Bundesgerichtshof Urteil, 13. Dez. 2007 - III ZR 172/07

bei uns veröffentlicht am13.12.2007
vorgehend
Amtsgericht Karlsruhe, 3 C 18/06, 25.07.2006
Landgericht Karlsruhe, 9 S 416/06, 13.04.2007

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
III ZR 172/07
Verkündet am:
13. Dezember 2007
K i e f e r
Justizangestellter
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Zum Anspruch des Heimbewohners gegen den Heimträger auf Erstattung
ersparter allgemeiner Verpflegungskosten bei Inanspruchnahme
von der gesetzlichen Krankenversicherung finanzierter Sondennahrung
(Fortführung der Senatsurteile BGHZ 157, 309 und vom 4. November
2004 - III ZR 371/03 = NJW 2005, 824).
BGH, Urteil vom 13. Dezember 2007 - III ZR 172/07 - LG Karlsruhe
AG Karlsruhe
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 13. Dezember 2007 durch den Vorsitzenden Richter Schlick und die
Richter Dr. Wurm, Dörr, Dr. Herrmann und Wöstmann

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil der IX. Zivilkammer des Landgerichts Karlsruhe vom 13. April 2007 - mit Ausnahme der 20 € Erbscheinskosten, die abgewiesen bleiben - aufgehoben.
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Amtsgerichts Karlsruhe vom 25. Juli 2006 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen , dass die Beklagte verurteilt bleibt, an den Kläger 1.004,50 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 3. November 2004 sowie außergerichtliche Kosten in Höhe von 87,29 € zu zahlen.
Die weitergehende Revision des Klägers wird zurückgewiesen.
Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, mit Ausnahme der durch die Anrufung des unzuständigen Amtsgerichts Schwäbisch Gmünd entstandenen Mehrkosten, die dem Kläger auferlegt werden.
Von Rechts wegen

Tatbestand


1
Die am 4. April 2003 verstorbene Ehefrau des Klägers, die von diesem beerbt worden ist, befand sich seit dem 7. Juni 2002 bis zu ihrem Tode in einem von der Beklagten betriebenen Pflegeheim. Das Heimentgelt von täglich 82,85 € setzte sich zusammen aus 15,91 € für Unterkunft und Verpflegung, 52,37 € für allgemeine Pflegeleistungen und 14,57 € für nicht geförderte Investitionskosten. Das Entgelt für Unterkunft und Verpflegung wurde ab 1. August 2002 auf 16,45 € erhöht. Von Beginn ihres Aufenthalts nahm die Ehefrau des Klägers jedoch die normale Verpflegung, von der gelegentlichen Verabreichung von Getränken abgesehen, nicht in Anspruch. Sie war auf Sondennahrung angewiesen , deren Kosten und der damit verbundene pflegerische Mehraufwand von der Krankenkasse getragen wurden. Die Beklagte hat ihre Küchenleistungen einem selbständigen Cateringunternehmen übertragen. Dieses erhält pro belegtem Heimplatz eine pauschale Vergütung von 10,40 € pro Tag. Der Kläger verlangt von der Beklagten die Erstattung ersparter Verpflegungskosten in Höhe von täglich 3,50 € für 287 Tage. Die Beklagte wendet insbesondere ein, sie habe keine Aufwendungen erspart, da sie ihrerseits dem Cateringunternehmen zur vollen Zahlung des vereinbarten Entgelts verpflichtet geblieben sei.
2
Amtsgericht Das hat die Beklagte antragsgemäß zur Zahlung von 1.004,50 € nebst Zinsen und zwei Positionen vorgerichtlicher Kosten verurteilt. Auf die Berufung der Beklagten hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision erstrebt der Kläger die Wiederherstellung des amtsgerichtlichen Urteils.

Entscheidungsgründe


3
Die Revision ist im Wesentlichen begründet.
4
Dem Kläger steht die geltend gemachte Hauptforderung in Höhe von 1.004,50 € als Ersatz für die ersparten Verpflegungskosten unter dem rechtlichen Gesichtspunkt der ungerechtfertigten Bereicherung (§ 812 Abs. 1 Satz 1 1. Alt. BGB - Leistungskondiktion) zu.
5
1. In der Rechtsprechung des Senats, die beide Vorinstanzen mit Recht ihren Entscheidungen zugrunde gelegt haben (Senatsurteil BGHZ 157, 309; Senatsurteil vom 4. November 2004 - III ZR 371/03 = NJW 2005, 824), ist anerkannt , dass die Vorschriften des Heimgesetzes und des Elften Buches Sozialgesetzbuch die Frage, ob der Heimträger das volle Entgelt für die nicht in Anspruch genommene Verpflegung verlangen kann, nicht zum Nachteil des Heimbewohners beantworten, sondern von ihrer den Heimbewohner schützenden Tendenz her eher für eine Befreiung des Bewohners von der Pflicht zur Entgeltzahlung sprechen. Daher ist der Rückgriff auf § 615 Satz 2 BGB nicht verschlossen. Es sind nämlich ergänzend die allgemein geltenden zivilrechtlichen Normen und diejenigen Bestimmungen der Beurteilung zugrunde zu legen, die bei einem gemischten Vertragstyp den Schwerpunkt bilden. Dieser liegt nach den im Heimvertrag übernommenen Pflichten im dienstvertraglichen Bereich. Aus dem ergänzend anwendbaren § 615 Satz 2 BGB folgt unmittelbar, dass sich die Beklagte die Ersparnisse bei der Verpflegung anrechnen lassen muss (Senatsurteil BGHZ 157, 309, 320 f m.w.N.).
6
2. Daraus hat der Senat gefolgert, dass keine Grundlage dafür besteht, dem Bewohner das volle Verpflegungsentgelt zu berechnen, wenn er aus Gründen, die mit seiner Lebenssituation zwingend verbunden sind, die normale Verpflegung nicht entgegennehmen kann. Es ist insbesondere nicht gerechtfertigt , Bewohner, die mit Sondennahrung verpflegt werden müssen, durch die bestehen bleibende Verpflichtung, das normale Verpflegungsentgelt zusätzlich zu entrichten, zu einem Solidarausgleich für die Vergütung eines Leistungsbestandteils heranzuziehen, den sie aufgrund ihrer persönlichen Situation nicht in Anspruch nehmen können. Eine so weitgehende Pauschalierung wird auch von den Regelungen des Elften Buches Sozialgesetzbuch, die gleichfalls den Schutz des Heimbewohners im Auge haben, nicht gefordert (Senatsurteil vom 4. November 2004 aaO S. 826).
7
3. Dies verkennt vom Ansatzpunkt her auch das Berufungsgericht nicht. Es meint jedoch, die Beklagte könne dem Erstattungsanspruch den Einwand entgegenhalten , sie habe tatsächlich keine Aufwendungen erspart, da sie dem Cateringunternehmen nach wie vor zur Zahlung des vollen zwischen ihnen beiden vereinbarten Entgelts verpflichtet bleibe. Diese Betrachtungsweise vermag der Senat nicht zu teilen. Er hat bereits im Urteil vom 4. November 2004 (aaO S. 827) darauf hingewiesen, dass der Heimträger gegen den erhobenen Bereicherungsanspruch nicht einwenden kann, er habe die Pflegesätze so kalkuliert, dass nur die tatsächlich benötigte Verpflegung in die Preisbildung eingeflossen sei; es fehle daher an einer Ersparnis von Aufwendungen. Entscheidend ist vielmehr, dass die Beklagte hier der Heimbewohnerin Verpflegung versprochen und hierfür auch das Entgelt empfangen hat. Da die Beklagte die versprochene Verpflegung nicht hat gewähren müssen, ist sie um den entsprechenden Entgeltteil unabhängig davon bereichert, wie sie die Entgelte insgesamt kalkuliert hat. Daran vermag auch die Zwischenschaltung des Cateringunternehmens nichts zu ändern. Insoweit teilt der erkennende Senat die Auffassung des Oberlandesgerichts Karlsruhe, welches die Einschaltung eines solchen Unterneh- mens ebenfalls für unerheblich gehalten hat (VersR 2006, 1416, 1417). Die Beklagte hätte mit dem Unternehmen einen Vertrag schließen können, der berücksichtigte , dass einzelne Heimbewohner keine gewöhnliche Nahrung aufnehmen können. Wenn sie dies unterließ, kann dies nicht zu Lasten der Heimbewohnerin gehen. Der Heimträger hat es insbesondere nicht in der Hand, durch die Vertragsgestaltung mit seinen Zuliefererfirmen dem Heimbewohner den Nachweis ersparter Aufwendungen praktisch unmöglich zu machen. Dies sieht die Beklagte, bezogen auf den Fall der Abwesenheit des Heimbewohners von länger als drei Tagen, im Übrigen ebenso, da sie sich nach § 13 Abs. 19 des Heimvertrages verpflichtet hat, dem Bewohner vom ersten Tag der vollen Abwesenheit an lediglich 75 v.H. der Pflegevergütung und des Entgeltes für Unterkunft und Verpflegung zu berechnen (siehe zu einer solchen Vertragsbestimmung : Senatsurteil BGHZ 164, 387).
8
4. Die Höhe der ersparten Aufwendungen hat das Amtsgericht, dem Klagevorbringen folgend, in rechtsfehlerfreier tatrichterlicher Würdigung auf täglich 3,50 € festgesetzt. Dazu bedurfte es keiner weiteren Feststellungen, insbesondere nicht der von der Beklagten mehrfach beantragten Einholung eines Sachverständigengutachtens. Vielmehr ist § 287 ZPO anzuwenden; das gefundene Ergebnis hält sich in dem durch diese Vorschrift dem Tatrichter gewährten erweiterten Beurteilungsspielraum. Ebenso hat das Amtsgericht zutreffend eine Verpflichtung der Beklagten zur Zinszahlung und zur Zahlung vorgerichtlicher Anwaltskosten aus dem Gesichtspunkt des Verzugs bejaht.
9
5. Der Kläger hat die Erstattung der Kosten eines Erbscheins beansprucht, den die Beklagte von ihm zum Nachweis seines Erbrechts nach seiner verstorbenen Ehefrau verlangt hatte. Das Amtsgericht hat ihm auch diese Kosten zugesprochen , jedoch zu Unrecht. Der Kläger hatte lediglich das Protokoll über die Eröffnung eines Erbvertrags vorgelegt, nicht jedoch diesen selbst. Dies durfte die Beklagte als unzureichend ansehen; Gegenteiliges lässt sich auch den Entscheidungen des Bundesgerichtshofs vom 10. Dezember 2004 (V ZR 120/04 = NJW-RR 2005) und vom 7. Juni 2005 (XI ZR 311/04 = NJW 2005, 2779) nicht entnehmen.
Schlick Wurm Dörr
Herrmann Wöstmann
Vorinstanzen:
AG Karlsruhe, Entscheidung vom 25.07.2006 - 3 C 18/06 -
LG Karlsruhe, Entscheidung vom 13.04.2007 - 9 S 416/06 -

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Urteil, 13. Dez. 2007 - III ZR 172/07

Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Urteil, 13. Dez. 2007 - III ZR 172/07

Referenzen - Gesetze

Zivilprozessordnung - ZPO | § 287 Schadensermittlung; Höhe der Forderung


(1) Ist unter den Parteien streitig, ob ein Schaden entstanden sei und wie hoch sich der Schaden oder ein zu ersetzendes Interesse belaufe, so entscheidet hierüber das Gericht unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung. Ob und inwieweit e

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 615 Vergütung bei Annahmeverzug und bei Betriebsrisiko


Kommt der Dienstberechtigte mit der Annahme der Dienste in Verzug, so kann der Verpflichtete für die infolge des Verzugs nicht geleisteten Dienste die vereinbarte Vergütung verlangen, ohne zur Nachleistung verpflichtet zu sein. Er muss sich jedoch de
Bundesgerichtshof Urteil, 13. Dez. 2007 - III ZR 172/07 zitiert 5 §§.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 287 Schadensermittlung; Höhe der Forderung


(1) Ist unter den Parteien streitig, ob ein Schaden entstanden sei und wie hoch sich der Schaden oder ein zu ersetzendes Interesse belaufe, so entscheidet hierüber das Gericht unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung. Ob und inwieweit e

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 615 Vergütung bei Annahmeverzug und bei Betriebsrisiko


Kommt der Dienstberechtigte mit der Annahme der Dienste in Verzug, so kann der Verpflichtete für die infolge des Verzugs nicht geleisteten Dienste die vereinbarte Vergütung verlangen, ohne zur Nachleistung verpflichtet zu sein. Er muss sich jedoch de

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Bundesgerichtshof Urteil, 10. Dez. 2004 - V ZR 120/04

bei uns veröffentlicht am 10.12.2004

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL V ZR 120/04 Verkündet am: 10. Dezember 2004 K a n i k, Justizamtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nei

Bundesgerichtshof Urteil, 07. Juni 2005 - XI ZR 311/04

bei uns veröffentlicht am 07.06.2005

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL XI ZR 311/04 Verkündet am: 7. Juni 2005 Herrwerth, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja _______

Bundesgerichtshof Urteil, 04. Nov. 2004 - III ZR 371/03

bei uns veröffentlicht am 04.11.2004

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES VERSÄUMNISURTEIL III ZR 371/03 Verkündet am: 4. November 2004 F r e i t a g Justizamtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja
1 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Bundesgerichtshof Urteil, 13. Dez. 2007 - III ZR 172/07.

Bundesgerichtshof Urteil, 18. Feb. 2016 - III ZR 126/15

bei uns veröffentlicht am 18.02.2016

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL III ZR 126/15 Verkündet am: 18. Februar 2016 P e l l o w s k i Justizobersekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: ja BGHR: ja BGB §§

Referenzen

Kommt der Dienstberechtigte mit der Annahme der Dienste in Verzug, so kann der Verpflichtete für die infolge des Verzugs nicht geleisteten Dienste die vereinbarte Vergütung verlangen, ohne zur Nachleistung verpflichtet zu sein. Er muss sich jedoch den Wert desjenigen anrechnen lassen, was er infolge des Unterbleibens der Dienstleistung erspart oder durch anderweitige Verwendung seiner Dienste erwirbt oder zu erwerben böswillig unterlässt. Die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend in den Fällen, in denen der Arbeitgeber das Risiko des Arbeitsausfalls trägt.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
VERSÄUMNISURTEIL
III ZR 371/03
Verkündet am:
4. November 2004
F r e i t a g
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
87
Zum Anspruch des Heimträgers auf Entgelt für Verpflegung bei Verabreichung
von der gesetzlichen Krankenversicherung finanzierter Sondennahrung (Fortführung
des Senatsurteils vom 22. Januar 2004 - III ZR 68/03 - BGHZ 157, 309
= NJW 2004, 1104).
BGH, Versäumnisurteil vom 4. November 2004 - III ZR 371/03 - OLG Köln
LG Bonn
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 4. November 2004 durch den Vorsitzenden Richter Schlick und die Richter
Dr. Wurm, Dr. Kapsa, Dörr und Galke

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 27. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 26. November 2003 aufgehoben.
Die Berufung der Beklagten gegen das Teilurteil der 18. Zivilkammer des Landgerichts Bonn vom 11. Februar 2003 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte hat die Kosten der Rechtsmittelzüge zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Von Rechts wegen

Tatbestand


Die Klägerin wurde am 26. September 2000 nach einem zweiten Schlaganfall in komatösem Zustand aus stationärer Krankenhausbehandlung auf der Grundlage eines am 22. September 2000 mit dem Verein für Altenpflege
E. e.V. geschlossenen Heimvertrags in das Seniorenheim Haus M. in B. aufgenommen. Die Beklagte übernahm die Rechte und Pflichten des Heimträgers aus diesem Vertragsverhältnis mit Wirkung zum 1. November 2000. Der Klägerin war während des Krankenhausaufenthalts eine Magensonde gelegt worden, da sie infolge einer Lähmung nicht mehr schlucken konnte. Vom Beginn ihres Heimaufenthalts an ist die Klägerin auf die Verabreichung von Sondennahrung, die von der Krankenkasse gezahlt wird, angewiesen. Sie ist der Auffassung, die Beklagte dürfe ihr für die Dauer der Verabreichung von Sondennahrung kein Leistungsentgelt für Verpflegung in Rechnung stellen.
Mit ihrer Klage begehrt die Klägerin eine entspreche nde Feststellung. Ferner verlangt sie im Wege der Stufenklage Auskunft darüber, in welcher Höhe Verpflegungskosten in dem Tagessatz für Unterkunft und Verpflegung enthalten sind, und behält sich, da sie das volle Heimentgelt entrichtet hat, nach Erteilung der Auskunft eine Bezifferung ihres Rückforderungsanspruchs vor. Das Landgericht hat durch Teilurteil dem Feststellungsantrag entsprochen und die Beklagte zur Erteilung der begehrten Auskunft verurteilt. Das Berufungsgericht hat auf die Berufung der Beklagten die Klage in vollem Umfang abgewiesen. Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision begehrt die Klägerin die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.

Entscheidungsgründe


Die Revision ist begründet. Dies ist, da die Beklagte im Verhandlungstermin nicht vertreten war, durch Versäumnisurteil auszusprechen, das inhaltlich auf einer Sachprüfung beruht (BGHZ 37, 79, 81).

I.


Das Berufungsgericht hält das Teilurteil des Landgericht s für unzulässig, weil nicht auszuschließen sei, daß über die negative Feststellungsklage und die bisher unbezifferte Leistungsklage einander widersprechende Entscheidungen ergehen könnten. Es hat daher den in erster Instanz anhängig gebliebenen unbezifferten Zahlungsantrag an sich gezogen, um dieser Gefahr zu begegnen.
In der Sache vertritt das Berufungsgericht die Auffassung , die Klägerin schulde das volle Heimentgelt. Da bereits bei Vertragsbeginn bekannt gewesen sei, daß die Klägerin über eine Sonde ernährt werden müsse, sei der Vertrag mit dem Inhalt zustande gekommen, daß die Beklagte das vereinbarte Entgelt erhalten solle, ohne die Klägerin mit der von ihr angebotenen Verpflegung zu ernähren. Auf eine Ersparnis von Verpflegungskosten könne sich die Klägerin daher nicht berufen. Mit diesem Inhalt verstoße die Entgeltvereinbarung weder gegen § 4 Abs. 3 HeimG in der Fassung vom 23. April 1990 (BGBl. I S. 763; im folgenden: HeimG a.F.) noch gegen § 5 Abs. 7 HeimG in der ab dem 1. Januar 2002 anwendbaren Neufassung vom 5. November 2001 (BGBl. I S. 2970). Das Gesamtentgelt stehe zu den Leistungen des Trägers nicht in einem Mißverhältnis im Sinn des § 4 Abs. 3 HeimG a.F., weil zu berücksichtigen sei, daß die Verabreichung der Sondennahrung mit einem besonderen Pflegeaufwand verbunden sei, der - anders als das Füttern einzelner Bewohner, die nicht mehr selbst essen könnten - den Einsatz ausgebildeter Pflegekräfte erfordere. § 5 Abs. 7 HeimG erweitere zwar den Schutz von Heim-
bewohnern, indem nicht nur das Gesamtentgelt, sondern auch die Entgeltbestandteile im Verhältnis zu den Leistungen angemessen sein müßten. Da die Ersparnis von Lebensmitteln sich jedoch indirekt auch zugunsten der Klägerin auswirke, weil der verminderte tatsächliche Sachaufwand die Berechnung des Entgelts mitbestimme, andererseits eine isolierte Betrachtung von Entgeltbestandteilen dann zu unterbleiben habe, wenn die Kostenersparnis des Trägers zu einem nicht zusätzlich vergüteten Mehraufwand führe, ergäben sich auch aus § 5 Abs. 7 HeimG keine Bedenken gegen die ungeminderte Vergütungspflicht. Schließlich sei zu beachten, daß sich nach § 4 Abs. 1 Satz 2 des Heimvertrags die Entgelte nach den Regelungen richten sollten, die in der Pflegesatzkommission jeweils vereinbart seien. Von den Pflegesatzkommissionen sei aber kein verringertes Entgelt für den Fall der Sondenernährung vorgesehen.

II.


