Bundesgerichtshof Urteil, 25. Apr. 2002 - IX ZR 254/00

bei uns veröffentlicht am25.04.2002

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IX ZR 254/00
Verkündet am:
25. April 2002
Bürk
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
Zur Tragweite des § 770 Abs. 2 BGB.
BGH, Urteil vom 25. April 2002 - IX ZR 254/00 - KG Berlin
LG Berlin
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 25. April 2002 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Kreft und die Richter
Kirchhof, Raebel, Kayser sowie die Richterin Dr. Vézina

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten und ihrer Streithelferin wird das Urteil des 24. Zivilsenats des Kammergerichts in Berlin vom 29. Mai 2000 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Klägerin, ein schwedisches Unternehmen, und die Streithelferin der Beklagten schlossen am 3./4. Dezember 1997 einen Vertrag, wonach die Klägerin einen Ausbauhaus-Bausatz für ein von der Streithelferin durchzuführendes Bauvorhaben der Eheleute P. zu liefern hatte. Die Bauteile waren direkt auf der Baustelle abzuliefern; die Montage war Sache der Streithelferin. Von dem von dieser zu zahlenden Preis waren 10 % bei Vertragsschluß und die restlichen 90 % spätestens 18 Tage nach Lieferung zu zahlen. In einem zwischen den Vertragsparteien am 1. Dezember 1997 geschlossenen "Rah-
menvertrag", auf den im Vertrag vom 3./4. Dezember 1997 Bezug genommen wurde, war u.a. auf die "VOB/Teil B, soweit auf einen Vertrag der vorliegenden Art anwendbar", verwiesen (Nr. 2.2) und als Zeitpunkt der Fälligkeit des "Kaufpreises" die "Abnahme des Ausbauhaus-Bausatzes gem. § 7" bestimmt (Nr. 3.6). In Nr. 7 des Rahmenvertrags, die im übrigen Regelungen zur Geltendmachung von Mängeln während der Montage enthielt, heißt es (Absatz 3): "In jedem Falle gilt die Abnahme nach Ablauf von 10 (zehn) Werktagen nach Lieferung als erfolgt. Im übrigen ist § 12 VOB/Teil B anzuwenden". Nach Nr. 9 des Rahmenvertrags hatte die Streithelferin eine "Zahlungsgarantie" in Form einer unwiderruflichen Bankbürgschaft zu stellen, mit der die Bank die Zahlung innerhalb von drei Wochen nach Lieferung "garantiert".
Unter dem Datum vom 5. Februar 1998 übersandte die Beklagte, ein Bankinstitut, der Klägerin eine "Zahlungsbestätigung mit Bürgschaftsübernahme" , in der sie der Klägerin bestätigte, von der Streithelferin angewiesen worden zu sein, für "ein Fertigteilhaus für das Bauvorhaben P. ... den vereinbarten Gesamtkaufpreis in Höhe von 140.440,00 ... nach folgendem Zahlungsplan an die ... (Klägerin) zu überweisen: - 14 Tage nach Lieferung des Hauses und Abnahme durch die Bauherren oder einen vereidigten Sachverständigen". Nach der sich daran anschließenden Bemerkung, daß das Geld auf ein noch anzugebendes Konto der Klägerin bei einem deutschen Kreditinstitut überwiesen werde, heißt es sodann:
"Wir übernehmen hiermit der ... (Klägerin) gegenüber unter Verzicht auf die Einrede der Anfechtbarkeit, der Aufrechenbarkeit und der Vorausklage die selbstschuldnerische Bürgschaft für alle Zahlungsverpflichtungen, die unserer Kundin aufgrund des abgeschlossenen Werkvertrages der ... (Klägerin) gegenüber obliegen bis zum Betrag der oben bezeichneten Hauptschuld zuzüglich
Zinsen und Kosten. Die Verpflichtungen aus der Bürgschaft enden mit Erlöschen der Forderungen, spätestens am 30.04.1998."
Mit Schreiben vom 20. Mai 1998 teilte die Beklagte der Klägerin mit, "daû die Laufzeit der ... Zahlungsbestätigung über DM 140.440,00 ... bis zum 31.08.1998 verlängert wurde".
Nachdem die Streithelferin einen Teilbetrag des vertraglich vereinbarten Preises gezahlt hatte, schlossen die Vertragsparteien am 30. Juni 1998 eine zusätzliche Vereinbarung, in der sich die Streithelferin verpflichtete, den Restbetrag von 632.958 SEK bis spätestens 21. Juli 1998 an die Klägerin zu überweisen. Die Lieferung fand Anfang Juli 1998 statt. Da die Streithelferin weitere Zahlungen wegen angeblich vorhandener Mängel verweigerte, nahm die Klägerin mit Anwaltsschreiben vom 17. August 1998 die Beklagte aus deren Bürgschaft in Anspruch. Mit der Klage verlangt sie Zahlung von (umgerechnet) 131.838,82 DM nebst Zinsen. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, das Berufungsgericht hat ihr - bis auf einen Teil des geltend gemachten Zinsanspruchs - stattgegeben. Mit der Revision verfolgen die Beklagte und die Streithelferin den Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe:


Die Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.


