Bundesgerichtshof Urteil, 06. März 2014 - III ZR 352/13

bei uns veröffentlicht am06.03.2014
vorgehend
Landgericht Meiningen, 3 O 1031/11, 17.09.2012
Thüringer Oberlandesgericht, 4 U 847/12, 30.07.2013

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
III ZR 352/13
Verkündet am:
6. März 2014
B o t t
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
§ 839 BGB Ca, Fe; ThürStrG § 10 Abs. 1
Ein natürlicher Astbruch, für den vorher keine besonderen Anzeichen bestanden
haben, gehört auch bei hierfür anfälligeren Baumarten grundsätzlich zu
den naturgebundenen und daher hinzunehmenden Lebensrisiken. Eine straßenverkehrssicherungspflichtige
Gemeinde muss daher bei gesunden Straßenbäumen
auch dann keine besonderen Schutzmaßnahmen ergreifen, wenn
bei diesen - wie z. B. bei der Pappel oder bei anderen Weichhölzern - ein erhöhtes
Risiko besteht, dass im gesunden Zustand Äste abbrechen und Schäden
verursacht werden können.
BGH, Urteil vom 6. März 2014 - III ZR 352/13 - OLG Jena
LG Meiningen
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 6. März 2014 durch den Vizepräsidenten Schlick sowie die Richter
Dr. Herrmann, Seiters, Dr. Remmert und Reiter

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 4. Zivilsenats des Thüringer Oberlandesgerichts in Jena vom 30. Juli 2013 aufgehoben.
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Meiningen vom 17. September 2012 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten der Rechtsmittelzüge.
Von Rechts wegen

Tatbestand


1
Der Kläger nimmt die beklagte Stadt wegen eines auf seinen Pkw herabgefallenen Astes auf Schadensersatz unter dem Gesichtspunkt der Verletzung der Verkehrssicherungspflicht nach Amtshaftungsgrundsätzen in Anspruch.
2
Der Kläger wohnt in der K. Straße 36 in S. in einem Mietshaus. Vor dem Wohnblock befinden sich auf beiden Seiten der Straße öffentliche Parkplätze, die auch von den Anwohnern genutzt werden. An die Parkplätze grenzt ein Grünstreifen, auf dem im Jahre 2011 einige etwa 50-60 Jahre alte Pappeln standen. Der Kläger stellte in den Abendstunden des 12. Juni 2011 seinen Pkw auf einem der Parkplätze in der Nähe der Pappeln ab. Am 13. Juni 2011 stellte er morgens Schäden an seinem Fahrzeug fest; von einer der Pappeln war ein grün belaubter Ast auf das Auto gefallen.
3
Die Klage auf Schadensersatz hat das Landgericht abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Oberlandesgericht die Klage unter Berücksichtigung eines Mitverschuldens des Klägers von einem Drittel dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt. Hiergegen richtet sich die vom Berufungsgericht zugelassene Revision der Beklagten.

Entscheidungsgründe


4
Die zulässige Revision führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Wiederherstellung der landgerichtlichen Entscheidung.

I.


