitalbeschaffung ausgewiesen werden, aus denen ihrerseits die Vertriebsprovisionen aufgebracht werden (BGH, Urteil vom 15. April 2010 - III ZR 196/09, BGHZ 185, 185; Urteil vom 3. März 2011 - III ZR 170/10, ZIP 2011, 607; s.a. BGH, Beschluss vom 9. März 2011 - XI ZR 191/10, ZIP 2011, 855 Rn. 28 ff.). Maßgebend hierfür ist die Erwägung, dass es für einen Anleger, der sich durch einen freien Anlageberater beraten lässt und diesem selbst keinerlei Entgelt oder Provision zahlt, regelmäßig auf der Hand liegt, dass der Anlageberater von der kapitalsuchenden Anlagegesellschaft (gegebenenfalls vermittelt über einen Hauptvertriebsbeauftragten) Vertriebsprovisionen erhält, die jedenfalls wirtschaftlich betrachtet dem vom Anleger an die Anlagegesellschaft gezahlten Betrag entnommen werden.
18
cc) Schon aus diesem Grunde genügte entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts die Annahme, Graf S. sei (jedenfalls) als Anlageberater der Klägerin tätig geworden, nicht. Soweit das Berufungsgericht beiläufig auch darauf abstellt, dass Graf S. tatsächlich als von der Klägerin vergüteter Anlageberater tätig geworden sein könne, führt dies zu keiner anderen Beurteilung. Für welche konkreten Leistungen Graf S. etwaige Vergütungen von der Klägerin, für die er nach den tatbestandlichen Feststellungen des Berufungsgerichts zum damaligen Zeitpunkt in Geldanlagen beratend tätig war, erhalten hat, lässt sich dem Berufungsurteil nicht entnehmen. Es kann daher hier offen bleiben, unter welchen Voraussetzungen der Umstand, dass der Provisionsempfänger (hier: Graf S. ) auch von dem Anleger eine Vergütung erhält, eine Aufklärungspflicht des Vertragspartners des Anlegers (hier: der Beklagten) über die von ihm gezahlte Provision begründet oder zu deren Begründung zumindest beitragen kann.
19
III. Die Entscheidung des Berufungsgerichts stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO).
20
Anders als die Revisionserwiderung meint, kann eine vorvertragliche Pflichtverletzung der Beklagten nicht ohne weiteres daraus hergeleitet werden, dass einer Provisionszahlung an Graf S. die Regelung in § 3 Nr. 1 Satz 2 des Unterbeteiligungsvertrages entgegengestanden habe, nach der das Agio der Aufbringung des Agios für die Hauptbeteiligung dienen sollte. Diese Vertragsbestimmung lässt die Möglichkeit offen, dass aus dem Agio für die Hauptbeteiligung Vertriebsprovisionen gezahlt und von der Beklagten gegebenenfalls (anteilig) weitergereicht werden. Nach § 1 Nr. 4 Satz 2 des Unterbeteiligungsvertrags war die Beklagte zwar verpflichtet, alle Vorteile unverzüglich an die Klägerin weiterzureichen. Hiervon wurde aber „die von der Beklagten berechtigterweise vereinnahmte Platzierungsprovision“ ausgenommen, deren Höhe un- genannt blieb. Daraus konnte die Klägerin entnehmen, dass die Beklagte nicht provisionsfrei tätig wurde und dass auch eine Bezahlung von Unterprovisionen in Betracht kam.
21
IV. Die Sache ist entgegen der Ansicht der Revision nicht im Sinne der Beklagten entscheidungsreif.
22
1. Sollte die Beklagte verpflichtet gewesen sein, die Klägerin über die Provisionsvereinbarung mit Graf S. aufzuklären, so könnte sie sich nicht auf einen unvermeidbaren Rechtsirrtum berufen. Die Beklagte musste eine aufgrund ihrer Beteiligung an der Provisionsvereinbarung mit Graf S. möglicherweise bestehende Verpflichtung zur Aufklärung der Klägerin in Betracht ziehen.
23
2. Ein Verschulden der Beklagten kann auch nicht mit der Begründung verneint werden, die Beklagte habe gemäß § 708 BGB nur für diejenige Sorgfalt einstehen müssen, die sie in eigenen Angelegenheiten anzuwenden pflegt. Die Haftungsmilderung nach § 708 BGB gilt im vorvertraglichen Stadium jedenfalls dann nicht, wenn die Pflichtverletzung in einer Fehlinformation oder einer Aufklärungspflichtverletzung besteht, die den Geschädigten zum Abschluss des Gesellschaftsvertrages erst bewogen hat (vgl. Staudinger/Habermeier, BGB, Neubearb. 2003, § 708 Rn. 2; MünchKommBGB/Emmerich, 5. Aufl., § 311 Rn. 282; Palandt/Sprau, BGB, 70. Aufl., § 708 Rn. 2).
24
V. Das Berufungsurteil ist danach aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Die Sache ist zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO), damit es die zur Beurteilung einer möglichen Aufklärungspflichtverletzung der Beklagten erforderlichen Feststellungen treffen kann.
25
Sollte das Berufungsgericht in der wiedereröffneten Berufungsverhandlung erneut zu dem Ergebnis gelangen, dass die Beklagte der Klägerin wegen Verletzung einer vorvertraglichen Aufklärungspflicht zum Schadensersatz verpflichtet ist, wird es hinsichtlich der Höhe des Schadens folgendes zu beachten haben:
26
1. Grundsätzlich ist der Schadensersatzanspruch eines unzutreffend oder unzureichend informierten Anlegers aus Verschulden bei Vertragsschluss umfassend darauf gerichtet, so gestellt zu werden, als hätte er die Anlageentscheidung nicht getroffen. Geschützt wird das Recht des Anlegers, in freier Willensentscheidung zutreffend informiert unter Abwägung der bestehenden Chancen und Risiken über die Verwendung seines Vermögens selbst zu bestimmen. Auf einen Schaden im Sinne fehlender Werthaltigkeit der Beteiligung kommt es nicht an. Der Anleger kann grundsätzlich Befreiung von dem abgeschlossenen Vertrag und Ersatz seiner im Zusammenhang mit dem Vertrag stehenden Aufwendungen verlangen (BGH, Urteil vom 5. Juli 1993 - II ZR 194/92, BGHZ 123, 106, 111 ff.; Urteil vom 31. Mai 2010 - II ZR 30/09, ZIP 2010, 1397, Rn. 19).
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Aus diesen Grundsätzen folgt jedoch nicht, dass der Schadensersatzanspruch des Anlegers auch den Ausgleich von Nachteilen umfasst, die der Anleger erleidet, weil schon der Versuch, den Anlagebetrag dem Partner des Anlagegeschäfts zur Verfügung zu stellen, (teilweise) fehlschlägt. Das Recht des Anlegers, zutreffend informiert in freier Willensentscheidung über die Verwendung seines Vermögens bestimmen zu können, wird durch die Investition in eine Kapitalanlage beeinträchtigt, für die er sich bei zutreffender Information nicht entschieden hätte. Der Schutzzweck der Aufklärungspflicht umfasst nicht den Ersatz von Verlusten, die zwar aus Anlass des Anlagegeschäfts, aber unabhängig von seinem Inhalt und Gegenstand im Zuge des Geldtransfers eintreten und auf Umstände zurückzuführen sind, die - wie die Untreuehandlungen eines von dem Anleger beauftragten Geldübermittlers - der Sphäre des Anlegers zuzuordnen sind.
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2. Nach der für Schadensersatzansprüche aller Art anerkannten Schutzzwecklehre besteht eine Schadensersatzpflicht nur dann, wenn der geltend gemachte Schaden nach Art und Entstehungsweise unter den Schutzzweck der verletzten Norm oder Pflicht fällt. Zu ersetzen sind lediglich die Schäden, die aus dem Bereich der Gefahren stammen, vor denen die betreffende Verhaltenspflicht schützen soll (BGH, Urteil vom 22. April 1958 - VI ZR 65/57, BGHZ 27, 137, 143; Urteil vom 6. Mai 1999 - III ZR 89/97, NJW 1999, 3203, 3204; Urteil vom 6. Juni 2002 - III ZR 206/01, ZIP 2002, 1453, 1454; Urteil vom 11. Januar 2005 - X ZR 163/02, NJW 2005, 1420, 1421 f.; Staudinger/ Schiemann, BGB, Neubearb. 2005, § 249 Rn. 27; MünchKomm/Oetker, BGB, 5. Aufl., § 249 Rn. 118; Palandt/Grüneberg, BGB, 70. Aufl., vor § 249 Rn. 29).