Die vom Berufungsgericht gegebene Begründung trägt die Verurteilung der Beklagten nicht.
1. Nicht zu beanstanden ist, daû die Vorinstanzen auf das Rechtsverhältnis zwischen den Prozeûparteien aufgrund nachträglicher Rechtswahl (Art. 27 Abs. 2 EGBGB) deutsches Recht angewandt haben. Die Revision greift das Berufungsurteil in diesem Punkt nicht an.
2. Ohne Erfolg wendet sich die Revision gegen die Annahme des Berufungsgerichts , die Beklagte sei aufgrund der von ihr übernommenen Bürgschaft verpflichtet, die Verbindlichkeit der Streithelferin aus dem mit der Klägerin geschlossenen Vertrag über die Lieferung des Bausatzes für das Bauvorhaben P., soweit eine solche besteht, zu erfüllen.

a) Das Berufungsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, daû die Beklagte nach dem Wortlaut der Urkunde vom 5. Februar 1998 für eine etwa noch bestehende Verbindlichkeit der Streithelferin gegenüber der Klägerin aus dem Vertrag vom 3./4. Dezember 1997 einzustehen hat. Die Verpflichtung der Beklagten wird nach der Ansicht des Berufungsgerichts nicht dadurch eingeschränkt , daû die Beklagte nach der der eigentlichen Bürgschaftserklärung vorangestellten Zahlungsbestätigung von der Streithelferin angewiesen war, den Kaufpreis erst 14 Tage nach Abnahme durch die Bauherren oder einen vereidigten Sachverständigen zu überweisen. Das Berufungsgericht hat dazu ausgeführt, durch diese Mitteilung über das Geschäftsbesorgungsverhältnis zwischen der Beklagten und der Streithelferin sei aus der objektiven Sicht des
Erklärungsempfängers (also der Klägerin) die durch die Bürgschaft übernommene Verpflichtung, die Forderung der Klägerin nach Maûgabe des zwischen dieser und der Streithelferin geschlossenen Vertrages - der Vertrag macht die Fälligkeit nicht von den in der Zahlungsbestätigung genannten Voraussetzungen abhängig - zu erfüllen, nicht eingeschränkt. Eine solche Einschränkung der Bürgschaftsschuld hätte, so hat das Berufungsgericht gemeint, klarer zum Ausdruck gebracht werden müssen.
Bei dieser Auslegung der Erklärung der Beklagten handelt es sich um eine tatrichterliche Würdigung, die jedenfalls möglich und deshalb aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden ist. Der Grund für die vom Inhalt des Vertrages zwischen der Streithelferin und der Klägerin abweichende Zahlungsanweisung an die Beklagte war für die Klägerin nicht zu erkennen. Diese hat während des Rechtsstreits die Vermutung geäuûert, die Beklagte könne sich über den Inhalt jenes Vertrages geirrt haben. Die Streithelferin hat dagegen vorgetragen, es sei zur Absicherung der Beklagten, die die Zwischenfinanzierung für die Endabnehmer übernommen habe, "vorgesehen (gewesen), daû erst eine entsprechende Werterhöhung auf dem Grundstück des Bauherren vorhanden sein muûte, bevor eine Zahlung seitens der Beklagten an die Streithelferin für den Kunden der Streithelferin erfolgen konnte". Das waren indessen Umstände, von denen die Klägerin nichts wuûte. Es ist deshalb nicht rechtsfehlerhaft, daû das Berufungsgericht in der Art und Weise, wie die "Zahlungsbestätigung mit Bürgschaftsübernahme" abgefaût war, keinen hinreichend deutlichen und für die Klägerin erkennbaren Hinweis auf eine - von § 767 BGB abweichende, wenn auch möglicherweise von der Beklagten beabsichtigte - Einschränkung der dem Wortlaut nach umfassenden Bürgschaftserklärung gesehen hat. Eine solche Einschränkung durch auûerhalb des eigentlichen Bürgschaftstextes - wenn
auch in derselben Urkunde - enthaltene Mitteilungen, Präambeln und dergleichen ist nicht selbstverständlich und kann nur unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls im Auslegungswege festgestellt werden (vgl. BGH, Urt. v. 13. Juli 1989 - IX ZR 223/88, WM 1989, 1496, 1499).
Die Rüge der Revision, das Berufungsgericht habe rechtsfehlerhaft angenommen , der Text der Erklärung vom 5. Februar 1998 sei eindeutig, ist nicht berechtigt. Einen der Revisionsprüfung zugänglichen Rechtsfehler stellt es dar, wenn der Tatrichter eine Urkunde wegen angeblicher Eindeutigkeit zu Unrecht für nicht auslegungsfähig hält und sich aus diesem Grund einer Auslegung enthält (BGHZ 32, 60, 63; BGH, Urt. v. 11. März 1996 - II ZR 26/95, NJW-RR 1996, 932). Das Berufungsgericht hat zwar ausgeführt, die Klägerin habe "aus ihrer Sicht diese Erklärung nach ihrem objektiven Erklärungswert nur dahin verstehen" können und müssen, daû die Bürgschaftserklärung durch den Inhalt der "Zahlungsbestätigung" nicht habe eingeschränkt werden sollen. Das bedeutet aber nur, daû sich die Auslegung am objektiven Inhalt der Erklärung aus der Sicht des Empfängers zu orientieren habe. Daû das Berufungsgericht nach diesem - zutreffenden - Maûstab eine Auslegung vorgenommen hat, zeigt sich darin, daû es geprüft hat, ob eine Einschränkung des umfassenden Inhalts der eigentlichen Bürgschaftserklärung im übrigen Teil der Urkunde hinreichend deutlich zum Ausdruck gebracht worden ist.