5
Nach Auffassung des Berufungsgerichts hat die beklagte Stadt ihre - in Thüringen hoheitlich ausgestaltete - Straßenverkehrssicherungspflicht verletzt (vgl. § 10 Abs. 1 Satz 1, § 43 Abs. 1 ThürStrG). Anknüpfungspunkt sei insoweit allerdings nicht eine Verletzung der Pflicht zur regelmäßigen sorgfältigen Baumkontrolle. Die Beklagte habe keine Anzeichen für eine Erkrankung oder Vermorschung der Pappel übersehen; diese sei vielmehr gesund gewesen. Jedoch könnten auch gesunde Bäume eine Gefahr darstellen. Die Pappel gehöre zu den für natürliche Astbrüche anfälligen Baumarten. Sie stelle, da sie dazu neige, auch im gesunden Zustand Äste abzuwerfen, eine verkehrssicherungsrechtlich relevante ständige Gefahrenquelle dar. Zudem sei es in der Vergangenheit wiederholt - wenn auch ohne Schäden - zu Astabbrüchen gekommen. Die Beklagte habe deshalb selbst in einem Schreiben vom 13. September 2010 an einen in der K. Straße wohnhaften Anlieger davon gesprochen, dass zwar die Standfestigkeit bei allen Pappeln gegeben sei, es aber trotzdem aus artspezifischen Gründen zu Astabbrüchen kommen könne, weshalb die Bäume sukzessive entfernt werden müssten. Zwar möge es sein, dass der Beklagten damals ein sofortiges Fällen aller Pappeln aus haushälterischen Gründen unmöglich gewesen sei und ihr dies unter Zumutbarkeitsgesichtspunkten deshalb zunächst noch nicht hätte abverlangt werden können. Die sofortige Ergreifung niederschwelligerer Maßnahmen - wie die Sperrung der Parkflächen oder zumindest die Aufstellung einer auf die Astbruchgefahr aufmerksam machenden Warntafel - sei aber unumgänglich gewesen. Im vorliegenden Fall gehe es nicht um die bei jeder Baumart bestehende Gefahr, dass bei ungünstigen Verhältnissen (starke Windbelastung u.ä.) auch ein belaubter und gesunder Ast abbrechen könne. Dies sei ein hinzunehmendes allgemeines Lebensrisiko und zwar auch dann, wenn der Baum an einer öffentlichen Parkfläche stehe. Bei einer Baumart wie der Pappel, bei der artspezifisch ein ungleich höheres Risiko von Abwürfen gesunder Äste bestehe, sei indessen auf beziehungsweise an öffentlichen Parkflächen, also an Verkehrsflächen, auf denen Fahrzeuge auch für längere Zeit abgestellt und sich regelmäßig Menschen zum Ein- und Aussteigen bewegen würden, die Grenze des zu tolerierenden naturgebundenen Lebensrisikos überschritten. An solchen Orten seien Pappeln zu gefährlich; die Vermei- dung von Sach- und Personenschäden müsse Vorrang haben. Mit besonderem Blick darauf, dass die Parkplätze nicht nur für die Anwohner der umliegenden Häuser, sondern auch für Ortsfremde zur Nutzung offen gestanden hätten, sei jedenfalls ein deutlicher Warnhinweis auf die jederzeit bestehende Astbruchgefahr das der Beklagten abzuverlangende Minimum an Gefahrverhütung gewesen. Den Kläger treffe jedoch ein Mitverschulden. Er müsse ebenso wie die anderen Anwohner - z.B. sein Großvater, der Zeuge F. , oder die Zeugin B. - Kenntnis von den Astabwürfen in der Vergangenheit gehabt haben. Es liege auf der Hand, dass es nur eine Frage der Zeit gewesen sei, bis ein Ast ein unter den Pappeln geparktes Fahrzeug beschädigen werde. Deshalb habe der Kläger die eigenübliche Sorgfalt fahrlässig verletzt, als er sein Fahrzeug über Nacht in der Gefahrenzone abgestellt habe.

II.


