Bundesgerichtshof Urteil, 12. Jan. 2012 - IX ZR 95/11

bei uns veröffentlicht am12.01.2012
vorgehend
Amtsgericht Bochum, 38 C 273/10, 24.11.2010
Landgericht Bochum, 9 S 251/10, 10.05.2011

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IX ZR 95/11
Verkündet am:
12. Januar 2012
Kluckow
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Entrichtet eine GmbH nach drohender Zahlungsunfähigkeit die Prämien für eine
Direktversicherung ihres Geschäftsführers weiter, auf welche dieser nach seinem
Anstellungsvertrag Anspruch hat, so benachteiligt dies im Regelfall trotz der als
Gegenleistung erhaltenen Dienste die Gläubiger der Gesellschaft und kann bei
entsprechendem Vorsatz gegenüber dem Geschäftsführer angefochten werden.
BGH, Urteil vom 12. Januar 2012 - IX ZR 95/11 - LG Bochum
AG Bochum
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 12. Januar 2012 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Kayser, die
Richter Raebel und Vill, die Richterin Lohmann und den Richter Dr. Pape

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil der 9. Zivilkammer des Landgerichts Bochum vom 10. Mai 2011 aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Beklagte ist Geschäftsführer der D. H. GmbH, der Kläger Verwalter in dem Insolvenzverfahren über ihr Vermögen, welches auf den Antrag vom 25. Juni 2009 am 30. Juli desselben Jahres eröffnet worden ist. Als Teil der Bezüge aus dem Anstellungsverhältnis leistete die Schuldnerin Prämien auf eine Direktversicherung des Beklagten bei derG. G. in Höhe von 102,26 €, die jeweils zur Monatsmitte im Lastschriftverfahren eingezogen wurden. Der Kläger hat die Prämienzahlungen der Schuldnerin für den Zeitraum vom Juli 2008 bis einschließlich Juni 2009 gegenüber dem Beklagten angefochten und verlangt den Prämienbetrag von 1.227,12 € nebst Zinsen seit Insolvenzeröffnung zur Masse zurück.
2
Das Amtsgericht hat den Beklagten verurteilt. Die Berufung hatte Erfolg. Mit seiner vom Landgericht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassenen Revision erstrebt der Kläger die Wiederherstellung des amtsgerichtlichen Urteils.

Entscheidungsgründe:


3
Die Revision ist begründet.

I.


4
Den hilfsweise auch auf § 133 Abs. 1 InsO gestützten Klageanspruch hat das Berufungsgericht mangels objektiver Gläubigerbenachteiligung verneint. Die Schuldnerin habe mit der Tätigkeit ihres Geschäftsführers eine gleichwertige und angemessene Gegenleistung für seine Bezüge erhalten. Die Unwiderruflichkeit des Bezugsrechts sei dem Beklagten schon vor der drohenden Insolvenz und nicht lediglich für diesen Fall gewährt worden. Auch bei Ermächtigung der Versicherungsgesellschaft zum Lastschrifteinzug der Prämien habe eine Insolvenz der Schuldnerin noch nicht konkret gedroht. Dagegen wendet sich die Revision mit Erfolg.

II.


5
Der Bundesgerichtshof ist unabhängig von § 17a Abs. 5 GVG zur Entscheidung über die Revision berufen. Denn der Geschäftsführer einer GmbH gilt nach § 5 Abs. 1 Satz 3 ArbGG nicht als Arbeitnehmer (vgl. BAG ZIP 2011, 2175 Rn. 12).

III.


6
Wird von der Insolvenzschuldnerin nach Eintritt der wirtschaftlichen Krise durch weitere Prämienzahlungen der Rückkaufswert einer Direktversicherung für ihren Geschäftsführer erhöht, so kommt deswegen die Insolvenzanfechtung in Betracht (BGH, Urteil vom 10. Juli 1997 - IX ZR 161/96, NJW 1998, 312, 315, in BGHZ 136, 220 nicht mit abgedruckt). Die Annahme des Berufungsgerichts, die Prämienzahlungen an den Lebensversicherer seien wegen der Gegenleistung des Beklagten im Sinne des § 129 Abs. 1 InsO nicht gläubigerbenachteiligend (ebenso OLG Brandenburg, NZI 2002, 439, 440 f unter 2.), ist rechtsfehlerhaft. Denn für die Gläubiger der Insolvenzschuldnerin gewähren die erbrachten Tätigkeiten des Beklagten keine Zugriffsmöglichkeit, wie sie die zur Entrichtung der Versicherungsprämien abgeflossenen Zahlungsmittel boten (vgl. Jaeger /Henckel, InsO, § 133 Rn. 19).
7
Da sich die Vermögenslage der Insolvenzschuldnerin im Anfechtungszeitraum weiter verschlechterte, war das Interesse der Gläubiger auch nicht darauf gerichtet, dass der Beklagte seine Tätigkeit als Geschäftsführer unver- ändert fortsetzte, sondern dass er baldigst nach § 18 Abs. 1 InsO Insolvenzantrag stellte. Die Frage, ob bei einem ernsthaften und aussichtsreichen Sanierungsversuch der Schuldnerin durch den Beklagten eine objektive Gläubigerbenachteiligung infolge der fortdauernden Prämienzahlungen zu seiner Versorgung hätte verneint werden können, bedarf deshalb keiner Prüfung. Jedenfalls in der Regel kann der Insolvenzverwalter des Schuldners gegenüber dem Bezugsberechtigten die Rechtshandlungen anfechten, die auf Kosten der Masse den Wert der Direktversicherung erhöht haben. Dies gilt gerade dann, wenn das unwiderrufliche Bezugsrecht, wie hier, in anfechtungsfreier Zeit entstanden ist (MünchKomm-InsO/Kirchhof, 2. Aufl., § 129 Rn. 52).
8
Zutreffend beanstandet die Revision ferner, dass das Berufungsgericht den anfechtungsrechtlich maßgebenden Zeitpunkt verkannt habe. Da der einzugsberechtigte Gläubiger zuvor keine gesicherte Rechtsposition innehat, entscheidet nach § 140 Abs. 1 InsO in dieser Hinsicht statt der Erteilung der Einzugsermächtigung die vom Schuldner seiner Bank erklärte Genehmigung (BGH, Urteil vom 19. Dezember 2002 - IX ZR 377/99, WM 2003, 524, 529; vom 4. November 2004 - IX ZR 22/03, BGHZ 161, 49, 56 f; vom 29. Mai 2008 - IX ZR 42/07, NZI 2008, 482 Rn. 11 ff, 16; vom 30. September 2010 - IX ZR 177/07, WM 2010, 2167 Rn. 10 f; vom 21. Oktober 2010 - IX ZR 240/09, ZInsO 2010, 2293 Rn. 7). Sie wird bei wiederkehrenden Leistungen gleicher Größenordnung an denselben Gläubiger von einem Unternehmer regelmäßig bereits konkludent vor Ablauf der Widerspruchsfrist des Nr. 7 Abs. 3 AGB-Banken erklärt (BGH, Urteil vom 20. Juli 2010 - XI ZR 236/07, BGHZ 186, 269 Rn. 48; vom 21. Oktober 2010, aaO Rn. 8; vom 3. Mai 2011 - XI ZR 152/09, WM 2011, 1267 Rn. 11; vom 27. September 2011 - XI ZR 328/09, WM 2011, 2259 Rn. 15 f; vom 25. Oktober 2011 - XI ZR 368/09, ZIP 2011, 2398 Rn. 13; vom 1. Dezember 2011 - IX ZR 58/11 unter III. 1., zVb). Das Berufungsurteil kann danach mit der gegebenen Begründung nicht aufrechterhalten bleiben.

IV.


9
Die Sache ist nicht spruchreif. Das Berufungsgericht hat, aus seiner Sicht folgerichtig, keine Feststellungen dazu getroffen, ob nach den behaupteten Verlusten der Schuldnerin der Beklagte als Geschäftsführer wusste, dass dieser bereits im Juli 2008 die Zahlungsunfähigkeit drohte (§ 18 Abs. 2 InsO), oder ob sie aus anderen Gründen bei der angefochtenen Genehmigung des Prämieneinzugs mit dem Vorsatz der Gläubigerbenachteiligung gehandelt hat. Dies ist im zweiten Berufungsdurchgang nachzuholen.
10
Es bedarf danach voraussichtlich keiner Entscheidung, ob der Beklagte die gesamte Wertsteigerung seines unwiderruflichen Bezugsrechts aus der Direktversicherung für den Versicherungsfall oder den Rückkaufsfall, die infolge der angefochtenen Prämienzahlungen eingetreten ist, nach § 143 Abs. 1 InsO zur Insolvenzmasse zurückgewähren muss (vgl. dazu etwa Schuschke, BGHReport 2004, 198, 199 f; Kayser, Die Lebensversicherung in der Insolvenz des Arbeitgebers, S. 72 f; MünchKomm-InsO/Kirchhof, 2. Aufl. § 129 Rn. 52 am Ende ). Der Kläger hat hier nur die im Anfechtungszeitraum geleisteten Prämienzahlungen zurückverlangt, die auch vom Reichsgericht als aus dem Vermögen des Versprechensempfängers stammend in dessen Konkurs als Anfechtungsgegenstand anerkannt worden sind (vgl. RGZ 61, 217, 219 f).
Kayser Raebel Vill
Lohmann Pape
Vorinstanzen:
AG Bochum, Entscheidung vom 24.11.2010 - 38 C 273/10 -
LG Bochum, Entscheidung vom 10.05.2011 - I-9 S 251/10 -

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Urteil, 12. Jan. 2012 - IX ZR 95/11

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(1) Rechtshandlungen, die vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen worden sind und die Insolvenzgläubiger benachteiligen, kann der Insolvenzverwalter nach Maßgabe der §§ 130 bis 146 anfechten.

(2) Eine Unterlassung steht einer Rechtshandlung gleich.

