Bundesgerichtshof Urteil, 24. Mai 2006 - IV ZR 203/03

bei uns veröffentlicht am24.05.2006
vorgehend
Landgericht Paderborn, 2 O 337/00, 06.12.2002
Oberlandesgericht Hamm, 20 U 29/03, 13.06.2003

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IV ZR 203/03 Verkündetam:
24.Mai2006
Heinekamp,
Justizhauptsekretär
alsUrkundsbeamter
derGeschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
_____________________
AUB 94 § 7 I (2); BGB § 305c Abs. 2
Die in der Gliedertaxe (§ 7 I (2) a) AUB 94) enthaltene Wendung
"... Funktionsunfähigkeit eines Armes im Schultergelenk ..." ist unklar (§ 305c
Abs. 2 BGB).
BGH, Urteil vom 24. Mai 2006 - IV ZR 203/03 - OLG Hamm
LG Paderborn
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch die Richter
Seiffert, Dr. Wolst, Wendt, die Richterin Dr. Kessal-Wulf und den Richter
Felsch auf die mündliche Verhandlung vom 24. Mai 2006

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 20. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 13. Juni 2003 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zu seinem Nachteil erkannt worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Kläger nimmt die Beklagte auf Invaliditätsleistungen aus einer bei ihr bestehenden Unfallversicherung in Anspruch. Vereinbart sind unter anderem eine Kapitalleistung von bis zu 200.000 DM sowie zusätzlich eine lebenslange monatliche Unfallrente von 2.000 DM. Dem Vertrag liegen die Allgemeinen Unfallversicherungs-Bedingungen (AUB 94) der Beklagten zugrunde, die hinsichtlich der Kapitalleistung wortgleich mit den bei Prölss/Martin, VVG 27. Aufl. S. 2505 ff. abgedruckten AUB 94 in § 7 I AUB 94 unter anderem bestimmen: "(2) Die Höhe der Leistung richtet sich nach dem Grad der Invalidität.
a) Als feste Invaliditätsgrade gelten - unter Ausschluss des Nachweises einer höheren oder geringeren Invalidität - bei Verlust oder Funktionsunfähigkeit einesArmesimSchultergelenk 70% eines Armes bis oberhalb des Ellenbogengelenks 65% eines Armes unterhalb des Ellenbogengelenks 60% einerHandimHandgelenk 55% einesDaumens 20% einesZeigefingers 10% einesanderenFingers 5% eines Beines über der Mitte des Oberschenkels 70% eines Beines bis zur Mitte des Oberschenkels 60% eines Beines bis unterhalb des Knies 50% eines Beines bis zur Mitte des Unterschenkels 45% einesFußesimFußgelenk 40% einergroßenZehe 5% eineranderenZehe 2% …
b) Bei Teilverlust oder Funktionsbeeinträchtigung eines dieser Körperteile oder Sinnesorgane wird der entsprechende Teil des Prozentsatzes nach a) angenommen. …"
2
Nach den § 7 I AUB 94 erweiternden Besonderen Bedingungen für die Unfallversicherung mit Unfall-Rente (UBB 809) wird die Rente gezahlt , wenn der nach § 7 I (2) und (3) AUB 94 zu bemessende Grad der Invalidität mindestens 50% beträgt.

3
Der Kläger, der als Waldarbeiter tätig war, wurde bei Baumfällarbeiten am 28. November 1997 vom Stamm eines umstürzenden Baumes auf der linken Körperseite getroffen. Er erlitt unter anderem folgende Verletzungen: Schulterblattbruch, Riss der Achselarterie, Armplexusschädigung , stumpfes Thoraxtrauma mit Rippenbrüchen und einen Oberschenkelbruch im Bereich der Hüfte.
4
Die von der Beklagten eingeholten Gutachten ergaben eine Funktionsbeeinträchtigung des linken Armes von 3/7 und des linken Beines von 1/30 (Invaliditätsgrad nach § 7 I (2) AUB 94 30% bzw. 2,33%). Die Beklagte zahlte an den Kläger nach einem Invaliditätsgrad von 32,334% insgesamt einen Kapitalbetrag von 64.668 DM. Die Leistung einer Unfallrente lehnte sie ab, weil der Invaliditätsgrad 50% nicht erreiche.
5
Der Kläger hat einen Gesamtinvaliditätsgrad von 60% bis 70% behauptet und - von 70% ausgehend - einen restlichen Kapitalbetrag von 75.332 DM sowie eine monatliche Rente von 2.000 DM ab dem 28. November 1997 eingeklagt.
6
Landgericht Das hat ein chirurgisches und ein neurologisches Fachgutachten eingeholt und diesen folgend eine Funktionsbeeinträchtigung des Armes von 2/3 und des Beines von 1/10 und dementsprechend einen Invaliditätsgrad von insgesamt 53,67% angenommen. Es hat die Beklagte unter Klagabweisung im Übrigen zur Zahlung eines weiteren Kapitalbetrages von 21.817,85 € sowie antragsgemäß zur Zahlung der Rente verurteilt.