Dies gilt auch dann, wenn der Schaden letztlich durch das vorsätzliche Fehlverhalten eines Dritten herbeigeführt wurde (vgl. BGH, Urteil vom 3. Oktober 1978 - VI ZR 253/77, NJW 1979, 712 f.; Urteil vom 26. Januar 1989 - III ZR 192/87, BGHZ 106, 313, 316 f.; Erman/Ebert, BGB, 12. Aufl., vor § 249 Rn. 59; Palandt/Grüneberg, BGB, 70. Aufl., vor § 249 Rn. 49; s.a. Staudinger/ Schiemann, BGB, Neubearb. 2005, § 249 Rn. 61; MünchKomm/Oetker, BGB, 5. Aufl., § 249 Rn. 152). Der Nachteil muss zu der vom Schädiger geschaffenen Gefahrenlage in einem inneren Zusammenhang stehen, eine bloß zufällige äußere Verbindung genügt nicht (BGH, Urteil vom 14. März 1985 - IX ZR 26/84, ZIP 1985, 1143, 1148).
29
Die Pflicht, über eine Provisionsvereinbarung aufzuklären, dient zwar auch dazu, dem Anleger wegen seines Interesses am Erfolg des in Aussicht genommenen Anlagegeschäfts Informationen über die Vertrauenswürdigkeit seines Beraters im Hinblick auf die Qualität der Anlageempfehlung zu vermitteln (vgl. zu diesem Gesichtspunkt BGH, Urteil vom 19. Dezember 2000 - XI ZR 349/99, BGHZ 146, 235, 240). Ein Schaden, der dem Anleger durch die Veruntreuung der dem Berater zu Anlagezwecken anvertrauten Gelder entsteht , stammt jedoch nicht aus dem Bereich der Gefahren, vor denen die Pflicht zur Aufklärung über eine Provisionszahlung schützen soll.
Bergmann Caliebe Drescher Born Sunder
Vorinstanzen:
LG München I, Entscheidung vom 20.10.2008 - 27 O 16345/06 -
OLG München, Entscheidung vom 28.09.2009 - 19 U 5072/08 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
II ZR 11/10 Verkündet am:
20. September 2011
Vondrasek
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 7. Juni 2011 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Bergmann, die Richterin
Caliebe und die Richter Dr. Drescher, Born und Sunder

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 5. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 15. Dezember 2009 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil der Beklagten entschieden worden ist. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Beklagte, eine Privatbank, beteiligte sich im Jahr 2000 mit einem Anteil von rund 8,5 Mio. € an der Fondsgesellschaft „W. V. II GmbH & Co. KG“. Sie räumte der Klägerin durch Vertrag vom 30. März/ 29. Juni 2000 eine Unterbeteiligung in Höhe von 150.000 € ein. Zu diesem Zweck vereinbarten die Parteien in § 1 des Vertrags eine Innengesellschaft bürgerlichen Rechts; die Klägerin erwarb keine Mitberechtigung an der Haupt- beteiligung, sondern nur schuldrechtliche Ansprüche aus dem Vertrag mit der Beklagten. In § 3 des Vertrags verpflichtete sich die Klägerin, zuzüglich zu der Einlage in Höhe von 150.000 € ein Agio in Höhe von 5 % zu leisten, das der Aufbringung des Agios für die Hauptbeteiligung dienen sollte.
2
Die Unterbeteiligung der Klägerin war auf Empfehlung des Grafen S. zustande gekommen, der die Klägerin seinerzeit in Geldanlagen beriet und der zugleich Geschäftsbeziehungen zu der Beklagten unterhielt. Graf S. stand auch mit weiteren Anlegerinnen in Verbindung, die bei der Beklagten eine Unterbeteiligung an dem genannten Fonds erwarben. Am 31. März 2000 überwies ihm die Beklagte 40.000,01 DM (20.451,68 €) als „Bonifikation bezüglich Ihrer Vermittlungstätigkeit V. II Zeichnungen“. Hierüber klärte sie die Klägerin nicht auf.
3
Die Klägerin überließ Graf S. den Beteiligungsbetrag zuzüglich Agio in Höhe von insgesamt 157.500 € zur Weiterleitung an die Beklagte. Die Beklagte forderte den Betrag, wie in § 3 des Unterbeteiligungsvertrages optional vorgesehen, erst nach und nach in Teilbeträgen ein, wobei sie ihre Kapitalabrufe an Graf S. richtete, ohne die Klägerin darüber zu informieren. Graf S. kam den Kapitalabrufen nicht vollständig nach. Am 16. November 2004 beging er Selbstmord. Der Insolvenzverwalter über seinen Nachlass zahlte am 3. September 2007 an die Klägerin 3.147,51 €.
4
Die Klägerin hat - unter anderem - den Ersatz des Anlagebetrages nebst Agio abzüglich der geleisteten Zahlung sowie die Erstattung auf dieses Begehren entfallender vorgerichtlicher Rechtsverfolgungskosten beansprucht. Das Landgericht hat die Klage in diesem Umfang abgewiesen. Das Berufungsgericht hat die Beklagte unter Zurückweisung der weitergehenden, auf unbedingte Zahlung gerichteten, Berufung der Klägerin zur Zahlung des geltend gemachten Schadensersatzbetrages Zug um Zug gegen Verzicht auf sämtliche Rechte aus der Unterbeteiligung sowie zur Erstattung der vorgerichtlichen Kosten verurteilt. Dagegen richtet sich die - vom erkennenden Senat zugelassene - Revision der Beklagten.

Entscheidungsgründe:

5
Die Revision hat im Umfang der Anfechtung Erfolg und führt insoweit zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
6
I. Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet:
7
Der Klägerin stehe gegen die Beklagte ein auf Rückabwicklung des Unterbeteiligungsvertrages gerichteter Schadensersatzanspruch aus Verletzung einer vorvertraglichen Offenbarungspflicht (culpa in contrahendo) zu, weil die Beklagte sie nicht vor Vertragsschluss auf die mit Graf S. bestehende Provisionsvereinbarung hingewiesen habe. Aus den Umständen ergebe sich, auch unter Berücksichtigung der erstinstanzlichen Beweisaufnahme, zweifelsfrei, dass die Beklagte an Graf S. eine Provision von 2 % des Anlagekapitals gezahlt und nicht etwa eine teilweise Rückerstattung des Agio vorgenommen habe. Durch die Provisionsvereinbarung sei das Interesse der Klägerin an einer allein an ihren Anlagezielen ausgerichteten Beratung gefährdet worden; hierüber hätte die Beklagte die Klägerin aufklären müssen. Für die Beklagte sei erkennbar gewesen, dass Graf S. mindestens als Anlageberater, wenn nicht als Vermögensverwalter der Klägerin tätig gewesen sei. Die Pflichtverletzung der Beklagten sei auch schuldhaft und für die Anlageentscheidung der Klägerin ursächlich gewesen. Der Klägerin sei der so genannte Zeichnungsschaden zu ersetzen, der die Rückgewähr der Einlage samt Agio abzüglich der durch den Nachlassinsolvenzverwalter geleisteten Zahlung umfasse.
8
II. Diese Beurteilung hält rechtlicher Überprüfung nicht in allen Punkten stand. Die bisherigen Feststellungen des Berufungsgerichts bieten keine tragfähige Grundlage für die Annahme eines vorvertraglichen Aufklärungsverschuldens der Beklagten.
9
1. Die Feststellung des Berufungsgerichts, die Beklagte habe Graf S. für die Vermittlung der Unterbeteiligung eine Provision versprochen, lässt allerdings keinen revisionsrechtlich relevanten Fehler erkennen; sie wird von der Revision auch nicht angegriffen.