(1) Anfechtbar ist eine Rechtshandlung, die der Schuldner in den letzten zehn Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag mit dem Vorsatz, seine Gläubiger zu benachteiligen, vorgenommen hat, wenn der andere Teil zur Zeit der Handlung den Vorsatz des Schuldners kannte. Diese Kenntnis wird vermutet, wenn der andere Teil wußte, daß die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners drohte und daß die Handlung die Gläubiger benachteiligte.

(2) Hat die Rechtshandlung dem anderen Teil eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht, beträgt der Zeitraum nach Absatz 1 Satz 1 vier Jahre.

(3) Hat die Rechtshandlung dem anderen Teil eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht, welche dieser in der Art und zu der Zeit beanspruchen konnte, tritt an die Stelle der drohenden Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nach Absatz 1 Satz 2 die eingetretene. Hatte der andere Teil mit dem Schuldner eine Zahlungsvereinbarung getroffen oder diesem in sonstiger Weise eine Zahlungserleichterung gewährt, wird vermutet, dass er zur Zeit der Handlung die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nicht kannte.

(4) Anfechtbar ist ein vom Schuldner mit einer nahestehenden Person (§ 138) geschlossener entgeltlicher Vertrag, durch den die Insolvenzgläubiger unmittelbar benachteiligt werden. Die Anfechtung ist ausgeschlossen, wenn der Vertrag früher als zwei Jahre vor dem Eröffnungsantrag geschlossen worden ist oder wenn dem anderen Teil zur Zeit des Vertragsschlusses ein Vorsatz des Schuldners, die Gläubiger zu benachteiligen, nicht bekannt war.

(1) Hat ein Gericht den zu ihm beschrittenen Rechtsweg rechtskräftig für zulässig erklärt, sind andere Gerichte an diese Entscheidung gebunden.

(2) Ist der beschrittene Rechtsweg unzulässig, spricht das Gericht dies nach Anhörung der Parteien von Amts wegen aus und verweist den Rechtsstreit zugleich an das zuständige Gericht des zulässigen Rechtsweges. Sind mehrere Gerichte zuständig, wird an das vom Kläger oder Antragsteller auszuwählende Gericht verwiesen oder, wenn die Wahl unterbleibt, an das vom Gericht bestimmte. Der Beschluß ist für das Gericht, an das der Rechtsstreit verwiesen worden ist, hinsichtlich des Rechtsweges bindend.

(3) Ist der beschrittene Rechtsweg zulässig, kann das Gericht dies vorab aussprechen. Es hat vorab zu entscheiden, wenn eine Partei die Zulässigkeit des Rechtsweges rügt.

(4) Der Beschluß nach den Absätzen 2 und 3 kann ohne mündliche Verhandlung ergehen. Er ist zu begründen. Gegen den Beschluß ist die sofortige Beschwerde nach den Vorschriften der jeweils anzuwendenden Verfahrensordnung gegeben. Den Beteiligten steht die Beschwerde gegen einen Beschluß des oberen Landesgerichts an den obersten Gerichtshof des Bundes nur zu, wenn sie in dem Beschluß zugelassen worden ist. Die Beschwerde ist zuzulassen, wenn die Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat oder wenn das Gericht von der Entscheidung eines obersten Gerichtshofes des Bundes oder des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes abweicht. Der oberste Gerichtshof des Bundes ist an die Zulassung der Beschwerde gebunden.

(5) Das Gericht, das über ein Rechtsmittel gegen eine Entscheidung in der Hauptsache entscheidet, prüft nicht, ob der beschrittene Rechtsweg zulässig ist.

(6) Die Absätze 1 bis 5 gelten für die in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten, Familiensachen und Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit zuständigen Spruchkörper in ihrem Verhältnis zueinander entsprechend.

(1) Arbeitnehmer im Sinne dieses Gesetzes sind Arbeiter und Angestellte sowie die zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigten. Als Arbeitnehmer gelten auch die in Heimarbeit Beschäftigten und die ihnen Gleichgestellten (§ 1 des Heimarbeitsgesetzes vom 14. März 1951 - Bundesgesetzbl. I S. 191 -) sowie sonstige Personen, die wegen ihrer wirtschaftlichen Unselbständigkeit als arbeitnehmerähnliche Personen anzusehen sind. Als Arbeitnehmer gelten nicht in Betrieben einer juristischen Person oder einer Personengesamtheit Personen, die kraft Gesetzes, Satzung oder Gesellschaftsvertrags allein oder als Mitglieder des Vertretungsorgans zur Vertretung der juristischen Person oder der Personengesamtheit berufen sind.

(2) Beamte sind als solche keine Arbeitnehmer.

(3) Handelsvertreter gelten nur dann als Arbeitnehmer im Sinne dieses Gesetzes, wenn sie zu dem Personenkreis gehören, für den nach § 92a des Handelsgesetzbuchs die untere Grenze der vertraglichen Leistungen des Unternehmers festgesetzt werden kann, und wenn sie während der letzten sechs Monate des Vertragsverhältnisses, bei kürzerer Vertragsdauer während dieser, im Durchschnitt monatlich nicht mehr als 1.000 Euro auf Grund des Vertragsverhältnisses an Vergütung einschließlich Provision und Ersatz für im regelmäßigen Geschäftsbetrieb entstandene Aufwendungen bezogen haben. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales und das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz können im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Wirtschaft und Energie die in Satz 1 bestimmte Vergütungsgrenze durch Rechtsverordnung, die nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf, den jeweiligen Lohn- und Preisverhältnissen anpassen.

(1) Rechtshandlungen, die vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen worden sind und die Insolvenzgläubiger benachteiligen, kann der Insolvenzverwalter nach Maßgabe der §§ 130 bis 146 anfechten.

(2) Eine Unterlassung steht einer Rechtshandlung gleich.

(1) Beantragt der Schuldner die Eröffnung des Insolvenzverfahrens, so ist auch die drohende Zahlungsunfähigkeit Eröffnungsgrund.

(2) Der Schuldner droht zahlungsunfähig zu werden, wenn er voraussichtlich nicht in der Lage sein wird, die bestehenden Zahlungspflichten im Zeitpunkt der Fälligkeit zu erfüllen. In aller Regel ist ein Prognosezeitraum von 24 Monaten zugrunde zu legen.

(3) Wird bei einer juristischen Person oder einer Gesellschaft ohne Rechtspersönlichkeit der Antrag nicht von allen Mitgliedern des Vertretungsorgans, allen persönlich haftenden Gesellschaftern oder allen Abwicklern gestellt, so ist Absatz 1 nur anzuwenden, wenn der oder die Antragsteller zur Vertretung der juristischen Person oder der Gesellschaft berechtigt sind.

(1) Eine Rechtshandlung gilt als in dem Zeitpunkt vorgenommen, in dem ihre rechtlichen Wirkungen eintreten.

(2) Ist für das Wirksamwerden eines Rechtsgeschäfts eine Eintragung im Grundbuch, im Schiffsregister, im Schiffsbauregister oder im Register für Pfandrechte an Luftfahrzeugen erforderlich, so gilt das Rechtsgeschäft als vorgenommen, sobald die übrigen Voraussetzungen für das Wirksamwerden erfüllt sind, die Willenserklärung des Schuldners für ihn bindend geworden ist und der andere Teil den Antrag auf Eintragung der Rechtsänderung gestellt hat. Ist der Antrag auf Eintragung einer Vormerkung zur Sicherung des Anspruchs auf die Rechtsänderung gestellt worden, so gilt Satz 1 mit der Maßgabe, daß dieser Antrag an die Stelle des Antrags auf Eintragung der Rechtsänderung tritt.

(3) Bei einer bedingten oder befristeten Rechtshandlung bleibt der Eintritt der Bedingung oder des Termins außer Betracht.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IX ZR 22/03
Verkündet am:
4. November 2004
Preuß
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
InsO § 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Alt. 1 und 2, §§ 60, 81, 130;
Der vorläufige Insolvenzverwalter mit Zustimmungsvorbehalt ist berechtigt, die Genehmigung
von Belastungsbuchungen im Einzugsermächtigungsverfahren zu verhindern
, auch wenn sachliche Einwendungen gegen die eingezogene Forderung
nicht erhoben werden.
BGH, Urteil vom 4. November 2004 - IX ZR 22/03 - OLG Brandenburg
LG Potsdam
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 4. November 2004 durch die Richter Dr. Ganter, Raebel, Kayser, Cierniak
und die Richterin Lohmann

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 13. Zivilsenats des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 18. Dezember 2002 aufgehoben.
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Potsdam vom 5. Dezember 2001 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten der Rechtsmittelzüge zu tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Klägerin lieferte Kraftstoffe an die R. GmbH (fortan: Insolvenzschuldnerin) und zog die in Rechnung gestellten Beträge aufgrund einer ihr erteilten Einzugsermächtigung von einem (debitorisch geführten ) Bankkonto der Insolvenzschuldnerin ein. Am 7. August 2000 stellte diese Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über ihr Vermögen. Noch am selben Tage wurde der Beklagte zum vorläufigen Insolvenzverwalter bestellt;
zugleich ordnete das Insolvenzgericht an, daß Verfügungen der Insolvenzschuldnerin nur mit Zustimmung des Beklagten wirksam sind (§ 21 Abs. 2 Nr. 2 InsO). Tags darauf versagte die Insolvenzschuldnerin mit Zustimmung des Beklagten die Genehmigung aller Lastschriften. Einwendungen gegen die zugrunde liegenden Rechnungen wurden nicht erhoben. Zugunsten der Klägerin war das Konto der Insolvenzschuldnerin am 19., 21. und 25. Juli 2000 mit insgesamt 45.255,49 DM (= 23.138,76 €) belastet worden; infolge der versagten Genehmigung gab die Bank diese Lastschriften zurück. Am 29. September 2000 wurde das Insolvenzverfahren eröffnet und der Beklagte zum Insolvenzverwalter bestellt. Die Klägerin wird mit ihren Forderungen voraussichtlich ausfallen.
Die Klägerin hat den Beklagten in Höhe der Rücklastschri ften auf Zahlung von Schadensersatz in Anspruch genommen. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat der Berufung der Klägerin stattgegeben. Mit seiner - vom Senat zugelassenen - Revision begehrt der Beklagte die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.