6
Dies hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
7
1. Nach der ständigen Senatsrechtsprechung (vgl. nur Urteile vom 21. Dezember 1961 - III ZR 192/60, LM Nr. 3 zu RNatSchG; vom 21. Januar 1965 - III ZR 217/63, VersR 1965, 475, 476 und vom 4. März 2004 - III ZR 225/03, NJW 2004, 1381; s. auch BGH, Urteil vom 30. Oktober 1973 - VI ZR 115/72, VersR 1974, 88, 89 f) erstreckt sich die Straßenverkehrssicherungspflicht auch auf den Schutz vor Gefahren durch Bäume. Der Verkehrssicherungspflichtige muss daher Bäume oder Teile von ihnen entfernen, die den Verkehr konkret gefährden, insbesondere wenn sie nicht mehr standsicher sind oder herabzustürzen drohen. Allerdings stellt jeder Baum an einer Straße oder an einem öffentlichen Parkplatz eine mögliche Gefahr dar. Einerseits können auch völlig gesunde Bäume vom Sturm, selbst bei nicht außergewöhnlicher Windstärke, entwurzelt oder geknickt oder Teile von ihnen abgebrochen werden; auch Schneeauflage oder starker Regen können zum Absturz selbst von größeren Ästen führen. Andererseits ist die Erkrankung oder Vermorschung eines Baums von außen nicht immer erkennbar. Das gebietet aber nicht die Entfernung aller Bäume aus der Nähe von Straßen und öffentlichen Parkplätzen oder eine besonders gründliche Untersuchung jedes einzelnen Baums. Der Umfang der notwendigen Überwachung und Sicherung kann nicht an dem gemessen werden , was zur Beseitigung jeder Gefahr erforderlich ist; es ist unmöglich, den Verkehr völlig risikolos zu gestalten. Dieser muss gewisse Gefahren, die nicht durch menschliches Handeln entstehen, sondern auf Gegebenheiten der Natur selbst beruhen, als unvermeidlich hinnehmen. Die Behörden genügen daher ihrer Sicherungs- und Überwachungspflicht, wenn sie - außer der stets gebotenen regelmäßigen Beobachtung auf trockenes Laub, dürre Äste, Beschädigungen oder Frostrisse - eine eingehende Untersuchung dort vornehmen, wo besondere Umstände - wie das Alter des Baums, sein Erhaltungszustand, die Eigenart seiner Stellung oder sein statischer Aufbau oder ähnliches - sie dem Einsichtigen angezeigt erscheinen lassen (vgl. Senat aaO).
8
Ihre diesbezüglichen Pflichten hat die Beklagte, die im Sommer 2010 und im Winter 2010/2011 eine Baumkontrolle durchgeführt hat, nicht verletzt. Die streitgegenständliche Pappel und der den Schaden verursachende Ast waren vor dem Schadensfall gesund. Dies hat das Berufungsgericht zutreffend festgestellt ; der Kläger erhebt insoweit auch keine Revisionsgegenrüge.
9
2. Ob - über die Grundsätze der bisherigen Senatsrechtsprechung hinaus - bei gesunden Bäumen, bei denen wie bei der hier in Rede stehenden Pappel oder wie bei anderen Weichhölzern (z.B. Weiden, vgl. OLG Düsseldorf VersR 1997, 463, 464; Kastanien, vgl. OLG Hamm VersR 1997, 1148, 1149 und OLG Koblenz NZV 1998, 378; Götterbäume, vgl. OLG Karlsruhe VersR 2011, 925, 926) ein erhöhtes Risiko besteht, dass auch im gesunden Zustand Äste abbrechen , der Verkehrssicherungspflichtige Schutzmaßnahmen ergreifen muss, ist umstritten.
10
Teilweise wird die Auffassung vertreten, Pappeln seien als "Gefahrenbäume" im Bereich von Parkplätzen grundsätzlich zu entfernen (vgl. OLG Saarbrücken , VersR 2011, 926, 927); zumindest seien sämtliche in die Verkehrsfläche hineinragenden Äste zu beseitigen oder die Fläche unter den Bäumen für den Verkehr zu sperren (vgl. OLG Köln, VersR 1994, 1489; siehe auch Hötzel, AgrarR 1998, 163, 165 ff; Wittek, AUR 2011, 10 f).
11
Überwiegend wird demgegenüber in der Rechtsprechung (vgl. OLG Hamm, VersR 1997, 1148, 1149 und NuR 1999, 538, 539; OLG Koblenz, NZV 1998, 378, VersR 1998, 865 und OLGR 2001, 286, 287 f; OLG Karlsruhe VersR 2011, 925, 926; siehe auch OLG München DAR 1985, 25, 26; OLG Düsseldorf NJW-RR 1995, 726, 727 und VersR 1997, 463, 464; OLG Naumburg - 1 U 81/12, n.v. S. 3) und im Schrifttum (vgl. Breloer, NZV 1998, 378 f; Edenfeld, VersR 2002, 272, 277 f; Burmann, NZV 2003, 20, 22; Schneider VersR 2007, 743, 747; Hilsberg, VersR 2011, 928 f) die Meinung vertreten, dass ein natürlicher Astbruch, für den vorher keine besonderen Anzeichen bestanden haben, auch bei hierfür anfälligeren Baumarten grundsätzlich zu den naturgebundenen und daher hinzunehmenden Lebensrisiken gehöre.
