Bundesgerichtshof Urteil, 10. Feb. 2011 - III ZR 310/09

bei uns veröffentlicht am10.02.2011
vorgehend
Landgericht München I, 15 O 18835/07, 15.10.2008
Oberlandesgericht München, 1 U 5235/08, 05.11.2009

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
III ZR 310/09
Verkündet am:
10. Februar 2011
K i e f e r
Justizangestellter
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 10. Februar 2011 durch den Vizepräsidenten Schlick und die Richter Dörr,
Wöstmann, Seiters und Tombrink

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 1. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 5. November 2009 aufgehoben.
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der 15. Zivilkammer des Landgerichts München I vom 15. Oktober 2008 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten der Rechtsmittelzüge zu tragen. Von Rechts wegen

Tatbestand


1
Die Klägerin, eine am 18. Juli 2007 in das Partnerschaftsregister eingetragene Partnerschaft, begehrt von der beklagten Kassenärztlichen Vereinigung Schadensersatz wegen der Ablehnung der Anträge ihrer Partner Dr. G. und Dr. Sch. vom 9. September 2001 und Dr. P. vom 10. September 2001 auf Zulassung zur vertragsärztlichen Tätigkeit im Rahmen einer beabsichtigten Tätigkeit als Belegärzte im Krankenhaus I. nach § 103 Abs. 7 SGB V durch Beschlüsse des für Schwaben zuständigen Zulassungsausschusses vom 5. Dezember 2001 (Dr. P. , Dr. Sch. ) und 23. Januar 2002 (Dr. G. ).
2
Der Antrag von Dr. G. wurde in erster Linie mit der Begründung abgelehnt, dieser habe die erforderliche Arztregistereintragung nicht beigebracht. Die Nichtzulassung der beiden anderen Ärzte sowie hilfsweise auch die von Dr. G. wurden darauf gestützt, § 103 Abs. 7 SGB V sei eine Ausnahmeregelung , die eine Bedarfsprüfung erlaube. Diese habe ergeben, dass die chirurgische Versorgung der Versicherten im Zulassungsbereich durch die bereits zugelassenen niedergelassenen Vertragsärzte gesichert sei. Ferner müsse einer Umgehung der Zulassungsbeschränkungen entgegengewirkt werden , die sich aus der Umwandlung einer stationären Abteilung des Krankenhauses in eine Belegabteilung ergeben könnten. Schließlich sei die Entfernung zwischen der Praxis der Ärzte und dem Krankenhaus mit ca. 30 km zu groß, um eine unverzügliche und ordnungsgemäße Versorgung der Patienten zu gewährleisten , so dass sie im Sinne des § 39 Abs. 4 Nr. 3 Bundesmantelvertrag-Ärzte (BMV-Ä) und des § 31 Abs. 4 Nr. 3 Bundesmantelvertrag-Ärzte/Ersatzkassen (EKV-Ä) als Belegärzte nicht geeignet seien.
3
Auf die Widersprüche der Partner - Dr. G. wurde am 10. Oktober 2002 in das für seinen Wohnort zuständige Arztregister der Kassenärztlichen Vereinigung Südwürttemberg eingetragen - hob der Berufungsausschuss durch Beschlüsse vom 10. Dezember 2002 die Entscheidungen des Zulassungsausschusses auf und erteilte ihnen nach Maßgabe des § 103 Abs. 7 SGB V die Kassenärztliche Zulassung.
4
Hiergegen erhob die Beklagte Klage zum Sozialgericht München. Dieses wies die Klage in Sachen des Beteiligten Dr. Sch. mit Urteil vom 16. März 2004 ab und bestätigte die Rechtsauffassung des Berufungsausschusses, dass im Rahmen des § 103 Abs. 7 SGB V keine Bedarfsprüfung stattfinde und dass die Erreichbarkeit der Klinik innerhalb einer Fahrzeit von 25 bis 30 Minuten gerade noch im Limit des § 39 Abs. 4 Nr. 3 BMV-Ä und des § 31 Abs. 4 Nr. 3 EKV-Ä liege. Daraufhin nahm die Beklagte mit Schriftsatz vom 8. Juli 2004 ihre Klagen in Sachen Dr. G. und Dr. P. zurück. Der Zulassungsausschuss erteilte sodann mit Beschlüssen vom 15. September 2004 den Ärzten nach § 33 Abs. 2 der Zulassungsverordnung für Vertragsärzte (Ärzte-ZV) die Genehmigung zur Ausübung einer Gemeinschaftspraxis zum 1. Oktober 2004. Die nach § 40 BMV-Ä, § 32 EKV-Ä erforderliche Anerkennung als Belegärzte sprach die Beklagte am 19. November 2004 aus.
5
Mit ihrer am 10. Oktober 2007 eingegangenen Klage begehrt die Klägerin aus übergegangenem Recht ihrer Partner wegen der um drei Jahre verzögerten Zulassung Schadensersatz in Höhe von 1.185.786 € nebst Zinsen. Das Landgericht hat die Klage wegen Verjährung abgewiesen. Es hat angenommen, dass die Partner der Klägerin mit der Bekanntgabe der im März 2003 ausgefertigten Entscheidungen des Berufungsausschusses die notwendige Kenntnis der den Amtshaftungsanspruch begründenden tatsächlichen Umstände gehabt hätten , so dass zum Jahresende 2006 Verjährung eingetreten sei. Das Oberlandesgericht hat auf die Berufung der Klägerin die Klage dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt. Mit ihrer vom Oberlandesgericht zugelassenen Revision begehrt die Beklagte die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.

Entscheidungsgründe



I.


6
Die Revision ist unbeschränkt zulässig. Aus der Begründung der Zulassungsentscheidung des Berufungsgerichts, es stelle sich die grundsätzliche Frage, ob die Verjährungsfrist auch bei Anfechtung der Widerspruchsentscheidung durch den Schädiger erst mit Abschluss des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens anlaufe, ergibt sich keine Beschränkung der Zulassung auf diese Rechtsfrage (vgl. BGH, Urteil vom 21. September 2006 - I ZR 2/04, NJW-RR 2007, 182 Rn. 19 mwN).

II.


7
Die Revision ist begründet. Der Klägerin steht - ihre Aktivlegitimation unterstellt - kein Amtshaftungsanspruch gegen die Beklagte zu. Soweit es um den Antrag von Dr. G. geht, hat das Berufungsgericht keine Feststellungen getroffen, ob die ablehnende Entscheidung des Zulassungsausschusses rechtswidrig gewesen ist. Im Übrigen ist in der Ablehnung der Anträge von Dr. P. und Dr. Sch. im Hinblick auf die Begründung, die auch hilfsweise gegenüber Dr. G. angeführt worden ist, keine schuldhafte Amtspflichtverletzung des Zulassungsausschusses zu sehen.
8
1. Das Berufungsgericht geht unter Hinweis auf das gegenüber Dr. Sch. ergangene Urteil des Sozialgerichts, dessen Argumenten es sich anschließt, davon aus, dass der Zulassungsausschuss den Anträgen von Dr. P. und Dr. Sch. hätte stattgeben müssen. Das Sozialgericht hat insoweit festgestellt, die Belegarztstelle sei in dem Planungsbereich, für den Zu- lassungsbeschränkungen gegolten hätten, ordnungsgemäß ausgeschrieben gewesen, ohne dass mit einem bereits zugelassenen Vertragsarzt ein Belegarztvertrag zustande gekommen sei. Angesichts einer Abteilung von 20 Belegbetten für drei Ärzte bestünden unter Berücksichtigung des vom Bundessozialgericht im Urteil vom 14. März 2001 (BSGE 88, 6) aufgezeigten Prüfungsumfangs im Rahmen der Zulassung nach § 103 Abs. 7 SGB V auch keine Anhaltspunkte dafür, dass allein das Unterlaufen von Zulassungsbeschränkungen der eigentliche Beweggrund für den Abschluss des Belegarztvertrags gewesen sei. Was die Entfernung der Wohnung und Praxis zum Krankenhaus angehe, teile das Gericht die Auffassung des Berufungsausschusses, dass eine Erreichbarkeit der Klinik innerhalb von 25 bis 30 Minuten gerade noch im Limit von § 39 Abs. 4 Nr. 3 BMV-Ä, § 31 Abs. 4 Nr. 3 EKV-Ä liege. Nicht zu prüfen sei im Rahmen des Zulassungsverfahrens die Entscheidung des Krankenhauses, seine Abteilung Viszeralchirurgie künftig belegärztlich zu führen. Darüber hinaus sei den Zulassungsgremien eine nähere Bedarfsprüfung versagt, wenn die in § 103 Abs. 7 SGB V angeführten Voraussetzungen für eine Zulassung gegeben seien.
9
2. Ob die Entscheidung des Zulassungsausschusses, der eine solche Bedarfsprüfung vorgenommen und die rechtzeitige Erreichbarkeit des Krankenhauses durch die Partner der Klägerin verneint hat, auch hinsichtlich des Arztes Dr. P. als rechtswidrig anzusehen ist und ob die Beklagte, wie das Berufungsgericht annimmt, für ein Fehlverhalten des Zulassungsausschusses einzustehen hat, ohne dass festgestellt ist, dass mindestens auch ein von ihr bestelltes Mitglied für eine Ablehnung der Anträge gestimmt hat (vgl. zu dieser Frage Senatsurteil vom 10. Februar 2011 - III ZR 37/10, zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen; zur Haftung in Fällen einer einstimmigen Entscheidung Senatsbeschluss vom 12. April 2006 - III ZR 35/05, NJW-RR 2006, 966 Rn. 4 bis 7), bedarf in dieser Sache keiner Beantwortung. Denn die Revision beanstandet mit Recht, dass das Berufungsgericht von einem Verschulden des Zulassungsausschusses ausgegangen ist.
10
a) Zutreffend ist allerdings die Erwägung des Berufungsgerichts, dass schon der eindeutige Wortlaut des § 103 Abs. 7 SGB V gegen die Annahme des Zulassungsausschusses spricht, es dürfe - auch wenn die Voraussetzungen der Norm im Übrigen erfüllt seien - eine im Ermessen der Zulassungsgremien liegende Bedarfsprüfung vorgenommen werden. Das musste sich dem Zulassungsausschuss auch ohne Kenntnis des Urteils des Bundessozialgerichts vom 14. März 2001 (BSGE 88, 6), das möglicherweise erst nach der Beschlussfassung des Ausschusses in Fachzeitschriften veröffentlicht worden ist und sich eingehend mit der Sonderzulassung von Belegärzten in überversorgten Planungsbereichen (§ 103 Abs. 7 SGB V) befasst hat, aufdrängen. Insoweit ist die Feststellung eines vorwerfbaren Verhaltens rechtsfehlerfrei.
11
b) Die Revision weist jedoch zu Recht darauf hin, dass die Ablehnung der Anträge von Dr. P. und Dr. Sch. auch, wie sich aus der Einleitung "Hervorzuheben ist auch …" ergibt, auf den Gesichtspunkt gestützt wird, dass bei einer Entfernung von N. -U. nach I. von ca. 30 km die Versorgung der Patienten nicht mehr gewährleistet ist. Gemäß § 39 Abs. 4 Nr. 3 BMV-Ä, § 31 Abs. 4 Nr. 3 EKV-Ä ist ein Arzt als Belegarzt nicht geeignet, dessen Wohnung und Praxis nicht so nahe am Krankenhaus liegen, dass die unverzügliche und ordnungsgemäße Versorgung der Patienten nicht gewährleistet ist. Eine Belegarztanerkennung, die für eine Belegarztzulassung Voraussetzung ist, wäre in Anbetracht des Umstandes, dass es sich hier um Viszeralchirurgie handelt, nicht genehmigungsfähig. Zu berücksichtigen ist dabei insbesondere der Fall einer Komplikation nach einem chirurgischen Eingriff. Insofern ist von einer Ungeeignetheit im Sinne erwähnter Vorschriften auszugehen.

12
Das Berufungsgericht gibt hierzu im Hinblick auf die Darlegungen des Berufungsausschusses und des Sozialgerichts, die die Erreichbarkeit der Belegpatienten nur gerade noch als gewährleistet ansehen, zu bedenken, ob der Zulassungsausschuss die Zulassungen zwar nicht rechtsfehlerfrei aber schuldlos unter diesem Gesichtspunkt habe versagen können. Dies würde aber voraussetzen , dass der Zulassungsausschuss diesem Gesichtspunkt unter entsprechendem argumentativem Aufwand ersichtlich Bedeutung für seine Entscheidung beigemessen habe. Tatsächlich habe der Zulassungsausschuss diese Frage aber nur ausgesprochen beiläufig, oberflächlich und floskelhaft in wenigen Zeilen am Ende seiner Entscheidungen abgehandelt, während sich das Sozialgericht damit über mehr als eine Seite hinweg beschäftigt habe.
13
kann Dem nicht gefolgt werden. Die Erwägung des Zulassungsausschusses ist nicht beiläufig, sondern - neben dem Argument eines nicht bestehenden Bedarfs - selbständig für die Entscheidung tragend. Sie ist zwar insgesamt knapp ausgeführt, enthält aber die für die Beantwortung der Frage entscheidenden Elemente. Zwar beschäftigt sich der Zulassungsausschuss an dieser Stelle seines Bescheids nur mit der Entfernung von 30 km. Er hatte aber, wie die Wiedergabe des Sach- und Streitstandes in seinen Beschlüssen zeigt, auch die für die Überwindung dieser Strecke erforderliche Zeit von etwa 30 Minuten im Auge. Sollte der Vorwurf der "Oberflächlichkeit" der Entscheidung so zu verstehen sein, der Zulassungsausschuss habe die Frage nicht mit der zu erwartenden Sorgfalt behandelt, könnte der Senat dem nicht beitreten.
14
aa) Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats muss jeder Amtsträger die zur Führung seines Amtes notwendigen Rechts- und Verwaltungskenntnisse besitzen oder sich verschaffen (vgl. Senatsurteil vom 11. Dezember 1997 - III ZR 52/97, NJW 1998, 1307, 1308). Er ist bei der Gesetzesauslegung und Rechtsanwendung verpflichtet, die Gesetzes- und Rechtslage unter Zuhilfenahme der ihm zu Gebote stehenden Hilfsmittel sorgfältig und gewissenhaft zu prüfen und danach aufgrund vernünftiger Überlegungen sich eine Rechtsmeinung zu bilden. Dabei begründet nicht jeder objektive Rechtsirrtum ohne weiteres einen Schuldvorwurf. Wenn die nach sorgfältiger Prüfung gewonnene Rechtsansicht des Amtsträgers als rechtlich vertretbar angesehen werden kann, dann kann aus der Missbilligung dieser Rechtsauffassung durch die Gerichte ein Schuldvorwurf nicht hergeleitet werden (vgl. Senatsurteile vom 14. Dezember 2000 - III ZR 151/99, BGHZ 146, 153, 165; vom 14. März 2002 - III ZR 302/00, BGHZ 150, 172, 181).
15
bb) Gemessen hieran ist ein Verschulden des Zulassungsausschusses zu verneinen. Das Bundessozialgericht hat sich erst mit seinem Urteil vom 5. November 2003 (MedR 2004, 405) eingehend mit näheren Einzelheiten zur Residenzpflicht im Sinne des § 24 Abs. 2 Satz 2 Ärzte-ZV beschäftigt und ist in diesem Zusammenhang auch auf die für Belegärzte maßgebenden Vorschriften in § 39 Abs. 4 Nr. 3 BMV-Ä und § 31 Abs. 4 Nr. 3 EKV-Ä eingegangen. Es hat in seiner Entscheidung den Zulassungsgremien einen der gerichtlichen Nachprüfung nur eingeschränkt zugänglichen Beurteilungsspielraum nicht zugebilligt und der Versorgungsstruktur in einem bestimmten regionalen Bezirk keine Bedeutung zugemessen. Allerdings hat es anerkannt, dass für Arztgruppen, die nicht unmittelbar patientenbezogen tätig sind, andere Maßstäbe als für hausärztlich tätige Ärzte gelten und dass dem Umstand, ob ein Arzt in einer Einzelpraxis oder in einer größeren Gemeinschaftspraxis tätig ist, eine gewisse Be- deutung zukommen kann. Soweit es um die hier zu beurteilende Situation von Belegärzten geht, hat es die angeführten Normen der Bundesmantelverträge zitiert und auf die Entscheidungen der Landessozialgerichte Schleswig-Holstein vom 23. November 1999 (MedR 2000, 383) und Baden-Württemberg vom 14. Juli 1999 (MedR 2000, 385) hingewiesen und befunden, die von diesen Gerichten vorgenommenen Grenzziehungen, zu denen hier nicht im Einzelnen Stellung genommen werden müsse, seien - soweit ersichtlich - in der Praxis weitgehend akzeptiert worden und ihrer Tendenz nach nicht zu beanstanden (aaO S. 408). Dabei hatte es das Landessozialgericht Schleswig-Holstein für unbedenklich angesehen, wenn der Belegarzt unter normalen Umständen innerhalb von 30 Minuten die Klinik von seiner Wohnung und seiner Praxis erreichen könne. Demgegenüber hat das Landessozialgericht Baden-Württemberg entschieden, eine Fahrzeit von 40 Minuten für die Hin- und die Rückfahrt zwischen Praxis und Klinik sei bei einem Belegarzt nicht mehr ausreichend. Dabei hat es auch die Rückfahrt in seine Überlegungen einbezogen, weil es zugrunde gelegt hat, dass ein Belegarzt sowohl im Krankenhaus als auch den Versicherten in seiner Praxis zur Verfügung stehen müsse, und die Besorgnis gesehen, dass unter solchen Umständen ein Belegarzt das Krankenhaus in der Regel nicht mehr als einmal täglich aufsuchen werde und sich im Übrigen vertreten lasse, was aber mit seinen belegärztlichen Pflichten nicht in Einklang stehe.
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Nimmt man diese dem Zulassungsausschuss bei seiner Beschlussfassung zur Verfügung stehenden Entscheidungen hinzu, kann man seine Auffassung , eine Entfernung von 30 km und eine Fahrzeit von knapp 30 Minuten für die einfache Strecke gewährleiste eine unverzügliche und ordnungsgemäße Versorgung der von ihm ambulant und stationär zu betreuenden Versicherten nicht, insbesondere wenn es um Komplikationen nach einem chirurgischen Eingriff gehe, ohne weiteres als vertretbar ansehen.

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Dass der Ausschuss seine diesbezügliche Entscheidung nur knapp und nicht ebenso ausführlich wie im späteren Verfahren das Sozialgericht begründet hat, gibt keinen Anhalt für mangelnde Sorgfalt oder Defizite in der tatsächlichen Prüfung der zu entscheidenden Frage. Die maßgebenden Gesichtspunkte (Entfernung der Wohnung und der Praxis zum Krankenhaus, Fahrzeit, Art der geschuldeten Tätigkeit, Argumente der in der Sitzung Beteiligten) werden in den Beschlüssen des Zulassungsausschusses aufgeführt und - wenn auch knapp - behandelt. Anhaltspunkte dafür, dass der Ausschuss bei einer umfangreicheren Prüfung zu einem anderen Ergebnis gelangt wäre, insbesondere davon hätte ausgehen müssen, dass die Ablehnung der Anträge mit Rücksicht auf die Regelungen in § 39 Abs. 4 Nr. 3 BMV-Ä und § 31 Abs. 4 Nr. 3 EKV-Ä nicht mehr vertretbar sei, bestehen nicht.
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cc) Wenn sich aber von mehreren die Entscheidung selbständig tragenden Begründungen auch nur eine als unverschuldet erweist, fehlt es nach der Rechtsprechung des Senats an einem haftungsbegründenden Verschulden des Amtsträgers (vgl. Senatsurteil vom 9. Dezember 2004 - III ZR 263/04, BGHZ 161, 305, 311), so dass die Klage insgesamt abzuweisen ist.
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3. Hiernach kommt es nicht auf die vom Berufungsgericht zur Begründung der Revisionszulassung formulierte Frage an, ob der Lauf der Verjährungsfrist auch in der hier vorliegenden Fallkonstellation bis zur Erledigung des sozialgerichtlichen Verfahrens gehemmt worden ist. Insoweit nimmt der Senat auf sein Urteil vom 10. Februar 2011 (III ZR 37/10, zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen ) Bezug.
Schlick Dörr Wöstmann
Seiters Tombrink
Vorinstanzen:
LG München I, Entscheidung vom 15.10.2008 - 15 O 18835/07 -
OLG München, Entscheidung vom 05.11.2009 - 1 U 5235/08 -

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Urteil, 10. Feb. 2011 - III ZR 310/09

Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Urteil, 10. Feb. 2011 - III ZR 310/09

Referenzen - Gesetze

Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) - Gesetzliche Krankenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477) - SGB 5 | § 103 Zulassungsbeschränkungen


(1) Die Landesausschüsse der Ärzte und Krankenkassen stellen fest, ob eine Überversorgung vorliegt; die durch Ermächtigung an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzte und die Ärzte, die in ermächtigten Einrichtungen tätig sind, sind bei

Zulassungsverordnung für Vertragsärzte - ZO-Ärzte | § 24


(1) Die Zulassung erfolgt für den Ort der Niederlassung als Arzt (Vertragsarztsitz). (2) Der Vertragsarzt muß am Vertragsarztsitz seine Sprechstunde halten. (3) Vertragsärztliche Tätigkeiten außerhalb des Vertragsarztsitzes an weiteren Orten

Zulassungsverordnung für Vertragsärzte - ZO-Ärzte | § 33


(1) Die gemeinsame Nutzung von Praxisräumen und Praxiseinrichtungen sowie die gemeinsame Beschäftigung von Hilfspersonal durch mehrere Ärzte ist zulässig. Die Kassenärztlichen Vereinigungen sind hiervon zu unterrichten. Nicht zulässig ist die gemeins
Bundesgerichtshof Urteil, 10. Feb. 2011 - III ZR 310/09 zitiert 4 §§.

Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) - Gesetzliche Krankenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477) - SGB 5 | § 103 Zulassungsbeschränkungen


(1) Die Landesausschüsse der Ärzte und Krankenkassen stellen fest, ob eine Überversorgung vorliegt; die durch Ermächtigung an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzte und die Ärzte, die in ermächtigten Einrichtungen tätig sind, sind bei

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(1) Die Zulassung erfolgt für den Ort der Niederlassung als Arzt (Vertragsarztsitz). (2) Der Vertragsarzt muß am Vertragsarztsitz seine Sprechstunde halten. (3) Vertragsärztliche Tätigkeiten außerhalb des Vertragsarztsitzes an weiteren Orten

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Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt Urteil, 06. Aug. 2012 - 2 L 6/10

bei uns veröffentlicht am 06.08.2012

Tatbestand 1 Die Klägerin begehrt (noch) die Feststellung, dass die Versagung einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb von vier Windenergieanlagen aus denkmalschutzrechtlichen Gründen rechtswidrig gewesen ist.

Referenzen

(1) Die Landesausschüsse der Ärzte und Krankenkassen stellen fest, ob eine Überversorgung vorliegt; die durch Ermächtigung an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzte und die Ärzte, die in ermächtigten Einrichtungen tätig sind, sind bei der Feststellung einer Überversorgung nicht zu berücksichtigen. Wenn dies der Fall ist, hat der Landesausschuß nach den Vorschriften der Zulassungsverordnungen und unter Berücksichtigung der Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses Zulassungsbeschränkungen anzuordnen. Darüber hinaus treffen die Landesausschüsse eine Feststellung, wenn der allgemeine bedarfsgerechte Versorgungsgrad um 40 Prozent überschritten ist.

(2) Die Zulassungsbeschränkungen sind räumlich zu begrenzen. Sie können einen oder mehrere Planungsbereiche einer Kassenärztlichen Vereinigung umfassen. Sie sind arztgruppenbezogen unter angemessener Berücksichtigung der Besonderheiten bei den Kassenarten anzuordnen. Die für die Sozialversicherung zuständigen obersten Landesbehörden können ländliche oder strukturschwache Teilgebiete eines Planungsbereichs bestimmen, die auf ihren Antrag für einzelne Arztgruppen oder Fachrichtungen von den Zulassungsbeschränkungen auszunehmen sind; in dem Antrag ist die Anzahl der zusätzlichen Zulassungsmöglichkeiten arztgruppenbezogen festzulegen. Die zusätzlichen Zulassungsmöglichkeiten sind an das nach Satz 4 bestimmte Teilgebiet gebunden. Für die Bestimmung der ländlichen und strukturschwachen Teilgebiete stellt der Landesausschuss im Einvernehmen mit der für die Sozialversicherung zuständigen obersten Landesbehörde allgemeingültige Kriterien auf, die den jeweiligen Entscheidungen zugrunde zu legen sind. Der Landesausschuss hat sich dabei an den laufenden Raumbeobachtungen und Raumabgrenzungen des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung zu orientieren oder eine vergleichbare Abgrenzung ländlicher Gebiete durch die für die Landesplanung zuständigen Stellen zugrunde zu legen. Die zusätzlichen Arztsitze sind in den von den Kassenärztlichen Vereinigungen im Einvernehmen mit den Landesverbänden der Krankenkassen und den Ersatzkassen gemäß § 99 aufzustellenden Bedarfsplänen auszuweisen.

(3) Die Zulassungsbeschränkungen sind aufzuheben, wenn die Voraussetzungen für eine Überversorgung entfallen sind.

(3a) Wenn die Zulassung eines Vertragsarztes in einem Planungsbereich, für den Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind, durch Tod, Verzicht oder Entziehung endet und die Praxis von einem Nachfolger weitergeführt werden soll, entscheidet der Zulassungsausschuss auf Antrag des Vertragsarztes oder seiner zur Verfügung über die Praxis berechtigten Erben, ob ein Nachbesetzungsverfahren nach Absatz 4 für den Vertragsarztsitz durchgeführt werden soll. Satz 1 gilt auch bei Verzicht auf die Hälfte oder eines Viertels der Zulassung oder bei Entziehung der Hälfte oder eines Viertels der Zulassung; Satz 1 gilt nicht, wenn ein Vertragsarzt, dessen Zulassung befristet ist, vor Ablauf der Frist auf seine Zulassung verzichtet. Der Zulassungsausschuss kann den Antrag ablehnen, wenn eine Nachbesetzung des Vertragsarztsitzes aus Versorgungsgründen nicht erforderlich ist; dies gilt nicht, sofern die Praxis von einem Nachfolger weitergeführt werden soll, der dem in Absatz 4 Satz 5 Nummer 4, 5 und 6 bezeichneten Personenkreis angehört oder der sich verpflichtet, die Praxis in ein anderes Gebiet des Planungsbereichs zu verlegen, in dem nach Mitteilung der Kassenärztlichen Vereinigung aufgrund einer zu geringen Ärztedichte ein Versorgungsbedarf besteht oder sofern mit der Nachbesetzung Festlegungen nach § 101 Absatz 1 Satz 8 befolgt werden. Für einen Nachfolger, der dem in Absatz 4 Satz 5 Nummer 4 bezeichneten Personenkreis angehört, gilt Satz 3 zweiter Halbsatz mit der Maßgabe, dass dieser Nachfolger die vertragsärztliche Tätigkeit in einem Gebiet, in dem der Landesausschuss nach § 100 Absatz 1 das Bestehen von Unterversorgung festgestellt hat, nach dem 23. Juli 2015 erstmals aufgenommen hat. Für einen Nachfolger, der dem in Absatz 4 Satz 5 Nummer 6 bezeichneten Personenkreis angehört, gilt Satz 3 zweiter Halbsatz mit der Maßgabe, dass das Anstellungsverhältnis oder der gemeinschaftliche Betrieb der Praxis mindestens drei Jahre lang angedauert haben muss. Satz 5 gilt nicht, wenn das Anstellungsverhältnis oder der gemeinschaftliche Praxisbetrieb vor dem 5. März 2015 begründet wurde. Hat der Landesausschuss eine Feststellung nach Absatz 1 Satz 3 getroffen, soll der Zulassungsausschuss den Antrag auf Durchführung eines Nachbesetzungsverfahrens ablehnen, wenn eine Nachbesetzung des Vertragsarztsitzes aus Versorgungsgründen nicht erforderlich ist. Im Fall des Satzes 7 gelten Satz 3 zweiter Halbsatz sowie die Sätze 4 bis 6 entsprechend; Absatz 4 Satz 9 gilt mit der Maßgabe, dass die Nachbesetzung abgelehnt werden soll. Der Zulassungsausschuss beschließt mit einfacher Stimmenmehrheit; bei Stimmengleichheit ist dem Antrag abweichend von § 96 Absatz 2 Satz 6 zu entsprechen. § 96 Absatz 4 findet keine Anwendung. Ein Vorverfahren (§ 78 des Sozialgerichtsgesetzes) findet nicht statt. Klagen gegen einen Beschluss des Zulassungsausschusses, mit dem einem Antrag auf Durchführung eines Nachbesetzungsverfahrens entsprochen wird, haben keine aufschiebende Wirkung. Hat der Zulassungsausschuss den Antrag abgelehnt, hat die Kassenärztliche Vereinigung dem Vertragsarzt oder seinen zur Verfügung über die Praxis berechtigten Erben eine Entschädigung in der Höhe des Verkehrswertes der Arztpraxis zu zahlen. Bei der Ermittlung des Verkehrswertes ist auf den Verkehrswert abzustellen, der nach Absatz 4 Satz 8 bei Fortführung der Praxis maßgeblich wäre.

