Bundesgerichtshof Urteil, 29. Juli 2015 - IV ZR 384/14
Bundesgerichtshof
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Die Kosten des Revisionsverfahrens hat die Beklagte zu tragen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Die klagenden Eheleute fordern von der Beklagten Rückzahlung von Versicherungsprämien und Nutzungsersatz.
- 2
- Mit Versicherungsbeginn zum 1. November 2003 schlossen der Kläger eine fondsgebundene Lebensversicherung mit BerufsunfähigkeitsZusatzversicherung (BUZ) sowie die Klägerin eine fondsgebundene Rentenversicherung mit aufgeschobener lebenslanger Rentenzahlung und garantierter Todesfallleistung bei Tod vor Beginn der Rentenzahlung bei der Beklagten im so genannten Policenmodell gemäß § 5a VVG a.F. in der seinerzeit gültigen Fassung ab.
- 3
- Die im jeweiligen Begleitschreiben zum Versicherungsschein vom 14. November 2003 unter der Rubrik "WICHTIGE HINWEISE" enthaltene Widerspruchsbelehrung lautete wie folgt: "WIDERSPRUCHSRECHT Wie Ihnen bereits auf Grund unseres Hinweises im Versicherungsantrag bekannt ist, können Sie innerhalb von 14 Tagen nach Erhalt des Versicherungsscheins dem Versicherungsvertrag widersprechen. Zur Wahrung der Frist genügt die rechtzeitige Absendung des Widerspruchs."
- 4
- In der Folgezeit erbrachten der Kläger Beitragszahlungen in Höhe von 33.841,79 € (32.025,33 € für die Hauptversicherung und 1.816,46 € für die BUZ) und die Klägerin in Höhe von 27.000 €.
- 5
- Mit Schreiben vom 9. August 2012 kündigten die Kläger ihre Verträge. Daraufhin zahlte die Beklagte Rückkaufswerte in Höhe von 21.588,70 € an den Kläger und in Höhe von 21.596,70 € an die Klägerin. Mit Schreiben vom 7. September 2013 forderten die Kläger die Beklagte zur verzinslichen Rückerstattung aller geleisteten Beiträge unter Anrechnung der Rückkaufswerte mit Fristsetzung zum 25. September 2013 auf; mit Schreiben vom 8. September 2013 erklärten sie unter anderem den Widerspruch gemäß § 5a VVG a.F. Am 12. Februar 2014 erstattete die Beklagte zunächst einbehaltene Stornoabzüge in Höhe von 1.975,77 € an den Kläger und in Höhe von 1.620,01 € an die Klägerin.
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- Mit der Klage verlangen die Kläger - soweit für das Revisionsverfahren noch von Bedeutung - Rückzahlung aller auf den Vertrag geleisteten Beiträge nebst Zinsen abzüglich der bereits gezahlten Rückkaufswerte. Der Kläger hat 12.741,02 € nebst Zinsen und weitere Zinsen in Höhe von 13.251,44 € nebst Zinsen gefordert, die Klägerin Zahlung von 5.403,30 € nebst Zinsen und weitere Zinsen in Höhe von 11.434,63 €.
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- Nach Auffassung der Kläger sind die Versicherungsverträge mangels ordnungsgemäßer Belehrung über das Widerspruchsrecht nicht wirksam zustande gekommen. Auch nach Ablauf der Jahresfrist des - gegen Gemeinschaftsrecht verstoßenden - § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. hätten sie den Widerspruch noch erklären können.
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- Die Beklagte sieht die Widersprüche der Kläger wegen Verfristung, zumindest aber wegen Verwirkung als unwirksam an. Außerdem sei ein Widerspruch nach Kündigung und Vertragsabwicklung nicht mehr zulässig. Jedenfalls sind nach ihrer Auffassung bei einer Beitragsrückerstattung folgende Positionen zu Lasten der Kläger anzurechnen: Kläger Klägerin BUZ-Beiträge: 1.816,46 € Abschlusskosten: 3.509,03 € 2.520,00 € Verwaltungskosten: 2.880,19 € 3.476,97 € Risikobeiträge: 3.609,16 € 494,72 € Ratenzahlungszuschläge: 130,63 €
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- Bei dem gegebenenfalls geschuldeten Nutzungsersatz seien zu Gunsten der Kläger nur nachgenannte Posten zu berücksichtigen: Kläger Klägerin Fondserträge und laufende Überschussbeteiligung: 1.614,55 € 2.654,79 € Schlussgewinn BUZ: 53,60 € 53,60 €
- 10
- Die Beklagte hat die Einrede der Verjährung in Bezug auf etwaige bis 31. Dezember 2010 entstandene Prämienrückzahlungsansprüche erhoben.
- 11
- Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat ihr unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung teilweise - zugunsten des Klägers in Höhe von 6.475,85 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 8.451,62 € seit dem 26. September 2013 bis zum 12. Februar 2014 und aus 6.475,85 € seit dem 13. Februar 2014, zugunsten der Klägerin in Höhe von 5.996,96 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 7.616,97 € seit dem 26. September 2013 bis zum 12. Februar 2014 und aus 5.996,96 € seit dem 13. Februar 2014 - statt- gegeben. Mit der Revision erstrebt die Beklagte auch insoweit Klageabweisung.
Entscheidungsgründe:
- 12
- Die Revision hat nur hinsichtlich eines Teils der Zinsansprüche Erfolg.
- 13
- I. Das Berufungsgericht hat den Klägern jeweils einen Bereicherungsanspruch auf Erstattung der von ihnen geleisteten Prämien abzüglich der darauf entfallenden Risikoanteile und des Prämienanteils für die Berufsunfähigkeitszusatzversicherung des Klägers und als gezogene Nutzungen die von der Beklagten erzielten Erträge zuerkannt. Es hat die Widerspruchserklärungen der Kläger als nicht verfristet angesehen. Die 14-tägige Widerspruchsfrist des § 5a Abs. 1 Satz 1 VVG a.F. sei nicht wirksam in Gang gesetzt worden. Die in den Policenbegleitschreiben enthaltenen Widerspruchsbelehrungen seien zum einen deshalb inhaltlich fehlerhaft, weil der notwendige Hinweis darauf fehle, dass der Widerspruch in Textform zu erheben sei. Dieser Hinweis sei nicht deshalb entbehrlich, weil von der "Absendung" des Widerspruchs die Rede sei. Damit werde dem Versicherungsnehmer nicht klar vor Augen geführt, dass nur ein in Textform verfasster Widerspruch wirksam sei. Zum anderen sei in der Belehrung nicht darauf hingewiesen worden, dass die Widerspruchsfrist erst zu laufen beginne, wenn dem Versicherungsnehmer neben dem Versicherungsschein auch die Versicherungsbedingungen und die Verbraucherinformation überlassen worden seien. § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F., der ein Erlöschen des Widerspruchsrechts ein Jahr nach Zahlung der ersten Prämie vorgesehen habe, sei auf Lebens- und Rentenversicherungsverträge nicht anwendbar.
- 14
- Die Kläger hätten ihre Widerspruchsrechte nicht verwirkt und mit der Erklärung des Widerspruchs im Jahr 2013 nicht gegen Treu und Glauben verstoßen, da die Beklagte es versäumt habe, die Kläger ordnungsgemäß über ihr Widerspruchsrecht zu belehren. Auch ein Erlöschen der Widerspruchsrechte nach beiderseits vollständiger Leistungserbringung komme nicht in Betracht.
- 15
- Die Kläger könnten somit aus ungerechtfertigter Bereicherung die gezahlten Versicherungsprämien zurückverlangen. Dabei müssten sie sich die darauf entfallenden Risikoanteile sowie der Kläger zusätzlich die auf die Berufsunfähigkeitszusatzversicherung entfallenden Versicherungsbeiträge anrechnen lassen, um den während der Zeit der Prämienzahlung genossenen Versicherungsschutz als erlangten Vermögensvorteil auszugleichen. Demgegenüber komme eine Anrechnung des Prämienanteils , der auf Abschluss- und Verwaltungskosten entfallen sei, nicht in Betracht. Die Beklagte könne insoweit vor allem nicht den Einwand der Entreicherung erheben. Da sie durch ihre unzureichenden Widerspruchsbelehrungen wesentlich dazu beigetragen habe, dass die Verträge nicht wirksam zustande gekommen seien, erscheine es nicht angemessen , die Kläger mit den Kosten für den Vertragsabschluss und die Vertragsdurchführung zu belasten. Die Beklagte müsse daher das Risiko tragen, dass sie ihre Vertragskosten unnötig aufgewandt habe. Gleiches gelte für die Ratenzahlungszuschläge.
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- Nutzungen stünden dem Kläger nur in Höhe von 1.668,15 € zu. Hierbei handele es sich um die von der Beklagten ermittelten Fondser- träge, die laufenden Überschussbeteiligungen aus der Hauptversicherung und den Schlussgewinn aus der BerufsunfähigkeitsZusatzversicherung. Der Anspruch beschränke sich auf die Erstattung der tatsächlich durch die Beklagte gezogenen Nutzungen. Grundsätzlich bedürfe es hierzu eines entsprechenden Tatsachenvortrages des Versicherungsnehmers. Der Kläger habe insoweit nur Bezug auf eine Zinsberechnung genommen, der sich entnehmen lasse, dass die Zinsforderung auf der Basis von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ermittelt worden sei. Einer Vermutung, dass die Beklagte mit den eingezahlten Prämien einen entsprechenden Gewinn erzielt habe, fehle die Basis. Die von ihr gezogenen Nutzungen habe die Beklagte unwidersprochen mit einem Gesamtbetrag von 1.668,15 € angegeben.
- 17
- Der Klägerin seien Nutzungen in Form von Fondserträgen, Überschussbeteiligung und Schlussgewinn in Höhe von 2.708,39 € zu erstatten.
- 18
- Gesetzliche Zinsen auf die Beitragsrückerstattungsansprüche seien den Klägern ab dem 26. September 2013 zuzuerkennen.
- 19
- Die Ansprüche der Kläger seien nicht verjährt, da sie erst mit Ausübung des Widerspruchsrechts entstanden seien.
- 20
- II. Die hiergegen gerichtete Revision ist zulässig, insbesondere gemäß § 543 Abs. 1 Nr. 1 ZPO aufgrund der Zulassung durch das Berufungsgericht statthaft. Dieses hat die Revision entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung nicht nur beschränkt auf die Höhe der gegen die Beklagte bestehenden Zahlungsansprüche der Kläger zugelassen.
- 21
- Eine Beschränkung der Revisionszulassung auf die Anspruchshöhe lässt sich dem Berufungsurteil nicht entnehmen. Ausweislich seines Tenors wurde die Revision zugelassen, soweit zum Nachteil der Beklagten erkannt worden ist, was ihre Verurteilung dem Grunde nach mitumfasst. Eine eindeutige Zulassungsbeschränkung auf die Frage der Anspruchshöhe ist auch den Gründen der angefochtenen Entscheidung nicht zu entnehmen. Das Berufungsgericht hat die Zulassung der Revision damit begründet, dass die bereicherungsrechtliche Rückabwicklung eines Lebensversicherungsvertrages, dem wirksam widersprochen worden sei, bislang in den Einzelheiten nicht geklärt sei.
- 22
- III. Die Revision ist im Wesentlichen unbegründet.
- 23
- 1. Zu Recht hat das Berufungsgericht den Klägern Bereicherungsansprüche zuerkannt.
- 24
- a) Die zwischen den Parteien geschlossenen Versicherungsverträge schaffen keinen Rechtsgrund für die Prämienzahlungen. Sie sind infolge der Widersprüche der Kläger nicht wirksam zustande gekommen. Die Widersprüche waren - ungeachtet des Ablaufs der in § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. normierten Jahresfrist - rechtzeitig.
- 25
- aa) Nach den revisionsrechtlich nicht zu beanstandenden Feststellungen des Berufungsgerichts belehrte die Beklagte die Kläger nicht ordnungsgemäß i.S. von § 5a Abs. 2 Satz 1 VVG a.F. über das Widerspruchsrecht.
- 26
- (1) Die den Klägern in den Policenbegleitschreiben vom 14. November 2003 erteilten Widerspruchsbelehrungen sind bereits insofern inhaltlich fehlerhaft, als sie keinen Hinweis darauf enthalten, dass der Widerspruch in Textform zu erheben war. Die notwendige Belehrung über das gesetzliche Formerfordernis (vgl. Senatsurteil vom 28. Januar 2004 - IV ZR 58/03, VersR 2004, 497 unter 3 b) erfolgte entgegen der Auffassung der Revision nicht dadurch, dass den Klägern weiterhin mitgeteilt wurde, zur Fristwahrung genüge die rechtzeitige "Absendung" der Widerspruchserklärung (Senatsurteil vom 17. Juni 2015 -IV ZR 426/13, juris Rn. 12). Selbst wenn ein verständiger Versicherungsnehmer nur verkörperte Erklärungen als der Absendung zugänglich ansieht, so bleibt für ihn dennoch unklar, ob hierzu eine Verkörperung in Textform ausreicht oder ob es nicht der traditionellen Schriftform bedarf. Dass dem Versicherungsnehmer , wie die Revision in Erwägung zieht, durch die Belehrung über den gesetzlichen Standard hinausgehend die Möglichkeit eines Widerspruchs in mündlicher Form eingeräumt werden sollte, ist ihrem Text nicht zu entnehmen.