10
2. Rechtsfehlerhaft hat das Berufungsgericht seiner Entscheidung die Annahme zugrunde gelegt, der Vertragspartner des Anlegers (hier: die Beklagte ) habe diesen grundsätzlich über Provisionszahlungen aufzuklären, die er dem Vermögensverwalter oder Anlageberater des Anlegers gewährt.
11
a) Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass zwischen den Parteien mit dem Abschluss des Unterbeteiligungsvertrags eine Innengesellschaft des Bürgerlichen Rechts zustande gekommen ist, an der sich die Klägerin zu Anlagezwecken beteiligt hat. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann der Vertragspartner des Anlegers diesem wegen Verschuldens beim Abschluss des mit ihm geschlossenen Gesellschaftsvertrags zum Schadenersatz verpflichtet sein, wenn er den Anleger bei der Vertragsanbahnung nicht über alle für seine Anlageentscheidung wesentlichen Umstände zutreffend, verständlich und vollständig aufklärt (vgl. BGH, Urteil vom 19. Juli 2004 - II ZR 354/02, ZIP 2004, 1706, 1707 f.; Urteil vom 29. November 2004 - II ZR 6/03, ZIP 2005, 254, 256; Urteil vom 21. März 2005 - II ZR 140/03, ZIP 2005, 753, 757; Urteil vom 21. März 2005 - II ZR 310/03, ZIP 2005, 759, 760 f.). Diese Aufklärungspflicht trifft den Vertragspartner des Anlegers unabhängig davon, ob der Gesellschaftsvertrag unter Verwendung eines Prospekts angebahnt wird (vgl. BGH, Urteil vom 2. Juni 2008 - II ZR 210/06, BGHZ 177, 25 Rn. 11). Die Klägerin macht allerdings, soweit sie beanstandet, dass die Beklagte die an Graf S. gezahlte Provision verschwiegen habe, keinen Aufklärungsmangel geltend, der die Umstände der Hauptbeteiligung betrifft. Daher musste sich das Berufungsgericht auch nicht näher damit befassen, dass der Klägerin nach § 1 Nr. 3 des Unterbeteiligungsvertrages der Zeichnungsprospekt der Hauptgesellschaft mit weiteren Unterlagen übergeben und erläutert worden sein soll.
12
b) Der Vertragspartner des Anlegers ist jedoch grundsätzlich nicht verpflichtet , diesen vor Vertragsabschluss über die Zahlung von Vertriebsprovisionen aufzuklären, die er an einen (zugleich für den Anleger beratend tätigen) Anlagevermittler leistet (vgl. BGH, Urteil vom 14. März 2003 - V ZR 308/02, ZIP 2003, 1355, 1356; Urteil vom 21. September 2010 - XI ZR 232/09, ZIP 2010, 2140 Rn. 19 f.; s.a. Urteil vom 15. April 2010 - III ZR 196/09, BGHZ 185, 185 Rn. 11 ff.). Zwar besteht selbst bei Vertragsverhandlungen, in denen die Parteien entgegengesetzte Interessen verfolgen, die Pflicht, den anderen Teil über solche Umstände aufzuklären, die den von ihm verfolgten Vertragszweck vereiteln können und daher für seinen Entschluss von wesentlicher Bedeutung sind, sofern er die Mitteilung nach der Verkehrsauffassung erwarten durfte (BGH, Urteil vom 4. April 2001 - VIII ZR 32/00, ZIP 2001, 918, 920; Urteil vom 14. März 2003 - V ZR 308/02, ZIP 2003, 1355, 1357). Diese allgemeinen Voraussetzungen einer vorvertraglichen Aufklärungspflicht sind aber nicht schon dann erfüllt, wenn der eine Verhandlungspartner dem (auch für den anderen Teil tätigen) Vermittler des Geschäfts eine Provision zahlt.
13
aa) Nur unter besonderen Voraussetzungen hat der Vertragspartner des Anlegers diesem gegenüber die an einen Vermittler gezahlte Vertriebsprovision offenzulegen. Der Bundesgerichtshof hat eine solche Offenbarungspflicht für den Fall bejaht, dass eine Bank den Vermögensverwalter eines Kunden an ihren Provisionen und Depotgebühren beteiligt (BGH, Urteil vom 19. Dezember 2000 - XI ZR 349/99, BGHZ 146, 235, 239). Durch die Vereinbarung, dem Vermögensverwalter einen Teil der Provisionen und Depotgebühren zu vergüten, die sie künftig von Kunden erhalte, die er ihr zuführe, schaffe die Bank nämlich für ihn einen Anreiz, sowohl bei der Auswahl der Bankverbindung als auch hinsichtlich der Anzahl und des Umfangs der Geschäfte nicht allein das Interesse des Kunden, sondern auch das eigene Interesse an möglichst umfangreichen Vergütungen der Bank zu berücksichtigen (BGH, aaO). An einer vergleichbaren Interessengefährdung und damit an der Grundlage für die Annahme einer Aufklärungspflicht fehlt es jedoch, wenn zwischen dem Anleger und dem Provisionsempfänger kein Vertragsverhältnis besteht, aufgrund dessen der Provisionsempfänger ähnlich einem Vermögensverwalter die Wahrnehmung der Interessen des Anlegers - insbesondere als Hauptleistungspflicht - schuldet (vgl. BGH, Urteil vom 14. März 2003 - V ZR 308/02, ZIP 2003, 1355, 1356; Urteil vom 21. September 2010 - XI ZR 232/09, ZIP 2010, 2140 Rn. 20).
14
bb) Danach kommt eine Pflicht des Vertragspartners des Anlegers, die Bezahlung einer Vertriebsprovision zu offenbaren, lediglich dann in Betracht, wenn der Provisionsempfänger ähnlich einem Vermögensverwalter verpflichtet ist, die Interessen des Anlegers wahrzunehmen und wenn infolgedessen durch die Provisionsvereinbarung das Interesse des Anlegers an einer sachgerechten , durch eigene Erwerbsinteressen seines Vermögensverwalters oder Beraters unbeeinflussten Anlageempfehlung erheblich gefährdet wird. Eine solche Aufklärungspflicht setzt weiter voraus, dass der Anleger die durch die Provisionsvereinbarung bedingte Gefährdung seiner Interessen ohne zutreffende Auf- klärung nicht erkennen würde. Erforderlich ist außerdem, dass die Aufklärungsbedürftigkeit des Anlegers einschließlich der sie begründenden Vertragsbeziehung zu dem Provisionsempfänger für den Vertragspartner des Anlegers ersichtlich ist.
15
c) Das Berufungsgericht hat die für die Annahme einer Aufklärungspflichtverletzung der Beklagten erforderlichen Feststellungen nicht getroffen.
16
aa) Das Berufungsgericht durfte sich schon im Rahmen der Prüfung, ob zwischen Graf S. und der Klägerin ein Vertragsverhältnis bestand, das als Grundlage für eine Aufklärungspflicht der Beklagten über die Provisionszahlung an Graf S. in Betracht kam, nicht auf die Feststellung beschränken, Graf S. sei - für die Beklagte erkennbar - mindestens als Anlageberater der Klägerin tätig geworden und habe für sie ein Treuhandkonto unterhalten. Erforderlich waren weitergehende Feststellungen zum konkreten Inhalt der Rechtsbeziehung zwischen der Klägerin und dem Grafen S. , aus denen sich entnehmen lässt, ob dieser ähnlich einem Vermögensverwalter verpflichtet war, die Interessen der Klägerin so wahrzunehmen, dass durch die Provisionsvereinbarung ihr Interesse an einer sachgerechten, durch eigene Erwerbsinteressen des Grafen S. unbeeinflussten Anlageempfehlung erheblich gefährdet werden konnte.