(4) Hat der Zulassungsausschuss in einem Planungsbereich, für den Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind, nach Absatz 3a einem Antrag auf Durchführung eines Nachbesetzungsverfahrens entsprochen, hat die Kassenärztliche Vereinigung den Vertragsarztsitz in den für ihre amtlichen Bekanntmachungen vorgesehenen Blättern unverzüglich auszuschreiben und eine Liste der eingehenden Bewerbungen zu erstellen. Satz 1 gilt auch bei hälftigem Verzicht oder bei hälftiger Entziehung der Zulassung oder bei der Festlegung zusätzlicher Zulassungsmöglichkeiten nach Absatz 2 Satz 4. Dem Zulassungsausschuß sowie dem Vertragsarzt oder seinen Erben ist eine Liste der eingehenden Bewerbungen zur Verfügung zu stellen. Unter mehreren Bewerbern, die die ausgeschriebene Praxis als Nachfolger des bisherigen Vertragsarztes fortführen wollen, hat der Zulassungsausschuß den Nachfolger nach pflichtgemäßem Ermessen auszuwählen. Bei der Auswahl der Bewerber sind folgende Kriterien zu berücksichtigen:

1.
die berufliche Eignung,
2.
das Approbationsalter,
3.
die Dauer der ärztlichen Tätigkeit,
4.
eine mindestens fünf Jahre dauernde vertragsärztliche Tätigkeit in einem Gebiet, in dem der Landesausschuss nach § 100 Absatz 1 das Bestehen von Unterversorgung festgestellt hat,
5.
ob der Bewerber Ehegatte, Lebenspartner oder ein Kind des bisherigen Vertragsarztes ist,
6.
ob der Bewerber ein angestellter Arzt des bisherigen Vertragsarztes oder ein Vertragsarzt ist, mit dem die Praxis bisher gemeinschaftlich betrieben wurde,
7.
ob der Bewerber bereit ist, besondere Versorgungsbedürfnisse, die in der Ausschreibung der Kassenärztlichen Vereinigung definiert worden sind, zu erfüllen,
8.
Belange von Menschen mit Behinderung beim Zugang zur Versorgung,
9.
bei medizinischen Versorgungszentren die Ergänzung des besonderen Versorgungsangebots; dies gilt entsprechend für Vertragsärzte und Berufsausübungsgemeinschaften mit einem besonderen Versorgungsangebot.
Die Festlegungen nach § 101 Absatz 1 Satz 8 sind zu beachten. Ab dem 1. Januar 2006 sind für ausgeschriebene Hausarztsitze vorrangig Allgemeinärzte zu berücksichtigen. Die Dauer der ärztlichen Tätigkeit nach Satz 5 Nummer 3 wird verlängert um Zeiten, in denen die ärztliche Tätigkeit wegen der Erziehung von Kindern oder der Pflege pflegebedürftiger naher Angehöriger in häuslicher Umgebung unterbrochen worden ist. Die wirtschaftlichen Interessen des ausscheidenden Vertragsarztes oder seiner Erben sind nur insoweit zu berücksichtigen, als der Kaufpreis die Höhe des Verkehrswerts der Praxis nicht übersteigt. Kommt der Zulassungsausschuss in den Fällen des Absatzes 3a Satz 3 zweiter Halbsatz bei der Auswahlentscheidung nach Satz 4 zu dem Ergebnis, dass ein Bewerber auszuwählen ist, der nicht dem in Absatz 3a Satz 3 zweiter Halbsatz bezeichneten Personenkreis angehört, kann er die Nachbesetzung des Vertragsarztsitzes mit der Mehrheit seiner Stimmen ablehnen, wenn eine Nachbesetzung aus Versorgungsgründen nicht erforderlich ist; Absatz 3a Satz 10, 11, 13 und 14 gilt in diesem Fall entsprechend. Hat sich ein Bewerber nach Satz 5 Nummer 7 bereit erklärt, besondere Versorgungsbedürfnisse zu erfüllen, kann der Zulassungsausschuss die Zulassung unter der Voraussetzung erteilen, dass sich der Bewerber zur Erfüllung dieser Versorgungsbedürfnisse verpflichtet.

(4a) Verzichtet ein Vertragsarzt in einem Planungsbereich, für den Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind, auf seine Zulassung, um in einem medizinischen Versorgungszentrum tätig zu werden, so hat der Zulassungsausschuss die Anstellung zu genehmigen, wenn Gründe der vertragsärztlichen Versorgung dem nicht entgegenstehen; eine Fortführung der Praxis nach Absatz 4 ist nicht möglich. Bei der Prüfung, ob der Anstellung Gründe der vertragsärztlichen Versorgung entgegenstehen, ist die Ergänzung des besonderen Versorgungsangebots des medizinischen Versorgungszentrums durch den Arzt zu berücksichtigen. Der Arzt kann in dem Planungsbereich, für den er zugelassen war, weiter tätig sein, auch wenn der Sitz des anstellenden medizinischen Versorgungszentrums in einem anderen Planungsbereich liegt. Nach einer Tätigkeit von mindestens fünf Jahren in einem medizinischen Versorgungszentrum, dessen Sitz in einem Planungsbereich liegt, für den Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind, erhält ein Arzt unbeschadet der Zulassungsbeschränkungen auf Antrag eine Zulassung in diesem Planungsbereich; dies gilt nicht für Ärzte, die auf Grund einer Nachbesetzung nach Satz 5 oder erst seit dem 1. Januar 2007 in einem medizinischen Versorgungszentrum tätig sind. Medizinischen Versorgungszentren ist die Nachbesetzung einer Arztstelle möglich, auch wenn Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind; dies gilt nicht, soweit der Nachbesetzung Festlegungen nach § 101 Absatz 1 Satz 8 entgegenstehen. § 95 Absatz 9b gilt entsprechend.

(4b) Verzichtet ein Vertragsarzt in einem Planungsbereich, für den Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind, auf seine Zulassung, um bei einem Vertragsarzt als nach § 95 Abs. 9 Satz 1 angestellter Arzt tätig zu werden, so hat der Zulassungsausschuss die Anstellung zu genehmigen, wenn Gründe der vertragsärztlichen Versorgung dem nicht entgegenstehen; eine Fortführung der Praxis nach Absatz 4 ist nicht möglich. Bei der Prüfung, ob der Anstellung Gründe der vertragsärztlichen Versorgung entgegenstehen, ist die Ergänzung des besonderen Versorgungsangebots des anstellenden Vertragsarztes durch den anzustellenden Arzt zu berücksichtigen. Im Fall des Satzes 1 kann der angestellte Arzt in dem Planungsbereich, für den er zugelassen war, weiter tätig sein, auch wenn der Sitz des anstellenden Vertragsarztes in einem anderen Planungsbereich liegt. Soll die vertragsärztliche Tätigkeit in den Fällen der Beendigung der Zulassung durch Tod, Verzicht oder Entziehung von einem Praxisnachfolger weitergeführt werden, kann die Praxis auch in der Form weitergeführt werden, dass ein Vertragsarzt den Vertragsarztsitz übernimmt und die vertragsärztliche Tätigkeit durch einen angestellten Arzt in seiner Praxis weiterführt, wenn Gründe der vertragsärztlichen Versorgung dem nicht entgegenstehen. Die Nachbesetzung der Stelle eines nach § 95 Abs. 9 Satz 1 angestellten Arztes ist möglich, auch wenn Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind; dies gilt nicht, soweit der Nachbesetzung Festlegungen nach § 101 Absatz 1 Satz 8 entgegenstehen. § 95 Absatz 9b gilt entsprechend.

(4c) Soll die vertragsärztliche Tätigkeit in den Fällen der Beendigung der Zulassung durch Tod, Verzicht oder Entziehung von einem Praxisnachfolger weitergeführt werden, kann die Praxis auch in der Form weitergeführt werden, dass ein medizinisches Versorgungszentrum den Vertragsarztsitz übernimmt und die vertragsärztliche Tätigkeit durch einen angestellten Arzt in der Einrichtung weiterführt, wenn Gründe der vertragsärztlichen Versorgung dem nicht entgegenstehen. Die Absätze 3a, 4 und 5 gelten entsprechend. Absatz 4 gilt mit der Maßgabe, dass bei der Auswahl des Praxisnachfolgers ein medizinisches Versorgungszentrum, bei dem die Mehrheit der Geschäftsanteile und der Stimmrechte nicht bei Ärzten liegt, die in dem medizinischen Versorgungszentrum als Vertragsärzte tätig sind, gegenüber den übrigen Bewerbern nachrangig zu berücksichtigen ist. Dieser Nachrang gilt nicht für ein medizinisches Versorgungszentrum, das am 31. Dezember 2011 zugelassen war und bei dem die Mehrheit der Geschäftsanteile und der Stimmrechte bereits zu diesem Zeitpunkt nicht bei den dort tätigen Vertragsärzten lag.

(5) Die Kassenärztlichen Vereinigungen (Registerstelle) führen für jeden Planungsbereich eine Warteliste. In die Warteliste werden auf Antrag die Ärzte, die sich um einen Vertragsarztsitz bewerben und in das Arztregister eingetragen sind, aufgenommen. Bei der Auswahl der Bewerber für die Übernahme einer Vertragsarztpraxis nach Absatz 4 ist die Dauer der Eintragung in die Warteliste zu berücksichtigen.

(6) Endet die Zulassung eines Vertragsarztes, der die Praxis bisher mit einem oder mehreren Vertragsärzten gemeinschaftlich ausgeübt hat, so gelten die Absätze 4 und 5 entsprechend. Die Interessen des oder der in der Praxis verbleibenden Vertragsärzte sind bei der Bewerberauswahl angemessen zu berücksichtigen.

(7) In einem Planungsbereich, für den Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind, haben Krankenhausträger das Angebot zum Abschluß von Belegarztverträgen auszuschreiben. Kommt ein Belegarztvertrag mit einem im Planungsbereich niedergelassenen Vertragsarzt nicht zustande, kann der Krankenhausträger mit einem bisher im Planungsbereich nicht niedergelassenen geeigneten Arzt einen Belegarztvertrag schließen. Dieser erhält eine auf die Dauer der belegärztlichen Tätigkeit beschränkte Zulassung; die Beschränkung entfällt bei Aufhebung der Zulassungsbeschränkungen nach Absatz 3, spätestens nach Ablauf von zehn Jahren.

(8) Die Absätze 1 bis 7 gelten nicht für Zahnärzte.

(1) Die gemeinsame Nutzung von Praxisräumen und Praxiseinrichtungen sowie die gemeinsame Beschäftigung von Hilfspersonal durch mehrere Ärzte ist zulässig. Die Kassenärztlichen Vereinigungen sind hiervon zu unterrichten. Nicht zulässig ist die gemeinsame Beschäftigung von Ärzten und Zahnärzten; dies gilt nicht für medizinische Versorgungszentren.

(2) Die gemeinsame Ausübung vertragsärztlicher Tätigkeit ist zulässig unter allen zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassenen Leistungserbringern an einem gemeinsamen Vertragsarztsitz (örtliche Berufsausübungsgemeinschaft). Sie ist auch zulässig bei unterschiedlichen Vertragsarztsitzen der Mitglieder der Berufsausübungsgemeinschaft (überörtliche Berufsausübungsgemeinschaft), wenn die Erfüllung der Versorgungspflicht des jeweiligen Mitglieds an seinem Vertragsarztsitz unter Berücksichtigung der Mitwirkung angestellter Ärzte und Psychotherapeuten in dem erforderlichen Umfang gewährleistet ist sowie das Mitglied und die bei ihm angestellten Ärzte und Psychotherapeuten an den Vertragsarztsitzen der anderen Mitglieder nur in zeitlich begrenztem Umfang tätig werden. Die gemeinsame Berufsausübung, bezogen auf einzelne Leistungen, ist zulässig, sofern diese nicht einer Umgehung des Verbots der Zuweisung von Versicherten gegen Entgelt oder sonstige wirtschaftliche Vorteile nach § 73 Absatz 7 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch dient. Eine Umgehung liegt insbesondere vor, wenn sich der Beitrag des Arztes auf das Erbringen medizinisch-technischer Leistungen auf Veranlassung der übrigen Mitglieder einer Berufsausübungsgemeinschaft beschränkt oder wenn der Gewinn ohne Grund in einer Weise verteilt wird, die nicht dem Anteil der persönlich erbrachten Leistungen entspricht. Die Anordnung einer Leistung, insbesondere aus den Bereichen der Labormedizin, der Pathologie und der bildgebenden Verfahren, stellt keine persönlich erbrachte anteilige Leistung in diesem Sinne dar.

(3) Die Berufsausübungsgemeinschaft bedarf der vorherigen Genehmigung des Zulassungsausschusses. Für überörtliche Berufsausübungsgemeinschaften mit Vertragsarztsitzen in mehreren Zulassungsbezirken einer Kassenärztlichen Vereinigung wird der zuständige Zulassungsausschuss durch Vereinbarung zwischen der Kassenärztlichen Vereinigung sowie den Landesverbänden der Krankenkassen und den Ersatzkassen bestimmt. Hat eine überörtliche Berufsausübungsgemeinschaft Mitglieder in mehreren Kassenärztlichen Vereinigungen, so hat sie den Vertragsarztsitz zu wählen, der maßgeblich ist für die Genehmigungsentscheidung sowie für die auf die gesamte Leistungserbringung dieser überörtlichen Berufsausübungsgemeinschaft anzuwendenden ortsgebundenen Regelungen, insbesondere zur Vergütung, zur Abrechnung sowie zu den Abrechnungs-, Wirtschaftlichkeits- und Qualitätsprüfungen. Die Wahl hat jeweils für einen Zeitraum von mindestens zwei Jahren unwiderruflich zu erfolgen. Die Genehmigung kann mit Auflagen erteilt werden, wenn dies zur Sicherung der Anforderungen nach Absatz 2 erforderlich ist; das Nähere hierzu ist einheitlich in den Bundesmantelverträgen zu regeln.

19
a) Das Berufungsgericht hat die Zulassung der Revision in den Entscheidungsgründen zwar auf die von der Beklagten erhobene Einrede der Verjährung beschränkt. Diese Beschränkung der Zulassung ist jedoch unzulässig und damit wirkungslos. Die Zulassung der Revision kann nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nur auf einen tatsächlich und rechtlich selbständigen Teil des Gesamtstreitstoffs beschränkt werden. Unzulässig ist es, die Zulassung auf einzelne von mehreren Anspruchsgrundlagen oder auf bestimmte Rechtsfragen zu beschränken (BGHZ 101, 276, 278; 111, 158, 166; BGH, Urt. v. 23.9.2003 - XI ZR 135/02, NJW 2003, 3703; Urt. v. 9.12.2003 - VI ZR 404/02, NJW 2004, 766; Urt. v. 5.4.2006 - VIII ZR 163/05, BB 2006, 1358, 1359 m.w.N.). Die vom Berufungsgericht vorgenommene Beschränkung der Zulassung der Revision auf die Frage der Verjährung, die von der materiellrechtlichen Natur des Anspruchs abhängt, zielt auf eine einzelne Rechtsfrage ab und ist deshalb unwirksam (BGH, Urt. v. 27.9.1995 - VIII ZR 257/94, NJW 1995, 3380, 3381; Reichold in Thomas/Putzo, ZPO, 27. Aufl., § 543 Rdn. 10; a.A. MünchKomm.ZPO/Wenzel, Aktualisierungsband, 2. Aufl., § 543 Rdn. 35; Musielak/Ball, ZPO, 4. Aufl., § 543 Rdn. 12).

(1) Die Landesausschüsse der Ärzte und Krankenkassen stellen fest, ob eine Überversorgung vorliegt; die durch Ermächtigung an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzte und die Ärzte, die in ermächtigten Einrichtungen tätig sind, sind bei der Feststellung einer Überversorgung nicht zu berücksichtigen. Wenn dies der Fall ist, hat der Landesausschuß nach den Vorschriften der Zulassungsverordnungen und unter Berücksichtigung der Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses Zulassungsbeschränkungen anzuordnen. Darüber hinaus treffen die Landesausschüsse eine Feststellung, wenn der allgemeine bedarfsgerechte Versorgungsgrad um 40 Prozent überschritten ist.

(2) Die Zulassungsbeschränkungen sind räumlich zu begrenzen. Sie können einen oder mehrere Planungsbereiche einer Kassenärztlichen Vereinigung umfassen. Sie sind arztgruppenbezogen unter angemessener Berücksichtigung der Besonderheiten bei den Kassenarten anzuordnen. Die für die Sozialversicherung zuständigen obersten Landesbehörden können ländliche oder strukturschwache Teilgebiete eines Planungsbereichs bestimmen, die auf ihren Antrag für einzelne Arztgruppen oder Fachrichtungen von den Zulassungsbeschränkungen auszunehmen sind; in dem Antrag ist die Anzahl der zusätzlichen Zulassungsmöglichkeiten arztgruppenbezogen festzulegen. Die zusätzlichen Zulassungsmöglichkeiten sind an das nach Satz 4 bestimmte Teilgebiet gebunden. Für die Bestimmung der ländlichen und strukturschwachen Teilgebiete stellt der Landesausschuss im Einvernehmen mit der für die Sozialversicherung zuständigen obersten Landesbehörde allgemeingültige Kriterien auf, die den jeweiligen Entscheidungen zugrunde zu legen sind. Der Landesausschuss hat sich dabei an den laufenden Raumbeobachtungen und Raumabgrenzungen des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung zu orientieren oder eine vergleichbare Abgrenzung ländlicher Gebiete durch die für die Landesplanung zuständigen Stellen zugrunde zu legen. Die zusätzlichen Arztsitze sind in den von den Kassenärztlichen Vereinigungen im Einvernehmen mit den Landesverbänden der Krankenkassen und den Ersatzkassen gemäß § 99 aufzustellenden Bedarfsplänen auszuweisen.

(3) Die Zulassungsbeschränkungen sind aufzuheben, wenn die Voraussetzungen für eine Überversorgung entfallen sind.

(3a) Wenn die Zulassung eines Vertragsarztes in einem Planungsbereich, für den Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind, durch Tod, Verzicht oder Entziehung endet und die Praxis von einem Nachfolger weitergeführt werden soll, entscheidet der Zulassungsausschuss auf Antrag des Vertragsarztes oder seiner zur Verfügung über die Praxis berechtigten Erben, ob ein Nachbesetzungsverfahren nach Absatz 4 für den Vertragsarztsitz durchgeführt werden soll. Satz 1 gilt auch bei Verzicht auf die Hälfte oder eines Viertels der Zulassung oder bei Entziehung der Hälfte oder eines Viertels der Zulassung; Satz 1 gilt nicht, wenn ein Vertragsarzt, dessen Zulassung befristet ist, vor Ablauf der Frist auf seine Zulassung verzichtet. Der Zulassungsausschuss kann den Antrag ablehnen, wenn eine Nachbesetzung des Vertragsarztsitzes aus Versorgungsgründen nicht erforderlich ist; dies gilt nicht, sofern die Praxis von einem Nachfolger weitergeführt werden soll, der dem in Absatz 4 Satz 5 Nummer 4, 5 und 6 bezeichneten Personenkreis angehört oder der sich verpflichtet, die Praxis in ein anderes Gebiet des Planungsbereichs zu verlegen, in dem nach Mitteilung der Kassenärztlichen Vereinigung aufgrund einer zu geringen Ärztedichte ein Versorgungsbedarf besteht oder sofern mit der Nachbesetzung Festlegungen nach § 101 Absatz 1 Satz 8 befolgt werden. Für einen Nachfolger, der dem in Absatz 4 Satz 5 Nummer 4 bezeichneten Personenkreis angehört, gilt Satz 3 zweiter Halbsatz mit der Maßgabe, dass dieser Nachfolger die vertragsärztliche Tätigkeit in einem Gebiet, in dem der Landesausschuss nach § 100 Absatz 1 das Bestehen von Unterversorgung festgestellt hat, nach dem 23. Juli 2015 erstmals aufgenommen hat. Für einen Nachfolger, der dem in Absatz 4 Satz 5 Nummer 6 bezeichneten Personenkreis angehört, gilt Satz 3 zweiter Halbsatz mit der Maßgabe, dass das Anstellungsverhältnis oder der gemeinschaftliche Betrieb der Praxis mindestens drei Jahre lang angedauert haben muss. Satz 5 gilt nicht, wenn das Anstellungsverhältnis oder der gemeinschaftliche Praxisbetrieb vor dem 5. März 2015 begründet wurde. Hat der Landesausschuss eine Feststellung nach Absatz 1 Satz 3 getroffen, soll der Zulassungsausschuss den Antrag auf Durchführung eines Nachbesetzungsverfahrens ablehnen, wenn eine Nachbesetzung des Vertragsarztsitzes aus Versorgungsgründen nicht erforderlich ist. Im Fall des Satzes 7 gelten Satz 3 zweiter Halbsatz sowie die Sätze 4 bis 6 entsprechend; Absatz 4 Satz 9 gilt mit der Maßgabe, dass die Nachbesetzung abgelehnt werden soll. Der Zulassungsausschuss beschließt mit einfacher Stimmenmehrheit; bei Stimmengleichheit ist dem Antrag abweichend von § 96 Absatz 2 Satz 6 zu entsprechen. § 96 Absatz 4 findet keine Anwendung. Ein Vorverfahren (§ 78 des Sozialgerichtsgesetzes) findet nicht statt. Klagen gegen einen Beschluss des Zulassungsausschusses, mit dem einem Antrag auf Durchführung eines Nachbesetzungsverfahrens entsprochen wird, haben keine aufschiebende Wirkung. Hat der Zulassungsausschuss den Antrag abgelehnt, hat die Kassenärztliche Vereinigung dem Vertragsarzt oder seinen zur Verfügung über die Praxis berechtigten Erben eine Entschädigung in der Höhe des Verkehrswertes der Arztpraxis zu zahlen. Bei der Ermittlung des Verkehrswertes ist auf den Verkehrswert abzustellen, der nach Absatz 4 Satz 8 bei Fortführung der Praxis maßgeblich wäre.

(4) Hat der Zulassungsausschuss in einem Planungsbereich, für den Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind, nach Absatz 3a einem Antrag auf Durchführung eines Nachbesetzungsverfahrens entsprochen, hat die Kassenärztliche Vereinigung den Vertragsarztsitz in den für ihre amtlichen Bekanntmachungen vorgesehenen Blättern unverzüglich auszuschreiben und eine Liste der eingehenden Bewerbungen zu erstellen. Satz 1 gilt auch bei hälftigem Verzicht oder bei hälftiger Entziehung der Zulassung oder bei der Festlegung zusätzlicher Zulassungsmöglichkeiten nach Absatz 2 Satz 4. Dem Zulassungsausschuß sowie dem Vertragsarzt oder seinen Erben ist eine Liste der eingehenden Bewerbungen zur Verfügung zu stellen. Unter mehreren Bewerbern, die die ausgeschriebene Praxis als Nachfolger des bisherigen Vertragsarztes fortführen wollen, hat der Zulassungsausschuß den Nachfolger nach pflichtgemäßem Ermessen auszuwählen. Bei der Auswahl der Bewerber sind folgende Kriterien zu berücksichtigen:

1.
die berufliche Eignung,
2.
das Approbationsalter,
3.
die Dauer der ärztlichen Tätigkeit,
4.
eine mindestens fünf Jahre dauernde vertragsärztliche Tätigkeit in einem Gebiet, in dem der Landesausschuss nach § 100 Absatz 1 das Bestehen von Unterversorgung festgestellt hat,
5.
ob der Bewerber Ehegatte, Lebenspartner oder ein Kind des bisherigen Vertragsarztes ist,
6.
ob der Bewerber ein angestellter Arzt des bisherigen Vertragsarztes oder ein Vertragsarzt ist, mit dem die Praxis bisher gemeinschaftlich betrieben wurde,
7.
ob der Bewerber bereit ist, besondere Versorgungsbedürfnisse, die in der Ausschreibung der Kassenärztlichen Vereinigung definiert worden sind, zu erfüllen,
8.
Belange von Menschen mit Behinderung beim Zugang zur Versorgung,
9.
bei medizinischen Versorgungszentren die Ergänzung des besonderen Versorgungsangebots; dies gilt entsprechend für Vertragsärzte und Berufsausübungsgemeinschaften mit einem besonderen Versorgungsangebot.
Die Festlegungen nach § 101 Absatz 1 Satz 8 sind zu beachten. Ab dem 1. Januar 2006 sind für ausgeschriebene Hausarztsitze vorrangig Allgemeinärzte zu berücksichtigen. Die Dauer der ärztlichen Tätigkeit nach Satz 5 Nummer 3 wird verlängert um Zeiten, in denen die ärztliche Tätigkeit wegen der Erziehung von Kindern oder der Pflege pflegebedürftiger naher Angehöriger in häuslicher Umgebung unterbrochen worden ist. Die wirtschaftlichen Interessen des ausscheidenden Vertragsarztes oder seiner Erben sind nur insoweit zu berücksichtigen, als der Kaufpreis die Höhe des Verkehrswerts der Praxis nicht übersteigt. Kommt der Zulassungsausschuss in den Fällen des Absatzes 3a Satz 3 zweiter Halbsatz bei der Auswahlentscheidung nach Satz 4 zu dem Ergebnis, dass ein Bewerber auszuwählen ist, der nicht dem in Absatz 3a Satz 3 zweiter Halbsatz bezeichneten Personenkreis angehört, kann er die Nachbesetzung des Vertragsarztsitzes mit der Mehrheit seiner Stimmen ablehnen, wenn eine Nachbesetzung aus Versorgungsgründen nicht erforderlich ist; Absatz 3a Satz 10, 11, 13 und 14 gilt in diesem Fall entsprechend. Hat sich ein Bewerber nach Satz 5 Nummer 7 bereit erklärt, besondere Versorgungsbedürfnisse zu erfüllen, kann der Zulassungsausschuss die Zulassung unter der Voraussetzung erteilen, dass sich der Bewerber zur Erfüllung dieser Versorgungsbedürfnisse verpflichtet.

(4a) Verzichtet ein Vertragsarzt in einem Planungsbereich, für den Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind, auf seine Zulassung, um in einem medizinischen Versorgungszentrum tätig zu werden, so hat der Zulassungsausschuss die Anstellung zu genehmigen, wenn Gründe der vertragsärztlichen Versorgung dem nicht entgegenstehen; eine Fortführung der Praxis nach Absatz 4 ist nicht möglich. Bei der Prüfung, ob der Anstellung Gründe der vertragsärztlichen Versorgung entgegenstehen, ist die Ergänzung des besonderen Versorgungsangebots des medizinischen Versorgungszentrums durch den Arzt zu berücksichtigen. Der Arzt kann in dem Planungsbereich, für den er zugelassen war, weiter tätig sein, auch wenn der Sitz des anstellenden medizinischen Versorgungszentrums in einem anderen Planungsbereich liegt. Nach einer Tätigkeit von mindestens fünf Jahren in einem medizinischen Versorgungszentrum, dessen Sitz in einem Planungsbereich liegt, für den Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind, erhält ein Arzt unbeschadet der Zulassungsbeschränkungen auf Antrag eine Zulassung in diesem Planungsbereich; dies gilt nicht für Ärzte, die auf Grund einer Nachbesetzung nach Satz 5 oder erst seit dem 1. Januar 2007 in einem medizinischen Versorgungszentrum tätig sind. Medizinischen Versorgungszentren ist die Nachbesetzung einer Arztstelle möglich, auch wenn Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind; dies gilt nicht, soweit der Nachbesetzung Festlegungen nach § 101 Absatz 1 Satz 8 entgegenstehen. § 95 Absatz 9b gilt entsprechend.

(4b) Verzichtet ein Vertragsarzt in einem Planungsbereich, für den Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind, auf seine Zulassung, um bei einem Vertragsarzt als nach § 95 Abs. 9 Satz 1 angestellter Arzt tätig zu werden, so hat der Zulassungsausschuss die Anstellung zu genehmigen, wenn Gründe der vertragsärztlichen Versorgung dem nicht entgegenstehen; eine Fortführung der Praxis nach Absatz 4 ist nicht möglich. Bei der Prüfung, ob der Anstellung Gründe der vertragsärztlichen Versorgung entgegenstehen, ist die Ergänzung des besonderen Versorgungsangebots des anstellenden Vertragsarztes durch den anzustellenden Arzt zu berücksichtigen. Im Fall des Satzes 1 kann der angestellte Arzt in dem Planungsbereich, für den er zugelassen war, weiter tätig sein, auch wenn der Sitz des anstellenden Vertragsarztes in einem anderen Planungsbereich liegt. Soll die vertragsärztliche Tätigkeit in den Fällen der Beendigung der Zulassung durch Tod, Verzicht oder Entziehung von einem Praxisnachfolger weitergeführt werden, kann die Praxis auch in der Form weitergeführt werden, dass ein Vertragsarzt den Vertragsarztsitz übernimmt und die vertragsärztliche Tätigkeit durch einen angestellten Arzt in seiner Praxis weiterführt, wenn Gründe der vertragsärztlichen Versorgung dem nicht entgegenstehen. Die Nachbesetzung der Stelle eines nach § 95 Abs. 9 Satz 1 angestellten Arztes ist möglich, auch wenn Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind; dies gilt nicht, soweit der Nachbesetzung Festlegungen nach § 101 Absatz 1 Satz 8 entgegenstehen. § 95 Absatz 9b gilt entsprechend.

(4c) Soll die vertragsärztliche Tätigkeit in den Fällen der Beendigung der Zulassung durch Tod, Verzicht oder Entziehung von einem Praxisnachfolger weitergeführt werden, kann die Praxis auch in der Form weitergeführt werden, dass ein medizinisches Versorgungszentrum den Vertragsarztsitz übernimmt und die vertragsärztliche Tätigkeit durch einen angestellten Arzt in der Einrichtung weiterführt, wenn Gründe der vertragsärztlichen Versorgung dem nicht entgegenstehen. Die Absätze 3a, 4 und 5 gelten entsprechend. Absatz 4 gilt mit der Maßgabe, dass bei der Auswahl des Praxisnachfolgers ein medizinisches Versorgungszentrum, bei dem die Mehrheit der Geschäftsanteile und der Stimmrechte nicht bei Ärzten liegt, die in dem medizinischen Versorgungszentrum als Vertragsärzte tätig sind, gegenüber den übrigen Bewerbern nachrangig zu berücksichtigen ist. Dieser Nachrang gilt nicht für ein medizinisches Versorgungszentrum, das am 31. Dezember 2011 zugelassen war und bei dem die Mehrheit der Geschäftsanteile und der Stimmrechte bereits zu diesem Zeitpunkt nicht bei den dort tätigen Vertragsärzten lag.

(5) Die Kassenärztlichen Vereinigungen (Registerstelle) führen für jeden Planungsbereich eine Warteliste. In die Warteliste werden auf Antrag die Ärzte, die sich um einen Vertragsarztsitz bewerben und in das Arztregister eingetragen sind, aufgenommen. Bei der Auswahl der Bewerber für die Übernahme einer Vertragsarztpraxis nach Absatz 4 ist die Dauer der Eintragung in die Warteliste zu berücksichtigen.

