Bundesgerichtshof Urteil, 04. Juli 2007 - IV ZR 31/06

bei uns veröffentlicht am04.07.2007
vorgehend
Landgericht Münster, 15 O 535/04, 20.01.2005
Oberlandesgericht Hamm, 20 U 54/05, 16.12.2005

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IV ZR 31/06 Verkündetam:
4.Juli2007
Heinekamp
Justizhauptsekretär
alsUrkundsbeamter
derGeschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Zur Wahrung der Frist des § 12 Abs. 3 VVG durch eine Feststellungsklage, die sich
gegen die Wirksamkeit einer vom Versicherer erklärten Arglistanfechtung als alleinigem
Grund der Leistungsablehnung richtet.
BGH, Urteil vom 4. Juli 2007 - IV ZR 31/06 - OLG Hamm
LG Münster
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch den Vorsitzenden
Richter Terno, die Richter Seiffert, Wendt, die Richterin
Dr. Kessal-Wulf und den Richter Felsch auf die mündliche Verhandlung
vom 4. Juli 2007

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 20. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 16. Dezember 2005 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Klägerin Die ist Versicherungsnehmerin einer zugunsten ihres Sohnes beim Beklagten gehaltenen Risiko-Lebensversicherung mit eingeschlossener Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung. Sie begehrt wegen der behaupteten Berufsunfähigkeit des Versicherten sowohl aus eigenem Recht als auch hilfsweise aus abgetretenem Recht des Sohnes für die Vergangenheit bis zum 31. August 2004 rückständige Rentenleistungen und die Rückzahlung von Beiträgen, ferner für die Zeit ab dem 1. September 2004 bis längstens zum 1. September 2038 die Feststel- lung, dass der Beklagte verpflichtet sei, bedingungsgemäße Leistungen aus der Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung zu erbringen.
2
DasvorgerichtlicheLeistungsbeg ehren der Klägerin hatte der Beklagte mit Schreiben vom 15. Oktober 2002 abgelehnt und sich dabei allein auf die Anfechtung seiner Annahmeerklärung wegen arglistiger Täuschung gestützt, weil die Klägerin im Versicherungsantrag Gesundheitsfragen unvollständig beantwortet, nämlich eine frühere psychotherapeutische Behandlung des Sohnes verschwiegen habe. Die Leistungsablehnung enthielt eine Fristsetzung nach § 12 Abs. 3 VVG und eine Belehrung über die Folgen der Fristversäumung.
3
Anwaltlich vertreten durch ihre Streithelfer erhob die Klägerin gegen den Beklagten am 2. April 2003 zunächst lediglich eine Klage auf Feststellung, dass die Anfechtung unwirksam sei und der Versicherungsvertrag fortbestehe. Diesem Feststellungsbegehren wurde in zweiter Instanz stattgegeben. Das Berufungsurteil vom 13. Februar 2004 ist inzwischen rechtskräftig.
4
Mit Anwaltsschreiben vom 5. März 2004 ließ die Klägerin den Beklagten unter Hinweis auf das vorgenannte Berufungsurteil auffordern, die bereits beantragten Versicherungsleistungen nunmehr unverzüglich zu erbringen. Der Beklagte lehnte dies mit Schreiben vom 10. März 2004 erneut ab und berief sich diesmal unter anderem auf den Ablauf der schon im Oktober 2002 gesetzten Frist nach § 12 Abs. 3 VVG. Er bestreitet inzwischen auch, dass der Sohn der Klägerin berufsunfähig ist.
5
Im Oktober 2004 hat die Klägerin erneut Klage erhoben, die in den Vorinstanzen erfolglos geblieben ist und deren bereits eingangs beschriebenes Begehren sie mit der Revision weiterverfolgt.