Diese Beurteilung hält der rechtlichen Überprüfung ni cht stand.
1. Die Auffassung des Berufungsgerichts, der Vertrag sei im Hinblick auf die bei Vertragsschluß bekannte Notwendigkeit, die Klägerin über eine Sonde zu ernähren, mit dem Inhalt zustande gekommen, daß das vereinbarte Entgelt auch ohne die Gewährung der im Vertragstext vorgesehenen Verpflegung geschuldet sei, wird von den Feststellungen des Berufungsgerichts nicht getragen.
Nach den von der Beklagten verwendeten vorformulierten Vertragsbedingungen , die als Allgemeine Geschäftsbedingungen im Sinn des nach
Art. 229 § 5 Satz 1 EGBGB noch anwendbaren § 1 Abs. 1 AGBG (vgl. jetzt § 305 Abs. 1 Satz 1 und 2 BGB) anzusehen sind, wird in § 2 (Leistungen der Einrichtung) bestimmt, daß dem Bewohner die Verpflegung in einem im einzelnen aufgeführten Umfang erbracht wird; Sondennahrung wird hiervon nicht erfaßt und von der Einrichtung nicht geschuldet. In § 4 Abs. 1 ist bestimmt, daß die Einrichtung für ihre Leistungen leistungsgerechte Entgelte berechnen darf und sich die Entgelte grundsätzlich nach den Regelungen richten, die zwischen den Heimträgerverbänden und den öffentlichen Leistungs- und Kostenträgern in der Pflegesatzkommission jeweils vereinbart sind. Das Leistungsentgelt ist nach § 4 Abs. 2 unter anderem in ein Entgelt für Unterkunft, Verpflegung und Pflegeleistungen aufzuschlüsseln, wobei sich die Beträge - allerdings ohne Aufschlüsselung der Entgelte für Unterkunft und Verpflegung - aus einer Anlage zum Heimvertrag ergeben. Es liegt damit ein Vertragswerk vor, das - auch in seinen sonstigen Bezugnahmen insbesondere auf das Elfte Buch Sozialgesetzbuch - von dem Gedanken geprägt ist, eine einheitliche Grundlage für die Aufnahme und das Leben der Bewohner in der Einrichtung zu schaffen.
Daß die Parteien sich im Wege einer einzelvertraglichen Abrede von diesem Vertragswerk lösen wollten, um etwas anderes zu vereinbaren, ist so nicht vorgetragen worden. Das wird insbesondere deutlich an der von der Beklagten durchgängig vertretenen Auffassung, im Hinblick auf das in § 5 Abs. 7 HeimG und in § 84 Abs. 3 SGB XI enthaltene Verbot der Differenzierung sei es ihr nicht möglich, das Verpflegungsentgelt auf die Situation der Klägerin zuzuschneiden. Aber auch der Umstand, daß dem Betreuer der Klägerin - ihrem Sohn - bei Abschluß des Heimvertrags bewußt war, daß seine Mutter (zur Zeit) auf Sondennahrung angewiesen sei - das Berufungsgericht nimmt ihm ab, daß er sich über die Finanzierung der Sondenkost keine Gedanken gemacht habe
und froh gewesen sei, einen Heimplatz für seine Mutter gefunden zu haben -, läßt keinen Schluß darauf zu, er habe das geforderte Entgelt als angemessen akzeptiert.
2. Fehlt es hiernach an einer ausdrücklichen vertraglichen Regelung, wie das Verpflegungsentgelt abzurechnen ist, wenn die vertraglich vorgesehene Verpflegung wegen der Verabreichung von Sondennahrung nicht entgegengenommen werden kann, können mangels einer speziellen Regelung im Heimgesetz ergänzend die allgemein geltenden zivilrechtlichen Normen und diejenigen Bestimmungen der Beurteilung zugrunde gelegt werden, die bei einem gemischten Vertragstyp - wie es der Heimvertrag ist - den Schwerpunkt bilden (vgl. Senatsurteile BGHZ 148, 233, 234 f; vom 8. November 2001 - III ZR 14/01 - NJW 2002, 507, 508 - insoweit in BGHZ 149, 146 nicht abgedruckt; vom 22. Januar 2004 - III ZR 68/03 - BGHZ 157, 309, 320 = NJW 2004, 1104, 1107 unter II 3 e). Im Hinblick auf den dienstvertraglichen Schwerpunkt des hier zu beurteilenden Heimvertrags ist die Regelung in § 615 Satz 2 BGB von Bedeutung, nach der sich der Dienstverpflichtete bei einer Nichtabnahme der Dienste den Wert ersparter Aufwendungen anrechnen lassen muß. Wie der Senat in seinem nach Erlaß des Berufungsurteils verkündeten Urteil vom 22. Januar 2004 bereits zu einem Fall aus Baden-Württemberg entschieden hat, stehen die Vorschriften des Elften Buches Sozialgesetzbuch mit dem Instrument normativer Verträge zur Ausgestaltung des Pflegevertragsrechts der Anwendung des Rechtsgedankens des § 615 Satz 2 BGB nicht entgegen.
An dieser Entscheidung hält der Senat nach Überprüfung fest. Mit Rücksicht auf die von der Beklagten gegen eine entsprechende Verpflichtung vorgetragenen Argumente ist jedoch noch folgendes ergänzend hervorzuheben.


a) Die Beklagte macht maßgeblich darauf aufmerksam, daß der Vereinbarung der Pflegesätze (§ 85 SGB XI) und der Entgelte für Unterkunft und Verpflegung (§ 87 SGB XI) eine pauschalierende Berechnung zugrunde liege, damit der Träger die angebotenen Regelleistungen kostendeckend kalkulieren könne. Daß diese Leistungen von den Bewohnern in unterschiedlichem Umfang in Anspruch genommen würden, finde seinen Niederschlag darin, daß die vereinbarten Entgelte sich an durchschnittlichen Werten orientierten; demgegenüber würden keine Entgelte für einzelne Leistungen festgelegt. Diesem System müsse entsprechen, daß es auch bei der Auslegung und Anwendung des einzelnen Heimvertrags nicht darauf ankommen könne, in welchem Umfang der einzelne Bewohner von dem Leistungsangebot Gebrauch mache und die Pflegeeinrichtung - von der Differenzierung nach Pflegeklassen abgesehen - unterschiedlich in Anspruch nehme.
Der Senat hat die grundsätzliche Berechtigung dieser Üb erlegungen bereits im Urteil vom 22. Januar 2004 (BGHZ 157, 309, 317 ff unter II 3 d) anerkannt. Auch wenn jeder Bewohner erwarten kann, daß er die für seine Person notwendige Pflege erhält, ist hiermit nicht verbunden, daß das Heim seine Leistungen insgesamt individuell abrechnen müßte und der einzelne Bewohner Anpassungen des verabredeten Entgelts je nach individueller Ausnutzung verlangen könnte. Hiervon bleiben selbstverständlich Rechte unberührt, die dem Bewohner bei Mängeln der vertraglichen Leistungen zustehen (vgl. § 5 Abs. 11 HeimG). Der Senat sieht jedoch keine Grundlage dafür, dem Bewohner das volle Verpflegungsentgelt zu berechnen, wenn er aus Gründen, die mit seiner Lebenssituation zwingend verbunden sind, die normale Verpflegung nicht entgegennehmen kann. Kalkulatorische Gründe zwingen zu einer solchen Lösung
nicht, denn zum einen kann sich der Heimträger auf eine solche Situation einstellen , zum anderen kann ihr auch in der Pflegesatzverhandlung ohne weiteres in der Weise Rechnung getragen werden, daß für jeden Bewohner - gegebenenfalls unter Berücksichtigung eines bestimmten Auslastungsgrades des Heims - durchschnittliche Lebensmittelkosten kalkuliert werden und nicht, wie es hier angeklungen ist, die Entgelte danach ermittelt werden, was für die Bewohner, die Verpflegung entgegennehmen, aufgewendet worden ist, so daß sich bei der Umlegung auf alle Heimbewohner, einschließlich derer, die keine Verpflegung entgegennehmen können, kalkulatorisch ein günstigeres Entgelt ergibt. Daß auf diese Weise Bewohner, die mit Sondennahrung verpflegt werden müssen, zu einem Solidarausgleich für die Vergütung eines Leistungsbestandteils herangezogen werden, den sie aufgrund ihrer persönlichen Situation nicht in Anspruch nehmen können, hält der Senat nicht für gerechtfertigt. Ungeachtet der notwendigen Pauschalierung von Leistungen im Zusammenhang mit einer Betreuung in einem Pflegeheim sprechen der Grundsatz, im Heim oder zu Hause zu pflegende Betroffene gleichzubehandeln, und die Verschärfung des Maßstabs für die Angemessenheit von Entgelten und Entgeltbestandteilen (§ 5 Abs. 7 Satz 1 HeimG) entscheidend dagegen, den Betroffenen insoweit einen Solidarausgleich aufzuzwingen. Eine so weitgehende Pauschalierung wird von den Regelungen des Elften Buchs Sozialgesetzbuch, die gleichfalls den Schutz des Heimbewohners im Auge haben, nicht gefordert, wie der Senat im Urteil vom 22. Januar 2004 bereits eingehend begründet hat.

b) Der hier vertretenen Lösung steht auch nicht die gese tzliche Regelung entgegen, nach der die Pflegesätze und Entgelte für Unterkunft und Verpflegung nach einheitlichen Maßstäben zu bemessen sind und nicht zwischen Gruppen von Bewohnern oder Kostenträgern differenziert werden darf (vgl. § 5
Abs. 7 Satz 2, 4 HeimG, § 84 Abs. 3 SGB XI). Es geht nicht darum, unterschiedliche Entgelte für Bewohner, die auf Sondennahrung angewiesen sind, und andere Bewohner festzusetzen. Vielmehr ist ohne weiteres eine einheitliche Kalkulation auf der Grundlage möglich, daß jeder Heimbewohner zu verpflegen ist. Stellt sich dann heraus, daß ein - vermutlich immer wechselnder - Teil der Bewohner diese Verpflegung nicht mehr entgegennehmen kann und die entsprechenden Sachkosten für das Heim nicht weiter anfallen, ist das Heim ohne weiteres in der Lage, die Ersparnis dieser Aufwendungen an den Bewohner weiterzugeben. Ein mit dem Grundsatz einheitlicher Bemessung nicht zu vereinbarender Abschlag ist in einem solchen Vorgang nicht zu sehen.

c) Soweit § 4 Abs. 1 Satz 2 des Heimvertrags wegen der E ntgelte auf die Regelungen verweist, die zwischen den Heimträgerverbänden und den öffentlichen Leistungs- und Kostenträgern in der Pflegesatzkommission vereinbart sind, ergibt sich aus diesen Vereinbarungen keine Regelung der hier in Rede stehenden Problematik. Hieraus folgt jedoch nicht, wie das Berufungsgericht meint, daß das ungeminderte Verpflegungsentgelt gezahlt werden müßte. Vielmehr hat der Senat in seinem Urteil vom 22. Januar 2004 (aaO S. 321 f unter II 4) darauf hingewiesen, daß Grundprinzipien des bürgerlichen Rechts hiergegen sprächen und daß der durch § 87 SGB XI grundsätzlich vorgesehene Schutz des Heimbewohners unvollkommen wäre, wenn er in jedem Fall einer positiven vertraglichen Ausformung durch die Pflegesatzparteien bedürfte.

d) Ferner ist weder vorgetragen noch erkennbar, daß de r in NordrheinWestfalen geltende Rahmenvertrag im Sinn des § 75 SGB XI eine Pflicht des Heimbewohners begründen will, das volle Verpflegungsentgelt bei der Verabreichung von Sondennahrung weiter zu entrichten. Der zwischen den Parteien
geschlossene Heimvertrag, der aus der Sicht des Heimbewohners allein Geltungsgrund für eine Bestimmung des Rahmenvertrags sein kann (vgl. Senatsurteile BGHZ 149, 146, 152; vom 22. Januar 2004 aaO S. 314 unter II 3 b), bezieht keine Regelung mit diesem Inhalt im Sinn des § 2 Abs. 1 AGBG (vgl. jetzt § 305 Abs. 2 BGB) in den Heimvertrag ein. Soweit die Beklagte in den Vorinstanzen auf eine Regelung des Rahmenvertrags Bezug genommen hat, nach der das volle Entgelt auch in Fällen vorübergehender Abwesenheit gelten soll, handelt es sich, wie der Senat bereits entschieden hat (Urteil vom 22. Januar 2004 aaO S. 315 unter II 3 b), um einen anderen Sachbereich; für diesen gibt das Heimgesetz in § 5 Abs. 8 einen besonderen rechtlichen Rahmen, der für die hier zu entscheidende Frage gerade fehlt.