(6) Endet die Zulassung eines Vertragsarztes, der die Praxis bisher mit einem oder mehreren Vertragsärzten gemeinschaftlich ausgeübt hat, so gelten die Absätze 4 und 5 entsprechend. Die Interessen des oder der in der Praxis verbleibenden Vertragsärzte sind bei der Bewerberauswahl angemessen zu berücksichtigen.

(7) In einem Planungsbereich, für den Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind, haben Krankenhausträger das Angebot zum Abschluß von Belegarztverträgen auszuschreiben. Kommt ein Belegarztvertrag mit einem im Planungsbereich niedergelassenen Vertragsarzt nicht zustande, kann der Krankenhausträger mit einem bisher im Planungsbereich nicht niedergelassenen geeigneten Arzt einen Belegarztvertrag schließen. Dieser erhält eine auf die Dauer der belegärztlichen Tätigkeit beschränkte Zulassung; die Beschränkung entfällt bei Aufhebung der Zulassungsbeschränkungen nach Absatz 3, spätestens nach Ablauf von zehn Jahren.

(8) Die Absätze 1 bis 7 gelten nicht für Zahnärzte.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
III ZR 37/10
Verkündet am:
10. Februar 2011
F r e i t a g
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
3
1. Die für das Abstimmungsverhalten der von ihr bestellten Mitglieder der
Zulassungsgremien (Zulassungsausschuss, Berufungsausschuss) in Haftung
genommene Körperschaft trifft mit Rücksicht darauf, dass nach § 41 Abs. 3
Ärzte-ZV über den Hergang der Beratungen und über das Stimmenverhältnis
Stillschweigen zu bewahren ist, die Darlegungs- und Beweislast, dass ihre
Mitglieder einer rechtswidrig ergangenen (Mehrheits-)Entscheidung des
Kollegiums nicht zugestimmt haben.
2. Auch in sozialgerichtlichen Zulassungsverfahren bewirken der Widerspruch gegen
einen Bescheid des Zulassungsausschusses und ein sich hieran anschlie-
ßendes Klageverfahren eine Hemmung der Verjährung des Amtshaftungsanspruchs
, der aus der angefochtenen Maßnahme abgeleitet wird, in entsprechender
Anwendung des § 204 Abs. 1 Nr. 1, § 209 BGB. Dies gilt auch dann,
wenn der Berufungsausschuss den angefochtenen Bescheid aufhebt und im
Sinne des Antragstellers entscheidet, hiergegen jedoch die Kassenärztliche
Vereinigung das Gericht anruft.
BGH, Urteil vom 10. Februar 2011 - III ZR 37/10 - OLG München
LG München
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 10. Februar 2011 durch den Vizepräsidenten Schlick und die Richter Dörr,
Wöstmann, Seiters und Tombrink

für Recht erkannt:
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des 1. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 21. Januar 2010 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte hat die Kosten des Revisionsrechtszugs zu tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand


1
Der Kläger, ein seit dem 10. Dezember 1994 approbierter Arzt, begehrt von der beklagten Kassenärztlichen Vereinigung Schadensersatz wegen der Ablehnung seines Antrags vom 7. Juni 1999 auf Zulassung als praktischer Arzt durch den für den Bezirk Unterfranken zuständigen Zulassungsausschuss. In seinem Antrag hatte der Kläger als vorgesehenen Wohnsitz und zugleich Praxissitz die Anschrift H. straße 1, M. angegeben. Zum Zeitpunkt der Antragstellung wohnte der Kläger mit seiner Familie in dem 12,4 km von M. entfernten L. .
2
Der Zulassungsausschuss, der im Verfahren den Eindruck gewann, der Kläger wolle seinen Wohnsitz in L. beibehalten, lehnte den Antrag in seiner Sitzung vom 2. Februar 2000 mit der Begründung ab, die Entfernung zwischen dem Wohnort und der Praxis gewährleiste nicht, dass der Kläger seine Praxis zur ordnungsgemäßen Versorgung seiner Patienten stets rechtzeitig erreichen könne. Andererseits sei nicht erkennbar, dass der Kläger willens sei, in M. tatsächlich einen Wohnsitz zu nehmen. Dieser Verstoß gegen die sich aus § 24 Abs. 2 Satz 2 der Zulassungsverordnung für Vertragsärzte (ÄrzteZV ) ergebende sogenannte Residenzpflicht sei als schwerwiegender Mangel im Sinne von § 21 Ärzte-ZV anzusehen und führe zu einer Bewertung des Klägers als ungeeignet für die Ausübung der Kassenpraxis.
3
Mit am 15. April 2003 ausgefertigtem Beschluss vom 28. November 2002 hob der Berufungsausschuss auf den Widerspruch des Klägers den Bescheid des Zulassungsausschusses auf und erteilte diesem die begehrte Zulassung unter der Bedingung des Verzichts auf eine anderweitige bestandskräftige Zulassung , die er am 2. Mai 2000 im Bezirk der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen erlangt hatte, ohne jedoch von ihr Gebrauch gemacht zu haben. In der Begründung seiner Entscheidung führte der Berufungsausschuss aus, zwar habe der Zulassungsausschuss zutreffend angenommen, dass der Kläger bei einem Wohnsitz in L. und einem Praxissitz in M. gegen seine Residenzpflicht aus § 24 Abs. 2 Satz 2 Ärzte-ZV verstoße. Das stehe der Erteilung einer Zulassung jedoch nicht entgegen, weil der Zulassungsausschuss zu einer entsprechenden Auflage nicht berechtigt sei. Vielmehr habe die Kassenärztliche Vereinigung nach Erteilung der Zulassung zu prüfen, ob der Vertragsarzt seiner Residenzpflicht nachkomme, und gegebenenfalls ein Zulassungsentziehungsverfahren einzuleiten.
4
Hiergegen erhob die Beklagte Klage zum Sozialgericht Nürnberg. Eine Klagebegründung unterblieb. Vielmehr nahm die Beklagte mit Schriftsatz vom 6. April 2004 unter Bezugnahme auf das Urteil des Bundessozialgerichts vom 5. November 2003 (MedR 2004, 405) ihre Klage zurück. Von der nunmehr bestandskräftigen Zulassung machte der Kläger in der Folge jedoch keinen Gebrauch , da er sich beruflich in der Zwischenzeit andernorts etabliert hatte.
5
seiner Mit am 29. Dezember 2007 eingegangenen Klage begehrt der Kläger Schadensersatz in Höhe von 257.707,98 € nebst Zinsen wegen der verzögerten Zulassung für die Zeit von 1999 bis zur Bestandskraft des Zulassungsbescheids im April 2004. Das Landgericht hat die Klage wegen Verjährung abgewiesen. Es hat angenommen, dass der Kläger spätestens mit der Entscheidung des Berufungsausschusses die notwendige Kenntnis der den Amtshaftungsanspruch begründenden tatsächlichen Umstände gehabt habe, so dass zum Jahresende 2006 Verjährung eingetreten sei. Auf die Berufung des Klägers hat das Oberlandesgericht die Klage dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt. Mit ihrer vom Oberlandesgericht zugelassenen Revision begehrt die Beklagte die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.

Entscheidungsgründe


I.


6
Die Revision ist unbeschränkt zulässig. Aus der Begründung der Zulassungsentscheidung des Berufungsgerichts, es stelle sich die grundsätzliche Frage, ob die Verjährungsfrist auch bei Anfechtung einer dem Geschädigten günstigen Widerspruchsentscheidung durch den Schädiger erst mit Abschluss des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens anlaufe, ergibt sich keine Beschränkung der Zulassung auf diese Rechtsfrage (vgl. BGH, Urteil vom 21. September 2006 - I ZR 2/04, NJW-RR 2007, 182 Rn. 19 mwN).

II.


7
Die Revision ist jedoch unbegründet. Mit Recht ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass die Beklagte dem Kläger nach Amtshaftungsgrundsätzen den Schaden zu ersetzen hat, der ihm durch die verzögerte Zulassung bis zur Bestandskraft der Entscheidung des Berufungsausschusses entstanden ist.
8
1. a) Das Berufungsgericht (BeckRS 2010, 29113) hält die Ablehnungsentscheidung des Zulassungsausschusses für objektiv rechtswidrig. Der Zulassungsausschuss habe aus der mangelnden Bereitschaft des Klägers, seinen Wohnsitz nach M. zu verlegen, zu Unrecht den Schluss gezogen, in seiner Person bestünden schwerwiegende Mängel im Sinne des § 21 Ärzte-ZV, da er nicht bereit sei, seine vertragsärztlichen Pflichten zu erfüllen. Soweit es um die räumliche Distanz zwischen L. und M. gehe, für deren Überwindung von den Parteien eine Fahrzeit von 15 bzw. 21 Minuten angegeben worden sei, sei eine Verletzung der Residenzpflicht nach § 24 Abs. 2 Satz 2 Ärzte-ZV, nach der ein Vertragsarzt seine Wohnung so zu wählen hat, dass er für die ärztliche Versorgung des Versicherten an seinem Vertragsarztsitz zur Verfügung steht, nicht anzunehmen. Nach der Entscheidung des Bundessozialgerichts vom 5. November 2003 (MedR 2004, 405) komme es nicht darauf an, dass der Arzt unmittelbar am Praxisort wohne, sondern dass er für die Versorgung der Versicherten hinreichend zur Verfügung stehe. Er müsse seine Woh- nung nicht so wählen, dass er Versicherte am Wohnort oder in seiner Wohnung regelmäßig oder auch nur in Notfällen behandeln könne. Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze könne eine in ca. 20 Minuten zu bewältigende Distanz zwischen Wohnung und Praxis bei einem praktischen Arzt nicht als Verstoß gegen die Residenzpflicht angesehen werden.
9
b) Diese Beurteilung steht mit der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts in Einklang, das den Zulassungsgremien einen der gerichtlichen Nachprüfung nur eingeschränkt zugänglichen Beurteilungsspielraum nicht zubilligt und der Versorgungsstruktur in einem bestimmten regionalen Bezirk keine Bedeutung zumisst (vgl. MedR 2004, 405, 406 f). Allerdings hat das Bundessozialgericht anerkannt, dass für Arztgruppen, die nicht unmittelbar patientenbezogen tätig sind, andere Maßstäbe als für hausärztlich tätige Ärzte gelten und dass dem Umstand, ob ein Arzt in einer Einzelpraxis oder in einer größeren Gemeinschaftspraxis tätig ist, eine gewisse Bedeutung zukommen kann (aaO S. 407 f). Ungeachtet dieser möglichen Differenzierungen hat es im konkreten Fall eines psychotherapeutisch tätigen Arztes die Vorgabe, den Wohnsitz im Umkreis von 15 km zur Praxis zu wählen (aaO S. 406) und sie innerhalb von 15 Minuten erreichen zu können, als rechtswidrig angesehen (aaO S. 408). Vielmehr hat es - auch mit Blick auf Rechtsprechung zu den für Belegärzte geltenden vergleichbaren Bestimmungen in § 39 Abs. 4 Nr. 3 Bundesmantelvertrag-Ärzte (BMV-Ä) und § 31 Abs. 4 Nr. 3 Bundesmantelvertrag-Ärzte/Ersatzkassen (EKV-Ä) - befunden , dass bei einem solchen Arzt nichts für die Besorgnis einer Gefährdung der Versorgung der Versicherten spricht, wenn der Arzt regelmäßig einen Fahrweg von ca. 30 Minuten zwischen Wohnung und Praxis zurückzulegen hat.
10
c) Soweit die Revision geltend macht, der Zulassungsausschuss habe nur die Entfernung vom Wohnort zum Praxissitz nicht hingenommen, nicht aber die Forderung erhoben, dass der Kläger in M. seinen Wohnsitz zu nehmen habe, kommt es hierauf nicht entscheidend an. Nach den Maßstäben des Bundessozialgerichts ist eine Fahrtstrecke von weniger als 15 km - der Zulassungsausschuss ging bei seiner Entscheidung sogar nur von 10 km aus - nicht zu beanstanden. Zwar hat die Revision im Ansatz Recht darin, dass für Hausärzte strengere Maßstäbe als für einen psychotherapeutisch tätigen Arzt, der überwiegend langfristig geplante Gesprächsleistungen gegenüber einer kleinen Zahl von Patienten erbringt und nur in ganz besonders gelagerten Ausnahmefällen notfallmäßig tätig wird, zugrunde gelegt werden dürfen. Das Bundessozialgericht hat indes bei seinen Überlegungen, für die allgemeine Handhabung der Residenzpflicht eine gewisse Orientierung zu schaffen, auch die Situation von Belegärzten mit im Auge gehabt, und hat dies im Leitsatz seiner Entscheidung so formuliert, dass ein Vertragsarzt die Pflicht, seine Wohnung so zu wählen, dass er für die Versorgung der Versicherten an seinem Vertragsarztsitz zur Verfügung steht, jedenfalls dann nicht verletzt, wenn er seine Praxis regelmäßig in 30 Minuten erreichen kann. Ob im Einzelfall auch längere Zeiträume unschädlich sein können, hat es offen gelassen, weil sich dies einer ge- nerellen Beurteilung entziehe (aaO S. 408). Danach hat der Senat keinen Zwei- fel, dass die Leitlinie des Bundessozialgerichts, das den Zulassungsgremien keinen Beurteilungsspielraum zugesteht, auch auf Hausärzte anzuwenden ist.
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2. a) Das Berufungsgericht bejaht auch ein Verschulden des Zulassungsausschusses. Seiner Entscheidung sei nicht zu entnehmen, wie viel Zeit benötigt werde, um von der Wohnung des Klägers in die Praxis zu gelangen, und welche Zeitdauer der Ausschuss überhaupt für hinnehmbar halte. Die Rechtsauffassung des Zulassungsausschusses, der Kläger müsse seinen Wohnsitz am Praxisort nehmen, um seiner Residenzpflicht zu genügen, sei offensichtlich nicht mit der Rechtslage vereinbar. Es sei auch nicht erkennbar, dass der Zulassungsausschuss aufgrund einer sorgfältigen und gewissenhaften Prüfung zu seiner Rechtsmeinung gelangt sei.
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b) Diese Beurteilung ist rechtlich nicht zu beanstanden.
13
aa) Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats muss jeder Amtsträger die zur Führung seines Amtes notwendigen Rechts- und Verwaltungskenntnisse besitzen oder sich verschaffen (vgl. Senatsurteil vom 11. Dezember 1997 - III ZR 52/97, NJW 1998, 1307, 1308). Er ist bei der Gesetzesauslegung und Rechtsanwendung verpflichtet, die Gesetzes- und Rechtslage unter Zuhilfenahme der ihm zu Gebote stehenden Hilfsmittel sorgfältig und gewissenhaft zu prüfen und danach aufgrund vernünftiger Überlegungen sich eine Rechtsmeinung zu bilden. Dabei begründet nicht jeder objektive Rechtsirrtum ohne weiteres einen Schuldvorwurf. Wenn die nach sorgfältiger Prüfung gewonnene Rechtsansicht des Amtsträgers als rechtlich vertretbar angesehen werden kann, dann kann aus der Missbilligung dieser Rechtsauffassung durch die Gerichte ein Schuldvorwurf nicht hergeleitet werden (vgl. Senatsurteile vom 14. Dezember 2000 - III ZR 151/99, BGHZ 146, 153, 165; vom 14. März 2002 - III ZR 302/00, BGHZ 150, 172, 181).
14
bb) Gemessen hieran ist ein Verschulden des Zulassungsausschusses nicht zu verneinen.
15
Zwar hat sich das Bundessozialgericht erst in dem angeführten Urteil vom 5. November 2003 mit näheren Einzelheiten zur Residenzpflicht im Sinne des § 24 Abs. 2 Satz 2 Ärzte-ZV beschäftigt, so dass es zum Zeitpunkt der Ent- scheidung des Zulassungsausschusses noch an einer höchstrichterlichen Klärung fehlte. Gleichwohl bestanden gegen die Annahme des Zulassungsausschusses , eine Entfernung von - angenommenen - 10 km zwischen der Wohnung und der Praxis verstoße gegen die Residenzpflicht, erhebliche Bedenken; jedenfalls ist dem Berufungsgericht darin zu folgen, dass der Zulassungsausschuss seine Rechtsauffassung nicht aufgrund einer sorgfältigen Prüfung gewonnen hat.
16
Der Zulassungsausschuss stellt in seiner Entscheidung allein auf die Entfernung von 10 km ab, ohne sich mit der hierfür benötigten Fahrzeit zu beschäftigen. Als zeitliches Moment wird lediglich allgemein angegeben, es sei - vor allem bei schlechten Verkehrsverhältnissen - nicht gewährleistet, dass der Kläger immer rechtzeitig seine Praxis erreichen könne. Auch wenn man berücksichtigt , dass der Zulassungsausschuss im Hinblick auf die beabsichtigte hausärztliche Tätigkeit prinzipiell einen strengeren Maßstab an die zeitliche Verfügbarkeit des Klägers für seine Patienten anlegen durfte, bleibt es - mangels genauerer zeitlicher Festlegungen - unklar, welche Vorstellungen der Zulassungsausschuss verfolgte. Die Urteile der Landessozialgerichte Baden-Württemberg vom 14. Juli 1999 (MedR 2000, 385) und Schleswig-Holstein vom 23. November 1999 (MedR 2000, 383), die im Hinblick auf die Daten ihrer Veröffentlichung in Fachzeitschriften dem Zulassungsausschuss noch nicht bekannt gewesen sein mögen, belegen aber anhand der dort geprüften Situation von Belegärzten, an die im Hinblick auf ihre rechtzeitige Präsenz ebenfalls strengere Anforderungen gestellt werden können, dass vor allem der zeitliche Faktor in den Blick zu nehmen ist. Auch wenn man - wie die Revision es für richtig hält - annehmen wollte, der Zulassungsausschuss habe nicht einen Wohnsitz am Praxisort gefordert, erweist sich seine Entscheidung als nur unzureichend begründet.

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3. Im Ergebnis zu Recht hat das Berufungsgericht die haftungsrechtliche Verantwortlichkeit der Beklagten bejaht.
18
Zulassungsausschuss a) und Berufungsausschuss sind Einrichtungen der gemeinsamen Selbstverwaltung von Vertragsärzten bzw. Vertragszahnärzten und Krankenkassen (vgl. BSG, SozR 3-2500 § 96 Nr. 1 S. 4), die - hoheitlich handelnd - ihre Selbstverwaltungsaufgaben mit unmittelbarer Wirkung für die entsendenden Körperschaften wahrnehmen. Sie werden von den Kassenärztlichen bzw. Kassenzahnärztlichen Vereinigungen und den Landesverbänden der Krankenkassen sowie den Ersatzkassen zur Beschlussfassung und Entscheidung in Zulassungssachen nach § 96 Abs. 1, § 97 Abs. 1 SGB V errichtet. Dabei bestehen die Zulassungsausschüsse in gleicher Zahl aus Vertretern der Ärzte, die von den Kassenärztlichen Vereinigungen bestellt werden, und der Krankenkassen, die von den Landesverbänden der Krankenkassen und den Ersatzkassen bestellt werden (§ 96 Abs. 2 SGB V).
19
Für den Bereich der Amtshaftung entscheidet der Senat die Frage nach der haftpflichtigen Körperschaft, wenn die Anknüpfung an die Anstellung versagt , weil - wie hier - ein Dienstherr nicht vorhanden ist, danach, wer dem Amtsträger die konkrete Aufgabe anvertraut hat, bei deren Erfüllung er gefehlt hat (vgl. Senatsurteil vom 15. Januar 1987 - III ZR 17/85, BGHZ 99, 326, 330). Er hat daher in einem Fall, in dem die Einstimmigkeit der Entscheidung der Ausschüsse nicht in Frage stand, eine gesamtschuldnerische haftungsrechtliche Verantwortlichkeit der die Mitglieder entsendenden Körperschaften angenommen (vgl. Senatsbeschluss vom 12. April 2006 - III ZR 35/05, NJW-RR 2006, 966 Rn. 4 bis 7). Dasselbe gilt für die Haftung für amtspflichtwidriges Verhalten von Mitgliedern des Bewertungsausschusses, die nach § 87 Abs. 4 SGB V nur durch übereinstimmenden Beschluss entscheiden können (vgl. Senatsurteil vom 14. März 2002 - III ZR 302/00, BGHZ 150, 172, 180).
20
b) Im vorliegenden Fall steht nicht fest, wie die einzelnen Mitglieder des Zulassungsausschusses gestimmt haben. Die Beklagte hat sich insoweit mit Nichtwissen erklärt, während der Kläger auf den Schriftverkehr mit dem von der Beklagten entsandten alternierenden Vorsitzenden des Zulassungsausschusses Bezug genommen und die Vorlegung der Sitzungsniederschriften der Ausschusssitzungen beantragt hat. Da nach § 41 Abs. 3 Ärzte-ZV über den Hergang der Beratungen und über das Stimmenverhältnis Stillschweigen zu bewahren ist, ist es bei einer strengen Wahrung dieser Verschwiegenheitspflicht weder der Beklagten möglich, sich zu ihrer haftungsrechtlichen Verantwortlichkeit zu erklären, noch könnte ein Geschädigter, der prinzipiell für das Vorliegen der Haftungsvoraussetzungen darlegungs- und beweispflichtig ist, die notwendige Kenntnis von der Person des Schuldners erlangen, von der der Beginn der Verjährung seines Schadensersatzanspruchs nach § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB abhängt. Denn da die Zulassungsausschüsse nach § 96 Abs. 2 Satz 6 SGB V mit einfacher Stimmenmehrheit entscheiden und bei Stimmengleichheit ein Antrag als abgelehnt gilt, wäre es denkbar, dass der Antrag des Klägers mit den Stimmen der Vertreter der Krankenkassen abgelehnt worden wäre und den von der Beklagten bestellten Mitgliedern kein Verschulden zugerechnet werden könnte, für das die Beklagte nach Art. 34 GG eintreten müsste. Da es sich - jedenfalls theoretisch - ebenso gut umgekehrt verhalten haben kann, wäre ein Geschädigter bei strikter Wahrung des Beratungsgeheimnisses außerstande, seinen Schadensersatzanspruch gegen die rechtswidrige und schuldhafte Entscheidung des Zulassungsausschusses durchzusetzen. Das ist nicht hinnehmbar.
21
c) Dass wegen des Beratungsgeheimnisses eine Aufklärung über das Stimmverhalten der ärztlichen Mitglieder nicht möglich oder - wie das Berufungsgericht in seinem Urteil vom 5. November 2009 (1 U 5235/08, BeckRS 2009, 86312) in einer Parallelsache befunden hat - eine Beweisaufnahme hierüber unzulässig wäre, ist in dieser Allgemeinheit nicht richtig.
22
Inwieweit das sich aus § 41 Abs. 3 Ärzte-ZV ergebende Beratungsgeheimnis Einschränkungen unterliegt, ist - soweit ersichtlich - in der Literatur und Rechtsprechung noch nicht behandelt worden. Dies ist im Hinblick auf die dem Zulassungsausschuss obliegenden Aufgaben und den hiergegen bestehenden Primärrechtsschutz auch nicht erforderlich. Insoweit ist entscheidend auf den Inhalt des Beschlusses abzustellen, den der Zulassungsausschuss als Kollegialorgan trifft. Dabei ist die bei einer paritätischen Besetzung nicht auszuschließende , in der Rechtswirklichkeit aber wohl eher selten auftretende Situation einer Stimmengleichheit für oder gegen einen gestellten Antrag durch die Regelung des § 96 Abs. 2 Satz 6 SGB V im Sinne einer Antragsablehnung vorgegeben.
23
Das Verfahren und die Beschlussfassung des Zulassungsausschusses sind nach §§ 36 bis 43 Ärzte-ZV ähnlich einem gerichtlichen Verfahren ausgestaltet (vgl. Pawlita, in jurisPK-SGB V, § 96 Rn. 53 f). Das Beratungsgeheimnis dient, insoweit dem richterlichen Beratungsgeheimnis vergleichbar, ersichtlich dem Schutz der Einheit des Spruchkollegiums und dem Ansehen seiner Spruchpraxis. Aber selbst das richterliche Beratungsgeheimnis, das einen höheren Stellenwert hat als das für ein bloßes Verwaltungsverfahren angeordnete, gilt nicht absolut (Schmidt-Räntsch, DRiG, 6. Aufl., § 43 Rn. 12 mwN). Wird - wie hier - eine Körperschaft wegen eines bestimmten Abstimmungsverhaltens eines von ihr entsandten Mitglieds des Kollegiums auf Schadensersatz in An- spruch genommen, so liegt es nahe, den bestehenden Interessenkonflikt zumindest dadurch zu lösen, dass es dem Mitglied beziehungsweise der Körperschaft erlaubt ist, zum Zwecke der Verteidigung ihrer rechtlichen Interessen das Beratungsgeheimnis - als Zeuge oder auch als Partei - preiszugeben (SchmidtRäntsch aaO Rn. 19; siehe auch OLG Naumburg, NJW 2008, 3585, 3587). Zur Wahrung übergeordneter Interessen erscheint aber auch die Auferlegung einer Aussage- bzw. Einlassungspflicht nicht von vorneherein ausgeschlossen (Schmidt-Räntsch aaO Rn. 15, 17, 19).
24
d) In der Rechtsprechung des Senats ist anerkannt, dass der Geschädigte den einzelnen Amtsträger, der ihm gegenüber die Pflichtverletzung begangen hat, nicht konkret bezeichnen muss, solange feststeht, dass der gesamte Haftungstatbestand in der Person irgend eines Amtsträgers der in Anspruch genommenen Körperschaft erfüllt ist (vgl. Senatsurteile vom 26. September 1960 - III ZR 125/59, WM 1960, 1304, 1305; vom 12. Dezember 1991 - III ZR 18/91, BGHZ 116, 312, 314 f; vom 27. Juni 2002 - III ZR 234/01, BGHZ 151, 198, 203 f). Weitergehende Darlegungen sind dem Geschädigten, der die Interna des Behördenbetriebs nicht kennt und auch nicht zu kennen braucht, häufig nicht möglich und deshalb auch nicht zumutbar. Kommen jedoch - wie hier - bei einem gemischt besetzten Kollegialorgan mehrere haftpflichtige Körperschaften in Betracht, die nur in Bezug auf die jeweils von ihnen bestellten Mitglieder zu einer Haftungsübernahme verpflichtet sind, wäre nach den üblichen Grundsätzen die Feststellung unabdingbar, dass jedenfalls ein von der in Anspruch genommenen Körperschaft bestelltes Mitglied Amtspflichten verletzt hat, weil es sonst an einer Voraussetzung für eine Übernahme der Haftung fehlen würde. Dies erscheint jedoch nicht angemessen, da der Zulassungsausschuss dem Geschädigten als Einheit gegenübertritt und die Einheit der Entscheidungen dieses Kollegiums durch das Beratungsgeheimnis institutionell abgesichert wird.