Entscheidungsgründe:


Die Revision des Beklagten hat Erfolg.

I.


Das Berufungsgericht hat ausgeführt, durch den Widerruf der Lastschriften habe die Insolvenzschuldnerin der Klägerin vorsätzlich und in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise Schaden zugefügt (§ 826 BGB). Es sei sittenwidrig, wenn der Schuldner wegen im Einzugsermächtigungsverfahren erhobener Beträge den Kontobelastungen ohne sachlichen Grund widerspreche. So verhalte es sich im vorliegenden Fall. Zudem habe die Insolvenzschuldnerin bezweckt, bei Insolvenzreife einen anderen Gläubiger - ihre Bank - zu begünstigen, dem sie die Rücklastschriftbeträge zugeschanzt habe. Es habe keinen speziellen Grund gegeben, ausgerechnet die Lastschriften der Klägerin zu widerrufen. Für das Vorliegen eines Anfechtungsgrundes sei nicht einmal ansatzweise vorgetragen. Auch scheide eine Geschäftsführerhaftung als Widerrufsgrund aus. Als Motiv komme ersichtlich allein das Bestreben in Betracht, den Sollstand auf dem Geschäftskonto zurückzuführen. Profitiert habe davon allein die Bank. Die künftige Insolvenzmasse sei dadurch nicht vergrößert worden. Der Beklagte stehe einem Mittäter gleich (§ 830 Abs. 2 BGB).

II.


Diese Begründung hält einer rechtlichen Überprüfung i n wesentlichen Punkten nicht stand.
1. Vorab ist klarzustellen, daß der Beklagte persönlich - und nicht, wie es im Rubrum des Berufungsurteil heißt, "als Verwalter in dem Insolvenzverfahren über das Vermögen der R. GmbH" - verklagt ist. Dies ergibt sich zum einen daraus, daß im Tatbestand des Berufungsurteils ausdrücklich erwähnt ist, der Beklagte werde persönlich in Anspruch genommen.
Darauf läßt zum andern die Anspruchsgrundlage (§ 826 BGB) schließen, auf welche die Klägerin ihr Begehren gestützt hat.
2. Die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen der vorläufige Insolvenzverwalter (§ 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Alt. 1 und 2 InsO) die Genehmigung von Kontobelastungen im Einzugsermächtigungsverfahren verhindern darf, ist bislang ungeklärt. Unter der Geltung der Konkursordnung ist in der Rechtsprechung die Auffassung vertreten worden, ein Konkursverwalter, der Kontobelastungen widerspreche, um den Debetsaldo des Gemeinschuldners zu verringern , sei dem Gläubiger zum Schadensersatz verpflichtet (OLG Hamm NJW 1985, 865, 866 f). Im Schrifttum war die Frage umstritten (bejahend Bauer WM 1981, 1186, 1198; Buck KTS 1980, 97, 100; Häuser WuB I D 2. Lastschriftverkehr 7.85; Remmerbach, Auswirkungen des Konkurses des Bankkunden auf den Überweisungs- und Lastschriftverkehr Diss. Münster 1987 S. 156; Rottnauer WM 1995, 272, 278; Sandberger JZ 1977, 285, 288; Westermann, Festschrift für Heinz Hübner 1984 S. 697, 704 ff; verneinend Denck ZHR 144 (1980), 171, 190 f; Jacob, Die zivilrechtliche Beurteilung des Lastschriftverfahrens 1995 S. 96 f; Skrotzki KTS 1974, 136, 138; Mentzel/Kuhn/Uhlenbruck, KO 9. Aufl. § 23 Rn. 5; ebenso - als Kritik zur von ihm abgelehnten Genehmigungstheorie - Canaris WM 1980, 354, 363). Nach Inkrafttreten der Insolvenzordnung hat sich der Meinungsstreit fortgesetzt (für Schadensersatzpflicht OLG Hamm ZIP 2004, 814, 815; LG Erfurt WM 2003, 1857; Baumbach/Hopt, HGB 31. Aufl. Zweiter Teil (7) Bankgeschäfte Rn. D/8; Bork, Zahlungsverkehr in der Insolvenz 2002, Rn. 247, 250, 256 f; ders. EWiR 2004, 237; ders., Festschrift für Walter Gerhardt 2004 S. 69 ff; Cartano WuB I D 2. Lastschriftverkehr 1.04; Fischer/ Klanten, Bankrecht 3. Aufl. Rn. 6.101; van Gelder, in: Schimansky/Bunte/
Lwowski, Bankrechts-Handbuch 2. Aufl. § 59 Rn. 11; Hess, in: Hess/Weis/ Wienberg, InsO 2. Aufl. § 82 Rn. 65 f; Kling DZWIR 2004, 54; Knees/Fischer ZInsO 2004, 5; Krepold, in: BuB Rn. 6/427; Obermüller, Insolvenzrecht in der Bankpraxis 6. Aufl. Rn. 3.452; ders. ZInsO 1998, 252, 258; ders. WuB VI B. § 30 Nr. 2 KO 2.90; Ott, in: MünchKomm-InsO, § 82 Rn. 25; wohl auch Uhlenbruck , InsO 12. Aufl. § 82 Rn. 24; a.A. LG Berlin DZWIR 2004, 255; Fehl DZWIR 2004, 257, 259; G. Fischer, Festschrift für Walter Gerhardt 2004 S. 223 ff; Rattunde/Berner DZWIR 2003, 185; Rendels INDat Report 2004,

18).


3. Der Senat ist der Auffassung, daß ein vorläufiger I nsolvenzverwalter mit Zustimmungsvorbehalt grundsätzlich berechtigt ist, einer Belastung, die der Schuldner noch nicht genehmigt hat, zu widersprechen.