e) Schließlich kommt eine Verrechnung von Vorteilen des Heims bei der Ersparung von Verpflegungsaufwendungen mit einem möglichen Mehraufwand im pflegerischen Bereich nicht in Betracht (vgl. Senatsurteil vom 22. Januar 2004, aaO S. 318 ff zu II 3 d bb), so daß es auf die von der Revision erhobene Verfahrensrüge wegen der Einbeziehung von der Beklagten überreichter Pflegeanleitungen nicht ankommt. Vielmehr wirkt sich hier der von der Beklagten vertretene Gesichtspunkt aus, daß das Entgelt für die Pflege, die auch die medizinische Behandlungspflege mit einschließt, ohne Rücksicht auf den konkreten Aufwand des einzelnen Bewohners geschuldet wird, damit also die entsprechenden Leistungen bereits abdeckt.
3. a) Nach allem ist der Feststellungsantrag, daß die Beklagte nicht berechtigt ist, der Klägerin für die Zeit, in der sie mit Sondennahrung ernährt wird, ein Leistungsentgelt für die Verpflegung in Rechnung zu stellen, begründet. Das Rechtsschutzbedürfnis der Klägerin für diesen Feststellungsantrag ist un-
geachtet der daneben erhobenen Stufenklage zu bejahen, da die Leistungsklage lediglich den Zeitraum möglicher Überzahlungen in der Vergangenheit betrifft, während sich der Feststellungsantrag namentlich auf die künftige Handhabung bezieht und vermeiden soll, daß die Klägerin ein überhöhtes Entgelt entrichtet. Da der einheitliche Tagessatz für Unterkunft und Verpflegung - entgegen der in § 4 Abs. 2 des Heimvertrags angelegten Regelung - nicht aufgeschlüsselt ist, steht der Klägerin im Hinblick auf den vorbehaltenen Leistungsantrag auch ein auf § 242 BGB beruhender Anspruch auf Auskunft zu (zur Abgrenzung möglicher Auskunftspflichten vgl. Senatsurteil vom 19. Januar 1995 - III ZR 108/94 - NJW 1995, 1222, 1223).

b) Gegen die Zulässigkeit des vom Landgericht erlassenen T eilurteils bestehen keine Bedenken. In der Rechtsprechung ist anerkannt, daß im Rahmen einer Stufenklage ein Zwischenfeststellungsantrag nach § 256 Abs. 2 ZPO gestellt werden kann (vgl. BGH, Urteil vom 27. November 1998 - V ZR 180/97 - ZIP 1999, 447, 448). So liegt es auch hier.

c) Für das weitere Verfahren weist der Senat abschließe nd darauf hin, daß die Beklagte gegen den erhobenen Bereicherungsanspruch nicht einwenden kann, sie habe in den Pflegesatzverhandlungen so kalkuliert, daß nur die tatsächlich benötigte Verpflegung in die Preisbildung eingeflossen sei, es daher an einer Ersparnis von Aufwendungen fehle. Nach dem hier zu beurteilenden Vertrag hat sie der Klägerin Verpflegung versprochen und hierfür auch das Entgelt empfangen. Da die Beklagte die versprochene Verpflegung nicht hat gewähren müssen, ist sie um den entsprechenden Entgeltteil unabhängig davon bereichert, wie sie die Entgelte insgesamt kalkuliert hat.
Schlick Wurm Kapsa
Dörr Galke

Kommt der Dienstberechtigte mit der Annahme der Dienste in Verzug, so kann der Verpflichtete für die infolge des Verzugs nicht geleisteten Dienste die vereinbarte Vergütung verlangen, ohne zur Nachleistung verpflichtet zu sein. Er muss sich jedoch den Wert desjenigen anrechnen lassen, was er infolge des Unterbleibens der Dienstleistung erspart oder durch anderweitige Verwendung seiner Dienste erwirbt oder zu erwerben böswillig unterlässt. Die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend in den Fällen, in denen der Arbeitgeber das Risiko des Arbeitsausfalls trägt.

(1) Ist unter den Parteien streitig, ob ein Schaden entstanden sei und wie hoch sich der Schaden oder ein zu ersetzendes Interesse belaufe, so entscheidet hierüber das Gericht unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung. Ob und inwieweit eine beantragte Beweisaufnahme oder von Amts wegen die Begutachtung durch Sachverständige anzuordnen sei, bleibt dem Ermessen des Gerichts überlassen. Das Gericht kann den Beweisführer über den Schaden oder das Interesse vernehmen; die Vorschriften des § 452 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 bis 4 gelten entsprechend.

(2) Die Vorschriften des Absatzes 1 Satz 1, 2 sind bei vermögensrechtlichen Streitigkeiten auch in anderen Fällen entsprechend anzuwenden, soweit unter den Parteien die Höhe einer Forderung streitig ist und die vollständige Aufklärung aller hierfür maßgebenden Umstände mit Schwierigkeiten verbunden ist, die zu der Bedeutung des streitigen Teiles der Forderung in keinem Verhältnis stehen.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 120/04 Verkündet am:
10. Dezember 2004
K a n i k,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Der Erbe ist nicht verpflichtet, sein Erbrecht durch einen Erbschein nachzuweisen
; er hat auch die Möglichkeit, den Nachweis seines Erbrechts in anderer Form
zu erbringen.

b) Die Eigentumsvermutung des § 891 BGB läßt sich mit dem Fehlen einer förmlichen
Genehmigung nach dem Devisengesetz der DDR nicht widerlegen, wenn
eine Grundstücksverkehrsgenehmigung nach der Grundstücksverkehrsverordnung
vorliegt, weil in diesem Fall die Erteilung einer förmlichen devisenrechtlichen
Genehmigung entfiel.
BGH, Urt. v. 10. Dezember 2004 - V ZR 120/04 - OLG Dresden
LG Leipzig
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 10. Dezember 2004 durch den Vizepräsidenten des Bundesgerichtshofes
Dr. Wenzel, die Richter Prof. Dr. Krüger, Dr. Lemke, Dr. Schmidt-Räntsch und
die Richterin Dr. Stresemann

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 9. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Dresden vom 11. Mai 2004 aufgehoben.
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der 16. Zivilkammer des Landgerichts Leipzig vom 1. Juli 2003 wird zurückgewiesen.
Die Kosten der Rechtsmittelverfahren trägt die Klägerin.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Der am 16. März 2000 verstorbene und nach einem am 4. April 2000 in Bulgarien notariell eröffneten Testament von der Klägerin beerbte bulgarische Staatsbürger Prof. Dr. A. P. P. (im folgenden Erblasser) wurde am 4. Dezember 1967 als Eigentümer des Grundstücks D. ring 8 in L. in das Grundbuch eingetragen. Am 3. Mai 1979 schenkte er das Grundstück der Beklagten. Für diese handelte bei dem Abschluß des Vertrages der „außerordentliche und bevollmächtigte Botschafter der Volksrepublik Bulgarien“ P. K. , „ausgewiesen durch Diplomatenpaß". Am 16. Mai 1979 erteilte der Liegenschaftsdienst des Rats des Bezirks L. , Außenstelle L. , die Genehmigung nach der Grundstücksverkehrsverordnung. Am gleichen Tage wurde die Beklagte, vertreten durch ihr Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten, in das Grundbuch eingetragen.
Die Klägerin verlangt die Berichtigung des Grundbuchs, Herausgabe des Grundstücks und Auskunft über die gezogenen Nutzungen. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat ihr im wesentlichen stattgegeben. Dagegen richtet sich die von dem Oberlandesgericht zugelassene Revision der Beklagten, mit der diese die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils anstrebt. Die Klägerin beantragt die Zurückweisung des Rechtsmittels.

Entscheidungsgründe:


I.


Das Berufungsgericht hält die Klägerin für aktivlegitimiert. Sie habe zwar keinen Erbschein, wohl aber ein in Bulgarien notariell eröffnetes Testament vorgelegt, aus dem sich ihre Erbenstellung ergebe. Anhaltspunkte für eine andere Rechtsnachfolge ergäben sich nicht. Der Schenkungsvertrag der Beklagten mit dem Erblasser sei nichtig. Diese Frage beurteile sich gemäß § 12 Abs. 3 des Rechtsanwendungsgesetzes der DDR vom 5. Dezember 1975 (GBl. I S. 748 - im folgenden RAG) nach dem Recht der DDR als lex rei sitae. Danach habe der Vertrag neben einer Genehmigung nach der Grundstücksverkehrsverordnung vom 15. Dezember 1977 (GBl. 1978 I S. 73 - im folgenden GVVO) auch einer Genehmigung nach dem Devisengesetz vom 19. Dezember 1973 (GBl. I S. 574 - im folgenden DevG) bedurft, an der es fehle. Im übrigen habe der Botschafter der Beklagten diese bei Abschluß des Schenkungsvertrages nicht vertreten können. Nach dem hier maßgeblichen Recht der DDR habe weder eine gesetzliche noch eine rechtsgeschäftliche Vertretung vorgelegen. Die Beklagte habe das Eigentum auch nicht später erworben. Eine Ersitzung scheitere daran, daß die Ersitzungsfrist von 20 Jahren am 3. Oktober 1990 nicht verstrichen gewesen sei und sich mit diesem Tage auf 30 Jahre verlängert habe. Auf Grund von Art. 237 § 2 Abs. 1 Satz 1 EGBGB habe die Beklagte Eigentum nicht erworben. Zwar sei die Vorschrift verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden und die Klagefrist auch versäumt worden. Dem Erblasser und in seiner Nachfolge der Klägerin sei aber nach Art. 237 § 2 Abs. 1 Satz 4 EGBGB Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung dieser Klagefrist zu gewähren, weil er zur Führung des erforderlichen Prozesses nicht in der Lage gewesen sei und rechtzeitig vor Ablauf der Klagefrist einen
Lage gewesen sei und rechtzeitig vor Ablauf der Klagefrist einen Prozeßkostenhilfeantrag eingereicht habe. Die Klagefrist sei nämlich nicht schon mit dem Ablauf des 30. September 1998, sondern erst mit dem Ablauf des 20. Dezember 1998 verstrichen. Das ergebe sich gemäß Art. 237 § 2 Abs. 4 EGBGB daraus, daß bei Inkrafttreten jener Vorschrift Verhandlungen zwischen den Parteien geschwebt und nicht vor Ablauf des 20. November 1998 geendet hätten.

II.