25
Zwar ist eine Beweiserhebung über das Abstimmungsverhalten einzelner Mitglieder des Zulassungsausschusses, wie ausgeführt, nicht von vornherein unzulässig. Es wäre jedoch eine unzumutbare Erschwerung der Prozessführung , wenn ein Geschädigter eine für die Haftungsübernahme in Betracht kommende Körperschaft aussuchen und gewissermaßen auf gut Glück ein amtspflichtwidriges Verhalten eines von dieser Körperschaft entsandten Mitglieds behaupten müsste im Vertrauen darauf, dass die Beklagtenseite das Beratungsgeheimnis preisgibt oder das Gericht trotz der Berufung auf das Beratungsgeheimnis aus überwiegenden gegenläufigen Interessen gleichwohl eine Beweiserhebung anordnet.
26
Da die Beklagte - schon aus Gründen der fachlichen Zusammenarbeit - den Vorgängen im Zulassungsausschuss näher steht als der Geschädigte und sie im Hinblick auf eine mögliche Haftung auch im Verhältnis zu den anderen entsendenden Körperschaften ein Interesse daran hat, das Stimmverhalten der von ihr bestellten Mitglieder des Zulassungsausschusses in Erfahrung zu bringen , hält der Senat in dieser besonderen Situation eine Umkehr der Darlegungs - und Beweislast für geboten. Die für das Abstimmungsverhalten ihrer Mitglieder in Haftung genommene Körperschaft muss darlegen und beweisen, dass ihre Mitglieder der rechtswidrig ergangenen (Mehrheits-)Entscheidung des Kollegiums nicht zugestimmt haben. Dabei muss ihr schon im eigenen Interesse an einer frühzeitigen Klärung des Sachverhalts gelegen sein, so dass sie sich im Regelfall bereits vorprozessual dazu erklären wird, ob sie eine Haftung wegen des Stimmverhaltens der von ihr bestellten Mitglieder des Ausschusses ablehnen möchte, was ihr nicht prinzipiell versagt werden kann.
27
e) Vorliegend kommt hinzu, dass die Beklagte die amtspflichtwidrige Entscheidung des Zulassungsausschusses gebilligt und sich aktiv gegen eine Zulassung des Klägers als Vertragsarzt gestellt hat. Denn sie hat sich nicht etwa dem Widerspruch des Klägers gegen die Entscheidung des Zulassungsausschusses angeschlossen, sondern - wie sich aus dem Beschluss des Berufungsausschusses ergibt - dessen Zurückweisung beantragt. Darüber hinaus hat sie, worauf das Berufungsgericht zu Recht hinweist, die Zulassung des Klägers durch den Berufungsausschuss mit der Klage angriffen und damit den rechtswidrigen Zustand weiter verlängert. Aufgrund dieser Verhaltensweise ist es der Beklagten nach Treu und Glauben verwehrt, sich im Amtshaftungsprozess hinter dem Beratungsgeheimnis "zu verstecken".
28
4. Zu Recht nimmt das Berufungsgericht an, dass die zeitweilige Existenz einer Zulassung des Klägers als Vertragsarzt für G. -U. einer Haftung der Beklagten nicht entgegensteht. Die Revision beanstandet dies unter dem Gesichtspunkt , die genannte Zulassung sei geeignet gewesen, jeden Schaden aus der verweigerten Zulassung für M. entfallen zu lassen. Darüber hinaus fehle es an einem Kausalzusammenhang, wenn der Kläger eine Zulassung in Hessen besessen habe, von ihr aber keinen Gebrauch habe machen wollen.
29
Diese Rüge ist nicht begründet. Durch die Ablehnung des Zulassungsantrags war es dem Kläger nicht wie beabsichtigt möglich, in dem seinen Eltern gehörenden Haus seine Praxis unter Ausnutzung damit verbundener wirtschaftlicher Vorteile zu nutzen. Die Würdigung des Berufungsgerichts, der Kläger habe im Hinblick auf seine Absicht, im Widerspruchsverfahren weiterhin eine Zulassung in M. zu erreichen, von einer erhebliche Investitionen und längerfristige vertragliche Bindungen erfordernden Praxiseröffnung in Hessen absehen dürfen, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Vor allem sprechen die festgestellten wirtschaftlichen und persönlichen Rahmenbedingungen, gegen die die Revision keine Einwände erhebt, entscheidend dafür, dass dem Kläger durch die Versagung der Zulassung in M. ein Schaden entstanden ist.
30
5. Einem möglichen Schadensersatzanspruch steht nicht der Einwand entgegen , der Kläger habe versäumt, im sozialgerichtlichen Verfahren nach § 86b Abs. 1 Nr. 1 SGG einen Antrag auf Anordnung der sofortigen Vollziehung des Beschlusses des Berufungsausschusses zu stellen.
31
a) Nach der Rechtsprechung des Senats fallen unter den Begriff des Rechtsmittels, der weit zu fassen ist, alle Rechtsbehelfe, die sich unmittelbar gegen die schädigende Amtshandlung oder Unterlassung selbst richten und nach gesetzlicher Ordnung ihre Beseitigung oder Berichtigung bezwecken und ermöglichen (vgl. Senatsurteile vom 3. Juni 1993 - III ZR 104/92, BGHZ 123, 1, 7; vom 9. Oktober 1997 - III ZR 4/97, BGHZ 137, 11, 23). Hierzu zählen auch Rechtsbehelfe des einstweiligen Rechtsschutzes (vgl. Senatsurteil vom 9. Oktober 2003 - III ZR 342/02, BGHZ 156, 294, 298 f mwN zu einem Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO). Für den seit dem 2. Januar 2002 grundlegend umgestalteten einstweiligen Rechtsschutz der §§ 86a, 86b SGG gilt nichts anderes.
32
b) Nach Auffassung des Berufungsgerichts wäre ein Antrag nach § 86b Abs. 1 Nr. 1 SGG deshalb kein mögliches Rechtsmittel im Sinne des § 839 Abs. 3 BGB gewesen, weil schadensstiftende Amtspflichtverletzung (nur) die Ablehnung des Zulassungsantrags gewesen sei und als unmittelbar dagegen gerichteter Rechtsbehelf allein der Widerspruch zur Verfügung gestanden habe.
33
Ob dem zu folgen ist, kann ebenso dahinstehen wie die Frage, ob wegen des Verzichts auf einen solchen Antrag eine Minderung des Schadensersatzes nach § 254 Abs. 2 BGB in Betracht kommt. Denn die Stellung eines Antrags nach § 86b Abs. 1 Nr. 1 SGG wäre nur sinnvoll gewesen, wenn der Kläger die Absicht gehabt hätte, unverzüglich nach der Anordnung der sofortigen Vollziehung mit der Einrichtung seiner Arztpraxis zu beginnen. Es war ihm aber nicht zuzumuten, größere Investitionen ohne entsprechende Planungssicherheit (bestandskräftiger Zulassungsbescheid) zu tätigen.
34
6. Der Schadensersatzanspruch des Klägers ist nicht verjährt.
35
a) Da der Kläger gegen den Beschluss des Zulassungsausschusses Widerspruch eingelegt und damit den nach § 839 Abs. 3 BGB gebotenen Primärrechtsschutz wahrgenommen hat, kann er sich auf die ständige Rechtsprechung des Senats beziehen, nach der Widerspruch und Klage gegen einen amtspflichtwidrig erlassenen Verwaltungsakt die Verjährung des Amtshaftungsanspruchs , der aus der angefochtenen Maßnahme abgeleitet wird, in analoger Anwendung des § 204 Abs. 1 Nr. 1, § 209 BGB hemmen (vgl. Senatsurteil vom 4. Juni 2009 - III ZR 144/05, BGHZ 181, 199 Rn. 35; zur Unterbrechungswirkung nach früherem Recht analog § 209 Abs. 1, § 211 BGB a.F. Senatsurteile vom 11. Juli 1985 - III ZR 62/84, BGHZ 95, 238, 242 f; vom 18. November 2004 - III ZR 347/03, NVwZ-RR 2005, 152, 154). Die Hemmungswirkung endet analog § 204 Abs. 2 Satz 1 BGB im Regelfall sechs Monate nach der rechtskräftigen Entscheidung oder anderweitigen Erledigung des Verfahrens (vgl. zu § 211 BGB a.F. Senatsurteil vom 18. November 2004 - III ZR 347/03, aaO).
36
Mit Urteil vom 6. Februar 1986 (III ZR 109/84, BGHZ 97, 97, 110) hat der Senat diese Grundsätze auf die Verjährung von Amtshaftungsansprüchen, die aus dem amtspflichtwidrigen Vollzug eines Planfeststellungsbeschlusses hergeleitet werden, übertragen. Der Senat hat weiter ausgesprochen, dass auch die Geltendmachung des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs durch Klage vor den Sozialgerichten die Verjährung des Amtshaftungsanspruchs unterbricht, der auf dasselbe Fehlverhalten des Sozialversicherungsträgers gestützt wird (vgl. Senatsurteile vom 11. Februar 1988 - III ZR 221/86, BGHZ 103, 242, 246 f; vom 20. Juli 2000 - III ZR 64/99, NVwZ-RR 2000, 746, 749). Auch in der Erhebung einer finanzgerichtlichen Klage auf Feststellung der Nichtigkeit eines Gewinnfeststellungsbescheids hat der Senat ein taugliches Mittel des Primärrechtsschutzes mit den angeführten verjährungsrechtlichen Wirkungen gesehen (vgl. Senatsurteil vom 6. Juli 1995 - III ZR 145/94, NJW 1995, 2778, 2779).
37
Entsprechend dem allgemein anerkannten Vorrang des Primärrechtsschutzes vor dem Sekundärrechtsschutz ist es in den genannten Fällen - nicht zuletzt aus Gründen der Prozesswirtschaftlichkeit - sachgerecht, wenn der Betroffene , ehe er Schadensersatz wegen Amtspflichtverletzung geltend macht, sich zunächst gegen das beanstandete Verwaltungshandeln selbst wendet und versucht, im Wege des primären Rechtsschutzes Abhilfe zu erreichen. Da die öffentliche Hand in diesen Fällen ohnehin damit rechnen muss, dass der Geschädigte nach erfolglosem - und erst Recht nach erfolgreichem - Vorgehen im Primärrechtsschutz auch noch Amtshaftungsansprüche erhebt, hat der Senat es für gerechtfertigt gehalten, die angeführten verjährungsrechtlichen Vorschriften entsprechend anzuwenden (vgl. Senatsurteile vom 29. Juni 1989 - III ZR 92/87, NJW 1990, 176, 179; vom 2. April 1998 - III ZR 309/96, BGHZ 138, 247, 250 f). Die Prozesswirtschaftlichkeit für ein solches Vorgehen hat der Senat nicht nur dann bejaht, wenn die Zivilgerichte im Amtshaftungsprozess an rechtskräftige Entscheidungen von Verwaltungsgerichten im Rahmen ihrer Rechtskraftwirkung gebunden sind (vgl. insoweit Senatsurteil vom 7. Februar 2008 - III ZR 76/07, BGHZ 175, 221 Rn. 10 f mwN), sondern auch in Fällen, in denen - wie bei der sozialrechtlichen Herstellungsklage - die Frage eines pflichtwidrigen Verhaltens eines Beamten nur eine Vorfrage ist, so dass das Ergebnis dieses Verfahrens für den Amtshaftungsprozess keine Bindungen entfaltet (vgl. Senatsurteile vom 11. Februar 1988 - III ZR 221/86, BGHZ 103, 242, 245; vom 6. Februar 1997 - III ZR 241/95, NVwZ 1997, 1243, 1244; vom 20. Juli 2000 - III ZR 64/99, NVwZ-RR 2000, 746).
38
b) Die hier vorliegende Fallgestaltung zeichnet sich durch einige verfahrensrechtliche Besonderheiten aus, die allerdings keinen Anlass zu einer anderen verjährungsrechtlichen Behandlung geben.
39
Wie bereits ausgeführt, nehmen Zulassungsausschuss und Berufungsausschuss als Einrichtungen der gemeinsamen Selbstverwaltung von Vertragsärzten und Krankenkassen ihre Selbstverwaltungsaufgaben mit unmittelbarer Wirkung für die entsendenden Körperschaften wahr. Gegen die Entscheidungen des Zulassungsausschusses kann der Berufungsausschuss angerufen werden. Dass dessen Anrufung, wie auch sonst beim Widerspruch gegen einen Verwaltungsakt (vgl. § 86a Abs. 1 SGG), aufschiebende Wirkung hat, ist nicht im Sozialgerichtsgesetz, sondern in § 96 Abs. 4 Satz 2 SGB V geregelt. Das Verfahren vor dem Berufungsausschuss ist ein umfassendes Verwaltungsverfahren in einer zweiten Instanz und kein Widerspruchsverfahren nach dem Sozialgerichtsgesetz , sondern gilt nach § 97 Abs. 3 Satz 2 SGB V lediglich als Vorverfahren im Sinne des § 78 SGG. Gegen die Entscheidung des Berufungsausschusses , mit der das Vorverfahren abgeschlossen wird, kann der beschwerte Beteiligte das Sozialgericht anrufen. Dabei sieht das Bundessozialgericht die Kassenärztlichen Vereinigungen wegen ihres Sicherstellungsauftrags gemäß § 75 Abs. 1 SGB V und ihrer Gesamtverantwortung für die ordnungs- gemäße Durchführung der vertragsärztlichen Versorgung in Angelegenheiten des Zulassungswesens auch unabhängig vom Nachweis eines konkreten rechtlichen Interesses im Einzelfall als berechtigt an, die Entscheidungen der Ausschüsse anzufechten (BSG, MedR 2000, 198, 199). Die Klage ist nach § 70 Nr. 4 SGG gegen den Berufungsausschuss zu richten. Die Vorschrift des § 95 SGG, nach der bei einem durchgeführten Vorverfahren der ursprüngliche Verwaltungsakt in der Gestalt, die er durch den Widerspruchsbescheid gefunden hat, Gegenstand der Klage ist, gilt für vertragsärztliche Zulassungsstreitigkeiten nicht (vgl. BSG SozR 3-2500 § 96 Nr. 1 S. 5 f; BSG MedR 2000, 198, 200). Weil die Beschlussfassung und Entscheidung in Zulassungssachen ein hinsichtlich des Sachergebnisses einheitlich, bezüglich des Beurteilungsvorgangs zweistufig verfasstes besonderes Verwaltungsverfahren ist (vgl. BSG SozR 3-2500 § 96 Nr. 1 S. 4), ist Gegenstand der Klage ausschließlich der Bescheid des Berufungsausschusses.
40
Diese Besonderheiten ändern jedoch nichts daran, dass es bis zur Anrufung des Sozialgerichts durch die Beklagte in der Sache um die Frage ging, ob der Zulassungsantrag des Klägers begründet war. Dass es sich bei der Klage der Beklagten gegen den Bescheid des Berufungsausschusses um die Klage eines formell Dritten handelt, ändert nichts daran, dass es materiell um eine Fortsetzung der Prüfung des Zulassungsantrags des Klägers geht, der durch seinen Widerspruch gegen die Entscheidung des Zulassungsausschusses das der Klage vorausgehende Vorverfahren eingeleitet hat. Hätte die Klage der Beklagten in erster Instanz zum Nachteil des Klägers, der in diesem Verfahren die Stellung eines Beigeladenen hat, der von der Rechtskraft der Entscheidung mit erfasst wird (vgl. § 69 Nr. 3, § 141 Abs. 1 Nr. 1 SGG), Erfolg gehabt, hätte er mit einem Rechtsmittel hiergegen sein Anliegen weiterverfolgen können. Das rechtfertigt es, in dieser prozessualen Konstellation, in der der Kläger lediglich das Vorverfahren eingeleitet und die Beklagte die Klage zum Sozialgericht erhoben hat, ebenfalls die Vorschrift des § 204 Abs. 2 Satz 1 BGB analog anzuwenden. Da das Klageverfahren im April 2004 durch Rücknahme der Klage erledigt wurde, war der Anspruch des Klägers bei Einreichung der alsbald danach zugestellten Klage im Dezember 2007 noch nicht verjährt.
41
7. Danach hat das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei ein Grundurteil erlassen.
Schlick Dörr Wöstmann
Seiters Tombrink
Vorinstanzen:
LG München I, Entscheidung vom 15.10.2008 - 15 O 24803/07 -
OLG München, Entscheidung vom 21.01.2010 - 1 U 5307/08 -

(1) Die Landesausschüsse der Ärzte und Krankenkassen stellen fest, ob eine Überversorgung vorliegt; die durch Ermächtigung an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzte und die Ärzte, die in ermächtigten Einrichtungen tätig sind, sind bei der Feststellung einer Überversorgung nicht zu berücksichtigen. Wenn dies der Fall ist, hat der Landesausschuß nach den Vorschriften der Zulassungsverordnungen und unter Berücksichtigung der Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses Zulassungsbeschränkungen anzuordnen. Darüber hinaus treffen die Landesausschüsse eine Feststellung, wenn der allgemeine bedarfsgerechte Versorgungsgrad um 40 Prozent überschritten ist.

(2) Die Zulassungsbeschränkungen sind räumlich zu begrenzen. Sie können einen oder mehrere Planungsbereiche einer Kassenärztlichen Vereinigung umfassen. Sie sind arztgruppenbezogen unter angemessener Berücksichtigung der Besonderheiten bei den Kassenarten anzuordnen. Die für die Sozialversicherung zuständigen obersten Landesbehörden können ländliche oder strukturschwache Teilgebiete eines Planungsbereichs bestimmen, die auf ihren Antrag für einzelne Arztgruppen oder Fachrichtungen von den Zulassungsbeschränkungen auszunehmen sind; in dem Antrag ist die Anzahl der zusätzlichen Zulassungsmöglichkeiten arztgruppenbezogen festzulegen. Die zusätzlichen Zulassungsmöglichkeiten sind an das nach Satz 4 bestimmte Teilgebiet gebunden. Für die Bestimmung der ländlichen und strukturschwachen Teilgebiete stellt der Landesausschuss im Einvernehmen mit der für die Sozialversicherung zuständigen obersten Landesbehörde allgemeingültige Kriterien auf, die den jeweiligen Entscheidungen zugrunde zu legen sind. Der Landesausschuss hat sich dabei an den laufenden Raumbeobachtungen und Raumabgrenzungen des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung zu orientieren oder eine vergleichbare Abgrenzung ländlicher Gebiete durch die für die Landesplanung zuständigen Stellen zugrunde zu legen. Die zusätzlichen Arztsitze sind in den von den Kassenärztlichen Vereinigungen im Einvernehmen mit den Landesverbänden der Krankenkassen und den Ersatzkassen gemäß § 99 aufzustellenden Bedarfsplänen auszuweisen.

(3) Die Zulassungsbeschränkungen sind aufzuheben, wenn die Voraussetzungen für eine Überversorgung entfallen sind.

(3a) Wenn die Zulassung eines Vertragsarztes in einem Planungsbereich, für den Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind, durch Tod, Verzicht oder Entziehung endet und die Praxis von einem Nachfolger weitergeführt werden soll, entscheidet der Zulassungsausschuss auf Antrag des Vertragsarztes oder seiner zur Verfügung über die Praxis berechtigten Erben, ob ein Nachbesetzungsverfahren nach Absatz 4 für den Vertragsarztsitz durchgeführt werden soll. Satz 1 gilt auch bei Verzicht auf die Hälfte oder eines Viertels der Zulassung oder bei Entziehung der Hälfte oder eines Viertels der Zulassung; Satz 1 gilt nicht, wenn ein Vertragsarzt, dessen Zulassung befristet ist, vor Ablauf der Frist auf seine Zulassung verzichtet. Der Zulassungsausschuss kann den Antrag ablehnen, wenn eine Nachbesetzung des Vertragsarztsitzes aus Versorgungsgründen nicht erforderlich ist; dies gilt nicht, sofern die Praxis von einem Nachfolger weitergeführt werden soll, der dem in Absatz 4 Satz 5 Nummer 4, 5 und 6 bezeichneten Personenkreis angehört oder der sich verpflichtet, die Praxis in ein anderes Gebiet des Planungsbereichs zu verlegen, in dem nach Mitteilung der Kassenärztlichen Vereinigung aufgrund einer zu geringen Ärztedichte ein Versorgungsbedarf besteht oder sofern mit der Nachbesetzung Festlegungen nach § 101 Absatz 1 Satz 8 befolgt werden. Für einen Nachfolger, der dem in Absatz 4 Satz 5 Nummer 4 bezeichneten Personenkreis angehört, gilt Satz 3 zweiter Halbsatz mit der Maßgabe, dass dieser Nachfolger die vertragsärztliche Tätigkeit in einem Gebiet, in dem der Landesausschuss nach § 100 Absatz 1 das Bestehen von Unterversorgung festgestellt hat, nach dem 23. Juli 2015 erstmals aufgenommen hat. Für einen Nachfolger, der dem in Absatz 4 Satz 5 Nummer 6 bezeichneten Personenkreis angehört, gilt Satz 3 zweiter Halbsatz mit der Maßgabe, dass das Anstellungsverhältnis oder der gemeinschaftliche Betrieb der Praxis mindestens drei Jahre lang angedauert haben muss. Satz 5 gilt nicht, wenn das Anstellungsverhältnis oder der gemeinschaftliche Praxisbetrieb vor dem 5. März 2015 begründet wurde. Hat der Landesausschuss eine Feststellung nach Absatz 1 Satz 3 getroffen, soll der Zulassungsausschuss den Antrag auf Durchführung eines Nachbesetzungsverfahrens ablehnen, wenn eine Nachbesetzung des Vertragsarztsitzes aus Versorgungsgründen nicht erforderlich ist. Im Fall des Satzes 7 gelten Satz 3 zweiter Halbsatz sowie die Sätze 4 bis 6 entsprechend; Absatz 4 Satz 9 gilt mit der Maßgabe, dass die Nachbesetzung abgelehnt werden soll. Der Zulassungsausschuss beschließt mit einfacher Stimmenmehrheit; bei Stimmengleichheit ist dem Antrag abweichend von § 96 Absatz 2 Satz 6 zu entsprechen. § 96 Absatz 4 findet keine Anwendung. Ein Vorverfahren (§ 78 des Sozialgerichtsgesetzes) findet nicht statt. Klagen gegen einen Beschluss des Zulassungsausschusses, mit dem einem Antrag auf Durchführung eines Nachbesetzungsverfahrens entsprochen wird, haben keine aufschiebende Wirkung. Hat der Zulassungsausschuss den Antrag abgelehnt, hat die Kassenärztliche Vereinigung dem Vertragsarzt oder seinen zur Verfügung über die Praxis berechtigten Erben eine Entschädigung in der Höhe des Verkehrswertes der Arztpraxis zu zahlen. Bei der Ermittlung des Verkehrswertes ist auf den Verkehrswert abzustellen, der nach Absatz 4 Satz 8 bei Fortführung der Praxis maßgeblich wäre.

(4) Hat der Zulassungsausschuss in einem Planungsbereich, für den Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind, nach Absatz 3a einem Antrag auf Durchführung eines Nachbesetzungsverfahrens entsprochen, hat die Kassenärztliche Vereinigung den Vertragsarztsitz in den für ihre amtlichen Bekanntmachungen vorgesehenen Blättern unverzüglich auszuschreiben und eine Liste der eingehenden Bewerbungen zu erstellen. Satz 1 gilt auch bei hälftigem Verzicht oder bei hälftiger Entziehung der Zulassung oder bei der Festlegung zusätzlicher Zulassungsmöglichkeiten nach Absatz 2 Satz 4. Dem Zulassungsausschuß sowie dem Vertragsarzt oder seinen Erben ist eine Liste der eingehenden Bewerbungen zur Verfügung zu stellen. Unter mehreren Bewerbern, die die ausgeschriebene Praxis als Nachfolger des bisherigen Vertragsarztes fortführen wollen, hat der Zulassungsausschuß den Nachfolger nach pflichtgemäßem Ermessen auszuwählen. Bei der Auswahl der Bewerber sind folgende Kriterien zu berücksichtigen:

1.
die berufliche Eignung,
2.
das Approbationsalter,
3.
die Dauer der ärztlichen Tätigkeit,
4.
eine mindestens fünf Jahre dauernde vertragsärztliche Tätigkeit in einem Gebiet, in dem der Landesausschuss nach § 100 Absatz 1 das Bestehen von Unterversorgung festgestellt hat,
5.
ob der Bewerber Ehegatte, Lebenspartner oder ein Kind des bisherigen Vertragsarztes ist,
6.
ob der Bewerber ein angestellter Arzt des bisherigen Vertragsarztes oder ein Vertragsarzt ist, mit dem die Praxis bisher gemeinschaftlich betrieben wurde,
7.
ob der Bewerber bereit ist, besondere Versorgungsbedürfnisse, die in der Ausschreibung der Kassenärztlichen Vereinigung definiert worden sind, zu erfüllen,
8.
Belange von Menschen mit Behinderung beim Zugang zur Versorgung,
9.
bei medizinischen Versorgungszentren die Ergänzung des besonderen Versorgungsangebots; dies gilt entsprechend für Vertragsärzte und Berufsausübungsgemeinschaften mit einem besonderen Versorgungsangebot.
Die Festlegungen nach § 101 Absatz 1 Satz 8 sind zu beachten. Ab dem 1. Januar 2006 sind für ausgeschriebene Hausarztsitze vorrangig Allgemeinärzte zu berücksichtigen. Die Dauer der ärztlichen Tätigkeit nach Satz 5 Nummer 3 wird verlängert um Zeiten, in denen die ärztliche Tätigkeit wegen der Erziehung von Kindern oder der Pflege pflegebedürftiger naher Angehöriger in häuslicher Umgebung unterbrochen worden ist. Die wirtschaftlichen Interessen des ausscheidenden Vertragsarztes oder seiner Erben sind nur insoweit zu berücksichtigen, als der Kaufpreis die Höhe des Verkehrswerts der Praxis nicht übersteigt. Kommt der Zulassungsausschuss in den Fällen des Absatzes 3a Satz 3 zweiter Halbsatz bei der Auswahlentscheidung nach Satz 4 zu dem Ergebnis, dass ein Bewerber auszuwählen ist, der nicht dem in Absatz 3a Satz 3 zweiter Halbsatz bezeichneten Personenkreis angehört, kann er die Nachbesetzung des Vertragsarztsitzes mit der Mehrheit seiner Stimmen ablehnen, wenn eine Nachbesetzung aus Versorgungsgründen nicht erforderlich ist; Absatz 3a Satz 10, 11, 13 und 14 gilt in diesem Fall entsprechend. Hat sich ein Bewerber nach Satz 5 Nummer 7 bereit erklärt, besondere Versorgungsbedürfnisse zu erfüllen, kann der Zulassungsausschuss die Zulassung unter der Voraussetzung erteilen, dass sich der Bewerber zur Erfüllung dieser Versorgungsbedürfnisse verpflichtet.

(4a) Verzichtet ein Vertragsarzt in einem Planungsbereich, für den Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind, auf seine Zulassung, um in einem medizinischen Versorgungszentrum tätig zu werden, so hat der Zulassungsausschuss die Anstellung zu genehmigen, wenn Gründe der vertragsärztlichen Versorgung dem nicht entgegenstehen; eine Fortführung der Praxis nach Absatz 4 ist nicht möglich. Bei der Prüfung, ob der Anstellung Gründe der vertragsärztlichen Versorgung entgegenstehen, ist die Ergänzung des besonderen Versorgungsangebots des medizinischen Versorgungszentrums durch den Arzt zu berücksichtigen. Der Arzt kann in dem Planungsbereich, für den er zugelassen war, weiter tätig sein, auch wenn der Sitz des anstellenden medizinischen Versorgungszentrums in einem anderen Planungsbereich liegt. Nach einer Tätigkeit von mindestens fünf Jahren in einem medizinischen Versorgungszentrum, dessen Sitz in einem Planungsbereich liegt, für den Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind, erhält ein Arzt unbeschadet der Zulassungsbeschränkungen auf Antrag eine Zulassung in diesem Planungsbereich; dies gilt nicht für Ärzte, die auf Grund einer Nachbesetzung nach Satz 5 oder erst seit dem 1. Januar 2007 in einem medizinischen Versorgungszentrum tätig sind. Medizinischen Versorgungszentren ist die Nachbesetzung einer Arztstelle möglich, auch wenn Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind; dies gilt nicht, soweit der Nachbesetzung Festlegungen nach § 101 Absatz 1 Satz 8 entgegenstehen. § 95 Absatz 9b gilt entsprechend.

(4b) Verzichtet ein Vertragsarzt in einem Planungsbereich, für den Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind, auf seine Zulassung, um bei einem Vertragsarzt als nach § 95 Abs. 9 Satz 1 angestellter Arzt tätig zu werden, so hat der Zulassungsausschuss die Anstellung zu genehmigen, wenn Gründe der vertragsärztlichen Versorgung dem nicht entgegenstehen; eine Fortführung der Praxis nach Absatz 4 ist nicht möglich. Bei der Prüfung, ob der Anstellung Gründe der vertragsärztlichen Versorgung entgegenstehen, ist die Ergänzung des besonderen Versorgungsangebots des anstellenden Vertragsarztes durch den anzustellenden Arzt zu berücksichtigen. Im Fall des Satzes 1 kann der angestellte Arzt in dem Planungsbereich, für den er zugelassen war, weiter tätig sein, auch wenn der Sitz des anstellenden Vertragsarztes in einem anderen Planungsbereich liegt. Soll die vertragsärztliche Tätigkeit in den Fällen der Beendigung der Zulassung durch Tod, Verzicht oder Entziehung von einem Praxisnachfolger weitergeführt werden, kann die Praxis auch in der Form weitergeführt werden, dass ein Vertragsarzt den Vertragsarztsitz übernimmt und die vertragsärztliche Tätigkeit durch einen angestellten Arzt in seiner Praxis weiterführt, wenn Gründe der vertragsärztlichen Versorgung dem nicht entgegenstehen. Die Nachbesetzung der Stelle eines nach § 95 Abs. 9 Satz 1 angestellten Arztes ist möglich, auch wenn Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind; dies gilt nicht, soweit der Nachbesetzung Festlegungen nach § 101 Absatz 1 Satz 8 entgegenstehen. § 95 Absatz 9b gilt entsprechend.

(4c) Soll die vertragsärztliche Tätigkeit in den Fällen der Beendigung der Zulassung durch Tod, Verzicht oder Entziehung von einem Praxisnachfolger weitergeführt werden, kann die Praxis auch in der Form weitergeführt werden, dass ein medizinisches Versorgungszentrum den Vertragsarztsitz übernimmt und die vertragsärztliche Tätigkeit durch einen angestellten Arzt in der Einrichtung weiterführt, wenn Gründe der vertragsärztlichen Versorgung dem nicht entgegenstehen. Die Absätze 3a, 4 und 5 gelten entsprechend. Absatz 4 gilt mit der Maßgabe, dass bei der Auswahl des Praxisnachfolgers ein medizinisches Versorgungszentrum, bei dem die Mehrheit der Geschäftsanteile und der Stimmrechte nicht bei Ärzten liegt, die in dem medizinischen Versorgungszentrum als Vertragsärzte tätig sind, gegenüber den übrigen Bewerbern nachrangig zu berücksichtigen ist. Dieser Nachrang gilt nicht für ein medizinisches Versorgungszentrum, das am 31. Dezember 2011 zugelassen war und bei dem die Mehrheit der Geschäftsanteile und der Stimmrechte bereits zu diesem Zeitpunkt nicht bei den dort tätigen Vertragsärzten lag.

(5) Die Kassenärztlichen Vereinigungen (Registerstelle) führen für jeden Planungsbereich eine Warteliste. In die Warteliste werden auf Antrag die Ärzte, die sich um einen Vertragsarztsitz bewerben und in das Arztregister eingetragen sind, aufgenommen. Bei der Auswahl der Bewerber für die Übernahme einer Vertragsarztpraxis nach Absatz 4 ist die Dauer der Eintragung in die Warteliste zu berücksichtigen.

(6) Endet die Zulassung eines Vertragsarztes, der die Praxis bisher mit einem oder mehreren Vertragsärzten gemeinschaftlich ausgeübt hat, so gelten die Absätze 4 und 5 entsprechend. Die Interessen des oder der in der Praxis verbleibenden Vertragsärzte sind bei der Bewerberauswahl angemessen zu berücksichtigen.

(7) In einem Planungsbereich, für den Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind, haben Krankenhausträger das Angebot zum Abschluß von Belegarztverträgen auszuschreiben. Kommt ein Belegarztvertrag mit einem im Planungsbereich niedergelassenen Vertragsarzt nicht zustande, kann der Krankenhausträger mit einem bisher im Planungsbereich nicht niedergelassenen geeigneten Arzt einen Belegarztvertrag schließen. Dieser erhält eine auf die Dauer der belegärztlichen Tätigkeit beschränkte Zulassung; die Beschränkung entfällt bei Aufhebung der Zulassungsbeschränkungen nach Absatz 3, spätestens nach Ablauf von zehn Jahren.