Entscheidungsgründe:


6
Revision Die führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
7
I. Nach dessen Auffassung scheitert die Klage - auch hinsichtlich künftiger Versicherungsleistungen aus dem hier behaupteten Versicherungsfall - am Ablauf der bereits im Leistungsablehnungsschreiben vom 15. Oktober 2002 gesetzten Frist des § 12 Abs. 3 VVG. Diese sei hier ungeachtet einer rechtlich unzutreffenden Klausel der Versicherungsbedingungen , wonach die Frist nur durch eine Klageerhebung gewahrt werden könne, wirksam in Lauf gesetzt worden, weil jedenfalls die im Leistungsablehnungsschreiben enthaltene Belehrung den gesetzlichen Anforderungen entsprochen habe. Mit ihrer allein gegen die Wirksamkeit der Arglistanfechtung gerichteten Feststellungsklage habe die Klägerin die Frist des § 12 Abs. 3 VVG nicht gewahrt. Denn im Unterschied zu einer fristwahrenden Teilklage sei die im Vorprozess angestrebte Feststellung nicht Teil des nunmehr geltend gemachten Leistungsbegehrens gewesen. Im Übrigen sei es dem Beklagten weder aus verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten noch nach Treu und Glauben verwehrt, sich auf den Fristablauf zu berufen. Im Vorprozess habe die Klägerin nicht unmissverständlich deutlich gemacht, dass es ihr letztlich um die gerichtliche Durchsetzung ihres Leistungsbegehrens gegangen sei. Denn es sei- en dort gerade keine Leistungsansprüche gerichtlich geltend gemacht worden. Auch der von der Klägerin seinerzeit angegebene Streitwert habe darauf nicht hingedeutet.
8
Soweit die Klägerin ihr Begehren erstmals in zweiter Instanz auch auf die Abtretung der Rechte ihres Sohnes gestützt hat, ist die darin liegende Klageänderung nicht zugelassen worden.
9
II. Das hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand, soweit das Berufungsgericht angenommen hat, die Frist des § 12 Abs. 3 VVG sei versäumt worden.
10
1. Ob der Beklagte die Frist wirksam in Lauf gesetzt hat und die im Schreiben vom 15. Oktober 2002 erteilte Belehrung angesichts des irreführenden Inhalts der Versicherungsbedingungen über die zulässige Form der gerichtlichen Geltendmachung ausreichend war, bedarf keiner Entscheidung. Denn jedenfalls hat die Klägerin die Frist mit ihrer im Vorprozess erhobenen, gegen die Wirksamkeit der Arglistanfechtung gerichteten Feststellungsklage gewahrt.
11
2. § 12 Abs. 3 VVG soll dem Zweck dienen, dem Versicherer möglichst schnell Klarheit darüber zu verschaffen, ob eine von ihm erklärte Leistungsablehnung Bestand haben wird oder der Versicherungsnehmer sich dagegen zur Wehr setzen will. Insoweit soll sowohl das Interesse des Versicherers an zeitnaher Sachaufklärung der für den Versicherungsfall maßgeblichen Tatsachen wie auch am Überblick über den wahren Stand seines Vermögens geschützt werden (vgl. Römer in Römer/ Langheid VVG 2. Aufl. § 12 Rdn. 32). Weil dem Versicherer damit ein Privileg eröffnet ist, das andere Schuldner nach der Rechtsordnung nicht haben (vgl. dazu Römer aaO), sieht die Rechtsprechung in § 12 Abs. 3 VVG seit langem eine allein im Interesse des Versicherers geschaffene Ausnahmevorschrift, die wegen dieses Ausnahmecharakters keiner ausdehnenden Auslegung zugänglich ist (BGH, Urteil vom 30. April 1981 - IVa ZR 92/80 - VersR 1981, 828 unter I 2). Ihr Zweck ist regelmäßig schon dann erfüllt, wenn der Versicherer aus einer Anrufung des Gerichts vor Fristablauf erkennen kann, dass der Versicherungsnehmer sich nicht mit der Leistungsablehnung abfinden, sondern auf seiner Forderung nach Versicherungsleistungen beharren will.
12
