Bundesgerichtshof Urteil, 13. Dez. 2005 - KZR 12/04

bei uns veröffentlicht am13.12.2005
vorgehend
Landgericht Düsseldorf, 12 O 414/98, 28.08.2002
Oberlandesgericht Düsseldorf, U (Kart) 42/02, 18.02.2004

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
KZR 12/04 Verkündet am:
13. Dezember 2005
Walz
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Der Kartellsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 13. Dezember 2005 durch den Präsidenten des Bundesgerichtshofs
Prof. Dr. Hirsch, den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Goette und die Richter Ball,
Prof. Dr. Bornkamm und Prof. Dr. Meier-Beck

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Kartellsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 18. Februar 2004 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Berufung der Klägerin gegen die Abweisung der Klage auf Ersatz von Mietaufwendungen, von Franchise- und Werbegebühren sowie von Aufwendungen für den Umbau und das Inventar des Ladenlokals in F. (Klageanträge zu 1 bis 3) zurückgewiesen worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision und der Nichtzulassungsbeschwerde, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Klägerin nimmt die Beklagte, soweit im Revisionsverfahren noch von Interesse, auf Schadensersatz wegen der Verletzung von Aufklärungs- und Beratungspflichten in Bezug auf ein Franchiseverhältnis in Anspruch.
2
Die Klägerin schloss im September 1996 mit der in D. (USA) ansässigen P. Inc. einen Franchisevertrag über ein "P."-Restaurant in F.. Dem Vertragsschluss waren Verhandlungen der Klägerin mit der Beklagten vorausgegangen, die das "P."-Geschäft für die Franchisegeberin in Deutschland koordiniert und eigene "P."-Restaurants betreibt. In dieser Eigenschaft führte der damalige Franchise-Direktor Dr. B. der Beklagten die Vertragsgespräche mit der Klägerin. Im Zuge dieser Verhandlungen erhielt die Klägerin von der Beklagten eine Wirtschaftlichkeitsberechnung für den in Aussicht genommenen Standort der Gaststätte. Anfang Dezember 1996 eröffnete die Klägerin das Restaurant. Die erwirtschafteten Umsätze blieben hinter ihren Erwartungen zurück. Im Laufe des Jahres 2000 stellte sie den Betrieb ein.
3
Die Klägerin macht geltend, die Wirtschaftlichkeitsberechnung, durch deren Vorlage sie zum Abschluss des Franchisevertrages veranlasst worden sei, sei fehlerhaft; sie basiere auf unrichtigen und unvollständigen Daten und gelange zu unrealistischen Umsatz- und Gewinnprognosen. Mit der Klage (Klageanträge zu 1 bis 3) verlangt die Klägerin von der Beklagten Ersatz der für die Gaststätte gezahlten Miete in Höhe von 261.508,14 €, der Franchise- und Werbekosten von insgesamt 136.799,07 € und der für den Umbau und das Inventar der Gaststätte aufgewendeten Kosten in Höhe von 597.304,42 €. Die Klage ist - ebenso wie zwei weitere Klageanträge - in den Vorinstanzen ohne Erfolg geblieben. Auf die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin hat der erkennen- de Senat unter Zurückweisung der weitergehenden Beschwerde die Revision hinsichtlich der Klageanträge zu 1 bis 3 zugelassen. Insoweit verfolgt die Klägerin das Klagebegehren mit der Revision weiter. Die Beklagte beantragt die Zurückweisung der Revision.

Entscheidungsgründe:


4
Das Rechtsmittel hat Erfolg.

I.


5
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung, soweit hier noch von Interesse, im Wesentlichen ausgeführt:
6
Die Klägerin könne die Beklagte weder aus dem Gesichtspunkt des Verhandlungsverschuldens noch wegen positiver Verletzung eines selbständigen Beratungsvertrages in Anspruch nehmen. Auch deliktische Ansprüche stünden ihr nicht zu.
7
Eine Haftung der Beklagten wegen Verhandlungsverschuldens scheide schon dem Grunde nach aus, weil die Voraussetzungen, unter denen der Verhandlungsgehilfe wegen Verletzung vorvertraglicher Pflichten ausnahmsweise persönlich hafte, nicht erfüllt seien. Die Beklagte habe weder im eigenen wirtschaftlichen Interesse gehandelt noch für ihre Person besonderes persönliches Vertrauen in Anspruch genommen. Dass ihr damaliger Franchise-Direktor die Wirtschaftlichkeitsberechnung erstellt habe, reiche dafür nicht aus. Die Übernahme einer zusätzlichen, von ihr persönlich verbürgten Gewähr für die Rich- tigkeit und Verlässlichkeit dieser Wirtschaftlichkeitsberechnung durch die Beklagte habe die Klägerin nicht genügend dargetan. Ihre Behauptung, Dr. B. habe ihr zugesichert, im Falle des Scheiterns werde die Beklagte das Restaurant übernehmen und weiterführen, "wie es sich für eine große Franchisefamilie gehöre", reiche dafür nicht aus. Die - bestrittene - Übernahme einer solch ungewöhnlichen, über die vertraglichen Pflichten des Franchisegebers weit hinausgehenden, zudem vorbehaltlosen und nur mündlich erteilten Garantie des Verhandlungsführers hätte in besonderem Maße der Darlegung der Umstände, unter denen sie erteilt worden sei, bedurft, um die rechtliche Verbindlichkeit und eine damit verbundene Vertrauenshaftung der Beklagten plausibel zu machen. Da es daran fehle, sei der von der Klägerin dafür angetretene Zeugenbeweis nicht zu erheben.
8
Die von der Beklagten erstellte Wirtschaftlichkeitsberechnung sei auch nicht Gegenstand eines selbständigen Auskunfts- und Beratungsvertrages der Parteien gewesen. Im Rahmen der dazu anzustellenden Gesamtwürdigung aller Umstände fielen zwar einerseits die besondere Sachkunde der Beklagten und die entscheidende Bedeutung der Berechnung für den Entschluss der Klägerin , den Franchisevertrag abzuschließen, ins Gewicht. Andererseits müsse aber berücksichtigt werden, dass es sich bei der Wirtschaftlichkeitsberechnung um eine Prognose handele, für die im Allgemeinen keine Haftung übernommen werde. Zudem sei die Beklagte nur als Verhandlungsführerin für die Franchisegeberin tätig geworden, so dass allenfalls mit dieser ein Auskunftsvertrag hätte zustande kommen können. Gegen einen Auskunftsvertrag spreche ferner, dass die Parteien kein an die Beklagte zu zahlendes Entgelt als Ausgleich für die mit einem Auskunftsvertrag verbundenen erheblichen Haftungsrisiken vereinbart hätten.
9
Für die tatsächlichen Voraussetzungen einer deliktischen Haftung der Beklagten fehle es teils an Sachvortrag, teils an Beweisantritten der Klägerin, aus denen ein mindestens bedingt vorsätzliches Täuschungsverhalten der Beklagten hergeleitet werden könnte.