12
3. Letzterer Auffassung schließt sich der Senat an. Der Verkehr muss gewisse Gefahren, die auf Gegebenheiten der Natur selbst beruhen, als unvermeidlich hinnehmen. Eine absolute Sicherheit gibt es nicht. Die Verkehrssicherungspflicht verlangt es insoweit nicht, gesunde, nur naturbedingt vergleichsweise bruchgefährdetere Baumarten an Straßen oder Parkplätzen zu beseitigen oder zumindest sämtliche in den öffentlichen Verkehrsraum hineinragenden Baumteile abzuschneiden. Gehören damit aber die Folgen eines natürlichen Astabbruchs grundsätzlich zum allgemeinen Lebensrisiko, bedarf es auch keiner niederschwelligerer Maßnahmen, wie der Absperrung des Luftraums unter Pappeln oder der Aufstellung von Warnschildern. Entsprechende Vorgaben ließen sich im Übrigen auch nicht, wie das Berufungsgericht meint, auf Parkplätze beschränken. Der Senat vermag die Auffassung des Berufungsgerichts nicht zu teilen, wonach sich die Gefahrenlage auf Parkplätzen grundlegend anders - nämlich gravierender - als auf Straßen darstelle, weil ein geparktes Auto sich zeitlich länger in der Gefahrenzone aufhalte als ein auf einer Straße mit entsprechendem Baumbestand fahrendes Auto und weil auf Parkplätzen Gefahren für ein- und aussteigende Personen bestünden. Abgesehen davon, dass im fließenden Verkehr im Allgemeinen deutlich mehr Fahrzeuge (einschließlich der darin sitzenden Personen) in den Gefahrenbereich gelangen, ist beim Absturz von Baumteilen auf ein fahrendes Fahrzeug die Gefahr von erheblichen Sachund Personenschäden noch größer als bei Astabbrüchen auf abgestellte Fahrzeuge. Insoweit stellt die Gefahrenlage kein geeignetes Differenzierungskriterium zur Ableitung erhöhter Sorgfaltsanforderungen für Parkplätze dar. Vielmehr würde die Einstufung von Pappeln und gleichartigen Weichhölzern als im Verkehrsinteresse grundsätzlich zu beseitigende Gefahrenquellen dazu führen, dass entweder jeder dieser Bäume, soweit er sich im Einflussbereich auf Personen oder Sachen befindet, entfernt oder der gesamte Einflussbereich räumlich abgesperrt oder jeweils ein Warnschild aufgestellt werden muss. Dies über- spannt nach Auffassung des Senats die Anforderungen an die Verkehrssicherungspflicht.
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4. a) An dieser Bewertung ändert der Umstand nichts, dass nach den Feststellungen des Berufungsgerichts bereits in den Jahren vor dem Schadensfall Äste, ohne Schäden anzurichten, von einzelnen Pappeln abgefallen sind. Zunächst fehlt es schon - wie die Revision zu Recht anmerkt - an näheren Feststellungen des Berufungsgerichts zur Art der früheren Astabwürfe, also insbesondere dazu, ob es zu diesen Abbrüchen - wie es die Aussage des Zeugen F. nahelegt - vor allem bei stürmischem Wetter gekommen ist. Um Sturmschäden geht es hier aber nicht, abgesehen davon, dass diese bei gesunden Bäumen grundsätzlich zum allgemeinen Lebensrisiko gehören. Selbst wenn sich aber das streitgegenständliche naturgegebene Risiko in der Vergangenheit bereits verwirklicht haben sollte, hätte dies nicht zur Folge gehabt, dass es von diesem Zeitpunkt an nicht mehr zum Lebensrisiko gehört hätte, sondern nunmehr weitergehende verkehrssichernde Maßnahmen vorzunehmen gewesen wären.
14
b) Entgegen der Auffassung des Klägers ist auch nicht im Hinblick auf das Schreiben der Beklagten vom 13. September 2010 von einer "Selbstbindung der Verwaltung" auszugehen, sodass sich die Beklagte an der "von ihr selbst statuierten und konkretisierten Verkehrssicherungspflicht festhalten lassen muss". Der Umstand, dass die Beklagte - überobligationsmäßig - den Entschluss gefasst hatte, die Pappeln im Zuge einer Überplanung der gesamten Grünflächen zu entfernen, spielt für die ausschließlich nach objektiven Gegebenheiten zu bestimmende Frage der Verkehrssicherungspflicht keine Rolle.
Schlick Herrmann Seiters
Remmert Reiter
Vorinstanzen:
LG Meiningen, Entscheidung vom 17.09.2012 - 3 O 1031/11 -
OLG Jena, Entscheidung vom 30.07.2013 - 4 U 847/12 -