Diese Erwägungen halten einer revisionsrechtlichen Prüfung nicht stand.
1. Allerdings ist die Feststellung, daß die Klägerin für den vorliegenden Rechtsstreit aktivlegitimiert ist, revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

a) Das ergibt sich nicht schon daraus, daß die Beklagte mit ihrem Bestreiten der Aktivlegitimation der Klägerin im Berufungsverfahren präkludiert gewesen wäre. Eine solche Präklusion setzt nach § 531 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 ZPO voraus, daß die Beklagte die Aktivlegitimation der Klägerin im ersten Rechtszug aus Nachlässigkeit nicht bestritten hat. Daran fehlt es. Die Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht zwar erklärt, die Aktivlegitimation der Klägerin vorerst nicht bestreiten zu wollen. Sie hat aber darauf hingewiesen, daß sie diese nicht habe prüfen können, und sich ein späteres Bestreiten vorbehalten. Dieses Vorbringen hat sie in einem innerhalb der Schriftsatzfrist eingereichten Schriftsatz vom 4. Mai 2001 um die Aufforderung an die Klägerin ergänzt, ihre Aktivlegitimation durch einen gegenständlich beschränkten Erbschein gemäß § 2369 BGB nachzuweisen. Das reicht als
Bestreiten aus. Jedenfalls war es unter den hier gegebenen Umständen nicht nachlässig, wenn sich die Beklagte im ersten Rechtszug mit diesem Vorbringen begnügte. Es ließ sich zwar aus den der Klageerwiderung der Beklagten vom 31. Januar 2001 beigefügten Unterlagen entnehmen, daß der Erblasser zu diesem Zeitpunkt bereits verstorben war. Wer mit welchen Anträgen den Rechtsstreit fortführen wollte, erfuhr die Beklagte aber erst aus einem wenige Tage vor der mündlichen Verhandlung zu den Akten gereichten Schriftsatz der Klägerin , zu dessen Überprüfung sie bis zur mündlichen Verhandlung nicht in der Lage war. Unter diesen Umständen war ihr nicht zuzumuten, die Aktivlegitimation der Klägerin ungeprüft vorsorglich zu bestreiten. Sie konnte sich damit begnügen , diese zur Vorlage eines Erbscheins aufzufordern, und die Aktivlegitimation erst zu bestreiten, als diese der Aufforderung nicht Folge leistete.

b) Fehlerfrei hält das Berufungsgericht jedoch das Bestreiten der Aktivlegitimation für unsubstantiiert.
aa) Die Klägerin hat ihre Sachbefugnis unter Vorlage eines in Bulgarien notariell eröffneten Testaments des Erblassers vom 15. April 1998 ausreichend dargelegt. In diesem Testament ist die Klägerin als Alleinerbin des Erblassers eingesetzt worden. Ihr als gesetzlicher Erbe sonst in Betracht kommender Sohn vertritt sie im Prozeß und stellt ihr Erbrecht nicht in Frage. Unter diesen Umständen konnte die Beklagte die Aktivlegitimation der Klägerin nur in Zweifel ziehen, wenn hinreichende Anhaltspunkte dafür vorgelegen hätten, daß der Erblasser das Testament später widerrufen oder geändert haben könnte und zu wessen Gunsten dies hätte erfolgt sein können. Das ist nicht geschehen.
bb) Daran ändert nichts, daß die Klägerin der Aufforderung der Beklagten nicht nachgekommen ist, ihr Erbrecht durch einen Erbschein nachzuweisen. Nach dem von der Beklagten unwidersprochen gebliebenen Vortrag der Klägerin wäre ein solcher Nachweis durch einen uneingeschränkten bulgarischen Erbschein nicht möglich, da die Erteilung eines solchen Erbscheins bei einem notariell eröffneten Testament nicht vorgesehen ist. Ob die Erteilung eines gegenständlich beschränkten inländischen Erbscheins am eingetragenen Eigentum der Beklagten scheitern würde oder mit Rücksicht auf die geltend gemachten Ansprüche der Beklagten auf das eingetragene Eigentum möglich wäre, bedarf keiner Entscheidung. Nach dem insoweit maßgeblichen deutschen Recht ist der Erbe nicht verpflichtet, sein Erbrecht durch einen Erbschein nachzuweisen; er hat auch die Möglichkeit, den Nachweis seines Erbrechts in anderer Form zu erbringen (RGZ 54, 343, 344; Erman/W. Schlüter, BGB, 11. Aufl., § 2365 Rdn. 2; MünchKomm-BGB/J. Mayer, 4. Aufl., § 2365 Rdn. 32). Das hat die Klägerin durch das im bulgarischen Erbstatut dafür vorgesehene notariell eröffnete Testament des Erblassers hinreichend getan. Daß dieses Testament unrichtig oder widerrufen sein könnte, macht die Beklagte nicht geltend.
2. Die Klägerin kann aber nicht Berichtigung des Grundbuchs (§ 894 BGB), Herausgabe des Grundstücks (§ 985 BGB) und Auskunft über die gezogenen Nutzungen (§§ 987 ff., 260, 242 BGB) verlangen.

a) Die Beklagte ist als Eigentümerin des streitbefangenen Grundstücks in dem Grundbuch eingetragen. Für sie streitet daher die Vermutung des § 891 BGB. Diese läßt sich nicht schon dadurch ausräumen, daß sie erschüttert wird; sie muß vielmehr durch den Beweis des Gegenteils widerlegt werden (Senat,
Urt. v. 16. November 1979, V ZR 93/77, NJW 1980, 1047, 1048). Das ist der Klägerin nach den getroffenen Feststellungen nicht gelungen.

b) Daß die erforderliche devisenrechtliche Genehmigung ausgeblieben wäre und die Schenkung des Erblassers deshalb nach § 11 Abs. 4 Satz 2 DevG nichtig wäre, ist nicht fehlerfrei festgestellt. Entgegen der Annahme des Berufungsgerichts ergibt sich weder aus dem Schenkungsvertrag, daß die Genehmigung "vergessen" wurde, noch läßt sich aus der Tatsache, daß die Beklagte zur Erteilung der Genehmigung nicht substantiiert vorgetragen hat, herleiten , daß die Genehmigung ausgeblieben ist.
aa) Die Frage der Genehmigungsbedürftigkeit des Vertrages hat das Berufungsgericht allerdings zutreffend nach dem Recht der DDR beurteilt. Die Wirksamkeit eines Schenkungsvertrags, der wie der des Erblassers mit der Beklagten vor dem 3. Oktober 1990 geschlossen wurde, richtet sich gemäß Art. 236 § 1 EGBGB in Verbindung mit § 12 Abs. 3 RAG nach dem Belegenheitsstatut , hier dem Recht der DDR. Speziell für das hier zu beurteilende Genehmigungserfordernis ergibt sich die Maßgeblichkeit des Belegenheitsrechts auch daraus, daß es sich bei dem Devisengesetz um zwingende Vorschriften des Rechts der DDR handelt, die nach einem in Art. 34 EGBGB zum Ausdruck kommenden, allgemeinen Rechtsgedanken unabhängig von dem auf das Rechtsgeschäft nach den Regeln des internationalen Privatrechts anwendbaren Recht (Soergel/von Hoffmann, BGB, 12. Aufl., Art. 34 EGBGB Rdn. 13) Geltung beanspruchten (Bamberger/Roth/S. Lorenz, BGB, Art. 34 EGBGB Rdn. 19; Erman/G. Hohloch, BGB, 11. Aufl., Art. 34 EGBGB Rdn. 14; MünchKommBGB /Martiny, 3. Aufl., Art. 34 EGBGB Rdn. 66, jeweils für den vergleichbaren Fall des AWG).

bb) Das Berufungsgericht hat auch zu Recht angenommen, daß der Schenkungsvertrag zwischen dem Erblasser und der Beklagten nicht nur einer Genehmigung nach der Grundstücksverkehrsverordnung bedurfte, sondern zusätzlich auch einer devisenrechtlichen Genehmigung. Dafür ist die zwischen den Parteien streitige Frage, ob der Erblasser bei Abschluß des Schenkungsvertrags seinen ständigen Wohnsitz in der DDR hatte oder dort zumindest mehr als sechs Monate lebte, unerheblich.
(1) Hatte der Erblasser seinen ständigen Wohnsitz in Bulgarien und lebte er auch nicht mehr als sechs Monate in der DDR, wie die Klägerin vorträgt, ergibt sich die Genehmigungspflicht aus § 11 Abs. 2 Satz 2 Anstrich 2 DevG. Danach unterlag der Vertrag eines Devisenausländers, auf Grund dessen das Eigentum an im Inland belegenen Devisenwerten übertragen werden soll, einer Genehmigungspflicht nach dem Devisengesetz. Eine Schenkung ist ein solcher Vertrag. Zu Devisenwerten im Sinne des Devisengesetzes gehörten nach § 5 Abs. 1 Nr. 6 DevG auch Grundstücke. Der Erblasser war nach dem Vortrag der Klägerin schließlich auch Devisenausländer im Sinne der §§ 3 Nr. 1 und 4 Abs. 1 DevG.
(2) Nichts anderes ergibt sich im Ergebnis, wenn man den Vortrag der Beklagten zugrunde legt. Danach hatte der Erblasser seinen ständigen Wohnsitz in der DDR, lebte dort aber jedenfalls mehr als sechs Monate. Trifft das zu, war der Erblasser Deviseninländer. Seine Schenkung unterlag dann zwar nicht nach § 11 Abs. 2 Satz 2 Anstrich 2 DevG, wohl aber als Devisenumlauf zwischen einem Deviseninländer und einem Devisenausländer nach § 11 Abs. 2 Satz 1 DevG der devisenrechtlichen Genehmigungspflicht.