II.


10
Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung in einem entscheidenden Punkt nicht stand.
11
1. Ohne Erfolg wendet sich die Revision allerdings gegen die Auffassung des Berufungsgerichts, zwischen den Parteien sei kein selbständiger Auskunfts - oder Beratungsvertrag zustande gekommen.
12
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann der stillschweigende Abschluss eines Auskunftsvertrages zwischen Geber und Empfänger der Auskunft und damit eine vertragliche Haftung des Auskunftgebers für die Richtigkeit seiner Auskunft zwar dann anzunehmen sein, wenn diese für den Empfänger erkennbar von erheblicher Bedeutung ist und er sie zur Grundlage wesentlicher Entschlüsse machen will; dies gilt insbesondere in Fällen, in denen der Auskunftgeber für die Erteilung der Auskunft besonders sachkundig ist oder ein eigenes wirtschaftliches Interesse verfolgt (BGH, Urt. v. 17.9.1985 - VI ZR 73/84, NJW 1986, 180 unter II 1; Urt. v. 19.3.1992 - III ZR 170/90, WM 1992, 1246 unter 1, jeweils m.w.Nachw.). Aus dieser Rechtsprechung ist jedoch - entgegen der Auffassung der Revision - nicht zu entnehmen, dass für das Zustandekommen eines Auskunftsvertrages ohne Rücksicht auf die Besonderheiten der jeweiligen Fallgestaltung stets allein schon die Sachkunde des Auskunftgebers und die Bedeutung der Auskunft für den Empfänger ausreichen. Diese Umstände stellen vielmehr, wie das Berufungsgericht richtig gesehen hat, lediglich Indizien dar, die, wenn auch mit erheblichem Gewicht, in die Würdigung der gesamten Gegebenheiten des konkreten Falles einzubeziehen sind. Für den stillschweigenden Abschluss eines Auskunftsvertrages ist, wie das Berufungsgericht weiter zutreffend ausgeführt hat, entscheidend darauf abzustellen , ob die Gesamtumstände unter Berücksichtigung der Verkehrsauffassung und des Verkehrsbedürfnisses den Rückschluss zulassen, dass beide Teile nach dem objektiven Inhalt ihrer Erklärungen die Auskunft zum Gegenstand vertraglicher Rechte und Pflichten gemacht haben (BGH, Urt. v. 17.9.1985 aaO). So hat der Bundesgerichtshof bei der rechtlichen Beurteilung von Fallgestaltungen , in denen der konkludente Abschluss eines Auskunftsvertrages angenommen oder in Erwägung gezogen wurde, außer der Sachkunde des Auskunftgebers und der Bedeutung seiner Auskunft für den Empfänger jeweils auch weitere Umstände mitberücksichtigt, die für einen Verpflichtungswillen des Auskunftgebers sprechen können, wie z.B. dessen eigenes wirtschaftliches Interesse an dem Geschäftsabschluss, ein persönliches Engagement in der Form von Zusicherungen nach Art einer Garantieübernahme, das Versprechen eigener Nachprüfung der Angaben des Geschäftspartners des Auskunftempfängers, die Hinzuziehung des Auskunftgebers zu Vertragsverhandlungen auf Verlangen des Auskunftempfängers, die Einbeziehung in solche Verhandlungen als unabhängige neutrale Person oder eine bereits anderweitig bestehende Vertragsbeziehung zwischen Auskunftgeber und Auskunftempfänger (vgl. BGH, Urt. v. 17.9.1985 aaO m.Nachw.).
13
Derartige Umstände hat das Berufungsgericht im vorliegenden Fall nicht festzustellen vermocht. Es hat im Gegenteil eine Reihe hier gegebener Umstände angeführt und in seine Gesamtwürdigung einbezogen, denen es ohne Rechtsfehler entnommen hat, dass die Beklagte - auch aus der Sicht der Klägerin - bei der Erstellung der Wirtschaftlichkeitsberechnung nicht den Willen hatte, eine vertragliche Haftung für die Richtigkeit der gestellten Prognose oder der ihr zugrunde gelegten Daten zu übernehmen. Soweit die Revision diese Würdigung angreift, setzt sie in revisionsrechtlich unzulässiger Weise ihre eigene abweichende Wertung der festgestellten Umstände an die Stelle der tatrichterlichen Beurteilung durch das Berufungsgericht.
14
2. Soweit das Berufungsgericht auch eine Schadensersatzpflicht der Beklagten wegen Verhandlungsverschuldens verneint hat, sind seine Ausführungen dagegen nicht frei von Rechtsfehlern.
15
a) Zutreffend geht das Berufungsgericht davon aus, dass der Verhandlungsgehilfe einer Vertragspartei wegen der Verletzung vorvertraglicher Pflichten ausnahmsweise dann selbst haftet, wenn er ein eigenes wirtschaftliches Interesse am Zustandekommen des Vertrages hat und gleichsam in eigener Sache tätig wird (st.Rspr., z.B. BGH, Urt. v. 3.4.1990 - XI ZR 206/88, WM 1990, 966 unter III 2 a m.w.Nachw.) oder wenn er bei den Vertragsverhandlungen für seine Person besonderes Vertrauen in Anspruch nimmt, indem er eine zusätzliche , von ihm persönlich ausgehende Gewähr für die Seriosität und die Erfüllung des Geschäfts bietet (st.Rspr., z.B. BGH, Urt. v. 7.11.1994 - II ZR 138/92, WM 1995, 108 unter II 2 a).
16