- 27
- (2) Außerdem ist - wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat - die Mitteilung des Fristbeginns unzureichend und damit fehlerhaft, weil die erteilten Belehrungen hierfür entgegen § 5a Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 VVG a.F. allein auf den Erhalt des Versicherungsscheins, nicht aber auch der Versicherungsbedingungen und der Verbraucherinformation abstellten. Insoweit ist, anders als die Revision meint, ohne Belang, ob den Klägern zusammen mit den Versicherungsscheinen auch die übrigen erforderlichen Unterlagen zugingen und der Fristbeginn in der Belehrung damit faktisch richtig angegeben worden war. Dieser Umstand ändert nichts an der inhaltlichen Fehlerhaftigkeit der Belehrung, sondern betrifft allein die Auswirkung derselben auf den konkreten Fall. Für die Frage der Ordnungsgemäßheit der Belehrung kommt es auf derartige Kausalitätsfragen nicht an (vgl. BGH, Urteil vom 17. Dezember 1992 - I ZR 73/91, BGHZ 121, 52, 57).
- 28
- bb) Für einen solchen Fall einer nicht ordnungsgemäßen Widerspruchsbelehrung bestimmte § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. zwar, dass das Widerspruchsrecht ein Jahr nach Zahlung der ersten Prämie erlischt.
- 29
- (1) Das Widerspruchsrecht bestand hier aber nach Ablauf der Jahresfrist und noch im Zeitpunkt der Widerspruchserklärung fort. Das ergibt die richtlinienkonforme Auslegung des § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. auf der Grundlage der Vorabentscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 19. Dezember 2013 (VersR 2014, 225). Der Senat hat mit Urteil vom 7. Mai 2014 (IV ZR 76/11, BGHZ 201, 101 Rn. 17-34) entschieden und im Einzelnen begründet, die Regelung müsse richtlinienkonform teleologisch dergestalt reduziert werden, dass sie im Anwendungsbereich der Zweiten und der Dritten Richtlinie Lebensversicherung keine Anwendung findet und für davon erfasste Lebens- und Rentenversicherungen sowie Zusatzversicherungen zur Lebensversicherung grundsätzlich ein Widerspruchsrecht fortbesteht, wenn der Versicherungsnehmer - wie hier - nicht ordnungsgemäß über das Recht zum Widerspruch belehrt worden ist und/oder die Verbraucherinformation oder die Versicherungsbedingungen nicht erhalten hat.
- 30
- (2) Die Kündigungen der Versicherungsverträge stehen den späteren Widersprüchen nicht entgegen (vgl. Senatsurteil vom 7. Mai 2014 aaO Rn. 36 m.w.N.). Ein Erlöschen der Widerspruchsrechte nach beider- seits vollständiger Leistungserbringung kommt ebenfalls nicht in Betracht (vgl. Senatsurteil vom 7. Mai 2014 aaO Rn. 37 m.w.N.).
- 31
- (3) Entgegen der Auffassung der Revision haben die Kläger das Recht zum Widerspruch nicht verwirkt. Es fehlt hier jedenfalls am Umstandsmoment. Ein schutzwürdiges Vertrauen kann die Beklagte schon deshalb nicht in Anspruch nehmen, weil sie die Situation selbst herbeigeführt hat, indem sie den Klägern keine ordnungsgemäßen Widerspruchsbelehrungen erteilte (vgl. Senatsurteil vom 7. Mai 2014 aaO Rn. 39 m.w.N.).
- 32
- Ob - wie die Revision meint - der Verwirkungseinwand möglich ist, wenn eine Widerspruchsbelehrung nur marginale Fehler aufweist (so Heyers, NJW 2014, 2619, 2621), braucht hier nicht entschieden zu werden. Die genannten Belehrungsmängel sind nicht belanglos, sondern betreffen für die Ausübung des Widerspruchsrechts wesentliche Punkte - das Textformerfordernis und den Beginn der Widerspruchsfrist.
- 33
- b) Die bereicherungsrechtlichen Rechtsfolgen der Europarechtswidrigkeit des § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. sind nicht auf eine Wirkung ab Zugang des Widerspruchs (ex nunc) zu beschränken, sondern nur eine Rückwirkung entspricht dem Effektivitätsgebot (dazu im Einzelnen Senatsurteil vom 7. Mai 2014 aaO Rn. 41-44).
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- 2. Aus den wirksamen Widerspruchserklärungen folgende bereicherungsrechtliche Ansprüche waren bei Erhebung der Klage im November 2013 noch nicht verjährt. Zu diesem Zeitpunkt war die maßgebliche regelmäßige dreijährige Verjährungsfrist des § 195 BGB nicht abgelaufen. Diese konnte erst mit Schluss des Jahres 2013 beginnen, da die Kläger erst in diesem Jahr den Widerspruch erklärten. Der nach einem Widerspruch gemäß § 5a VVG a.F. geltend gemachte Bereicherungsanspruch entstand erst mit Ausübung des Widerspruchsrechts i.S. von § 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB; jedenfalls zu diesem Zeitpunkt hatte der Versicherungsnehmer Kenntnis von den anspruchsbegründenden Umständen und der Person des Schuldners i.S. von § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB (vgl. Senatsurteil vom 8. April 2015 - IV ZR 103/15, VersR 2015, 700 Rn. 19 ff.).
- 35
- 3. Das Berufungsgericht ist damit zutreffend davon ausgegangen, dass die Kläger von der Beklagten Prämienrückzahlung gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB verlangen können. Richtig ist auch, dass die Rückgewähransprüche der Höhe nach nicht uneingeschränkt alle gezahlten Prämien umfassen und den Klägern bei der bereicherungsrechtlichen Rückabwicklung der jedenfalls bis zur Kündigung des jeweiligen Vertrages genossene Versicherungsschutz anzurechnen ist. Der Wert des Versicherungsschutzes kann unter Berücksichtigung der Prämienkalkulation bemessen werden; bei Lebensversicherungen kann etwa dem Risikoanteil Bedeutung zukommen (Senatsurteil vom 7. Mai 2014 aaO Rn. 45 m.w.N.).
- 36
- a) Ausgehend davon hat das Berufungsgericht den geschuldeten Wertersatz auf der Grundlage der Prämienkalkulation der Beklagten in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weisegeschätzt.
- 37
- aa) Bei dem Rückgewähranspruch des Klägers hat es berücksichtigt , dass er bis zu seiner Kündigung faktisch den Schutz gegen das Todesfall - und das Berufsunfähigkeitsrisiko erlangt hatte, und den auf die gezahlten Prämien entfallenden Risikoanteil, der nach den nicht ange- griffenen Feststellungen 3.609,16 € betrug, sowie die auf die Berufsunfähigkeits -Zusatzversicherung entfallenden Beiträge in Höhe von 1.816,46 € in Abzug gebracht.
- 38
- Den faktisch genossenen Versicherungsschutz, den die Klägerin aufgrund der von ihr abgeschlossenen Rentenversicherung für die Zeit ab Beginn des vierten Versicherungsjahres bis zur Kündigung in Form einer Mindesttodesfallsumme von 60% der Gesamtbeitragssumme genoss , hat das Berufungsgericht mit dem von der Beklagten angegebenen Betrag von 494,72 € angesetzt.
- 39
- Möglicherweise auf die Risikoabsicherung entfallende Kostenanteile (vgl. OLG Stuttgart VersR 2015, 561, 563; Rudy, r+s 2015, 115, 120) konnte das Berufungsgericht schon mangels entsprechenden Vortrags der Beklagten nicht berücksichtigen. Die Revision macht insoweit geltend , dass die Verwaltung des übernommenen Risikos mit Kosten verbunden sei, die nicht durch die Risikokosten gedeckt seien, sondern separat in die Prämie einkalkuliert würden. Dazu hat die Beklagte jedoch nichts Näheres vorgetragen.
- 40
- bb) Es ist auch nicht ersichtlich, dass die von der Beklagten geltend gemachten Abschluss- und Verwaltungskosten den Wert eines Vermögensvorteils zum Ausdruck brächten, welchen die Kläger von der Beklagten empfangen hätten.
- 41
- b) Hinsichtlich dieser Kosten kann sich die Beklagte - wie das Berufungsgericht zu Recht angenommen hat - nicht gemäß § 818 Abs. 3 BGB auf den Wegfall der Bereicherung berufen.
- 42
- aa) Vermögensnachteile des Bereicherungsschuldners sind nur berücksichtigungsfähig , wenn sie bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise adäquat-kausal auf der Bereicherung beruhen (BGH, Urteile vom 5. März 2015 - IX ZR 164/14, NJW-RR 2015, 677 Rn. 14; vom 23. Oktober 1980 - IVa ZR 45/80, NJW 1981, 277 unter 5 c; jeweils m.w.N.). Nach dieser Maßgabe sind die Verwaltungskosten bereits deshalb nicht bereicherungsmindernd zu berücksichtigen, weil sie nicht adäquat-kausal durch die Prämienzahlungen der Kläger entstanden, sondern unabhängig von den streitgegenständlichen Versicherungsverträgen angefallen und beglichen worden sind. Auch die Verwendung der Verwaltungskostenanteile der gezahlten Prämien für die Bestreitung von Aufwendungen für den Versicherungsbetrieb wirkt nicht bereicherungsreduzierend, da die Beklagte auf diese Weise den Einsatz sonstiger Finanzmittel erspart hat (so im Ergebnis auch OLG Karlsruhe, Urteil vom 9. Juni 2015 - 12 U 106/13 (14), juris Rn. 43; OLG Schleswig, Urteil vom 26. Februar 2015 - 16 U 61/13, juris Rn. 57 f.; OLG Dresden, Urteil vom 24. Februar 2015 - 4 U 786/14, juris Rn. 47; KG r+s 2015, 179, 181; OLG Stuttgart, Urteile vom 28. Mai 2015 - 7 U 27/15, S. 7 f.; vom 23. Februar 2015 - 7 U 44/14, S. 9; r+s 2015, 123, 125; VersR 2015, 561, 564; OLG Köln r+s 2015, 121 Rn. 23; VersR 2015, 177, 178; LG Meiningen, Urteil vom 10. Dezember 2014 - (17) 3 S 52/14, S.14 f.; LG Heidelberg, Urteile vom 25. September 2014 - 1 S 8/14, juris Rn. 38 und 1 S 15/13, juris Rn. 37; a.A. Rudy, r+s 2015, 115, 120).
- 43
- bb) Auch in Bezug auf die Abschlusskosten kann die Beklagte nicht mit Erfolg den Entreicherungseinwand erheben. Solche Aufwendungen , die dem Bereicherungsschuldner im Zusammenhang mit der Erlangung des Bereicherungsgegenstandes entstanden sind, sind nicht ohne weiteres bereicherungsmindernd anzuerkennen; vielmehr hängt dies maßgeblich davon ab, welcher der Parteien des Bereicherungsverhältnisses das jeweilige Entreicherungsrisiko zugewiesen ist (BGH, Urteile vom 27. September 2013 - V ZR 52/12, NJW 2014, 854 Rn. 31; vom 26. September 1995 - XI ZR 159/94, NJW 1995, 3315 unter II 2 c; vom 25. Oktober 1989 - VIII ZR 105/88, BGHZ 109, 139, 145; jeweils m.w.N.; vgl. Baumann in Bruck/Möller, VVG 9. Aufl. § 1 Rn. 195). Hinsichtlich der Abschlusskosten ist das Entreicherungsrisiko nach den maßgeblichen Wertungsgesichtspunkten der Beklagten zugewiesen. Dabei ist allerdings entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht entscheidend, dass die Unwirksamkeit des Vertragsschlusses zwischen den Klägern und der Beklagten darauf beruht, dass die Beklagte die Kläger nicht ordnungsgemäß über ihr Widerspruchsrecht belehrt hat (so auch Reiff, r+s 2015, 105, 108; insoweit a.A. OLG Dresden WM 2015, 1142, 1144; Urteil vom 24. Februar 2015 - 4 U 786/14, juris Rn. 46; OLG Köln r+s 2015, 121 Rn. 23; VersR 2015, 177, 178). Vielmehr gebietet es der mit der richtlinienkonformen Auslegung bezweckte Schutz des Versicherungsnehmers , dass der Versicherer in Fällen des wirksamen Widerspruchs das Entreicherungsrisiko hinsichtlich der Abschlusskosten trägt (OLG Karlsruhe, Urteile vom 9. Juni 2015 - 12 U 106/13 (14), juris Rn. 43; vom 22. Mai 2015 - 12 U 122/12 (14), juris Rn. 51; OLG Schleswig, Urteil vom 26. Februar 2015 - 16 U 61/13, juris Rn. 58; LG Heidelberg, Urteile vom 25. September 2014 - 1 S 8/14, juris Rn. 38 und 1 S 15/13, juris Rn. 37; vgl. KG r+s 2015, 179, 181 zur Rückabwicklung nach Rücktritt gemäß § 8 Abs. 5 VVG a.F.; a.A. OLG Koblenz, Urteil vom 12. Juni 2015 - 10 U 220/12 S. 20 ff.; OLG Stuttgart, Urteile vom 28. Mai 2015 - 7 U 27/15, S. 7 f.; vom 23. Februar 2015 - 7 U 44/14, S. 9; r+s 2015, 123, 125; VersR 2015, 561, 563 f.; LG Frankfurt am Main, Urteil vom 23. April 2015 - 2-23 O 411/13, S. 7; Reiff, r+s 2015, 105, 109; Rudy, r+s 2015, 115, 119 f.). Dem hier zu beachtenden europarechtlichen Effektivitätsgebot widerspräche es, wenn der Versicherungsnehmer zwar auch nach Ablauf der Jahresfrist des § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG dem Zustandekommen des Vertrages widersprechen könnte, aber die Abschlusskosten tragen müsste. Insbesondere im Falle des Widerspruchs nach kurzer Prämienzahlungsdauer würde das Widerspruchsrecht weitgehend entwertet, weil die bezahlten Beiträge zu einem erheblichen Teil durch die Abschlusskosten aufgezehrt würden.