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Urteil, 06. März 2014 - III ZR 352/13

Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Urteil, 06. März 2014 - III ZR 352/13

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Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 839 Haftung bei Amtspflichtverletzung


(1) Verletzt ein Beamter vorsätzlich oder fahrlässig die ihm einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht, so hat er dem Dritten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Fällt dem Beamten nur Fahrlässigkeit zur Last, so kann er nur dann in Ansp
Bundesgerichtshof Urteil, 06. März 2014 - III ZR 352/13 zitiert 1 §§.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 839 Haftung bei Amtspflichtverletzung


(1) Verletzt ein Beamter vorsätzlich oder fahrlässig die ihm einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht, so hat er dem Dritten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Fällt dem Beamten nur Fahrlässigkeit zur Last, so kann er nur dann in Ansp

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Bundesgerichtshof Urteil, 04. März 2004 - III ZR 225/03

bei uns veröffentlicht am 04.03.2004

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Bundesgerichtshof Urteil, 24. Aug. 2017 - III ZR 574/16

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Verwaltungsgericht Münster Urteil, 17. Apr. 2015 - 5 K 3212/13

bei uns veröffentlicht am 17.04.2015

Tenor Das Verfahren wird eingestellt, soweit der Kläger die Klage zurückgenommen hat. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 2.794,45 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 9. November 2013 zu zahlen.

Referenzen

(1) Verletzt ein Beamter vorsätzlich oder fahrlässig die ihm einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht, so hat er dem Dritten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Fällt dem Beamten nur Fahrlässigkeit zur Last, so kann er nur dann in Anspruch genommen werden, wenn der Verletzte nicht auf andere Weise Ersatz zu erlangen vermag.

(2) Verletzt ein Beamter bei dem Urteil in einer Rechtssache seine Amtspflicht, so ist er für den daraus entstehenden Schaden nur dann verantwortlich, wenn die Pflichtverletzung in einer Straftat besteht. Auf eine pflichtwidrige Verweigerung oder Verzögerung der Ausübung des Amts findet diese Vorschrift keine Anwendung.

(3) Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der Verletzte vorsätzlich oder fahrlässig unterlassen hat, den Schaden durch Gebrauch eines Rechtsmittels abzuwenden.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
III ZR 225/03
Verkündet am:
4. März 2004
K i e f e r
Justizangestellter
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Zur Verkehrssicherungspflicht für Straßenbäume (hier: Ursächlichkeit
einer unterlassenen Baumüberprüfung für einen durch das Abbrechen
eines Astes verursachten Verkehrsunfall).
BGH, Urteil vom 4. März 2004 - III ZR 225/03 - OLG Celle
LG Verden
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 4. März 2004 durch den Vorsitzenden Richter Schlick und die Richter
Dr. Wurm, Streck, Galke und Dr. Herrmann

für Recht erkannt:
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des 9. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Celle vom 25. Juni 2003 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten des Revisionsrechtszuges zu tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand


Der Pkw der Klägerin wurde am 26. August 2000 durch den herabstürzenden Ast eines Alleebaums (Pyramidenpappel) beschädigt. Die Klägerin wirft der beklagten Gemeinde vor, diese habe ihre Straßenverkehrssicherungspflicht verletzt, indem sie es unterlassen habe, die Alleebäume hinreichend zu kontrollieren. Sie verlangt daher von der Gemeinde Ersatz des ihr entstandenen Schadens von 969,41
Die Klage ist in beiden Vorinstanzen erfolglos geblieben. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihre Forderung weiter.

Entscheidungsgründe


Die Revision ist nicht begründet.
1. Die Verfahrensrüge der Revision, in dem angefochtenen Urteil sei der Berufungsantrag der Klägerin nicht hinreichend deutlich wiedergegeben (§ 540 ZPO), ist vom Senat geprüft und für nicht durchgreifend erachtet worden; von einer weiteren Begründung wird abgesehen (§ 564 Satz 1 ZPO).
2. Die - in Niedersachsen hoheitlich ausgestaltete (§ 10 NStrG; vgl. auch Staudinger/Wurm, BGB, 13. Bearb. [2002] § 839 Rn. 668 f) - Straßenverkehrssicherungspflicht erstreckt sich auch auf den Schutz vor Gefahren durch Straßenbäume (Senatsurteil vom 21. Januar 1965 - III ZR 217/63 = NJW 1965, 815). Ihre Verletzung ist daher geeignet, Amtshaftungsansprüche (§ 839 BGB i.V.m. Art. 34 GG) zu begründen.