cc) Die devisenrechtliche Genehmigung ist auch nicht durch die Grundstücksverkehrsgenehmigung nach der Grundstücksverkehrsverordnung ersetzt worden. Die Grundstücksverkehrsgenehmigung umfaßte nach § 3 Abs. 2 GVVO nämlich nur die preisrechtliche Genehmigung, die steuerliche Unbedenklichkeitsbescheinigung und die Bestätigung, daß gegen den Erwerb des Grundstücks baurechtlich und städtebaulich keine Bedenken bestehen. Eine Ersetzung der devisenrechtlichen Genehmigung war nicht vorgesehen. Sie ergibt sich auch nicht aus § 4 Abs. 3 der Durchführungsbestimmung zur Grundstücksverkehrsverordnung vom 19. Januar 1978 (GBl. I S. 77 - im folgenden DB-GVVO). Diese Vorschrift verpflichtet die Grundstücksverkehrsbehörde nur dazu, sich bei Vorgängen, die auch devisenrechtlich genehmigungspflichtig sind, mit den hierfür zuständigen Behörden abzustimmen.
dd) Das Fehlen eines förmlichen Genehmigungsbescheids ist aber entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts kein Beleg dafür, daß die devisenrechtliche Genehmigung übersehen oder nicht erteilt worden ist.
(1) Eine devisenrechtliche Genehmigung war zwar nach § 11 der Ersten Durchführungsbestimmung zum Devisengesetz vom 19. Dezember 1973 (GBl. I S. 579 – im folgenden: DB 1 DevG) nicht nur schriftlich zu erteilen, sondern auch mit einer Rechtsmittelbelehrung zu versehen und dem Antragsteller auszuhändigen oder zu übersenden. Die Erteilung eines besonderen förmlichen Bescheids war aber in der Rechtspraxis der DDR bei der Erteilung einer devisenrechtlichen Genehmigung für Grundstücksgeschäfte nicht vorgesehen. Bei Grundstücksgeschäften war nämlich neben der devisenrechtlichen Genehmigung auch eine Genehmigung nach der Grundstücksverkehrsverordnung erforderlich. Hierbei hatten sich die Genehmigungsbehörden nach § 4 Abs. 3 DB-
derlich. Hierbei hatten sich die Genehmigungsbehörden nach § 4 Abs. 3 DBGVVO miteinander abzustimmen. Dieses Abstimmungsgebot verlangte nach damaliger Auffassung nicht nur eine Abstimmung im Ergebnis, sondern eine umfassende Verfahrenskoordinierung (Straub, NJ 1978, 166). Die Modalitäten dieser Koordinierung haben die Ministerien des Innern und der Finanzen der DDR im Einvernehmen mit den Ministerien für Land-, Forst- und Nahrungsgüterwirtschaft sowie mit dem Amt für Rechtsschutz des Vermögens der DDR in einer Gemeinsamen Richtlinie zur Regelung des Verfahrens der Leitung und Kontrolle des Grundstücksverkehrs vom 16. Mai 1978 (abgedruckt in: Bundesministerium der Justiz (Hrsg.), Sammlung von Vorschriften, internen Anweisungen und Erläuterungen zum Grundstücksrecht der ehemaligen DDR 1996, Nr. 78.-05.-16.-1 - im folgenden: Gemeinsame Richtlinie [GRL]) festgelegt.
(2) Nach Nr. 34 Abs. 2 GRL hatten sich die beteiligten Stellen inhaltlich aufeinander abzustimmen. Sie mußten abweichende Entscheidungen vermeiden. Um das sicherzustellen, waren alle beteiligten Stellen verpflichtet, die Einwendungen und Entscheidungen in einem Umlaufpapier nach Anlage 4 zur Gemeinsamen Richtlinie zusammenzufassen. Der dort vorgesehene Verfahrensablauf wich teilweise von § 11 DB 1 DevG ab. Die Abweichung bestand darin, daß die erforderlichen Genehmigungen für ein Grundstücksgeschäft nicht getrennt bei den verschiedenen zuständigen Stellen einzuholen waren, sondern in der durch die zuständige Grundstücksverkehrsgenehmigungsbehörde regelmäßig zu erteilenden Grundstücksverkehrsgenehmigung zusammengefaßt wurden. Die Behörde hatte den Genehmigungsantrag mit einem Verwaltungsvorgang, der aus dem vorgegebenen Formblatt bestand, hintereinander bei den verschiedenen Stellen vorzulegen, die auf diesem Papier an den im Vordruck jeweils vorgesehenen Stellen ihre Stellungnahmen abzugeben hatten. Zu diesen Stellen gehörte nach Nr. 4 des Umlaufpapiers
ten. Zu diesen Stellen gehörte nach Nr. 4 des Umlaufpapiers der Anlage 4 zur Gemeinsamen Richtlinie auch die Abteilung Finanzen des Rats des Bezirks, die nach § 7 DB 1 DevG für die Erteilung der devisenrechtlichen Genehmigung zuständig war. Diese mußte bei jedem Grundstücksverkehrsgenehmigungsvorgang angeben, ob eine devisenrechtliche Genehmigung erforderlich war und, wenn das der Fall war, auf dem Papier diese Genehmigung erteilen (vgl. Nr. 4 Buchst. b der Anlage 4 zur Gemeinsamen Richtlinie). Ausweislich der weiteren Buchstaben der Nr. 4 entfiel ein Bescheid gegenüber dem Bürger. Nicht einmal die Verwaltungsgebühren wurden gesondert eingezogen, sondern in Buchst. d dieses Abschnitts des Umlaufpapiers zur Einziehung durch den Liegenschaftsdienst festgehalten. Das bedeutet, daß für Grundstücksgeschäfte abweichend von § 11 DB 1 DevG kein gesonderter förmlicher Bescheid, sondern lediglich eine interne devisenrechtliche Genehmigung gegenüber der Grundstücksverkehrsgenehmigungsbehörde vorgesehen war.
(3) Aus dem dem Urteil des Oberlandesgerichts Dresden vom 8. März 2000 (ZOV 2000, 177) zugrundeliegenden Fall ergibt sich entgegen der Ansicht der Klägerin nichts anderes. Auch in dem damaligen Fall lag kein förmlicher Bescheid über eine devisenrechtliche Genehmigung vor. Vielmehr fand sich in den Grundakten ein Schriftstück, ausweislich dessen der Rat des Kreises den Rat des Bezirks um Erteilung der devisenrechtlichen Genehmigung gebeten und der Rat des Bezirks diese auf demselben Papier durch Unterzeichnung eines Vordrucks erteilt hatte. Der Rat des Kreises hatte in diesem Fall zwar nicht das Papier selbst bei allen zu beteiligenden Stellen in Umlauf gegeben, ist aber im übrigen der Gemeinsamen Richtlinie gefolgt, insbesondere darin, daß den am Vertrag Beteiligten ein besonderer förmlicher Bescheid nicht erteilt wurde und dies auch nicht vorgesehen war und daß die Grund-
stücksverkehrsgenehmigung nicht ohne devisenrechtliche Genehmigung erteilt wurde. Daß sich im vorliegenden Fall ein solches Papier nicht bei den Grundakten befindet, besagt für die Erteilung der Genehmigung nichts. Das Papier oder auch eine gesonderte Beteiligung sind nicht Bestandteil der Grundakten, sondern der Genehmigungsakten. In die Grundakte zu gelangen hat nur die nach außen in Erscheinung tretende Grundstücksverkehrsgenehmigung (OLG Dresden, ZOV 2000, 177, 180). Diese ist hier zu den Grundakten gelangt.
(4) Bei Einhaltung des vorgegebenen Verfahrensablaufs war sichergestellt , daß die Abteilung Finanzen des Rats des Bezirks stets vor der abschließenden Entscheidung über einen Antrag auf Erteilung einer Grundstücksverkehrsgenehmigung beteiligt wurde und daß diese Genehmigung versagt wurde , wenn es zur Erteilung der erforderlichen devisenrechtlichen Genehmigung nicht kam. Zur Erteilung der Grundstücksverkehrsgenehmigung konnte es bei diesem Verfahrensablauf nur kommen, wenn die Abteilung Finanzen des Rats des Bezirks eine erforderliche devisenrechtliche Genehmigung vorher erteilt hatte. Aus dem Fehlen eines förmlichen Bescheids über die devisenrechtliche Genehmigung kann deshalb entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts nicht auf ein Fehlen der Genehmigung überhaupt geschlossen werden. Die Erteilung einer Grundstücksverkehrsgenehmigung läßt im Gegenteil erwarten, daß die devisenrechtliche Genehmigung auch erteilt wurde.
(5) Daß der vorgegebene Verfahrensablauf hier nicht eingehalten worden wäre, hat die Klägerin nicht dargelegt. Auch die rasche Erteilung der Genehmigung belegt das nicht. Für die Erteilung der Grundstücksverkehrsgenehmigung war hier nach § 7 Abs. 1 Anstrich 2 GVVO die Außenstelle L. des Liegenschaftsdienstes des Rats des Bezirks L. zuständig, weil es sich um
den Erwerb eines Innenstadtgrundstücks durch einen ausländischen Staat handelte. Für die Erteilung der devisenrechtlichen Genehmigung war nach § 7 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 DB 1 DevG die Abteilung Finanzen des Rats des Bezirks L. zuständig, weil der Erblasser und die Beklagte jedenfalls nicht in demselben Bezirk ansässig waren und es dann auf die Belegenheit der Sache ankam. Eine Zuständigkeit des Ministeriums der Finanzen war nach § 8 DB 1 DevG nur gegeben, wenn zentrale staatliche Organe der DDR oder zentrale Gesellschaftliche Organisationen der DDR eine Genehmigung brauchten. Hier ging es aber um den Erwerb eines Grundstücks durch einen ausländischen Staat.
(6) Daß die devisenrechtliche Genehmigung versagt worden wäre, ist nicht festgestellt. Aus Anlage 5 der Gemeinsamen Richtlinie läßt sich hierfür nichts herleiten. Der Fall, daß ein Staat ein in der DDR belegenes Grundstück von einem seiner Staatsbürger erwirbt, ist dort nicht geregelt und findet auch in keinem der dort geregelten Fälle eine Parallele. Wenn die Behörden damals einen Versagungsgrund gesehen hätten, hätte dieser jedenfalls zwingend auch zur Versagung der Grundstücksverkehrsgenehmigung führen müssen. Tatsächlich ist für den von der Klägerin angenommenen Versagungsgrund auch nichts ersichtlich, da einem Erwerb durch die Beklagte als sozialistischem Staat nichts entgegenstand. Aus dem Vermerk der beiden Minister an den Sekretär des Zentralkomitees vom 13. Juni 1984 ergibt sich, daß die devisenrechtliche Genehmigung sogar auch nichtsozialistischen Staaten erteilt wurde.