b) Ersteres hat das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei verneint. Der Umstand , dass die Beklagte in den Konzern der US-amerikanischen Franchisegeberin eingebunden ist und durch ihre Vertragsverhandlungen mit der Klägerin den Konzerninteressen nutzte, begründet kein Eigeninteresse der Beklagten am Zustandekommen des Vertrages. Liefervergünstigungen, die der Beklagten aufgrund von Rahmenverträgen mit Lieferanten der Franchisenehmer zugeflossen sein sollen, hat das Berufungsgericht zu Recht wie Provisionszahlungen behandelt, die nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Annahme eines die Haftung des Vermittlers begründenden wirtschaftlichen Eigeninteresses nicht ausreichen (BGH, Urt. v. 23.10.1985 - VIII ZR 210/84, NJW 1986, 586 unter II 1 c; Urt. v. 17.10.1989 - XI ZR 173/88, WM 1989, 1923 unter I 2 a). Dass die Beklagte nach der Behauptung der Klägerin Abschluss- und Franchisegebühren vereinnahmt hat, ohne sie an die Franchisegeberin abzuführen, hat das Berufungsgericht damit erklärt, dass diese Einnahmen aus steuerlichen Gründen und zur Vereinfachung des Zahlungsverkehrs an die Stelle von Zuschüssen getreten sind, die die Beklagte anderenfalls von der KonzernMuttergesellschaft zum Ausgleich von Verlusten erhalten hätte. Diese tatrichterliche Würdigung greift die Revision nicht an.
17
c) Soweit das Berufungsgericht eine Eigenhaftung der Beklagten auch unter dem Gesichtspunkt der Inanspruchnahme besonderen persönlichen Vertrauens verneint hat, beruht das Urteil dagegen auf einem von der Revision mit Recht gerügten Verfahrensfehler.
18
Die Klägerin sieht eine zusätzliche, von der Beklagten selbst übernommene Gewähr für die Richtigkeit der ihr übergebenen Wirtschaftlichkeitsberechnung darin, dass der damalige Franchise-Direktor Dr. B. der Beklagten ihr, wie sie unter Beweisantritt vorgetragen hat, zu Beginn der Vertragsverhandlungen in einem persönlichen Gespräch zugesichert habe, im Falle eines Scheiterns des Projekts werde die Beklagte das Restaurant übernehmen und weiterführen , "wie sich das für eine große Franchisefamilie gehöre". Über diesen Beweisantritt durfte sich das Berufungsgericht nicht mit der Begründung hinwegsetzen , das Vorbringen lasse mangels näherer Darlegung der Umstände, unter denen die Zusage erteilt worden sein soll, eine rechtliche Verbindlichkeit nicht plausibel erscheinen und sei aus diesem Grunde prozessual unbeachtlich und einer Beweisaufnahme nicht zugänglich.
19
aa) Sofern diese Begründung in dem Sinne zu verstehen sein sollte, dass das Berufungsgericht die Behauptung der Klägerin als nicht hinreichend substantiiert angesehen hat, hat es damit die an den Sachvortrag einer Prozesspartei zu stellenden Anforderungen überspannt.
20
Ein Sachvortrag zur Begründung eines Klageanspruchs ist schlüssig und damit als Prozessstoff erheblich, wenn der Kläger Tatsachen vorträgt, die in Verbindung mit einem Rechtssatz geeignet sind, das mit der Klage geltend gemachte Recht als in der Person des Klägers entstanden erscheinen zu lassen. Die Angabe näherer Einzelheiten ist nur dann erforderlich, wenn diese für die Rechtsfolgen von Bedeutung sind. Der Sachvortrag bedarf im Hinblick auf die Erwiderung des Gegners nur dann der Ergänzung, wenn er infolge dieser Einlassung unklar wird und nicht mehr den Schluss auf die Entstehung des geltend gemachten Rechts zulässt. Eine Beweisaufnahme zu einem bestrittenen erheblichen Vorbringen darf nicht abgelehnt werden, wenn die Behauptung konkret genug ist, um eine Stellungnahme des Gegners zu ermöglichen und die Erheblichkeit des Vorbringens zu beurteilen. Für den Umfang der Darlegungslast ist der Grad der Wahrscheinlichkeit der Sachverhaltsschilderung ohne Bedeutung (BGH, Urt. v. 13.12.2002 - V ZR 359/01, NJW-RR 2003, 491 unter II 2 m.w.Nachw.).
21
Dem Tatrichter bleibt es unbenommen, bei der Beweisaufnahme die Zeugen oder die zu vernehmende Partei nach allen Einzelheiten zu fragen, die ihm für die Beurteilung der Zuverlässigkeit der Bekundung erforderlich erscheinen , insbesondere auch nach Ort, Zeit und Umständen der behaupteten Abreden. Er kann aber die Angabe dieser Einzelheiten nicht schon von der beweispflichtigen Partei verlangen und darf die Beweiserhebung hiervon nicht abhängig machen (BGH, Urt. v. 12.7.1984 - VII ZR 123/83, NJW 1984, 2888 unter II 1 b m.w.Nachw.; Urt. v. 4.10.1988 - VI ZR 7/88, VersR 1988, 1276 unter II 1 b; Urt. v. 15.2.1990 - III ZR 87/88, VersR 1990, 656 unter II 2 a).
22
bb) Sollte das Berufungsurteil dahin zu verstehen sein, dass das Berufungsgericht sich in Ermangelung näherer Darlegung der Umstände, unter denen die Zusage erteilt worden sein soll, wegen fehlender Plausibilität einer rechtlichen Verbindlichkeit der behaupteten Zusage auch im Falle einer den Vortrag der Klägerin bestätigenden Zeugenaussage von der Wahrheit der unter Beweis gestellten Behauptung nicht würde überzeugen können, so läge darin eine unzulässige vorweggenommene Beweiswürdigung (vgl. BVerfG, 1. Kammer des 1. Senats, NJW-RR 2001, 1006; BGH, Urt. v. 21.6.1989 - IVb ZR 4/88, BGHR ZPO § 286 Abs. 1 Beweisantrag, Ablehnung 3; Urt. v. 13.3.1996 - VIII ZR 186/94, NJW 1996, 1541 unter II 2; Urt. v. 19.3.2002 - XI ZR 183/01, WM 2002, 1004 unter II 2 c).
23
d) Das angefochtene Urteil beruht auf dem aufgezeigten Verfahrensfehler. Es ist nicht auszuschließen, dass das Berufungsgericht zu einem der Klägerin günstigeren Ergebnis gelangt wäre, wenn es dem Beweisantritt der Klägerin nachgegangen wäre (vgl. BGH, Urt. v. 20.3.1995 - II ZR 198/94, NJW 1995, 1841 unter II 2).