a) Die straßenverkehrssicherungspflichtige Gemeinde muß Bäume oder Teile von ihnen entfernen, die den Verkehr gefährden, insbesondere, wenn sie nicht mehr standsicher sind oder herabzustürzen drohen. Zwar stellt jeder Baum an einer Straße eine mögliche Gefahrenquelle dar, weil durch Naturereignisse sogar gesunde Bäume entwurzelt oder geknickt oder Teile von ihnen abgebrochen werden können. Andererseits ist die Erkrankung oder Vermorschung eines Baumes von außen nicht immer erkennbar; trotz starken Holzzerfalls können die Baumkronen noch völlig grün sein und äußere Krankheits-
zeichen fehlen. Ein verhältnismäßig schmaler Streifen unbeschädigten Kambiums genügt, um eine Baumkrone rundum grün zu halten. Das rechtfertigt aber nicht die Entfernung aller Bäume aus der Nähe von Straßen; denn der Verkehr muß gewisse Gefahren, die nicht durch menschliches Handeln entstehen, sondern auf Gegebenheiten oder Gewalten der Natur beruhen, als unvermeidbar hinnehmen. Eine schuldhafte Verletzung der Verkehrssicherungspflicht liegt in solchen Fällen nur dann vor, wenn Anzeichen verkannt oder übersehen worden sind, die nach der Erfahrung auf eine weitere Gefahr durch den Baum hinweisen (Senatsurteil aaO).

b) Aus diesen Grundsätzen wird in der Rechtsprechung der Oberlandesgerichte teilweise die Folgerung gezogen, daß eine sorgfältige äußere Gesundheits - und Zustandsprüfung regelmäßig zweimal im Jahr erforderlich ist, nämlich einmal im belaubten und einmal im unbelaubten Zustand (s. insbesondere OLG Düsseldorf VersR 1992, 467 und 1997, 463 f; OLG Hamm NJW-RR 2003, 968; OLG Brandenburg OLGR 2002, 411; s. auch das Muster einer Dienstanweisung zur Baumüberprüfung, BADK-Information, Sonderheft Haftungsrechtliche Organisation im Interesse der Schadenverhütung, 1997, S.58; vgl. Staudinger/Hager, BGB, 13. Bearb. 1999, § 823 Rn. E 149 m.w.N.).

c) Da hier nach den Feststellungen des Berufungsgerichts die letzte Kontrollüberprüfung spätestens im Herbst 1999, möglicherweise sogar aber schon im Frühjahr 1999 stattgefunden hatte, liegt es nahe, hier - in Übereinstimmung mit dem Berufungsgericht - eine Verletzung dieser Kontrollpflicht zu bejahen. Diese Frage bedarf indessen keiner abschließenden Entscheidung.
3. Der Amtshaftungsanspruch scheitert nämlich, wie das Berufungsgericht mit Recht ausgeführt hat, jedenfalls daran, daß die Klägerin die Ursächlichkeit einer etwaigen Pflichtverletzung für den eingetretenen Schaden nicht hat nachweisen können.

a) Darlegungs- und beweispflichtig ist insoweit der Anspruchsteller. Ihm obliegt daher auch der Nachweis, daß bei der zumutbaren Überwachung der Straßenbäume eine Schädigung entdeckt worden wäre (OLG Oldenburg VersR 1977, 845, 846). Wurden die Bäume nicht kontrolliert, so ist dies für das Schadensereignis nur dann kausal, wenn eine regelmäßige Besichtigung zur Entdeckung der Gefahr bzw. der Schädigung des Baumes hätte führen können (OLG Schleswig MDR 1995, 148; zum Ganzen: Staudinger/Hager aaO Rn. E 155).