c) Auch ein Mangel der Vertretung der Beklagten ist nicht festgestellt.
aa) Ein solcher Vertretungsmangel würde zwar zur Nichtigkeit der Schenkung führen, weil die nach § 59 Abs. 1 ZGB grundsätzlich mögliche Genehmigung von Geschäften eines Vertreters ohne Vertretungsmacht bei Verträgen , durch die, wie hier, das Eigentum an einem Grundstück übertragen werden sollte, an dem Erfordernis einer unbedingten Erklärung über den Eigentumsübergang in § 297 Abs. 1 ZGB scheiterte (Ministerium der Justiz [Hrsg.] Kommentar zum ZGB der DDR, 2. Aufl. § 297 Anm. 1.2). Das Berufungsgericht hat diese Frage mit Recht nicht unmittelbar nach Völkerrecht beurteilt. Dieses verhält sich nur zu den Befugnissen von Botschaftern und anderen Repräsentanten von Völkerrechtssubjekten beim Abschluß von völkerrechtlichen Verträgen und sonstigen diplomatischen Vorgängen. Diese richten sich aber nach anderen Kriterien als Rechtsgeschäfte des Privatrechts und besagen als solche nichts darüber, ob und durch wen Staaten außerhalb des Völkerrechts bei zivilrechtlichen Geschäften vertreten werden. Das Berufungsgericht hat die Frage einer wirksamen Vertretung der Beklagten im Ansatz zutreffend nach internationalem Privatrecht und dem danach anzuknüpfenden Zivilrecht beurteilt.
bb) Anzuwenden ist im Ergebnis aber entgegen der Annahme des Berufungsgerichts nicht das Zivilrecht der DDR, sondern bulgarisches Zivilrecht (vgl. Senat, BGHZ 40, 197, 199). Dafür ist es im vorliegenden Fall unerheblich, nach welchen Regeln des internationalen Privatrechts man das anwendbare Recht bestimmt.
(1) Sieht man in der Frage der Vertretung Bulgariens mit dem Berufungsgericht ein Problem der Stellvertretung, ist dafür nach Art. 236 § 1 EGBGB in Verbindung mit § 15 Abs. 1 RAG das Recht der DDR als Ge-
brauchsstatut maßgeblich. Dieses verlangte für die rechtsgeschäftliche Vertretung bei einem beurkundungspflichtigen Rechtsgeschäft eine notariell beurkundete Vollmacht, über die der damalige Botschafter der Beklagten in der DDR nach den Feststellungen des Berufungsgerichts nicht verfügte. Hier ging es aber nicht um eine rechtsgeschäftliche Vertretung der Beklagten, sondern um ihre gesetzliche Vertretung. Diese richtete sich gemäß §§ 11 Abs. 3, 55 Abs. 1 ZGB nach den Statuten des Betriebs oder der gesellschaftlichen oder staatlichen Organisation. Bei diesen Statuten handelt es sich im Fall der Beklagten um die für die Vertretung des Staats und seiner Einrichtungen maßgeblichen Vorschriften des bulgarischen Rechts.
(2) Nichts anderes ergibt sich, wenn man die Frage der gesetzlichen Vertretung eines Staates nicht als Problem der Stellvertretung, sondern als eine Frage behandelt, für die das Personalstatut des Staates maßgeblich ist (so Ministerium der Justiz der DDR [Hrsg.], Internationales Privatrecht, Kommentar zum Rechtsanwendungsgesetz, 1. Aufl. 1989, § 15 Anm. 1.6, § 8 Anm. 1). Dann wäre bulgarisches Recht unmittelbar anzuwenden.
cc) Zur gesetzlichen Vertretungsmacht des Botschafters K. nach den maßgeblichen Regeln des bulgarischen Rechts über die Vertretung des bulgarischen Staates bei einem im Ausland vorzunehmenden Rechtsgeschäft zum Erwerb eines Grundstücks für Botschaftszwecke hat die Beklagte schon in der Klageerwiderung behauptet, daß sie sich in Ermangelung besonderer nationaler Vorschriften innerstaatlich nach den Regelungen des Wiener Übereinkommens über den diplomatischen Dienst richte. Daß und aus welchen Gründen dies nicht der Fall gewesen sein könnte und daß sich die Befugnis des Botschafters der Beklagten in der DDR auch nicht aus anderen Regeln des
bulgarischen Rechts ergab, hat die Klägerin nicht dargelegt und das Berufungsgericht nicht festgestellt.
dd) Aus dem Beschluß des Kammergerichts in Berlin vom 16. Oktober 1973 (NJW 1974, 1627) ergibt sich nichts anderes. Gegenstand dieses Beschlusses war nicht die Frage, ob der Botschafter eines Landes die Befugnis zum Verkauf eines Grundstücks hat, das seinem Staat gehört, sondern nur die Frage, ob diese Befugnis ohne Nachweis in der Form des § 29 GBO angenommen werden kann. Das Kammergericht hat die Anwendung des Wiener Übereinkommens nur als Ersatz für einen solchen Nachweis abgelehnt, sich aber nicht dazu geäußert, ob diese Völkerrechtsregeln auch als interne Regeln angewandt werden können. Außerdem betraf die Entscheidung den Verkauf eines Grundstücks zu fiskalischen Zwecken. Hier geht es aber um den schenkungsweisen Erwerb zur Erweiterung der Botschaft.
3. Ist die Eigentumsvermutung aber nicht widerlegt, kommt es nicht mehr darauf an, ob die Beklagte jedenfalls nach Art. 237 § 2 Abs. 1 Satz 1 EGBGB, den der Senat für verfassungsrechtlich unbedenklich hält (Urt. v. 17. Oktober 2003, V ZR 91/03, VIZ 2004, 128, 129 f.), Eigentum erworben hätte.

III.


Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO.
Wenzel Krüger Lemke Schmidt-Räntsch Stresemann

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XI ZR 311/04 Verkündet am:
7. Juni 2005
Herrwerth,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
_____________________

a) Der Erbe ist nicht verpflichtet, sein Erbrecht durch einen Erbschein nachzuweisen
; er hat auch die Möglichkeit, den Nachweis seines Erbrechts in anderer
Form zu erbringen.

b) Ein eröffnetes öffentliches Testament stellt in der Regel einen ausreichenden
Nachweis für sein Erbrecht dar.
BGH, Urteil vom 7. Juni 2005 - XI ZR 311/04 - LG Berlin
AG Charlottenburg
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 7. Juni 2005 durch den Vorsitzenden Richter Nobbe und
die Richter Dr. Müller, Dr. Wassermann, Dr. Ellenberger und Prof.
Dr. Schmitt

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil der Zivilkammer 10 des Landgerichts Berlin vom 19. August 2004 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, daß die Beklagte - unter Zurückweisung der Klage im übrigen - zur Zahlungan die Kläger als Mitgläubiger verurteilt wird.
Die Beklagte trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Kläger nehmen die beklagte Bank auf Erstattung von Gerichtskosten für die Erteilung eines Erbscheins in Anspruch.
Der Erblasser, Ehemann der Klägerin zu 1) und Vate r der Kläger zu 2) und 3), hatte der Beklagten ein langfristiges sogenanntes BerlinDarlehen gewährt. Mit notariell beurkundetem Testament vom
11. November 1997 setzte er die Kläger zu gleichen Teilen als Erben ein und ordnete eine Vermögensauseinandersetzung an, nach der die Klägerin zu 1) sein gesamtes geldwertes Vermögen und die Kläger zu 2) und
3) Eigentum an Grundstücken sowie Geschäftsanteile an einer GmbH erhalten sollten. Mit notariell beurkundetem Testament vom 9. Februar 2000 nahm er eine Änderung der Teilungsanordnung be treffend die Kläger zu 2) und zu 3) vor.
Nach dem Tode des Erblassers am 4. Dezember 2001 b at die Klägerin zu 1) die Beklagte mit Schreiben vom 20. Januar 2002 unter Beifügung von Fotokopien der Sterbeurkunde und des eröffneten Testaments vom 11. November 1997 um Umschreibung des Darlehenskontos auf ihren Namen. Die Beklagte antwortete am 23. April 2002, die eingereichten Unterlagen seien für die Umschreibung nicht ausreichend, weshalb sie um Übersendung des Erbscheins im Original bzw. in beglaubigter Form bitte. Außerdem sei die Zustimmung der Volksbank S. (im folgenden: Volksbank) erforderlich, an die die Forderungen aus dem Darlehen sicherungshalber abgetreten worden waren. Nachdem die Volksbank mit Schreiben vom 2. Mai 2002 unter Beifügung von Fotokopien der Sterbeurkunde sowie beider eröffneter Testamente der Beklagten ihre Zustimmung zur Umschreibung des Darlehens auf die Erben erklärt hatte, teilte die Beklagte auch ihr am 20. Juni 2002 mit, sie könne das Testament als Nachweiserleichterung nicht berücksichtigen und benötige für die Übertragung des Darlehens eine beglaubigte Kopie des Erbscheins zur Einsichtnahme. Eine Ablichtung dieses Schreibens erhielt die Klägerin zu 1) zur Kenntnisnahme.
Mit Schreiben vom 1. August 2002 übersandten die d rei Kläger der Beklagten den von ihnen erwirkten Erbschein und baten um Umschreibung des Darlehenskontos auf die Klägerin zu 1). Zugleich forderten sie die Beklagte erfolglos zur Erstattung der durch den Erbschein verursachten Gerichtskosten in Höhe von 1.434 € auf.
Die Kläger halten die Beklagte unter dem Gesichtsp unkt positiver Vertragsverletzung für verpflichtet, die Gerichtskosten für den Erbschein zu erstatten. Dessen Anforderung sei unberechtigt gewesen, weil die Stellung der Kläger als Erben bereits durch die eröffneten Testamente hinreichend nachgewiesen worden sei. Die Beklagte hält ihr Vorgehen für berechtigt, zumal sie angenommen habe, daß bereits ein Erbschein existiere, und die Kläger nicht darauf hingewiesen hätten, daß dieser allein für die Kontoumschreibung bei der Beklagten beantragt werden müsse.
Das Amtsgericht hat die Klage auf Zahlung von 1.43 4 € zuzüglich Zinsen abgewiesen. Das Landgericht hat die Beklagte antragsgemäß zur Erstattung der Kosten an die Kläger als Gesamtgläubiger verurteilt. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf Klageabweisung weiter.

Entscheidungsgründe:


Die Revision ist im wesentlichen nicht begründet.

I.


Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Ent scheidung ausgeführt:
Den Klägern stehe als in den Darlehensvertrag des Erblassers eingetretene Erben ein Anspruch auf Ersatz der Kosten des Erbscheins aus positiver Forderungsverletzung wegen Erfüllungsverweigerung zu. Die Beklagte habe zu Unrecht die Umschreibung des Darlehens auf die Klägerin zu 1) verweigert, obwohl die Kläger die Erbfolge durch Übersendung des öffentlichen Testaments mit Eröffnungsprotokoll des zuständigen Amtsgerichts dargetan und durch die gemeinsame Unterschrift die Berechtigung der Klägerin zu 1), alleinige Kontoinhaberin zu werden, mitgeteilt hätten. Die Beklagte könne sich weder darauf berufen, daß der Erbschein der einzige rechtlich anerkannte Nachweis der Erbfolge sei, noch daß sie ein sonstiges begründetes Interesse an dessen Vorlage gehabt habe. In den Vorschriften des BGB existiere keine Vorschrift, wonach ein Schuldner von dem Erben als Legitimation die Vorlage eines Erbscheins verlangen und bis dahin die dem Erben geschuldete Leistung verweigern könne. Es habe auch keine vertragliche Regelung zwischen den Parteien des Darlehensvertrages bestanden, die es der Beklagten erlaubt habe, nur gegen Vorlage des Erbscheins das Darlehen umzuschreiben. Das Sicherungsinteresse der Beklagten müsse hier hinter dem Interesse des Erben, nicht mit unnötigen Kosten belastet zu werden, zurückstehen, da Anhaltspunkte für die Existenz weiterer dem eingereichten Testament widersprechender letztwilliger Verfügungen nicht bestanden hätten. Eine Verletzung der Schadensminderungspflicht auf seiten der Kläger liege nicht vor. Angesichts ihrer - nicht substantiiert be-
strittenen - Behauptung, die Beklagte habe eine Umschreibung ohne Erbschein mehrfach verweigert, sei ihnen nicht anzulasten, daß sie ihre Erstattungsforderung nicht vorab angekündigt hätten.

II.