7
die Auf Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht den Kapitalbetrag auf 9.884,29 € herabgesetzt und die weitergehende Klage einschließlich des Rentenanspruchs abgewiesen. Mit seiner Revision erstrebt der Kläger die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.

Entscheidungsgründe:


8
Die Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Oberlandesgericht.
9
I. Das Berufungsgericht hat nach Anhörung der Sachverständigen eine Gesamtinvalidität von 42% angenommen (linker Arm: 1/2 von 70% = 35%, linkes Bein: 1/10 von 70% = 7%). Die vom Landgericht abweichende geringere Funktionsbeeinträchtigung des Armes hat das Berufungsgericht wie folgt begründet:
10
Der Schultergürtelbereich sei praktisch funktionsunfähig, weil der Kläger die Schulter und den Oberarm nicht mehr bewegen und gebrauchen könne. Der Unterarm und die Hand könnten jedoch mit Einschränkungen für die wesentlichen Funktionen noch eingesetzt werden. Die Gerichtssachverständigen gingen unter Berücksichtigung der oberen Armplexusschädigung und der noch vorhandenen Funktionsfähigkeit des Unterarmes und der Hand von einer als Obergrenze bezeichneten Funktionsbeeinträchtigung des Armes von etwas weniger als 3/4 aus, die Privatsachverständigen der Beklagten dagegen im Hinblick auf die Unterarm - und Handfunktionen nur von 3/7 bzw. 1/2. Unter Abwägung sämtli- cher Gesichtspunkte, insbesondere der nach der Gliedertaxe mit 55% hoch bewerteten Hand, sei auch unter Berücksichtigung bestehender Schmerz- und Kribbelempfindungen die Annahme eines hälftigen Armwertes gerechtfertigt.
11
II. Dieser Beurteilung ist nicht zu folgen. Ihr liegt ein rechtlich fehlerhaftes Verständnis der Gliedertaxe des § 7 I (2) a und b AUB 94 zugrunde.
12
1. a) Die Gliedertaxe bestimmt in § 7 I (2) a AUB 94 nach einem abstrakten und generellen Maßstab feste Invaliditätsgrade bei Verlust oder - dem Verlust gleichgestellt - Funktionsunfähigkeit der mit ihr benannten Glieder. Gleiches gilt bei Verlust oder Funktionsunfähigkeit eines durch die Gliedertaxe abgegrenzten Teilbereichs eines Gliedes (BGH, Urteil vom 17. Januar 2001 - IV ZR 32/00 - VersR 2001, 360 unter 2 a zu der gleichen Regelung in den AUB 88). Demgemäß beschreibt § 7 I (2) a AUB 94 abgegrenzte Teilbereiche eines Armes und Beines und ordnet jedem Teilbereich einen festen Invaliditätsgrad zu, der mit Rumpfnähe des Teilgliedes steigt. Die Gliedertaxe stellt damit für den Verlust und für die Funktionsunfähigkeit der in ihr genannten Gliedmaßen oder deren Teilbereiche durchgängig allein auf den Sitz der unfallbedingten Schädigung ab (BGH, Urteile vom 23. Januar 1991 - IV ZR 60/90 - VersR 1991, 413 und vom 17. Oktober 1990 - IV ZR 178/89 - VersR 1991, 57 unter 3 b, jeweils zu § 8 II (2) a und b AUB 61).
13