17
bb) Wie der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs - nach Erlass des Berufungsurteils - entschieden hat, besteht für einen nicht bankmäßig gebundenen , freien Anlageberater - soweit nicht § 31d des Wertpapierhandelsgesetzes eingreift - jedenfalls dann keine Verpflichtung gegenüber seinem Kunden, ungefragt über eine von ihm bei der empfohlenen Anlage erwartete Provision aufzuklären , wenn der Kunde selbst keine Provision an den Berater zahlt und offen ein Agio oder Kosten für die Eigenkapitalbeschaffung ausgewiesen werden, aus denen ihrerseits die Vertriebsprovisionen aufgebracht werden (BGH, Urteil vom 15. April 2010 - III ZR 196/09, BGHZ 185, 185; Urteil vom 3. März 2011 - III ZR 170/10, ZIP 2011, 607; s.a. BGH, Beschluss vom 9. März 2011 - XI ZR 191/10, ZIP 2011, 855 Rn. 28 ff.). Maßgebend hierfür ist die Erwägung, dass es für einen Anleger, der sich durch einen freien Anlageberater beraten lässt und diesem selbst keinerlei Entgelt oder Provision zahlt, regelmäßig auf der Hand liegt, dass der Anlageberater von der kapitalsuchenden Anlagegesellschaft (gegebenenfalls vermittelt über einen Hauptvertriebsbeauftragten) Vertriebsprovisionen erhält, die jedenfalls wirtschaftlich betrachtet dem vom Anleger an die Anlagegesellschaft gezahlten Betrag entnommen werden.
18
cc) Schon aus diesem Grunde genügte entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts die Annahme, Graf S. sei (mindestens) als Anlageberater der Klägerin tätig geworden, nicht. Das Berufungsgericht hat schon nicht festgestellt , ob Graf S. von der Klägerin eine Vergütung erhalten hat, die ein Entgelt für seine im Zusammenhang mit der hier in Rede stehenden Unterbeteiligung entfaltete Beratungstätigkeit umfasste. Die treuhänderischen Tätigkeiten belegen nicht, dass Graf S. ähnlich einem Vermögensverwalter zur Wahrung der Interessen der Klägerin verpflichtet war. Weitergehende Einzelheiten zum Inhalt der Vertragsbeziehung zwischen der Klägerin und dem Grafen S. lassen sich dem Berufungsurteil nicht entnehmen. Es kommt daher auch nicht darauf an, dass die Beklagte selbst die Tätigkeit des Grafen S. vorgerichtlich und im Lauf des Rechtsstreits als Vermögensverwaltung eingestuft hat. Im Übrigen hat die Klägerin ihrerseits vorgetragen, Graf S. sei als Anlagevermittler der Beklagten tätig geworden und die Beklagte müsse sich sein Verhalten gemäß § 278 BGB zurechnen lassen. Sollte die Klägerin angenommen haben, Graf S. handele bei seiner Anlageempfehlung zugleich als Anlagevermittler im Auftrag der Beklagten, so hätte es für die Klägerin allein schon deshalb nahe gelegen, dass Graf S. von der Beklagten eine Provision erhielt.
19
III. Die Entscheidung des Berufungsgerichts stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO).
20
Anders als die Revisionserwiderung meint, kann eine vorvertragliche Pflichtverletzung der Beklagten nicht ohne weiteres daraus hergeleitet werden, dass einer Provisionszahlung an Graf S. die Regelung in § 3 Nr. 1 Satz 2 des Unterbeteiligungsvertrages entgegengestanden habe, nach der das Agio der Aufbringung des Agios für die Hauptbeteiligung dienen sollte. Diese Vertragsbestimmung ließ die Möglichkeit offen, dass aus dem Agio für die Hauptbeteiligung Vertriebsprovisionen gezahlt und von der Beklagten gegebenenfalls (anteilig) weitergereicht werden. Nach § 1 Nr. 4 Satz 2 des Unterbeteiligungsvertrags war die Beklagte zwar verpflichtet, alle Vorteile unverzüglich an die Klägerin weiterzureichen. Hiervon wurde aber „die von der Beklagten berechtigterweise vereinnahmte Platzierungsprovision“ ausgenommen,deren Höhe ungenannt blieb. Daraus konnte die Klägerin entnehmen, dass die Beklagte nicht provisionsfrei tätig wurde und dass auch eine Bezahlung von Unterprovisionen in Betracht kam.
21
IV. Die Sache ist entgegen der Ansicht der Revision nicht im Sinne der Beklagten entscheidungsreif.
22
1. Sollte die Beklagte verpflichtet gewesen sein, die Klägerin über die Provisionsvereinbarung mit Graf S. aufzuklären, so könnte sie sich nicht auf einen unvermeidbaren Rechtsirrtum berufen. Die Beklagte musste eine aufgrund ihrer Beteiligung an der Provisionsvereinbarung mit Graf S. möglicherweise bestehende Verpflichtung zur Aufklärung der Klägerin in Betracht ziehen.
23
2. Ein Verschulden der Beklagten kann auch nicht mit der Begründung verneint werden, die Beklagte habe gemäß § 708 BGB nur für diejenige Sorgfalt einstehen müssen, die sie in eigenen Angelegenheiten anzuwenden pflegt. Die Haftungsmilderung nach § 708 BGB gilt im vorvertraglichen Stadium jedenfalls dann nicht, wenn die Pflichtverletzung in einer Fehlinformation oder einer Aufklärungspflichtverletzung besteht, die den Geschädigten zum Abschluss des Gesellschaftsvertrages erst bewogen hat (vgl. Staudinger/Habermeier, BGB, Neubearb. 2003, § 708 Rn. 2; MünchKommBGB/Emmerich, 5. Aufl., § 311 Rn. 282; Palandt/Sprau, BGB, 70. Aufl., § 708 Rn. 2).
24
V. Die Sache ist danach unter teilweiser Aufhebung des Berufungsurteils zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 562 Abs. 1, § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO), das die zur Beurteilung einer möglichen Aufklärungspflichtverletzung der Beklagten erforderlichen Feststellungen zu treffen haben wird.
25
Sollte das Berufungsgericht in der wiedereröffneten Berufungsverhandlung erneut zu dem Ergebnis gelangen, dass die Beklagte der Klägerin wegen Verletzung einer vorvertraglichen Aufklärungspflicht zum Schadensersatz verpflichtet ist, wird es hinsichtlich der Höhe des Schadens folgendes zu beachten haben:
26
1. Grundsätzlich ist der Schadensersatzanspruch eines unzutreffend oder unzureichend informierten Anlegers aus Verschulden bei Vertragsschluss umfassend darauf gerichtet, so gestellt zu werden, als hätte er die Anlageentscheidung nicht getroffen. Geschützt wird das Recht des Anlegers, in freier Willensentscheidung zutreffend informiert unter Abwägung der bestehenden Chancen und Risiken über die Verwendung seines Vermögens selbst zu bestimmen. Auf einen Schaden im Sinne fehlender Werthaltigkeit der Beteiligung kommt es nicht an. Der Anleger kann grundsätzlich Befreiung von dem abgeschlossenen Vertrag und Ersatz seiner im Zusammenhang mit dem Vertrag stehenden Aufwendungen verlangen (BGH, Urteil vom 5. Juli 1993 - II ZR 194/92, BGHZ 123, 106, 111 ff.; Urteil vom 31. Mai 2010 - II ZR 30/09, ZIP 2010, 1397, Rn. 19).
27
Aus diesen Grundsätzen folgt jedoch nicht, dass der Schadensersatzanspruch des Anlegers auch den Ausgleich von Nachteilen umfasst, die der Anleger erleidet, weil schon der Versuch, den Anlagebetrag dem Partner des Anlagegeschäfts zur Verfügung zu stellen, (teilweise) fehlschlägt. Das Recht des Anlegers, zutreffend informiert in freier Willensentscheidung über die Verwendung seines Vermögens bestimmen zu können, wird durch die Investition in eine Kapitalanlage beeinträchtigt, für die er sich bei zutreffender Information nicht entschieden hätte. Der Schutzzweck der Aufklärungspflicht umfasst nicht den Ersatz von Verlusten, die zwar aus Anlass des Anlagegeschäfts aber unabhängig von seinem Inhalt und Gegenstand im Zuge des Geldtransfers eintreten und auf Umstände zurückzuführen sind, die - wie die Untreuehandlungen eines von dem Anleger beauftragten Geldübermittlers - der Sphäre des Anlegers zuzuordnen sind.