Senat Der hat es deshalb zur Fristwahrung ausreichen lassen, dass der Versicherungsnehmer erkennbar zunächst lediglich einen Teil seiner Forderung gerichtlich geltend macht. Dazu bedarf es nicht einmal einer ausdrücklichen Kennzeichnung des Klagebegehrens als Teilklage, sondern es genügt, wenn sich dies für den Versicherer aus den Gesamtumständen ergibt (vgl. zuletzt BGH, Urteile vom 19. September 2001 - IV ZR 224/00 - VersR 2001, 1497 unter II 3; 27. Juni 2001 - IV ZR 130/00 - VersR 2001, 1013 unter II 1; 13. Dezember 2000 - IV ZR 280/99 - VersR 2001, 326 unter II 1; Beschluss vom 22. September 2004 - IV ZR 274/03 - ZfS 2005, 82). Entscheidend ist demnach, was sich dem Versicherer aus dem prozessualen Vorgehen des Versicherungsnehmers hinsichtlich des abgelehnten Leistungsbegehrens erschließt.
13
Diese 3. Grundsätze sind entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts auf den vorliegenden Fall zu übertragen. Zwar trifft es zu, dass die von der Klägerin im Vorprozess erreichte Feststellung der Unwirksamkeit der Arglistanfechtung keinen Leistungsausspruch enthält und damit - formal gesehen - auch keinen Teil der nunmehr geforderten Versicherungsleistungen bilden kann. Auf diese rein prozessuale Betrachtung kommt es aber nicht entscheidend an. Ausschlaggebend ist vielmehr, dass der Beklagte - ebenso wie bei Erhebung einer Teilklage - aus der im Vorprozess erhobenen Feststellungsklage bereits ausreichend sicher erkennen konnte, dass sich die Klägerin nicht allein gegen die Wirksamkeit der Arglistanfechtung und die daraus folgende Nichtigkeit des Versicherungsvertrages, sondern letztlich auch gegen die Leistungsablehnung des Beklagten zur Wehr setzen wollte.
14
Das ergibt sich daraus, dass die schriftliche Leistungsablehnung hier allein auf die zugleich erklärte Arglistanfechtung gestützt war. Andere Gründe für eine Leistungsfreiheit des Beklagten waren danach für die Klägerin nicht ersichtlich. Wenn sie sich in dieser Situation innerhalb der ihr gesetzten Frist dazu entschloss, gerichtlich gegen die Wirksamkeit der Anfechtungserklärung vorzugehen, so war dies für den Beklagten bereits ein ausreichender Hinweis darauf, dass sie sich auch mit der Leistungsablehnung als Folge der Anfechtung nicht abfinden, also die Anfechtungswirkungen auch mit Blick auf ihr ursprüngliches Leistungsbegehren aus der Welt schaffen wollte. Zwar kann es im Einzelfall Sinn machen, dass ein Versicherungsnehmer lediglich sein Interesse am Fortbestehen des Versicherungsvertrages gerichtlich verfolgt und zugleich bereit ist, ein vom Versicherer abgelehntes Leistungsbegehren aufzugeben. Das wird man aber allenfalls dann annehmen können, wenn die Erfolgsaussichten des Leistungsbegehrens auch aus weiteren Gründen, vom Versicherer bereits geltend gemachten Gründen, fraglich erscheinen. Hängt hingegen die Leistungsablehnung des Versicherers nach dessen schriftlicher Erklärung allein von der Auseinandersetzung um den Bestand des Versicherungsvertrages ab, so kann der Versicherer aus einer auf den Fortbestand des Versicherungsverhältnisses zielenden Fest- stellungsklage des Versicherungsnehmers ebenso wie aus einer Klage auf lediglich einen Teil der beanspruchten Versicherungsleistungen erkennen , dass der Versicherungsnehmer nicht nur auf dem Vertrag, sondern auch seiner Erfüllung, also auch auf seinem Leistungsanspruch beharrt. Das gilt jedenfalls dann, wenn - wie hier - keine vernünftigen Gründe dafür erkennbar sind, weshalb der Versicherungsnehmer die Arglistanfechtung unter gleichzeitigem Verzicht auf sein Leistungsbegehren lediglich isoliert hätte bekämpfen wollen, und es stattdessen sehr nahe liegt, dass der Angriff auf die Anfechtung als rechtlichem Kern der Leistungsablehnung zugleich den Erhalt der Leistungsansprüche bezweckt.
Terno Seiffert Wendt Dr. Kessal-Wulf Felsch
Vorinstanzen:
LG Münster, Entscheidung vom 20.01.2005 - 15 O 535/04 -
OLG Hamm, Entscheidung vom 16.12.2005 - 20 U 54/05 -