DiesesBewertungssystemist, wie sich aus den vorstehend angeführten Senatsentscheidungen ergibt, auch für die Entscheidung über den Invaliditätsgrad bei teilweisem Verlust oder teilweiser Gebrauchsunfähigkeit gemäß § 8 II (3) Satz 2 AUB 61 maßgebend, der insoweit auf § 8 II (2) AUB 61 verweist. Sachlich übereinstimmend damit wird nach § 7 I (2) b AUB 94 und AUB 88 bei Teilverlust oder Funktionsbeeinträchtigung der entsprechende Teil des Prozentsatzes nach Buchst. a angenommen.
14
b) Da das Berufungsgericht nicht hinreichend beachtet hat, dass es auf den Sitz der unfallbedingten Schädigung ankommt, hat es versäumt , der Frage näher nachzugehen, was unter Funktionsunfähigkeit des Armes im Schultergelenk zu verstehen ist.
15
aa) Die mit den AUB 94 und AUB 88 vereinbarten Gliedertaxen nehmen für den Fall des Verlustes oder - diesem gleichgestellt - der Funktionsunfähigkeit die Abgrenzung bestimmter Teilbereiche des Armes oder Beines unter anderem mit den Worten "eines Armes im Schultergelenk" , "einer Hand im Handgelenk" und "eines Fußes im Fußgelenk" vor. Diese Formulierungen sind unterschiedlicher Auslegung zugänglich, soweit es um die Funktionsunfähigkeit geht. Sie geben Anlass zu Zweifeln, ob damit allein auf das Gelenk abzustellen ist oder auf die Funktionsunfähigkeit des Gelenks unter Einbeziehung des körperfernen Gliedes oder Gliedteiles bis zum betroffenen Gelenk.
16
Die bb) Formulierung "Funktionsunfähigkeit … eines Fußes im Fußgelenk" in § 7 I (2) a AUB 88 hat der Senat dahin ausgelegt, dass bei vollständiger Funktionsunfähigkeit im Gelenk der Invaliditätsgrad von 40% nach der Gliedertaxe unverrückbar feststehe (Urteil vom 17. Januar 2001, aaO unter 2). Die Erwägung des damaligen Berufungsgerichts, wegen noch erhaltener Restfunktionen des Fußes könne nicht von vollständiger Funktionsunfähigkeit des Fußes ausgegangen werden, hat er für unerheblich gehalten. Nach der Gliedertaxe sei insoweit allein entscheidend , dass nach sachverständiger Beurteilung Funktionen des Fußes im Fußgelenk vollständig aufgehoben seien. Das Vorhandensein des Fußes unterhalb des Fußgelenks bleibe nach der Gliedertaxe unbeachtlich , da diese die Funktionsunfähigkeit eines Fußes im Fußgelenk dem Verlust gleichstelle.
17
cc) Zur Funktionsunfähigkeit einer Hand im Handgelenk im Sinne von § 7 I (2) a AUB 88 hat das Oberlandesgericht Hamm (VersR 2002, 747) unter Hinweis auf das Senatsurteil vom 17. Januar 2001 (aaO) entschieden , die Bestimmung sei eindeutig dahin auszulegen, dass es allein auf die Funktionsunfähigkeit im Gelenk ankomme und nicht auf die Funktionsunfähigkeit des Teilgliedes Hand. Ob die Hand noch vorhanden sei und ob bzw. welche Funktionen erhalten geblieben seien, sei unerheblich. Gegen die Ansicht des Oberlandesgerichts Hamm und für die Bewertung der Funktionsunfähigkeit der Hand insgesamt haben sich Knappmann (VersR 2003, 430) und das Oberlandesgericht Frankfurt am Main (VersR 2003, 495) ausgesprochen.
18