b) Die Klägerin hat die Beklagte durch das Schreiben vom 17. August 1998 rechtzeitig aus der Bürgschaft in Anspruch genommen.
aa) Die in der Urkunde vom 5. Februar 1998 enthaltene Begrenzung der Bürgschaft bis zum 30. April 1998 ist durch das Schreiben der Beklagten vom
20. Mai 1998 bis zum 31. August 1998 verlängert worden. Die Revision zieht das zu Unrecht in Zweifel, indem sie meint, die Verlängerung habe sich, wenn man schon - wie das Berufungsgericht - zwischen der "Zahlungsbestätigung" und der Bürgschaft unterscheiden wolle, nur auf die erstere bezogen, weil nur sie im Schreiben vom 20. Mai 1998 erwähnt sei. Ein solches Verständnis des Verlängerungsschreibens ist in den Tatsacheninstanzen von niemandem geltend gemacht worden; es ist unrichtig. Die Bezeichnung "Zahlungsbestätigung" in jenem Schreiben bezeichnet verkürzt die Urkunde vom 5. Februar 1998 insgesamt. Darüber kann schon deswegen kein Zweifel bestehen, weil in dieser Urkunde nicht die Zahlungsbestätigung, sondern ausdrücklich die Bürgschaft befristet worden ist.
bb) Das Berufungsgericht hat ohne Rechtsfehler die Bürgschaftserklärung so verstanden, daû innerhalb der Frist nicht nur der Beklagten die Inanspruchnahme angezeigt, sondern die verbürgte Forderung auch fällig geworden sein muûte (vgl. BGHZ 91, 349, 351 f; BGH, Urt. v. 29. Juni 2000 - IX ZR 299/98, WM 2000, 1796). Diese Voraussetzung war, wie das Berufungsgericht im Ergebnis zutreffend angenommen hat, im Zeitpunkt der Anzeige gegeben.
Über die Fälligkeit der Forderung der Klägerin finden sich in den Vertragsunterlagen unterschiedliche Regelungen. Davon kommt der Fälligkeitstermin vom 21. Juli 1998, der in der nach Abgabe der Bürgschaftserklärung getroffenen Zusatzvereinbarung vom 30. Juni 1998 genannt ist, im Verhältnis zur Beklagten nicht in Betracht, soweit dadurch deren Rechtsstellung verschlechtert worden sein sollte (vgl. § 767 Abs. 1 Satz 3 BGB). Nach dem Vertrag vom 3./4. Dezember 1997 war die der Klägerin zustehende - restliche - Vergütung spätestens 18 Tage nach Lieferung zu zahlen. Ob dadurch die im
Rahmenvertrag vom 1. Dezember 1997 über die Fälligkeit enthaltenen Bestimmungen abgeändert worden sind, ist angesichts der Anfang Juli 1998 stattgefundenen Lieferung für die Entscheidung des Rechtsstreits ohne Bedeutung. Nach Nr. 3.6 des Rahmenvertrags sollte die Fälligkeit bei Abnahme im Sinne der in Nr. 7 getroffenen Regelung eintreten. Nach § 7 Abs. 3 gilt die Abnahme nach Ablauf von 10 Werktagen als erfolgt; im übrigen wird § 12 VOB/Teil B für anwendbar erklärt. Die Revisionserwiderung weist zwar nicht ohne Berechtigung darauf hin, daû es sich um einen Werklieferungsvertrag im Sinne des § 651 BGB handelte, der entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts die Lieferung vertretbarer Sachen zum Gegenstand gehabt haben und deshalb insgesamt nach Kaufrecht zu beurteilen sein dürfte (vgl. BGHZ 78, 375, 378; 87, 112, 116). Das hinderte die Parteien aber nicht, für die Abnahme und deren Bedeutung für die Fälligkeit des Kaufpreises eine an die Bestimmungen der VOB angelehnte Regelung zu vereinbaren.
§ 12 Nr. 5 VOB/B fingiert die Abnahme innerhalb der dort genannten Frist von 12 Werktagen, wenn keine Partei eine förmliche Abnahme verlangt und andererseits die Abnahme auch nicht verweigert wird (BGH, Urt. v. 23. November 1978 - VII ZR 29/78, NJW 1979, 549). Dem entspricht im Grundsatz die Regelung in Nr. 7 des zwischen der Klägerin und der Streithelferin am 1. Dezember 1997 geschlossenen Rahmenvertrags. Dort ist in Absatz 2 bestimmt , was zu geschehen hat, wenn sich während der Montage Mängel zeigen ; dann ist nach der Montage ein schriftliches Abnahmeprotokoll aufzustellen. Das ist hier aber, soweit es sich dem vorgetragenen Sachverhalt entnehmen läût, nicht geschehen; die Streithelferin hat es - gleichgültig, ob und inwieweit sie während und nach der Montage Mängel gerügt hat - auch nicht verlangt. Sie hat andererseits die Abnahme nicht verweigert. Das Berufungsge-