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Urteil, 04. Juli 2007 - IV ZR 31/06

Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Urteil, 04. Juli 2007 - IV ZR 31/06

Referenzen - Gesetze

Gesetz über den Versicherungsvertrag


Versicherungsvertragsgesetz - VVG

Versicherungsvertragsgesetz - VVG 2008 | § 12 Versicherungsperiode


Als Versicherungsperiode gilt, falls nicht die Prämie nach kürzeren Zeitabschnitten bemessen ist, der Zeitraum eines Jahres.
Bundesgerichtshof Urteil, 04. Juli 2007 - IV ZR 31/06 zitiert 2 §§.

Gesetz über den Versicherungsvertrag


Versicherungsvertragsgesetz - VVG

Versicherungsvertragsgesetz - VVG 2008 | § 12 Versicherungsperiode


Als Versicherungsperiode gilt, falls nicht die Prämie nach kürzeren Zeitabschnitten bemessen ist, der Zeitraum eines Jahres.

Referenzen - Urteile

Bundesgerichtshof Urteil, 04. Juli 2007 - IV ZR 31/06 zitiert oder wird zitiert von 3 Urteil(en).

Bundesgerichtshof Urteil, 04. Juli 2007 - IV ZR 31/06 zitiert 2 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesgerichtshof Beschluss, 22. Sept. 2004 - IV ZR 274/03

bei uns veröffentlicht am 22.09.2004

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS IV ZR 274/03 vom 22. September 2004 in dem Rechtsstreit Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 22. September 2004 durch den Vorsitzenden Richter Terno und die Richter Dr. Schlichting , Seiffert, Wendt und Fel

Bundesgerichtshof Urteil, 19. Sept. 2001 - IV ZR 224/00

bei uns veröffentlicht am 19.09.2001

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL IV ZR 224/00 Verkündet am: 19. September 2001 Heinekamp Justizobersekretär als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein _________
1 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Bundesgerichtshof Urteil, 04. Juli 2007 - IV ZR 31/06.

Oberlandesgericht Düsseldorf Urteil, 28. Jan. 2014 - I-4 U 182/09

bei uns veröffentlicht am 28.01.2014

Tenor Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Düsseldorf vom 06.10.2009 (11 O 504/05) wird zurückgewiesen.Die Kosten des Berufungsverfahrens hat der Kläger zu tragen.Dieses und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar.

Referenzen

Als Versicherungsperiode gilt, falls nicht die Prämie nach kürzeren Zeitabschnitten bemessen ist, der Zeitraum eines Jahres.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IV ZR 224/00 Verkündet am:
19. September 2001
Heinekamp
Justizobersekretär
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
_____________________
Eine Belehrung nach § 12 Abs. 3 VVG, die den Hinweis auf "Leistungsfreiheit aufgrund
eingetretener Verjährung" enthält, ist geeignet den Versicherungsnehmer irrezuführen
; sie ist deshalb unwirksam.
BGH, Urteil vom 19. September 2001 - IV ZR 224/00 - OLG Hamburg
LG Hamburg
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch den Vorsitzenden
Richter Terno, die Richter Dr. Schlichting und Seiffert, die Richterin
Dr. Kessal-Wulf und den Richter Felsch auf die mündliche Verhandlung
vom 19. September 2001

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 9. Zivilsenats des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg vom 18. Juli 2000 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten des Revisionsverfahrens , an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Klägerin nimmt die Beklagte aus einer Elektronik-Pauschalversicherung in Anpruch, die neben einer Sachversicherung eine Daten-/Datenträgerversicherung und eine Betriebsunterbrechungsversicherung umfaßt. Dem Versicherungsvertrag liegen die Allgemeinen Versicherungsbedingungen für Fernmelde- und sonstige elektrotechnische Anlagen (AVFE 76, Fassung Dezember 1986, VerBAV 1986, 381, 433) und Zusatzbedingungen der Beklagten für die Elektronik-