- 44
- c) Auch die Ratenzahlungszuschläge führen zu keinem teilweisen Wegfall der Bereicherung der Beklagten (so auch OLG Dresden, Urteil vom 24. Februar 2015 - 4 U 786/14, juris Rn. 47; OLG Köln r+s 2015, 121 Rn. 24; a.A. Rudy, r+s 2015, 115, 120). Soweit die Ratenzahlungszuschläge - wie die Revision erstmals vorträgt - einen Verwaltungsaufwand kompensieren sollen, kann auf die Ausführungen zu den Verwaltungskostenanteilen verwiesen werden. Soweit sie als Ausgleich für einen Zinsausfall und ein besonderes Beitragszahlungsrisiko dienen, ist schon nicht erkennbar, inwiefern in ihrer Höhe die Bereicherung der Beklagten entfallen sein sollte.
- 45
- 4. Die Kondiktionsansprüche der Kläger umfassen nicht nur die - nach Abzug des Wertersatzes für den genossenen Versicherungsschutz verbleibenden - Versicherungsprämien, sondern gemäß § 818 Abs. 1 Alt. 1 BGB auch die durch die Beklagte hieraus gezogenen Nutzungen.
- 46
- Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass nach § 818 Abs. 1 Alt. 1 BGB nur die Nutzungen herauszugeben sind, die vom Bereicherungsschuldner tatsächlich gezogen wurden (Senatsbeschluss vom 30. Juli 2012 - IV ZR 134/11, juris Rn. 5; BGH, Urteile vom 8. Oktober 1991 - XI ZR 259/90, BGHZ 115, 268, 270; vom 4. Juni 1975 - V ZR 184/73, BGHZ 64, 322, 323). Es hat zu Recht die Darlegungsund Beweislast beim Versicherungsnehmer gesehen und ihm einen entsprechenden Tatsachenvortrag abverlangt, der nicht ohne Bezug zur Ertragslage des jeweiligen Versicherers auf eine tatsächliche Vermutung einer Gewinnerzielung in bestimmter Höhe - etwa in Höhe der von den Klägern verlangten Zinsen von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz - gestützt werden kann (vgl. Senatsbeschluss vom 30. Juli 2012 aaO).
- 47
- Über Weiteres hatte der Senat in diesem Verfahren nicht zu entscheiden , da keine der Parteien Einwendungen gegen die Schätzung des Berufungsgerichts erhoben hat.
- 48
- 5. Das Berufungsgericht hat den Klägern in Anbetracht ihrer weit überzogenen Forderungen zu Unrecht Verzugszinsen aus den ihnen nach Abzug der erhaltenen Rückkaufswerte verbleibenden Kondiktionsansprüchen seit dem 26. September 2013 zuerkannt. Vielmehr hat die Beklagte aus dem Differenzbetrag ausschließlich Prozesszinsen gemäß den §§ 291, 288 Abs. 1 Satz 2 BGB seit dem 19. November 2013 zu entrichten.
- 49
- Mit Ablauf der durch die Kläger zum 25. September 2013 gesetzten Zahlungsfrist geriet die Beklagte nicht in Verzug. Zwar kann das Forderungsschreiben der Kläger vom 7. September 2013 als Mahnung gemäß § 286 Abs. 1 Satz 1 BGB ausgelegt werden. Diese war hier aber nicht verzugsbegründend. Der Gläubiger kann aus einer Mahnung keine Rechte herleiten, wenn er eine weit übersetzte Forderung geltend macht (BGH, Urteil vom 13. November 1990 - XI ZR 217/89, NJW 1991, 1286 unter III m.w.N.; OLG Stuttgart VersR 2015, 561, 565; Palandt/Grüneberg , BGB 74. Aufl. § 286 Rn. 20 m.w.N.; Reiff, r+s 2015, 105, 113). Dies ist hier der Fall, da die Kläger in ihrem Schreiben die Rückerstattung aller geleisteten, lediglich um die bereits erfolgten Zahlungen der Beklagten geminderten Versicherungsbeiträge zuzüglich weit übersetzter Zinsen als Nutzungsersatz begehrten. Dass die Beklagte die Erfüllung der berechtigten Kondiktionsansprüche zu einem bestimmten Zeitpunkt vor Klageerhebung i.S. des § 286 Abs. 2 Nr. 3 BGB ernsthaft und endgültig verweigerte, haben die Kläger nicht mit der allgemeinen Behauptung einer "Verweigerung der Auszahlung des korrekten Betrages" dargetan.
Lehmann Dr. Schoppmeyer
Vorinstanzen:
LG Aachen, Entscheidung vom 11.04.2014 - 9 O 419/13 -
OLG Köln, Entscheidung vom 05.09.2014 - 20 U 77/14 -
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Bundesgerichtshof Urteil, 29. Juli 2015 - IV ZR 384/14 zitiert oder wird zitiert von 62 Urteil(en).
(1) Wer durch die Leistung eines anderen oder in sonstiger Weise auf dessen Kosten etwas ohne rechtlichen Grund erlangt, ist ihm zur Herausgabe verpflichtet. Diese Verpflichtung besteht auch dann, wenn der rechtliche Grund später wegfällt oder der mit einer Leistung nach dem Inhalt des Rechtsgeschäfts bezweckte Erfolg nicht eintritt.
(2) Als Leistung gilt auch die durch Vertrag erfolgte Anerkennung des Bestehens oder des Nichtbestehens eines Schuldverhältnisses.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 2.474,20 zu zahlen nebst 7 % Zinsen auf 204,51 ! "# auf 409,03 $&%' )( "# auf 613,53 * (,+ ! "# auf 818,04 - ,. ! "# auf 1022,55 / 0 1 0 " 243 3 3 auf 1227,06 54 "6 0 " 243 3 3 auf 1431,57 798 ").:243 3 3 auf 1636,08 "; =< 2 3 3 3 auf 1840,59 790 243 3 3 auf 2045,10 / 14 243 3 3 auf 2249,61 auf 2454,20 . Juli 2000, seit dem 15. Dezember 2000 jedoch Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweils gültigen Basiszinssatz auf 2454,20 Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Auf Antrag des Klägers hat die Beklagte einen Versicherungsschein vom 7. Juli 1999 über eine Kapitallebensversicherung ausgestellt und zahlreiche Anlagen sowie ihre Allgemeinen Versicherungsbedingungen beigefügt. Mit Schreiben vom 7. Juli 2000 hat der Kläger der Beklagten mitgeteilt: Nachdem ich eine Sendung in Plus - Minus über Lebensversicherungen gesehen habe, lege ich Widerspruch wegen Nichtbeachtung der Aufklärungspflicht nach BGB ein. Die abgebuchten Beiträge plus angefallenen Zinsen schreiben Sie bitte meinem Konto ... wieder gut. Von einem Vertreterbesuch bitte ich abzusehen. Nach Ansicht des Klägers sind die Angaben der Beklagten in den ihm zugesandten Vertragsunterlagen insbesondere zur Überschußermittlung und -verteilung nur rudimentär und genügen den Anforderungen des § 10a VAG sowie der dazu gehörigen Anlage D nicht. Deshalb habe er gemäß § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG noch innerhalb eines Jahres nach Zahlung der ersten Prämie Widerspruch einlegen können. Die Beklagte entgegnet, nach der Schlußerklärung des Versicherungsantrags sei dem Kläger bekannt, daß unter anderem wegen der Abschlußkosten bei Kün-digung der Lebensversicherung in den ersten Jahren kein oder nur ein niedriger Rückkaufswert anfalle. Vor allem sei der Kläger gemäß § 5a Abs. 2 Satz 1 VVG darüber belehrt worden, daß der Versicherungsvertrag auf der Grundlage der mit dem Versicherungsschein übersandten Unterlagen als abgeschlossen gelte, wenn er nicht innerhalb von 14 Tagen seit deren Zugang dem Vertrag widerspreche. Der Widerspruch des Klägers sei mithin verspätet. Auf die Wirksamkeit einzelner Klauseln ihrer Versicherungsbedingungen komme es insoweit nicht an.
Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit der zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seinen Anspruch weiter.
Entscheidungsgründe:
Die Revision hat Erfolg; dem Kläger steht der geltend gemachte Anspruch im wesentlichen zu.
1. Das Berufungsgericht führt unter Bezug auf die tatsächlichen Feststellungen im Urteil des Amtsgerichts einleitend aus, weder aus der Berufungsbegründung noch aus den Akten ergäben sich Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründeten. Ferner seien keine Umstände ersichtlich , aus denen sich eine für die angefochtene Entscheidung erhebliche Rechtsverletzung ergebe. Insoweit sei es an eine vertretbare und rechtsfehlerfreie Auslegung und Wertung des Amtsgerichts - ungeachtet der eigenen Gewichtungstendenz - gebunden.
Der Kläger sei in drucktechnisch hervorgehobener Form über sein Widerspruchsrecht, den Fristbeginn sowie die Dauer der Widerspruchsfrist und damit ordnungsgemäß belehrt worden. Auch die von § 5a Abs. 1 VVG geforderten Unterlagen hätten am 7. Juli 1999 vollständig vorgelegen. Dagegen wende sich der Kläger auch nicht; er rüge vielmehr, daß die Spielräume der Beklagten bei der Ermittlung des auf die Versicherungsnehmer zu verteilenden Überschusses nicht deutlich gemacht würden. Eine möglicherweise intransparente Regelung in den Allgemeinen Versicherungsbedingungen habe aber nicht zur Folge, daß die 14tägige Frist für den Widerspruch (§ 5a Abs. 1 Satz 1 VVG) nicht in Lauf gesetzt werde (§ 5a Abs. 2 Satz 1 VVG).
2. Die Revision macht zunächst geltend, das Berufungsurteil unterliege schon deshalb der Aufhebung, weil es die Berufungsanträge auch dem Sinne nach nicht erkennen lasse; deren Wiedergabe sei aber auch nach der hier anzuwendenden Neufassung des § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO nicht entbehrlich (BGHZ 154, 99, 100 f.; Urteil vom 6. Juni 2003 - V ZR 392/02 - NJW-RR 2003, 1290 unter II 1 a; Urteil vom 25. Juni 2003 - IV ZR 322/02 - NJW-RR 2003, 1248 unter 1; Urteil vom 22. Dezember 2003 - VIII ZR 122/03 - unter 2, zur Veröffentlichung bestimmt
).
Dagegen wendet sich die Beklagte mit Recht. In den Gründen des Berufungsurteils wird als Ergebnis formuliert, das Amtsgericht habe den geltend gemachten Anspruch auf Rückzahlung der geleisteten Beiträge zu Recht aberkannt. Diese mit keinerlei Einschränkungen versehene Formulierung setzt, da das Berufungsurteil nicht auf das Protokoll der Verhandlung vor dem Berufungsgericht, sondern nur auf die tatsächli-
chen Feststellungen im Urteil des Amtsgerichts Bezug nimmt, voraus, daß der Kläger den aberkannten Anspruch unverändert mit der Berufung weiterverfolgt hat. Sonst hätte für das Berufungsgericht kein Anlaß bestanden , die Abweisung des - nach wie vor - "geltend gemachten Anspruchs" insgesamt für rechtmäßig zu erklären. Dieses Verständnis wird durch die weiteren Ausführungen des Berufungsgerichts zur Unwirksamkeit des vom Kläger erklärten Widerspruchs bestärkt. Nach den gesamten Umständen des Falles hält der Senat den Berufungsantrag hier für gerade noch hinreichend aus den Formulierungen des Berufungsurteils erkennbar.
3. Die Tatsachen, die diesem Rechtsstreit zugrunde liegen, nämlich der Versicherungsantrag des Klägers, die Übersendung des Versicherungsscheins vom 7. Juli 1999 nebst Anlagen sowie der Widerspruch des Klägers vom 7. Juli 2000 sind unstreitig. Soweit es für die auf 14 Tage nach Zugang aller Unterlagen beschränkte Widerspruchsfrist des § 5a Abs. 2 Satz 1 VVG darauf ankommt, daß der Versicherungsnehmer über das Widerspruchsrecht, den Fristbeginn und deren Dauer "in drucktechnisch deutlicher Form" belehrt worden ist, hat das Berufungsgericht diese Voraussetzungen, zu denen sich das Amtsgericht in seinem Urteil nicht geäußert hatte, erstmals selbst geprüft und für erfüllt gehalten. Mithin kommt es auf die von der Revision angegriffene Ansicht des Berufungsgerichts , es sei an vertretbare und rechtsfehlerfreie Auslegungen und Wertungen des Amtsgerichts gebunden, im vorliegenden Fall nicht an. Darüber hinaus rügt die Revision vor allem, die Belehrung über das Widerspruchsrecht entspreche hier nicht den Anforderungen von § 5a Abs. 2 Satz 1 VVG und habe daher die Frist des § 5a Abs. 1 Satz 1 VVG nicht in Lauf gesetzt. Die von der Beklagten erteilte Belehrung zeichne
sich zwar durch fettere Lettern als der übrige Text aus, sei aber nicht auf einem gesonderten Blatt niedergelegt oder an exponierter Stelle aufgeführt worden, wie etwa zu Beginn des Versicherungsscheins oder an dessen Ende unterhalb der Unterschriften der Beklagtenvertreter oder auch unterhalb der den Versicherungsnehmer interessierenden Abrechnung der Beiträge.