richt hat darüber hinaus festgestellt, die Streithelferin habe innerhalb der Frist von 10 Werktagen nach Lieferung keine Mängel gerügt. Auf die dagegen erhobenen Angriffe der Revision kommt es für die Frage der Abnahme nicht an. Ob rechtzeitig während der für die fiktive Abnahme maûgebenden Frist Mängel gerügt worden sind, spielt entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts nur für den Erhalt etwaiger Rechte wegen solcher Mängel (vgl. Werner/Pastor, Der Bauprozeû 9. Aufl. Rn. 1390, 2272 ff), nicht aber für die Abnahme selbst und die daran geknüpfte Fälligkeit eine Rolle. Diese war danach hier unabhängig davon, welche Mängel vorhanden waren und ob und wann sie gerügt worden sind, jedenfalls Ende August 1998 und damit vor Ablauf der zeitlichen Befristung der Bürgschaft der Beklagten eingetreten.
3. Das Berufungsgericht hat jedoch zu Unrecht gemeint, der Klägerin stehe der Bürgschaftsanspruch unabhängig davon zu, ob der Streithelferin "aufrechenbare Gegenansprüche oder Minderungsrechte ... wegen der geltend gemachten Mängel" zustehen. Das Berufungsgericht hat dies damit begründet, daû der Bürgschaftsvertrag die Einrede der Aufrechenbarkeit zulässigerweise ausschlieûe; damit habe das Bürgschaftsverhältnis von Streitigkeiten zwischen der Klägerin und der Streithelferin über dieser etwa zustehende Gegenrechte, die zu einer Herabsetzung der Vergütung führen könnten, freigestellt werden sollen. Das Berufungsgericht hat deshalb offen gelassen, ob die Streithelferin "ihre zur Aufrechnung gestellten Gegenforderungen oder Minderungsrechte" hinreichend dargetan habe.
Die dem zugrunde liegende rechtliche Beurteilung ist, wie die Revision im Ergebnis zu Recht rügt, unzutreffend. Nach § 770 Abs. 2 BGB kann der Bürge die Befriedigung des Gläubigers verweigern, solange sich dieser durch
Aufrechnung gegenüber dem Hauptschuldner befriedigen kann. Dieses Recht des Bürgen kann zwar vertraglich ausgeschlossen werden. Ein solcher Ausschluû hindert für sich allein den Bürgen aber nicht, sich darauf zu berufen, daû die Hauptschuld infolge einer - sei es durch den Gläubiger, sei es durch den Hauptschuldner - bereits erklärten Aufrechnung erloschen sei. Der Bürge haftet nach § 767 Abs. 1 BGB für die Hauptschuld nur in dem Umfang, in dem sie besteht; deshalb kann er auch etwaige dem Hauptschuldner zustehende Minderungsrechte geltend machen. Den Ausschluû dieser Rechte hat der Verzicht auf die Einrede nach § 770 BGB nicht zur Folge; denn anderenfalls würde es sich um die Vereinbarung einer Garantie handeln (vgl. Staudinger/Horn, BGB 13. Bearb. § 770 Rn. 17). Auf eine garantieähnliche Haftung läuft in der Tat die Annahme des Berufungsgerichts hinaus, das Bürgschaftsverhältnis habe von derartigen Gegenrechten der Streithelferin freigehalten werden sollen. Hierfür fehlt es aber an einer tatsächlichen Grundlage. Die Verwendung des Ausdrucks "Garantie" im Vertrag zwischen der Klägerin und der Streithelferin reicht dafür - jedenfalls auf der Grundlage des vorgetragenen Prozeûstoffs - nicht aus.
Die Streithelferin hat im Prozeû mit einem Anspruch wegen angeblicher Ersatzvornahmekosten in Höhe von 55.000 DM aufgerechnet und Minderungsrechte im Umfang von 88.000 DM geltend gemacht. Das Berufungsgericht hat dieses Vorbringen nicht geprüft. Im Revisionsverfahren ist deshalb zugunsten der Beklagten und der Streithelferin vom Bestehen solcher Rechte auszugehen. Die Ausführungen, mit denen das Berufungsgericht im Zusammenhang mit der Frage, ob eine Abnahme stattgefunden hat, eine rechtzeitige Rüge durch die Streithelferin verneint hat, greift die Revision zu Recht an, indem sie auf Schreiben der Streithelferin vom 12. Juli 1998 ("Belastungsanzeige") und
vom 21. Juli 1998 ("Mängelrüge") sowie auf die schriftsätzliche Behauptung einer mündlich erhobenen Mängelrüge verweist. Nach dem weiteren Vorbringen der Streithelferin sind ferner Paûungenauigkeiten und eine zu hohe Wärmeleitfähigkeit gerügt worden (vgl. Schreiben vom 18. August 1998). Inwieweit diese Mängelrügen rechtzeitig waren, hat das Berufungsgericht bisher nicht geprüft.