Pauschalversicherung für Büro-, Verwaltungs-, Handels- und Gewerbebetriebe (ZEPV) zugrunde.
Am 2. Februar 1996 kam es zu einem Brand in den Geschäftsräumen der Klägerin. Diese meldete der Beklagten mit Schadensanzeige vom 6. Februar 1996 einen Totalschaden an den versicherten Geräten. Mit Schreiben vom 10. April 1996 lehnte die Beklagte Versicherungsleistungen ab und forderte einen bereits gezahlten Vorschuß zurück, weil die Klägerin nach Eintritt des Versicherungsfalles an den Geräten manipuliert und sie als Versicherer über den Umfang des eingetretenen Schadens getäuscht habe. Das Schreiben endet: "Wir machen darauf aufmerksam, daß ein Anspruch auf Entschädigung innerhalb einer Frist von sechs Monaten gerichtlich geltend gemacht werden muß, anderenfalls tritt nach Ablauf der Frist Leistungsfreiheit aufgrund eingetretener Verjährung ein. Im einzelnen verweisen wir hierzu auf § 12 Abs. 3 des Versicherungsvertragsgesetzes." Noch im April 1996 machte die Klägerin die Kosten für die Neuanschaffung der zerstörten Geräte gerichtlich geltend und beantragte darüber hinaus die Feststellung, daß die Beklagte den Vorschuß nicht zurückverlangen könne sowie ihr den weitergehenden Schaden aus dem Versicherungsfall auf Neuwertbasis zu ersetzen habe. Der Rechtsstreit endete im Juni 1997 durch Vergleich. Die Beklagte verpflichtete sich darin, einen weiteren Betrag auf den Sachschaden zu zahlen.
Im Dezember 1997 reichte die Klägerin Klage auf Ersatz ihres Schadens aus dem Verlust von Daten in Höhe von 137.750 DM und auf

Feststellung ein, daû die Beklagte ihr Versicherungsschutz für die durch den Vorfall vom 2. Februar 1996 bedingte Betriebsunterbrechung zu gewähren habe.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, da die Beklagte gemäû § 12 Abs. 3 VVG von der Verpflichtung zur Leistung frei geworden sei. Die Berufung der Klägerin ist ohne Erfolg geblieben. Mit der Revision verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter.

Entscheidungsgründe:


Die Revision führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
I. Nach Ansicht des Berufungsgerichts umfaût das Versicherungsleistungen ablehnende Schreiben der Beklagten vom 10. April 1996 schon seinem Wortlaut nach sämtliche Ansprüche aus der ElektronikPauschalversicherung. Diese Ansprüche habe die Klägerin zuvor umfassend erhoben; ihre Schadensanzeige vom 6. Februar 1996 sei nicht auf Ansprüche aus der Sachversicherung beschränkt. Die streitgegenständlichen Ansprüche habe die Klägerin erstmals mit der Klageschrift vom 11. Dezember 1997 geltend gemacht, als die im Schreiben vom 10. April 1996 gesetzte Frist von sechs Monaten bereits verstrichen gewesen sei. Der Vorprozeû habe zu keiner Fristunterbrechung geführt. Denn jene Klage, die nicht als Teilklage gekennzeichnet gewesen sei, habe allein

die Ansprüche aus der Sachversicherung zum Gegenstand gehabt, was die Klägerin in ihrem dortigen Schriftsatz vom 12. August 1996 selbst eingeräumt habe. Eine Erweiterung der Klage sei erst mit Schriftsatz vom 17. Februar 1997 in der Form erfolgt, daû der Feststellungsantrag sich auf den Schaden insgesamt habe beziehen sollen. Das sei wiederum auûerhalb der Frist des § 12 Abs. 3 VVG geschehen.
II. Das hält der rechtlichen Nachprüfung nicht in allen Punkten stand.
1. Der Revision ist allerdings nicht darin zu folgen, daû die Klägerin mit ihrer Schadensanzeige vom 6. Februar 1996 nur die Ansprüche erhoben hat, die aus dem an den versicherten Geräten entstandenen Sachschaden resultierten. Vielmehr ist das Berufungsgericht zutreffend von einer umfassenden Anspruchserhebung ausgegangen. Dafür reicht es, daû der Versicherungsnehmer sein Verlangen nach Versicherungsschutz dem Grunde nach äuûert, ohne daû er die Ansprüche im einze lnen schon genau bezeichnen oder beziffern müûte (Senatsurteil vom 25. Januar 1978 - IV ZR 122/76 - VersR 1978, 313 unter I 2). Ein Versicherungsnehmer , der Ersatzansprüche wegen eines Versicherungsfalles geltend macht, will sich regelmäûig nicht auf einzelne Ansprüche beschränken. Das gilt hier vor allem deshalb, weil aufgrund des brandbedingten Totalschadens an der Computer-Anlage alle durch die einheitliche Elektronik-Pauschalversicherung abgedeckten Risiken betroffen waren. Die Annahme einer Beschränkung wäre nur dann gerechtfertigt, wenn sich ein entsprechender Wille eindeutig dem Inhalt der Schadensanzeige entnehmen lieûe. Einen solchen Beschränkungswillen hat das