28
2. Nach der für Schadensersatzansprüche aller Art anerkannten Schutzzwecklehre besteht eine Schadensersatzpflicht nur dann, wenn der geltend gemachte Schaden nach Art und Entstehungsweise unter den Schutzzweck der verletzten Norm oder Pflicht fällt. Zu ersetzen sind lediglich die Schäden, die aus dem Bereich der Gefahren stammen, vor denen die betreffende Verhaltenspflicht schützen soll (BGH, Urteil vom 22. April 1958 - VI ZR 65/57, BGHZ 27, 137, 143; Urteil vom 6. Mai 1999 - III ZR 89/97, NJW 1999, 3203, 3204; Urteil vom 6. Juni 2002 - III ZR 206/01, ZIP 2002, 1453, 1454; Urteil vom 11. Januar 2005 - X ZR 163/02, NJW 2005, 1420, 1421 f.; Staudinger/ Schiemann, BGB, Neubearb. 2005, § 249 Rn. 27; MünchKomm/Oetker, BGB, 5. Aufl., § 249 Rn. 118; Palandt/Grüneberg, BGB, 70. Aufl., vor § 249 Rn. 29). Dies gilt auch dann, wenn der Schaden letztlich durch das vorsätzliche Fehlverhalten eines Dritten herbeigeführt wurde (vgl. BGH, Urteil vom 3. Oktober 1978 - VI ZR 253/77, NJW 1979, 712 f.; Urteil vom 26. Januar 1989 - III ZR 192/87, BGHZ 106, 313, 316 f.; Erman/Ebert, BGB, 12. Aufl., vor § 249 Rn. 59; Palandt/Grüneberg, BGB, 70. Aufl., vor § 249 Rn. 49; s.a. Staudinger/ Schiemann, BGB, Neubearb. 2005, § 249 Rn. 61: MünchKomm/Oetker, BGB, 5. Aufl., § 249 Rn. 152). Der Nachteil muss zu der vom Schädiger geschaffenen Gefahrenlage in einem inneren Zusammenhang stehen, eine bloß zufällige äußere Verbindung genügt nicht (BGH, Urteil vom 14. März 1985 - IX ZR 26/84, ZIP 1985, 1143, 1148).
29
Die Pflicht, über eine Provisionsvereinbarung aufzuklären, dient zwar auch dazu, dem Anleger wegen seines Interesses am Erfolg des in Aussicht genommenen Anlagegeschäfts Informationen über die Vertrauenswürdigkeit seines Beraters im Hinblick auf die Qualität der Anlageempfehlung zu vermitteln (vgl. zu diesem Gesichtspunkt BGH, Urteil vom 19. Dezember 2000 - XI ZR 349/99, BGHZ 146, 235, 240). Ein Schaden, der dem Anleger durch die Veruntreuung der dem Berater zu Anlagezwecken anvertrauten Gelder entsteht , stammt jedoch nicht aus dem Bereich der Gefahren, vor denen die Pflicht zur Aufklärung über eine Provisionszahlung schützen soll.
Bergmann Caliebe Drescher
Born Sunder
Vorinstanzen:
LG München I, Entscheidung vom 24.09.2008 - 32 O 16518/06 -
OLG München, Entscheidung vom 15.12.2009 - 5 U 5014/08 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
II ZR 39/10 Verkündet am:
20. September 2011
Vondrasek
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 7. Juni 2011 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Bergmann, die Richterin
Caliebe und die Richter Dr. Drescher, Born und Sunder

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 19. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 18. Januar 2010 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil der Beklagten entschieden worden ist. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Beklagte, eine Privatbank, beteiligte sich im Jahr 2000 mit einem Anteil von rund 8,5 Mio. € an der Fondsgesellschaft „W. V. II GmbH & Co. KG“. Sie räumte der Klägerin im Frühjahr 2000 eine Unterbetei- ligung in Höhe von 50.000 € ein. Zu diesem Zweck vereinbarten die Parteien in § 1 des Unterbeteiligungsvertrags eine Innengesellschaft bürgerlichen Rechts; die Klägerin erwarb keine Mitberechtigung an der Hauptbeteiligung, sondern nur schuldrechtliche Ansprüche aus dem Vertrag mit der Beklagten. In § 3 des Vertrags verpflichtete sich die Klägerin, zuzüglich zu der Einlage in Höhe von 50.000 € ein Agio in Höhe von 5 % zu leisten. Weiter heißt es dort: „Das Agio dient der Aufbringung des Agios für die Hauptbeteiligung (…).“
2
Die Unterbeteiligung der Klägerin war auf Empfehlung des Grafen S. zustande gekommen, der die Klägerin seinerzeit in Anlagefragen unterstützte und der zugleich Geschäftsbeziehungen zu der Beklagten unterhielt. Graf S. stand auch mit weiteren Anlegerinnen in Verbindung, die bei der Beklagten eine Unterbeteiligung an dem genannten Fonds erwarben. Am 31. März 2000 überwies ihm die Beklagte 40.000,01 DM (20.451,68 €) als „Bonifikation bezüglich Ihrer Vermittlungstätigkeit V. II Zeichnungen“. Hierüber klärte sie die Klägerin nicht auf.
3
Die Klägerin überließ Graf S. den Beteiligungsbetrag zuzüglich Agio in Höhe von insgesamt 52.500 € zur Weiterleitung an die Beklagte. Die Beklagte forderte den Betrag, wie in § 3 des Unterbeteiligungsvertrages optional vorgesehen , erst nach und nach in Teilbeträgen ein, wobei sie ihre Kapitalabrufe an Graf S. richtete, ohne die Klägerin darüber zu informieren. GrafS. kam den Kapitalabrufen nur teilweise nach. Am 16. November 2004 beging er Selbstmord. Der Insolvenzverwalter über seinen Nachlass zahlte am 3. September 2007 an die Klägerin 2.391,79 €.
4
Die auf Rückzahlung des Anlagebetrages einschließlich Agio und die Erstattung außergerichtlicher Rechtsverfolgungskosten gerichtete Klage hatte beim Landgericht Erfolg. Das Berufungsgericht hat die Verurteilung der Beklagten weitgehend bestätigt mit der Einschränkung, dass der nach Abzug der geleisteten Zahlung verbleibende Betrag in Höhe von 50.108,21 € nur Zug um Zug gegen Rückübertragung aller Rechte der Klägerin aus der Unterbeteiligung zu zahlen ist. Dagegen richtet sich die - vom erkennenden Senat zugelassene - Revision der Beklagten.

Entscheidungsgründe:


5
Die Revision hat im Umfang der Anfechtung Erfolg und führt insoweit zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
6
I. Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet:
7
Der Klägerin stehe gegen die Beklagte ein auf Rückabwicklung der Unterbeteiligung gerichteter Schadensersatzanspruch nach den Grundsätzen der culpa in contrahendo zu, weil die Beklagte zum einen die Klägerin nicht vor Vertragsschluss auf eine mit Graf S. bestehende Provisionsvereinbarung hingewiesen und zum anderen wahrheitswidrig erklärt habe, selbst ein Aufgeld an die Fondsgesellschaft entrichten zu müssen.
8
Nach der Beweisaufnahme vor dem Landgericht bestehe kein Zweifel daran, dass die Beklagte dem Grafen S. noch vor dem Vertragsabschluss mit der Klägerin eine Provision für die Vermittlung von Unterbeteiligungen versprochen und in Höhe von 2 % der Beteiligungssumme gezahlt habe. Durch die Provisionsvereinbarung habe die Beklagte das Interesse der Klägerin an einer neutralen und sachgerechten Beratung gefährdet; darüber hätte sie die Klägerin aufklären müssen. Die Aufklärungspflicht bestehe unabhängig davon, ob Graf S. als Vermögensverwalter oder als Anlageberater der Klägerin aufgetreten sei. Die Pflichtverletzung der Beklagten sei auch schuldhaft und für den Schaden der Klägerin ursächlich gewesen. Die Klägerin, der die Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens zu Gute komme, sei so zu stellen, als wäre sie die streitgegenständliche Unterbeteiligung nicht eingegangen.