(8) Die Absätze 1 bis 7 gelten nicht für Zahnärzte.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
III ZR 151/99
Verkündet am:
14. Dezember 2000
F r e i t a g
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
------------------------------------
Richtlinie 85/73/EWG des Rates vom 29.1.1985;
Entscheidung 88/408/EWG des Rates vom 15.6.1988 Art. 2;
BGB § 839 K; EG-Vertrag Art. 288

a) Zur unmittelbaren Wirkung der Entscheidung des Rates
88/408/EWG vom 15.6.1988 und deren Art. 2 Abs. 1, wonach für die
Untersuchungen und Hygienekontrollen von frischem Fleisch im einzelnen
bestimmte durchschnittliche Pauschalbeträge als Gebühren
zu erheben sind.

b) Sind in einem Mitgliedstaat die in Art. 2 Abs. 2 der Entscheidung
88/408/
EWG bestimmten Voraussetzungen erfüllt, unter denen dieser be-
rechtigt ist, die Pauschalbeträge auf den Stand der tatsächlichen
Untersuchungskosten anzuheben, hat er aber den entsprechenden
Gemeinschaftsrechtsakt nicht fehlerfrei in sein nationales Recht umgesetzt
, wird ein gemeinschaftsrechtlicher Staatshaftungsanspruch
nicht ausgelöst, wenn ein einzelner auf Gebühren in Anspruch genommen
wird, die über die Pauschalbeträge hinausgehen, und ihm
hierdurch ein Schaden entstanden ist.

c) Zur Amtshaftung in einem solchen Fall.
BGH, Urteil vom 14. Dezember 2000 - III ZR 151/99 - OLG Karlsruhe
LG Mosbach
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 14. Dezember 2000 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Rinne und die
Richter Dr. Wurm, Dr. Kapsa, Dörr und Galke

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 12. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 15. April 1999 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil der Beklagten erkannt worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsrechtszuges , an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand


Der Kläger, der auf dem Gebiet der beklagten Gemeinde eine Großschlachterei betrieb, begehrt Schadensersatz wegen der Erhebung von Fleischuntersuchungsgebühren, die über den nach der Richtlinie des Rates der Europäischen Gemeinschaften vom 29. Januar 1985 über die Finanzierung der Untersuchungen und Hygienekontrollen von frischem Fleisch und Geflügelfleisch - 85/73/EWG - (ABlEG Nr. L 32/14) und der zu ihrer Ausführung ergangenen Entscheidung des Rates vom 15. Juni 1988 - 88/408/EWG - (ABlEG Nr. L 194/24) vorgesehenen Pauschalbeträgen lagen. Die Beklagte hatte auf der Grundlage ihrer Satzung über die Erhebung von Gebühren für die Schlachttier- und Fleischuntersuchung sowie die Trichinenuntersuchung vom 12. Mai 1989 Gebührenbescheide erlassen, gegen die der Kläger nach erfolglosem Widerspruch Anfechtungsklage erhob. Das Verwaltungsgericht K. hob mit Urteil vom 26. Januar 1994 einen Gebührenbescheid der Beklagten vom 7. Februar 1991 insoweit auf, als über die Pauschalbeträge hinausgehende Gebühren festgesetzt waren. Das Verfahren über weitere 23 Gebührenbescheide vom 5. März 1991 bis 5. Januar 1993 fand seine Erledigung dadurch, daß die Beklagte diese Bescheide aufhob und auf der Grundlage einer Satzungsänderung vom 12. Juni 1995 für die Zeit von Januar 1991 bis Dezember 1993 36 neue Gebührenbescheide erließ. Durch Urteil des Verwaltungsgerichts K. vom 25. Juni 1997 wurden auch diese Bescheide, soweit sie die EG-Pauschalbeträge überschritten, aufgehoben und die Beklagte antragsgemäß verurteilt, einen überzahlten Betrag von 150.056,18 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 29. Mai 1995 an den Kläger zurückzuzahlen. Während des anhängigen Revisionsverfahrens hat die Beklagte auf der Grundlage ihrer geänderten Satzung vom
22. November 1999 für den Zeitraum von Januar 1991 bis Dezember 1992 24 neue Gebührenbescheide erlassen, gegen die der Kläger Widerspruch erhoben hat.
Der Kläger vertritt die Auffassung, die Beklagte habe durch ihre Gebührenbescheide gegen Europäisches Gemeinschaftsrecht und nationales Recht, welches das Gemeinschaftsrecht nicht fehlerfrei umgesetzt habe, verstoßen. Dadurch, daß er aufgrund der Gebührenbescheide aus der Zeit von Januar 1991 bis Dezember 1992 156.079,48 DM zuviel habe entrichten müssen, habe er wegen der Inanspruchnahme von Bankkredit einen Schaden in Höhe von 84.837,65 DM erlitten.
Das Landgericht hat dem Kläger einen Schadensersatzanspruch auf der Grundlage der Art. 189, 215 des EWG-Vertrags in Höhe von 69.837,10 DM zuerkannt und im übrigen die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Berufungsgericht der Klage in Höhe von insgesamt 78.351,41 DM entsprochen ; die Berufung der Beklagten und die weitergehende Berufung des Klägers hat es zurückgewiesen. Mit ihrer Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe


Die Revision der Beklagten führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils , soweit zu ihrem Nachteil erkannt worden ist, und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.


Das Berufungsgericht nimmt an, dem Kläger stehe ein auf der Grundlage der Art. 189, 215 des EWG-Vertrags (jetzt: Art. 249, 288 EGV) vom Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften entwickelter Schadensersatzanspruch gegen die Beklagte zu, da diese mit ihren über die EG-Pauschalbeträge hinausgehenden Gebührenbescheiden gegen die Richtlinie 85/73/EWG und die Entscheidung 88/408/EWG verstoßen habe. Zwar sei den Mitgliedstaaten, in denen die Lohnkosten, die Struktur der Betriebe und das Verhältnis zwischen Tierärzten und Fleischbeschauern von dem für die Berechnung der Pauschalbeträge zugrundeliegenden Gemeinschaftsdurchschnitt abwichen, in Art. 2 Abs. 2 der Entscheidung 88/408/EWG erlaubt worden, die Pauschalbeträge auf den Stand der tatsächlichen Untersuchungskosten zu senken oder anzuheben. Unabhängig davon, ob diese Voraussetzungen für die Bundesrepublik vorgelegen hätten, habe der Beklagten jedenfalls nicht das Recht zugestanden , aus eigener Kompetenz von den EG-Pauschalbeträgen abweichende höhere Gebühren zu verlangen. Zwar habe den Mitgliedstaaten freigestanden, die Zuständigkeit auf innerstaatlicher Ebene zu verteilen und die nicht unmittelbar anwendbaren Gemeinschaftsrechtsakte mittels Maßnahmen regionaler oder örtlicher Behörden durchzuführen. Eine entsprechende Befugnis sei der Beklagten jedoch innerstaatlich nicht erteilt worden. Da die Beklagte ohne rechtliche Grundlage von den für sie bindenden EG-Pauschalbeträgen abgewichen sei, habe sie nicht nur Bundesrecht, sondern auch Gemeinschaftsrecht verletzt. Ob die Beklagte berechtigt sei, auf der Grundlage des Gesetzes des Landes Baden-Württemberg zur Ä nderung des Gesetzes zur Ausführung des Fleischhygienegesetzes sowie des Landesgebührengesetzes vom 29. Juni
1998 (GBl. S. 358) neue Gebührenbescheide zu erlassen, könne dahinstehen, da dies nichts daran ändere, daß die Beklagte den Kläger in der Zeit von Januar 1991 bis Dezember 1992 zu überhöhten und jedenfalls damals nicht geschuldeten Gebühren herangezogen habe.
Das Berufungsgericht ist der Auffassung, dem Kläger seien durch die Richtlinie 85/73/EWG und die Entscheidung 88/408/EWG unmittelbar Rechte verliehen worden, die die Beklagte verletzt habe. Dabei handele es sich um einen hinreichend qualifizierten Verstoß im Sinne der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften, weil die in Art. 2 Abs. 1 der Entscheidung 88/408/EWG festgelegten Pauschalbeträge für die Beklagte nach Art. 5 Abs. 1 der Entscheidung verbindlich gewesen seien und in Art. 2 Abs. 2 der Entscheidung die Voraussetzungen für eine Abweichung genau und in einer Weise bestimmt worden seien, die den Mitgliedstaaten keine Wahlmöglichkeit offengelassen und den Ermessensspielraum zumindest erheblich verringert habe. Daß sich bei der innerstaatlichen Umsetzung der genannten Gemeinschaftsrechtsakte Probleme ergeben hätten, sei insoweit ohne Belang.

II.


Diese Beurteilung hält der rechtlichen Überprüfung nicht in allen Punkten stand; insbesondere fehlt es an Feststellungen zu den tatsächlichen Voraussetzungen , unter denen ein gemeinschaftsrechtlicher Staatshaftungsanspruch in Betracht kommt.
1. Zutreffend ist der Ausgangspunkt des Berufungsgerichts, daß die Heranziehung des Klägers zu den über die EG-Pauschalbeträge hinausgehenden Gebühren rechtswidrig gewesen ist. Das hat das Verwaltungsgericht durch die beiden rechtskräftig gewordenen Urteile mit Bindung auch für das vorliegende Verfahren entschieden (vgl. nur Senatsurteile BGHZ 134, 268, 273; vom 6. Februar 1997 - III ZR 241/95 - VersR 1997, 745, 746). Im Kern besteht zwischen den Parteien kein Streit mehr darüber - und das gilt auch für die 23 von der Beklagten aufgehobenen Gebührenbescheide, hinsichtlich derer das verwaltungsgerichtliche Verfahren für erledigt erklärt wurde -, daß die innerstaatlichen Voraussetzungen, den Kläger auf über die Pauschalbeträge hinausgehende Gebühren in Anspruch zu nehmen, im Zeitpunkt des Erlasses der Bescheide nicht geschaffen gewesen sind. Wie das Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 29. August 1996 (BVerwGE 102, 39 ff) entschieden hat, mußte nach § 24 Abs. 2 Fleischhygienegesetz (FlHG) durch Rechtssatz die den Bundesländern überlassene Entscheidung getroffen werden, ob von den in Art. 2 Abs. 1 der Ratsentscheidung 88/408/EWG genannten durchschnittlichen Pauschalbeträgen für Leistungen bei der Fleischbeschau abgewichen werden soll, ob die Voraussetzungen für eine Abweichung erfüllt sind und wie gegebenenfalls höhere Beträge berechnet werden. Hintergrund hierfür war der Umstand , daß der Bundesgesetzgeber - in Ausübung seiner konkurrierenden Gesetzgebungszuständigkeit (Art. 74 Abs. 1 Nr. 20 GG) - das Fleischhygienegesetz erlassen, aber in dessen § 24 Abs. 2 in der für die Erstbescheide maßgeblichen Fassung vom 24. Februar 1987 (BGBl. I S. 649) es den Ländern überlassen hatte, die kostenpflichtigen Tatbestände durch Landesrecht zu bestimmen (Satz 1). Dabei machte er in Satz 2 die Vorgabe, daß die Gebühren nach Maßgabe der Richtlinie 85/73/EWG des Rates vom 29. Januar 1985 zu bemessen seien, die ihrerseits in ihrem Art. 2 Abs. 1 den Vorbehalt enthielt,
weitere Regelungen durch ergänzende Ratsentscheidungen zu treffen. Dies ist für den hier maßgeblichen Zeitraum durch die Entscheidung 88/408/EWG vom 15. Juni 1988 geschehen. Der Berücksichtigung dieser Ratsentscheidung bereits aufgrund der Fassung des Fleischhygienegesetzes vom 24. Februar 1987 stand, wie das Bundesverwaltungsgericht entschieden hat (aaO S. 41), nicht entgegen, daß der Bundesgesetzgeber in Bestätigung und Klarstellung des bestehenden Rechtszustands § 24 Abs. 2 FlHG erst in der Fassung vom 8. Juli 1993 (BGBl. I S. 1189) dahin ergänzt hat, in die Bemessung seien die aufgrund der Richtlinie erlassenen Rechtsakte der Organe der Europäischen Gemeinschaft einzubeziehen.
An einer solchen landesrechtlichen Regelung fehlte es sowohl im Zeitpunkt der Erstbescheide als auch der sie ersetzenden Zweitbescheide vom 26. Juni 1995, die das Verwaltungsgericht insoweit aufgehoben hat, als über die Pauschalbeträge hinausgehende Gebühren festgesetzt worden sind. Das Gesetz des Landes Baden-Württemberg über die Durchführung der Schlachttier - und Fleischbeschau und der Trichinenschau vom 21. Juli 1970 (GBl. S. 406) konnte die erst später verbindlich gewordenen Gemeinschaftsrechtsakte schon aus zeitlichen Gründen nicht berücksichtigen. Die Verordnung des Ministeriums Ländlicher Raum des Landes Baden-Württemberg zur Ä nderung der Gebührenverordnung vom 10. April 1995 (GBl. S. 351) beachtete, wie das Bundesverwaltungsgericht entschieden hat (LRE Bd. 35, 331, 334 f), die dem Land in § 24 Abs. 2 FlHG auferlegten bundesrechtlichen Regelungsgrenzen ebenfalls nicht.
Inzwischen hat das Land Baden-Württemberg das Gesetz zur Ä nderung des Gesetzes zur Ausführung des Fleischhygienegesetzes sowie des Landes-
gebührengesetzes vom 29. Juni 1998 (GBl. S. 358) erlassen. Dieses sieht in § 2 a Abs. 1 vor, daß für Amtshandlungen nach dem Fleischhygienegesetz Gebühren abweichend von den in Rechtsakten der Europäischen Gemeinschaft enthaltenen Pauschalbeträgen erhoben werden, soweit dies zur Deckung der tatsächlichen Kosten erforderlich und ausreichend ist und diese Rechtsakte dem nicht entgegenstehen. Es bestimmt zugleich, daß die Voraussetzungen für eine Abweichung für die Bundesrepublik Deutschland vorliegen, und trifft in § 2 a Abs. 7 Satz 2 eine Regelung, nach der die Gemeinden für die Zeit vom 1. Januar 1991 bis zum 30. Juni 1995 durch Satzung die kostenpflichtigen Tatbestände und die Höhe der Gebühren für die Amtshandlungen, für die sie zuständig waren, bestimmen. Ob die Beklagte auf der Grundlage dieses Gesetzes und ihrer Satzung vom 22. November 1999 Gebühren in der früher erhobenen Höhe festsetzen kann, bedarf keiner Entscheidung. Zwar hat der Senat befunden, ein auf einer nichtigen Satzung beruhender Verwaltungsakt, der in dem damaligen Verfahren bestandskräftig geworden war, könne nach Erlaß einer wirksamen Satzung rechtmäßig werden, was auch im Amtshaftungsprozeß zu berücksichtigen sei, wenn das aufgrund des - zunächst rechtswidrigen - Verwaltungsakts Geleistete zurückgefordert werde (vgl. BGHZ 127, 223, 227 f). Hier geht es indes nach Aufhebung der rechtswidrigen Verwaltungsakte nicht um die Rückforderung des zu Unrecht Erhobenen, sondern um den durch die rechtswidrige Gebührenerhebung verursachten Zinsschaden.
2. a) Die Parteien streiten darüber, ob die Gebührenfestsetzung der Beklagten neben dem nationalen Recht auch Europäisches Gemeinschaftsrecht verletzt hat. Der Senat stimmt der Auffassung des Berufungsgerichts zu, daß insoweit auch eine Verletzung des Gemeinschaftsrechts vorliegt. Die Mitgliedstaaten hatten die Ratsentscheidung nach Art. 11 spätestens am 31. Dezember
1990 anzuwenden. Art. 2 Abs. 1 bestimmte für die betroffenen Tierarten die für die Gebührenfestsetzung maßgebenden durchschnittlichen Pauschalbeträge. Art. 5 Abs. 1 ordnete an, daß der Betrag nach Art. 2 an die Stelle jeder anderen Abgabe oder Gebühr trat, die von den staatlichen, regionalen oder kommunalen Behörden der Mitgliedstaaten erhoben wurden. Danach lag eine unmittelbar wirksame gemeinschaftsrechtliche Bestimmung vor, die die Anwendung der Gebührenregelung über die durchschnittlichen Pauschalbeträge verlangte, wenn die Voraussetzungen für eine anderweite Gebührenbemessung nicht vorlagen.

b) Das Berufungsgericht hat jedoch die tatbestandlichen Voraussetzungen eines gemeinschaftsrechtlichen Staatshaftungsanspruchs nicht fehlerfrei festgestellt.
aa) Der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften hat entschieden, daß der Grundsatz einer Haftung des Staates für Schäden, die dem einzelnen durch dem Staat zurechenbare Verstöße gegen das Gemeinschaftsrecht entstehen , untrennbar zu der durch den EG-Vertrag geschaffenen Rechtsordnung gehört (vgl. Urteile vom 19. November 1991, Rs.C-6/90 und C-9/90 - "Francovich" , Slg. 1991, I-5403, 5413 f = NJW 1992, 165, 166 f Tz. 31 ff, 35; vom 5. März 1996, Rs.C-46/93 und C-48/93 - "Brasserie du Pêcheur" und "Factortame" , Slg. 1996, I-1131, 1141 = NJW 1996, 1267, 1268 Tz. 17). Dabei hat er den Grundsatz einer Staatshaftung wesentlich mit der Überlegung begründet, den gemeinschaftsrechtlichen Bestimmungen die ihnen nach dem Vertrag zukommende volle Wirksamkeit zu verschaffen und die dem einzelnen durch das Gemeinschaftsrecht verliehenen Rechte zu schützen. Er hat in diesem Zusammenhang auch auf die Pflicht der Mitgliedstaaten hingewiesen, alle geeig-
neten Maßnahmen allgemeiner und besonderer Art zur Erfüllung ihrer Verpflichtungen aus dem Gemeinschaftsrecht zu treffen (vgl. Art. 5 EWG-Vertrag, jetzt Art. 10 EGV). Vor diesem Hintergrund kommt ein gemeinschaftsrechtlicher Staatshaftungsanspruch in Betracht, wenn die Rechtsnorm, gegen die verstoßen worden ist, bezweckt, dem einzelnen Rechte zu verleihen, wenn der Verstoß hinreichend qualifiziert ist und wenn zwischen dem Verstoß gegen die dem Staat obliegende Verpflichtung und dem den geschädigten Personen entstandenen Schaden ein unmittelbarer Kausalzusammenhang besteht (vgl. EuGH, NJW 1996, 1267, 1269 f Tz. 51; Urteile vom 26. März 1996, Rs.C392 /93 - "British Telecommunications", Slg. 1996, I-1654, 1668 = EuZW 1996, 274, 276 Tz. 39 f; vom 23. Mai 1996, Rs.C-5/94 - "Hedley Lomas", Slg. 1996, I-2604, 2613 = EuZW 1996, 435, 437 Tz. 25; vom 8. Oktober 1996, Rs.C178 /94 u.a. - "Dillenkofer", Slg. 1996, I-4867, 4878 f = NJW 1996, 3141, 3142 Tz. 21). Darüber hinaus kommt es für das Vorliegen eines hinreichend qualifizierten Verstoßes auch entscheidend darauf an, welcher Ermessensspielraum dem nationalen Gesetzgeber auf dem in Frage stehenden Rechtsgebiet noch zusteht (vgl. Senatsurteil BGHZ 134, 30, 37). Von diesen Grundsätzen geht zutreffend auch das Berufungsgericht aus.
bb) Das Berufungsgericht hat jedoch keine hinreichenden Feststellungen getroffen, ob die Voraussetzungen vorliegen, nach denen sich der Kläger auf die Regelung des Art. 2 Abs. 1 der Ratsentscheidung 88/408/EWG über die Pauschalbeträge berufen kann.
Wie der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften mit Urteil vom 10. November 1992 (Rs.C-156/91 - "Hansa Fleisch", Slg. 1992, I-5589, 5594 f = NJW 1993, 315 f Tz. 14-17) entschieden hat, hat die Bestimmung des Art. 2
Abs. 1 der Entscheidung 88/408/EWG nach Ablauf der in Art. 11 vorgesehenen Frist unmittelbare Wirkung, die nicht von der in Art. 2 Abs. 2 den Mitgliedstaaten eingeräumten Möglichkeit, von den festgesetzten Pauschalbeträgen nach oben abzuweichen, berührt wird. Der Gerichtshof hat insoweit ausgeführt, die unmittelbare Wirkung einer Bestimmung werde nicht beeinträchtigt, wenn die Möglichkeiten einer Abweichung von ihr - wie hier - einer gerichtlichen Nachprüfung zugänglich seien. Verdeutlicht werden diese Überlegungen des Gerichtshofs durch sein Urteil vom 9. September 1999 (Rs.C-374/97 - "Feyrer/ Rottal-Inn", Slg. 1999, I-5167, 5180 f = EuZW 2000, 22 ff Tz. 24-29) zur Auslegung der Richtlinie 85/73/EWG in der Fassung der seit dem 1. Januar 1994 maßgeblichen Richtlinie 93/118/EG des Rates vom 22. Dezember 1993 (ABlEG Nr. L340/15), die zugleich die Ratsentscheidung 88/408/EWG mit Wirkung vom 1. Januar 1994 aufgehoben hat. Diese Richtlinie sieht in Art. 2 Abs. 3 die Befugnis der Mitgliedstaaten vor, einen höheren Betrag als die Gemeinschaftsgebühren zu erheben, sofern die erhobene Gesamtgebühr die tatsächlichen Untersuchungskosten nicht überschreitet. Darüber hinaus enthält sie in ihrem Anhang Kapitel I Nr. 4 Buchst. b die Befugnis der Mitgliedstaaten, zur Deckung höherer Kosten eine "spezifische Gebühr" zu erheben, die die tatsächlichen Kosten deckt. Mit Blick auf die zuletzt genannte Befugnis, von der die Mitgliedstaaten unter der einzigen Voraussetzung, daß die Gebühr die tatsächlichen Kosten nicht überschreitet, allgemein nach ihrem Ermessen Gebrauch machen können, hat der Gerichtshof entschieden, sie unterliege nicht Voraussetzungen , deren Beachtung einer gerichtlichen Nachprüfung - nämlich anhand des Europäischen Gemeinschaftsrechts - zugänglich seien, woraus gefolgert werden müsse, daß Art. 2 Abs. 1 der Richtlinie für die Mitgliedstaaten keine unbedingte Verpflichtung begründe, auf die sich der einzelne vor den nationalen Gerichten berufen könne.

Ungeachtet des Umstandes, daß der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften die Frage, ob sich der einzelne auf die gemeinschaftsrechtlichen Pauschalbeträge berufen kann, für die Ratsentscheidung 88/408/EWG bejaht und für die Richtlinie 85/73/EWG in der Fassung der Richtlinie 93/118/EG verneint hat, was zugleich Bedeutung für die Frage hat, ob dem einzelnen durch den in Rede stehenden Gemeinschaftsrechtsakt ein Recht verliehen ist, steht dieses Recht nach dem einer gerichtlichen Nachprüfung zugänglichen Art. 2 Abs. 2 Unterabs. 1 der Ratsentscheidung 88/408/EWG unter dem Vorbehalt, daß die Mitgliedstaaten, in denen die Lohnkosten, die Struktur der Betriebe und das Verhältnis zwischen Tierärzten und Fleischbeschauern von den für die Berechnung der Pauschalbeträge zugrunde gelegten Gemeinschaftsdurchschnitt abweichen, die Pauschalbeträge auf den Stand der tatsächlichen Untersuchungskosten senken bzw. anheben dürfen (vgl. EuGH, NJW 1993, 315, 316 Tz. 21).
Ob die Abweichungsvoraussetzungen für die Bundesrepublik Deutschland vorlagen, was die Beklagte unter Bezugnahme auf die Bekanntmachung des Bundesministeriums für Gesundheit vom 24. Oktober 1997 (Bundesanzeiger Nr. 204 vom 31. Oktober 1997, S. 13298) behauptet hat, hat das Berufungsgericht offengelassen, weil es die Auffassung vertreten hat, der Beklagten habe - innerstaatlich - nicht das Recht zugestanden, aus eigener Kompetenz von den EG-Pauschalbeträgen abweichende höhere Gebühren zu verlangen. Dies ist zwar richtig für die Frage, ob die Gebührenbescheide der Beklagten eine hinreichende rechtliche Grundlage hatten. Das Berufungsgericht verstellt sich jedoch mit dieser Überlegung den Blick auf die für die Beurteilung eines gemeinschaftsrechtlichen Staatshaftungsanspruchs allein erhebliche Frage, ob
dem Kläger durch die Richtlinie und die Ratsentscheidung ein Recht verliehen worden ist, das ihm die Beklagte mangels richtiger Umsetzung oder aus anderen Gründen vorenthalten oder sonst verletzt hat.
cc) Geht man mangels der Feststellungen des Berufungsgerichts - wie revisionsrechtlich geboten - zugunsten der Beklagten davon aus, für die Bundesrepublik Deutschland hätten die Abweichungsvoraussetzungen nach Art. 2 Abs. 2 Unterabs. 1 der Ratsentscheidung vorgelegen, kann sich der Kläger auf die in Art. 2 Abs. 1 festgelegten durchschnittlichen Pauschalbeträge nicht berufen. Denn die Ratsentscheidung sieht in einem solchen Fall selbst vor, daß die Mitgliedstaaten die Pauschalbeträge auf den Stand der tatsächlichen Untersuchungskosten anheben dürfen. Der Kläger hat unter solchen Voraussetzungen kein ihm gemeinschaftsrechtlich verliehenes Recht, von höheren als den Pauschalgebühren verschont zu bleiben. Die gegenteilige Auffassung des Klägers verkürzt die Ziele der Richtlinie und der Ratsentscheidung unzulässig, die zwar Wettbewerbsverzerrungen vermeiden wollen (vgl. 5. Begründungserwägung der Richtlinie) und deshalb vereinheitlichte Regeln für die Finanzierung dieser Untersuchungen und Kontrollen vorsehen, andererseits aber an verschiedenen Stellen darauf hinweisen, daß die Gebühren die durch die Schlachttier- und Fleischuntersuchung und Hygienekontrolle entstehenden Kosten decken sollen (Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 2 der Richtlinie, Art. 2 Abs. 2 und Anhang Nr. 2 der Ratsentscheidung) und daß jede direkte oder indirekte Erstattung der Gebühren (Vermeidung der Subventionierung) untersagt wird (Art. 1 Abs. 1 der Richtlinie). Die Entscheidung des Gerichtshofs vom 9. September 1999 zur Richtlinie 85/73/EWG in der Fassung der Richtlinie 93/118/EG verdeutlicht diese durch die Ä nderungsrichtlinie im Grundsätzlichen nicht berührten Ziele, die sich nicht auf die Einführung von Gebühren in einheitlicher
Höhe für die gesamte Gemeinschaft verengen lassen (vgl. EuGH, EuZW 2000, 22, 25 Tz. 40).
Daß die Bescheide der Beklagten wegen der landesrechtlich unterlassenen Umsetzung des § 24 Abs. 2 FlHG keine ausreichende Rechtsgrundlage hatten, verletzt nicht zugleich eine gemeinschaftsrechtliche Vorgabe, aus der der Kläger einen gemeinschaftsrechtlichen Staatshaftungsanspruch herleiten könnte. Wie der Gerichtshof entschieden hat, verbietet keine Bestimmung der Ratsentscheidung 88/408/EWG den Mitgliedstaaten, regionalen oder örtlichen Behörden die Befugnis zu übertragen, unter den Voraussetzungen und in den Grenzen des Art. 2 Abs. 2 dieser Entscheidung von den Pauschalbeträgen der Gebühr abzuweichen (EuGH, NJW 1993, 315, 316 Tz. 24). Auch im übrigen nimmt die Ratsentscheidung auf die Frage der innerstaatlichen Umsetzung keinen Einfluß.
dd) Da das Berufungsgericht andere Verstöße gegen das Gemeinschaftsrecht nicht festgestellt hat, kann die angefochtene Entscheidung mit der gegebenen Begründung nicht bestehenbleiben.

III.