Der Senat hat die Revision gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Hamm zurückgewiesen (Urteil vom 9. Juli 2003 - IV ZR 74/02 - VersR 2003, 1163). Er hat seine Entscheidung jedoch nicht - wie das Oberlandesgericht - auf eine eindeutige Auslegung der Bestimmung gestützt. Unter Berücksichtigung der beachtlichen Gegenargumente ist der Senat zu dem Ergebnis gelangt, dass die in der Gliedertaxe gebrauchte Wendung "als feste Invaliditätsgrade gelten … bei Verlust oder Funkti- onsunfähigkeit … einer Hand im Handgelenk 55%" nicht eindeutig ist, beide Auslegungen vertretbar sind, die sich aus der mehrdeutigen Formulierung "Hand im Handgelenk" ergebenden Zweifel sich aus der Sicht des um Verständnis bemühten Versicherungsnehmers nicht überwinden lassen und deshalb nach §§ 5 AGBG, 305c Abs. 2 BGB von der für den Versicherungsnehmer günstigeren Auslegung auszugehen ist.
19
Für dd) die Funktionsunfähigkeit eines Armes im Schultergelenk führt die Auslegung aus den im Senatsurteil vom 9. Juli 2003 im Einzelnen dargelegten Erwägungen (aaO unter II 2) zu demselben Ergebnis (ebenso OLG Karlsruhe VersR 2006, 104; a.A. OLG Bamberg r+s 2003, 380 und OLG Frankfurt am Main VersR 2002, 560). Soweit dem Umstand , dass der Senat die Annahme der Revision gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main (aaO) durch (nicht begründeten) Beschluss abgelehnt hat, etwas anderes entnommen werden könnte (Knappmann, aaO S. 431 und in Prölss/Martin, VVG 27. Aufl. § 7 AUB 94 Rdn. 24), wird daran nicht festgehalten.
20
der Da Versicherungsnehmer die Formulierung "eines Armes im Schultergelenk" auch so verstehen kann, dass auf die (volle oder teilweise ) Funktionsunfähigkeit im Gelenk selbst abzustellen ist und nicht auf die Funktionsunfähigkeit des Armes insgesamt, ist nach §§ 5 AGBG, 305c Abs. 2 BGB diese ihm günstigere Auslegung maßgebend.
21
2. Unter diesem rechtlichen Gesichtspunkt ist der Invaliditätsgrad in den Tatsacheninstanzen bisher nicht beurteilt worden. Damit dies nachgeholt werden kann und die Parteien sich dazu äußern können, ist die Sache zurückzuverweisen. Der Maßstab für die Bemessung des Inva- liditätsgrades ergibt sich, wie das Berufungsgericht richtig gesehen hat und die Revision verkennt, aus § 287 ZPO und nicht aus § 286 ZPO (vgl. Senatsurteil vom 12. November 1997 - IV ZR 191/96 - r+s 1998, 80 unter 4; Knappmann in Prölss/Martin, aaO Rdn. 5). Die Revision weist allerdings mit Recht darauf hin, dass das Berufungsgericht, soweit es von der Einschätzung der gerichtlichen Sachverständigen abweicht, seine eigene Sachkunde nicht dargelegt hat. Die bisherige Beurteilung der Sachverständigen , auch der Privatsachverständigen der Beklagten, deutet darauf hin, dass der Arm des Klägers im Schultergelenk völlig funktionsunfähig ist.
Seiffert Dr. Wolst Wendt Dr. Kessal-Wulf Felsch
Vorinstanzen:
LG Paderborn, Entscheidung vom 06.12.2002 - 2 O 337/00 -
OLG Hamm, Entscheidung vom 13.06.2003 - 20 U 29/03 -