Dem ist im Ergebnis zuzustimmen.
a) Die Beklagte hat dem Versicherungsschein Anlagen beigefügt, die sich - jeweils unter einer durch Unterstreichung hervorgehobenen Überschrift - zunächst mit den Garantiewerten, danach mit Allgemeinen Verbraucherinformationen und ferner mit Erläuterungen zum Versicherungsvertrag befassen. Dort schließt sich nach einem kurzen Abschnitt über die Vertragsgrundlagen in etwas fetteren Lettern als der vor- und nachstehende Text folgender Abschnitt an: Widerspruchsrecht Mit diesem Versicherungsschein haben Sie die Versicherungsbedingungen , die Verbraucherinformation, das Steuermerkblatt und das Merkblatt für die Datenverarbeitung erhalten. Der Versicherungsvertrag gilt auf der Grundlage dieser Unterlagen als abgeschlossen. Ab dem Zugang dieser Unterlagen haben Sie 14 Tage lang das Recht, diesem Vertrag zu widersprechen. Diese Belehrung entspricht den gesetzlichen Anforderungen jedenfalls aus den folgenden Gründen nicht:
b) § 5a Abs. 1 Satz 1 VVG in der hier maßgebenden Fassung fordert für den Widerspruch ausdrücklich Schriftlichkeit und macht die Ein-
haltung dieser Form damit zur Voraussetzung für die Wirksamkeit des Widerspruchs (zu den Anforderungen im einzelnen vgl. Römer in Römer/ Langheid, VVG 2. Aufl. § 5a Rdn. 36). Die in § 5a Abs. 2 Satz 1 VVG geforderte Belehrung über das Widerspruchsrecht schließt nach dem Sinnzusammenhang mit Abs. 1 Satz 1 eine Belehrung über die zur Wirksamkeit des Widerspruchs erforderliche Schriftform ein (OLG Oldenburg NVersZ 2002, 255, 256; vgl. auch OLG Braunschweig WM 2000, 814, 815; OLG Celle WM 2000, 816, 817 f.). Ein solcher Hinweis fehlt jedoch in der Belehrung der Beklagten, die sie im Zusammenhang mit der Zusendung der Police erteilt hat. Sie fehlt im übrigen auch in der vorangegangenen Belehrung über das Widerspruchsrecht, die die Beklagte unter der Überschrift "Schlußerklärung des Antragstellers und der zu versichernden Person" in das Formular des Versicherungsantrags aufgenommen hat. Allerdings könnte eine ausreichende Belehrung im Antrag die vom Gesetz vorgeschriebene Belehrung im Zusammenhang mit der Übersendung der Police ohnehin nicht ersetzen (Lorenz, VersR 1995, 616, 622).
c) Die Beklagte belehrt zwar über den Beginn und die Dauer der Widerspruchsfrist. Damit der Verbraucher die Frist ausschöpfen kann, ist aber der Hinweis unverzichtbar, daß die rechtzeitige Absendung des Widerspruchs nach § 5a Abs. 2 Satz 3 VVG genügt. Auch darauf muß sich die Belehrung erstrecken (Stiefel/Hofmann, Kraftfahrtversicherung 17. Aufl. VVG § 5a Rdn. 21; vgl. Prölss in Prölss/Martin, VVG 26. Aufl. § 8 Rdn. 46; Römer, aaO § 8 Rdn. 61).
d) Was die von § 5a Abs. 2 Satz 1 VVG geforderte drucktechnisch deutliche Form der Belehrung angeht, ist die Würdigung des Tatrichters
unvollständig. Er läßt unberücksichtigt, daß die Belehrung hier im Konvolut der übersandten Vertragsunterlagen nahezu untergeht. Sie wird dem Verbraucher weder gesondert präsentiert noch drucktechnisch so stark hervorgehoben, daß sie ihm beim Durchblättern der acht Seiten, aus denen allein der Versicherungsschein und seine Anlage bestehen, nicht entgehen könnte, selbst wenn er nicht nach einer Widerspruchsmöglichkeit sucht. Der für diese Belehrung benutzte Fettdruck wird auch für die Überschriften der anderen Unterabschnitte der Erläuterungen zum Versicherungsvertrag verwendet (wie "Vertragsgrundlagen", "Versicherungsdauer" , "Beitragszahlung" etc.) und hebt sich nicht wesentlich vom übrigen Text ab. Die Belehrung ist weder durch eine andere Farbe, Schriftart oder -größe noch durch Einrücken, Einrahmen oder in anderer Weise hervorgehoben. Die mitübersandten, anschließenden siebzehn Seiten mit Allgemeinen Versicherungsbedingungen und weiteren Hinweisen unterscheiden sich drucktechnisch ebenfalls nicht hinreichend von den vorangegangenen acht Seiten Vertragsunterlagen; damit werden die Möglichkeiten eines Verbrauchers, das Widerspruchsrecht und seine Voraussetzungen zu entdecken, noch weiter eingeschränkt, wenn er die ihm zugesandten Papiere nicht im einzelnen liest und zu verstehen versucht. Das wird der Bedeutung des Widerspruchsrechts nicht gerecht, mit dem der Verbraucher den Vertrag insgesamt und ungeachtet seiner zahlreichen Einzelheiten ablehnen kann. Die Widerspruchsbelehrung ist deshalb hier auch deswegen unwirksam, weil es an der von § 5a Abs. 2 Satz 1 VVG geforderten Deutlichkeit fehlt (vgl. BGH, Urteil vom 25. April 1996 - X ZR 139/94 - NJW 1996, 1964 unter 2 b).
Die 14tägige Widerspruchsfrist des § 5a Abs. 1 Satz 1 VVG ist mithin nicht wirksam in Lauf gesetzt worden. Danach kommt es auf die
weiteren, vom Landgericht zurückgewiesenen und von der Revision wieder ins Feld geführten Bedenken hinsichtlich der Versicherungsbedingungen und Verbraucherinformationen hier nicht mehr an.
4. Unstreitig ist der Widerspruch des Klägers innerhalb der Jahresfrist des § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG schriftlich bei der Beklagten eingegangen. Der Widerspruch ist damit wirksam geworden; ein Versicherungsvertrag ist trotz der vom Kläger bereits gezahlten Prämien nicht zustande gekommen. Für die geleisteten Beitragszahlungen fehlt mithin ein Rechtsgrund. Der Kläger kann sie nach § 812 Abs. 1 BGB herausverlangen. Anhaltspunkte für einen Rechtsmißbrauch des Klägers sind weder geltend gemacht noch ersichtlich.
Weiterhin verlangt der Kläger Herausgabe der Nutzungen, die die Beklagte aus den vom Kläger gezahlten Prämien gezogen hat. Der Anspruch rechtfertigt sich aus § 818 Abs. 1 BGB. Die Beklagte hat die vom Kläger behauptete Höhe dieser Nutzungen (7% Zinsen pro Jahr) nicht bestritten. Nach eigenem Vortrag hat der Kläger den zurückgeforderten Gesamtbetrag aber nicht insgesamt für das ganze Jahr im voraus gezahlt , sondern pro Monat jeweils 400 DM. Demgemäß waren auch die Nutzungen zu bemessen, die die Beklagte zu erstatten hat.
Darüber hinaus fordert der Kläger Verzugszinsen. Sein Widerspruch vom 7. Juli 2000 stellt keine Rechnung oder gleichwertige Zahlungsaufforderung im Sinne von § 284 Abs. 3 BGB in der vom 1. Mai 2000 bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Fassung dar (vgl. Palandt/ Heinrichs, BGB 63. Aufl. § 286 Rdn. 2, 29). Die Beklagte ist durch ein Schreiben des vom Kläger beauftragten Geschäftsführers des Bundes
der Versicherten unter Fristsetzung bis zum 14. Dezember 2000 ge- mahnt worden. Erst von diesem Zeitpunkt an kann der Kläger nach der insoweit unverändert gebliebenen Vorschrift des § 288 Abs. 1 BGB einen Verzugszins von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz + ">§ 818 BGB verlangt, vom Beginn der Verzugszinspflicht an aber keine Nutzungsherausgabe mehr. Zusätzlich steht dem Kläger der von ihm weiterhin geforderte Be- " J+ ( "E "> ?K L M
Dr. Kessal-Wulf Felsch
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Im Übrigen sowie im Kostenpunkt wird das Berufungsurteil aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens und des Verfahrens vor dem Gerichtshof der Europäischen Union, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Der Kläger verlangt von der Beklagten Rückzahlung von Versicherungsbeiträgen und Schadensersatz.
- 2
- Er beantragte bei der Beklagten den Abschluss eines Rentenversicherungsvertrages mit Vertragsbeginn zum 1. Dezember 1998. Die Allgemeinen Versicherungsbedingungen und die Verbraucherinformation erhielt er erst mit dem Versicherungsschein. Er wurde nach den Feststellungen des Berufungsgerichts nicht in drucktechnisch deutlicher Form über sein Widerspruchsrecht nach § 5a des Gesetzes über den Versicherungsvertrag (Versicherungsvertragsgesetz - VVG) in der Fassung des Dritten Gesetzes zur Durchführung versicherungsrechtlicher Richtlinien des Rates der Europäischen Gemeinschaften vom 21. Juli 1994 (BGBl. I S. 1630) belehrt.
- 3
- Diese mehrfach geänderte und mit Ablauf des Jahres 2007 außer Kraft getretene Vorschrift hatte in der bis zum 31. Juli 2001 gültigen Fassung folgenden Wortlaut: "(1) Hat der Versicherer dem Versicherungsnehmer bei Antragstellung die Versicherungsbedingungen nicht übergeben oder eine Verbraucherinformation nach § 10a des Versicherungsaufsichtsgesetzes unterlassen, so gilt der Vertrag auf der Grundlage des Versicherungsscheins, der Versicherungsbedingungen und der weiteren für den Vertragsinhalt maßgeblichen Verbraucherinformation als abgeschlossen , wenn der Versicherungsnehmer nicht innerhalb von vierzehn Tagen nach Überlassung der Unterla- gen schriftlich widerspricht. … (2) Der Lauf der Frist beginnt erst, wenn dem Versicherungsnehmer der Versicherungsschein und die Unterlagen nach Absatz 1 vollständig vorliegen und der Versicherungsnehmer bei Aushändigung des Versicherungsscheins schriftlich, in drucktechnisch deutlicher Form über das Widerspruchsrecht , den Fristbeginn und die Dauer belehrt worden ist. Der Nachweis über den Zugang der Unterlagen obliegt dem Versicherer. Zur Wahrung der Frist genügt die rechtzeitige Absendung des Widerspruchs. Ab- weichend von Satz 1 erlischt das Recht zum Widerspruch jedoch ein Jahr nach Zahlung der ersten Prämie."
- 4
- Von Dezember 1998 bis Dezember 2002 zahlte der Kläger Versicherungsbeiträge in Höhe von insgesamt 51.129,15 €. Nachdem er den Vertrag am 1. Juni 2007 gekündigt hatte, kehrte ihm die Beklagte im September 2007 einen Rückkaufswert von 52.705,94 € aus. Mit Schreiben vom 31. März 2008 erklärte der Kläger den Widerspruch nach § 5a Abs. 1 Satz 1 VVG a.F. gegenüber der Beklagten und forderte sie zur Rückzahlung aller Beiträge nebst Zinsen auf.
- 5
- Der Kläger meint, der Rentenversicherungsvertrag sei nicht wirksam zustande gekommen. Auch nach Ablauf der Frist des - gegen die unten genannten Richtlinien verstoßenden - § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. habe er den Widerspruch erklären können. Außerdem sei ihm die Beklagte zum Schadensersatz verpflichtet, weil sie ihn vor Vertragsschluss nicht über Abschlusskosten, Provisionen, Stornokosten und deren Verrechnung nach dem Zillmerverfahren, die damit verbundenen Nachteile im Falle einer Kündigung sowie über die Berechnung der Überschussbeteiligung informiert habe.
- 6
- Das Landgericht hat die Klage, mit der der Kläger in der Hauptsache unter Verrechnung des Rückkaufswerts weitere 22.272,56 € von der Beklagten verlangt hat, abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat die Berufung zurückgewiesen. Diese Forderung verfolgt der Kläger mit der Revision weiter.
- 7
- Der erkennende Senat hat mit Beschluss vom 28. März 2012 (VersR 2012, 608) dem Gerichtshof der Europäischen Union zur Vorabentscheidung die Frage vorgelegt, ob Art. 15 Abs. 1 Satz 1 der Zwei- ten Richtlinie 90/619/EWG des Rates vom 8. November 1990 zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften für die Direktversicherung (Lebensversicherung) und zur Erleichterung der tatsächlichen Ausübung des freien Dienstleistungsverkehrs sowie zur Änderung der Richtlinie 79/267/EWG (Zweite Richtlinie Lebensversicherung, ABl. L 330 S. 50) unter Berücksichtigung des Art. 31 Abs. 1 der Richtlinie 92/96/EWG vom 10. November 1992 zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften für die Direktversicherung (Lebensversicherung) sowie zur Änderung der Richtlinien 79/267/EWG und 90/619/EWG (Dritte Richtlinie Lebensversicherung, ABl. L 360 S. 1) dahin auszulegen ist, dass er einer Regelung - wie § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. - entgegensteht , nach der ein Rücktritts- oder Widerspruchsrecht spätestens ein Jahr nach Zahlung der ersten Versicherungsprämie erlischt, selbst wenn der Versicherungsnehmer nicht über das Recht zum Rücktritt oder W iderspruch belehrt worden ist. Der Gerichtshof der Europäischen Union hat durch Urteil vom 19. Dezember 2013 (C-209/12, VersR 2014, 225) die Vorlagefrage bejaht.