b) Die Frage, ob und in welchem Umfang dem Geschädigten Beweiserleichterungen , etwa nach Art des Anscheinsbeweises, zugute kommen können (grundsätzlich verneinend: OLG Karlsruhe VersR 1994, 358; Staudinger/Hager aaO), bedarf nach den Besonderheiten des hier zu beurteilenden Sachverhalts keiner abschließenden Klärung. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs hat der durch eine Amtspflichtverletzung Geschädigte grundsätzlich auch den Beweis zu führen, daß ihm hierdurch ein Schaden entstanden ist. Wenn allerdings die Amtspflichtverletzung und der zeitlich nachfolgende Schaden feststehen, so kann der Geschädigte der öffentlichen Körperschaft den Nachweis überlassen, daß der Schaden nicht auf die Amtspflichtverletzung zurückzuführen ist. Dies gilt jedoch nur, wenn nach der Lebenserfahrung eine tatsächliche Vermutung oder eine tatsächliche Wahrscheinlichkeit für den ursächlichen Zusammenhang besteht; anderenfalls bleibt die Beweislast beim
Geschädigten (Senatsurteil vom 3. März 1983 - III ZR 34/82 - NJW 1983, 2241, 2242; Staudinger/Wurm aaO Rn.236 m.zahlr.w.N.). Eine solche überwiegende Wahrscheinlichkeit hat das Berufungsgericht hier mit Recht ausgeschlossen.
aa) Zwar hatte die Klägerin vorgetragen, die hier in Rede stehenden Alleepappeln stammten aus der Zeit von vor 1939 und hätten eine durchschnittliche Lebensdauer von 70 Jahren. Indessen ist in der Rechtsprechung bereits darauf hingewiesen worden, daß das Alter - und sogar eine Vorschädigung - eines Baumes für sich allein genommen nicht ohne weiteres eine gesteigerte Beobachtungspflicht des Verkehrssicherungspflichtigen erfordern (OLG Stuttgart VersR 1994, 359). Der im ersten Rechtszug vernommene Zeuge S., der für die Beklagte als Baumpfleger tätig war und damit über eine gewisse Sachkunde verfügte, hat anhand der von der Klägerin zu den Akten gereichten Fotos der Unfallstelle, die den abgebrochenen Ast zeigen, bekundet, dieser sei belaubt gewesen und wäre auch bei einer durchgeführten Kontrolle nicht beseitigt worden. Daraus hat das Berufungsgericht in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender tatrichterlicher Würdigung gefolgert, es sei überwiegend unwahrscheinlich, daß der Ast bei einer - unterstellten - ordnungsgemäßen Kontrolle im Frühjahr 2000 als ein solcher aufgefallen wäre, der zu besonderen Sicherungsmaßnahmen Anlaß gegeben hätte. Insbesondere waren auch sonstige Krankheitszeichen, etwa am Stamm, die schon seit längerem hätten beobachtet werden können, nicht behauptet und auch nicht sonst erkennbar.
bb) Vielmehr kam als besonders naheliegende Schadensursache in Betracht , daß der Ast infolge eines zum Unfallzeitpunkt herrschenden Sturmes abgebrochen ist. Beide Vorinstanzen sind nach dem damaligen Sach- und Streitstand von einem solchen Sturm ausgegangen; die dagegen erhobene
Verfahrensrüge der Revision greift nicht durch: In der Klageschrift hatte die Klägerin keine Angaben zu den Witterungsverhältnissen gemacht. Die Beklagte hatte schon in der Klageerwiderung nicht nur einen Sturm behauptet, sondern daraus unter Anführung von Rechtsprechung haftungsrechtlich entlastende Folgerungen für sich gezogen. Die Klägerin war darauf nicht weiter eingegangen ; übergangenen Sachvortrag vermag auch die Revision nicht aufzuzeigen. Dementsprechend hatte schon das Landgericht nach § 138 Abs. 3 ZPO in den unstreitigen Tatbestand aufgenommen, daß Sturm herrschte, und in den Entscheidungsgründen festgestellt, daß der Ast gesund war und auch ohne regelmäßige Sichtkontrollen (gemeint ist: bei regelmäßigen Sichtkontrollen) aufgrund des starken Windes abgefallen wäre. Ein Tatbestandsberichtigungsantrag ist von der Klägerin nicht gestellt worden und hätte auch keine Aussicht auf Erfolg gehabt. Die Verfahrensrüge der Revision, das Berufungsgericht hätte diese Feststellungen seiner Verhandlung und Entscheidung nicht zugrunde legen dürfen (§ 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO), greift, wie der Senat geprüft hat, nicht durch; von einer näheren Begründung wird auch hier abgesehen (§ 564 Satz 1 ZPO). Da es der Klägerin nicht gelungen ist, diese vorrangige Schadensursache auszuräumen, ist ihre Amtshaftungsklage mit Recht abgewiesen worden.
Schlick Wurm Streck Galke Herrmann