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Urteil, 24. Mai 2006 - IV ZR 203/03

Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Urteil, 24. Mai 2006 - IV ZR 203/03

Referenzen - Gesetze

Zivilprozessordnung - ZPO | § 287 Schadensermittlung; Höhe der Forderung


(1) Ist unter den Parteien streitig, ob ein Schaden entstanden sei und wie hoch sich der Schaden oder ein zu ersetzendes Interesse belaufe, so entscheidet hierüber das Gericht unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung. Ob und inwieweit e

Zivilprozessordnung - ZPO | § 286 Freie Beweiswürdigung


(1) Das Gericht hat unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei.

Gesetz über den Versicherungsvertrag


Versicherungsvertragsgesetz - VVG

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 305c Überraschende und mehrdeutige Klauseln


(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die nach den Umständen, insbesondere nach dem äußeren Erscheinungsbild des Vertrags, so ungewöhnlich sind, dass der Vertragspartner des Verwenders mit ihnen nicht zu rechnen braucht, werden nicht
Bundesgerichtshof Urteil, 24. Mai 2006 - IV ZR 203/03 zitiert 5 §§.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 287 Schadensermittlung; Höhe der Forderung


(1) Ist unter den Parteien streitig, ob ein Schaden entstanden sei und wie hoch sich der Schaden oder ein zu ersetzendes Interesse belaufe, so entscheidet hierüber das Gericht unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung. Ob und inwieweit e

Zivilprozessordnung - ZPO | § 286 Freie Beweiswürdigung


(1) Das Gericht hat unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei.

Gesetz über den Versicherungsvertrag


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(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die nach den Umständen, insbesondere nach dem äußeren Erscheinungsbild des Vertrags, so ungewöhnlich sind, dass der Vertragspartner des Verwenders mit ihnen nicht zu rechnen braucht, werden nicht Vertragsbestandteil.

(2) Zweifel bei der Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen gehen zu Lasten des Verwenders.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IV ZR 74/02 Verkündet am:
9. Juli 2003
Heinekamp
Justizobersekretär
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
_____________________
AUB 88 § 7 I (2) a; AGBG § 5; BGB § 305c Abs. 2
Die in der Gliedertaxe (§ 7 I (2) a AUB 88) enthaltene Wendung "... Funktionsunfähigkeit
... einer Hand im Handgelenk ..." ist unklar (§§ 5 AGBG, 305c Abs. 2 BGB).
BGH, Urteil vom 9. Juli 2003 - IV ZR 74/02 - OLG Hamm
LG Essen
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch den Vorsitzenden
Richter Terno, den Richter Dr. Schlichting, die Richterin
Ambrosius und die Richter Wendt und Felsch auf die mündliche Ver-
handlung vom 9. Juli 2003

für Recht erkannt:
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des 20. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 7. November 2001 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der Kläger verlangt von der Beklagten, bei der er eine private Unfallversicherung unterhält, eine höhere Invaliditätsentschädigung als bereits bezahlt. Die Parteien streiten um die richtige Bemessung des Invaliditätsgrades und hierbei insbesondere darum, wie der in den Versicherungsbedingungen enthaltene Begriff der "Funktionsunfähigkeit einer Hand im Handgelenk" auszulegen ist.
Der Kläger erlitt durch einen Unfall einen Trümmerbruch der Speiche des linken Armes, mit Gelenkflächenbeteiligung und Schädigung der distalen Handwurzelknochen. Wegen fortdauernder Schmerzen mußte eine künstliche Versteifung des Handgelenks vorgenommen werden.

Einzelne Funktionen der Hand wie Tasten, Fühlen, Bewegen und die Beweglichkeit der Finger sind erhalten geblieben, so daß die Hand für den Kläger nicht vollständig nutzlos, sondern weiterhin teilweise gebrauchsfähig ist.
In der sogenannten Gliedertaxe der dem Versicherungsvertrag zugrunde liegenden Allgemeinen Unfallversicherungsbedingungen (§ 7 I (2) a und b AUB 88) heißt es hierzu u.a.:
"(2) Die Höhe der Leistung richtet sich nach dem Grad der Invalidität.
a) Als feste Invaliditätsgrade gelten - unter Ausschluß des Nachweises einer höheren oder geringeren Invalidität - bei Verlust oder Funktionsunfähigkeit eines Armes im Schultergelenk 70 Prozent eines Armes bis oberhalb des Ellbogengelenks 65 Prozent eines Armes unterhalb des Ellbogengelenks 60 Prozent einer Hand im Handgelenk 55 Prozent. eines Daumens 20 Prozent eines Zeigefingers 10 Prozent eines anderen Fingers 5 Prozent ... eines Fußes im Fußgelenk 40 Prozent
b) Bei Teilverlust oder Funktionsbeeinträchtigung eines dieser Körperteile oder Sinnesorgane wird der entsprechende Teil des Prozentsatzes nach a) angenommen." Der Kläger meint, der Grad seiner Invalidität sei nach der Funktionsbeeinträchtigung seiner Hand und des Handgelenks zu bemessen, die mindestens 80% betrage, so daß sein Invaliditätsgrad mit (80% von 55% =) 44% anzusetzen sei. Auf dieser Basis steht ihm unstreitig eine