Entscheidungsgründe:
- 8
- Die Revision ist bezüglich der Schadensersatzforderung als unzulässig zu verwerfen. Im Übrigen führt sie zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
- 9
- A. Dieses hat - soweit für das Revisionsverfahren von Bedeutung - ausgeführt: Dem Kläger stehe kein Rückerstattungsanspruch aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB zu. Da er bei Antragstellung die Versicherungs- bedingungen und die Verbraucherinformation noch nicht von der Beklagten erhalten habe, sei trotz der übereinstimmenden Willenserklärungen beider Vertragsparteien der Versicherungsvertrag zunächst schwebend unwirksam gewesen und hätte durch den Widerspruch des Klägers endgültig unwirksam werden können. Die Beklagte habe den Kläger nicht in drucktechnisch hervorgehobener Form über sein Widerspruchsrecht belehrt , so dass die Widerspruchsfrist gemäß § 5a Abs. 2 Satz 1 VVG a.F. nicht in Gang gesetzt worden sei. Der Vertrag sei gemäß § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. erst ein Jahr nach Zahlung der ersten Prämie, d.h. spätestens mit Ablauf des Monats Januar 2000, rückwirkend endgültig wirksam geworden. Der lange nach Ablauf der Jahresfrist erklärte Widerspruch des Klägers habe hieran nichts mehr ändern können. Die Regelung des § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. sei unter Berücksichtigung des europäischen Rechts nicht zu beanstanden.
- 10
- Der Kläger habe auch keinen Schadensersatzanspruch auf Rückzahlung der Prämien und Erstattung entgangener Zinsvorteile wegen vorvertraglicher Aufklärungspflichtverletzung nach den Grundsätzen des Verschuldens bei Vertragsschluss.
- 11
- B. Die unbeschränkt eingelegte Revision ist mangels Zulassung hinsichtlich des geltend gemachten Schadensersatzanspruchs nicht zulässig. Sie ist nur statthaft, soweit das Berufungsgericht ein Widerspruchsrecht des Klägers und einen daraus abgeleiteten Anspruch nach § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB verneint hat. Es hat die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung beschränkt auf die Frage, ob die Vorschriften des § 5a VVG a.F. den Regelungen der Europäischen Union entsprechen , zugelassen. Diese im Tenor und in den Entscheidungsgründen des Berufungsurteils mit der gebotenen Deutlichkeit zum Ausdruck gebrachte Beschränkung der Revisionszulassung ist wirksam. Es geht nicht um eine - unzulässige - Beschränkung auf einzelne von mehreren Anspruchsgrundlagen oder auf bestimmte Rechtsfragen. Die zum Anlass für die Zulassung genommene Frage betrifft einen tatsächlich und rechtlich selbständigen , abtrennbaren Teil des Gesamtstreitstoffs, auf den auch die Partei selbst die Revision beschränken könnte (vgl. Senatsurteil vom 17. September 2008 - IV ZR 191/05, VersR 2008, 1524 Rn. 7; BGH, Urteile vom 19. April 2013 - V ZR 113/12, NJW 2013, 1948 Rn. 9; vom 27. September 2011 - II ZR 221/09, WM 2011, 2223 Rn. 18; Beschluss vom 16. Dezember 2010 - III ZR 127/10, WM 2011, 526 Rn. 5; jeweils m.w.N.). Der dem Bereicherungsanspruch zugrunde liegende Sachverhalt kann in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht unabhängig von dem für die Schadensersatzforderung maßgeblichen Prozessstoff beurteilt werden. Der - auf Vertragsaufhebung und Rückzahlung der Prämien gerichtete - Anspruch wegen vorvertraglicher Aufklärungspflichtverletzung, über den das Berufungsgericht entschieden hat, bestünde ungeachtet der Entscheidung zum Zustandekommen des Vertrags nach § 5a VVG a.F. und konnte daher von der Zulassung ausgenommen werden.
- 12
- C. Die Revision ist, soweit sie zulässig ist, begründet. Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung kann dem Kläger ein Bereicherungsanspruch aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB nicht versagt werden.
- 13
- I. Der Kläger kann dem Grunde nach aus ungerechtfertigter Bereicherung Rückzahlung der an die Beklagte gezahlten Prämien verlangen, weil er diese rechtsgrundlos geleistet hat.
- 14
- 1. Ein Rechtsgrund ergibt sich nicht aus dem zwischen den Parteien abgeschlossenen Rentenversicherungsvertrag. Dieser ist auf der Grundlage des § 5a VVG a.F. nicht wirksam zustande gekommen, weil der Kläger mit seinem Schreiben vom 31. März 2008 rechtzeitig den Widerspruch erklärt hat.
- 15
- a) Da die Beklagte dem Kläger bei Antragstellung die Versicherungsbedingungen nicht übergeben und eine den Anforderungen des § 10a des Versicherungsaufsichtsgesetzes (VAG) a.F. genügende Verbraucherinformation unterlassen hatte, hätte ein wirksamer Vertrag nur nach Maßgabe des § 5a VVG a.F. zustande kommen können. Diese Vorschrift regelte den Vertragsschluss nach dem so genannten Policenmodell. Der Antrag des Versicherungsnehmers stellte das Angebot zum Abschluss des Vertrages dar. Dieses nahm der Versicherer dadurch an, dass er dem Versicherungsnehmer mit der Versicherungspolice die Allgemeinen Versicherungsbedingungen und die für den Vertragsschluss maßgebliche Verbraucherinformation übersandte. Durch die Annahme kam der Vertrag aber noch nicht zustande; vielmehr galt er gemäß § 5a Abs. 1 Satz 1 VVG a.F. erst dann als abgeschlossen, wenn der Versicherungsnehmer nicht innerhalb von 14 Tagen nach Überlassen der Unterlagen widersprach. Bis zum Ablauf dieser Frist war von einem schwebend unwirksamen Vertrag auszugehen (vgl. dazu nur Vorlagebeschluss vom 28. März 2012 - IV ZR 76/11, VersR 2012, 608 Rn. 10; Senatsurteil vom 24. November 2010 - IV ZR 252/08, VersR 2011, 337 Rn. 22; jeweils m.w.N.).
- 16
- Hier kann dahinstehen, ob das Policenmodell als solches mit den genannten Richtlinien unvereinbar ist und ob sich ein Versicherungs- nehmer, der ordnungsgemäß über sein Widerspruchsrecht belehrt worden ist und die Versicherungsbedingungen sowie eine Verbraucherinformation erhalten hat, darauf nach Durchführung des Vertrages berufen könnte. Jedenfalls wurde die 14-tägige Widerspruchsfrist gegenüber dem Kläger nicht in Lauf gesetzt. Nach den für das Revisionsverfahren bindenden Feststellungen des Berufungsgerichts belehrte die Beklagte den Kläger auch im Zuge der Annahme des Antrags und Übersendung des Versicherungsscheins nicht in drucktechnisch deutlicher Form i.S. von § 5a Abs. 2 Satz 1 VVG a.F. über sein Widerspruchsrecht.
- 17
- b) Für einen solchen Fall bestimmte § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F., dass das Widerspruchsrecht ein Jahr nach Zahlung der ersten Prämie erlischt. Nachdem der Kläger die erste von ihm geschuldete Prämie im Dezember 1998 gezahlt hatte, wäre nach dieser Bestimmung sein Recht zum Widerspruch längst erloschen gewesen, als er diesen im März 2008 erklärte. Indes bestand sein Widerspruchsrecht nach Ablauf der Jahresfrist und noch im Zeitpunkt der Widerspruchserklärung fort.
- 18
- aa) Das ergibt sich aus einer richtlinienkonformen Auslegung des § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. auf der Grundlage der Vorabentscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 19. Dezember 2013 (VersR 2014, 225).
- 19
- (1) Dieser hat entschieden, dass Art. 15 Abs. 1 der Zweiten Richtlinie Lebensversicherung unter Berücksichtigung des Art. 31 der Dritten Richtlinie Lebensversicherung dahin auszulegen ist, dass er einer nationalen Regelung wie § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. entgegensteht, nach der ein Rücktrittsrecht spätestens ein Jahr nach Zahlung der ersten Ver- sicherungsprämie erlischt, wenn der Versicherungsnehmer nicht über das Recht zum Rücktritt belehrt worden ist (aaO Rn. 32).
- 20
- (2) An dieses Auslegungsergebnis sind die nationalen Gerichte gebunden. Sie sind nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union aufgrund des in Art. 288 Abs. 3 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) verankerten Umsetzungsgebots und des aus Art. 4 Abs. 3 des Vertrages über die Europäische Union (EUV) folgenden Grundsatzes der Unionstreue zudem verpflichtet , die Auslegung des nationalen Rechts unter voller Ausschöpfung des ihnen dadurch eingeräumten Beurteilungsspielraums soweit wie möglich am Wortlaut und Zweck der Richtlinie auszurichten, um das mit ihr verfolgte Ziel zu erreichen (vgl. EuGH, Slg. 2004, I-8835 Rn. 113 - Pfeiffer u.a.; Slg. 1984, 1891 Rn. 26, 28 - von Colson u.a., jeweils m.w.N.). Der Grundsatz der richtlinienkonformen Auslegung verlangt von den nationalen Gerichten mehr als bloße Auslegung im engeren Sinne entsprechend dem Verständnis in der nationalen Methodenlehre. Er erfordert auch, das nationale Recht, wo dies nötig und nach der nationalen Methodenlehre möglich ist, richtlinienkonform fortzubilden (BGH, Beschluss vom 8. Januar 2014 - V ZB 137/12, juris Rn. 10; Urteile vom 21. Dezember 2011 - VIII ZR 70/08, BGHZ 192, 148 Rn. 30; vom 26. November 2008 - VIII ZR 200/05, BGHZ 179, 27 Rn. 21 m.w.N.; Riesenhuber /Roth, Europäische Methodenlehre 2. Aufl. 2010 § 14 Rn. 17 m.w.N.). Terminologisch unterscheidet der Gerichtshof der Europäischen Union nicht zwischen Auslegung und Rechtsfortbildung (Riesenhuber/Neuner aaO § 13 Rn. 2; Riesenhuber/Roth aaO § 14 Rn. 17; Höpfner, RdA 2013, 16, 22 m.w.N.; Mörsdorf, ZIP 2008, 1409, 1415 m.w.N.). Allerdings findet die Pflicht zur Verwirklichung des Richtlinienziels im Auslegungswege zugleich ihre Grenzen an dem nach innerstaatlicher Rechtstradition methodisch Erlaubten (BVerfG, NJW 2012, 669 Rn. 47 m.w.N.).
- 21
- (3) Einer Auslegung im engeren Sinne ist § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. nicht zugänglich. Dem steht der eindeutige Wortlaut der Vorschrift entgegen. Sie bestimmte ein Erlöschen des Widerspruchsrechts unabhängig davon, ob der Versicherungsnehmer über dieses Recht belehrt war. Die Regelung ist aber richtlinienkonform teleologisch dergestalt zu reduzieren, dass sie im Anwendungsbereich der Zweiten und der Dritten Richtlinie Lebensversicherung keine Anwendung findet und für davon erfasste Lebens- und Rentenversicherungen sowie Zusatzversicherungen zur Lebensversicherung (Art. 1 Ziffer 1 A bis C der Ersten Richtlinie 79/267/EWG des Rates vom 5. März 1979 zur Koordinierungder Rechtsund Verwaltungsvorschriften über die Aufnahme und Ausübung der Direktversicherung (Lebensversicherung) i.V.m. Art. 2 Abs. 1 der Richtlinie 92/96/EWG des Rates vom 10. November 1992) grundsätzlich ein Widerspruchsrecht fortbesteht, wenn der Versicherungsnehmer nicht ordnungsgemäß über sein Recht zum Widerspruch belehrt worden ist und/oder die Verbraucherinformation oder die Versicherungsbedingungen nicht erhalten hat. Hingegen ist § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. - innerhalb seiner zeitlichen Geltungsdauer - für alle Versicherungsarten außerhalb des Bereichs der Richtlinien unverändert anwendbar.
- 22
- (a) Die Vorschrift weist die für eine teleologische Reduktion erforderliche verdeckte Regelungslücke im Sinne einer planwidrigen Unvollständigkeit des Gesetzes auf (vgl. BGH, Urteile vom 21. Dezember 2011 - VIII ZR 70/08, BGHZ 192, 148 Rn. 31; vom 26. November 2008 - VIII ZR 200/05, BGHZ 179, 27 Rn. 22 m.w.N.).