Die angefochtene Entscheidung stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 563 ZPO).
1. Aus der oben zu II 1 beschriebenen Verletzung des innerstaatlichen Rechts folgt, daß die Inanspruchnahme des Klägers amtspflichtwidrig gewesen
ist. Zwar fallen der Beklagten die Versäumnisse des Landes bei der bundesrechtlich gebotenen Umsetzung des § 24 Abs. 2 FlHG nicht zur Last. Im Ergebnis hat die Beklagte jedoch erst durch die konkreten Gebührenbescheide in die Rechtsstellung des Klägers eingegriffen, während das Unterlassen des Landes, § 24 Abs. 2 FlHG durch Rechtssatz inhaltlich aufzufüllen, den Kläger für sich genommen nicht beschwert hat.
2. Ob die Beklagte für die rechtswidrigen Bescheide nach Amtshaftungsgrundsätzen einzustehen hat, hat das Berufungsgericht - von seinem Standpunkt aus folgerichtig - offengelassen. Die bisher getroffenen Feststellungen genügen für eine Verurteilung der Beklagten jedoch nicht.
Zwar ist nicht weiter zweifelhaft, daß die Amtsträger der Beklagten durch ihre Gebührenerhebung objektiv Amtspflichten verletzt haben, die sie gegenüber dem Kläger wahrzunehmen hatten. Der dem Kläger durch die rechtswidrige Gebührenerhebung entstandene Zinsschaden wird auch von dem Schutzzweck der Amtspflicht erfaßt, einen Betroffenen nur und erst dann auf Gebühren in Anspruch zu nehmen, wenn es hierfür eine fehlerfreie Rechtsgrundlage gibt. Fehlt es - wie hier - an einer solchen, kann der Betroffene daher Eingriffe in sein Vermögen, wie sie durch die Zinsbelastung entstanden sind, abwehren und nach Amtshaftungsgrundsätzen Ersatz verlangen. Das ist nicht deshalb anders zu sehen, weil hier nicht auszuschließen ist, daß der Kläger auf der Grundlage der durch das Gesetz des Landes Baden-Württemberg vom 29. Juni 1998 geschaffenen Rechtslage unter der Voraussetzung, daß für die Bundesrepublik Deutschland in dem für diesen Rechtsstreit maßgebenden Zeitraum die Abweichungsvoraussetzungen nach Art. 2 Abs. 2 der Ratsentscheidung 88/408/EWG vorgelegen haben, erneut auf Gebühren in der früher festge-
setzten Höhe in Anspruch genommen werden kann. Denn die mit dem genannten Gesetz verbundene Rückwirkung ließe es jedenfalls nicht zu, bei einem Betroffenen Vermögensvorteile abzuschöpfen, die sich daraus ergeben würden, daß dieser erst Jahre nach den erbrachten Untersuchungen die hierfür geschuldete Gegenleistung erbringen müßte. Aus dem Gesichtspunkt, der Kläger habe nach dem Inhalt der Richtlinie und der Ratsentscheidung von vornherein mit einer die Untersuchungskosten deckenden Gebührenerhebung rechnen müssen, läßt sich die Ersatzfähigkeit des hier eingetretenen Zinsschadens daher nicht verneinen.
3. Einer näheren Klärung bedarf jedoch die Frage, ob den Amtswaltern der Beklagten ein Verschulden zur Last fällt. Das Berufungsgericht hat insoweit allein darauf abgestellt, welches Maß an Klarheit und Genauigkeit die gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften aufwiesen, und hat Schwierigkeiten, wie sie im Zusammenhang mit der innerstaatlichen Umsetzung aufgetreten sind, ausdrücklich außer Betracht gelassen. Dies ist aber - anders als beim gemeinschaftsrechtlichen Staatshaftungsanspruch, den das Berufungsgericht allein geprüft hat - bei der Frage, ob die Beklagte nach Amtshaftungsgrundsätzen für den entstandenen Schaden einzutreten hat, mit zu berücksichtigen. Danach könnte für ein Verschulden sprechen, daß die Ratsentscheidung 88/408/EWG in ihrem Art. 5 Abs. 1 den insoweit klaren Hinweis enthielt, der durchschnittliche Pauschalbetrag nach Art. 2 trete an die Stelle jeder anderen Abgabe oder Gebühr, die von den staatlichen, regionalen oder kommunalen Behörden der Mitgliedstaaten erhoben werde. Auch wenn sich hieraus für die Amtswalter der Beklagten nicht erschloß, nach welchen innerstaatlichen Maßstäben die Ratsentscheidung umzusetzen sei, drängte sich doch die Frage auf, ob man angesichts dieser gemeinschaftsrechtlich veränderten Rechtslage ohne weite-
res auf der Grundlage der unveränderten landesrechtlichen Vorschriften Gebühren in einer von den Pauschalbeträgen abweichenden Höhe festsetzen durfte. Andererseits kann zu berücksichtigen sein, daß jedenfalls bis zur grundlegenden Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 29. August 1996 (BVerwGE 102, 39) einige Bundesländer offensichtlich davon ausgegangen sind, im Hinblick auf den Grundsatz der Kostendeckung (vgl. § 24 Abs. 1 FlHG) und den Umstand, mit den Pauschalbeträgen ließen sich die in der Bundesrepublik für die Untersuchungen anfallenden Kosten nicht decken, sei eine weitere landesrechtliche Ausführung und Umsetzung der Ratsentscheidung 88/408/EWG, die die Möglichkeit der Erhebung kostendeckender Gebühren nicht ausschließe, entbehrlich.
Nach der Rechtsprechung des Senats ist jeder Inhaber eines öffentlichen Amtes bei der Gesetzesauslegung und Rechtsanwendung verpflichtet, die Gesetzes- und Rechtslage unter Zuhilfenahme der ihm zu Gebote stehenden Hilfsmittel sorgfältig und gewissenhaft zu prüfen und danach aufgrund vernünftiger Überlegungen sich eine Rechtsmeinung zu bilden. Dabei begründet nicht jeder objektive Rechtsirrtum einen Schuldvorwurf. Wenn die nach sorgfältiger Prüfung gewonnene Rechtsansicht des Amtsträgers als rechtlich vertretbar angesehen werden kann, dann kann aus der Mißbilligung dieser Rechtsauffassung durch die Gerichte ein Schuldvorwurf nicht hergeleitet werden. Die Verneinung des Schuldvorwurfs setzt demnach voraus, daß die letztlich als unzutreffend erkannte Rechtsmeinung nicht nur vertretbar, sondern auch aufgrund
sorgfältiger rechtlicher und tatsächlicher Prüfung gewonnen worden ist (vgl. BGHZ 119, 365, 369 f). Das Berufungsgericht hat im weiteren Verfahren Gelegenheit , diese Frage unter Berücksichtigung des Parteivorbringens näher zu prüfen.
Rinne Wurm Kapsa Dörr Galke

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
III ZR 302/00
Verkündet am:
14. März 2002
F i t t e r e r
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja

a) Auch bei der Vereinbarung des einheitlichen Bewertungsmaßstabs für die
ärztlichen Leistungen durch den Bewertungsausschuß obliegen den von der
Kassenärztlichen Bundesvereinigung entsandten Mitgliedern Amtspflichten
gegenüber den Vertragsärzten, soweit es um die Beachtung und Wahrung
ihres Zulassungsstatus geht.

b) Greift der Bewertungsausschuß durch übereinstimmenden Beschluß rechtswidrig
in den Zulassungsstatus eines Vertragsarztes ein, haftet die Kassenärztliche
Bundesvereinigung für die von ihr in diesen Ausschuß entsandten
Mitglieder, die ihren Weisungen unterliegen, nach Amtshaftungsgrundsätzen.

c) Von den Mitgliedern des Bewertungsausschusses, die einem Gremium angehören
, das zentral und auf höchster Ebene in der Selbstverwaltung der
Ärzte und Krankenkassen mit dem einheitlichen Bewertungsmaûstab Vergütungsgrundlagen
zu entwickeln hat, ist ein hohes Maû an Sachkenntnis zu
erwarten und dementsprechend die Fähigkeit zu besonders gründlicher
Prüfung zu verlangen. In einem solchen Fall ist kein Raum für die Anwendung
der "Kollegialgerichtsrichtlinie".
BGH, Urteil vom 14. März 2002 - III ZR 302/00 - OLG Stuttgart
LG Stuttgart
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 14. März 2002 durch die Richter Dr. Wurm, Streck, Schlick, Dörr und
Galke

für Recht erkannt:
Auf die Rechtsmittel der Kläger werden das Urteil des 1. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 2. November 2000 aufgehoben und das Urteil der 15. Zivilkammer des Landgerichts Stuttgart vom 19. November 1999 im Kostenpunkt und insoweit abgeändert, als die Klage gegen die Beklagte zu 2 abgewiesen worden ist.
Es wird festgestellt, daû die Beklagte zu 2 verpflichtet ist, den Klägern den Schaden zu ersetzen, der ihnen durch das am 18. März 1994 und 8. April 1994 im Deutschen Ärzteblatt veröffentlichte Verbot der Überweisungen zur Erbringung von Leistungen des Abschnitts O I des einheitlichen Bewertungsmaûstabs an andere Vertragsärzte entstanden ist und noch entstehen wird.
Von den Gerichtskosten und auûergerichtlichen Kosten der Kläger im ersten Rechtszug haben die Kläger und die Beklagte zu 2 je die Hälfte zu tragen. Die Kläger haben die auûergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1 zu tragen.
Die Beklagte zu 2 hat ihre auûergerichtlichen Kosten des ersten Rechtszuges und die Kosten der Rechtsmittelzüge zu tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand


Die Kläger sind Fachärzte für Laboratoriumsmedizin und gemäû § 95 SGB V zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen. Sie üben ihren Beruf in einer Gemeinschaftspraxis in der Rechtsform einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts aus. Sie sind Mitglied der für ihren Kassenarztsitz zuständigen Kassenärztlichen Vereinigung Nord-Württemberg, der Beklagten zu 1. Die Beklagte zu 2, die Kassenärztliche Bundesvereinigung, ist der Zusammenschluû der Kassenärztlichen Vereinigungen auf Bundesebene.
Die Beklagte zu 2 vereinbart mit den Spitzenverbänden der Krankenkassen den allgemeinen Inhalt der Gesamtverträge in Bundesmantelverträgen (§ 82 Abs. 1 SGB V) und als deren Bestandteil durch Bewertungsausschüsse einen einheitlichen Bewertungsmaûstab für die ärztlichen Leistungen (§ 87 Abs. 1 SGB V). Die Laboratoriumsuntersuchungen sind im Kapitel O des einheitlichen Bewertungsmaûstabes geregelt. Bis zum Ablauf des I. Quartals 1994 konnte der jeweilige niedergelassene Arzt, der für die Behandlung seiner Patienten Basis-Laborleistungen in Anspruch nehmen muûte, diese in seiner Praxis selbst erbringen oder die Patienten an einen Facharzt für Laboratoriumsmedizin überweisen. Im letzteren Fall erbrachte dieser die Leistungen, berichtete dem überweisenden niedergelassenen Arzt und rechnete die Leistungen unmittelbar mit der Kassenärztlichen Vereinigung ab.
Am 16. Februar 1994 schloû die Beklagte zu 2 mit den Spitzenverbänden der Krankenkassen und den Verbänden der Ersatzkassen eine Über-
gangsvereinbarung zum Bundesmantelvertrag-Ärzte und zur ErsatzkassenGebührenordnung , deren Anlage I - betreffend die Neuregelung der Bewertung und Vergütung von Laborleistungen der bisherigen Kapitel O I. und O II. des einheitlichen Bewertungsmaûstabs - dem Bewertungsausschuû zur Beschluûfassung vorgelegt wurde. Danach sollten, soweit hier von Interesse, Überweisungen zur Erbringung von Leistungen des neugefaûten Kapitels O Abschnitt I. an andere Vertragsärzte unzulässig sein. Vielmehr sollte der behandelnde Vertragsarzt diese Leistungen, die an der Punktmengenbegrenzung teilnahmen , mit der Kassenärztlichen Vereinigung selbst abrechnen. Machte er von der weiterhin bestehenden Möglichkeit Gebrauch, Laborleistungen von Laborärzten oder anderen Vertragsärzten erbringen zu lassen, sollte er mit diesen intern einen Kostenausgleich vereinbaren. Der Bewertungsausschuû faûte einen dieser Vorlage entsprechenden Beschluû, der am 18. März 1994 im Deutschen Ärzteblatt, dem offiziellen Bekanntmachungsorgan der Beklagten zu 2, veröffentlicht wurde und am 1. April 1994 in Kraft trat. Die Übergangsvereinbarung zum Bundesmantelvertrag wurde am 8. April 1994 im Deutschen Ärzteblatt bekannt gemacht.
Die Beklagte zu 1 setzte die Übergangsvereinbarung um, wobei die Kläger Bescheide, mit denen die Beklagte zu 1 diesen Veränderungen Rechnung trug, vor dem Sozialgericht Stuttgart angriffen. Im Verfahren einer anderen Laborärztin entschied das Bundessozialgericht am 20. März 1996 auf Sprungrevision gegen ein Urteil des Sozialgerichts Stuttgart, daû das Überweisungsverbot für Basis-Laboruntersuchungen rechtswidrig sei, weil es mangels gesetzlicher Ermächtigungsgrundlage gegen Art. 12 GG verstoûe (BSGE 78, 91). Die Beklagte zu 1 zahlte nach Feststellung der Unrechtmäûigkeit des Überweisungs-
verbots die bis dahin zurückbehaltenen Honorare an die Kläger aus; hierdurch erledigten sich die Sozialgerichtsverfahren der Kläger in der Hauptsache.
Im vorliegenden Verfahren begehren die Kläger für ihnen aufgrund des Überweisungsverbots entstandene Vermögenseinbuûen die Feststellung der Eintrittspflicht der Beklagten unter dem Gesichtspunkt der Amtshaftung und des enteignungsgleichen Eingriffs. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung der Kläger, die sich nur gegen die Abweisung ihrer Klage gegen die Beklagte zu 2 gewandt haben, hatte keinen Erfolg. Mit ihrer Revision streben sie weiter die begehrte Feststellung in bezug auf die Beklagte zu 2 (im folgenden Beklagte) an.

Entscheidungsgründe


Die Revision der Kläger ist begründet. Die Beklagte hat den Klägern wegen des beanstandeten Überweisungsverbots nach Amtshaftungsgrundsätzen für den entstandenen Schaden einzustehen. Insoweit ist auf den Antrag der Kläger die begehrte Feststellung zu treffen. Im einzelnen gilt folgendes: 1. Zutreffend geht das Berufungsgericht mit dem Urteil des Bundessozialgerichts vom 20. März 1996 (MedR 1997, 227; siehe auch das Urteil BSGE 78, 91 vom gleichen Tag in einer Parallelsache) davon aus, daû der Beschluû des Bewertungsausschusses zur Übergangsvereinbarung vom 16. Februar 1994 als eine rechtswidrige Amtspflichtverletzung zu bewerten ist, weil er ohne eine hierfür ausreichende Ermächtigungsgrundlage die Laborärzte aus der vertragsärztlichen Tätigkeit mit O I.-Leistungen ausgeschlossen hat, obwohl diese
Leistungen insgesamt weiterhin Teil des vertragsärztlichen Leistungsspektrums geblieben sind. Das Bundessozialgericht hat in den Bestimmungen der §§ 72 Abs. 2, 82 Abs. 1, 95 Abs. 3 Satz 2 SGB V und in den Regelungs- und Handlungsaufträgen in § 87 Abs. 2 b Satz 2 und § 105 Abs. 2 Satz 2 SGB V keine hinreichende Grundlage für das Überweisungsverbot gesehen. Soweit die Beklagte in den Vorinstanzen die Beschluûfassung im Bewertungsausschuû gleichwohl für rechtmäûig gehalten hat, tritt der Senat der Beurteilung des Bundessozialgerichts zur Rechtswidrigkeit des Überweisungsverbotes bei.
2. a) Daû mit der Übergangsvereinbarung und der Beschluûfassung im Bewertungsausschuû ein Normsetzungsakt der Selbstverwaltungsorgane in der gesetzlichen Krankenversicherung betroffen ist, schlieût eine Haftung nach § 839 BGB nicht unter dem Gesichtspunkt von vornherein aus, daû eine einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht verletzt sein muû. Die auf die Senatsurteile BGHZ 142, 259 und BGHZ 120, 184 gestützte Auffassung des Berufungsgerichts , Norm- und Organisationsakte seien nur drittbezogen, soweit der Schutz des Lebens und die Gesundheit Einzelner betroffen sei, wird der Rechtsprechung des Senats nicht in vollem Umfang gerecht. Das die Bauleitplanung betreffende Senatsurteil BGHZ 142, 259, 264 beruht auf der besonderen Ausgestaltung der Vorschrift des § 1 Abs. 5 Satz 2 Nr. 1 BauGB, die nur in Beziehung auf Leben und Gesundheit Pflichten begründet, die sich aus dem - amtshaftungsrechtlich nicht geschützten - Allgemeininteresse herausheben. Auch in der Entscheidung BGHZ 120, 184, 192 f war es das Interesse des klagenden Notfallpatienten an der Erhaltung seines Lebens und seiner Gesundheit , welches im Rahmen des allgemeinen Sicherstellungsauftrags der Kassenärztlichen Vereinigung die notwendige enge Beziehung im Sinne eines Drittbezugs herzustellen vermochte.


b) Im Unterschied zu diesen beiden genannten Entscheidungen geht es hier um den Zulassungsstatus der klagenden Vertragsärzte und um die von der Beklagten bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben zu beachtenden Grenzen. Dabei kommt dem Umstand, daû die Vertragsärzte lediglich Mitglied ihrer jeweiligen regionalen Kassenärztlichen Vereinigung sind (§ 77 Abs. 3 SGB V), keine Bedeutung zu. Entscheidend ist, daû die Beklagte und die Kassenärztlichen Vereinigungen nach § 75 Abs. 2 Satz 1 SGB V die Rechte der Vertragsärzte gegenüber den Krankenkassen wahrzunehmen haben und auch sonst in im wesentlichen gleicher Weise in die Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung eingebunden sind. Daû zwischen ihnen die Zuständigkeiten für Verträge auf Bundes- und Landesebene verteilt sind, ändert an der gemeinsamen inhaltlichen Aufgabenstellung im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung nichts.
Bezogen auf die Tätigkeit der Kassenärztlichen Vereinigungen hat der Senat bereits in seinem Urteil vom 4. Juni 1981 (BGHZ 81, 21) entschieden, daû die rechtsetzenden Organe der Kassenärztlichen Vereinigungen gegenüber den Mitgliedern bei der Gestaltung des Verteilungsmaûstabs für die von der Krankenkasse entrichtete Gesamtvergütung die Amtspflicht haben, sich im Rahmen ihrer Selbstverwaltungszuständigkeit zu halten und nicht in unzulässiger Weise den Zulassungsstatus der Mitglieder zu schmälern. In der Entscheidung wird ausgeführt, soweit das Zulassungsrecht nicht gesetzlich oder aufgrund gesetzlicher Ermächtigung in der Zulassungsordnung normiert sei, erfordere seine Regelung grundsätzlich ein "Zusammenwirken" der Kassenärztlichen Vereinigungen und der Krankenkassen. Danach sei die Kassenärztliche Vereinigung jedenfalls nicht befugt, im Honorarverteilungsmaûstab einseitig
eine Regelung zu treffen, die den Zulassungsstatus des Kassenarztes schmälere. Eine solche Regelung betreffe nicht mehr nur den der autonomen Rechtsetzung zugänglichen Bereich. Sie verletze die den Trägern von Hoheitsrechten grundsätzlich obliegende Amtspflicht, die Grenzen der Zuständigkeit einzuhalten , und führe, wenn eine innere Beziehung zwischen der schädigenden Handlung und der Amtsausübung bestehe, zur Schadensersatzpflicht gemäû § 839 BGB gegenüber jedem Vertragsarzt, der durch sie geschädigt worden sei (BGHZ 81, 21, 27). Die Beklagte hat in den Vorinstanzen dieser Entscheidung entnehmen wollen, der Senat habe seinerzeit den allein von Seiten der Kassenärztlichen Vereinigung vorgenommenen Eingriff in den Zulassungsstatus beanstandet, woraus sich zugleich ergebe, daû ein Zusammenwirken der Kassenärztlichen Vereinigungen mit den Krankenkassen, so wie es hier durch den aus ihren Mitgliedern gebildeten Bewertungsausschuû geschehen sei, unbedenklich sei. Eine solche Aussage kann der damaligen Senatsentscheidung jedoch nicht entnommen werden. Gerade der Zulassungsstatus ist für das gesamte vertragsärztliche System bestimmend, weil er den Grund dafür legt, in welchem Geflecht von Rechten und Pflichten die Ärzte, Kassenärztlichen Vereinigungen und Krankenkassen miteinander verbunden sind. Insofern besteht für die Kassenärztlichen Vereinigungen und deren Bundesvereinigung auch dann die Pflicht, nicht in den Zulassungsstatus von Vertragsärzten einzugreifen , wenn sie mit den zu denselben Grundsätzen verpflichteten Krankenkassen an normsetzenden Verträgen mitwirken. Wird daher - wie hier - nicht nur der Zulassungsstatus berührt, sondern mangels einer hinreichenden gesetzlichen Grundlage verletzt, kann eine jedenfalls auch im Interesse der betroffenen Vertragsärzte bestehende Amtspflicht nicht verneint werden.
3. Die Beklagte kann ihre Haftung nicht mit der Erwägung leugnen, der Bewertungsausschuû habe als organisationsrechtlich verselbständigte öffentliche Einrichtung der gemeinsamen Selbstverwaltung der Ärzte und Krankenkassen das Überweisungsverbot zu verantworten.

a) Nach § 87 Abs. 1 SGB V vereinbaren die Kassenärztlichen Bundesvereinigungen mit den Spitzenverbänden der Krankenkassen durch Bewertungsausschüsse als Bestandteil der Bundesmantelverträge einheitliche Bewertungsmaûstäbe für die ärztlichen und die zahnärztlichen Leistungen. Der Bewertungsausschuû besteht nach § 87 Abs. 3 SGB V normalerweise aus sieben von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung gestellten Vertretern und einer gleichen Anzahl von Vertretern der Bundesverbände der Krankenkassen, der Bundesknappschaft und der Verbände der Ersatzkassen. Der Bewertungsausschuû kann in dieser Zusammensetzung, wie sich aus der Regelung in § 87 Abs. 4 Satz 1 SGB V ergibt, nur übereinstimmend, also einstimmig, entscheiden. Seine Mitglieder, die nach ihrer Aufgabe für die entsendenden Körperschaften und Verbände zu einem Vertragsschluû kommen sollen, unterliegen einem Weisungsrecht (vgl. BSGE 73, 131, 133). Kommt im Bewertungsausschuû eine Vereinbarung über den Bewertungsmaûstab durch übereinstimmenden Beschluû aller Mitglieder nicht zustande, ist der Ausschuû auf das Verlangen von mindestens zwei Mitgliedern um einen unparteiischen Vorsitzenden und vier weitere unparteiische Mitglieder zu erweitern (§ 87 Abs. 4 Satz 1 SGB V). In dieser erweiterten Zusammensetzung setzt der Bewertungsausschuû mit der Mehrheit seiner Mitglieder die Vereinbarung fest, was in seiner Rechtswirkung einer vertraglichen Vereinbarung im Sinn des § 82 Abs. 1 SGB V gleichsteht (§ 87 Abs. 5 SGB V).

b) Wie rechtliche Konstruktion und Aufgabenstellung des Bewertungsausschusses zu bewerten sind, wird im Schrifttum unter verschiedenen Blickwinkeln behandelt. Teilweise wird davon gesprochen, Bewertungsausschuû und erweiterter Bewertungsausschuû seien Behörden im verwaltungsverfahrensrechtlichen Sinn gemäû § 1 Abs. 2 SGB X. Der Bewertungsausschuû übe nach auûen wirksame Behördentätigkeiten nach § 8 SGB X aus, denn seine Beschlüsse folgten dem Rechtscharakter nach den Regeln über den öffentlichrechtlichen Vertrag gemäû § 53 SGB X (vgl. Schnapp, in: Schulin, Handbuch des Sozialversicherungsrechts, Bd. 1 Krankenversicherungsrecht, § 49 Rdn. 247). Demgegenüber seien die Festsetzungen des erweiterten Bewertungsausschusses als Verwaltungsakte zu qualifizieren, bei denen nicht mehr einvernehmliche Vertragsvereinbarungen, sondern echte Schiedsentscheidungen im Mittelpunkt der Entscheidungsfindung stünden (vgl. Schnapp, aaO Rdn. 248). Aus einer solchen Sicht liegt es nahe, den Bewertungsausschuû als eine organisationsrechtlich verselbständigte öffentliche Einrichtung der gemeinsamen Selbstverwaltung der Ärzte und Krankenkassen anzusehen (vgl. Engelhard, in: Hauck/Haines, SGB V, K § 87 Rdn. 145), was unter anderem darin Ausdruck findet, daû er nach § 70 Nr. 4 SGG am Verfahren vor den Sozialgerichten beteiligt sein kann (vgl. BSGE 71, 42; 78, 191 f). Mehr der Aufgabenwahrnehmung folgt die Betrachtung, der Bewertungsausschuû sei "verlängerter Arm der Vertragspartner" (so Krauskopf, Soziale Krankenversicherung Pflegeversicherung, 3. Aufl., § 87 Rdn. 34; Hess, in: Kasseler Kommentar Sozialversicherungsrecht , § 87 SGB V Rdn. 18), Vertragsausschuû oder Vertragsorgan (vgl. BSGE 73, 131, 133; 78, 191, 194) der Spitzenverbände der Krankenkassen und der Kassenärztlichen Bundesvereinigungen, er vereinbare die Bewertungsmaûstäbe in Stellvertretung der Partner der Bundesmantelverträge (vgl. Funk, in: Schulin, aaO § 32 Rdn. 97).


c) Im vorliegenden Fall, in dem der Bewertungsausschuû einstimmig entschieden hat, haftet die Beklagte für das amtspflichtwidrige Verhalten ihrer Mitglieder im Bewertungsausschuû. Dabei kann offen bleiben, ob dem Bewertungsausschuû organisationsrechtlich eine eigenständige Stellung zuzumessen ist und ob er mit anderen Ausschüssen der gemeinsamen Selbstverwaltung , die im Zulassungswesen, Schiedswesen oder in der Wirtschaftlichkeitsprüfung eigenständige Funktionen wahrzunehmen haben, vergleichbar ist (gegen letzteres unter Hinweis auf die Bindung an Weisungen Hess, aaO Rdn. 18). Der Senat entscheidet für den Bereich der Amtshaftung die Frage nach der haftpflichtigen Körperschaft danach, welche Körperschaft dem Amtsträger das Amt, bei dessen Ausführung er fehlsam gehandelt hat, anvertraut hat, wer - mit anderen Worten - dem Amtsträger die Aufgabe, bei deren Wahrnehmung die Amtspflichtverletzung vorgekommen ist, übertragen hat (st. Rspr., vgl. nur BGHZ 99, 326, 330; 143, 18, 26). Bezogen auf die im Bewertungsausschuû wahrzunehmenden Aufgaben sind die Vertragspartner der Gesamtverträge auf Bundesebene die eigentlich Handelnden. Auch wenn sie, was den einheitlichen Bewertungsmaûstab angeht, nicht selbst, sondern durch die Bewertungsausschüsse zu einer vertraglichen Regelung gelangen, geschieht dies doch durch Vertreter, die sie in den Ausschuû entsenden und die ihren Weisungen unterliegen. Insofern kann man den Bewertungsausschuû als ein Instrument der Partner der Bundesmantelverträge ansehen, das die sonst angesichts der zu überbrückenden Interessengegensätze nur schwer lösbare Aufgabe zu übernehmen hat, eine einvernehmliche Regelung herzustellen, um die Einheitlichkeit des Bewertungsmaûstabes für alle Kassenarten zu sichern. Jedenfalls in Fällen, in denen ein solcher Vertrag übereinstimmend geschlossen wird, ohne daû es einer Mehrheitsentscheidung durch den erweiterten Bewer-
tungsausschuû bedarf, verwirklichen die Mitglieder des Ausschusses den Willen der durch sie repräsentierten Stellen. Der Senat hat daher keine Bedenken, die Haftung für ein amtspflichtwidriges Verhalten der von ihr in den Ausschuû entsandten Mitglieder auf die Beklagte überzuleiten. Wer für amtspflichtwidriges Verhalten von Mitgliedern des erweiterten Bewertungsausschusses zu haften hat, der nach der gesetzlichen Ausgestaltung durch Mehrheitsentscheidung zu einer Lösung gelangt, die die Rechtswirkung einer vertraglichen Vereinbarung im Sinn des § 82 Abs. 1 SGB V hat - das Bundessozialgericht sieht in den Entscheidungen des einfachen und des erweiterten Bewertungsausschusses ein einheitliches Normsetzungsverfahren (vgl. BSGE 78, 191, 192) -, bedarf hier keiner abschlieûenden Entscheidung.
4. Das Berufungsgericht hält - anders als das Oberlandesgericht Köln (VersR 2000, 1279) in einer Parallelsache, in der der Senat die Revision der Kassenärztlichen Bundesvereinigung nicht angenommen hat (Senatsbeschluû vom 22. Februar 2001 - III ZR 316/99, nicht mit Gründen versehen) - den Amtshaftungsanspruch für nicht begründet, weil der Beklagten kein Schuldvorwurf daraus gemacht werden könne, daû sie die Verfassungswidrigkeit des Beschlusses nicht erkannt habe; von dessen Rechtmäûigkeit habe sie bis zur Entscheidung des Bundessozialgerichts vom 20. März 1996 (MedR 1997, 227) ausgehen dürfen. Ihr sei zwar bewuût gewesen, daû der Beschluû des B ewertungsausschusses einer Ermächtigungsgrundlage bedurft habe. Sie habe jedoch insbesondere in § 87 Abs. 2 b Satz 2 SGB V und in § 72 Abs. 2 SGB V eine solche Grundlage sehen dürfen. Die Vertretbarkeit dieser Auffassung ergebe sich auch aus dem Urteil des Sozialgerichts Stuttgart und der Beurteilung einiger Landessozialgerichte, die das Überweisungsverbot für rechtmäûig oder die Rechtsfragen als offen angesehen hätten. Auch wenn man zu Lasten der
Beklagten berücksichtige, daû sie mit der Rechtsmaterie besonders vertraut sei, treffe dies auch auf die mit diesen Fragen befaûten Fachgerichte zu.

a) Dem ist im Ergebnis nicht zu folgen. Richtig ist allerdings der Ausgangspunkt , daû nicht jeder objektive Rechtsirrtum ohne weiteres einen Schuldvorwurf begründet. Hat der Amtsträger die Gesetzes- und Rechtslage unter Zuhilfenahme der ihm zu Gebote stehenden Hilfsmittel sorgfältig und gewissenhaft geprüft und hat er sich danach aufgrund objektiv vernünftiger Überlegungen eine Rechtsmeinung gebildet, die als rechtlich vertretbar angesehen werden kann, so kann aus der Miûbilligung seiner Rechtsauffassung durch die Gerichte ein Schuldvorwurf nicht hergeleitet werden (vgl. Senatsurteil BGHZ 146, 153, 165).