Entschädigung von 216.480 DM zu, von der nach Abzug des von der Beklagten bereits geleisteten Betrages noch die mit der Klage geltend gemachten 126.720 DM offenstehen. Die Beklagte vertritt demgegenüber den Standpunkt, daß es auf die Funktionsbeeinträchtigung des ganzen Armes ankomme, die 2/5 betrage. Dementsprechend hat die Beklagte auf der Basis eines Invaliditätsgrades von (2/5 von 70% =) 28% abgerechnet und gezahlt.
Das Landgericht hat auf die Funktionsbeeinträchtigung des Armes abgestellt und die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Berufungsgericht die Beklagte zur Zahlung der begehrten weiteren Entschädigung mit Ausnahme eines Teils der verlangten Zinsen verurteilt. Mit der Revision erstrebt die Beklagte die Wiederherstellung des klageabweisenden landgerichtlichen Urteils.

Entscheidungsgründe:


Die Revision ist nicht begründet. Dem Kläger steht die verlangte weitere Invaliditätsentschädigung zu.
I. Das Berufungsgericht hat zunächst ausgeführt, daß es nicht auf die Funktionsbeeinträchtigung des Armes ankomme. Wegen des abstrakten und generellen Maßstabs der Gliedertaxe, die feste Invaliditätsgrade für die in ihr benannten Glieder bestimme, dürfe bei vollständiger Funktionsunfähigkeit des Teilgliedes Hand im Handgelenk der Invaliditätsgrad nicht unter Rückgriff auf die Auswirkungen auf das Restglied ge-

ringer angesetzt werden. Des weiteren hat das Berufungsgericht wegen des seiner Ansicht nach eindeutigen Wortlauts des Begriffs "Funktions- unfähigkeit der Hand im Handgelenk" angenommen, daß es auf die Funktionsunfähigkeit der Hand gerade im Handgelenk und nicht auf die Funktionsunfähigkeit des Teilgliedes Hand ankomme. Bei einer kompletten Versteifung des Handgelenks, wie sie beim Kläger vorliege, sei es deshalb unerheblich, ob das Teilglied Hand noch vorhanden und funktionsfähig sei.
II. Diese Ausführungen halten der revisionsrechtlichen Nachprüfung im Ergebnis stand.
1. Zu Recht und mit zutreffender Begründung hat das Berufungsgericht die Ausstrahlungen der Funktionsbeeinträchtigung der Hand im Handgelenk auf den ganzen Arm für unbeachtlich erklärt und deshalb nicht den Armwert angewandt (vgl. Senatsurteile vom 30. Mai 1990 - IV ZR 143/89 - VersR 1990, 964 unter 2 a; vom 17. Oktober 1990 - IV ZR 178/89 - VersR 1991, 57 unter 3 b; vom 23. Januar 1991 - IV ZR 60/91 - VersR 1991, 413; vom 17. Januar 2001 - IV ZR 32/00 - VersR 2001, 360 unter 2 a).
2. Im Ergebnis ebenfalls zu Recht hat das Berufungsgericht entschieden , daß "Funktionsunfähigkeit einer Hand im Handgelenk" vorliegt, wenn nur das Handgelenk funktionsunfähig ist. Dies ergibt sich aus der Unklarheitenregel der §§ 5 AGBG, 305c Abs. 2 BGB, wonach Zweifel bei der Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen zu Lasten des Verwenders gehen.


a) Versicherungsbedingungen sind Allgemeine Geschäftsbedingungen und unterliegen daher dem AGBG bzw. den §§ 305 ff. BGB mitsamt der Unklarheitenregel.

b) Die Unklarheitenregel würde nicht eingreifen, wenn, wie das Berufungsgericht meint, die Klausel eindeutig und damit gar nicht auslegungsbedürftig wäre (vgl. Palandt/Heinrichs, BGB 62. Aufl. § 305c Rdn. 18; BGH, Urteil vom 20. Oktober 1992 - X ZR 74/91 - NJW 1993, 657 unter II 2). Die in der Gliedertaxe gebrauchte Wendung "als feste Invaliditätsgrade gelten ... bei Verlust oder Funktionsunfähigkeit einer ... Hand im Handgelenk 55%" ist indessen nicht eindeutig. Der Wortlaut weist zwar einerseits auf einen im Handgelenk lokalisierten Verlust, eine dort lokalisierte Funktionsunfähigkeit hin, er läßt aber wegen der Gleichstellung von Verlust und Funktionsunfähigkeit dennoch Zweifel zu, ob es für die Funktionsunfähigkeit nicht auch auf die Hand bis zum Handgelenk ankommen soll.