- 23
- (aa) Eine solche liegt vor, wenn das ausdrücklich angestrebte Ziel einer richtlinienkonformen Umsetzung durch die Regelung nicht erreicht worden ist und ausgeschlossen werden kann, dass der Gesetzgeber die Regelung in gleicher Weise erlassen hätte, wenn ihm bekannt gewesen wäre, dass sie nicht richtlinienkonform ist (BGH, Urteile vom 21. Dezember 2011 - VIII ZR 70/08, BGHZ 192, 148 Rn. 34; vom 26. November 2008 - VIII ZR 200/05, BGHZ 179, 27 Rn. 25 m.w.N.; vgl. auch BGH, Beschluss vom 8. Januar 2014 - V ZB 137/12, juris Rn. 11). Eine planwidrige Regelungslücke ist nicht nur dann gegeben, wenn Wertungswidersprüche zwischen zwei innerstaatlichen Normen bestehen (so aber: OLG München VersR 2013, 1025, 1029 m.w.N.; Höpfner, RdA 2013, 16, 22 unter Berufung auf BGH, Urteil vom 26. November 2008 aaO). Dies lässt sich der genannten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht entnehmen und entspricht auch nicht etwa einem zwingenden Verständnis der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union. Dieser hat sich im Sinne einer Vermutungsregel geäußert, dass ein Mitgliedstaat , der von einem mit einer Richtlinie eingeräumten Gestaltungsspielraum Gebrauch gemacht hat, die Verpflichtungen aus der Richtlinie auch in vollem Umfang umsetzen wollte (EuGH, Slg. 2004, I-8835 Rn. 112 - Pfeiffer u.a.). Der Normzweck ist daher - außer im Falle einer ausdrücklichen Umsetzungsverweigerung - unter Berücksichtigung des gesetzgeberischen Willens zu bestimmen, eine Richtlinie korrekt umzusetzen. Dem Gesetzgeber kann nicht unterstellt werden, dass er sehenden Auges einen Richtlinienverstoß in Kauf nehmen wollte (vgl. zu § 5 Abs. 2 HWiG a.F. BGH, Urteil vom 9. April 2002 - XI ZR 91/99, BGHZ 150, 248, 257). Die Richtlinie dient dabei gleichzeitig als Maßstab der Lückenfeststellung sowie der Lückenschließung (Mörsdorf, ZIP 2008, 1409, 1415 m.w.N.).
- 24
- (bb) § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. steht in Widerspruch zu dem mit dem Gesetz verfolgten Grundanliegen, die Dritte Richtlinie Lebensversicherung ordnungsgemäß umzusetzen. Bei § 5a VVG a.F. handelt es sich insgesamt um eine Umsetzungsnorm. Aus der Begründung des Regierungsentwurfs des Dritten Durchführungsgesetzes/EWG zum VAG ergibt sich, dass der in diesem Gesetz enthaltene neue § 10a u.a. Art. 31 i.V.m. Anhang II. A. der Dritten Lebensversicherungsrichtlinie über die Verbraucherinformation vor Abschluss und während der Laufzeit des Versicherungsvertrages in deutsches Recht umsetzt (BT-Drucks. 12/6959 S. 55). Die Verbraucherinformation sollte eingeführt werden, weil bei den unter die Dritte Richtlinie fallenden Versicherungsunternehmen die Bedingungen und Berechnungsgrundlagen nicht mehr Teil des vorab zu genehmigenden Geschäftsplanes waren (Begr. Ausschussempfehlung BT-Drucks. 12/7595 S. 102). Der aufgrund der Beschlussempfehlung des Finanzausschusses hinzugekommene neue § 5a VVG stellt eine Einschränkung des § 10a VAG dar. Er beruht ausweislich der Begründung dieser später umgesetzten Anregung darauf, dass die im Regierungsentwurf des § 10a VAG geplanten, vor Abschluss des Vertrages zu erfüllenden Informationsverpflichtungen "in der Praxis auf z.T. unüberwindbare Schwierigkeiten stießen" (BT-Drucks. 12/7595 aaO). Vor diesem Hintergrund stellen § 10a VAG und § 5a VVG einen einheitlich zu betrachtenden Komplex dar, mit dem die Dritte Richtlinie Lebensversicherung in deutsches Recht umgesetzt wurde (ebenso Brand, VersR 2014, 269, 274). Dies ist auch der Begründung der Ausschussempfehlung zu entnehmen, die ausdrücklich von einer Verknüpfung der Vorschriften des § 10a VAG und § 5a VVG spricht. Die Regelung in zwei verschiedenen Gesetzen beruhe lediglich darauf, dass die Konkretisierung der Verbraucherinformation im VAG verbleiben müsse, weil es sich um eine gewerberechtliche Frage handele und die Ansiedlung im VAG Voraussetzung für eine Kontrolle durch das Bundesaufsichtsamt für das Versicherungswesen sei (BT-Drucks. 12/7595 aaO).
- 25
- Der nationale Gesetzgeber bezweckte danach mit § 5a VVG a.F. nicht primär eine Harmonisierung des Aufsichtsrechts. Diese - in der Instanzrechtsprechung immer wieder vertretene - These lässt sich aus dem für die Verbraucherinformation maßgeblichen 23. Erwägungsgrund zur Dritten Richtlinie Lebensversicherung, die der nationale Gesetzgeber umsetzen wollte, nicht entnehmen. Dort wird das Informationsbedürfnis des Versicherungsnehmers so umschrieben: "Im Rahmen eines einheitlichen Versicherungsmarkts wird dem Verbraucher eine größere und weiter gefächerte Auswahl von Verträgen zur Verfügung stehen. Um diese Vielfalt und den verstärkten Wettbewerb voll zu nutzen, muss er im Besitz der notwendigen Informationen sein, um den seinen Bedürfnissen am ehesten entsprechenden Vertrag auszuwählen." Ein Bezug zum Aufsichtsrecht ist daraus nicht zu entnehmen.
- 26
- Die zu der Ausnahmeregelung des § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. gegebene Begründung, die Ausschlussfrist sei im Interesse des Rechtsfriedens erforderlich (BT-Drucks. 12/7595 S. 111), ändert nichts am Zweck des gesamten Regelungskomplexes, die Richtlinie umzusetzen. Strebt der Gesetzgeber eine richtlinienkonforme Umsetzung an, ist diesem - wenn auch möglicherweise unvollkommen verwirklichten - Zweck Vorrang vor der mit der Einzelnorm verfolgten Zielrichtung zu geben (vgl. Riesenhuber/Roth, Europäische Methodenlehre, 2. Aufl. 2010 § 14 Rn. 59; so im Ergebnis auch BGH; Beschluss vom 8. Januar 2014 - V ZB 137/12, juris; Urteile vom 21. Dezember 2011 - VIII ZR 70/08, BGHZ 192, 148; vom 26. November 2008 - VIII ZR 200/05, BGHZ 179, 27; vom 9. April 2002 - XI ZR 91/99, BGHZ 150, 248; a.A. Brand, VersR 2014, 269, 274).
- 27
- (b) Die Regelungslücke des § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. ist richtlinienkonform dergestalt zu schließen, dass die Vorschrift im Bereich der Lebens- und Rentenversicherung und der Zusatzversicherungen zur Lebensversicherung nicht anwendbar ist, aber auf die von der Dritten Richtlinie Lebensversicherung nicht erfassten Versicherungsarten uneingeschränkt Anwendung findet (so auch OLG Celle, Urteil vom 27. Februar 2014 - 8 U 192/13, juris Rn. 42 ff.).
- 28
- (aa) Die Ausfüllung einer Regelungslücke durch die Gerichte muss den allgemeinen Gerechtigkeitsvorstellungen entsprechen und in möglichst enger Anlehnung an das geltende Recht vorgenommen werden (BVerfGE 37, 67, 81). Vorgaben des Gerichtshofs der Europäischen Union sind im Rahmen einer interpretatorischen Gesamtabwägung (vgl. Riesenhuber /Habersack/Mayer, Europäische Methodenlehre, 2. Aufl. 2010 § 15 Rn. 37) hinreichend umzusetzen. Dabei dürfen die Grenzen des den Gerichten im Rahmen der richterlichen Rechtsfortbildung zustehenden Gestaltungsspielraums nicht überschritten werden (vgl. hierzu Palandt/ Sprau, BGB 73. Aufl. Einl. Rn. 56). Weder das Gemeinschaftsrecht noch das nationale Recht fordern eine einheitliche Auslegung des europäischen und des national-autonomen Rechts (Riesenhuber/Habersack/ Mayer aaO § 15 Rn. 24 ff., 36; Mörsdorf, ZIP 2008, 1409, 1416 m.w.N. auch zur Gegenauffassung). Das Gebot richtlinienkonformer Auslegung des nationalen Rechts reicht nur so weit wie der in Art. 288 Abs. 3 AEUV verankerte Umsetzungsbefehl der entsprechenden Richtlinie (Mörsdorf aaO). Zulässig ist demnach eine gespaltene Auslegung dergestalt, dass eine nationale Norm durch richtlinienkonforme Auslegung nur insoweit korrigiert wird, als sie mit den Anforderungen der Richtlinie nicht übereinstimmt , und im überschießenden - nicht europarechtlich determinierten - Teil unverändert bleibt (vgl. Riesenhuber/Habersack/Mayer aaO § 15 Rn. 36 f.).
- 29
- (bb) Der gegenüber der allgemeinen, für alle Versicherungen geltenden Regelung des § 5a VVG a.F. engere Anwendungsbereich der Dritten Richtlinie Lebensversicherung nur für Lebens- und Rentenversicherungen sowie Zusatzversicherungen zur Lebensversicherung rechtfertigt eine gespaltene Auslegung des § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. Auf diese Weise wird zum einen dem Willen des Gesetzgebers zur Umsetzung der Richtlinie Rechnung getragen und zum anderen für die übrigen, nicht davon erfassten Versicherungsarten die Ausschlussfrist im Interesse der angestrebten Rechtssicherheit beibehalten. Der Gesetzgeber wollte im allgemeinen Teil des VVG eine einheitliche Bestimmung für alle Versicherungsarten treffen. Dies ergibt sich daraus, dass er auf eine Definition des genauen Zeitpunktes der Informationserteilung verzichtet hat, um bei der Frage, wann eine Information noch vor Abschluss des Vertrages erfolgt, den Besonderheiten der einzelnen Versicherungsarten und Vertriebsformen Rechnung tragen zu können und Raum für vertragliche Vereinbarungen zu lassen (Begr. RegE BT-Drucks. 12/6959 S. 55). Der Gesetzgeber hat zwei Entscheidungen getroffen: eine Strukturentscheidung , das Widerspruchsrecht und sein Erlöschen einheitlich für alle Versicherungen zu regeln, und eine Sachentscheidung mit dem Inhalt des § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. (vgl. zu dieser Differenzierung grundsätzlich Riesenhuber/Habersack/Mayer, Europäische Methodenlehre, 2. Aufl. 2010 aaO § 15 Rn. 38). Die Richtlinienwidrigkeit der Sachentscheidung im Bereich der von der Richtlinie erfassten Versicherungsarten war ihm nicht bekannt. Dass er an der Strukturentscheidung festgehalten hätte, wenn er eine abweichende Sachentscheidung für Lebens- und Rentenversicherungen hätte treffen müssen, ist nicht anzunehmen (vgl. Riesenhuber /Habersack/Mayer aaO § 15 Rn. 38 m.w.N.; Mayer/Schürnbrand, JZ 2004, 545, 551). Eine Vermutung, der Gesetzgeber hätte für den gesamten Anwendungsbereich der Vorschrift eine richtlinienkonforme Auslegung gewollt, lässt sich aus der Gleichbehandlung im Wortlaut der Norm nicht herleiten (vgl. Herdegen, WM 2005, 1921, 1930 zu § 5 Abs. 2 HWiG a.F.). In einem Großteil der Anwendungsfälle der Norm kann der gesetzgeberische Wille Geltung erlangen, ohne den Anwendungsbereich der Richtlinie zu berühren (vgl. Herdegen aaO). Im überschießend geregelten Bereich der Nicht-Lebensversicherung sind abweichende Auslegungsgesichtspunkte zu beachten (vgl. Riesenhuber/Habersack/Mayer aaO § 15 Rn. 43). Insoweit bestehen keine entsprechenden Richtlinienvorgaben.
- 30
- Die mit dem Dritten Durchführungsgesetz/EWG zum VAG ebenfalls umgesetzte Dritte Richtlinie Schadenversicherung (Richtlinie 92/49/EWG des Rates vom 18. Juni 1992 zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften für die Direktversicherung (mit Ausnahme der Lebensversicherung ) sowie zur Änderung der Richtlinien 73/239/EWG und 88/357/EWG; ABl. L 228 S. 1) fordert zwar auch Verbraucherinformationen , sieht jedoch - anders als die Dritte Richtlinie Lebensversicherung - nicht vor, dem Versicherungsnehmer vor Abschluss des Vertrages "mindestens" die "Modalitäten der Ausübung des Widerrufs und Rücktrittsrechts" mitzuteilen. Zudem hält das nationale Recht den Versicherungsnehmer außerhalb der Lebensversicherung im Hinblick auf die zu erteilenden Informationen für weniger schützenswert. Darauf deutet das in der Empfehlung des Finanzausschusses zu § 5a VVG a.F. genannte Beispiel des Rückkaufswertes in der Lebensversicherung hin (Begr. Aus- schussempfehlung, BT-Drucks. 12/7595 S. 102). Den Produkten der Lebensversicherung wird große Komplexität beigemessen, was die Bedeutung des Verbraucherschutzes erhöht. Hinzu kommt, dass sich der Versicherungsnehmer einer Lebens- oder Rentenversicherung, anders als bei Versicherungen mit jährlicher Wechselmöglichkeit, regelmäßig über einen langen Zeitraum an das Produkt und den Versicherer bindet. Die Entscheidung für einen Vertrag hat hier weiter reichende Folgen und größere wirtschaftliche Bedeutung als bei den meisten anderen Versicherungsarten. Dies findet Ausdruck in § 5a Abs. 1 Satz 2 VVG in der Fassung vom 2. Dezember 2004, der die Widerspruchsfrist für Lebensversicherungsverträge entsprechend der Vorgabe des Art. 17 der Fernabsatzrichtlinie II (Richtlinie 2002/65/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. September 2002 über den Fernabsatz von Finanzdienstleistungen an Verbraucher und zur Änderung der Richtlinie 90/619/EWG des Rates und der Richtlinien 97/7/EG und 98/27/EG, ABl. L 271 S. 16) auf 30 Tage verlängert und damit mehr als verdoppelt hat. Mit Blick auf die besondere Bedeutung der Lebens- und Rentenversicherungen gebietet Art. 3 Abs. 1 GG keine Gleichbehandlung von Lebensund Rentenversicherungen mit anderen Versicherungen.