9
Eine weitere schuldhafte Pflichtverletzung der Beklagten sei darin zu sehen , dass sie der Klägerin in § 3 des Unterbeteiligungsvertrages vorgespiegelt habe, sie habe ihrerseits ein dem Aufgeld der Klägerin entsprechendes Agio zu tragen gehabt. Tatsächlich sei die Beklagte, wie die Beweisaufnahme vor dem Landgericht ergeben habe, nicht mit einem Aufgeld belastet worden.
10
II. Diese Beurteilung hält rechtlicher Überprüfung nicht in allen Punkten stand.
11
1. Die bisherigen Feststellungen des Berufungsgerichts bieten keine tragfähige Grundlage für die Annahme, die Beklagte habe die Klägerin vorvertraglich über die mit Graf S. getroffene Provisionsvereinbarung aufklären müssen.
12
a) Die Feststellung des Berufungsgerichts, die Beklagte habe Graf S. für die Vermittlung der Unterbeteiligung eine Provision versprochen, lässt allerdings keinen revisionsrechtlich relevanten Fehler erkennen; sie wird von der Revision auch nicht angegriffen.
13
b) Rechtsfehlerhaft hat das Berufungsgericht seiner Entscheidung die Annahme zugrunde gelegt, der Vertragspartner des Anlegers (hier: die Beklagte ) habe diesen grundsätzlich über Provisionszahlungen aufzuklären, die er dem Vermögensverwalter oder Anlageberater des Anlegers gewährt.
14
aa) Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass zwischen den Parteien mit dem Abschluss des Unterbeteiligungsvertrags eine In- nengesellschaft des Bürgerlichen Rechts zustande gekommen ist, an der sich die Klägerin zu Anlagezwecken beteiligt hat. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann der Vertragspartner des Anlegers diesem wegen Verschuldens beim Abschluss des mit ihm geschlossenen Gesellschaftsvertrags zum Schadenersatz verpflichtet sein, wenn er den Anleger bei der Vertragsanbahnung nicht über alle für seine Anlageentscheidung wesentlichen Umstände zutreffend, verständlich und vollständig aufklärt (vgl. BGH, Urteil vom 19. Juli 2004 - II ZR 354/02, ZIP 2004, 1706, 1707 f.; Urteil vom 29. November 2004 - II ZR 6/03, ZIP 2005, 254, 256; Urteil vom 21. März 2005 - II ZR 140/03, ZIP 2005, 753, 757; Urteil vom 21. März 2005 - II ZR 310/03, ZIP 2005, 759, 760 f.). Diese Aufklärungspflicht trifft den Vertragspartner des Anlegers unabhängig davon, ob der Gesellschaftsvertrag unter Verwendung eines Prospekts angebahnt wird (vgl. BGH, Urteil vom 2. Juni 2008 - II ZR 210/06, BGHZ 177, 25 Rn. 11). Die Klägerin macht allerdings, soweit sie beanstandet, dass die Beklagte die an Graf S. gezahlte Provision verschwiegen habe, keinen Aufklärungsmangel geltend, der die Umstände der Hauptbeteiligung betrifft. Daher musste sich das Berufungsgericht auch nicht näher damit befassen, dass der Klägerin nach § 1 Nr. 3 des Unterbeteiligungsvertrages der Zeichnungsprospekt der Hauptgesellschaft mit weiteren Unterlagen übergeben und erläutert worden sein soll.
15
bb) Der Vertragspartner des Anlegers ist jedoch grundsätzlich nicht verpflichtet , diesen vor Vertragsabschluss über die Zahlung von Vertriebsprovisionen aufzuklären, die er an einen (zugleich für den Anleger beratend tätigen) Anlagevermittler leistet (vgl. BGH, Urteil vom 14. März 2003 - V ZR 308/02, ZIP 2003, 1355, 1356; Urteil vom 21. September 2010 - XI ZR 232/09, ZIP 2010, 2140 Rn. 19 f.; s.a. Urteil vom 15. April 2010 - III ZR 196/09, BGHZ 185, 185 Rn. 11 ff.). Zwar besteht selbst bei Vertragsverhandlungen, in denen die Parteien entgegengesetzte Interessen verfolgen, die Pflicht, den an- deren Teil über solche Umstände aufzuklären, die den von ihm verfolgten Vertragszweck vereiteln können und daher für seinen Entschluss von wesentlicher Bedeutung sind, sofern er die Mitteilung nach der Verkehrsauffassung erwarten durfte (BGH, Urteil vom 4. April 2001 - VIII ZR 32/00, ZIP 2001, 918, 920; Urteil vom 14. März 2003 - V ZR 308/02, ZIP 2003, 1355, 1357). Diese allgemeinen Voraussetzungen einer vorvertraglichen Aufklärungspflicht sind aber nicht schon dann erfüllt, wenn der eine Verhandlungspartner dem (auch für den anderen Teil tätigen) Vermittler des Geschäfts eine Provision zahlt.
16
(1) Nur unter besonderen Voraussetzungen hat der Vertragspartner des Anlegers diesem gegenüber die an einen Vermittler gezahlte Vertriebsprovision offenzulegen. Der Bundesgerichtshof hat eine solche Offenbarungspflicht für den Fall bejaht, dass eine Bank den Vermögensverwalter eines Kunden an ihren Provisionen und Depotgebühren beteiligt (BGH, Urteil vom 19. Dezember 2000 - XI ZR 349/99, BGHZ 146, 235, 239). Durch die Vereinbarung, dem Vermögensverwalter einen Teil der Provisionen und Depotgebühren zu vergüten, die sie künftig von Kunden erhalte, die er ihr zuführe, schaffe die Bank nämlich für ihn einen Anreiz, sowohl bei der Auswahl der Bankverbindung als auch hinsichtlich der Anzahl und des Umfangs der Geschäfte nicht allein das Interesse des Kunden, sondern auch das eigene Interesse an möglichst umfangreichen Vergütungen der Bank zu berücksichtigen (BGH, aaO). An einer vergleichbaren Interessengefährdung und damit an der Grundlage für die Annahme einer Aufklärungspflicht fehlt es jedoch, wenn zwischen dem Anleger und dem Provisionsempfänger kein Vertragsverhältnis besteht, aufgrund dessen der Provisionsempfänger ähnlich einem Vermögensverwalter die Wahrnehmung der Interessen des Anlegers - insbesondere als Hauptleistungspflicht - schuldet (vgl. BGH, Urteil vom 14. März 2003 - V ZR 308/02, ZIP 2003, 1355, 1356; Urteil vom 21. September 2010 - XI ZR 232/09, ZIP 2010, 2140 Rn. 20).
17
(2) Danach kommt eine Pflicht des Vertragspartners des Anlegers, die Bezahlung einer Vertriebsprovision zu offenbaren, lediglich dann in Betracht, wenn der Provisionsempfänger ähnlich einem Vermögensverwalter verpflichtet ist, die Interessen des Anlegers wahrzunehmen und wenn infolgedessen durch die Provisionsvereinbarung das Interesse des Anlegers an einer sachgerechten , durch eigene Erwerbsinteressen seines Vermögensverwalters oder Beraters unbeeinflussten Anlageempfehlung erheblich gefährdet wird. Eine solche Aufklärungspflicht setzt weiter voraus, dass der Anleger die durch die Provisionsvereinbarung bedingte Gefährdung seiner Interessen ohne zutreffende Aufklärung nicht erkennen würde. Erforderlich ist außerdem, dass die Aufklärungsbedürftigkeit des Anlegers einschließlich der sie begründenden Vertragsbeziehung zu dem Provisionsempfänger für den Vertragspartner des Anlegers ersichtlich ist.
18
cc) Das Berufungsgericht hat die für die Annahme einer Aufklärungspflichtverletzung der Beklagten erforderlichen Feststellungen nicht getroffen.