III.


24
Das Berufungsurteil kann somit keinen Bestand haben, soweit das Oberlandesgericht die Berufung der Klägerin gegen die Abweisung der Schadensersatzklage zurückgewiesen hat (§ 562 ZPO). Der Rechtsstreit ist insoweit nicht zur Endentscheidung reif, weil es dazu, wie dargelegt, weiterer tatsächlicher Feststellungen bedarf. Damit diese nachgeholt werden können, ist die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 ZPO).
Hirsch Goette Ball
Bornkamm Meier-Beck
Vorinstanzen:
LG Düsseldorf, Entscheidung vom 28.08.2002 - 12 O 414/98 -
OLG Düsseldorf, Entscheidung vom 18.02.2004 - U (Kart) 42/02 -

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Urteil, 13. Dez. 2005 - KZR 12/04

Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Urteil, 13. Dez. 2005 - KZR 12/04

Referenzen - Gesetze

Zivilprozessordnung - ZPO | § 563 Zurückverweisung; eigene Sachentscheidung


(1) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts erfolgen. (2) Das Berufungsgerich

Zivilprozessordnung - ZPO | § 562 Aufhebung des angefochtenen Urteils


(1) Insoweit die Revision für begründet erachtet wird, ist das angefochtene Urteil aufzuheben. (2) Wird das Urteil wegen eines Mangels des Verfahrens aufgehoben, so ist zugleich das Verfahren insoweit aufzuheben, als es durch den Mangel betroffen

Zivilprozessordnung - ZPO | § 286 Freie Beweiswürdigung


(1) Das Gericht hat unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei.
Bundesgerichtshof Urteil, 13. Dez. 2005 - KZR 12/04 zitiert 4 §§.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 563 Zurückverweisung; eigene Sachentscheidung


(1) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts erfolgen. (2) Das Berufungsgerich

Zivilprozessordnung - ZPO | § 562 Aufhebung des angefochtenen Urteils


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bei uns veröffentlicht am 13.12.2002

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES VERSÄUMNISURTEIL V ZR 359/01 Verkündet am: 13. Dezember 2002 K a n i k , Justizamtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Der V. Zivilsenat des Bund
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Oberlandesgericht Düsseldorf Urteil, 06. Okt. 2015 - I-21 U 70/15

bei uns veröffentlicht am 06.10.2015

Tenor Die Berufung der Kläger gegen das am 10.12.2014 verkündete Urteil der 10. Zivilkammer des Landgerichts Duisburg  - 10  O 493/13 - wird zurückgewiesen. Die Kosten des Berufungsverfahrens werden den Klägern auferlegt. Das Urteil ist vorläufig vo

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IM NAMEN DES VOLKES
VERSÄUMNISURTEIL
V ZR 359/01 Verkündet am:
13. Dezember 2002
K a n i k ,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 13. Dezember 2002 durch den Vizepräsidenten des Bundesgerichtshofes
Dr. Wenzel und die Richter Tropf, Dr. Klein, Dr. Lemke und Dr. SchmidtRäntsch

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 19. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 14. September 2001 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand:


Der Kläger war an dem Erwerb von Immobilien zum Zweck der Kapitalanlage interessiert. Über den anderweit verklagten Vermittler B. erlangte er Kenntnis von Immobilien im Wohnpark B. -A. . Er schloß im Oktober und November 1998 mit der Beklagten notarielle Kaufverträge über die Wohnung Nr. 6 zum Preis von 200.000 DM und die Wohnung Nr. 21 zum Preis von 410.000 DM. Den Kaufpreis für die Wohnung Nr. 21 zahlte der Kläger. Im Februar 1999 wurde er als Eigentümer der Wohnung Nr. 21 in das Grundbuch eingetragen. Den Kaufpreis für die Wohnung Nr. 6 zahlte der Kläger nicht.

Mit Schreiben vom 26. November 1999 erklärte der Kläger die Anfechtung der Kaufverträge wegen arglistiger Täuschung. Er strebt die Rückabwicklung des Kaufvertrags über die Wohnung Nr. 21 und die Feststellung der Unwirksamkeit des Kaufvertrags über die Wohnung Nr. 6 an. Er hat behauptet, daß die beiden Wohnungen überteuert verkauft worden seien. Sämtliche Berechnungs - und Bewertungsgrundlagen hätten sich als falsch erwiesen. Die Wohnung Nr. 21 sei in Wirklichkeit nur 100.000 DM wert gewesen, die Wohnung Nr. 6 nur 60.000 DM. Die Wohnungen seien in erheblichem Umfang renovierungsbedürftig , während ihm versichert worden sei, die Wohnungen seien gerade renoviert worden. Auch seien derzeit noch verschiedene Verwalter tätig, was die Hausgelder verteure. Dies alles hätten die Geschäftsführer der Beklagten auch gewußt.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung ist ohne Erfolg geblieben. Mit seiner Revision verfolgt er seinen Klageanspruch weiter.

Entscheidungsgründe:


I.


Das Berufungsgericht verneint die Nichtigkeit der Kaufverträge nach § 138 BGB. Der Kläger habe schon nicht schlüssig dargetan, daß die beiden Wohnungen weit über Wert verkauft worden seien. Seine Behauptungen seien aus der Luft gegriffen. Der Kläger habe nicht dargelegt, weshalb ein hierzu von
der Beklagten vorgelegtes Gutachten unrichtig sein solle. Dies habe im einzel- nen dargelegt werden müssen.

II.