- 31
- (cc) Das gegen eine gespaltene Auslegung angeführte Argument der Abgrenzungsschwierigkeiten (vgl. BGH, Urteil vom 9. April 2002 - XI ZR 91/99, BGHZ 150, 248, 261 f.) greift bei § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. nicht. Eine Unterscheidung zwischen den einzelnen Versicherungsarten ist ohne weiteres möglich und hängt - anders als die Unterscheidung zwischen verschiedenen Haustürsituationen - nicht von Zufällen des Geschehensablaufes ab.
- 32
- Die gespaltene Auslegung verstößt auch nicht gegen das in Art. 20 Abs. 3 GG verankerte Prinzip der Rechtssicherheit, das Vertrauensschutz für den Bürger gewährleistet. Durfte die betroffene Partei mit der Fortgeltung der bisherigen Rechtslage rechnen und verdient dieses Interesse bei einer Abwägung mit den Belangen des Vertragspartners und den Anliegen der Allgemeinheit den Vorzug, liegt ein Eingriff in rechtlich geschützte Positionen vor (BGH, Urteil vom 26. November 2008 - VIII ZR 200/05, BGHZ 179, 27 Rn. 33 m.w.N.). Die uneingeschränkte Anwendung des § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. konnte nicht als gesichert angesehen werden, weil ihre Richtlinienkonformität im Schrifttum von Anfang an bezweifelt wurde (Berg, VuR 1999, 335, 341 f.; Lorenz, VersR 1997, 773, 782; vgl. Vorlagebeschluss vom 28. März 2012 - IV ZR 76/11, VersR 2012, 608 Rn. 16 m.w.N.).
- 33
- Die richtlinienkonforme Reduktion des § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. bedeutet keine gesetzeswidrige (contra legem) Rechtsschöpfung (so aber OLG München, Urteil vom 10. Oktober 2013 - 14 U 1804/13, juris Rn. 52 ff.; VersR 2013, 1025, 1028). Wie ausgeführt, kann § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. zwar nicht im engeren Sinne ausgelegt, jedoch im Wege der nach nationalem Recht zulässigen und erforderlichen teleologischen Reduktion richtlinienkonform fortgebildet werden, so dass ein ausreichender Anwendungsbereich der gesetzgeberischen Sachentscheidung verbleibt.
- 34
- Schließlich lässt sich der richtlinienkonformen Rechtsfortbildung nicht entgegenhalten, sie laufe auf eine - in ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union abgelehnte (EuGH, NJW 1994, 2473 Rn. 20 - Dori/Recreb; NJW 1986, 2178 Rn. 48 - Marshall) - horizon- tale Drittwirkung der Richtlinie hinaus (vgl. BGH, Urteil vom 9. April 2002 - XI ZR 91/99, BGHZ 150, 248, 259 f.). Zur Anwendung kommt vielmehr im Rahmen des national methodologisch Zulässigen fortgebildetes nationales Recht.
- 35
- bb) Das Widerspruchsrecht des Klägers ist nicht aus anderen Gründen entfallen.
- 36
- (1) Die vom Kläger ausgesprochene Kündigung des Versicherungsvertrages steht dem späteren Widerspruch nicht entgegen. Da der Kläger über sein Widerspruchsrecht nicht ausreichend belehrt wurde, konnte er sein Wahlrecht zwischen Kündigung und Widerspruch nicht sachgerecht ausüben (vgl. Senatsurteil vom 16. Oktober 2013 - IV ZR 52/12, VersR 2013, 1513 Rn. 24).
- 37
- (2) Ein Erlöschen des Widerspruchsrechts nach beiderseits vollständiger Leistungserbringung kommt - anders als in der Sache IV ZR 52/12 (aaO) - schon deshalb nicht in Betracht, weil eine entsprechende Anwendung der Regelungen in den §§ 7 Abs. 2 VerbrKrG, 2 Abs. 1 Satz 4 HWiG nach Außerkrafttreten dieser Gesetze nicht mehr möglich ist (vgl. BGH, Urteil vom 24. November 2009 - XI ZR 260/08, WM 2010, 34 Rn. 16).
- 38
- cc) Der Kläger verstößt mit seiner Rechtsausübung nicht gegen Treu und Glauben.
- 39
- (1) Entgegen der Ansicht der Beklagten hat er sein Recht zum Widerspruch nicht verwirkt. Ein Recht ist verwirkt, wenn seit der Möglichkeit der Geltendmachung längere Zeit verstrichen ist (Zeitmoment) und be- sondere Umstände hinzutreten, die die verspätete Geltendmachung als Verstoß gegen Treu und Glauben erscheinen lassen (Umstandsmoment). Letzteres ist der Fall, wenn der Verpflichtete bei objektiver Betrachtung aus dem Verhalten des Berechtigten entnehmen durfte, dass dieser sein Recht nicht mehr geltend machen werde. Ferner muss sich der Verpflichtete im Vertrauen auf das Verhalten des Berechtigten in seinen Maßnahmen so eingerichtet haben, dass ihm durch die verspätete Durchsetzung des Rechts ein unzumutbarer Nachteil entstünde (st. Rspr., BGH, Urteil vom 23. Januar 2014 - VII ZR 177/13, NJW 2014, 1230 Rn. 13 m.w.N.). Es fehlt hier jedenfalls am Umstandsmoment. Ein schutzwürdiges Vertrauen kann die Beklagte schon deshalb nicht in Anspruch nehmen , weil sie die Situation selbst herbeigeführt hat, indem sie dem Kläger keine ordnungsgemäße Widerspruchsbelehrung erteilte (vgl. dazu unter dem Gesichtspunkt der Rechtssicherheit EuGH, VersR 2014, 225 Rn. 30).
- 40
- (2) Aus demselben Grund liegt in der Geltendmachung des bereicherungsrechtlichen Anspruchs keine widersprüchliche und damit unzulässige Rechtsausübung (vgl. dazu Brand, VersR 2014, 269, 276). Widersprüchliches Verhalten ist nach der Rechtsordnung grundsätzlich zulässig und nur dann rechtsmissbräuchlich, wenn für den anderen Teil ein Vertrauenstatbestand geschaffen worden ist oder wenn andere besondere Umstände die Rechtsausübung als treuwidrig erscheinen lassen. Eine Rechtsausübung kann unzulässig sein, wenn sich objektiv das Gesamtbild eines widersprüchlichen Verhaltens ergibt, weil das frühere Verhalten mit dem späteren sachlich unvereinbar ist und die Interessen der Gegenpartei im Hinblick hierauf vorrangig schutzwürdig erscheinen (BGH, Urteil vom 15. November 2012 - IX ZR 103/11, NJW-RR 2013, 757 Rn. 12 m.w.N.). Die Beklagte kann keine vorrangige Schutzwürdigkeit für sich beanspruchen, nachdem sie es versäumt hat, den Kläger über sein Widerspruchsrecht zu belehren.
- 41
- 2. Die bereicherungsrechtlichen Rechtsfolgen der Europarechtswidrigkeit des § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. sind entgegen der Ansicht der Beklagten nicht - etwa in Anlehnung an die Rechtsfigur des faktischen Vertragsverhältnisses - auf eine Wirkung ab Zugang des Widerspruchs (ex nunc) zu beschränken.
- 42
- a) Allein eine Rückwirkung entspricht dem Effektivitätsgebot (effet utile). Stünde dem Versicherungsnehmer bei unterbliebener oder unzureichender Widerspruchsbelehrung nur ein Lösungsrecht mit Wirkung ex nunc zu, bliebe der Verstoß gegen die Belehrungspflicht sanktionslos. Dies würde dem Gebot des Art. 4 Abs. 3 EUV nicht gerecht, der verlangt, dass sich die Union und die Mitgliedstaaten gegenseitig bei der Erfüllung der Aufgaben, die sich aus den Verträgen ergeben, achten und unterstützen. Daher darf die Anwendung des nationalen Rechts die Tragweite und die Wirksamkeit des Unionsrechts nicht beeinträchtigen. Dies bedeutet auch, die Vorgaben der Richtlinien und des Gerichtshofs der Europäischen Union im nationalen Recht möglichst vollständig durchzusetzen (EuGH, NZA 2013, 891 Rn. 71 - Asociatia ACCEPT). Wie der Gerichtshof der Europäischen Union ausgeführt hat, regelten die Zweite und Dritte Richtlinie Lebensversicherung nicht den Fall, dass der Versicherungsnehmer nicht über sein Rücktrittsrecht belehrt wurde, und damit auch nicht die Folgen, die das Unterbleiben der Belehrung für dieses Recht haben konnte. Art. 15 Abs. 1 Unterabs. 3 der Zweiten Richtlinie Lebensversicherung sah vor, dass "die [für den Rücktritt erforderlichen Voraus- setzungen … gemäß dem auf den Versicherungsvertrag … anwendbaren [nationalen] Recht geregelt [wurden]" (EuGH, Urteil vom 19. Dezember 2013 - C-209/12, VersR 2014, 225 Rn. 22). Die Mitgliedstaaten mussten jedoch dafür sorgen, dass die praktische Wirksamkeit der Zweiten und Dritten Richtlinie Lebensversicherung unter Berücksichtigung des mit diesen verfolgten Zwecks gewährleistet ist (EuGH aaO Rn. 23). Aus der Struktur und aus dem Wortlaut der einschlägigen Bestimmungen der Dritten Richtlinie Lebensversicherung hat der Gerichtshof der Europäischen Union eindeutig geschlossen, mit ihr habe sichergestellt werden sollen, dass der Versicherungsnehmer insbesondere über sein Rücktrittsrecht genau belehrt wird (EuGH aaO Rn. 25).
- 43
- Eine nationale Bestimmung wie § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F., wonach das Recht des Versicherungsnehmers, von dem Vertrag zurückzutreten , zu einem Zeitpunkt erlischt, zu dem er über dieses Recht nicht belehrt war, läuft daher nach Ansicht des Gerichtshofs der Europäischen Union der Verwirklichung eines grundlegenden Ziels der Zweiten und der Dritten Richtlinie Lebensversicherung und damit deren praktischer Wirksamkeit zuwider (EuGH aaO Rn. 26). Diese kann nur gewährleistet werden , wenn der nicht ordnungsgemäß belehrte Versicherungsnehmer im Falle eines Widerspruchs die von ihm gezahlten Prämien grundsätzlich zurückerhält. Das gilt umso mehr, als es bei dem in § 5a VVG a.F. vorgesehenen Widerspruch nicht um den Rücktritt von einem bereits zustande gekommenen Vertrag geht, sondern darum, das Zustandekommen des Vertrages zu verhindern. Nichts anderes ergibt sich aus Art. 15 Abs. 1 Unterabs. 2 der Zweiten Richtlinie Lebensversicherung. Danach soll der Versicherungsnehmer für die Zukunft von allen aus diesem Vertrag resultierenden Verpflichtungen befreit werden. Dies betrifft aber nur den Fall, dass er ordnungsgemäß belehrt wurde. Der nicht oder nicht ausreichend belehrte Versicherungsnehmer muss hingegen so gestellt werden, als ob er ordnungsgemäß belehrt worden wäre. Dann hätte er sein Widerspruchsrecht ausüben können und mangels wirksamen Vertrages keine Prämien gezahlt.
- 44
- b) Eine Einschränkung der bereicherungsrechtlichen Abwicklung ist nicht etwa geboten, um Widersprüche zu den §§ 9 Abs. 1 und 152 Abs. 2 VVG n.F. zu vermeiden. Danach erhält der Versicherungsnehmer einer Lebensversicherung den auf die Zeit nach Zugang des Widerrufs entfallenden Teil der Prämien, wenn er auf sein Widerrufsrecht, die Rechtsfolgen des Widerrufs und den zu zahlenden Betrag hingewiesen worden ist und zugestimmt hat, dass der Versicherungsschutz vor Ende der Widerrufsfrist beginnt, und bei Unterbleiben des Hinweises zusätzlich den Rückkaufswert einschließlich der Überschussanteile oder - falls dies günstiger ist - die für das erste Jahr des Versicherungsschutzes gezahlten Prämien zurück. Einer rückwirkenden analogen Anwendung der genannten Vorschriften steht Art. 1 Abs. 1 EGVVG entgegen, nach dem auf Altverträge grundsätzlich bis zum 31. Dezember 2008 das Versicherungsvertragsgesetz in der bis zum 31. Dezember 2007 geltenden Fassung anzuwenden ist. Unabhängig davon, ob man im Vertragsschluss bereits einen abgeschlossenen Sachverhalt sieht, in den wegen des Verbotes der echten Rückwirkung nicht eingegriffen werden darf (so Looschelders/Pohlmann/Brand, VVG 2. Aufl. Art. 1 EGVVG Rn. 14), können auf Altverträge Vorschriften des neuen VVG, die vor oder bei Abschluss des Vertrages zu beachten sind, auch nach dem 31. Dezember 2008 keine Anwendung finden (Begr. RegE BT-Drucks. 16/3945 S. 118 zu Art. 1 Abs. 1 EGVVG). Das gilt auch für das Widerrufsrecht des § 8 Abs. 1 VVG n.F., das den Vertragsparteien bei Vertragsschlüssen vor 2008 nicht bekannt sein konnte, sowie für die Rechtsfolgen des Widerrufs gemäß den §§ 9 Abs. 1, 152 Abs. 2 VVG n.F., die an die vorvertragliche Belehrungspflicht nach § 8 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 VVG n.F. anknüpfen.