Berufungsgericht verneint; die tatrichterliche Interpretation der Schadensanzeige läût Rechtsfehler nicht erkennen.
Waren mithin die Ansprüche aus der ElektronikPauschalversicherung sämtlich erhoben, konnte die Beklagte diese in ihrem Schreiben vom 10. April 1996 auch insgesamt zurückweisen.
2. Dennoch ist durch das Schreiben der Beklagten die Frist des § 12 Abs. 3 Satz 1 VVG nicht in Lauf gesetzt worden. Schon deshalb geht die Auffassung des Berufungsgerichts fehl, die Klägerin habe Ansprüche aus der Daten- und der Betriebsunterbrechungsversicherung nicht rechtzeitig gerichtlich geltend gemacht.
Die Frist zur Klagerhebung beginnt gemäû § 12 Abs. 3 Satz 2 VVG erst, nachdem der Versicherer dem Versicherungsnehmer gegenüber den erhobenen Anspruch unter Angabe der mit dem Ablauf der Frist verbundenen Rechtsfolgen schriftlich abgelehnt hat. An die Rechtsfolgenbelehrung sind strenge Anforderungen zu stellen, denen das Schreiben der Beklagten nicht genügt. Die Belehrung muû den Versicherungsnehmer klar und deutlich darüber aufklären, daû er durch bloûen Zeitablauf seinen materiellen Versicherungsanspruch verliert, wenn er ihn nicht vor Fristende gerichtlich geltend macht (Senatsurteil vom 20. November 1980 - IVa ZR 25/80 - VersR 1981, 180 unter II A). Formulierungen, die diese Rechtsfolgen verdunkeln oder in einem minder gefährlichen Licht erscheinen lassen, machen die Belehrung unwirksam (Senatsurteil vom 25. Januar 1978, aaO unter II 2). Wenn die Beklagte in ihrem Schreiben vom 10. April 1996 auf "Leistungsfreiheit aufgrund eingetretener Verjäh-

rung" hinweist, so ist dies geeignet, den Versicherungsnehmer irrezuführen. Denn bei ihm kann in unzulässiger Weise der Eindruck erweckt werden, die für ihn nachteiligen Rechtsfolgen der Leistungsfreiheit des Versicherers träten nicht ein, wenn ein die Verjährung hemmender oder sie unterbrechender Tatbestand gegeben sei. Die Klagefrist nach § 12 Abs. 3 Satz 1 VVG stellt jedoch - anders als die Fristen des § 12 Abs. 1 VVG - keine Verjährungsfrist dar. Daher sind die für den Anspruchsteller vorteilhaften Bestimmungen der §§ 201 ff. BGB auf sie weder direkt noch entsprechend anwendbar (BGHZ 98, 295, 298). Traf aber die seitens der Beklagten erteilte Belehrung in diesem wesentlichen Punkt nicht zu, war sie insgesamt unwirksam. Sie konnte die Klagefrist nicht in Gang setzen mit der weiteren Folge, daû die Verwirkungsfolgen des § 12 Abs. 3 Satz 1 VVG nicht herbeigeführt sind (vgl. Senatsurteil vom 25. Januar 1978, aaO unter II).
3. Aber auch die von der Revision erhobene Rüge, das Berufungsgericht habe die fristwahrende Wirkung der im April 1996 erhobenen Teilklage für die weitergehenden Ansprüche verkannt, greift durch. Eine ordnungsgemäûe Belehrung unterstellt, sind alle Ansprüche aus dem Versicherungsfall rechtzeitig gerichtlich geltend gemacht worden.
Grundsätzlich kann eine Teilklage zur Wahrung der Klagefrist des § 12 Abs. 3 VVG für den gesamten Leistungsanspruch ausreichen, wenn sich jedenfalls aus den Gesamtumständen ergibt, daû der Versicherungsnehmer eine solche erheben wollte, und der Versicherer dadurch erkennen kann, daû der Kläger auf seinem Gesamtanspruch beharrt (Senatsurteil vom 27. Juni 2001 - IV ZR 130/00 - VersR 2001, 1013 unter