a) Allerdings hat ein Schuldner außerhalb der Insolven z anerkennenswerte Gründe für einen Widerspruch gegen eine auf eine Einzugsermächtigung gestützte Belastungsbuchung grundsätzlich nur dann, wenn er keine Einzugsermächtigung erteilt hat oder der Anspruch des Gläubigers unbegründet oder zwar an sich begründet ist, der Schuldner aber in dem Zeitpunkt, in dem ihm der Kontoauszug mit der Belastungsanzeige zugeht, zu Recht Leistungsverweigerungs -, Zurückbehaltungs- oder Aufrechnungsrechte geltend machen will. Ein Schuldner, welcher der Belastung seines Girokontos im Einzugsermächtigungsverfahren zu dem Zwecke widerspricht, Zahlungen auf begründete und von seiner Einziehungsermächtigung gedeckte Gläubigeransprüche rückgängig zu machen, die er, wenn er sie überwiesen hätte, durch einen Widerruf der Überweisung nicht mehr hätte rückgängig machen können, nutzt grundsätzlich die ihm seiner Bank gegenüber zustehende Widerspruchsmöglichkeit zweck-
fremd aus. Gegebenenfalls handelt er, wenn er damit vorsätzlich das Ausfallrisiko der ersten Inkassostelle zuschiebt, dieser gegenüber sittenwidrig (BGHZ 74, 300, 306 = WM 1985, 82; BGH, Urt. v. 28. Mai 1979 - II ZR 85/78, WM 1979, 689, 690). Desgleichen handelt er sittenwidrig, wenn er die Widerspruchsmöglichkeit zu dem Zweck einsetzt, einen einzelnen Gläubiger zu begünstigen , indem er dessen Insolvenzrisiko auf den Lastschriftgläubiger überträgt (BGHZ 101, 153, 156 f = NJW 1987, 2370; BGH, Urt. v. 29. Mai 2001 - VI ZR 114/00, NJW 2001, 2632, 2633).
Ob ein Schuldner gegenüber dem Lastschriftgläubiger au ch dann sittenwidrig handelt, wenn der Widerspruch gegen die Belastung seines Girokontos nicht einen einzelnen Gläubiger begünstigen, sondern unmittelbar vor dem Insolvenzantrag die künftige Masse "zusammenhalten" soll, hat der Bundesgerichtshof noch nicht entschieden (vgl. hierzu OLG Schleswig NZI 2001, 428, 429). Auch im vorliegenden Fall bedarf es dazu keiner Stellungnahme.
b) Denn ein Insolvenzverwalter, auch ein vorläufiger, ha t weitergehende Rechte zum Widerspruch, als sie zuvor der Schuldner hatte. Die verbreitete Ansicht, daß jenem das Widerspruchsrecht nur in dem Umfang zustehe, in dem es bei Stellung des Eröffnungsantrags der Schuldner gehabt habe, ist unzutreffend.
aa) Zwar ist der Insolvenzverwalter grundsätzlich an die vo m Schuldner getroffenen Abreden gebunden. Er tritt in die bei Verfahrenseröffnung bestehende Rechtslage ein (BGHZ 44, 1, 4; OLG Hamm NJW 1985, 865, 866; ZIP 2004, 814, 815).
Indem der Schuldner seinem Gläubiger eine Einziehungse rmächtigung erteilt, verschafft er diesem jedoch nicht das Recht, über sein Konto zu verfügen. Daher bedarf die Belastungsbuchung, um rechtlich wirksam zu sein, der Genehmigung des Schuldners (BGHZ 69, 82, 85; 144, 349, 353; BGH, Urt. v. 14. Februar 1989 - XI ZR 141/88, WM 1989, 520, 521). Solange er die Belastungsbuchung nicht ausdrücklich oder konkludent genehmigt hat, kann der Schuldner die Lastschrift durch seinen Widerspruch rückgängig machen (BGHZ 144, 349, 354; BGH, Urt. v. 19. Dezember 2002 - IX ZR 377/99, WM 2003, 524, 526). Der Widerspruch besagt im Grunde nichts anderes, als daß die Genehmigung versagt wird. Grundsätzlich gilt das Schweigen auf etwa zugegangene Rechungsabschlüsse nicht als Genehmigung (vgl. BGHZ 144, 349, 356). Über den Einfluß der neuen Nr. 7 Abs. 3 AGB-Banken - wonach die Belastungsbuchungen sechs Wochen nach dem Zugang entsprechender Mitteilungen als genehmigt gelten - ist im vorliegenden Fall nicht zu entscheiden. Diese Bestimmung wurde erst zum 1. April 2002 eingeführt. Auf den vorliegenden Fall ist sie nicht anwendbar.
Bevor der Schuldner die Genehmigung nicht erklärt hat, ist die zur Einziehung gegebene Forderung nicht erfüllt (van Gelder, aaO § 58 Rn. 175 f; Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht 2. Aufl. Rn. 4.360, 4.418; a.A. Canaris, Bankvertragsrecht 3. Aufl. Rn. 636; Staudinger/Olzen, BGB 14. Aufl. vor § 362 Rn. 75; Bork, Festschrift für Walter Gerhardt S. 69, 76). Dies wäre nur dann anders, wenn die dem Gläubiger nach Einlösung der Lastschrift durch die Zahlstelle erteilte Gutschrift als durch die Widerspruchsmöglichkeit des Schuldners auflösend bedingt anzusehen wäre (so etwa Bauer aaO S. 1194; Bork, Zahlungsverkehr in der Insolvenz Rn. 254; Canaris, Bankvertragsrecht 4. Aufl. Rn. 636; Engel, Rechtsprobleme um das Lastschriftverfahren 1966 S. 54; Fall-
scheer/Schlegel, Das Lastschriftverfahren - Entwicklung und Rechtsprobleme 1977 S. 34 f). Die Annahme einer auflösenden Bedingung ist jedoch mit der vom Bundesgerichtshof in ständiger Rechtsprechung vertretenen (vgl. BGHZ 144, 349, 353; BGH, Urt. v. 14. Februar 1989 - XI ZR 141/88, NJW 1989, 1672, 1673; v. 10. Januar 1996 - XII ZR 271/94, WM 1996, 335, 337; offen gelassen im Urteil v. 19. Dezember 2002 - IX ZR 377/99 aaO) Genehmigungstheorie nicht vereinbar. Danach wird die Belastung des Schuldnerkontos erst durch die Genehmigung des Schuldners wirksam (van Gelder, aaO Rn. 172, 175).
Deshalb hat der Gläubiger auch nach der Gutschrift auf seinem Konto und der Belastungsbuchung auf dem Schuldnerkonto immer noch lediglich den schuldrechtlichen Anspruch auf Erfüllung seiner Forderung. Dieser Anspruch ist nunmehr darauf gerichtet, daß der Schuldner die Belastungsbuchung genehmigt. An der Natur des Anspruchs ändert dies nichts. Der Ansicht, der Gläubiger habe im Lastschriftverfahren bereits eine "verfestigte Rechtsposition" oder "Schutzrechte gegenüber dem Schuldner erworben", aufgrund derer er darauf vertrauen dürfe, daß es nicht zu einer Rückbuchung komme (Rottnauer aaO S. 279; Kling aaO S. 58), ist nicht zu folgen, falls damit insolvenzfeste Rechte gemeint sein sollten. Eine solche Rechtsposition erhält der Gläubiger erst mit der Genehmigung der Lastschriftbuchung.
Mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens geht eine dem Schul dner zustehende Möglichkeit des Widerspruchs gegen im Einzugsermächtigungsverfahren vorgenommene Belastungsbuchungen auf den Insolvenzverwalter über (BGHZ 144, 349, 351). Nach Insolvenzeröffnung kann eine Zahlung, die bis dahin noch nicht erfolgt ist, nicht mehr wirksam werden (§ 81 Abs. 1 Satz 1
InsO). Demgemäß darf der Insolvenzverwalter nach Insolvenzeröffnung grundsätzlich keine Belastungsbuchung mehr genehmigen.
Da weder die Abrede über die Einziehungsermächtigung noch die Ausübung der daraus folgenden Befugnisse die Rechtsstellung des Gläubigers gegenüber dem Schuldner verbessert, gibt es keinen Grund, ihn insolvenzrechtlich vor Erteilung der Genehmigung besser zu stellen als solche Gläubiger , deren Forderung auf herkömmlichem Wege erfüllt werden sollen und welche die geschuldete Zahlung noch nicht erhalten haben. In jedem Falle haben die Gläubiger lediglich nicht erfüllte schuldrechtliche Ansprüche, die mit Verfahrenseröffnung zu Insolvenzforderungen im Sinne von § 38 InsO werden. Ebensowenig wie der Gläubiger einer vom Schuldner nicht bezahlten Forderung Ansprüche gegen die Masse hat, weil das Unterbleiben der Zahlung als positive Forderungsverletzung oder als vorsätzliche sittenwidrige Schädigung anzusehen sei, kann er vom Insolvenzverwalter die Genehmigung einer im Einziehungsermächtigungsverfahren erfolgten Belastungsbuchung mit der Begründung verlangen, das Unterlassen der Genehmigung sei rechtsmißbräuchlich. Vielmehr ist das Gegenteil richtig: Da dem Gläubiger nur eine ungesicherte Insolvenzforderung zusteht, darf der Insolvenzverwalter nicht durch Erteilung der Genehmigung deren Erfüllung bewirken. Dies wäre ebenso insolvenzzweckwidrig wie die Zahlung an einen einzelnen Insolvenzgläubiger außerhalb des gesetzlich vorgeschriebenen Verteilungsverfahrens.
bb) Aufgrund der ihm gesetzlich obliegenden Aufgaben ist auch der vorläufige Insolvenzverwalter mit Zustimmungsvorbehalt zum Widerspruch berechtigt.
(1) Zunächst gelten für ihn die Ausführungen unter aa ) entsprechend. Der vorläufige Insolvenzverwalter hat, falls dem Schuldner ein allgemeines Verfügungsverbot auferlegt wurde, die künftige Masse zu sichern und zu erhalten (§ 22 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 InsO). Daraus folgt, daß er Forderungen einzelner Gläubiger nur erfüllen - und somit das Schuldnervermögen nur vermindern - darf, wenn dies im Einzelfall zur Erfüllung der ihm obliegenden Aufgaben, etwa zur Fortführung des Schuldnerunternehmens, im Interesse der Gläubigergesamtheit erforderlich oder wenigstens zweckmäßig erscheint (vgl. BGHZ 118, 374, 379; 146, 165, 172 f). An diesem Ziel hat sich grundsätzlich auch der vorläufige Insolvenzverwalter zu orientieren, der lediglich mit einem Zustimmungsvorbehalt ausgestattet wurde (§ 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Alt. 2, § 22 Abs. 2 Satz 1 InsO; vgl. Uhlenbruck, aaO § 22 Rn. 13 a.E.; HK-InsO/Kirchhof, 3. Aufl. § 22 Rn. 31). Da der vorläufige Insolvenzverwalter in beiden Erscheinungsformen die künftige Masse zu sichern und zu erhalten hat, kann es nicht seine Sache sein, eine vor dem Eröffnungsantrag unvollständig erfüllte Verbindlichkeit des Schuldners vollständig zu erfüllen oder einer Erfüllungshandlung des Schuldners durch seine Zustimmung Wirksamkeit zu verleihen, falls dies nicht im Interesse aller Gläubiger liegt. Vielmehr darf er die Rechtsfolge des § 81 Abs. 1 Satz 1 InsO durch einen Widerspruch oder die Verweigerung der Zustimmung zu einer Genehmigung des Schuldners vorwegnehmen.
Soweit "wegen der Pflicht zur Vermeidung und Vermind erung von Masseverbindlichkeiten" aus § 22 Abs. 1 Satz 2 InsO geradezu eine Verpflichtung abgeleitet wird, rechtsmißbräuchliche Widersprüche gegen Belastungsbuchungen zu unterlassen, weil diese zu Masseverbindlichkeiten führten (Kling aaO S. 56), beruht diese Auffassung auf einem Zirkelschluß.
(2) Die Richtigkeit der vorstehenden Überlegungen erwe ist sich auch daran, daß die Lage für den Gläubiger dann, wenn der Widerspruch unterbliebe , nach Insolvenzeröffnung kaum günstiger wäre, weil die Erfüllung der Gläubigerforderung durch Genehmigung der Belastungsbuchung nach Insolvenzeröffnung anfechtbar sein kann (vgl. Bork, Festschrift für Walter Gerhardt S. 69, 86 f; Knees/Fischer aaO S. 12).
Anfechtbare Rechtshandlungen darf ein "starker" vorläufi ger Insolvenzverwalter nicht vornehmen, und ein "schwacher" vorläufiger Insolvenzverwalter mit Zustimmungsvorbehalt darf dem auf seine Zustimmung angewiesenen Schuldner dazu nicht die Hand reichen. Die Genehmigung der Belastungsbuchung ist eine Rechtshandlung des Schuldners, der damit einen mehraktigen Zahlungsvorgang abschließt (vgl. BGH, Urt. v. 19. Dezember 2002 aaO S. 529). Durch den nunmehr "endgültigen" Abfluß des entsprechenden Geldbetrages wird die Gläubigergesamtheit benachteiligt. Genehmigt für den Schuldner der "starke" vorläufige Insolvenzverwalter oder der Schuldner mit der offengelegten Zustimmung des "schwachen" (aber mit Zustimmungsvorbehalt ausgestatteten) vorläufigen Insolvenzverwalters, hat der Gläubiger zwangsläufig Kenntnis von dem Eröffnungsantrag. Insoweit liegen die Voraussetzungen des § 130 Abs. 1 Nr. 2 InsO vor.
Selbst die erst im Zeitpunkt der Genehmigung vorliegen de Kenntnis von dem Eröffnungsantrag ist für den Gläubiger schädlich. Da die Belastung des Schuldnerkontos nicht etwa bedingt, sondern bis zur Genehmigung ohne materielle Wirkung ist, fällt dies nicht unter den dritten, sondern unter den ersten Absatz des § 140 InsO (Christiansen KTS 2003, 353, 382; G. Fischer ZIP 2004, 1679, 1682).