- 45
- II. Der Höhe nach umfasst der Rückgewähranspruch des Klägers nach § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB nicht uneingeschränkt alle Prämien, die er an die Beklagte gezahlt hat, ohne hierzu durch einen wirksamen Versicherungsvertrag verpflichtet zu sein. Im Rahmen einer gemeinschaftsrechtlich geforderten rechtsfortbildenden Auslegung einer nationalen Norm darf bei der Regelung der Rechtsfolgen des Widerspruchs nach nationalem Recht ein vernünftiger Ausgleich und eine gerechte Risikoverteilung zwischen den Beteiligten hergestellt werden (vgl. EuGH, NJW 2010, 1511 Rn. 48; BGH, Beschluss vom 12. Juli 2010 - II ZR 250/09, juris unter 1). Eine einschränkungslose Ausgestaltung des W iderspruchsrechts auch auf der Rechtsfolgenseite wäre nicht sachgerecht. Der Versicherungsnehmer hat während der Prämienzahlung Versicherungsschutz genossen. Es ist davon auszugehen, dass er diesen im Versicherungsfall in Anspruch genommen und sich - selbst bei zwischenzeitlich erlangter Kenntnis von seinem Widerspruchsrecht - gegen eine Rückabwicklung entschieden hätte. Mit Blick darauf führte eine Verpflichtung des Versicherers zur Rückgewähr sämtlicher Prämien zu einem Ungleichgewicht innerhalb der Gemeinschaft der Versicherten (so auch OLG München, VersR 2013, 1025 Rn. 28). Daher muss sich der Kläger im Rahmen der bereicherungsrechtlichen Rückabwicklung den Versicherungsschutz anrechnen lassen, den er jedenfalls bis zur Kündigung des Vertrages genossen hat. Erlangter Versicherungsschutz ist ein Vermögensvorteil , dessen Wert nach den §§ 812 Abs. 1 Satz 1, 818 Abs. 2 BGB zu ersetzen sein kann (BGH, Urteile vom 30. Juni 1983 - III ZR 114/82, NJW 1983, 2692 unter III 3; vom 2. Dezember 1982 - III ZR 90/81, NJW 1983, 1420 unter IV 1 b). Der Wert des Versicherungsschutzes kann unter Berücksichtigung der Prämienkalkulation bemessen wer- den; bei Lebensversicherungen kann etwa dem Risikoanteil Bedeutung zukommen.
- 46
- Da es hierzu an Feststellungen fehlt, ist der Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Es wird den Parteien Gelegenheit zu ergänzendem Vortrag zu geben haben. Das gilt auch für die vom Kläger geltend gemachten und von der Beklagten in Abrede gestellten Nutzungszinsen, mit denen sich das Berufungsgericht - von seinem Standpunkt aus folgerichtig - bislang nicht befasst hat.
Lehmann Dr. Brockmöller
Vorinstanzen:
LG Stuttgart, Entscheidung vom 13.07.2010- 22 O 587/09 -
OLG Stuttgart, Entscheidung vom 31.03.2011- 7 U 147/10 -
Die regelmäßige Verjährungsfrist beträgt drei Jahre.
(1) Die regelmäßige Verjährungsfrist beginnt, soweit nicht ein anderer Verjährungsbeginn bestimmt ist, mit dem Schluss des Jahres, in dem
- 1.
der Anspruch entstanden ist und - 2.
der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste.
(2) Schadensersatzansprüche, die auf der Verletzung des Lebens, des Körpers, der Gesundheit oder der Freiheit beruhen, verjähren ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.
(3) Sonstige Schadensersatzansprüche verjähren
- 1.
ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung an und - 2.
ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.
(3a) Ansprüche, die auf einem Erbfall beruhen oder deren Geltendmachung die Kenntnis einer Verfügung von Todes wegen voraussetzt, verjähren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Entstehung des Anspruchs an.
(4) Andere Ansprüche als die nach den Absätzen 2 bis 3a verjähren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung an.
(5) Geht der Anspruch auf ein Unterlassen, so tritt an die Stelle der Entstehung die Zuwiderhandlung.
(1) Die Verpflichtung zur Herausgabe erstreckt sich auf die gezogenen Nutzungen sowie auf dasjenige, was der Empfänger auf Grund eines erlangten Rechts oder als Ersatz für die Zerstörung, Beschädigung oder Entziehung des erlangten Gegenstands erwirbt.
(2) Ist die Herausgabe wegen der Beschaffenheit des Erlangten nicht möglich oder ist der Empfänger aus einem anderen Grunde zur Herausgabe außerstande, so hat er den Wert zu ersetzen.
(3) Die Verpflichtung zur Herausgabe oder zum Ersatz des Wertes ist ausgeschlossen, soweit der Empfänger nicht mehr bereichert ist.
(4) Von dem Eintritt der Rechtshängigkeit an haftet der Empfänger nach den allgemeinen Vorschriften.
Tenor
1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Landgerichts Stuttgart - 3 O 11/15 - vom 12. Januar 2015
abgeändert
und die Beklagte unter Abweisung der Klage im Übrigen verurteilt, an den Klägerin EUR 4.295,13 nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 30. Dezember 2013 zu bezahlen.
2. Im Übrigen wird die Berufung des Klägers
zurückgewiesen.
3. Von den Kosten des Rechtsstreits erster Instanz trägt der Kläger 72% und die Beklagte 28%. Von den Kosten zweiter Instanz trägt der Kläger 75% und die Beklagte 25%.
4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Parteien dürfen die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages leistet.
5. Die Revision wird zugelassen.
Streitwert: I. Instanz bis EUR 16.000,00,
II. Instanz bis EUR 13.000,00.
Gründe
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Tenor
1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Landgerichts Ulm - 3 O 58/13 - vom 14. Februar 2014
abgeändert
und die Beklagte unter Abweisung der Klage im Übrigen verurteilt, an den Kläger 847,49 Euro nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 9. April 2013 zu bezahlen.
2. Im Übrigen wird die Berufung des Klägers
zurückgewiesen.
3. Von den Kosten des Rechtsstreits in erster Instanz trägt der Kläger 11/12 und die Beklagte 1/12, von den Kosten des Rechtsstreits in zweiter Instanz trägt der Kläger 7/9 und die Beklagte 2/9.
4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
5. Die Revision wird nicht zugelassen.
Streitwert: I. Instanz bis zu 10.500 Euro,
II. Instanz bis zu 4.000 Euro.
Gründe
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Tenor
1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Amtsgerichts Heidelberg vom 30.01.2014, Az. 23 C 406/13, im Kostenpunkt aufgehoben und im Übrigen abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger einen Betrag von 1.333,58 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 26.10.2013 sowie Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 574,83 EUR vom 26.10.2013 bis 18.12.2013 zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
2. Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.
3. Von den Kosten des Rechtsstreits erster Instanz trägt der Kläger 58,76 EUR, die Beklagte 41,24 %. Von den Kosten des Rechtsstreits zweiter Instanz trägt der Kläger 67,1 %, die Beklagte 32,9 %.
4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
5. Die Revision gegen dieses Urteil wird zugelassen.
Gründe
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Tenor
1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Amtsgerichts Heidelberg vom 30.01.2014, Az. 23 C 406/13, im Kostenpunkt aufgehoben und im Übrigen abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger einen Betrag von 1.333,58 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 26.10.2013 sowie Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 574,83 EUR vom 26.10.2013 bis 18.12.2013 zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
2. Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.
3. Von den Kosten des Rechtsstreits erster Instanz trägt der Kläger 58,76 EUR, die Beklagte 41,24 %. Von den Kosten des Rechtsstreits zweiter Instanz trägt der Kläger 67,1 %, die Beklagte 32,9 %.
4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
5. Die Revision gegen dieses Urteil wird zugelassen.
Gründe
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Tenor
1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Landgerichts Stuttgart - 3 O 11/15 - vom 12. Januar 2015
abgeändert
und die Beklagte unter Abweisung der Klage im Übrigen verurteilt, an den Klägerin EUR 4.295,13 nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 30. Dezember 2013 zu bezahlen.
2. Im Übrigen wird die Berufung des Klägers
zurückgewiesen.
3. Von den Kosten des Rechtsstreits erster Instanz trägt der Kläger 72% und die Beklagte 28%. Von den Kosten zweiter Instanz trägt der Kläger 75% und die Beklagte 25%.
4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Parteien dürfen die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages leistet.
5. Die Revision wird zugelassen.
Streitwert: I. Instanz bis EUR 16.000,00,
II. Instanz bis EUR 13.000,00.
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Tenor
1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Landgerichts Ulm - 3 O 58/13 - vom 14. Februar 2014
abgeändert
und die Beklagte unter Abweisung der Klage im Übrigen verurteilt, an den Kläger 847,49 Euro nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 9. April 2013 zu bezahlen.
2. Im Übrigen wird die Berufung des Klägers
zurückgewiesen.
3. Von den Kosten des Rechtsstreits in erster Instanz trägt der Kläger 11/12 und die Beklagte 1/12, von den Kosten des Rechtsstreits in zweiter Instanz trägt der Kläger 7/9 und die Beklagte 2/9.
4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
5. Die Revision wird nicht zugelassen.
Streitwert: I. Instanz bis zu 10.500 Euro,
II. Instanz bis zu 4.000 Euro.
Gründe
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Eine Geldschuld hat der Schuldner von dem Eintritt der Rechtshängigkeit an zu verzinsen, auch wenn er nicht im Verzug ist; wird die Schuld erst später fällig, so ist sie von der Fälligkeit an zu verzinsen. Die Vorschriften des § 288 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2, Abs. 3 und des § 289 Satz 1 finden entsprechende Anwendung.
(1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.
(2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, beträgt der Zinssatz für Entgeltforderungen neun Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.
(3) Der Gläubiger kann aus einem anderen Rechtsgrund höhere Zinsen verlangen.
(4) Die Geltendmachung eines weiteren Schadens ist nicht ausgeschlossen.
(5) Der Gläubiger einer Entgeltforderung hat bei Verzug des Schuldners, wenn dieser kein Verbraucher ist, außerdem einen Anspruch auf Zahlung einer Pauschale in Höhe von 40 Euro. Dies gilt auch, wenn es sich bei der Entgeltforderung um eine Abschlagszahlung oder sonstige Ratenzahlung handelt. Die Pauschale nach Satz 1 ist auf einen geschuldeten Schadensersatz anzurechnen, soweit der Schaden in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist.
(6) Eine im Voraus getroffene Vereinbarung, die den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf Verzugszinsen ausschließt, ist unwirksam. Gleiches gilt für eine Vereinbarung, die diesen Anspruch beschränkt oder den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf die Pauschale nach Absatz 5 oder auf Ersatz des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ausschließt oder beschränkt, wenn sie im Hinblick auf die Belange des Gläubigers grob unbillig ist. Eine Vereinbarung über den Ausschluss der Pauschale nach Absatz 5 oder des Ersatzes des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ist im Zweifel als grob unbillig anzusehen. Die Sätze 1 bis 3 sind nicht anzuwenden, wenn sich der Anspruch gegen einen Verbraucher richtet.
(1) Leistet der Schuldner auf eine Mahnung des Gläubigers nicht, die nach dem Eintritt der Fälligkeit erfolgt, so kommt er durch die Mahnung in Verzug. Der Mahnung stehen die Erhebung der Klage auf die Leistung sowie die Zustellung eines Mahnbescheids im Mahnverfahren gleich.
(2) Der Mahnung bedarf es nicht, wenn
- 1.
für die Leistung eine Zeit nach dem Kalender bestimmt ist, - 2.
der Leistung ein Ereignis vorauszugehen hat und eine angemessene Zeit für die Leistung in der Weise bestimmt ist, dass sie sich von dem Ereignis an nach dem Kalender berechnen lässt, - 3.
der Schuldner die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert, - 4.
aus besonderen Gründen unter Abwägung der beiderseitigen Interessen der sofortige Eintritt des Verzugs gerechtfertigt ist.
(3) Der Schuldner einer Entgeltforderung kommt spätestens in Verzug, wenn er nicht innerhalb von 30 Tagen nach Fälligkeit und Zugang einer Rechnung oder gleichwertigen Zahlungsaufstellung leistet; dies gilt gegenüber einem Schuldner, der Verbraucher ist, nur, wenn auf diese Folgen in der Rechnung oder Zahlungsaufstellung besonders hingewiesen worden ist. Wenn der Zeitpunkt des Zugangs der Rechnung oder Zahlungsaufstellung unsicher ist, kommt der Schuldner, der nicht Verbraucher ist, spätestens 30 Tage nach Fälligkeit und Empfang der Gegenleistung in Verzug.
(4) Der Schuldner kommt nicht in Verzug, solange die Leistung infolge eines Umstands unterbleibt, den er nicht zu vertreten hat.
(5) Für eine von den Absätzen 1 bis 3 abweichende Vereinbarung über den Eintritt des Verzugs gilt § 271a Absatz 1 bis 5 entsprechend.