Das Berufungsgericht ist zu Recht zu dem Ergebnis gelangt, daß die Beklagte den Klägern aus dem Gesichtspunkt der positiven Forderungsverletzung zur Erstattung der Gerichtskosten für den Erbschein verpflichtet ist (1.). Allerdings steht der Schadensersatzanspruch den Klägern - wie die Revision zutreffend beanstandet - nicht als Gesamt- sondern als Mitgläubigern zu (2.).
1. a) Die Kläger sind als testamentarische Erben d es ursprünglichen Darlehensgläubigers gemäß § 1922 Abs. 1, § 2032 BGB in den Darlehensvertrag mit der Beklagten eingetreten, auf den als Dauerschuldverhältnis für die Vorgänge des Jahres 2002 gemäß Art. 229 § 5 Satz 2 EGBGB das Bürgerliche Gesetzbuch in der vor dem 1. Januar 2002 geltenden Fassung Anwendung findet.

b) Die Beklagte hat gegen die ihr obliegenden vert raglichen Pflichten verstoßen, indem sie die Umschreibung des Darlehenskontos von der Vorlage eines Erbscheins abhängig gemacht hat. Dabei kann dahinstehen , ob - wie das Berufungsgericht angenommen hat - hier ein Fall der endgültigen Erfüllungsverweigerung vorlag. Bei der ernsthaften und endgültigen Erfüllungsverweigerung handelt es sich lediglich um einen Unterfall der Verletzung der allgemeinen Leistungstreuepflicht (OLG
Frankfurt OLGR Frankfurt 2001, 105, 106; OLG München NJW-RR 2003, 201, 202; MünchKommBGB/Emmerich, 4. Aufl. (2001) Vor § 275 Rdn. 241). Aus der Leistungstreuepflicht folgt die generelle Verpflichtung , den Vertragszweck und den Leistungserfolg weder zu gefährden noch zu beeinträchtigen (vgl. BGHZ 11, 80, 83 ff.; 90, 302, 308; BGH, Urteil vom 8. Juli 1982 - VII ZR 314/81, WM 1983, 125, 126 und vom 30. März 1995 - IX ZR 182/94, WM 1995, 1288, 1289). Jedenfalls gegen diese Verpflichtung hat die Beklagte verstoßen, als sie die Umschreibung des Darlehensvertrages auf die Kläger von der Vorlage eines Erbscheins abhängig machte.
aa) Der Darlehensvertrag mit dem Erblasser enthiel t unstreitig keine Vereinbarung darüber, in welcher Art und Weise nach dem Tode des Darlehensgebers dessen Rechtsnachfolge nachzuweisen ist. Insbesondere waren die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Banken oder Sparkassen nicht Vertragsinhalt. Auch einer der gesetzlich gesondert geregelten Fälle, in denen der Erbe die Rechtsnachfolge grundsätzlich durch einen Erbschein nachzuweisen hat (§ 35 Abs. 1 Satz 1 Grundbuchordnung , § 41 Abs. 1 Satz 1 Schiffsregisterordnung, § 86 des Gesetzes über Rechte an Luftfahrzeugen), liegt nicht vor.
bb) Abgesehen von diesen Sonderregelungen ist der Erbe nicht verpflichtet, sein Erbrecht durch einen Erbschein nachzuweisen, sondern hat auch die Möglichkeit, diesen Nachweis in anderer Form zu erbringen (BGH, Urteil vom 10. Dezember 2004 - V ZR 120/04, BGH-Report 2005, 558, 559 = FamRZ 2005, 515, 516). Es existiert keine Regelung, die den Nachlaßschuldner berechtigt, seine Leistung auch ohne entsprechende vertragliche Vereinbarung grundsätzlich von der Vorlage eines Erb-
scheins abhängig zu machen. Wie der Bundesgerichtshof im Anschluß an die Rechtsprechung des Reichsgerichts (RGZ 54, 343, 344) bereits entschieden hat, läßt sich ein solches Leistungsverweigerungsrecht auch nicht aus der gemäß § 2367 BGB bei Unrichtigkeit des Erbscheins befreienden Wirkung der Leistung an den Erbscheinserben ableiten (BGH, Urteil vom 27. Februar 1961 - II ZR 196/59, WM 1961, 479, 481). Dem entspricht auch die herrschende Auffassung in der Literatur (MünchKommBGB /Mayer, 4. Aufl. § 2365 Rdn. 32; Staudinger/Schilken, BGB (2004) § 2353 Rdn. 11 f., § 2365 Rdn. 5; Erman/Schlüter, BGB 11. Aufl. § 2365 Rdn. 2; Soergel/Zimmermann, BGB 13. Aufl. § 2367 Rdn. 1; Schwintowski, in: Schwintowski/Schäfer, Bankrecht 2. Aufl. § 2 Rdn. 27 f.).
Anlaß zu einer Änderung dieser Rechtsprechung best eht - anders als die Revision meint - auch aus Gründen des Schuldnerschutzes nicht. Der Umstand, daß die Gefahr der doppelten Inanspruchnahme allein aus der Risikosphäre des Gläubigers stammt, rechtfertigt es nicht, dessen Erben zum Schutz des Schuldners generell zur Vorlage eines Erbscheins zu verpflichten. Bei den Anforderungen an den Nachweis der Rechtsnachfolge ist auch den berechtigten Interessen der Erben an einer möglichst raschen und kostengünstigen Abwicklung des Nachlasses Rechnung zu tragen. Dabei kann die Forderung nach Vorlage eines Erbscheins in unklaren Fällen berechtigt sein (vgl. BGH, Urteil vom 27. Februar 1961 - II ZR 196/59, WM 1961, 479, 481), wird jedoch - wie hier - ein eröffnetes öffentliches Testament vorgelegt, wird dies - entsprechend den Regelungen in § 35 Abs. 1 Satz 2 Grundbuchordnung und § 41 Abs. 1 Satz 2 Schiffsregisterordnung - in der Regel als ausreichender Nachweis für die Rechtsnachfolge anzusehen sein. Daß
die Beklagte bei Rückzahlung des Berlin-Darlehens an Unberechtigte mit Steuermitteln haften müßte, ändert nichts.
Daß und aus welchen Gründen die Beklagte Anlaß geh abt hätte, Zweifel an der Richtigkeit der durch das notariell beurkundete Testament belegten Erbfolge zu haben, hat sie nicht dargetan. Ob die Beklagte die Umschreibung des Darlehens noch von ergänzenden Erklärungen der Kläger zur Nichtexistenz weiterer Testamente oder Erbberechtigter hätte abhängig machen können (vgl. OLG Bremen, OLGZ 65, 170, 172 f.), bedarf keiner Entscheidung. Ein solches Begehren hat die Beklagte nicht gestellt. Vielmehr hat sie die Umschreibung des Darlehens in ihren Schreiben vom 23. April 2002 und 20. Juni 2002 ausdrücklich von der Vorlage eines Erbscheins abhängig gemacht.
Entgegen der Auffassung der Revision hat die Bekla gte mit diesen beiden Schreiben auch nicht lediglich die Vorlage eines bereits existierenden Erbscheins verlangt; vielmehr ist den Schreiben unzweideutig zu entnehmen, daß die Vorlage eines Erbscheins in jedem Fall erforderlich sei. Die Beklagte hat auch nichts dazu vorgetragen, aus welchen Gründen sie zu der Annahme gelangt sein will, den Klägern sei bereits ein Erbschein erteilt worden.

c) Die Beklagte handelte auch schuldhaft. Ein etwa iger Rechtsirrtum über die Verpflichtung eines Erben zur Vorlage eines Erbscheins wäre unerheblich, weil nicht unverschuldet. Der beklagten Bank, die über rechtlich versierte Fachkräfte verfügt, mußte bekannt sein, daß Erben ihr Erbrecht nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und der ganz
herrschenden Meinung in der Literatur nicht nur durch einen Erbschein, sondern auch auf andere Weise nachweisen können.

d) Die vertragswidrige Forderung der Beklagten, ei nen Erbschein vorzulegen, ist für die Beantragung des Erbscheins durch die Kläger ursächlich geworden. Unstreitig ist der Erbschein ausschließlich aufgrund der Forderung der Beklagten beantragt worden und war für die Abwicklung des Nachlasses im übrigen nicht erforderlich. Die Beklagte vermag sich auch nicht darauf zu berufen, daß die Umschreibung des Darlehenskontos auf die Klägerin zu 1) vor Erwirkung des Erbscheins nicht von den Klägern gemeinsam, sondern nur von der Klägerin zu 1) verlangt worden ist. Denn die Beklagte hat dies in ihren Schreiben vom 23. April 2002 und 20. Juni 2002 zum Anlaß genommen, nicht nur die Umschreibung des Kontos auf die Klägerin zu 1) zu verweigern, sondern jede Umschreibung von der Vorlage eines Erbscheins abhängig zu machen.

e) Ein anspruchsminderndes Mitverschulden ist den Klägern nicht anzulasten. Angesichts der eindeutig gefaßten Schreiben der Beklagten vom 23. April 2002 und 20. Juni 2002 durften die Kläger davon ausgehen , daß sich die Beklagte durch einen Hinweis auf die durch die Erwirkung eines Erbscheins entstehenden Kosten nicht veranlaßt sehen würde , von der verlangten Vorlage eines Erbscheins Abstand zu nehmen.
2. Zu Recht wendet sich die Revision allerdings da gegen, daß das Berufungsgericht die Beklagte zur Zahlung an die Kläger als Gesamtgläubiger verurteilt hat. Eine Gesamtgläubigerschaft gemäß § 428 BGB liegt nicht vor. Vielmehr gehörte der Anspruch auf Umschreibung des Darlehensvertrages zum Nachlaß und war gemäß § 2039 BGB gegen-
über allen Erben zu erfüllen. Der Schadensersatzanspruch aus der Verletzung der entsprechenden Verpflichtung der Beklagten gehört deshalb ebenfalls zum Nachlaß (vgl. BGH, Urteil vom 30. Oktober 1986 - IX ZR 126/85, WM 1987, 217, 219).

a) Der Auffassung der Revisionserwiderung, die Klä ger seien deshalb Gesamtgläubiger der Beklagten, weil sie durch die gemeinschaftliche Klageerhebung stillschweigend eine Gesamtgläubigerschaft vereinbart hätten, ist nicht zu folgen. Für diese Annahme fehlt es bereits an einem ausreichenden Tatsachenvortrag in den Vorinstanzen. Allein die Formulierung des Klageantrags auf Zahlung an die Kläger "als Gesamtgläubiger" durch ihren Prozeßbevollmächtigten läßt keinen Schluß darauf zu, daß die Kläger untereinander einen entsprechenden rechtsgeschäftlichen Willen geäußert hätten. Im übrigen setzt die Vereinbarung einer Gesamtgläubigerschaft an einer bestehenden Forderung die Mitwirkung des Schuldners voraus (vgl. BGHZ 64, 67, 70 f.; BGH, Urteil vom 20. Juni 1996 - IX ZR 248/95, WM 1996, 1632).

b) Die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung an d ie Kläger als Gesamtgläubiger kann entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung auch nicht deshalb aufrecht erhalten bleiben, weil die Miterben einen von ihnen dazu ermächtigen können, von dem Verpflichteten die Leistung an sich selbst zu verlangen. Auch für die Annahme einer solchen Ermächtigung fehlt es an jeglichem tatsächlichen Vortrag der Kläger in den Vorinstanzen.

III.


Die Verurteilung der Beklagten hatte deshalb - nur insoweit hat die Revision Erfolg - nicht zur Zahlung an die Kläger als Gesamtgläubiger, sondern als Mitgläubiger zu erfolgen; eine solche Verurteilung stellt ein Weniger gegenüber einer Verurteilung zur Zahlung als Gesamtgläubiger dar (vgl. BGH, Urteil vom 7. Mai 1991 - XII ZR 44/90, WM 1991, 1727, 1728).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 2 Nr. 1, § 97 Abs. 1 ZPO.
Nobbe Müller Wassermann
Ellenberger Schmitt