II 1 im Anschluû an Senatsurteil vom 20. Dezember 1968 - IV ZR 529/68 - VersR 1969, 171, 172; Senatsurteil vom 13. Dezember 2000 - IV ZR 280/99 - VersR 2001, 326 unter II 1). Davon ist hier auszugehen.
Im Vorprozeû hatte die Klägerin zwar zunächst nur ihren Sachschaden eingeklagt. Das ergibt sich aus dem Umstand, daû sie ausschlieûlich die bereits entstandenen und künftig noch entstehenden Kosten für die Neuanschaffung der zerstörten Geräte ersetzt verlangte. Daraus allein wurde für die Beklagte nicht deutlich, daû die Klägerin daneben auch ihren Schaden aus dem Verlust der Daten und aus der Betriebsunterbrechung weiterhin verfolgen wollte, zumal eine besondere Kennzeichnung als Teilklage fehlte. Daû die Klägerin aber über die begehrten Leistungen hinaus auch auf dem Ersatz der weiteren versicherten Schäden beharren wollte, ergibt sich - entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts - mit hinreichender Deutlichkeit aus ihrem Schriftsatz vom 12. August 1996. Darin wird zwar zunächst klargestellt, Ansprüche aus der Betriebsunterbrechungs- und der Datenträgerversicherung nicht zum Gegenstand des damaligen Rechtsstreits machen zu wollen. Das beruhte jedoch auf der zugleich offengelegten Rechtsauffassung der Klägerin, die Leistungsablehnung der Beklagten vom 10. April 1996 erstrecke sich ohnehin nur auf den Sachschaden. Im Anschluû daran heiût es jedoch: "Sollte das Ablehnungsschreiben der Beklagten tatsächlich so verstanden werden, daû damit die Regulierung sämtlicher Ansprüche der Klägerin abgelehnt worden ... (ist), so müûte die Klage entsprechend erweitert werden." Damit hat die Klägerin noch innerhalb der Frist des § 12 Abs. 3 VVG klar zum Ausdruck gebracht, daû sie auf der Geltendmachung des gesamten Anspruchs aus dem Versicherungsverhältnis be-

harren wollte, ihre Klage also, sollte der Anspruch von der Beklagten insgesamt abgelehnt worden sein, nur eine Teilklage darstellte. Einer Bezifferung oder auch nur gröûenordnungsmäûigen Angabe des Gesamtschadens bedurfte es dabei nicht. Da die Klägerin einen Totalschaden der versicherten Geräte gemeldet hatte, konnte die Beklagte die voraussichtliche Schadenshöhe selbst einschätzen. Auf weiteres kommt es nicht an.
Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist zudem unschädlich , daû die angekündigte Klagerweiterung nicht binnen der Frist des § 12 Abs. 3 Satz 1 VVG vorgenommen worden ist. Denn anderenfalls hätte es sich von vornherein um eine innerhalb der sechsmonatigen Frist umfassend erhobene Klage gehandelt. Die Problematik einer fristwahrenden Teilklage hätte sich dann gar nicht erst gestellt.
III. Da die Beklagte nicht gemäû § 12 Abs. 3 Satz 1 VVG leistungsfrei geworden ist, wird das Berufungsgericht die erforderlichen Feststellungen zum Grund und zur Höhe des von der Klägerin geltend gemachten Anspruchs nachzuholen haben.
Terno Dr. Schlichting Seiffert
Dr. Kessal-Wulf Felsch