II.


Das Berufungsurteil ist aus den dargelegten Gründen aufzuheben. Das Berufungsgericht wird nunmehr zu prüfen haben, ob und inwieweit die Lieferleistung der Klägerin mangelhaft war und welche Rechte der Streithelferin und damit auch der Beklagten deswegen gegebenenfalls zustehen. Der Senat weist darauf hin, daû nach allgemeinen Grundsätzen Gewährleistungsrechte mangels rechtzeitiger Rüge nur insoweit verloren gehen, als sie dem Besteller bekannt sind (vgl. § 377 Abs. 3 HGB; § 640 Abs. 2 BGB; vgl. auch Werner/Pastor aaO Rn. 1390).
Kreft Kirchhof Raebel Kayser Vézina

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Urteil, 25. Apr. 2002 - IX ZR 254/00

Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Urteil, 25. Apr. 2002 - IX ZR 254/00

Referenzen - Gesetze

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 640 Abnahme


(1) Der Besteller ist verpflichtet, das vertragsmäßig hergestellte Werk abzunehmen, sofern nicht nach der Beschaffenheit des Werkes die Abnahme ausgeschlossen ist. Wegen unwesentlicher Mängel kann die Abnahme nicht verweigert werden. (2) Als abge

Handelsgesetzbuch - HGB | § 377


(1) Ist der Kauf für beide Teile ein Handelsgeschäft, so hat der Käufer die Ware unverzüglich nach der Ablieferung durch den Verkäufer, soweit dies nach ordnungsmäßigem Geschäftsgange tunlich ist, zu untersuchen und, wenn sich ein Mangel zeigt, dem V

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 767 Umfang der Bürgschaftsschuld


(1) Für die Verpflichtung des Bürgen ist der jeweilige Bestand der Hauptverbindlichkeit maßgebend. Dies gilt insbesondere auch, wenn die Hauptverbindlichkeit durch Verschulden oder Verzug des Hauptschuldners geändert wird. Durch ein Rechtsgeschäft, d

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 770 Einreden der Anfechtbarkeit und der Aufrechenbarkeit


(1) Der Bürge kann die Befriedigung des Gläubigers verweigern, solange dem Hauptschuldner das Recht zusteht, das seiner Verbindlichkeit zugrunde liegende Rechtsgeschäft anzufechten. (2) Die gleiche Befugnis hat der Bürge, solange sich der Gläubig
Bundesgerichtshof Urteil, 25. Apr. 2002 - IX ZR 254/00 zitiert 5 §§.

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Bundesgerichtshof Urteil, 25. Apr. 2002 - IX ZR 254/00 zitiert oder wird zitiert von 6 Urteil(en).

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(1) Der Bürge kann die Befriedigung des Gläubigers verweigern, solange dem Hauptschuldner das Recht zusteht, das seiner Verbindlichkeit zugrunde liegende Rechtsgeschäft anzufechten.

(2) Die gleiche Befugnis hat der Bürge, solange sich der Gläubiger durch Aufrechnung gegen eine fällige Forderung des Hauptschuldners befriedigen kann.

(1) Für die Verpflichtung des Bürgen ist der jeweilige Bestand der Hauptverbindlichkeit maßgebend. Dies gilt insbesondere auch, wenn die Hauptverbindlichkeit durch Verschulden oder Verzug des Hauptschuldners geändert wird. Durch ein Rechtsgeschäft, das der Hauptschuldner nach der Übernahme der Bürgschaft vornimmt, wird die Verpflichtung des Bürgen nicht erweitert.

(2) Der Bürge haftet für die dem Gläubiger von dem Hauptschuldner zu ersetzenden Kosten der Kündigung und der Rechtsverfolgung.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IX ZR 299/98 Verkündet am:
29. Juni 2000
Bürk
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
Wer sich befristet für die Erfüllung eines Werklohnanspruchs in der Weise verbürgt
hat, daß dieser innerhalb der Frist fällig geworden sein muß, haftet für den
erst nach Ablauf der Frist fällig gewordenen Teil des verbürgten Anspruchs auch
dann nicht, wenn sich die Fertigstellung des Werks allein aus Gründen verzögert
hat, die der Unternehmer nicht zu vertreten hat.
BGH, Urteil vom 29. Juni 2000 - IX ZR 299/98 - Kammergericht Berlin
LG Berlin
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 29. Juni 2000 durch die Richter Dr. Kreft, Stodolkowitz, Kirchhof,
Dr. Zugehör und Dr. Ganter