19
(1) Das Berufungsgericht durfte sich schon im Rahmen der Prüfung, ob zwischen Graf S. und der Klägerin ein Vertragsverhältnis bestand, das als Grundlage für eine Aufklärungspflicht der Beklagten über die Provisionszahlung an Graf S. in Betracht kam, nicht darauf beschränken, offen zu lassen, ob Graf S. als Vermögensverwalter der Klägerin oder als deren Anlageberater tätig geworden ist, ohne nähere Feststellungen zum konkreten Inhalt der Rechtsbeziehung zwischen der Klägerin und dem Grafen S. zu treffen. Der Auffassung des Berufungsgerichts, der Anlageberater habe (als solcher) seine Vertragspflichten „neutral“, nämlich anleger- und objektgerecht zu erfüllen und dürfe sich dabei nicht von eigenen finanziellen Interessen leiten lassen, und dem vom Berufungsgericht darauf gestützten Schluss, dass schon aus diesem Grund eine Aufklärungspflicht der Beklagten auch dann bestanden habe, wenn Graf S. als Anlageberater für die Klägerin tätig geworden sei, kann aus Rechtsgründen nicht gefolgt werden. Die bloße - nicht näher konkretisierte - Annahme, der Provisionsempfänger sei (möglicherweise) als Anlageberater für den Anleger tätig geworden, reicht für die Feststellung eines eine Aufklärungspflicht des die Provision zahlenden Vertragspartners des Anlegers begründenden Vertragsverhältnisses zwischen dem Anleger und dem Provisionsempfänger nicht aus. Dem allein lässt sich nicht entnehmen, dass der Provisionsempfänger ähnlich einem Vermögensverwalter verpflichtet war, die Interessen des Anlegers so wahrzunehmen, dass durch die Provisionsvereinbarung das Interesse des Anlegers an einer sachgerechten, durch eigene Erwerbsinteressen seines Beraters unbeeinflussten Anlageempfehlung erheblich gefährdet war.
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(2) Wie der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs - nach Erlass des Berufungsurteils - entschieden hat, besteht für einen nicht bankmäßig gebundenen , freien Anlageberater - soweit nicht § 31d des Wertpapierhandelsgesetzes eingreift - jedenfalls dann keine Verpflichtung gegenüber seinem Kunden, ungefragt über eine von ihm bei der empfohlenen Anlage erwartete Provision aufzuklären , wenn der Kunde selbst keine Provision an den Berater zahlt und offen ein Agio oder Kosten für die Eigenkapitalbeschaffung ausgewiesen werden, aus denen ihrerseits die Vertriebsprovisionen aufgebracht werden (BGH, Urteil vom 15. April 2010 - III ZR 196/09, BGHZ 185, 185; Urteil vom 3. März 2011 - III ZR 170/10, ZIP 2011, 607; s.a. BGH, Beschluss vom 9. März 2011 - XI ZR 191/10, ZIP 2011, 855 Rn. 28 ff.). Maßgebend hierfür ist die Erwägung, dass es für einen Anleger, der sich durch einen freien Anlageberater beraten lässt und diesem selbst keinerlei Entgelt oder Provision zahlt, regelmäßig auf der Hand liegt, dass der Anlageberater von der kapitalsuchenden Anlagegesellschaft (gegebenenfalls vermittelt über einen Hauptvertriebsbeauftragten) Vertriebsprovisionen erhält, die jedenfalls wirtschaftlich betrachtet dem vom Anleger an die Anlagegesellschaft gezahlten Betrag entnommen werden.
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(3) Schon aus diesem Grunde genügte entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts die Annahme, Graf S. sei (jedenfalls) als Anlageberater der Klägerin tätig geworden, nicht. Soweit das Berufungsgericht beiläufig auch darauf abstellt, dass Graf S. tatsächlich als von der Klägerin vergüteter Anlageberater tätig geworden sein könne, führt dies zu keiner anderen Beurteilung. Für welche konkreten Leistungen Graf S. etwaige Vergütungen von der Klägerin, für die er nach den tatbestandlichen Feststellungen des Berufungsgerichts zum damaligen Zeitpunkt in Geldanlagefragen unterstützend tätig war, erhalten hat, lässt sich dem Berufungsurteil nicht entnehmen. Es kann daher hier offen bleiben, unter welchen Voraussetzungen der Umstand, dass der Provisionsempfänger (hier: Graf S. ) auch von dem Anleger eine Vergütung erhält , eine Aufklärungspflicht des Vertragspartners des Anlegers (hier: der Beklagten ) über die von ihm gezahlte Provision begründet oder zu deren Begründung zumindest beitragen kann.
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2. Das Berufungsurteil kann auch nicht mit der weiteren Begründung des Berufungsgerichts aufrecht erhalten werden, die Beklagte habe ihre vorvertraglichen Pflichten verletzt, indem sie der Klägerin wahrheitswidrig vorgespiegelt habe, sie habe für die Hauptbeteiligung selbst ein Agio zu tragen.
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a) Die Feststellung des Berufungsgerichts, die Beklagte sei nicht mit einem Agio für die Hauptbeteiligung belastet worden, ist allerdings revisionsrechtlich nicht zu beanstanden und wird von der Revision auch nicht angegriffen.
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b) Wurde die Beklagte von vornherein nicht mit einem Agio für die Hauptbeteiligung belastet, konnte das von der Klägerin zu zahlende Agio entgegen § 3 Nr. 1 Satz 2 des Unterbeteiligungsvertrags nicht der Aufbringung des Agios für die Hauptbeteiligung dienen. Die vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen genügen jedoch nicht, um insoweit eine für die Anlageentschei- dung der Klägerin ursächliche Pflichtverletzung der Beklagten annehmen zu können.
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aa) Das Landgericht, auf dessen Entscheidung das Berufungsgericht sich bei der Annahme einer Pflichtverletzung bezogen hat, war zu dem Schluss gekommen, die Beklagte habe das Aufgeld letztlich nicht anders als eine Ei- genprovision behandelt und sei deshalb „als Bank“ gehalten gewesen, den An- leger über selbst vereinnahmte Provisionen zu unterrichten. Diese Auffassung ist rechtsfehlerhaft.
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Allerdings ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs eine Bank verpflichtet, einen Anleger über an sie fließende Rückvergütungen aufzuklären , wenn zwischen ihr und dem Kunden ein Beratungsvertrag zustande gekommen ist. Diese Aufklärung ist notwendig, um dem Kunden einen insofern bestehenden Interessenkonflikt der Bank offen zu legen und ihm die Beurteilung zu ermöglichen, ob die Bank ihm eine bestimmte Anlage nur deswegen empfiehlt, weil sie selbst daran verdient (vgl. BGH, Urteil vom 19. Dezember 2006 - XI ZR 56/05, BGHZ 170, 226 Rn. 23; Beschluss vom 20. Januar 2009 - XI ZR 510/07, ZIP 2009, 455 Rn. 12 f.; Urteil vom 27. Oktober 2009 - XI ZR 338/08, ZIP 2009, 2380 Rn. 31; Beschluss vom 9. März 2011 - XI ZR 191/10, ZIP 2011, 855 Rn. 20). Im Streitfall hat das Berufungsgericht eine Verpflichtung der Beklagten zur Beratung der Klägerin aber nicht festgestellt. Die Revisionserwiderung macht auch nicht geltend, dass eine Beratungspflicht der Beklagten bestanden habe. Die Anlageempfehlung, der die Klägerin gefolgt ist, stammte nicht von der Beklagten, sondern von dem Grafen S.
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bb) Das Berufungsgericht hat auch nicht hinreichend berücksichtigt, dass die Beklagte eine ihr von der Fondsgesellschaft aus dem Agio gewährte Vergütung nicht hätte offenlegen müssen. Für die Klägerin war erkennbar, dass das für die Hauptbeteiligung aufzubringende Agio den Kapitalstock nicht vermehrt und u.a. der Abdeckung von Vertriebskosten dient. Die auf dieser Grundlage einzuschätzenden Erfolgsaussichten der Anlage wurden durch eine auf die Beklagte entfallende Vergütung in Höhe des Agio nicht erkennbar berührt. Aus § 1 Nr. 4 des Unterbeteiligungsvertrags konnte die Klägerin im Übrigen entnehmen, dass der Beklagten eine als Platzierungsprovision bezeichnete Vergütung zufließt , die sie nicht an die Klägerin als Unterbeteiligte weiterreichen musste.