b) Das Berufungsgericht trägt jedoch dem Gesichtspunkt, daû es sich bei dem Bewertungsausschuû um ein Gremium handelt, dessen Mitglieder mit dem einheitlichen Bewertungsmaûstab für das Funktionieren der vertragsärztlichen Versorgung auf höchster Ebene grundlegende Normsetzungsentscheidungen zu treffen haben, und den hierzu bereits ergangenen Entscheidungen des Bundessozialgerichts nicht hinreichend Rechnung.
aa) Die Beklagte hat in den Vorinstanzen geltend gemacht, insbesondere aus der Entscheidung des Bundessozialgerichts vom 19. Dezember 1984 (BSGE 58, 18) hätten die zuständigen Gremien entnehmen dürfen, daû die hier verabredete Regelung des Überweisungsverbots unbedenklich sei. Das Bundessozialgericht habe nämlich erst in seiner das Überweisungsverbot betreffenden Entscheidung vom 20. März 1996 (BSGE 78, 91, 95 f) eine Abgrenzung zur Entscheidung BSGE 58, 18 vorgenommen, mit der die Mitglieder des Be-
wertungsausschusses nicht hätten rechnen müssen. Die Unterschiede zwischen den beiden zitierten Entscheidungen des Bundessozialgerichts im Sachverhalt sind jedoch deutlich. In der Entscheidung BSGE 58, 18 ging es um die Frage, ob ein Radiologe darauf beschränkt werden dürfe, nur auf Überweisung tätig zu werden, ohne unmittelbar von Kassenpatienten in Anspruch genommen zu werden. Das Bundessozialgericht hat zwar insoweit den Zulassungsstatus des Radiologen berührt gesehen, aber eine Verletzung dieses Status im Ergebnis verneint, weil es praktisch im Fachgebiet des Radiologen angelegt sei, daû er auf Überweisung eines anderen, primär behandelnden Arztes in Anspruch genommen werde. Es hat daher bereits in der damaligen Entscheidung hervorgehoben, daû hier lediglich eine sich aus der Fachgebietsausrichtung des Radiologen ergebende Beschränkung vom allgemeinen Berufsrecht in das Kassenarztrecht transformiert (BSGE 58, 18, 23) und, wie es in der Entscheidung BSGE 78, 91, 96 ergänzend heiût, der kassenärztliche Status insoweit klargestellt werde. Auch für die hier betroffenen Laborärzte gilt grundsätzlich der Überweisungsvorbehalt. Es liegt auf der Hand, daû die hier in Rede stehende Regelung, mit der der überhaupt nur gangbare Weg zum Laborarzt über eine Überweisung gerade ausgeschlossen wird, in seiner Auswirkung auf den Zulassungsstatus eine viel einschneidendere Wirkung hat. Diesem - bei aller Komplexität der zu regelnden Materie - vergleichsweise klar erkennbaren und handgreiflichen Gesichtspunkt, einem Vertragsarzt in Teilbereichen sein Betätigungsfeld vollkommen zu nehmen, obwohl die Leistungen weiterhin Gegenstand des vertragsärztlichen Leistungsspektrums blieben, haben die Mitglieder des Bewertungsausschusses nicht das genügende Gewicht beigemessen, obwohl sich insoweit ein Eingriff in den Zulassungsstatus geradezu aufdrängte. Die mangelnde Gewichtung dieses Gesichtspunkts tritt auch aus der von der Beklagten im Verfahren vor dem Bundessozialgericht (MedR 1997, 227, 228)
geäuûerten Auffassung hervor, bei dem Überweisungsverbot handele es sich lediglich um eine vergütungstechnische Regelung, in dem der Laborarzt statt durch die Kassenärztliche Vereinigung durch den auftraggebenden Arzt honoriert werde.
bb) Bereits in der Entscheidung BSGE 58, 18, 25 ist ausgeführt, daû der Gesetzgeber die "statusbildenden" Normen im Bereich des Kassenarzt- und Facharztwesens und die Leitlinien sowie den Umfang der kassenärztlichen Versorgung in den Grundzügen durch ein förmliches Gesetz festzulegen hat. Wesentlich ist auch die ständige Rechtsprechung des Bundessozialgerichts, daû § 95 Abs. 3 Satz 1 SGB V - wie die Vorläufervorschrift des § 368 a Abs. 4 RVO - dem Vertragsarzt grundsätzlich eine uneingeschränkte Teilnahmeberechtigung verschafft, deren Umfang und Grenzen durch untergesetzliche Normen nur insoweit konkretisiert werden dürfen, als es um die Umsetzung von Vorgaben des allgemeinen ärztlichen Berufsrechts geht (BSGE 78, 91, 96 unter Bezugnahme auf BSGE 58, 18, 21 ff). Den Mitgliedern des Bewertungsausschusses hätte in diesem Zusammenhang auch die durch das Gesundheitsstrukturgesetz vom 21. Dezember 1992 (BGBl. I S. 2266) geänderte Fassung des § 73 Abs. 1 SGB V vor Augen stehen müssen, durch die der Gesetzgeber selbst eine Aufteilung der vertragsärztlichen Versorgung in eine hausärztliche und eine fachärztliche Versorgung vorgenommen hat, während nach der Fassung des früher geltenden Rechts die Vertragsparteien der Bundesmantelverträge Inhalt und Umfang der hausärztlichen Versorgung bestimmen durften.
cc) Schlieûlich hat das Bundessozialgericht mit Urteil vom 1. Oktober 1990 (BSGE 67, 256, 266 f) grundsätzlich entschieden, wie in Fällen, in denen die Berufsfreiheit des Art. 12 Abs. 1 GG betroffen ist, eine gesetzliche Ermäch-
tigung beschaffen sein muû, damit zwischen den normativen Vorgaben und dem von der kassenarztrechtlichen Selbstverwaltung zu konkretisierenden Inhalt kein dem verfassungsrechtlichen Zweck der Rechtssicherheit widersprechendes unbestimmtes Umsetzungsfeld verbleibt. Gemessen an diesen Grundsätzen konnten die Mitglieder des Bewertungsausschusses, die sich nach dem Vorbringen der Beklagten vor der Beschluûfassung auch mit der Entscheidung BSGE 67, 256 beschäftigt haben, nicht davon ausgehen, daû die sehr allgemein gehaltenen Bestimmungen über die Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung (§ 72 Abs. 2 SGB V), über den Abschluû des allgemeinen Inhalts der Gesamtverträge (§ 82 Abs. 1 SGB V) und über die Bindung des Vertragsarztes an die vertraglichen Bestimmungen über die vertragsärztliche Versorgung (§ 95 Abs. 3 Satz 2 SGB V) die hier vorgenommene Beschränkung des Zulassungsstatus deckten. Bei einer sorgfältigen Analyse der Entscheidung BSGE 67, 256 hätten sich, wie das Oberlandesgericht Köln in einer dieselbe Beschluûfassung betreffenden Sache entschieden hat (VersR 2000, 1279, 1281), bei den Mitgliedern des Bewertungsausschusses auch durchgreifende Bedenken durchsetzen müssen, ob die - für sich genommen - andere Fälle betreffenden Regelungs- und Handlungsaufträge in § 87 Abs. 2 b Satz 2 und § 105 Abs. 2 Satz 2 SGB V mit hinreichender Bestimmtheit erlaubten, die Laborärzte von der Erbringung bestimmter Leistungen durch das Überweisungsverbot auszuschlieûen.

c) Das Verschulden der Mitglieder des Bewertungsausschusses kann nicht mit der Erwägung verneint werden, das Sozialgericht Stuttgart habe in dem zum Bundessozialgericht führenden Verfahren das Überweisungsverbot für rechtens gehalten; auch einige Landessozialgerichte hätten das Überweisungsverbot als rechtmäûig oder die aufgeworfenen Rechtsfragen jedenfalls
als offen angesehen. Zwar ist nach der "Kollegialgerichtsrichtlinie" ein Verschulden regelmäûig zu verneinen, wenn ein mit mehreren Rechtskundigen besetztes Kollegialgericht die Amtstätigkeit als objektiv rechtmäûig angesehen hat (vgl. Senatsurteil BGHZ 117, 240, 250). Die vom Berufungsgericht angeführten Entscheidungen der Landessozialgerichte sind jedoch nicht im Hauptsacheverfahren , sondern in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes ergangen. Das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart ist keine Entscheidung eines Kollegialgerichts im Sinn der erwähnten Richtlinie. Zwar mag auch eine erstinstanzliche sozialgerichtliche Entscheidung im Einzelfall bei der Würdigung, ob dem Amtsträger ein Schuldvorwurf zu machen ist, zu berücksichtigen sein (vgl. Senatsurteil vom 14. März 1996 - III ZR 224/94 - MedR 1996, 464, 466; insoweit in BGHZ 132, 181 nicht abgedruckt). Die Richtlinie ist hier jedoch nicht anzuwenden, weil es um die Beschluûfassung in einem Gremium geht, das zentral und auf höchster Ebene in der Selbstverwaltung der Ärzte und Krankenkassen mit dem einheitlichen Bewertungsmaûstab Vergütungsgrundlagen zu entwickeln hat, wobei bereits durch seine Zusammensetzung ein Höchstmaû an Sachkenntnis zu erwarten und die Fähigkeit zu besonders gründlicher Prüfung zu verlangen ist (vgl. zu den Anforderungen an Bedienstete einer oberen Landesbehörde Senatsurteil BGHZ 134, 268, 274 f).
5. Die in den Vorinstanzen vertretene Auffassung der Beklagten, eine Ersatzpflicht trete nach § 839 Abs. 3 BGB nicht ein, weil die Kläger den Primärrechtsschutz nicht ausreichend wahrgenommen hätten, trifft nicht zu. Soweit es um die mit der Beschluûfassung verbundene Normsetzung im Bewertungsausschuû geht, findet eine abstrakte Normenkontrolle - etwa auf Antrag eines Vertragsarztes - nach den Vorschriften des Sozialgerichtsgesetzes nicht statt (vgl. BSGE 71, 42, 51; 78, 91, 92). Für eine - inzidente - Überprüfung des hier be-
schlossenen Überweisungsverbots standen damit von vornherein nur zwei Wege zur Verfügung: Die Kläger konnten Abrechnungsbescheide der Kassenärztlichen Vereinigung nach § 54 SGG anfechten, in denen eine Vergütung für die vom Überweisungsverbot betroffenen Leistungen nicht gewährt wurde. Diesen Weg, der überhaupt nur gangbar war, wenn es zu einer - an sich verbotenen - Überweisung an den Facharzt für Laboratoriumsmedizin kam, haben die Kläger im wesentlichen beschritten. Die Beklagte hat zwar geltend gemacht, die Kläger hätten gegen einzelne Abrechnungsbescheide keinen Widerspruch eingelegt oder keine Klage erhoben; es ist jedoch unstreitig, daû diese Abrechnungsdifferenzen von der Kassenärztlichen Vereinigung nach den Entscheidungen des Bundessozialgerichts vom 20. März 1996 ausgeglichen worden sind. Streitgegenständlich ist daher nur ein Schaden, der dadurch entstanden ist, daû sich niedergelassene Ärzte an das rechtswidrige Überweisungsverbot gehalten haben und die Kläger daher entsprechende Leistungen nicht mehr vertragsärztlich erbringen konnten. Insoweit hat das Bundessozialgericht die gegen die Kassenärztliche Vereinigung gerichtete Feststellungsklage nach § 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG für zulässig gehalten, um die Frage klären zu lassen, ob der Laborarzt auf der Grundlage des seit dem 1. April 1994 bestehenden Rechtszustandes weiterhin Leistungen nach Abschnitt O I auf Überweisung von Vertragsärzten erbringen und gegenüber der Kassenärztlichen Vereinigung abrechnen darf (BSGE 78, 91, 92). Im Rahmen eines solchen Verfahrens war Raum für eine inzidente Überprüfung des vom Bewertungsausschuû ausgesprochenen Überweisungsverbots.
Daû die Kläger diesen Weg nicht beschritten haben, ist ihnen nicht als Verschulden nach § 839 Abs. 3 BGB zuzurechnen. In diesem Zusammenhang ist insbesondere von Bedeutung, daû sowohl die für die Kläger zuständige
Kassenärztliche Vereinigung als auch die Beklagte in den beiden Verfahren vor dem Bundessozialgericht die Auffassung vertreten haben, die dort erhobene Feststellungsklage sei als nicht vorgesehene Normenkontrollklage unzulässig, weil sie kein konkretes Rechtsverhältnis betreffe (vgl. BSGE 78, 91 und MedR 1997, 227). Unter diesen Umständen kann die Beklagte den Klägern nicht vorwerfen , sie hätten den möglichen Primärrechtsschutz in der Form der Feststellungsklage nicht wahrgenommen.
6. Der Amtshaftungsanspruch ist entgegen der von der Beklagten in den Vorinstanzen vertretenen Auffassung nicht verjährt.
Die dreijährige Verjährungsfrist des § 852 Abs. 1 BGB a.F. beginnt, sobald der Verletzte von dem Schaden und der Person des Ersatzpflichtigen Kenntnis erlangt. Bei einem Anspruch aus § 839 BGB kann also die Verjährung erst beginnen, wenn der Geschädigte weiû, daû die in Rede stehende Amtshandlung widerrechtlich und schuldhaft war und deshalb eine zum Schadensersatz verpflichtende Amtspflichtverletzung darstellt. Dabei genügt zwar im allgemeinen , daû der Verletzte die tatsächlichen Umstände kennt, die eine schuldhafte Amtspflichtverletzung als naheliegend, eine Amtshaftungsklage - sei es auch nur als Feststellungsklage - mithin als so aussichtsreich erscheinen lassen, daû dem Verletzten die Erhebung der Klage zugemutet werden kann (vgl. Senatsurteil BGHZ 122, 317, 325). Dagegen setzt § 852 Abs. 1 BGB aus Gründen der Rechtssicherheit und Billigkeit grundsätzlich nicht voraus, daû der Geschädigte aus den ihm bekannten Tatsachen auch die zutreffenden rechtlichen Schlüsse zieht. Allerdings kann Rechtsunkenntnis im Einzelfall bei unsicherer und zweifelhafter Rechtslage den Verjährungsbeginn hinausschie-
ben (vgl. Senatsurteil vom 24. Februar 1994 - III ZR 76/92 - NJW 1994, 3162, 3164 m.w.N.).
Der Umstand, daû in Kreisen der Laborärzte bereits im Jahr 1994 die Überzeugung gereift schien, sich mit rechtlichen Mitteln gegen das Überweisungsverbot zu wehren und eine Amtshaftungsklage in Betracht zu ziehen, genügt bei den hier vorliegenden Verhältnissen nicht, die erforderliche Kenntnis der Kläger bereits im Jahre 1994 anzunehmen. Die Rechtslage war schwierig. Es gab eine ganze Serie von Verfahren, die kein einheitliches Bild vermittelten. Dabei hatte eine Mehrzahl von Gerichten die Rechtmäûigkeit des Überweisungsverbots bejaht oder diese Frage offen gelassen. Es kommt hinzu, daû die Möglichkeiten, Primärrechtsschutz zu erlangen, nicht in jeder Weise geklärt waren. Den Klägern war es jedenfalls einzuräumen, die Abrechnungsbescheide anzufechten, mit denen die Kassenärztliche Vereinigung das Überweisungsverbot bei der Honorarverteilung umsetzte. In dieser unklaren Lage kann erst mit der Veröffentlichung der Entscheidungen des Bundessozialgerichts vom 20. März 1996 die für eine Klageerhebung notwendige Kenntnis der Kläger angenommen werden. Bis zur Erhebung der Klage im Januar 1999 waren die Ansprüche der Kläger daher nicht verjährt.
7. Hat die Beklagte daher nach Amtshaftungsgrundsätzen für die Folgen des Überweisungsverbots einzutreten, kommt es auf die Frage, ob auch eine Entschädigung wegen eines enteignungsgleichen Eingriffs geschuldet ist, im Streitfall nicht an.
Wurm Streck Schlick Dörr Galke

(1) Die Zulassung erfolgt für den Ort der Niederlassung als Arzt (Vertragsarztsitz).

(2) Der Vertragsarzt muß am Vertragsarztsitz seine Sprechstunde halten.

(3) Vertragsärztliche Tätigkeiten außerhalb des Vertragsarztsitzes an weiteren Orten sind zulässig, wenn und soweit

1.
dies die Versorgung der Versicherten an den weiteren Orten verbessert und
2.
die ordnungsgemäße Versorgung der Versicherten am Ort des Vertragsarztsitzes nicht beeinträchtigt wird; geringfügige Beeinträchtigungen für die Versorgung am Ort des Vertragsarztsitzes sind unbeachtlich, wenn sie durch die Verbesserung der Versorgung an dem weiteren Ort aufgewogen werden.
Es ist nicht erforderlich, dass die an weiteren Orten angebotenen Leistungen in ähnlicher Weise auch am Vertragsarztsitz angeboten werden, oder dass das Fachgebiet eines in der Zweigpraxis tätigen Arztes auch am Vertragsarztsitz vertreten ist. Ausnahmen zu den in Satz 2 genannten Grundsätzen können im Bundesmantelvertrag geregelt werden. Eine Verbesserung der Versorgung nach Satz 1 Nummer 1 kann auch darin bestehen, dass eine bestehende Praxis am ursprünglichen Vertragsarztsitz als Zweigpraxis weitergeführt wird. Regelungen zur Verteilung der Tätigkeit zwischen dem Vertragsarztsitz und weiteren Orten sowie zu Mindest- und Höchstzeiten gelten bei medizinischen Versorgungszentren nicht für den einzelnen in dem medizinischen Versorgungszentrum tätigen Arzt. Sofern die weiteren Orte im Bezirk der Kassenärztlichen Vereinigung liegen, in der der Vertragsarzt Mitglied ist, hat er bei Vorliegen der Voraussetzungen nach Satz 1 Anspruch auf vorherige Genehmigung durch seine Kassenärztliche Vereinigung. Sofern die weiteren Orte außerhalb des Bezirks seiner Kassenärztlichen Vereinigung liegen, hat der Vertragsarzt bei Vorliegen der Voraussetzungen nach Satz 1 Anspruch auf Ermächtigung durch den Zulassungsausschuss, in dessen Bezirk er die Tätigkeit aufnehmen will; der Zulassungsausschuss, in dessen Bezirk er seinen Vertragsarztsitz hat, sowie die beteiligten Kassenärztlichen Vereinigungen sind vor der Beschlussfassung anzuhören. Der nach Satz 7 ermächtigte Vertragsarzt kann die für die Tätigkeit an seinem Vertragsarztsitz angestellten Ärzte auch im Rahmen seiner Tätigkeit an dem weiteren Ort beschäftigen. Er kann außerdem Ärzte für die Tätigkeit an dem weiteren Ort nach Maßgabe der Vorschriften anstellen, die für ihn als Vertragsarzt gelten würden, wenn er an dem weiteren Ort zugelassen wäre. Zuständig für die Genehmigung der Anstellung nach Satz 9 ist der für die Erteilung der Ermächtigung nach Satz 7 zuständige Zulassungsausschuss. Keiner Genehmigung bedarf die Tätigkeit eines Vertragsarztes an einem der anderen Vertragsarztsitze eines Mitglieds der überörtlichen Berufsausübungsgemeinschaft nach § 33 Abs. 2, der er angehört.

(4) Die Genehmigung und die Ermächtigung zur Aufnahme weiterer vertragsärztlicher Tätigkeiten nach Absatz 3 können mit Nebenbestimmungen erteilt werden, wenn dies zur Sicherung der Erfüllung der Versorgungspflicht des Vertragsarztes am Vertragsarztsitz und an den weiteren Orten unter Berücksichtigung der Mitwirkung angestellter Ärzte erforderlich ist. Das Nähere hierzu ist einheitlich in den Bundesmantelverträgen zu regeln.

(5) Erbringt der Vertragsarzt spezielle Untersuchungs- und Behandlungsleistungen an weiteren Orten in räumlicher Nähe zum Vertragsarztsitz (ausgelagerte Praxisräume), hat er Ort und Zeitpunkt der Aufnahme der Tätigkeit seiner Kassenärztlichen Vereinigung unverzüglich anzuzeigen.

(6) Ein Vertragsarzt darf die Facharztbezeichnung, mit der er zugelassen ist, nur mit vorheriger Genehmigung des Zulassungsausschusses wechseln.

(7) Der Zulassungsausschuss darf den Antrag eines Vertragsarztes auf Verlegung seines Vertragsarztsitzes nur genehmigen, wenn Gründe der vertragsärztlichen Versorgung dem nicht entgegenstehen. Entsprechendes gilt für die Verlegung einer genehmigten Anstellung.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
III ZR 37/10
Verkündet am:
10. Februar 2011
F r e i t a g
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
3
1. Die für das Abstimmungsverhalten der von ihr bestellten Mitglieder der
Zulassungsgremien (Zulassungsausschuss, Berufungsausschuss) in Haftung
genommene Körperschaft trifft mit Rücksicht darauf, dass nach § 41 Abs. 3
Ärzte-ZV über den Hergang der Beratungen und über das Stimmenverhältnis
Stillschweigen zu bewahren ist, die Darlegungs- und Beweislast, dass ihre
Mitglieder einer rechtswidrig ergangenen (Mehrheits-)Entscheidung des
Kollegiums nicht zugestimmt haben.
2. Auch in sozialgerichtlichen Zulassungsverfahren bewirken der Widerspruch gegen
einen Bescheid des Zulassungsausschusses und ein sich hieran anschlie-
ßendes Klageverfahren eine Hemmung der Verjährung des Amtshaftungsanspruchs
, der aus der angefochtenen Maßnahme abgeleitet wird, in entsprechender
Anwendung des § 204 Abs. 1 Nr. 1, § 209 BGB. Dies gilt auch dann,
wenn der Berufungsausschuss den angefochtenen Bescheid aufhebt und im
Sinne des Antragstellers entscheidet, hiergegen jedoch die Kassenärztliche
Vereinigung das Gericht anruft.
BGH, Urteil vom 10. Februar 2011 - III ZR 37/10 - OLG München
LG München
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 10. Februar 2011 durch den Vizepräsidenten Schlick und die Richter Dörr,
Wöstmann, Seiters und Tombrink

für Recht erkannt:
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des 1. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 21. Januar 2010 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte hat die Kosten des Revisionsrechtszugs zu tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand


1
Der Kläger, ein seit dem 10. Dezember 1994 approbierter Arzt, begehrt von der beklagten Kassenärztlichen Vereinigung Schadensersatz wegen der Ablehnung seines Antrags vom 7. Juni 1999 auf Zulassung als praktischer Arzt durch den für den Bezirk Unterfranken zuständigen Zulassungsausschuss. In seinem Antrag hatte der Kläger als vorgesehenen Wohnsitz und zugleich Praxissitz die Anschrift H. straße 1, M. angegeben. Zum Zeitpunkt der Antragstellung wohnte der Kläger mit seiner Familie in dem 12,4 km von M. entfernten L. .
2
Der Zulassungsausschuss, der im Verfahren den Eindruck gewann, der Kläger wolle seinen Wohnsitz in L. beibehalten, lehnte den Antrag in seiner Sitzung vom 2. Februar 2000 mit der Begründung ab, die Entfernung zwischen dem Wohnort und der Praxis gewährleiste nicht, dass der Kläger seine Praxis zur ordnungsgemäßen Versorgung seiner Patienten stets rechtzeitig erreichen könne. Andererseits sei nicht erkennbar, dass der Kläger willens sei, in M. tatsächlich einen Wohnsitz zu nehmen. Dieser Verstoß gegen die sich aus § 24 Abs. 2 Satz 2 der Zulassungsverordnung für Vertragsärzte (ÄrzteZV ) ergebende sogenannte Residenzpflicht sei als schwerwiegender Mangel im Sinne von § 21 Ärzte-ZV anzusehen und führe zu einer Bewertung des Klägers als ungeeignet für die Ausübung der Kassenpraxis.
3
Mit am 15. April 2003 ausgefertigtem Beschluss vom 28. November 2002 hob der Berufungsausschuss auf den Widerspruch des Klägers den Bescheid des Zulassungsausschusses auf und erteilte diesem die begehrte Zulassung unter der Bedingung des Verzichts auf eine anderweitige bestandskräftige Zulassung , die er am 2. Mai 2000 im Bezirk der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen erlangt hatte, ohne jedoch von ihr Gebrauch gemacht zu haben. In der Begründung seiner Entscheidung führte der Berufungsausschuss aus, zwar habe der Zulassungsausschuss zutreffend angenommen, dass der Kläger bei einem Wohnsitz in L. und einem Praxissitz in M. gegen seine Residenzpflicht aus § 24 Abs. 2 Satz 2 Ärzte-ZV verstoße. Das stehe der Erteilung einer Zulassung jedoch nicht entgegen, weil der Zulassungsausschuss zu einer entsprechenden Auflage nicht berechtigt sei. Vielmehr habe die Kassenärztliche Vereinigung nach Erteilung der Zulassung zu prüfen, ob der Vertragsarzt seiner Residenzpflicht nachkomme, und gegebenenfalls ein Zulassungsentziehungsverfahren einzuleiten.
4
Hiergegen erhob die Beklagte Klage zum Sozialgericht Nürnberg. Eine Klagebegründung unterblieb. Vielmehr nahm die Beklagte mit Schriftsatz vom 6. April 2004 unter Bezugnahme auf das Urteil des Bundessozialgerichts vom 5. November 2003 (MedR 2004, 405) ihre Klage zurück. Von der nunmehr bestandskräftigen Zulassung machte der Kläger in der Folge jedoch keinen Gebrauch , da er sich beruflich in der Zwischenzeit andernorts etabliert hatte.
5
seiner Mit am 29. Dezember 2007 eingegangenen Klage begehrt der Kläger Schadensersatz in Höhe von 257.707,98 € nebst Zinsen wegen der verzögerten Zulassung für die Zeit von 1999 bis zur Bestandskraft des Zulassungsbescheids im April 2004. Das Landgericht hat die Klage wegen Verjährung abgewiesen. Es hat angenommen, dass der Kläger spätestens mit der Entscheidung des Berufungsausschusses die notwendige Kenntnis der den Amtshaftungsanspruch begründenden tatsächlichen Umstände gehabt habe, so dass zum Jahresende 2006 Verjährung eingetreten sei. Auf die Berufung des Klägers hat das Oberlandesgericht die Klage dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt. Mit ihrer vom Oberlandesgericht zugelassenen Revision begehrt die Beklagte die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.

Entscheidungsgründe


I.


6
Die Revision ist unbeschränkt zulässig. Aus der Begründung der Zulassungsentscheidung des Berufungsgerichts, es stelle sich die grundsätzliche Frage, ob die Verjährungsfrist auch bei Anfechtung einer dem Geschädigten günstigen Widerspruchsentscheidung durch den Schädiger erst mit Abschluss des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens anlaufe, ergibt sich keine Beschränkung der Zulassung auf diese Rechtsfrage (vgl. BGH, Urteil vom 21. September 2006 - I ZR 2/04, NJW-RR 2007, 182 Rn. 19 mwN).

II.


7
Die Revision ist jedoch unbegründet. Mit Recht ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass die Beklagte dem Kläger nach Amtshaftungsgrundsätzen den Schaden zu ersetzen hat, der ihm durch die verzögerte Zulassung bis zur Bestandskraft der Entscheidung des Berufungsausschusses entstanden ist.
8
1. a) Das Berufungsgericht (BeckRS 2010, 29113) hält die Ablehnungsentscheidung des Zulassungsausschusses für objektiv rechtswidrig. Der Zulassungsausschuss habe aus der mangelnden Bereitschaft des Klägers, seinen Wohnsitz nach M. zu verlegen, zu Unrecht den Schluss gezogen, in seiner Person bestünden schwerwiegende Mängel im Sinne des § 21 Ärzte-ZV, da er nicht bereit sei, seine vertragsärztlichen Pflichten zu erfüllen. Soweit es um die räumliche Distanz zwischen L. und M. gehe, für deren Überwindung von den Parteien eine Fahrzeit von 15 bzw. 21 Minuten angegeben worden sei, sei eine Verletzung der Residenzpflicht nach § 24 Abs. 2 Satz 2 Ärzte-ZV, nach der ein Vertragsarzt seine Wohnung so zu wählen hat, dass er für die ärztliche Versorgung des Versicherten an seinem Vertragsarztsitz zur Verfügung steht, nicht anzunehmen. Nach der Entscheidung des Bundessozialgerichts vom 5. November 2003 (MedR 2004, 405) komme es nicht darauf an, dass der Arzt unmittelbar am Praxisort wohne, sondern dass er für die Versorgung der Versicherten hinreichend zur Verfügung stehe. Er müsse seine Woh- nung nicht so wählen, dass er Versicherte am Wohnort oder in seiner Wohnung regelmäßig oder auch nur in Notfällen behandeln könne. Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze könne eine in ca. 20 Minuten zu bewältigende Distanz zwischen Wohnung und Praxis bei einem praktischen Arzt nicht als Verstoß gegen die Residenzpflicht angesehen werden.
9
b) Diese Beurteilung steht mit der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts in Einklang, das den Zulassungsgremien einen der gerichtlichen Nachprüfung nur eingeschränkt zugänglichen Beurteilungsspielraum nicht zubilligt und der Versorgungsstruktur in einem bestimmten regionalen Bezirk keine Bedeutung zumisst (vgl. MedR 2004, 405, 406 f). Allerdings hat das Bundessozialgericht anerkannt, dass für Arztgruppen, die nicht unmittelbar patientenbezogen tätig sind, andere Maßstäbe als für hausärztlich tätige Ärzte gelten und dass dem Umstand, ob ein Arzt in einer Einzelpraxis oder in einer größeren Gemeinschaftspraxis tätig ist, eine gewisse Bedeutung zukommen kann (aaO S. 407 f). Ungeachtet dieser möglichen Differenzierungen hat es im konkreten Fall eines psychotherapeutisch tätigen Arztes die Vorgabe, den Wohnsitz im Umkreis von 15 km zur Praxis zu wählen (aaO S. 406) und sie innerhalb von 15 Minuten erreichen zu können, als rechtswidrig angesehen (aaO S. 408). Vielmehr hat es - auch mit Blick auf Rechtsprechung zu den für Belegärzte geltenden vergleichbaren Bestimmungen in § 39 Abs. 4 Nr. 3 Bundesmantelvertrag-Ärzte (BMV-Ä) und § 31 Abs. 4 Nr. 3 Bundesmantelvertrag-Ärzte/Ersatzkassen (EKV-Ä) - befunden , dass bei einem solchen Arzt nichts für die Besorgnis einer Gefährdung der Versorgung der Versicherten spricht, wenn der Arzt regelmäßig einen Fahrweg von ca. 30 Minuten zwischen Wohnung und Praxis zurückzulegen hat.
10
c) Soweit die Revision geltend macht, der Zulassungsausschuss habe nur die Entfernung vom Wohnort zum Praxissitz nicht hingenommen, nicht aber die Forderung erhoben, dass der Kläger in M. seinen Wohnsitz zu nehmen habe, kommt es hierauf nicht entscheidend an. Nach den Maßstäben des Bundessozialgerichts ist eine Fahrtstrecke von weniger als 15 km - der Zulassungsausschuss ging bei seiner Entscheidung sogar nur von 10 km aus - nicht zu beanstanden. Zwar hat die Revision im Ansatz Recht darin, dass für Hausärzte strengere Maßstäbe als für einen psychotherapeutisch tätigen Arzt, der überwiegend langfristig geplante Gesprächsleistungen gegenüber einer kleinen Zahl von Patienten erbringt und nur in ganz besonders gelagerten Ausnahmefällen notfallmäßig tätig wird, zugrunde gelegt werden dürfen. Das Bundessozialgericht hat indes bei seinen Überlegungen, für die allgemeine Handhabung der Residenzpflicht eine gewisse Orientierung zu schaffen, auch die Situation von Belegärzten mit im Auge gehabt, und hat dies im Leitsatz seiner Entscheidung so formuliert, dass ein Vertragsarzt die Pflicht, seine Wohnung so zu wählen, dass er für die Versorgung der Versicherten an seinem Vertragsarztsitz zur Verfügung steht, jedenfalls dann nicht verletzt, wenn er seine Praxis regelmäßig in 30 Minuten erreichen kann. Ob im Einzelfall auch längere Zeiträume unschädlich sein können, hat es offen gelassen, weil sich dies einer ge- nerellen Beurteilung entziehe (aaO S. 408). Danach hat der Senat keinen Zwei- fel, dass die Leitlinie des Bundessozialgerichts, das den Zulassungsgremien keinen Beurteilungsspielraum zugesteht, auch auf Hausärzte anzuwenden ist.
11
2. a) Das Berufungsgericht bejaht auch ein Verschulden des Zulassungsausschusses. Seiner Entscheidung sei nicht zu entnehmen, wie viel Zeit benötigt werde, um von der Wohnung des Klägers in die Praxis zu gelangen, und welche Zeitdauer der Ausschuss überhaupt für hinnehmbar halte. Die Rechtsauffassung des Zulassungsausschusses, der Kläger müsse seinen Wohnsitz am Praxisort nehmen, um seiner Residenzpflicht zu genügen, sei offensichtlich nicht mit der Rechtslage vereinbar. Es sei auch nicht erkennbar, dass der Zulassungsausschuss aufgrund einer sorgfältigen und gewissenhaften Prüfung zu seiner Rechtsmeinung gelangt sei.
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b) Diese Beurteilung ist rechtlich nicht zu beanstanden.
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aa) Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats muss jeder Amtsträger die zur Führung seines Amtes notwendigen Rechts- und Verwaltungskenntnisse besitzen oder sich verschaffen (vgl. Senatsurteil vom 11. Dezember 1997 - III ZR 52/97, NJW 1998, 1307, 1308). Er ist bei der Gesetzesauslegung und Rechtsanwendung verpflichtet, die Gesetzes- und Rechtslage unter Zuhilfenahme der ihm zu Gebote stehenden Hilfsmittel sorgfältig und gewissenhaft zu prüfen und danach aufgrund vernünftiger Überlegungen sich eine Rechtsmeinung zu bilden. Dabei begründet nicht jeder objektive Rechtsirrtum ohne weiteres einen Schuldvorwurf. Wenn die nach sorgfältiger Prüfung gewonnene Rechtsansicht des Amtsträgers als rechtlich vertretbar angesehen werden kann, dann kann aus der Missbilligung dieser Rechtsauffassung durch die Gerichte ein Schuldvorwurf nicht hergeleitet werden (vgl. Senatsurteile vom 14. Dezember 2000 - III ZR 151/99, BGHZ 146, 153, 165; vom 14. März 2002 - III ZR 302/00, BGHZ 150, 172, 181).
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bb) Gemessen hieran ist ein Verschulden des Zulassungsausschusses nicht zu verneinen.
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Zwar hat sich das Bundessozialgericht erst in dem angeführten Urteil vom 5. November 2003 mit näheren Einzelheiten zur Residenzpflicht im Sinne des § 24 Abs. 2 Satz 2 Ärzte-ZV beschäftigt, so dass es zum Zeitpunkt der Ent- scheidung des Zulassungsausschusses noch an einer höchstrichterlichen Klärung fehlte. Gleichwohl bestanden gegen die Annahme des Zulassungsausschusses , eine Entfernung von - angenommenen - 10 km zwischen der Wohnung und der Praxis verstoße gegen die Residenzpflicht, erhebliche Bedenken; jedenfalls ist dem Berufungsgericht darin zu folgen, dass der Zulassungsausschuss seine Rechtsauffassung nicht aufgrund einer sorgfältigen Prüfung gewonnen hat.
16
Der Zulassungsausschuss stellt in seiner Entscheidung allein auf die Entfernung von 10 km ab, ohne sich mit der hierfür benötigten Fahrzeit zu beschäftigen. Als zeitliches Moment wird lediglich allgemein angegeben, es sei - vor allem bei schlechten Verkehrsverhältnissen - nicht gewährleistet, dass der Kläger immer rechtzeitig seine Praxis erreichen könne. Auch wenn man berücksichtigt , dass der Zulassungsausschuss im Hinblick auf die beabsichtigte hausärztliche Tätigkeit prinzipiell einen strengeren Maßstab an die zeitliche Verfügbarkeit des Klägers für seine Patienten anlegen durfte, bleibt es - mangels genauerer zeitlicher Festlegungen - unklar, welche Vorstellungen der Zulassungsausschuss verfolgte. Die Urteile der Landessozialgerichte Baden-Württemberg vom 14. Juli 1999 (MedR 2000, 385) und Schleswig-Holstein vom 23. November 1999 (MedR 2000, 383), die im Hinblick auf die Daten ihrer Veröffentlichung in Fachzeitschriften dem Zulassungsausschuss noch nicht bekannt gewesen sein mögen, belegen aber anhand der dort geprüften Situation von Belegärzten, an die im Hinblick auf ihre rechtzeitige Präsenz ebenfalls strengere Anforderungen gestellt werden können, dass vor allem der zeitliche Faktor in den Blick zu nehmen ist. Auch wenn man - wie die Revision es für richtig hält - annehmen wollte, der Zulassungsausschuss habe nicht einen Wohnsitz am Praxisort gefordert, erweist sich seine Entscheidung als nur unzureichend begründet.