für Recht erkannt:
Auf die Rechtsmittel der Beklagten werden die Urteile des 27. Zivilsenats des Kammergerichts vom 28. Mai 1998 und der Kammer für Handelssachen 95 des Landgerichts Berlin vom 2. Juni 1997 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Beklagte zur Zahlung von mehr als 5.266.249,60 DM nebst darauf entfallenden Zinsen verurteilt worden ist.
In diesem Umfang wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des ersten Rechtszugs trägt die Beklagte zu 5/6 und die Klägerin zu 1/6.
Von den in der Berufungsinstanz entstandenen Kosten der Nebenintervention trägt der Streithelfer 5/6 und die Klägerin 1/6. Die übrigen Kosten des Berufungsverfahrens werden der Beklagten zu 5/6 und der Klägerin zu 1/6 auferlegt. Von den Kosten des Revisionsverfahrens trägt die Beklagte 3/4 und die Klägerin 1/4.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Klägerin und die damals so firmierende I. mbH (Hauptschuldnerin) schlossen am 18. August 1993 einen Generalunternehmervertrag, in dem die Klägerin mit der schlüsselfertigen Herstellung des Bauobjekts "Neumarktmitte" in S. zum Preis von 18.817.390 DM zuzüglich Mehrwertsteuer sowie weiterer 884.417,33 DM für Zinskosten beauftragt wurde. § 4.1 des Vertrages sah einen Zahlungsplan vor, nach dem 500.000 DM am 30. Dezember 1993 (Nr. 1), 25 % des Restbetrages "bei Nutzungsübergabe des EG und 1. OG zum 15.10.1994" (Nr. 2) und 70 % des danach verbleibenden Restbetrages "nach Fertigstellung des Gebäudes ... und Abnahme sowie Vorliegen der Schlußrechnung" (Nr. 3) zu zahlen waren. Nach § 4.2 hatte die Hauptschuldnerin eine bis zum 28. Februar 1995 befristete Zahlungsbürgschaft zu stellen. Die Hauptschuldnerin zahlte Ende 1993 die erste Rate von 500.000 DM an die Klägerin. Am 10. März 1994 übernahm die Beklagte, eine Bank, die Bürgschaft - mit der zwischen den Werkvertragsparteien vereinbarten Befristung - bis zum Höchstbetrag von 19.202.000 DM "für den Fall, daß der Auftraggeber seinen Zahlungsverpflichtungen gemäß GU-Vertrag nach Fertigstellung und ordnungsgemäßer Übergabe des Gebäudes nicht nachkommt". Am 9. Dezember 1994 stellte die Klägerin gemäß § 4.1 Nr. 2 des Vertrages eine Teilrechnung über insgesamt 5.577.860,78 DM aus; dieser Betrag setzte sich aus der zweiten Werklohnrate in Höhe von 5.266.249,60 DM einschließlich Mehrwertsteuer sowie Zinsen und Vergütung für Nachtragsleistungen zusammen. Mit Schreiben vom 21. Dezember 1994 nahm die Klägerin die Beklagte auf Zahlung von 5.487.353,96 DM in Anspruch. Nachdem sie sie mit Schreiben vom 3. Februar 1995 unter Hinweis darauf, daß sich die Fertigstellung des Bauobjekts verzögert habe und "die
Zahlungsvoraussetzungen ... noch nicht gegeben" seien, um Aufhebung der Befristung der Bürgschaft gebeten hatte und die Beklagte dem nicht nachgekommen war, erklärte sie dieser mit weiterem Schreiben vom 22. Februar 1995, daß sie sie nunmehr "in voller Höhe" aus der Bürgschaft in Anspruch nehme. Am 28. April 1995 erteilte die Klägerin der Hauptschuldnerin eine Schlußrechnung über 23.792.273,09 DM. Die Hauptschuldnerin beanstandete mit Anwaltsschreiben vom 18. Mai 1995, daß trotz Fehlens erheblicher Fertigstellungsleistungen eine örtliche Bauleitung nicht mehr vorhanden sei, und lehnte in einem Anwaltsschreiben vom 22. Mai 1995 die weitere Vertragserfüllung ab. In einem Rechtsstreit, den die Klägerin gegen die Hauptschuldnerin führte, wurde diese durch Urteil des Landgerichts Köln vom 16. April 1996 zur Zahlung von 21.865.548,85 DM verurteilt, davon 5 % Zug um Zug gegen Übergabe einer Gewährleistungsbürgschaft zu leisten ist. Nachdem die Hauptschuldnerin gegen das Urteil Berufung eingelegt hatte, wurde am 1. August 1996 über ihr Vermögen die Gesamtvollstreckung eröffnet.
Die Klägerin verlangt von der Beklagten im Wege des Urkundenprozesses Zahlung des oben erwähnten Betrages von 5.266.249,60 DM aus der zweiten und eines weiteren Teilbetrages von 1.000.000 DM aus der dritten Werklohnrate. Die Vorinstanzen haben der Klage - unter Vorbehalt der Rechte der Beklagten im Nachverfahren - stattgegeben. Die Revision der Beklagten hat der Senat nur insoweit angenommen, als diese zur Zahlung von mehr als 5.266.249,60 DM verurteilt worden ist. Insoweit verfolgt sie ihren Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe:


Die Revision ist, soweit sie angenommen worden ist, begründet. Der mit der Klage geltend gemachte Teilbetrag von 1.000.000 DM steht der Klägerin nach dem Inhalt der Bürgschaftserklärung der Beklagten nicht zu.