cc) Die dargestellte Rechtsfolge benachteiligt Gläubiger , die sich einer Einziehungsermächtigung bedienen, nicht unbillig.
Daß der Gläubiger durch den Widerspruch des (vorläufige n) Insolvenzverwalters in der Stellung eines bloßes Insolvenzschuldners verbleibt (ungenau insofern Skrotzki aaO und Denck aaO S. 190: Der Gläubiger wird nicht "zurückversetzt" , weil er nie eine andere Stellung innehatte), hängt mit der Schwäche seiner Position als Lastschriftgläubiger zusammen. Für eine Entlastung des Gläubigers vom Insolvenzrisiko des Schuldners bietet das Einziehungsermächtigungsverfahren keinen Anhalt. Durch die berechtigte Einziehung ist dem Gläubiger noch keine insolvenzfeste Rechtsstellung zugewachsen. Auf der anderen Seite zieht der Gläubiger aus dem La stschriftverfahren großen Nutzen (zum Folgenden vgl. van Gelder, aaO § 56 Rn. 58-61): Er hat die Initiative beim Zahlungseinzug und kann den für ihn günstigsten Zeitpunkt einheitlich bestimmen. Er kann die Inanspruchnahme von Krediten zur Zwischenfinanzierung vermeiden und hat dadurch Liquiditätsvorteile. Die Zahlungsüberwachung wird vereinfacht. Die innerbetriebliche Buchhaltung des Gläubigers und die Mahnabteilung, die sich nur noch mit Rückbelastungen befassen muß, werden entlastet.
Es mag zwar zutreffen, daß das Einzugsermächtigungsverfahre n massenhaft angewendet wird und gerade den kleinen bis mittleren Zahlungsverkehr erleichtert. Daß das freie Widerrufsrecht des Insolvenzverwalters den "wegen seiner Schnelligkeit und Kostenvorteilen stark genutzten Lastschriftverkehr voraussichtlich übermäßig behindern oder sogar gänzlich zum Erliegen
bringen würde" (Cartano aaO), ist jedoch nicht zu befürchten, weil zwischen den Beteiligten eine Befristung vereinbart werden kann. Gläubigern, die das mit dem Einzugsermächtigungsverfahren verbundene Insolvenzrisiko dennoch scheuen, mögen von diesem Verfahren Abstand nehmen oder sich Sicherheiten geben lassen. Soweit es sich bei den Gläubigern um Lieferanten handelt, können sie beispielsweise einen verlängerten und/oder erweiterten Eigentumsvorbehalt ausbedingen.
dd) Der Ansicht, das in dem "Abkommen über den Lastschrif tverkehr" (Lastschriftabkommen, abgeschlossen von den im Zentralen Kreditausschuss zusammengefassten Spitzenverbänden des Kreditgewerbes) vorgesehene Regulierungssystem müsse im Verhältnis der Banken untereinander und im Valutaverhältnis funktionsfähig bleiben und dürfe nicht durch die Insolvenz eines Beteiligten gestört werden (so Sandberger aaO), ist nicht zu folgen. Das Lastschriftabkommen kann das Insolvenzrecht nicht außer Kraft setzen. Im übrigen füllt es den Inhalt des zwischen der ersten Inkassostelle und der Zahlstelle bestehenden Auftragsverhältnisses aus, betrifft somit allein den Verkehr zwischen den beteiligten Banken. Auch im Interbankenverhältnis ist eine Befristung der Rückverrechnungsmöglichkeit vorgesehen (Abschn. III Nr. 2 Satz 1 des Lastschriftabkommens ). Damit ist das Insolvenzrisiko der ersten Inkassostelle im Verhältnis zum Einreicher der Lastschrift begrenzt.

b) Sittenwidrig könnte der "pauschale" Widerspruch des ( vorläufigen) Insolvenzverwalters gegen die Belastungsbuchung dann sein, wenn er nicht der künftigen Insolvenzmasse, sondern - von vornherein gewollt - allein der Schuldnerbank zugute käme (BGHZ 101, 153, 157 = NJW 1987, 2370). Davon ist das Berufungsgericht ausgegangen.

Indes kann der Annahme des Berufungsgerichts, der Beklagt e habe durch den mit der Schuldnerin abgestimmten Widerspruch die deren Konto belasteten Beträge der kontoführenden Bank "zugeschanzt", nicht gefolgt werden. Ob das Berufungsgericht durch das unstreitige Parteivorbringen, diese Beträge befänden sich nunmehr in der Insolvenzmasse, gebunden war, mag dahinstehen. Es kann sogar davon ausgegangen werden, daß durch die Rücklastschriften kein Auszahlungsanspruch zugunsten der künftigen Insolvenzmasse entstanden ist (vgl. BGH, Beschl. v. 1. Oktober 2002 - IX ZR 125/02, ZIP 2002, 2184, 2185; OLG Köln WM 1991, 28, 29; LG Karlsruhe WM 1987, 605; LG Aachen WM 1990, 1042, 1044). Jedenfalls hatte die kontoführende Bank durch den Widerspruch des Beklagten keinen rechtserheblichen Vorteil. Soweit Belastungsbuchungen nicht genehmigt worden sind, hatte die Bank zu keiner Zeit einen Aufwendungsersatzanspruch nach § 670 BGB. Die Wiedergutschrift erfolgte im Wege einer Berichtigung einer Buchung. Eine Verrechnung oder Aufrechnung lag darin nicht (Bork, Festschrift für Walter Gerhardt S. 69, 78; vgl. ferner BGH, Beschl. v. 1. Oktober 2002 aaO; a.A. OLG Bremen ZIP 1980, 358; Kübler/Prütting/Lüke, InsO § 82 Rn. 34 a.E.).

c) Ob der Widerspruch sittenwidrig sein könnte, wenn der Insolvenzmasse dadurch keinerlei Vorteil erwachsen wäre, bedarf keiner abschließenden Entscheidung.
Allerdings war der Widerspruch zunächst einmal ohne Einf luß auf die Passivmasse. Er bewirkte, daß es bei der Forderung der Klägerin verblieb. Wäre der Widerspruch unterlassen - und die Belastungsbuchung genehmigt - worden, wäre die Forderung der Klägerin erloschen; dafür wäre der Schuldner-
bank eine Forderung aus § 670 BGB in gleicher Höhe entstanden. Indes hat ein vorläufiger Insolvenzverwalter (§ 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Alt. 1 und 2 InsO), der sein Amt antritt und sich erst einen Überblick über die erfahrungsgemäß oft ungeordneten rechtlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Schuldners verschaffen muß, ein rechtlich geschütztes Interesse daran, zunächst einmal jede Veränderung dieser Verhältnisse zu unterbinden, also den "status quo" zu bewahren. Dazu gehört auch, daß er Zahlungen des Schuldners, die noch nicht wirksam erfolgt sind, "einfriert". Denn er ist regelmäßig nicht in der Lage, etwa vorliegende unerledigte Rechnungen rasch und zuverlässig auf ihre Berechtigung zu überprüfen. Hinzu kommt, daß Abflüsse von dem Schuldnerkonto , um Forderungen von (Alt-)Gläubigern zu befriedigen, selbst dann, wenn sie (weil das Schuldnerkonto debitorisch ist) lediglich zu einer Umschuldung führen , in mehrfacher Hinsicht nachteilig sind. Zum einen wird dadurch die Liquidität des Schuldnerunternehmens geschmälert. Dies kann auch dann der Fall sein, wenn das Schuldnerkonto debitorisch ist, weil möglicherweise ein noch nicht ausgeschöpftes Kreditlimit eingeräumt ist. Die Liquidität kann für die Fortführung des Schuldnerunternehmens unerläßlich sein. Zum andern wird es für die Insolvenzmasse vielfach günstiger sein, wenn eine Schuld bei einem (Insolvenz -) Gläubiger nicht durch eine Schuld bei der Bank abgelöst worden ist. Denn regelmäßig hat sich die Bank für ihr Kreditengagement Sicherheiten bestellen lassen. Der erfolgreiche Widerspruch gegen eine Lastschrift kann deshalb dazu führen, daß Sicherheiten nicht in Anspruch genommen werden. Dies verbessert die Aussichten einer Sanierung des Schuldnerunternehmens.

d) Da der vorläufige Insolvenzverwalter mit Zustimmungsvor behalt berechtigt ist, einer im Einzugsermächtigungsverfahren erfolgten Kontobelastung
zu widersprechen, liegt weder eine vorsätzliche sittenwidrige Schädigung nach § 826 BGB noch eine schuldhafte Pflichtverletzung gemäß § 60 InsO vor.

III.