Das hält revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht stand.
1. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes kann ein Rechtsgeschäft gegen die guten Sitten verstoßen und damit nach § 138 Abs. 1 BGB nichtig sein, wenn ein auffälliges Mißverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung besteht und weitere Umstände hinzutreten, insbesondere der Begünstigte aus verwerflicher Gesinnung gehandelt hat. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn der begünstigte Vertragspartner die schwächere Lage des anderen Teils bewußt zu seinem Vorteil ausnutzt oder wenn er sich leichtfertig der Einsicht verschließt, daß sich der andere nur in Unkenntnis der wahren Verhältnisse auf den ungünstigen Vertrag einläßt. Ist das Mißverhältnis besonders grob, so ist allein deswegen der Schluß auf bewußte oder grob fahrlässige Ausnutzung irgendeines den Vertragspartner in seiner Entscheidungsfreiheit beeinträchtigenden Umstandes und damit auf eine verwerfliche Gesinnung zulässig. Von einem besonders groben Mißverhältnis ist auszugehen , wenn der Wert der Leistung knapp doppelt so hoch ist wie der Wert der Gegenleistung des Begünstigten (vgl. nur Senat, BGHZ 146, 298, 301, 302 m. w. N.; Senatsurt. v. 5. Oktober 2001, V ZR 237/00, NJW 2002, 429, 430 f.). Die tatsächliche Vermutung kann aber durch besondere Umstände erschüttert sein und damit nicht die Schlußfolgerung auf eine verwerfliche Gesinnung eröffnen. Solche Umstände können sich namentlich aus sachgerechten, eine Übervorteilung regelmäßig ausschließenden Bemühungen zur Ermittlung eines den
Umständen nach angemessenen Leistungsverhältnisses ergeben, wie etwa bei einem (fehlerhaften) Verkehrswertgutachten als Grundlage der Kaufpreisbemessung (Senat, BGHZ 146, 298, 305; Senatsurt. v. 21. März 1997, V ZR 355/95, WM 1997, 1155, 1156 und v. 19. Juli 2002, V ZR 240/01, NJW 2002, 3165, 3166).
2. Diese Grundsätze hat das Berufungsgericht nicht angewendet, weil der Kläger schon das grobe Mißverhältnis von Kaufpreis und Grundstückswert nicht schlüssig dargelegt habe. Damit hat das Berufungsgericht aber, wie die Revision mit Erfolg rügt, die Anforderungen an die Substantiierung des Klagevortrags überspannt.

a) Wie auch das Berufungsgericht im Ansatz nicht verkennt, ist ein Sachvortrag zur Begründung eines Klageanspruchs schlüssig und damit als Prozeßstoff erheblich, wenn der Kläger Tatsachen vorträgt, die in Verbindung mit einem Rechtssatz geeignet sind, das mit der Klage geltend gemachte Recht als in der Person des Klägers entstanden erscheinen zu lassen. Die Angabe näherer Einzelheiten ist nur dann erforderlich, wenn diese für die Rechtsfolgen von Bedeutung sind. Das Gericht muß in der Lage sein, auf Grund des tatsächlichen Vorbringens zu entscheiden, ob die gesetzlichen Voraussetzungen für das Bestehen des geltend gemachten Anspruchs vorliegen. Der Sachvortrag bedarf im Hinblick auf die Erwiderung des Gegners nur dann der Ergänzung, wenn er infolge dieser Einlassung unklar wird und nicht mehr den Schluß auf die Entstehung des geltend gemachten Rechts zuläßt. Eine Beweisaufnahme zu einem bestrittenen erheblichen Vorbringen darf nicht abgelehnt werden, wenn die Behauptung konkret genug ist, um eine Stellungnahme des Gegners zu ermöglichen und die Erheblichkeit des Vorbringens zu
beurteilen (Senatsurt. v. 22. November 1996, V ZR 196/95, NJW-RR 1997, 270 und v. 20. September 2002, V ZR 170/01, NJW-RR 2003, 69, jeweils m. w. N.). Für den Umfang der Darlegungslast ist der Grad der Wahrscheinlichkeit der Sachverhaltsschilderung ohne Bedeutung (Senatsurt. v. 8. Mai 1992, V ZR 95/91, NJW 1992, 3106; und v. 14. Juni 1996, V ZR 150/95, NJW-RR 1996, 1402 jew. m.w.N.).

b) Richtig ist zwar der rechtliche Ansatz des Berufungsgerichts, wonach es im Zivilprozeß wegen Rechtsmißbrauchs unzulässig ist, eine Behauptung ohne greifbare Anhaltspunkte für das Vorliegen eines bestimmten Sachverhalts willkürlich aufs Geratewohl, gleichsam "ins Blaue hinein" aufzustellen (vgl. BGH, Urt. v. 8. November 1995, VIII ZR 227/94, NJW 1996, 394; Urt. v. 13. März 1996, VIII ZR 186/94, NJW 1996, 1541, 1542; Urt. v. 1. Juli 1999, VII ZR 202/98, NJW-RR 2000, 208). Bei der Annahme eines solch mißbräuchlichen Verhaltens ist aber Zurückhaltung geboten; denn oftmals wird es einer Partei nicht erspart bleiben, in einem Zivilprozeß Tatsachen zu behaupten, über die sie keine genauen Kenntnisse haben kann, die sie nach Lage der Dinge aber für wahrscheinlich hält (BGH, Urt. v. 25. April 1995, VI ZR 178/94, NJW 1995, 2111, 2112). In der Regel wird nur das Fehlen jeglicher tatsächlicher Anhaltspunkte den Vorwurf einer Behauptung "ins Blaue hinein" rechtfertigen können (BGH, Urt. v. 25. April 1995, aaO).