I.


1. Die Bürgschaft war bis zum 28. Februar 1995 befristet. Das Berufungsgericht hat dies so verstanden, daß der Bürgschaftsanspruch gegen die Beklagte neben der fristgerechten Anzeige der Inanspruchnahme grundsätzlich auch voraussetze, daß die gesicherten Ansprüche bis zu jenem Zeitpunkt fällig geworden waren. Das entspricht der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGHZ 91, 349, 355 f; Urt. v. 21. März 1989 - IX ZR 82/88, ZIP 1989, 627 f). Diese Voraussetzung war, wie den Ausführungen des Berufungsgerichts zu entnehmen ist, für die dritte Werklohnrate (§ 4.1 Nr. 3 des Generalunternehmervertrags ) bis zum 28. Februar 1995 nicht eingetreten; es fehlte damals noch an der endgültigen Fertigstellung und der Abnahme. Das Berufungsgericht hat gemeint, dies stehe unter den hier gegebenen Umständen dem Bürgschaftsanspruch nicht entgegen; denn nach der inhaltlich eine Kündigung darstellenden Ablehnungserklärung der Hauptschuldnerin vom 22. Mai 1995 habe es nicht mehr zur Fertigstellung und Abnahme kommen können. Die Klägerin habe Anspruch auf Vergütung der bis dahin erbrachten Leistungen; darüber
habe sie am 28. April 1995 die nach § 8 Nr. 6 VOB/B erforderliche Schlußrechnung erteilt.
2. Dieser Anspruch der Klägerin ist indessen, wie die Revision zu Recht beanstandet, durch die von der Beklagten übernommene Bürgschaft nicht gedeckt. Die Fälligkeit der dritten Werklohnrate setzte nach den Bestimmungen des Generalunternehmervertrags, auf die die Bürgschaftserklärung insoweit Bezug nimmt, "Fertigstellung des Gebäudes ... und Abnahme sowie Vorliegen der Schlußrechnung" voraus. Dazu ist es, wie das Berufungsgericht selbst ausgeführt hat, nicht gekommen. Daß die Bürgschaft der Beklagten auch den nach Kündigung des Werkvertrags entstandenen Anspruch nach § 8 Nr. 2 VOB/B erfaßte (vgl. dazu BGH, Urt. v. 14. Dezember 1995 - IX ZR 57/95, ZIP 1996, 172, 174), läßt sich der Bürgschaftsurkunde nicht ohne weiteres entnehmen ; das Berufungsgericht, das dies offenbar angenommen hat, hat seine Ansicht nicht begründet und dazu keine Feststellungen getroffen. Letztlich kommt es darauf hier nicht an. Auch ein Anspruch der Klägerin nach § 8 Nr. 2 VOB/B ist jedenfalls nicht bis zum 28. Februar 1995 fällig geworden. Damit hat die Beklagte, die sich nur für bis zu diesem Zeitpunkt fällig werdende Ansprüche verbürgt hat, dafür nicht einzustehen. Das Berufungsgericht hat sich offenbar von dem Gedanken leiten lassen, der Klägerin dürften keine Nachteile daraus entstehen, daß die Fertigstellung des Bauwerks sich ohne ihr Verschulden verzögert habe. Nach den Entscheidungsgründen des vom Berufungsgericht als Beweisurkunde herangezogenen Urteils des Landgerichts Köln vom 16. April 1996 hatte die Klägerin die Bauarbeiten berechtigterweise eingestellt, weil die Hauptschuldnerin mit der Zahlung der zweiten Werklohnrate "seit Monaten" im Verzug war.
Das rechtfertigt es jedoch nicht, die von der Beklagten eingegangene Bürgschaftsverpflichtung über den mit der Befristung bestimmten Zeitpunkt hinaus zu verlängern und damit auszuweiten. Die Klägerin hat die Befristung hingenommen, weil sie meinte, die Arbeiten bis zu dem in der Bürgschaft bestimmten Endzeitpunkt beenden zu können. Sie hat damit im Verhältnis zur Beklagten das Risiko übernommen, daß sich die Arbeiten aus irgendeinem Grund verzögerten. Der Verwirklichung dieses Risikos hätte sie später, als sich die - von der Hauptschuldnerin verursachte - Verzögerung abzeichnete, nur dadurch entgehen können, daß sie von der Hauptschuldnerin ein weitergehendes Sicherungsmittel verlangte und im Fall der Verweigerung die Arbeiten rechtzeitig einstellte. Die Bürgschaftsverpflichtung der Beklagten wurde von dem Verhalten der Hauptschuldnerin nicht berührt.