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IV ZR 274/03
vom
22. September 2004
in dem Rechtsstreit
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 22. September
2004 durch den Vorsitzenden Richter Terno und die Richter Dr. Schlichting
, Seiffert, Wendt und Felsch

beschlossen:
Die Beschwerde der Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des 7. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 27. November 2003 wird zurückgewiesen , weil sie nicht aufzeigt, daß die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert (§ 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO). Auf die von der Nichtzulassungsbeschwerde angesprochenen Rechtsfragen zu § 12 Abs. 3 VVG im Hinblick auf die Klagerhöhung vom April 2003 kommt es nicht an, weil die Klägerin die Klagfrist des § 12 Abs. 3 VVG hinsichtlich der Versicherungsleistungen aus beiden Unfallzusatzversicherungsverträgen bereits mit der am 23. Januar 2003 bei Gericht eingereichten Klage auf Versicherungsleistungen aus dem älteren Vertrag (NR. 5124680) gewahrt hat. Denn die gesamte vorgerichtliche Korrespondenz der Parteien betraf die Frage der Leistungspflicht aus beiden Versicherungsverträgen, und es war dabei vorwiegend um die für beide Verträge gleichermaßen entscheidende Frage gegangen, ob der Ehemann der Klägerin durch einen Unfall ums Leben gekommen war, während die Höhe der Versicherungsleistung nicht im Streit stand. Schließlich waren schon der Klagschrift die Vertragsdatenblätter beider Versicherungsverträge und das darauf bezogene Anspruchsschreiben der Klägerin beigefügt.
Daraus konnte die Beklagten unbeschadet der Höhe des Leistungsantrages erkennen, daß es der Klägerin mit ihrer Klage von vorn herein um die gerichtliche Geltendmachung ihrer Rechte aus beiden Versicherungsverträgen ging. Anhaltspunkte dafür, daß die Klägerin auf Versicherungsleistungen aus dem zweiten Versicherungsvertrag hätte verzichten wollen, waren für die Beklagte nicht gegeben. Dementsprechend hat sie sich bereits in der Klagerwiderung vom 20. Februar 2003, mithin sogar noch innerhalb der Frist des § 12 Abs. 3 VVG und etwa zwei Monate vor der Erhöhung der Klage auf die Versicherungsleistungen aus dem jüngeren Vertrag (Nr. 5641367), dahingehend verteidigt, daß der Klägerin aus keinem der beiden Verträge Versicherungsleistungen zustünden (vgl. dazu BGH, Urteile vom 27. Februar 1991 - IV ZR 66/90 - VersR 1991, 450 unter 1 a; 27. Juni 2001 - IV ZR 130/00 - VersR 2001, 1013 unter II 1; OLG Hamm VersR 1988, 458; OLG Nürnberg VersR 2003, 846, 848; Prölss in Prölss/Martin, VVG 27. Aufl. § 12 Rdn. 66; Römer in Römer /Langheid, VVG 2. Aufl. § 12 Rdn. 40).

Aus der Senatsentscheidung vom 13. Januar 1982 (IVa ZR 162/80 - VersR 1982, 489 unter II) ergibt sich für die hier zu treffende Entscheidung nichts anderes. Denn in dem dort entschiedenen Fall waren gegen den Deckungsschutz fordernden Versicherungsnehmer einer Haftpflichtversicherung von einer ganzen Reihe von Gläubigern Haftpflichtansprüche erhoben worden, die lediglich in einem gewissen zeitlichen und kausalen Zusammenhang standen, rechtlich aber selbständig und quantitativ nicht überschaubar waren. Damit ist der vorliegende Fall, in dem es lediglich um zwei gleichgelagerte, von vorn herein gemeinsam erhobene Ansprüche der Klägerin aus demselben Versicherungsfall geht, nicht vergleichbar. Die Beklagte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens (§ 97 Abs. 1 ZPO). Streitwert: 23.006,09 € Terno Dr. Schlichting Seiffert Wendt Felsch