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Für die Anlageentscheidung der Klägerin hat die zahlungstechnische Unterscheidung danach, ob die Beklagte aus dem Agio für die Hauptbeteiligung (nach dessen Bezahlung) vergütet oder ob sie im Voraus von der Bezahlung des Agios befreit wird, keine erkennbare Bedeutung. Anders verhielte es sich insbesondere dann, wenn zu der Entlastung der Beklagten Vergütungen hinzukämen , mit denen die Klägerin nach dem Unterbeteiligungsvertrag in der Summe nicht rechnen musste. Derartige Umstände, nach denen der Nachlass des Agios zu einer mit dem Unterbeteiligungsvertrag nicht mehr zu vereinbarenden Begünstigung der Beklagten führen würde, hat das Berufungsgericht aber nicht festgestellt.
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III. Die Sache ist danach unter teilweiser Aufhebung des Berufungsurteils zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 562 Abs. 1, § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Für das weitere Verfahren weist der Senat auf Folgendes hin:
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1. Sollte das Berufungsgericht in der wiedereröffneten Berufungsverhandlung erneut zu dem Ergebnis gelangen, dass die Beklagte verpflichtet war, die Klägerin über die Provisionsvereinbarung mit Graf S. aufzuklären, so könnte sich die Beklagte nicht auf einen unvermeidbaren Rechtsirrtum berufen. Sie musste eine aufgrund ihrer Beteiligung an der Provisionsvereinbarung mit Graf S. möglicherweise bestehende Verpflichtung zur Aufklärung der Klägerin in Betracht ziehen.
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2. Ein Verschulden der Beklagten könnte auch nicht mit der Begründung verneint werden, die Beklagte habe gemäß § 708 BGB nur für diejenige Sorgfalt einstehen müssen, die sie in eigenen Angelegenheiten anzuwenden pflege. Die Haftungsmilderung nach § 708 BGB gilt im vorvertraglichen Stadium jedenfalls dann nicht, wenn die Pflichtverletzung in einer Fehlinformation oder einer Aufklärungspflichtverletzung besteht, die den Geschädigten zum Abschluss des Gesellschaftsvertrages erst bewogen hat (vgl. Staudinger/Habermeier, BGB, Neubearb. 2003, § 708 Rn. 2; MünchKommBGB/Emmerich, 5. Aufl., § 311 Rn. 282; Palandt/Sprau, BGB, 70. Auflage, § 708 Rn. 2).
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3. Bei erneuter Annahme eines Schadensersatzanspruchs der Klägerin wegen Verletzung einer vorvertraglichen Aufklärungspflicht wird das Berufungsgericht hinsichtlich der Höhe des Schadens folgendes zu beachten haben:
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a) Grundsätzlich ist der Schadensersatzanspruch eines unzutreffend oder unzureichend informierten Anlegers aus Verschulden bei Vertragsschluss umfassend darauf gerichtet, so gestellt zu werden, als hätte er die Anlageentscheidung nicht getroffen. Geschützt wird das Recht des Anlegers, in freier Willensentscheidung zutreffend informiert unter Abwägung der bestehenden Chancen und Risiken über die Verwendung seines Vermögens selbst zu bestimmen. Auf einen Schaden im Sinne fehlender Werthaltigkeit der Beteiligung kommt es nicht an. Der Anleger kann grundsätzlich Befreiung von dem abgeschlossenen Vertrag und Ersatz seiner im Zusammenhang mit dem Vertrag stehenden Aufwendungen verlangen (BGH, Urteil vom 5. Juli 1993 - II ZR 194/92, BGHZ 123, 106, 111 ff.; Urteil vom 31. Mai 2010 - II ZR 30/09, ZIP 2010, 1397, Rn. 19).
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Aus diesen Grundsätzen folgt jedoch nicht, dass der Schadensersatzanspruch des Anlegers auch den Ausgleich von Nachteilen umfasst, die der Anleger erleidet, weil schon der Versuch, den Anlagebetrag dem Partner des Anlagegeschäfts zur Verfügung zu stellen, (teilweise) fehlschlägt. Das Recht des Anlegers, zutreffend informiert in freier Willensentscheidung über die Verwendung seines Vermögens bestimmen zu können, wird durch die Investition in eine Kapitalanlage beeinträchtigt, für die er sich bei zutreffender Information nicht entschieden hätte. Der Schutzzweck der Aufklärungspflicht umfasst nicht den Ersatz von Verlusten, die zwar aus Anlass des Anlagegeschäfts aber unabhängig von seinem Inhalt und Gegenstand im Zuge des Geldtransfers eintreten und auf Umstände zurückzuführen sind, die - wie die Untreuehandlungen eines von dem Anleger beauftragten Geldübermittlers - der Sphäre des Anlegers zuzuordnen sind.
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b) Nach der für Schadensersatzansprüche aller Art anerkannten Schutzzwecklehre besteht eine Schadensersatzpflicht nur dann, wenn der geltend gemachte Schaden nach Art und Entstehungsweise unter den Schutzzweck der verletzten Norm oder Pflicht fällt. Zu ersetzen sind lediglich die Schäden, die aus dem Bereich der Gefahren stammen, vor denen die betreffende Verhaltenspflicht schützen soll (BGH, Urteil vom 22. April 1958 - VI ZR 65/57, BGHZ 27, 137, 143; Urteil vom 6. Mai 1999 - III ZR 89/97, NJW 1999, 3203, 3204; Urteil vom 6. Juni 2002 - III ZR 206/01, ZIP 2002, 1453, 1454; Urteil vom 11. Januar 2005 - X ZR 163/02, NJW 2005, 1420, 1421 f.; Staudinger/ Schiemann, BGB, Neubearb. 2005, § 249 Rn. 27; MünchKomm/Oetker, BGB, 5. Aufl., § 249 Rn. 118; Palandt/Grüneberg, BGB, 70. Aufl., vor § 249 Rn. 29). Dies gilt auch dann, wenn der Schaden letztlich durch das vorsätzliche Fehlverhalten eines Dritten herbeigeführt wurde (vgl. BGH, Urteil vom 3. Oktober 1978 - VI ZR 253/77, NJW 1979, 712 f.; Urteil vom 26. Januar 1989 - III ZR 192/87, BGHZ 106, 313, 316 f.; Erman/Ebert, BGB, 12. Aufl., vor § 249 Rn. 59; Palandt/Grüneberg, BGB, 70. Aufl., vor § 249 Rn. 49; s.a. Staudinger/ Schiemann, BGB, Neubearb. 2005, § 249 Rn. 61: MünchKomm/Oetker, BGB, 5. Aufl., § 249 Rn. 152). Der Nachteil muss zu der vom Schädiger geschaffenen Gefahrenlage in einem inneren Zusammenhang stehen, eine bloß zufällige äußere Verbindung genügt nicht (BGH, Urteil vom 14. März 1985 - IX ZR 26/84, ZIP 1985, 1143, 1148).
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Die Pflicht, über eine Provisionsvereinbarung aufzuklären, dient zwar auch dazu, dem Anleger wegen seines Interesses am Erfolg des in Aussicht genommenen Anlagegeschäfts Informationen über die Vertrauenswürdigkeit seines Beraters im Hinblick auf die Qualität der Anlageempfehlung zu vermitteln (vgl. zu diesem Gesichtspunkt BGH, Urteil vom 19. Dezember 2000 - XI ZR 349/99, BGHZ 146, 235, 240). Ein Schaden, der dem Anleger durch die Veruntreuung der dem Berater zu Anlagezwecken anvertrauten Gelder entsteht , stammt jedoch nicht aus dem Bereich der Gefahren, vor denen die Pflicht zur Aufklärung über eine Provisionszahlung schützen soll.
Bergmann Caliebe Drescher
Born Sunder
Vorinstanzen:
LG München I, Entscheidung vom 28.04.2009 - 29 O 16517/06 -
OLG München, Entscheidung vom 18.01.2010 - 19 U 3194/09 -