c) Die demnach erforderliche Auslegung vermag diese Zweifel nicht zu beheben. Es sind vielmehr die Voraussetzungen der Unklarheitenregel gegeben: Die Auslegung führt zu dem Ergebnis, daß die Klausel nach dem Wortlaut unter Berücksichtigung ihres nach verständiger Würdigung zu ermittelnden Sinnes und Zwecks objektiv mehrdeutig ist. Die Mehrdeutigkeit kann auch nicht beseitigt werden, und es bleiben nach Ausschöpfung der in Betracht kommenden Auslegungsmethoden mindestens zwei unterschiedliche Auslegungen vertretbar (BGHZ 112, 65, 68 f.).

(1) Versicherungsbedingungen sind so auszulegen, wie sie ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs verstehen muß. Dabei kommt es auf die Verständnismöglichkeiten eines Versicherungsnehmers ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse an (BGHZ 123, 83, 85). Es ist nicht maßgeblich, was sich der Verwender der Bedingungen bei ihrer Abfassung vorgestellt hat. Die Entstehungsgeschichte der Bedingungen, die der Versicherungsnehmer typischerweise nicht kennt, hat bei der Auslegung außer Betracht zu bleiben (BGH, Urteil vom 17. Mai 2000 - IV ZR 113/99 - VersR 2000, 1090 unter 2 a).
(2) Die vom Berufungsgericht erwogene Auslegung ist möglich.
Die Wortwahl "Hand im Handgelenk" kann den Versicherungsnehmer , der die Bedeutung der Formulierung "im Gelenk" zu erschließen sucht, zu einem Verständnis führen, daß auf die Funktionsunfähigkeit des Gelenks selbst und nicht auf die Funktionsunfähigkeit des Teilgliedes Hand abzustellen ist. In diesem Verständnis kann sich der Versicherungsnehmer insbesondere dadurch bestätigt sehen, daß die Gliedertaxe Teilbereiche eines Gliedes - so des Armes - auch mit Wendungen beschreibt wie "eines Armes bis" (oberhalb des Ellbogengelenks - unterhalb des Ellbogengelenks); Entsprechendes gilt für Teilbereiche des Beines. Wenn einerseits mit der Wendung "bis" ausdrücklich Gliedabschnitte beschrieben werden, deutet im Gegensatz dazu die Wendung "im" auf eine Lokalisierung der Funktionsunfähigkeit gerade im Gelenk selbst hin. Liegt also vollständige Funktionsunfähigkeit des Handgelenks durch dessen Versteifung vor, kann der Versicherungsnehmer die Glie-

dertaxe dahin verstehen, daß allein deshalb ein Invaliditätsgrad von 55% zugrunde zu legen ist. Selbst wenn trotz der Funktionsunfähigkeit des Handgelenks die Hand selbst noch teilweise funktionsfähig geblieben sein sollte, muß das den Versicherungsnehmer nicht notwendig zu einer anderen Einschätzung führen. Denn er darf auch berücksichtigen, daß es in § 7 I (2) a AUB 88 einleitend heißt: "Als feste Invaliditätsgrade gelten - unter Ausschluß des Nachweises einer höheren oder geringeren Invalidität...". Zwar erkennt der Versicherungsnehmer auch, daß der Verlust einer Hand im Handgelenk der Funktionsunfähigkeit im Gelenk bei verbleibender Teilfunktionsfähigkeit der Hand in seinen Auswirkungen nicht gleichstehen muß, gleichwohl aber der gleiche Invaliditätsgrad - also eine gleich hohe Entschädigung - in Betracht kommt. Der Versicherungsnehmer kann das auf die mit der Gliedertaxe vorgenommene pauschalisierende Bewertung des Invaliditätsgrades zurückführen, deren versicherungswirtschaftliche oder medizinische Rechtfertigung sich ihm ohnehin nicht erschließt. Das gilt auch und gerade mit Blick auf die Gleichstellung von Verlust und Funktionsunfähigkeit von Gliedern oder Gliedteilbereichen.
(3) Auf der anderen Seite ist aber auch eine Auslegung dahin möglich, daß "Funktionsunfähigkeit einer Hand im Handgelenk" ihrerseits die Funktionsunfähigkeit der restlichen Hand voraussetzt (vgl. Knappmann , VersR 2003, 430, 431).
Das kann dem Versicherungsnehmer der Aufbau der Gliedertaxe nahelegen. Die Gliedertaxe sieht Abstufungen des Invaliditätsgrades - etwa des Armes - vor, nachdem der Invaliditätsgrad mit der Rumpfnähe der in der Gliedertaxe festgelegten Teilbereiche ansteigt. Diese Abstu-