II.


Die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung des Teilbetrags von 1.000.000 DM aus der dritten Werklohnrate läßt sich deshalb nicht aufrechterhalten ; das Berufungsurteil ist insoweit aufzuheben. Da keine weiteren tatsäch-
lichen Feststellungen zu treffen sind, hat der Senat in der Sache selbst zu entscheiden. Die Klage ist in dem genannten Umfang abzuweisen.
Kreft Stodolkowitz Kirchhof Zugehör Ganter

(1) Für die Verpflichtung des Bürgen ist der jeweilige Bestand der Hauptverbindlichkeit maßgebend. Dies gilt insbesondere auch, wenn die Hauptverbindlichkeit durch Verschulden oder Verzug des Hauptschuldners geändert wird. Durch ein Rechtsgeschäft, das der Hauptschuldner nach der Übernahme der Bürgschaft vornimmt, wird die Verpflichtung des Bürgen nicht erweitert.

(2) Der Bürge haftet für die dem Gläubiger von dem Hauptschuldner zu ersetzenden Kosten der Kündigung und der Rechtsverfolgung.

(1) Der Bürge kann die Befriedigung des Gläubigers verweigern, solange dem Hauptschuldner das Recht zusteht, das seiner Verbindlichkeit zugrunde liegende Rechtsgeschäft anzufechten.

(2) Die gleiche Befugnis hat der Bürge, solange sich der Gläubiger durch Aufrechnung gegen eine fällige Forderung des Hauptschuldners befriedigen kann.

(1) Für die Verpflichtung des Bürgen ist der jeweilige Bestand der Hauptverbindlichkeit maßgebend. Dies gilt insbesondere auch, wenn die Hauptverbindlichkeit durch Verschulden oder Verzug des Hauptschuldners geändert wird. Durch ein Rechtsgeschäft, das der Hauptschuldner nach der Übernahme der Bürgschaft vornimmt, wird die Verpflichtung des Bürgen nicht erweitert.

(2) Der Bürge haftet für die dem Gläubiger von dem Hauptschuldner zu ersetzenden Kosten der Kündigung und der Rechtsverfolgung.

(1) Der Bürge kann die Befriedigung des Gläubigers verweigern, solange dem Hauptschuldner das Recht zusteht, das seiner Verbindlichkeit zugrunde liegende Rechtsgeschäft anzufechten.

(2) Die gleiche Befugnis hat der Bürge, solange sich der Gläubiger durch Aufrechnung gegen eine fällige Forderung des Hauptschuldners befriedigen kann.

(1) Ist der Kauf für beide Teile ein Handelsgeschäft, so hat der Käufer die Ware unverzüglich nach der Ablieferung durch den Verkäufer, soweit dies nach ordnungsmäßigem Geschäftsgange tunlich ist, zu untersuchen und, wenn sich ein Mangel zeigt, dem Verkäufer unverzüglich Anzeige zu machen.

(2) Unterläßt der Käufer die Anzeige, so gilt die Ware als genehmigt, es sei denn, daß es sich um einen Mangel handelt, der bei der Untersuchung nicht erkennbar war.

(3) Zeigt sich später ein solcher Mangel, so muß die Anzeige unverzüglich nach der Entdeckung gemacht werden; anderenfalls gilt die Ware auch in Ansehung dieses Mangels als genehmigt.

(4) Zur Erhaltung der Rechte des Käufers genügt die rechtzeitige Absendung der Anzeige.

(5) Hat der Verkäufer den Mangel arglistig verschwiegen, so kann er sich auf diese Vorschriften nicht berufen.

(1) Der Besteller ist verpflichtet, das vertragsmäßig hergestellte Werk abzunehmen, sofern nicht nach der Beschaffenheit des Werkes die Abnahme ausgeschlossen ist. Wegen unwesentlicher Mängel kann die Abnahme nicht verweigert werden.

(2) Als abgenommen gilt ein Werk auch, wenn der Unternehmer dem Besteller nach Fertigstellung des Werks eine angemessene Frist zur Abnahme gesetzt hat und der Besteller die Abnahme nicht innerhalb dieser Frist unter Angabe mindestens eines Mangels verweigert hat. Ist der Besteller ein Verbraucher, so treten die Rechtsfolgen des Satzes 1 nur dann ein, wenn der Unternehmer den Besteller zusammen mit der Aufforderung zur Abnahme auf die Folgen einer nicht erklärten oder ohne Angabe von Mängeln verweigerten Abnahme hingewiesen hat; der Hinweis muss in Textform erfolgen.

(3) Nimmt der Besteller ein mangelhaftes Werk gemäß Absatz 1 Satz 1 ab, obschon er den Mangel kennt, so stehen ihm die in § 634 Nr. 1 bis 3 bezeichneten Rechte nur zu, wenn er sich seine Rechte wegen des Mangels bei der Abnahme vorbehält.