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3. Im Ergebnis zu Recht hat das Berufungsgericht die haftungsrechtliche Verantwortlichkeit der Beklagten bejaht.
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Zulassungsausschuss a) und Berufungsausschuss sind Einrichtungen der gemeinsamen Selbstverwaltung von Vertragsärzten bzw. Vertragszahnärzten und Krankenkassen (vgl. BSG, SozR 3-2500 § 96 Nr. 1 S. 4), die - hoheitlich handelnd - ihre Selbstverwaltungsaufgaben mit unmittelbarer Wirkung für die entsendenden Körperschaften wahrnehmen. Sie werden von den Kassenärztlichen bzw. Kassenzahnärztlichen Vereinigungen und den Landesverbänden der Krankenkassen sowie den Ersatzkassen zur Beschlussfassung und Entscheidung in Zulassungssachen nach § 96 Abs. 1, § 97 Abs. 1 SGB V errichtet. Dabei bestehen die Zulassungsausschüsse in gleicher Zahl aus Vertretern der Ärzte, die von den Kassenärztlichen Vereinigungen bestellt werden, und der Krankenkassen, die von den Landesverbänden der Krankenkassen und den Ersatzkassen bestellt werden (§ 96 Abs. 2 SGB V).
19
Für den Bereich der Amtshaftung entscheidet der Senat die Frage nach der haftpflichtigen Körperschaft, wenn die Anknüpfung an die Anstellung versagt , weil - wie hier - ein Dienstherr nicht vorhanden ist, danach, wer dem Amtsträger die konkrete Aufgabe anvertraut hat, bei deren Erfüllung er gefehlt hat (vgl. Senatsurteil vom 15. Januar 1987 - III ZR 17/85, BGHZ 99, 326, 330). Er hat daher in einem Fall, in dem die Einstimmigkeit der Entscheidung der Ausschüsse nicht in Frage stand, eine gesamtschuldnerische haftungsrechtliche Verantwortlichkeit der die Mitglieder entsendenden Körperschaften angenommen (vgl. Senatsbeschluss vom 12. April 2006 - III ZR 35/05, NJW-RR 2006, 966 Rn. 4 bis 7). Dasselbe gilt für die Haftung für amtspflichtwidriges Verhalten von Mitgliedern des Bewertungsausschusses, die nach § 87 Abs. 4 SGB V nur durch übereinstimmenden Beschluss entscheiden können (vgl. Senatsurteil vom 14. März 2002 - III ZR 302/00, BGHZ 150, 172, 180).
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b) Im vorliegenden Fall steht nicht fest, wie die einzelnen Mitglieder des Zulassungsausschusses gestimmt haben. Die Beklagte hat sich insoweit mit Nichtwissen erklärt, während der Kläger auf den Schriftverkehr mit dem von der Beklagten entsandten alternierenden Vorsitzenden des Zulassungsausschusses Bezug genommen und die Vorlegung der Sitzungsniederschriften der Ausschusssitzungen beantragt hat. Da nach § 41 Abs. 3 Ärzte-ZV über den Hergang der Beratungen und über das Stimmenverhältnis Stillschweigen zu bewahren ist, ist es bei einer strengen Wahrung dieser Verschwiegenheitspflicht weder der Beklagten möglich, sich zu ihrer haftungsrechtlichen Verantwortlichkeit zu erklären, noch könnte ein Geschädigter, der prinzipiell für das Vorliegen der Haftungsvoraussetzungen darlegungs- und beweispflichtig ist, die notwendige Kenntnis von der Person des Schuldners erlangen, von der der Beginn der Verjährung seines Schadensersatzanspruchs nach § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB abhängt. Denn da die Zulassungsausschüsse nach § 96 Abs. 2 Satz 6 SGB V mit einfacher Stimmenmehrheit entscheiden und bei Stimmengleichheit ein Antrag als abgelehnt gilt, wäre es denkbar, dass der Antrag des Klägers mit den Stimmen der Vertreter der Krankenkassen abgelehnt worden wäre und den von der Beklagten bestellten Mitgliedern kein Verschulden zugerechnet werden könnte, für das die Beklagte nach Art. 34 GG eintreten müsste. Da es sich - jedenfalls theoretisch - ebenso gut umgekehrt verhalten haben kann, wäre ein Geschädigter bei strikter Wahrung des Beratungsgeheimnisses außerstande, seinen Schadensersatzanspruch gegen die rechtswidrige und schuldhafte Entscheidung des Zulassungsausschusses durchzusetzen. Das ist nicht hinnehmbar.
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c) Dass wegen des Beratungsgeheimnisses eine Aufklärung über das Stimmverhalten der ärztlichen Mitglieder nicht möglich oder - wie das Berufungsgericht in seinem Urteil vom 5. November 2009 (1 U 5235/08, BeckRS 2009, 86312) in einer Parallelsache befunden hat - eine Beweisaufnahme hierüber unzulässig wäre, ist in dieser Allgemeinheit nicht richtig.
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Inwieweit das sich aus § 41 Abs. 3 Ärzte-ZV ergebende Beratungsgeheimnis Einschränkungen unterliegt, ist - soweit ersichtlich - in der Literatur und Rechtsprechung noch nicht behandelt worden. Dies ist im Hinblick auf die dem Zulassungsausschuss obliegenden Aufgaben und den hiergegen bestehenden Primärrechtsschutz auch nicht erforderlich. Insoweit ist entscheidend auf den Inhalt des Beschlusses abzustellen, den der Zulassungsausschuss als Kollegialorgan trifft. Dabei ist die bei einer paritätischen Besetzung nicht auszuschließende , in der Rechtswirklichkeit aber wohl eher selten auftretende Situation einer Stimmengleichheit für oder gegen einen gestellten Antrag durch die Regelung des § 96 Abs. 2 Satz 6 SGB V im Sinne einer Antragsablehnung vorgegeben.
23
Das Verfahren und die Beschlussfassung des Zulassungsausschusses sind nach §§ 36 bis 43 Ärzte-ZV ähnlich einem gerichtlichen Verfahren ausgestaltet (vgl. Pawlita, in jurisPK-SGB V, § 96 Rn. 53 f). Das Beratungsgeheimnis dient, insoweit dem richterlichen Beratungsgeheimnis vergleichbar, ersichtlich dem Schutz der Einheit des Spruchkollegiums und dem Ansehen seiner Spruchpraxis. Aber selbst das richterliche Beratungsgeheimnis, das einen höheren Stellenwert hat als das für ein bloßes Verwaltungsverfahren angeordnete, gilt nicht absolut (Schmidt-Räntsch, DRiG, 6. Aufl., § 43 Rn. 12 mwN). Wird - wie hier - eine Körperschaft wegen eines bestimmten Abstimmungsverhaltens eines von ihr entsandten Mitglieds des Kollegiums auf Schadensersatz in An- spruch genommen, so liegt es nahe, den bestehenden Interessenkonflikt zumindest dadurch zu lösen, dass es dem Mitglied beziehungsweise der Körperschaft erlaubt ist, zum Zwecke der Verteidigung ihrer rechtlichen Interessen das Beratungsgeheimnis - als Zeuge oder auch als Partei - preiszugeben (SchmidtRäntsch aaO Rn. 19; siehe auch OLG Naumburg, NJW 2008, 3585, 3587). Zur Wahrung übergeordneter Interessen erscheint aber auch die Auferlegung einer Aussage- bzw. Einlassungspflicht nicht von vorneherein ausgeschlossen (Schmidt-Räntsch aaO Rn. 15, 17, 19).
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d) In der Rechtsprechung des Senats ist anerkannt, dass der Geschädigte den einzelnen Amtsträger, der ihm gegenüber die Pflichtverletzung begangen hat, nicht konkret bezeichnen muss, solange feststeht, dass der gesamte Haftungstatbestand in der Person irgend eines Amtsträgers der in Anspruch genommenen Körperschaft erfüllt ist (vgl. Senatsurteile vom 26. September 1960 - III ZR 125/59, WM 1960, 1304, 1305; vom 12. Dezember 1991 - III ZR 18/91, BGHZ 116, 312, 314 f; vom 27. Juni 2002 - III ZR 234/01, BGHZ 151, 198, 203 f). Weitergehende Darlegungen sind dem Geschädigten, der die Interna des Behördenbetriebs nicht kennt und auch nicht zu kennen braucht, häufig nicht möglich und deshalb auch nicht zumutbar. Kommen jedoch - wie hier - bei einem gemischt besetzten Kollegialorgan mehrere haftpflichtige Körperschaften in Betracht, die nur in Bezug auf die jeweils von ihnen bestellten Mitglieder zu einer Haftungsübernahme verpflichtet sind, wäre nach den üblichen Grundsätzen die Feststellung unabdingbar, dass jedenfalls ein von der in Anspruch genommenen Körperschaft bestelltes Mitglied Amtspflichten verletzt hat, weil es sonst an einer Voraussetzung für eine Übernahme der Haftung fehlen würde. Dies erscheint jedoch nicht angemessen, da der Zulassungsausschuss dem Geschädigten als Einheit gegenübertritt und die Einheit der Entscheidungen dieses Kollegiums durch das Beratungsgeheimnis institutionell abgesichert wird.

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Zwar ist eine Beweiserhebung über das Abstimmungsverhalten einzelner Mitglieder des Zulassungsausschusses, wie ausgeführt, nicht von vornherein unzulässig. Es wäre jedoch eine unzumutbare Erschwerung der Prozessführung , wenn ein Geschädigter eine für die Haftungsübernahme in Betracht kommende Körperschaft aussuchen und gewissermaßen auf gut Glück ein amtspflichtwidriges Verhalten eines von dieser Körperschaft entsandten Mitglieds behaupten müsste im Vertrauen darauf, dass die Beklagtenseite das Beratungsgeheimnis preisgibt oder das Gericht trotz der Berufung auf das Beratungsgeheimnis aus überwiegenden gegenläufigen Interessen gleichwohl eine Beweiserhebung anordnet.
26
Da die Beklagte - schon aus Gründen der fachlichen Zusammenarbeit - den Vorgängen im Zulassungsausschuss näher steht als der Geschädigte und sie im Hinblick auf eine mögliche Haftung auch im Verhältnis zu den anderen entsendenden Körperschaften ein Interesse daran hat, das Stimmverhalten der von ihr bestellten Mitglieder des Zulassungsausschusses in Erfahrung zu bringen , hält der Senat in dieser besonderen Situation eine Umkehr der Darlegungs - und Beweislast für geboten. Die für das Abstimmungsverhalten ihrer Mitglieder in Haftung genommene Körperschaft muss darlegen und beweisen, dass ihre Mitglieder der rechtswidrig ergangenen (Mehrheits-)Entscheidung des Kollegiums nicht zugestimmt haben. Dabei muss ihr schon im eigenen Interesse an einer frühzeitigen Klärung des Sachverhalts gelegen sein, so dass sie sich im Regelfall bereits vorprozessual dazu erklären wird, ob sie eine Haftung wegen des Stimmverhaltens der von ihr bestellten Mitglieder des Ausschusses ablehnen möchte, was ihr nicht prinzipiell versagt werden kann.
27
e) Vorliegend kommt hinzu, dass die Beklagte die amtspflichtwidrige Entscheidung des Zulassungsausschusses gebilligt und sich aktiv gegen eine Zulassung des Klägers als Vertragsarzt gestellt hat. Denn sie hat sich nicht etwa dem Widerspruch des Klägers gegen die Entscheidung des Zulassungsausschusses angeschlossen, sondern - wie sich aus dem Beschluss des Berufungsausschusses ergibt - dessen Zurückweisung beantragt. Darüber hinaus hat sie, worauf das Berufungsgericht zu Recht hinweist, die Zulassung des Klägers durch den Berufungsausschuss mit der Klage angriffen und damit den rechtswidrigen Zustand weiter verlängert. Aufgrund dieser Verhaltensweise ist es der Beklagten nach Treu und Glauben verwehrt, sich im Amtshaftungsprozess hinter dem Beratungsgeheimnis "zu verstecken".
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4. Zu Recht nimmt das Berufungsgericht an, dass die zeitweilige Existenz einer Zulassung des Klägers als Vertragsarzt für G. -U. einer Haftung der Beklagten nicht entgegensteht. Die Revision beanstandet dies unter dem Gesichtspunkt , die genannte Zulassung sei geeignet gewesen, jeden Schaden aus der verweigerten Zulassung für M. entfallen zu lassen. Darüber hinaus fehle es an einem Kausalzusammenhang, wenn der Kläger eine Zulassung in Hessen besessen habe, von ihr aber keinen Gebrauch habe machen wollen.
29
Diese Rüge ist nicht begründet. Durch die Ablehnung des Zulassungsantrags war es dem Kläger nicht wie beabsichtigt möglich, in dem seinen Eltern gehörenden Haus seine Praxis unter Ausnutzung damit verbundener wirtschaftlicher Vorteile zu nutzen. Die Würdigung des Berufungsgerichts, der Kläger habe im Hinblick auf seine Absicht, im Widerspruchsverfahren weiterhin eine Zulassung in M. zu erreichen, von einer erhebliche Investitionen und längerfristige vertragliche Bindungen erfordernden Praxiseröffnung in Hessen absehen dürfen, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Vor allem sprechen die festgestellten wirtschaftlichen und persönlichen Rahmenbedingungen, gegen die die Revision keine Einwände erhebt, entscheidend dafür, dass dem Kläger durch die Versagung der Zulassung in M. ein Schaden entstanden ist.
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5. Einem möglichen Schadensersatzanspruch steht nicht der Einwand entgegen , der Kläger habe versäumt, im sozialgerichtlichen Verfahren nach § 86b Abs. 1 Nr. 1 SGG einen Antrag auf Anordnung der sofortigen Vollziehung des Beschlusses des Berufungsausschusses zu stellen.
31
a) Nach der Rechtsprechung des Senats fallen unter den Begriff des Rechtsmittels, der weit zu fassen ist, alle Rechtsbehelfe, die sich unmittelbar gegen die schädigende Amtshandlung oder Unterlassung selbst richten und nach gesetzlicher Ordnung ihre Beseitigung oder Berichtigung bezwecken und ermöglichen (vgl. Senatsurteile vom 3. Juni 1993 - III ZR 104/92, BGHZ 123, 1, 7; vom 9. Oktober 1997 - III ZR 4/97, BGHZ 137, 11, 23). Hierzu zählen auch Rechtsbehelfe des einstweiligen Rechtsschutzes (vgl. Senatsurteil vom 9. Oktober 2003 - III ZR 342/02, BGHZ 156, 294, 298 f mwN zu einem Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO). Für den seit dem 2. Januar 2002 grundlegend umgestalteten einstweiligen Rechtsschutz der §§ 86a, 86b SGG gilt nichts anderes.
32
b) Nach Auffassung des Berufungsgerichts wäre ein Antrag nach § 86b Abs. 1 Nr. 1 SGG deshalb kein mögliches Rechtsmittel im Sinne des § 839 Abs. 3 BGB gewesen, weil schadensstiftende Amtspflichtverletzung (nur) die Ablehnung des Zulassungsantrags gewesen sei und als unmittelbar dagegen gerichteter Rechtsbehelf allein der Widerspruch zur Verfügung gestanden habe.
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Ob dem zu folgen ist, kann ebenso dahinstehen wie die Frage, ob wegen des Verzichts auf einen solchen Antrag eine Minderung des Schadensersatzes nach § 254 Abs. 2 BGB in Betracht kommt. Denn die Stellung eines Antrags nach § 86b Abs. 1 Nr. 1 SGG wäre nur sinnvoll gewesen, wenn der Kläger die Absicht gehabt hätte, unverzüglich nach der Anordnung der sofortigen Vollziehung mit der Einrichtung seiner Arztpraxis zu beginnen. Es war ihm aber nicht zuzumuten, größere Investitionen ohne entsprechende Planungssicherheit (bestandskräftiger Zulassungsbescheid) zu tätigen.
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6. Der Schadensersatzanspruch des Klägers ist nicht verjährt.
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a) Da der Kläger gegen den Beschluss des Zulassungsausschusses Widerspruch eingelegt und damit den nach § 839 Abs. 3 BGB gebotenen Primärrechtsschutz wahrgenommen hat, kann er sich auf die ständige Rechtsprechung des Senats beziehen, nach der Widerspruch und Klage gegen einen amtspflichtwidrig erlassenen Verwaltungsakt die Verjährung des Amtshaftungsanspruchs , der aus der angefochtenen Maßnahme abgeleitet wird, in analoger Anwendung des § 204 Abs. 1 Nr. 1, § 209 BGB hemmen (vgl. Senatsurteil vom 4. Juni 2009 - III ZR 144/05, BGHZ 181, 199 Rn. 35; zur Unterbrechungswirkung nach früherem Recht analog § 209 Abs. 1, § 211 BGB a.F. Senatsurteile vom 11. Juli 1985 - III ZR 62/84, BGHZ 95, 238, 242 f; vom 18. November 2004 - III ZR 347/03, NVwZ-RR 2005, 152, 154). Die Hemmungswirkung endet analog § 204 Abs. 2 Satz 1 BGB im Regelfall sechs Monate nach der rechtskräftigen Entscheidung oder anderweitigen Erledigung des Verfahrens (vgl. zu § 211 BGB a.F. Senatsurteil vom 18. November 2004 - III ZR 347/03, aaO).
36
Mit Urteil vom 6. Februar 1986 (III ZR 109/84, BGHZ 97, 97, 110) hat der Senat diese Grundsätze auf die Verjährung von Amtshaftungsansprüchen, die aus dem amtspflichtwidrigen Vollzug eines Planfeststellungsbeschlusses hergeleitet werden, übertragen. Der Senat hat weiter ausgesprochen, dass auch die Geltendmachung des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs durch Klage vor den Sozialgerichten die Verjährung des Amtshaftungsanspruchs unterbricht, der auf dasselbe Fehlverhalten des Sozialversicherungsträgers gestützt wird (vgl. Senatsurteile vom 11. Februar 1988 - III ZR 221/86, BGHZ 103, 242, 246 f; vom 20. Juli 2000 - III ZR 64/99, NVwZ-RR 2000, 746, 749). Auch in der Erhebung einer finanzgerichtlichen Klage auf Feststellung der Nichtigkeit eines Gewinnfeststellungsbescheids hat der Senat ein taugliches Mittel des Primärrechtsschutzes mit den angeführten verjährungsrechtlichen Wirkungen gesehen (vgl. Senatsurteil vom 6. Juli 1995 - III ZR 145/94, NJW 1995, 2778, 2779).
37
Entsprechend dem allgemein anerkannten Vorrang des Primärrechtsschutzes vor dem Sekundärrechtsschutz ist es in den genannten Fällen - nicht zuletzt aus Gründen der Prozesswirtschaftlichkeit - sachgerecht, wenn der Betroffene , ehe er Schadensersatz wegen Amtspflichtverletzung geltend macht, sich zunächst gegen das beanstandete Verwaltungshandeln selbst wendet und versucht, im Wege des primären Rechtsschutzes Abhilfe zu erreichen. Da die öffentliche Hand in diesen Fällen ohnehin damit rechnen muss, dass der Geschädigte nach erfolglosem - und erst Recht nach erfolgreichem - Vorgehen im Primärrechtsschutz auch noch Amtshaftungsansprüche erhebt, hat der Senat es für gerechtfertigt gehalten, die angeführten verjährungsrechtlichen Vorschriften entsprechend anzuwenden (vgl. Senatsurteile vom 29. Juni 1989 - III ZR 92/87, NJW 1990, 176, 179; vom 2. April 1998 - III ZR 309/96, BGHZ 138, 247, 250 f). Die Prozesswirtschaftlichkeit für ein solches Vorgehen hat der Senat nicht nur dann bejaht, wenn die Zivilgerichte im Amtshaftungsprozess an rechtskräftige Entscheidungen von Verwaltungsgerichten im Rahmen ihrer Rechtskraftwirkung gebunden sind (vgl. insoweit Senatsurteil vom 7. Februar 2008 - III ZR 76/07, BGHZ 175, 221 Rn. 10 f mwN), sondern auch in Fällen, in denen - wie bei der sozialrechtlichen Herstellungsklage - die Frage eines pflichtwidrigen Verhaltens eines Beamten nur eine Vorfrage ist, so dass das Ergebnis dieses Verfahrens für den Amtshaftungsprozess keine Bindungen entfaltet (vgl. Senatsurteile vom 11. Februar 1988 - III ZR 221/86, BGHZ 103, 242, 245; vom 6. Februar 1997 - III ZR 241/95, NVwZ 1997, 1243, 1244; vom 20. Juli 2000 - III ZR 64/99, NVwZ-RR 2000, 746).
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b) Die hier vorliegende Fallgestaltung zeichnet sich durch einige verfahrensrechtliche Besonderheiten aus, die allerdings keinen Anlass zu einer anderen verjährungsrechtlichen Behandlung geben.
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Wie bereits ausgeführt, nehmen Zulassungsausschuss und Berufungsausschuss als Einrichtungen der gemeinsamen Selbstverwaltung von Vertragsärzten und Krankenkassen ihre Selbstverwaltungsaufgaben mit unmittelbarer Wirkung für die entsendenden Körperschaften wahr. Gegen die Entscheidungen des Zulassungsausschusses kann der Berufungsausschuss angerufen werden. Dass dessen Anrufung, wie auch sonst beim Widerspruch gegen einen Verwaltungsakt (vgl. § 86a Abs. 1 SGG), aufschiebende Wirkung hat, ist nicht im Sozialgerichtsgesetz, sondern in § 96 Abs. 4 Satz 2 SGB V geregelt. Das Verfahren vor dem Berufungsausschuss ist ein umfassendes Verwaltungsverfahren in einer zweiten Instanz und kein Widerspruchsverfahren nach dem Sozialgerichtsgesetz , sondern gilt nach § 97 Abs. 3 Satz 2 SGB V lediglich als Vorverfahren im Sinne des § 78 SGG. Gegen die Entscheidung des Berufungsausschusses , mit der das Vorverfahren abgeschlossen wird, kann der beschwerte Beteiligte das Sozialgericht anrufen. Dabei sieht das Bundessozialgericht die Kassenärztlichen Vereinigungen wegen ihres Sicherstellungsauftrags gemäß § 75 Abs. 1 SGB V und ihrer Gesamtverantwortung für die ordnungs- gemäße Durchführung der vertragsärztlichen Versorgung in Angelegenheiten des Zulassungswesens auch unabhängig vom Nachweis eines konkreten rechtlichen Interesses im Einzelfall als berechtigt an, die Entscheidungen der Ausschüsse anzufechten (BSG, MedR 2000, 198, 199). Die Klage ist nach § 70 Nr. 4 SGG gegen den Berufungsausschuss zu richten. Die Vorschrift des § 95 SGG, nach der bei einem durchgeführten Vorverfahren der ursprüngliche Verwaltungsakt in der Gestalt, die er durch den Widerspruchsbescheid gefunden hat, Gegenstand der Klage ist, gilt für vertragsärztliche Zulassungsstreitigkeiten nicht (vgl. BSG SozR 3-2500 § 96 Nr. 1 S. 5 f; BSG MedR 2000, 198, 200). Weil die Beschlussfassung und Entscheidung in Zulassungssachen ein hinsichtlich des Sachergebnisses einheitlich, bezüglich des Beurteilungsvorgangs zweistufig verfasstes besonderes Verwaltungsverfahren ist (vgl. BSG SozR 3-2500 § 96 Nr. 1 S. 4), ist Gegenstand der Klage ausschließlich der Bescheid des Berufungsausschusses.
40
Diese Besonderheiten ändern jedoch nichts daran, dass es bis zur Anrufung des Sozialgerichts durch die Beklagte in der Sache um die Frage ging, ob der Zulassungsantrag des Klägers begründet war. Dass es sich bei der Klage der Beklagten gegen den Bescheid des Berufungsausschusses um die Klage eines formell Dritten handelt, ändert nichts daran, dass es materiell um eine Fortsetzung der Prüfung des Zulassungsantrags des Klägers geht, der durch seinen Widerspruch gegen die Entscheidung des Zulassungsausschusses das der Klage vorausgehende Vorverfahren eingeleitet hat. Hätte die Klage der Beklagten in erster Instanz zum Nachteil des Klägers, der in diesem Verfahren die Stellung eines Beigeladenen hat, der von der Rechtskraft der Entscheidung mit erfasst wird (vgl. § 69 Nr. 3, § 141 Abs. 1 Nr. 1 SGG), Erfolg gehabt, hätte er mit einem Rechtsmittel hiergegen sein Anliegen weiterverfolgen können. Das rechtfertigt es, in dieser prozessualen Konstellation, in der der Kläger lediglich das Vorverfahren eingeleitet und die Beklagte die Klage zum Sozialgericht erhoben hat, ebenfalls die Vorschrift des § 204 Abs. 2 Satz 1 BGB analog anzuwenden. Da das Klageverfahren im April 2004 durch Rücknahme der Klage erledigt wurde, war der Anspruch des Klägers bei Einreichung der alsbald danach zugestellten Klage im Dezember 2007 noch nicht verjährt.
41
7. Danach hat das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei ein Grundurteil erlassen.
Schlick Dörr Wöstmann
Seiters Tombrink
Vorinstanzen:
LG München I, Entscheidung vom 15.10.2008 - 15 O 24803/07 -
OLG München, Entscheidung vom 21.01.2010 - 1 U 5307/08 -