fung trägt - dem Versicherungsnehmer erkennbar - den zunehmenden Auswirkungen des jeweiligen Teilgliedverlustes oder der Teilgliedfunktionsunfähigkeit auf die generelle Arbeitsfähigkeit des Menschen Rechnung. Liefert aber die Rumpfnähe des Teilgliedes den Bewertungsmaßstab , läßt sich die Wendung "Hand im Handgelenk" auch dahin verstehen , daß mit ihr - wie mit der Abgrenzung "bis zum" - nur die Grenze eines Gliedteilbereichs beschrieben wird, es also bei der Funktionsunfähigkeit auf die Hand insgesamt ankommt. Für ein solches Verständnis kann auch die Gleichbewertung von Verlust und Funktionsunfähigkeit einer Hand im Handgelenk sprechen. Sie läßt jedenfalls den Schluß zu, daß der Versicherer hier Sachverhalte gleichbehandeln wollte, die sich aus seiner Sicht hinsichtlich des versicherten Risikos gleichen.
(4) Beide Auslegungen sind vertretbar. Die sich aus der mehrdeutigen Formulierung "Hand im Handgelenk" ergebenden Zweifel lassen sich aus der Sicht des um Verständnis bemühten Versicherungsnehmers nicht überwinden. Diese Auslegungszweifel gehen gemäß §§ 5 AGBG, 305c Abs. 2 BGB zu Lasten des Verwenders; es ist deshalb von der für den Versicherungsnehmer günstigeren Auslegung auszugehen.
Soweit sich aus dem (nicht begründeten) Nichtannahmebeschluß des Senats vom 2. Oktober 2002 - IV ZR 222/01 - etwas anderes ergibt, hält der Senat daran nicht fest.

(5) Im vorliegenden Fall ist demgemäß bei der Bemessung der In- validität des Klägers allein darauf abzustellen, daß sein Handgelenk funktionsunfähig ist. Die Entscheidung des Berufungsgerichts erweist sich danach als im Ergebnis zutreffend.
Terno Richter am Bundesgerichtshof Ambrosius Dr. Schlichting ist wegen Urlaubs verhindert, seine Unterschrift beizufügen. Terno
Wendt Felsch

(1) Ist unter den Parteien streitig, ob ein Schaden entstanden sei und wie hoch sich der Schaden oder ein zu ersetzendes Interesse belaufe, so entscheidet hierüber das Gericht unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung. Ob und inwieweit eine beantragte Beweisaufnahme oder von Amts wegen die Begutachtung durch Sachverständige anzuordnen sei, bleibt dem Ermessen des Gerichts überlassen. Das Gericht kann den Beweisführer über den Schaden oder das Interesse vernehmen; die Vorschriften des § 452 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 bis 4 gelten entsprechend.

(2) Die Vorschriften des Absatzes 1 Satz 1, 2 sind bei vermögensrechtlichen Streitigkeiten auch in anderen Fällen entsprechend anzuwenden, soweit unter den Parteien die Höhe einer Forderung streitig ist und die vollständige Aufklärung aller hierfür maßgebenden Umstände mit Schwierigkeiten verbunden ist, die zu der Bedeutung des streitigen Teiles der Forderung in keinem Verhältnis stehen.

(1) Das Gericht hat unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.

(2) An gesetzliche Beweisregeln ist das Gericht nur in den durch dieses Gesetz bezeichneten Fällen gebunden.