c) Hieran gemessen überspannt das Berufungsgericht die Anforderungen an das Vorbringen des Klägers. Ihm ist zwar einzuräumen, daß der Kläger in erster Instanz ein objektiv bestehendes grobes Mißverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung in beiden Verträgen zwar behauptet, aber nicht näher erläutert hat. In zweiter Instanz hat er indessen vorgetragen, daß die
Wohnung Nr. 21 bei einem Kaufpreis von 410.000 DM nur 100.000 DM und die Wohnung Nr. 6 bei einem Kaufpreis von 200.000 DM nur 60.000 DM wert und dieser Umstand den Organen der Beklagten auch bekannt gewesen sei. Diese Behauptung wäre nur dann unbeachtlich, wenn diese Angaben ersichtlich aus der Luft gegriffen wären. Das ist, worauf die Revision mit Recht hinweist , nicht der Fall. Der Kläger hat sich in seiner Berufungsbegründung mit dem von Beklagtenseite vorgelegten Gutachten U. auseinandergesetzt und dargelegt, worin er dessen Fehler sieht. Sie sollen, was auch näher erläutert wird, in dem angesetzten Boden- und Ertragswert und vor allem darin liegen, daß in dem Gutachten ein guter Erhaltungszustand vorausgesetzt werde , wohingegen in Wirklichkeit erheblicher Sanierungsbedarf bestehe. Der Vortrag wird in das Wissen von Zeugen gestellt, die als Geschäftsführer der Fa. K. Grundbesitz-Verwaltungs-GmbH, welche die Wohnanlage „I. W. “ in B. verwaltet und betreut, Sachkenntnis haben sollen. Außerdem wird Augenscheins- und Sachverständigenbeweis angeboten. Entgegen der Annahme des Berufungsgerichts brauchte sich der Kläger nicht noch intensiver mit den Einzelheiten des der Preisbildung zugrundeliegenden Wertgutachtens auseinanderzusetzen. Dieses Gutachten ist nicht sonderlich ausführlich und bietet kaum mehr Ansatzpunkte für eine sachliche Auseinandersetzung , als sie der Kläger auch genutzt hat. Auch deshalb genügte es, wenn sich der Kläger mit den aus seiner Sicht wesentlichen Einwänden auseinandersetzte und dieses als Kaufanreiz qualifizierte. Dem Kläger kann auch nicht entgegengehalten werden, daß sein Vortrag wegen der unterschiedlichen Kaufpreise der zudem unterschiedlichen Wohnungen unstimmig sei. Denn der Kläger will gerade geltend machen, daß sie jetzt wegen des Erhaltungszustands wertmäßig nahezu gleichwertig geworden sind. Dem Vorbringen des Klägers läßt sich auch nicht entgegenhalten, daß es ihm nur um eine Geldan-
lage gegangen sei. Denn dies steht der Annahme der Sittenwidrigkeit nicht von vornherein entgegen. Dies gilt auch für die Bereitschaft des Klägers, dem Vergleichsvorschlag des Landgerichts zu folgen. Die Bereitschaft einer Partei zur Annahme eines Vergleichsvorschlags des Gerichts hängt entscheidend davon ab, wie die Partei angesichts des Vorschlags ihre Prozeßaussichten beurteilt. Rückschlüsse darauf, wie der Wert der Wohnungen vor und bei Abschluß eines streitig gewordenen Kaufvertrags war, läßt eine solche Bereitschaft nicht zu.
3. Da das Berufungsgericht verfahrensfehlerhaft die Durchführung einer Beweisaufnahme über die Höhe des von dem Kläger behaupteten Verkehrswertes unterlassen hat, ist das Berufungsurteil aufzuheben und die Sache zur Nachholung der erforderlichen Feststellungen an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
Wenzel Tropf Klein Lemke Schmidt-Räntsch

(1) Das Gericht hat unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.

(2) An gesetzliche Beweisregeln ist das Gericht nur in den durch dieses Gesetz bezeichneten Fällen gebunden.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
VERSÄUMNISURTEIL
XI ZR 183/01 Verkündet am:
19. März 2002
Herrwerth,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
_____________________
Der Beweisantritt zu einer Haupttatsache darf nicht aufgrund der Würdigung von
Indiztatsachen übergangen werden.
BGH, Versäumnis-Urteil vom 19. März 2002 - XI ZR 183/01 - OLG Düsseldorf
LG Düsseldorf
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche
Verhandlung vom 19. März 2002 durch den Vorsitzenden Richter
Nobbe, die Richter Dr. Siol, Dr. Bungeroth, Dr. Joeres und die Richterin
Mayen

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 26. April 2001 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten des Revisionsverfahrens , an den 16. Zivilsenat des Berufungsgerichts zurückverwiesen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Klägerin nimmt die Beklagte aus abgetretenem Recht auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung eines Aktiengeschäfts in Anspruch. Dem liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
Im Juni 1999 orderte der Rechtsanwalt Dr. B., der seine Ansprüche gegen die Beklagte inzwischen an die Klägerin abgetreten hat (im
folgenden: Zedent), bei der Beklagten insgesamt 30.000 frei handelbare Inhaberaktien der amerikanischen S. Inc. zum Stückpreis von 4,02 DM. Nach Zahlung des Gesamtbetrages von 120.600 DM erhielt er eine auf ihn ausgestellte Urkunde über 30.000 Namensaktien aus einer nur beschränkt handelbaren Regulation-S-Emission des genannten Unternehmens. Daraus entwickelte sich ein Schriftwechsel, in dem der Zedent der Beklagten Täuschung beim Abschluß der Verträge vorwarf und Schadensersatzforderungen ankündigte.
Im August 1999 räumte die Beklagte ein, daß die Lieferung der Regulation-S-Aktien auf einem Fehler beruhte, und erklärte sich bereit, dem Zedenten im Austausch gegen die genannte Urkunde 30.000 frei handelbare S.-Aktien zur Verfügung zu stellen. Darauf reichte der Zedent die Urkunde an die Beklagte zurück. Diese nahm jedoch ein erneutes Schreiben des Klägers mit schweren Vorwürfen gegen sie zum Anlaß, die verabredete Lieferung der 30.000 frei handelbaren Aktien zu verweigern, und zahlte dem Zedenten den Kaufpreis von 120.600 DM zuzüglich 773,16 DM Zinsen zurück. Der Zedent setzte der Beklagten eine Nachfrist bis zum 26. August 1999, 14 Uhr, für die Lieferung der Aktien, die die Beklagte jedoch verstreichen ließ.
Die Klägerin verlangt von der Beklagten 79.231,44 DM nebst Zinsen. Diese Forderung stützt sie in erster Linie - unter Anrechnung des an den Zedenten zurückgeflossenen Kaufpreises nebst Zinsen - auf die Behauptung, daß der Zedent am 26. August 1999 und in den folgenden zweieinhalb Wochen insgesamt 200.604,60 DM hätte aufwenden müssen , wenn er die von der Beklagten geschuldeten Aktien anderweitig erworben hätte. Hilfsweise macht die Klägerin ihre Forderung als entgangenen Gewinn geltend und behauptet, der Zedent habe die Aktien wegen des zwischenzeitlichen Kursanstiegs schnellstmöglich verkaufen
wollen und hätte dabei im Falle ordnungsgemäûer Vertragserfüllung durch die Beklagte den oben genannten Betrag realisieren können.
Die Klage ist in beiden Vorinstanzen erfolglos geblieben. Mit der Revision verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe:


Da die Beklagte in der mündlichen Verhandlung trotz rechtzeitiger Ladung zum Termin nicht vertreten war, war über die Revision der Klägerin durch Versäumnisurteil zu entscheiden. Das Urteil ist jedoch keine Folge der Säumnis, sondern beruht auf einer Sachprüfung (vgl. BGHZ 37, 79, 81).
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.


Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung im wesentlichen wie folgt begründet:
Die Beklagte habe zwar mit der Verweigerung der Lieferung der Inhaberaktien gegen ihre Vertragspflichten verstoûen, weil etwaige unberechtigte Vorwürfe und unbegründete Forderungen des Zedenten ihr kein Recht verschafft hätten, sich einseitig von den getroffenen Verein-
barungen zu lösen. Gleichwohl bestehe kein Schadensersatzanspruch, weil die Klägerin einen ersatzfähigen Schaden nicht dargetan habe.
Die von der Klägerin in erster Linie vertretene Schadensberechnung auf der Grundlage eines hypothetischen Deckungskaufs sei bereits im Ansatz verfehlt. Die Klägerin könne den Schaden nur konkret berechnen und lediglich die tatsächlich erlittenen Vermögenseinbuûen liquidieren. Die Kosten eines Deckungskaufs seien daher nur dann maûgeblich, wenn er tatsächlich durchgeführt worden sei.
Dem hilfsweise geltend gemachten entgangenen Gewinn liege zwar eine konkrete Schadensberechnung zugrunde. Die Darstellung der Klägerin, der Zedent habe die Aktien schnellstmöglich veräuûern wollen und hätte dabei im Zeitraum vom 26. August bis 13. September 1999 einen Überschuû in Höhe der Klageforderung erzielt, werde jedoch durch das vorgerichtliche Verhalten des Zedenten und das eigene Vorgehen der Klägerin im Rechtsstreit widerlegt. Ihren Beweisantritten zu der nicht nachvollziehbaren, unschlüssigen und bereits widerlegten Behauptung einer alsbaldigen Aktienveräuûerung sei daher nicht nachzugehen.

II.


Diese Ausführungen halten rechtlicher Überprüfung im entscheidenden Punkt nicht stand.
1. Zutreffend ist allerdings der Ausgangspunkt des Berufungsgerichts , daû die Beklagte mit ihrer Weigerung, die Inhaberaktien zu liefern , ihre Vertragspflichten gegenüber dem Zedenten verletzt hat
(§ 326 Abs. 1 BGB a.F.). Sollten die Vorwürfe und Forderungen, die der Zedent gegenüber der Beklagten erhoben hatte, unberechtigt und unbegründet gewesen sein, so stand es der Beklagten frei, sie zurückzuweisen. Ein Recht der Beklagten zur einseitigen Lösung von den seitens des Zedenten bereits voll erfüllten Vereinbarungen konnten diese Vorgänge jedoch nicht begründen, weil ein Kauf- oder Vermittlungsvertrag über Aktien kein besonderes Vertrauensverhältnis voraussetzt, dessen Erschütterung die Durchführung des Geschäfts unzumutbar erscheinen lassen könnte.
2. Dem Berufungsgericht ist auch insoweit zuzustimmen, als es eine Schadensermittlung auf der Grundlage eines für Ende August/Anfang September 1999 fingierten Deckungskaufs abgelehnt hat. Da ein solcher Deckungskauf unstreitig nicht durchgeführt wurde, sind dem Zedenten die geltend gemachten Aufwendungen nicht entstanden. Sie können daher nicht als Schadensersatz geltend gemacht werden.
3. Die Begründung, mit der das Berufungsgericht einen Schadensersatzanspruch auf entgangenen Gewinn verneint hat, ist dagegen , wie die Revision mit Recht rügt, von Rechtsfehlern beeinfluût. Das Gericht hätte der Klägerin diesen Anspruch nicht versagen dürfen, ohne den angebotenen Zeugenbeweis für die Absicht des Zedenten, die fraglichen Aktien im Falle ihrer Lieferung durch die Beklagte schnellstmöglich zu verkaufen, erhoben und gewürdigt zu haben.

a) Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts hat die Klägerin vorgetragen, der Zedent habe die von der Beklagten zu Unrecht nicht gelieferten Aktien schnellstmöglich veräuûern wollen und hätte dabei im Zeitraum vom 26. August bis 13. September 1999 einen Überschuû in Höhe der Klageforderung erzielt. Dieser Vortrag ist entgegen
der Ansicht des Berufungsgerichts schlüssig, weil er, wenn er der Wahrheit entspricht, geeignet ist, den geltend gemachten Schadensersatzanspruch zu begründen. Davon, daû die Behauptung der Klägerin über die Veräuûerungsabsicht des Zedenten, wie das Berufungsgericht meint, nicht nachvollziehbar wäre, kann keine Rede sein.