Das angefochtene Urteil ist somit aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Da die Sache entscheidungsreif ist, kann der Senat in der Sache selbst entscheiden (§ 563 Abs. 3 ZPO) und durch Zurückweisung der Berufung das erstinstanzliche Urteil wiederherstellen.
Ganter Raebel Kayser
Cierniak Lohmann
11
3. Die Erfüllung einer Verbindlichkeit durch die Genehmigung der Belastungsbuchung ist nach Insolvenzeröffnung gegenüber dem Gläubiger grundsätzlich anfechtbar (BGHZ 161, 49, 56; BGH, Urt. v. 25. Oktober 2007 aaO S. 2278 Rn. 44). Der auf § 130 Abs. 1 Nr. 2 InsO beruhenden Anfechtung steht jedoch der Einwand des Bargeschäfts (§ 142 InsO) entgegen.
10
b) Die Erfüllung einer Verbindlichkeit durch die Genehmigung der Belastungsbuchung stellt eine Rechtshandlung im Sinne von § 129 Abs. 1 InsO dar, die dann, wenn die Voraussetzungen eines Anfechtungstatbestandes der §§ 130 ff InsO erfüllt sind, der Anfechtung durch den Insolvenzverwalter unterliegt. Anfechtungsgegner ist der begünstigte Gläubiger (BGHZ 161, 49, 56 f; BGH, Urt. v. 29. Mai 2008 - IX ZR 42/07, NZI 2008, 482, 483 Rn. 11; vgl. auch Urt. v. 2. April 2009 - IX ZR 171/07, NZI 2009, 378 Rn. 9). Rechtshandlungen des späteren Insolvenzschuldners, denen der vorläufige Insolvenzverwalter zugestimmt hat, oder des vorläufigen Insolvenzverwalters, der namens und in Vollmacht des späteren Insolvenzschuldners gehandelt hat, können dann, wenn kein allgemeines Verfügungsverbot angeordnet war, nach den Vorschriften der §§ 129 ff InsO angefochten werden (BGHZ 154, 190, 194; HK-InsO/Kreft, 5. Aufl. § 129 Rn. 31; Graf-Schlicker/Huber, InsO 2. Aufl. § 129 Rn. 14; vgl. auch BGH, Urt. v. 29. November 2007 - IX ZR 165/05, ZIP 2008, 372, 374 Rn. 30).
7
1. Bei einer Abbuchung aufgrund einer Einziehungsermächtigung liegt die anfechtbare Rechtshandlung (§ 129 InsO) in der Genehmigung des Schuldners , mit der er einen mehraktigen Zahlungsvorgang abschließt (BGH, Urt. v. 4. November 2004 - IX ZR 22/03, BGHZ 161, 49, 56; v. 25. Oktober 2007 - IX ZR 217/06, BGHZ 174, 84 Rn. 15; v. 29. Mai 2008 - IX ZR 42/07, NZI 2008, 482 Rn. 11; v. 2. April 2009 - IX ZR 171/07, WM 2009, 958 Rn. 6). Maßgeblich für die Anwendbarkeit von § 130 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 InsO ist der Zeitraum zwischen Eröffnungsantrag und Eröffnung des Insolvenzverfahrens (BGH, Urt. v. 2. April 2009, aaO). Nach den vom Berufungsgericht in Bezug genommenen Feststellungen des Amtsgerichts spricht einiges dafür, dass bereits die Schuldnerin vor Insolvenzantragstellung die Belastungsbuchung genehmigt hat. Dann käme keine Anfechtung nach § 130 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 InsO, sondern bei der hier vorliegenden kongruenten Deckung nur eine Anfechtung nach § 130 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 InsO in Betracht. Zu den tatbestandlichen Voraussetzungen dieser Vorschrift fehlt es jedoch sowohl an Feststellungen als auch an Parteivortrag.
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bb) Hingegen rügt die Revision zu Recht, dass das Berufungsgericht dem Vorbringen der Beklagten, es handele sich bei den Lastschriftbuchungen vornehmlich um solche aus laufenden Geschäftsverbindungen, die bisher unbeanstandet geblieben seien, keine Bedeutung beigemessen hat. Unter der Voraussetzung, dass der Kontoinhaber eine entsprechende Lastschriftbuchung in der Vergangenheit bereits einmal gegenüber der Zahlstelle genehmigt hat - sei es auch nur gemäß der Fiktion des Nr. 7 Abs. 3 AGB-Banken aF -, kann dem Umstand, dass eine erneute Belastung unbeanstandet bleibt, je nach den Umständen des Einzelfalls durchaus Erklärungswert zukommen. Eine konkludente Genehmigung kommt insbesondere dann in Betracht, wenn es sich für die Zahlstelle erkennbar um regelmäßig wiederkehrende Lastschriften aus Dauerschuldverhältnissen, laufenden Geschäftsbeziehungen oder zum Einzug von wiederkehrenden Steuervorauszahlungen handelt. Erhebt der Schuldner in Kenntnis eines erneuten Lastschrifteinzugs, der den bereits genehmigten betragsmäßig nicht wesentlich übersteigt, gegen diesen nach einer angemessenen Überlegungsfrist keine Einwendungen, so kann auf Seiten der Zahlstelle die berechtigte Erwartung entstehen, auch diese Belastungsbuchung solle Bestand haben. Eine solche Annahme ist vor allem deshalb gerechtfertigt, weil die Zahlstelle beim Einzugsermächtigungsverfahren in der derzeitigen rechtlichen Ausgestaltung zwar einerseits - für den Kontoinhaber erkennbar - auf seine rechtsgeschäftliche Genehmigungserklärung angewiesen ist, um die Buchung wirksam werden zu lassen, das Verfahren aber andererseits darauf ausgelegt ist, dass der Kontoinhaber keine ausdrückliche Erklärung abgibt. In einer solchen Situation sind an eine Genehmigung durch schlüssiges Verhalten keine zu hohen Anforderungen zu stellen (vgl. BGHZ 174, 84, Tz. 20). Dies gilt jedenfalls dann, wenn das Konto - wie hier - im unternehmerischen Geschäftsverkehr geführt wird. In diesem Fall kann die Zahlstelle damit rechnen, dass die Kontobewegungen zeitnah nachvollzogen und überprüft werden.
11
a) Eine konkludente Genehmigung kommt nach der neueren, nach Erlass des Berufungsurteils ergangenen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs insbesondere dann in Betracht, wenn es sich für die Zahlstelle erkennbar um regelmäßig wiederkehrende Lastschriften aus Dauerschuldverhältnissen, laufenden Geschäftsbeziehungen oder zum Einzug von wiederkehrenden Steuervorauszahlungen und Sozialversicherungsbeiträgen handelt, die der Kontoinhaber in der Vergangenheit bereits einmal genehmigt hat. Erhebt der Schuldner in Kenntnis eines erneuten Lastschrifteinzugs, der sich im Rahmen des bereits Genehmigten bewegt, gegen diesen nach einer angemessenen Überlegungsfrist keine Einwendungen, so kann auf Seiten der Zahlstelle die berechtigte Erwartung entstehen, auch diese Belastungsbuchung solle Bestand haben. Eine solche Annahme ist vor allem deshalb gerechtfertigt, weil die Zahlstelle beim Einzugsermächtigungsverfahren in der derzeitigen rechtlichen Ausgestaltung zwar einerseits - für den Kontoinhaber erkennbar - auf seine rechtsgeschäftliche Genehmigungserklärung angewiesen ist, um die Buchung wirksam werden zu lassen, das Verfahren aber andererseits darauf ausgelegt ist, dass der Kontoinhaber keine ausdrückliche Erklärung abgibt. In einer solchen Situation sind an eine Genehmigung durch schlüssiges Verhalten keine zu hohen Anforderungen zu stellen. Dies gilt jedenfalls dann, wenn das Konto im unternehmerischen Geschäftsverkehr geführt wird. In diesem Fall kann die Zahlstelle damit rechnen, dass die Kontobewegungen zeitnah nachvollzogen und überprüft werden (vgl. Senatsurteile vom 20. Juli 2010 - XI ZR 236/07, BGHZ 186, 269 Rn. 48; vom 26. Oktober 2010 - XI ZR 562/07, WM 2010, 2307 Rn. 21; vom 23. November 2010 - XI ZR 370/08, WM 2011, 63 Rn. 16; vom 25. Januar 2011 - XI ZR 171/09, WM 2011, 454 Rn. 20 und vom 1. März 2011 - XI ZR 320/09, WM 2011, 743 Rn. 13; auch BGH, Urteil vom 30. September 2010 - IX ZR 178/09, WM 2010, 2023 Rn. 13 f.).
13
aa) Nach Erlass des Berufungsurteils hat der Senat entschieden, dass eine konkludente Genehmigung von Lastschriftbuchungen in Betracht kommt, wenn diese der Erfüllung von Forderungen aus laufender Geschäftsbeziehung dienen. Erhebt der Schuldner in Kenntnis eines erneuten Lastschrifteinzugs, der sich im Rahmen des bereits genehmigten bewegt, gegen diesen nach einer angemessenen Überlegungsfrist keine Einwendungen, so kann auf Seiten der Zahlstelle die berechtigte Erwartung entstehen, auch diese Belastungsbuchung solle Bestand haben. Dies gilt jedenfalls dann, wenn das Konto im unternehmerischen Geschäftsverkehr geführt wird. In diesem Fall kann nämlich die Zahlstelle damit rechnen, dass die Kontobewegungen zeitnah nachvollzogen und überprüft werden (Senatsurteile vom 20. Juli 2010 - XI ZR 236/07, BGHZ 186, 269 Rn. 48, vom 26. Oktober 2010 - XI ZR 562/07, WM 2010, 2307 Rn. 21, vom 23. November 2010 - XI ZR 370/08, WM 2011, 63 Rn. 16, vom 25. Januar 2011 - XI ZR 171/09, WM 2011, 454 Rn. 20 und vom 14. April 2011 - XI ZR 152/09, WM 2011, 1267 Rn. 11 mwN).

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IX ZR 58/11
Verkündet am:
1. Dezember 2011
Preuß
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Erhebt der Schuldner gegen die Einziehung eines wiederkehrenden Sozialversicherungsbeitrags
innerhalb einer Überlegungsfrist von vierzehn Tagen ab Zugang
des Kontoauszugs, der die Abbuchung ausweist, keine Einwendungen, kann die
Zahlstelle davon ausgehen, dass die Lastschrift genehmigt ist.
BGH, Urteil vom 1. Dezember 2011 - IX ZR 58/11 - LG Hamburg
AG Hamburg-Barmbek
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 1. Dezember 2011 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Kayser, die
Richter Raebel, Dr. Pape, Grupp und die Richterin Möhring

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Hamburg vom 25. März 2011 aufgehoben.
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Amtsgerichts Hamburg-Barmbek vom 7. Oktober 2010 wird zurückgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten beider Rechtsmittel zu tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Kläger ist Verwalter in dem Insolvenzverfahren über das Vermögen der F. GmbH (fortan: Schuldnerin). Diese unterhielt bei der G. eG (fortan: Bank) ein Girokonto, für das die Schuldnerin und die Bank einen vierteljährlichen Rechnungsabschluss vereinbart hatten. Der Geschäftsbeziehung zu der Schuldnerin lagen die allgemeinen Geschäftsbedingungen der Bank zugrunde.
2
Die beklagte Krankenkasse zog am 23. Dezember 2008 - wie schon in den Monaten zuvor ohne Beanstandungen der Schuldnerin - Sozialversiche- rungsbeiträge aufgrund der ihr erteilten Einzugsermächtigung vom Konto der Schuldnerin ein. Der Kontoabschluss für das vierte Quartal 2008, den die Bank am 30. Dezember 2008 erstellte, ging der Schuldnerin am 2. Januar 2009 zu. Am 19. Januar 2009 beantragte die Schuldnerin die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über ihr Vermögen. Hierauf bestellte das Insolvenzgericht den Kläger am 22. Januar 2009 zum vorläufigen Insolvenzverwalter und ordnete einen Zustimmungsvorbehalt an. Der Kläger informierte die Beklagte mit Schreiben vom 5. Februar 2009 über den Insolvenzantrag der Schuldnerin. Am 10. Februar 2009 erklärte er gegenüber der Bank die Genehmigung aller Abbuchungen vom Konto der Schuldnerin. Nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens focht er die genehmigten Leistungen vom 23. Dezember 2008 an und forderte die Beklagte zur Rückzahlung des eingezogenen Betrages von 877,19 € auf.
3
Das Amtsgericht hat die im Februar 2010 erhobene Anfechtungsklage abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Landgericht die Beklagte antragsgemäß zur Zahlung verurteilt. Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klagabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe:


4
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückweisung der Berufung.

I.


5
Das Berufungsgericht meint, die Klage sei begründet, der Kläger habe einen Anspruch auf Rückgewähr aus §§ 143, 130 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 InsO. Es könne offenbleiben, ob die Genehmigung der Belastungsbuchung aufgrund des Ablaufs der Sechs-Wochen-Frist gemäß Nr. 7 Abs. 3 der AGB der Bank nach Zugang des Kontoabschlusses am 2. Januar 2009 eingetreten sei, oder ob sie durch die Genehmigungserklärung bewirkt worden sei, die der Kläger als vorläufiger Insolvenzverwalter mit Schreiben vom 10. Februar 2009 am 11. Februar 2009 gegenüber der kontoführenden Bank abgegeben habe. In jedem Fall sei sie nach Stellung des Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens und Kenntniserlangung der Beklagten von dem Insolvenzantrag der Schuldnerin erfolgt. Zwar komme eine konkludente Genehmigung zu einem früheren Zeitpunkt in Betracht, wenn der Lastschriftschuldner in Kenntnis der Belastung dieser nach Ablauf einer angemessenen Prüffrist nicht widerspreche und frühere Abbuchungen in vergleichbarer Höhe genehmigt habe. Von einem solchen Fall könne aber schon deshalb nicht ausgegangen werden, weil es zuvor im November 2008 nur eine Abbuchung in Höhe von 877,19 € gegeben habe. Im Übrigen hätten sich die Abbuchungen der Beklagten in einem Bereich zwischen 590 und 1.009 € bewegt.

II.


6
Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Überprüfung nicht stand.
7
1. Rechtsfehlerfrei geht das Berufungsgericht davon aus, dass auf der Grundlage der für die streitige Lastschrift geltenden Genehmigungstheorie die im Einzugsermächtigungsverfahren erfolgte Lastschriftbuchung erst mit Genehmigung wirksam wird und dass neben einer Genehmigung der Lastschrift durch eine ausdrückliche Erklärung oder aufgrund der Genehmigungsfiktion nach den allgemeinen Geschäftsbedingungen der Bank auch eine konkludente Genehmigung in Betracht kommt (BGH, Urteil vom 20. Juli 2010 - XI ZR 236/07, BGHZ 186, 269 Rn. 48; vom 26. Oktober 2010 - IX ZR 562/07, ZInsO 2010, 2393 Rn. 11 ff; vom 25. Januar 2011 - XI ZR 171/09, ZIP 2011, 482 Rn. 11 ff; vom 25. Januar 2011 - IX ZR 172/09, BKR 2011, 127 Rn. 11 ff; vom 1. März 2011 - XI ZR 320/09, ZIP 2011, 826 Rn. 13 f; vom 3. Mai 2011 - XI ZR 152/09, ZInsO 2011, 1308 Rn. 9 ff; vom 26. Juli 2011 - XI ZR 197/10, ZInsO 2011, 1546 Rn. 11; vom 27. September 2011 - XI ZR 215/10, ZInsO 2011, 1980 Rn. 12). Nach dieser Rechtsprechung kann im unternehmerischen Geschäftsverkehr von einer konkludenten Genehmigung der Lastschriftbuchung dann ausgegangen werden, wenn es sich für die Zahlstelle erkennbar um regelmäßig wiederkehrende Lastschriften aus Dauerschuldverhältnissen, laufenden Geschäftsbeziehungen oder um den Einzug von wiederkehrenden Steuervorauszahlungen und Sozialversicherungsbeiträgen handelt. Erhebt der Schuldner in Kenntnis eines erneuten Lastschrifteneinzugs, der sich im Rahmen des bereits Genehmigten bewegt, nach Kenntnis der Belastung seines Kontos und Ablauf einer angemessenen Überlegungsfrist keine Einwendungen, so kann auf Seiten der Zahlstelle die berechtigte Erwartung entstehen, die neue Belastungsbuchung solle Bestand haben. Wird das Konto im unternehmerischen Geschäftsverkehr geführt, kann die Zahlstelle damit rechnen, dass Kontobewegungen zeitnah nachvollzogen und überprüft werden (vgl. zur Genehmigung der Lastschrift vom Konto eines Verbrauchers BGH, Urteil vom 3. Mai 2011, aaO Rn. 11).
8
Soweit die Revisionserwiderung meint, eine konkludente Genehmigung sei vorliegend ausgeschlossen, weil die Zahlstelle den Schuldner aufgefordert habe, etwaige Einwendungen gegen den Kontoabschluss binnen einer Frist von sechs Wochen geltend zu machen, so dass sie erst nach Ablauf dieser Frist das Verhalten des Schuldner als endgültige Genehmigung habe bewerten können , greift dieser Einwand nicht durch. Die vorliegend von der Bank in Nr. 7 Abs. 3 Satz 1 AGB verwendete Klausel verlangt, dass der Kunde „spätestens“ vor Ablauf von sechs Wochen seine Einwendungen gegen die Belastung erhebt. Die Regelung lässt damit die Möglichkeit eines früheren Widerspruchs ebenso zu wie eine frühere Genehmigung der Lastschrift. Dem Regelungszweck der Klausel, möglichst früh Klarheit über den endgültigen Bestand von Lastschriften zu haben, widerspräche es, ein Verhalten des Kontoinhabers, mit dem dieser erkennbar den Bestand einer Belastungsbuchung bestätigt, vor Ablauf von sechs Wochen seit Mitteilung des entsprechenden Rechnungsabschlusses nicht als konkludente Genehmigung einer Lastschriftbuchung anzusehen (vgl. BGH, Urteil vom 25. Januar 2011 - IX ZR 172/09, aaO Rn. 12 ff; vom 25. Januar 2011 - IX ZR 171/09, aaO Rn. 12 ff).
9
2. Diese Grundsätze hat das Berufungsgericht auch insofern beachtet, als es davon ausgegangen ist, dass bei ständig wiederkehrenden Lastschriftabbuchungen von Sozialversicherungsbeiträgen grundsätzlich eine konkludente Genehmigung durch den Schuldner in Betracht kommt. Es hat sich bei seiner Entscheidung jedoch ausschließlich darauf beschränkt, die Höhe der Zahlungen aus den vergangenen Monaten miteinander zu vergleichen und aufgrund ihrer unterschiedlichen Höhe eine konkludente Genehmigung zu verneinen. Damit wird der gesamte Tatsachenstoff nicht ausgeschöpft.
10
a) Feststellungen des Berufungsgerichts zu einer konkludent erklärten Genehmigung sind als Ergebnis tatrichterlicher Auslegung im Revisionsverfahren nur beschränkt darauf überprüfbar, ob gesetzliche Auslegungsregeln, anerkannte Auslegungsgrundsätze, Denkgesetze oder Verfahrensvorschriften verletzt worden sind (BGH, Urteil vom 23. September 2009 - VIII ZR 300/08, NJW 2010, 1133 Rn. 12 mwN; vom 26. Oktober 2010 - XI ZR 562/07, ZInsO 2010, 2393 Rn. 20). Zu untersuchen ist hierbei auch, ob alle erheblichen Umstände umfassend gewürdigt sind (BGH, Urteil vom 13. Januar 2009 - XI ZR 66/08, WM 2009, 402 Rn. 25; vom 26. Oktober 2010 aaO). Einer solchen Überprüfung halten die Ausführungen des Berufungsgerichts nicht Stand.
11
b) Schon die Auffassung des Berufungsgerichts, es müsse sich um eine Reihe gleichbleibender Zahlungen handeln, um eine konkludente Genehmigung annehmen zu können, ist mit der gefestigten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht zu vereinbaren (vgl. zuletzt BGH, Urteil vom 27. September 2011 - XI ZR 328/09, WM 2011, 2259 Rn. 22; vom 25. Oktober 2011 - XI ZR 368/09, Rn. 13 z.V.b.). Nach dieser Rechtsprechung genügt es, dass sich die Lastschriftbuchung, um deren konkludente Genehmigung es geht, im Rahmen der bereits genehmigten Lastschrifteinzüge bewegt und sich nicht wesentlich von den vorherigen genehmigten Lastschriften unterscheidet. Werden fortlaufend Forderungen in unterschiedlicher Höhe im Rahmen von laufenden Geschäftsbeziehungen im unternehmerischen Verkehr mittels Lastschrift im Einzugsermächtigungsverfahren eingezogen, so kommt eine konkludente Genehmigung einer Lastschriftbuchung auch dann in Betracht, wenn sie sich innerhalb einer Schwankungsbreite von bereits zuvor genehmigten Lastschriftbuchungen bewegt oder diese nicht wesentlich über- oder unterschreitet (BGH,Urteil vom 27. September 2011, aaO). Entsprechendes gilt für die Einziehung von Sozialversicherungsbeiträgen , um die es vorliegend geht. Betrachtet man unter Be- rücksichtigung dieser Grundsätze die unbestritten gebliebene Aufstellung der Beklagten aus dem Schriftsatz vom 26. August 2010, die elf Zahlungen zwischen 590,82 € und 1.009,27 € ausweist, so handelt es sich um Beträge, die innerhalb einer rechtlich unerheblichen Schwankungsbreite liegen. Lässt man den Betrag von 1.009,27 € außer Acht, so liegen die einzelnen Zahlungsbeträge weniger als 300 € auseinander. Schon dies spricht für die Annahme, dass es sich um wiederkehrende Zahlungen handelt, denen der Schuldner nicht widersprochen hat und die sich in einem Bereich halten, der die Annahme einer konkludenten Genehmigung nahelegen kann. Für eine solche Genehmigung spricht ferner, dass die Beträge regelmäßig zum Monatsende in der Zeit zwischen dem 23. und 28. des Monats eingezogen worden sind, so dass sich der Bank der Eindruck periodisch wiederkehrender Beträge in annähernd gleicher Höhe aufdrängen musste.
12
Das Berufungsgericht lässt bei seiner Würdigung unberücksichtigt, dass es sich bei den eingezogenen Beträgen um solche gehandelt hat, deren Höhe jeweils vom Schuldner selbst aufgrund der Regelung des § 28f Abs. 3 SGB IV rechtsverbindlich gegenüber der Beklagten erklärt worden ist. Gerade im Hinblick auf diesen Gesichtspunkt kann bei einem unternehmerisch tätigen Schuldner erwartet werden, dass er die Belastungsbuchungen zeitnah überprüft und unverzüglich Widerspruch erhebt, sofern er feststellt, dass die Höhe der eingezogenen Beträge von seiner Anmeldung abweicht (vgl. BGH, Urteil vom 1. März 2011, aaO Rn. 13).
13
Bei einer Gesamtwürdigung dieser Umstände konnten weder der Kontoinhaber noch das kontoführende Kreditinstitut davon ausgehen, das Verhalten des Kontoinhabers werde vor Ablauf der Sechs-Wochen-Frist keine den Bestand der Lastschrift betreffenden Rechtsfolgen auslösen (vgl. BGH, Urteil vom 20. Juli 2010, aaO Rn. 43; vom 26. Oktober 2010, aaO Rn. 17; vom 25. Januar 2011 - XI ZR 171/09, aaO Rn. 18). Für die Bank musste sich vielmehr der Eindruck aufdrängen, der Schuldner genehmige die Lastschrift, sofern er nicht innerhalb einer angemessenen Überlegungsfrist nach Zugang des Kontoauszugs Einwendungen gegen den Lastschrifteinzug erhob. Die konkludente Genehmigung kann deshalb allein wegen der unterschiedlichen Höhe der eingezogenen Beträge nicht verneint werden.

III.


14
Das Berufungsurteil ist demnach aufzuheben. Da die Aufhebung nur wegen Rechtsverletzung bei der Anwendung des Gesetzes auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist (§ 563 Abs. 3 ZPO), hat der Senat in der Sache selbst zu entscheiden. Unter Abänderung des landgerichtlichen Urteils ist die klagabweisende Entscheidung des Amtsgerichts wiederherzustellen.
15
1. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann die Bank bei monatlichen und im Wesentlichen gleich hohen Lastschriftabbuchungen vom Konto eines Verbrauchers in der Regel spätestens dann, wenn dieser bereits die Mitteilung von zwei Folgeabbuchungen erhalten hat, davon ausgehen, dass in Bezug auf die mindestens zwei Monate zurückliegende Abbuchung keine Einwendungen erhoben werden (BGH, Urteil vom 3. Mai 2011, aaO Rn. 12). Wie lang die Überlegungsfrist unternehmerisch tätiger Schuldner zu bemessen ist, ist bislang offen geblieben. Für diese ist es verkehrsüblich, dass sie Lastschriften , die typischerweise auf einer von ihnen selbst abgefassten sozialversicherungsrechtlichen Anmeldung beruhen, mit einer Überlegungsfrist von allen- falls vierzehn Tagen widersprechen. Ein solcher typischer Vorgang wird für die Schuldnerbank durch die Person des Gläubigers, die Spanne der Einziehungsbeträge und die regelmäßig wiederkehrenden Einziehungstermine erkennbar. Lässt der Schuldner diese Frist in Kenntnis der Abbuchung verstreichen, kann die Bank davon ausgehen, dass Einwendungen nicht mehr erhoben werden sollen. Dies gilt auch im vorliegenden Fall, in dem der Lastschrifteinzug auf der Anmeldung von Sozialversicherungsbeiträgen nach § 28f Abs. 3 SGB IV beruht.
16
Entgegen der von dem Kläger in der Revisionsverhandlung vertretenen Auffassung ist es ohne Bedeutung, dass die streitige Lastschrift bei Zugang des Rechnungsabschlusses für das vierte Quartal 2008 möglicherweise noch nicht genehmigt war. Es handelt sich um unterschiedliche Genehmigungsgegenstände ; dem Quartalsabschluss kann unbeschadet schon erfolgter Einzelgenehmigungen aus anderen Gründen widersprochen werden.
17
2. Das Berufungsgericht hat festgestellt, dass sämtliche Lastschriften regelmäßige Verbindlichkeiten der Schuldnerin bei der beklagten Krankenkasse betrafen, die bereits seit mehreren Monaten zu den gleichen Terminen eingezogen worden waren. Die Schuldnerin hatte in der Vergangenheit keiner dieser Lastschriften widersprochen. Nachdem es sich bei den von der Beklagten durch Lastschrift eingezogenen Beträgen um solche gehandelt hat, deren Höhe aufgrund der von der Schuldnerin selbst abgegebenen Meldungen bestimmt worden ist, kann davon ausgegangen werden, dass nach Ablauf von vierzehn Tagen seit Kenntnis der Abbuchung, die hier mit Zugang des Kontoabschlusses am 2. Januar 2009 vermittelt worden ist, ein Widerspruch der Schuldnerin nicht mehr zu erwarten war. Ein solcher Widerspruch ist bis zur Anordnung der vorläufigen Insolvenzverwaltung am 22. Januar 2009 nicht erfolgt. Der streitige Lastschrifteinzug der Beklagten war deshalb der Anfechtung nach § 130 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 InsO aufgrund der bereits vor Insolvenzantragstellung eingetretenen konkludenten Genehmigung entzogen. Der für das Vorliegen der Anfechtungsvoraussetzungen maßgebliche Genehmigungszeitpunkt lag vor der am 19. Januar 2009 erfolgten Antragstellung der Schuldnerin. Anhaltspunkte dafür, dass § 130 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 InsO oder andere Anfechtungstatbestände eingreifen könnten, gibt es nicht. Dass die Schuldnerin schon vor dem 19. Januar 2009 zahlungsunfähig war und die Beklagte hiervon Kenntnis hatte, hat der Kläger nicht vorgetragen.
Kayser Raebel Pape Grupp Möhring
Vorinstanzen:
AG Hamburg-Barmbek, Entscheidung vom 07.10.2010 - 822 C 66/10 -
LG Hamburg, Entscheidung vom 25.03.2011 - 303 S 17/10 -

(1) Beantragt der Schuldner die Eröffnung des Insolvenzverfahrens, so ist auch die drohende Zahlungsunfähigkeit Eröffnungsgrund.

(2) Der Schuldner droht zahlungsunfähig zu werden, wenn er voraussichtlich nicht in der Lage sein wird, die bestehenden Zahlungspflichten im Zeitpunkt der Fälligkeit zu erfüllen. In aller Regel ist ein Prognosezeitraum von 24 Monaten zugrunde zu legen.

(3) Wird bei einer juristischen Person oder einer Gesellschaft ohne Rechtspersönlichkeit der Antrag nicht von allen Mitgliedern des Vertretungsorgans, allen persönlich haftenden Gesellschaftern oder allen Abwicklern gestellt, so ist Absatz 1 nur anzuwenden, wenn der oder die Antragsteller zur Vertretung der juristischen Person oder der Gesellschaft berechtigt sind.

(1) Was durch die anfechtbare Handlung aus dem Vermögen des Schuldners veräußert, weggegeben oder aufgegeben ist, muß zur Insolvenzmasse zurückgewährt werden. Die Vorschriften über die Rechtsfolgen einer ungerechtfertigten Bereicherung, bei der dem Empfänger der Mangel des rechtlichen Grundes bekannt ist, gelten entsprechend. Eine Geldschuld ist nur zu verzinsen, wenn die Voraussetzungen des Schuldnerverzugs oder des § 291 des Bürgerlichen Gesetzbuchs vorliegen; ein darüber hinausgehender Anspruch auf Herausgabe von Nutzungen eines erlangten Geldbetrags ist ausgeschlossen.

(2) Der Empfänger einer unentgeltlichen Leistung hat diese nur zurückzugewähren, soweit er durch sie bereichert ist. Dies gilt nicht, sobald er weiß oder den Umständen nach wissen muß, daß die unentgeltliche Leistung die Gläubiger benachteiligt.

(3) Im Fall der Anfechtung nach § 135 Abs. 2 hat der Gesellschafter, der die Sicherheit bestellt hatte oder als Bürge haftete, die dem Dritten gewährte Leistung zur Insolvenzmasse zu erstatten. Die Verpflichtung besteht nur bis zur Höhe des Betrags, mit dem der Gesellschafter als Bürge haftete oder der dem Wert der von ihm bestellten Sicherheit im Zeitpunkt der Rückgewähr des Darlehens oder der Leistung auf die gleichgestellte Forderung entspricht. Der Gesellschafter wird von der Verpflichtung frei, wenn er die Gegenstände, die dem Gläubiger als Sicherheit gedient hatten, der Insolvenzmasse zur Verfügung stellt.