b) Die Indizien gegen eine Absicht des Zedenten zur kurzfristigen Aktienveräuûerung, die das Berufungsgericht dem vorprozessualen Verhalten des Zedenten sowie dem Prozeûvortrag der Klägerin entnehmen zu können glaubt, stehen dem nicht entgegen.
In diesem Zusammenhang bedarf es keiner ins einzelne gehenden Auseinandersetzung mit den Ausführungen des Berufungsgerichts zum vorprozessualen Verhalten des Zedenten. Diese Ausführungen können allenfalls Zweifel am Wahrheitsgehalt der Behauptung der Klägerin über die Verkaufsabsicht des Zedenten begründen, nicht dagegen die Schlüssigkeit der Behauptung oder ihre Nachvollziehbarkeit in Frage stellen. Der Senat beschränkt sich daher auf den Hinweis, daû das Schreiben des Zedenten vom 24. August 1999, in dem er ausdrücklich die Lieferung der Inhaberaktien und nur alternativ deren aktuellen Kurswert verlangt hat, entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts nicht gegen die Absicht des Zedenten spricht, die Aktien im Falle der Lieferung sogleich wieder zu veräuûern. Der Inhalt des Schreibens erklärt sich vielmehr zwanglos aus dem Umstand, daû der vertragliche Anspruch des Zedenten auf Aktienlieferung gerichtet war und eine Geldzahlung daher nur als der Gegenseite zur Wahl zu stellende Alternative in Betracht kam.
Auch der Prozeûvortrag der Klägerin macht ihre Behauptung über die Absicht des Zedenten zur alsbaldigen Veräuûerung der Aktien im
Falle der Lieferung durch die Beklagte entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts weder unschlüssig noch nicht nachvollziehbar. Daû die Klägerin ihren Schadensersatzanspruch in erster Linie auf einen hypothetischen Deckungskauf gestützt hat, von dem sie jedoch nicht behauptet hat, daû er tatsächlich beabsichtigt gewesen sei, läût nur auf eine unrichtige Rechtsansicht schlieûen, enthält aber keinen Widerspruch zu ihrer Tatsachenbehauptung über die Veräuûerungsabsicht des Zedenten. Der Vortrag der Klägerin über die mittel- und langfristigen Erwartungen, die der Zedent mit dem Kauf der streitgegenständlichen Aktien ursprünglich verknüpft haben soll, steht nicht in unüberbrückbarem Widerspruch zu der für einen späteren Zeitpunkt behaupteten kurzfristigen Verkaufsabsicht, weil es nicht ungewöhnlich ist, daû Anleger längerfristig geplante Aktienengagements später unter dem Eindruck aktueller Kurssteigerungen kurzfristig mit Gewinn beenden. Schlieûlich entnimmt das Berufungsgericht den wiederholten Behauptungen der Klägerin darüber, zu welchen Konditionen der Zedent die Aktien zum fraglichen Zeitpunkt hätte "verkaufen können", zu Unrecht einen Hinweis darauf, daû es an einer tatsächlichen Verkaufsabsicht gefehlt habe. Da ein Verkauf der von der Beklagten nicht gelieferten Aktien nicht stattgefunden hat, konnte die Klägerin von vornherein nur dazu vortragen, was der Zedent im Falle vertragstreuen Verhaltens der Beklagten hätte tun können.

c) Der Umstand, daû das Berufungsgericht die Behauptung der Klägerin über die Absicht des Zedenten zur alsbaldigen Aktienveräuûerung als "bereits widerlegt" angesehen hat, vermag die Nichterhebung der angebotenen Beweise ebenfalls nicht zu rechtfertigen.
Es spricht viel dafür, daû die genannte Ansicht des Berufungsgerichts aus den gleichen - oben dargelegten - Gründen, aus denen seine
Einschätzung des Vortrags der Klägerin als unschlüssig und nicht nachvollziehbar sich als unzutreffend erweist, auf denkfehlerhaften Erwägungen beruht und schon deshalb den Angriffen der Revision nicht standhält. Darauf kommt es jedoch nicht entscheidend an; denn auf keinen Fall durfte das Berufungsgericht die Erhebung der von der Klägerin für ihre Behauptung angetretenen Beweise mit der Begründung ablehnen, das Gegenteil sei bereits erwiesen. Die Ablehnung einer Beweisaufnahme mit dieser Begründung ist eine verbotene vorweggenommene Würdigung des nicht erhobenen Beweises (BGHZ 53, 245, 260 m.w.Nachw.).
Daran ändert es nichts, daû die Frage der Veräuûerungsabsicht des Zedenten den Ursachenzusammenhang zwischen der Verletzung von Vertragspflichten der Beklagten und dem Eintritt eines daraus möglicherweise entstandenen Schadens und damit die sogenannte haftungsausfüllende Kausalität betrifft. Für deren Nachweis gilt zwar § 287 ZPO, der den Tatrichter freier stellt als die Regelvorschrift des § 286 ZPO (BGH, Urteil vom 30. März 2000 - IX ZR 53/99, WM 2000, 1351, 1352 m.w.Nachw.) und damit auch § 287 Abs. 1 Satz 2 ZPO, der die Bindung des Richters an Beweisanträge lockert und die Durchführung einer beantragten Beweisaufnahme grundsätzlich in sein Ermessen stellt. Es würde jedoch dem Sinn und Zweck des § 287 ZPO, der dem von einer rechtswidrigen Handlung Betroffenen die Darlegung und den Nachweis seines Schadens erleichtern soll (BGH, Urteile vom 23. Oktober 1991 - XII ZR 144/90, WM 1992, 36, 37; vom 2. Juli 1992 - IX ZR 256/91, WM 1992, 2020, 2022; vom 5. November 1992 - IX ZR 12/92, WM 1993, 382; vom 28. September 1995 - IX ZR 158/94, WM 1995, 2075, 2079; vom 30. März 2000 - IX ZR 53/99, WM 2000, 1351, 1352) zuwiderlaufen, wenn die Vorschrift dazu dienen könnte,
dem Betroffenen einen Nachweis seines Schadens abzuschneiden, der ihm nach allgemeinen Regeln offenstünde.

III.


Das angefochtene Urteil war daher aufzuheben (§ 564 Abs. 1 ZPO a.F.) und die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 565 Abs. 1 Satz 1 ZPO a.F.). Dabei hat der Senat von der Möglichkeit des § 565 Abs. 1 Satz 2 ZPO a.F. Gebrauch gemacht.
Nobbe Siol Bungeroth
Joeres Mayen

(1) Insoweit die Revision für begründet erachtet wird, ist das angefochtene Urteil aufzuheben.

(2) Wird das Urteil wegen eines Mangels des Verfahrens aufgehoben, so ist zugleich das Verfahren insoweit aufzuheben, als es durch den Mangel betroffen wird.

(1) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts erfolgen.

(2) Das Berufungsgericht hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde gelegt ist, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(3) Das Revisionsgericht hat jedoch in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Aufhebung des Urteils nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist.

(4) Kommt im Fall des Absatzes 3 für die in der Sache selbst zu erlassende Entscheidung die Anwendbarkeit von Gesetzen, auf deren Verletzung die Revision nach § 545 nicht gestützt werden kann, in Frage, so kann die Sache zur Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden.