Bundesgerichtshof Urteil, 24. Jan. 2017 - KZR 2/15

ECLI:ECLI:DE:BGH:2017:240117UKZR2.15.0
bei uns veröffentlicht am24.01.2017
vorgehend
Landgericht Frankfurt am Main, 6 O 182/12, 28.08.2013
Oberlandesgericht Frankfurt am Main, 11 U 95/13, 09.12.2014

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
KZR 2/15 Verkündet am:
24. Januar 2017
Bürk
Amtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Kabelkanalanlagen
Für die Ermittlung des Entgelts, das sich bei wirksamem Wettbewerb mit hoher
Wahrscheinlichkeit ergäbe, kann ein von der Bundesnetzagentur auf der Grundlage
des Telekommunikationsgesetzes nach Maßgabe der Kosten der effizienten Leistungsbereitstellung
festgesetztes Entgelt für eine vergleichbare Leistung herangezogen
werden.
BGH, Urteil vom 24. Januar 2017 - KZR 2/15 - OLG Frankfurt am Main
LG Frankfurt am Main
ECLI:DE:BGH:2017:240117UKZR2.15.0

Der Kartellsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 24. Januar 2017 durch die Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Meier-Beck und Dr. Raum sowie die Richter Dr. Kirchhoff, Dr. Bacher und Dr. Deichfuß

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 1. Kartellsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 9. Dezember 2014 aufgehoben. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Parteien streiten darüber, ob ein vertraglich vereinbartes Entgelt für die Nutzung von Kabelkanalanlagen der Beklagten nach Maßgabe des Kartellrechts anzupassen ist.
2
Die Klägerin betreibt in den meisten deutschen Bundesländern Breitbandkabelnetze , über die sie ihren Kunden Fernsehen sowie Telekommunikationsdienstleistungen anbietet. Ursprünglich wurden diese Netze von der Deutschen Telekom AG betrieben. Mit Rücksicht auf unionsrechtliche Vorgaben brachte die Deutsche Telekom AG das Breitbandkabelgeschäft 1998 in eine Tochtergesellschaft ein, die als Kabel Deutschland GmbH firmierte. Diese Tochtergesellschaft wurde 2001 in mehrere Regionalgesellschaften aufgespalten. Nachdem in den Jahren 2000 und 2001 zunächst die Regionalgesellschaften für die Bundesländer Nordrhein-Westfalen, Hessen und Baden-Württemberg verkauft wurden, erwarb die Klägerin im Jahr 2003 die verbliebenen Regionalgesellschaften. Gegenstand des Erwerbs war auch das Anlagevermögen , das im Wesentlichen aus den Breitbandkabelnetzen bestand, dagegen blieben die Kabelkanalanlagen, in denen die Breitbandkabel liegen, Eigentum der Beklagten.
3
Die Beklagte hatte mit der Kabel Deutschland GmbH einen Rahmenvertrag geschlossen, der u.a. eine in einem "Term Sheet Nr. 1" niedergelegte Vereinbarung (im Folgenden: Mietvertrag) umfasste, wonach die Tochtergesellschaft die Kabelkanäle weiterhin nutzen durfte und dafür ein bestimmtes Entgelt zu entrichten hatte. Nach der Schaffung der Regionalgesellschaften wurden im Januar 2003 mit diesen entsprechende Vereinbarungen getroffen.
4
Anlässlich des Erwerbs der Regionalgesellschaften durch die Klägerin wurden die Vergütungsregelungen der Mietverträge zwischen den Parteien neu verhandelt. Der Mietvertrag regelt die Verpflichtung der Beklagten, der Klägerin die Mitbenutzung von Rohrzügen in den Kabelkanalanlagen zu gestatten, enthält Bestimmungen über die Auswechselung von Kabeln, den Betrieb der Anlage und der Kabel, die Vergütung sowie über Laufzeit und Kündigung. Die Vergütung wurde für die Jahre 2003 bis 2006 festgeschrieben. Für die Zeit danach sollte die Beklagte bei gestiegenen Kosten eine Erhöhung vornehmen dürfen, die in den Jahren bis 2015 allerdings den Anstieg des Verbraucherpreisindexes nicht überschreiten durfte. Außerdem ist vorgesehen , dass die Vergütung bei einer Veränderung des Leistungsumfangs anzupassen ist. Die Mietverträge laufen auf unbestimmte Zeit. Die Klägerin kann sie mit einer Frist von zwölf Monaten zum Jahresende kündigen, dagegen ist eine ordentliche Kündigung durch die Beklagte ausgeschlossen.
5
Die Klägerin forderte die Deutsche Telekom AG im März 2007 zu Gesprächen über die Höhe der Miete auf und vertrat die Ansicht, das vertraglich vereinbarte Entgelt sei überhöht. Die nachfolgend geführten Gespräche führten zur Gewährung eines Umsatzbonus auf bestimmte Vereinbarungen.
6
Die Beklagte unterliegt hinsichtlich des Zugangs zu den Teilnehmeranschlussleitungen der Regulierung nach dem Telekommunikationsgesetz. Die Bundesnetzagentur hat der Beklagten aufgegeben, den Wettbewerbern auf dem Gebiet von Telekommunikationsdienstleistungen Zugang zu ihren Kabelkanalanlagen zwischen den Hauptverteilern und den Kabelverzweigern zu gewähren, soweit hierfür die erforderlichen Leerkapazitäten vorhanden sind. Zudem hat sie das Entgelt für die Überlassung eines Viertels eines Kabelkanalrohrs in einem Mehrfachrohr im März 2010 auf 1,44 Euro pro Meter und Jahr festgelegt. Die entsprechende Verfügung wurde angefochten und ist nicht bestandskräftig. In einer weiteren, ebenfalls nicht bestandskräftigen Verfügung der Bundesnetzagentur vom 2. November 2011 wurde das Entgelt auf 1,08 Euro pro Meter und Jahr festgesetzt.
7
Die Klägerin behauptet, es bestehe eine erhebliche Differenz zwischen der in den Mietverträgen vereinbarten Vergütung und den Beträgen, die sich auf der Grundlage des von der Bundesnetzagentur festgesetzten Entgelts ergäben. Indem die Be- klagte eine Absenkung des vereinbarten Entgelts ablehne, missbrauche sie ihre marktbeherrschende Stellung. Die Klägerin fordert die Rückzahlung eines Teils der in der Vergangenheit gezahlten Entgelte und begehrt die Feststellung, dass sie nicht verpflichtet ist, an die Beklagte für die Mitbenutzung von Rohrzügen und Teilen hiervon mehr als einen bestimmten Betrag pro Monat zu zahlen.
8
Das Landgericht (LG Frankfurt am Main WuW/E DE-R 4062 = NZKart 2013, 510) hat die Klage abgewiesen. Die Berufung der Klägerin ist erfolglos geblieben (OLG Frankfurt am Main WuW/E DE-R 4640 = NZKart 2015, 107). Hiergegen richtet sich die vom Senat zugelassene Revision, der die Beklagte entgegentritt.

Entscheidungsgründe:


9
Die Revision der Klägerin ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
10
I. Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet :
11
Der Auffassung des Landgerichts, der relevante Markt sei nicht der Markt für die Zurverfügungstellung von Kabelkanalanlagen für die Verlegung von Breitbandkabeln , sondern allein der Markt für Unternehmensübernahmen, auf dem die Beklagte keine beherrschende Stellung habe, könne nicht zugestimmt werden. Zwar seien die Entscheidungen über den Erwerb der Regionalgesellschaften und den Abschluss von Verträgen über die weitere Nutzung der Kabelkanalanlagen zeitgleich gefallen. Dies führe jedoch nicht dazu, dass der Markt für die Nachfrage nach der Führung von Kabeln in Rohrzügen außer Betracht zu lassen sei. Die Klägerin sei nach dem Mietvertrag berechtigt, die Verträge über die Nutzung der Kabelkanäle ganz oder teilweise zu kündigen und habe damit zumindest theoretisch die Möglichkeit zu entscheiden , ob sie ihren Bedarf insoweit weiterhin bei der Beklagten decke oder anders be- friedige. Diese Entscheidungsmöglichkeit sei als erneute Nachfrage zu werten, die einen gesonderten Markt betreffe. Kartellrechtlich sei daher zwischen dem Unternehmenskauf und dem langfristigen Mietvertrag zu unterscheiden. Beide Vorgänge beträfen unterschiedliche Märkte. Sachlich relevant sei der Markt für die Zurverfügungstellung von Kabelkanalanlagen zur Verlegung von Breitbandkabeln.
12
Ob die Beklagte auf diesem Markt eine beherrschende Stellung habe, könne letztlich offen bleiben, weil ihre Weigerung, den vertraglich vereinbarten Preis zu reduzieren , keine missbräuchliche Ausnutzung ihrer Marktmacht darstelle. Ein solcher Missbrauch liege insbesondere vor, wenn das von einem Anbieter geforderte Entgelt auf der Grundlage der marktbeherrschenden Stellung zustande komme und dasjenige übersteige, welches sich bei wirksamem Wettbewerb mit hoher Wahrscheinlichkeit ergäbe.
13
Hier könne nicht festgestellt werden, dass das vertraglich vereinbarte Entgelt für die Nutzung der Kabelkanalanlagen auf der Grundlage einer marktbeherrschenden Stellung der Beklagten zustande gekommen sei. Die von den Parteien im Jahr 2003 getroffene Preisvereinbarung lasse sich nicht in einen kaufrechtlichen und einen mietrechtlichen Teil aufspalten. Die vereinbarte Miete sei wirtschaftlich betrachtet Teil der von der Klägerin für den Unternehmenskauf insgesamt zu erbringenden Gegenleistung. Die Beklagte habe diesen Preis nicht aufgrund ihrer Marktmacht durchgesetzt , denn auf dem Markt für die Übernahme von Unternehmen sei sie nicht marktbeherrschend gewesen. Die hinter der Klägerin stehenden Investoren hätten ihr Geld auch in ein anderes Unternehmen investieren können. Im Verhältnis zur Klägerin könne die Beklagte eine beherrschende Stellung auf dem Markt für die Vermietung von Kabelkanälen frühestens durch den Abschluss des Unternehmenskaufvertrags erlangt haben. Für die Anwendung von § 19 GWB reiche es nicht aus, wenn die Marktbeherrschung erst durch den Abschluss des Geschäfts entstehe, denn dann fehle es an der Kausalität zwischen der Marktbeherrschung und der Forderung missbräuchlich überhöhter Preise. Ob der damals vereinbarte Preis wettbewerbskonform gewesen sei, sei damit letztlich unerheblich.
14
Die Weigerung der Beklagten, die in den Mietverträgen festgelegten Preise auf das Niveau eines wettbewerbskonformen Preises zu reduzieren, stelle jedenfalls unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Falles keine missbräuchliche Ausnutzung von Marktmacht dar. Zwar komme in Betracht, dass sich ein Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung während der Abwicklung eines längerfristigen Vertrags zu einem späteren Zeitpunkt einstelle. Eine solche Stellung der Beklagten könne sich hier daraus ergeben, dass die Klägerin keine Ausweichmöglichkeiten habe. Auch das Verhalten eines marktbeherrschenden Unternehmens sei aber nicht missbräuchlich, wenn es sachlich gerechtfertigt sei, was durch eine umfassende Interessenabwägung zu ermitteln sei. Unter den besonderen Umständen des Falles liege hier kein Missbrauch vor, denn das Verhalten der Beklagten sei sachlich gerechtfertigt :
15
Die Beklagte könne sich privatrechtlich auf den Vertrag berufen. Die Voraussetzungen für eine Störung der Geschäftsgrundlage lägen nicht vor. Das Risiko einer Preisentwicklung zu ihrem Nachteil habe nach dem Vertrag die Klägerin zu tragen. Eine Billigkeitsprüfung anhand von § 315 Abs. 3 BGB finde nicht statt, weil der Preis individuell vereinbart worden sei. Spezifisch kartellrechtliche Gesichtspunkte, die diese zivilrechtlichen Wertungen überlagern könnten, seien nicht ersichtlich. Wie die Klägerin nicht bestreite, habe es bei dem Unternehmenskauf einen wirtschaftlichen Zusammenhang zwischen den verschiedenen Preiselementen - dem Kaufpreis und den Kosten für die Miete der Kabelkanäle - gegeben. Eine Reduzierung der Mietkosten komme damit wirtschaftlich einer nachträglichen Herabsetzung des Kaufpreises zumindest nahe. Da die Parteien unmittelbare Wettbewerber seien, unterfalle die Klägerin nicht ohne weiteres dem Schutzzweck des § 19 Abs. 2 Nr. 2 GWB. Bei Abwägung der beiderseitigen Interessen sei nicht ersichtlich, warum die Beklagte zugunsten eines profitablen Wettbewerbers unter Durchbrechung des Grundsatzes "pacta sunt servanda" auf einen Teil der vertraglich ausgehandelten Gegenleistung verzichten sollte. Der Umstand, dass die Klägerin im Wettbewerb die Kanalanlagen heute möglicherweise zu günstigeren Preisen mieten könnte, sei kartellrechtlich nicht von Belang. Ein Anspruch der Klägerin auf Anpassung des Vertragspreises sei auch deshalb ausgeschlossen, weil der Beklagten umgekehrt - bei ansteigenden Marktpreisen - kein Anspruch auf Anpassung des Entgelts zustünde. Aus den gleichen Gründen könne in dem Verhalten der Beklagten auch keine unbillige Behinderung (§ 19 Abs. 2 Nr. 1 GWB n.F.) gesehen werden.
16
II. Dies hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand. Auf § 33 Abs. 1 und 3 i.V. mit § 19 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 2 GWB gestützte Ansprüche der Klägerin können mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung nicht verneint werden.
17
1. Das Berufungsgericht hat im Ausgangspunkt zutreffend angenommen, dass es für die Frage, ob die Beklagte Normadressatin des kartellrechtlichen Missbrauchsverbots nach § 19 Abs. 1 GWB ist, auf die Verhältnisse auf dem Markt für die Zurverfügungstellung von Kabelanlagen ankommt, in denen die Breitbandkabel der Klägerin verlegt werden können (s. auch Möschel, WuW 2014, 383; Dreher/Glöckle, ZWeR 2014, 233, 250, 254; Eufinger, K&R 2015, 309, 311; Müller/dos Santos Goncalves , GWR 2015, 168).
18
a) Nach den verfahrensfehlerfrei getroffenen Feststellungen des Berufungsgerichts hat die Klägerin, die zu diesem Zweck von einer Gruppe von Investoren gegründet worden war, im Frühjahr 2003 von der Beklagten sechs Regionalgesellschaften einschließlich deren Anlagevermögen erworben, das im Wesentlichen aus Breitbandkabelnetzen bestand. Hinsichtlich des Erwerbs dieser Regionalgesellschaften sind sich die Parteien auf dem Markt für Unternehmensübernahmen oder - noch allgemeiner - für Kapitalanlagen begegnet. Auf diesem Markt kam der Beklagten keine beherrschende Stellung zu.
19
b) Die Entscheidung der Klägerin für den Erwerb der Regionalgesellschaften und damit der Breitbandkabelnetze hat jedoch zugleich einen langfristigen Bedarf der Klägerin für die Nutzung von Anlagen begründet, in denen die Breitbandkabel geführt werden können. Die Breitbandkabel lagen bereits zum Zeitpunkt des Erwerbs der Regionalgesellschaften durch die Klägerin zu einem erheblichen Teil in Kabelkanalanlagen , die nicht mitveräußert wurden, sondern im Eigentum der Beklagten verblieben sind. Im Zusammenhang mit dem Erwerb der Regionalgesellschaften haben die Parteien die Mietverträge geschlossen, denen zufolge die Breitbandkabel der Klägerin weiterhin in den Kabelkanalanlagen der Beklagten verbleiben dürfen. Die Klägerin sollte danach der Beklagten für jedes der von ihr erworbenen Netze ein dem Betrag nach bestimmtes jährliches Entgelt zahlen.
20
Ausgangspunkt der Marktabgrenzung ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs das Bedarfsmarktkonzept. Danach sind dem relevanten Markt alle Produkte und Dienstleistungen zuzurechnen, die aus der Sicht der Nachfrager nach Eigenschaft, Verwendungszweck und Preislage zur Deckung eines bestimmten Bedarfs austauschbar sind. Wird durch den Erwerb längerfristig nutzbarer Investitionsgüter ein davon abgeleiteter spezifischer Bedarf des Erwerbers begründet, kommt es für die Marktabgrenzung entscheidend darauf an, welche Alternativen dem Nachfrager, nachdem er die Investitionsentscheidung getroffen hat, insoweit zur Verfügung stehen (BGH, Beschluss vom 6. Dezember 2011 - KVR 95/10, BGHZ 192, 18 Rn. 27 - Total/OMV; Beschluss vom 10. Dezember 2008 - KVR 2/08, WuW/E DE-R 2538 Rn. 7 f. - Stadtwerke Uelzen; Beschluss vom 4. März 2008 - KVR 21/07, BGHZ 176, 1 Rn. 15 - Soda-Club II; Urteil vom 9. Juli 2002 - KZR 30/00, BGHZ 151, 274, 282 - Fernwärme für Börnsen; vgl. auch EuG, Urteil vom 15. Dezember 2010 - T-427/08, Slg. 2010 II-5865 Rn. 67 ff. - CEAHR). Sachlich relevant ist danach hier der Markt für die Zurverfügungstellung von Anlagen zur Unterbringung von Breitbandkabeln. Auf diesem Markt stehen sich die Klägerin als Nachfragerin und die Beklagte als Anbieterin gegenüber.
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Zutreffend ist weiter die Annahme des Berufungsgerichts, dass der Bedarf der Klägerin nicht durch die Mietverträge, die sie im Zusammenhang mit dem Erwerb der Regionalgesellschaften mit der Klägerin geschlossen hat, "ein für allemal" gedeckt ist. Die Mietverträge sehen ein Recht der Klägerin zur ordentlichen Kündigung mit einer Frist von zwölf Monaten zum Jahresende vor, das erstmals zum 31. Dezember 2004 ausgeübt hätte werden können. Die Klägerin hat sich mithin nicht "ein für allemal" darauf festgelegt, ihren Bedarf hinsichtlich der Unterbringung der Breitbandkabel bei der Beklagten zu decken. Infolge des ihr eingeräumten Kündigungsrechts hat sie vielmehr jährlich eine Entscheidung darüber zu treffen, ob sie ihren Bedarf weiterhin bei der Beklagten decken möchte oder ob sie sich um eine alternative Unterbringung der Kabel bemüht und einen oder mehrere der Mietverträge kündigt.
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c) Räumlich ist der Markt für die Nutzung von Anlagen, die zur Unterbringung von Breitbandkabeln geeignet sind, jeweils auf das Gebiet begrenzt, in welchem die von der Klägerin erworbenen Netze liegen.
23
Die Klägerin ist Eigentümerin einer Reihe regionaler Netze, die den früheren Regionalgesellschaften zugeordnet waren. Für die Unterbringung der Breitbandkabel kommen mithin jeweils nur Anlagen in dem Gebiet in Betracht, in dem sich das betreffende Netz befindet. Der Markt erstreckt sich daher nicht auf das gesamte Bundesgebiet. Er ist andererseits nicht auf die einzelnen Kabelkanäle beschränkt, in denen bestimmte einzelne Kabel der Klägerin derzeit liegen, denn zumindest in Teilbereichen ist nach dem insoweit übereinstimmenden Vorbringen der Parteien eine Unterbringung der Kabel in anderen Anlagen grundsätzlich möglich.
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2. Nach dem Vortrag der Klägerin, der mangels abweichender Feststellungen des Berufungsgerichts revisionsrechtlich zugrunde zu legen ist, kommt der Beklagten auf den so bestimmten Märkten jeweils eine beherrschende Stellung zu (§ 18 Abs. 1 GWB). Danach ist die Klägerin auf die weitere Nutzung der Kabelkanäle angewiesen, weil sie allenfalls in sehr begrenztem Umfang die Möglichkeit hat, die Breitbandkabel anderweitig unterzubringen, etwa in Abwasserkanälen, entlang von Schienentrassen oder dergleichen. Die Beklagte ist mithin Normadressatin des Missbrauchsverbots nach § 19 GWB.
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3. Das Berufungsgericht hat keine Feststellungen dazu getroffen, ob das in den Mietverträgen vereinbarte Entgelt, das die Beklagte von der Klägerin für die Nutzung der Kabelkanalanlagen fordert, nicht nur unerheblich über demjenigen liegt, das sich bei wirksamem Wettbewerb mit hoher Wahrscheinlichkeit ergeben würde (§ 19 Abs. 2 Nr. 2 GWB). Nach der Rechtsprechung des Senats ist ein Erheblichkeitszuschlag geboten, weil der Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung ein Unwerturteil enthält und es dafür eines erheblichen Abstands zwischen dem geforderten Entgelt und dem niedrigeren wettbewerbsanalogen Entgelt bedarf (BGH, Beschluss vom 15. Mai 2012 - KVR 51/11, WuW/E DE-R 3632 Rn. 26 - Wasserpreise Calw I; Beschluss vom 14. Juli 2015 - KVR 77/13, BGHZ 206, 229 Rn. 63 - Wasserpreise Calw II).
26
Mangels tatrichterlicher Feststellungen ist auch insoweit für das Revisionsverfahren das Vorbringen der Klägerin zugrunde zu legen. Danach entspricht das mit der Beklagten vereinbarte Entgelt einer Miete in Höhe von 3,41 Euro pro Meter und Jahr und übersteigt damit deutlich das von der Bundesnetzagentur für die Überlassung eines Viertels eines Kabelkanalrohrs an Wettbewerber der Beklagten auf dem Gebiet der Telekommunikationsdienstleistungen für die Nutzung von Kabelkanalanlagen zwischen Hauptverteilern und Kabelverzweigern festgesetzte Entgelt von zunächst 1,44 Euro, später 1,08 Euro pro Meter und Jahr.
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Dem steht nicht entgegen, dass es sich bei den von der Klägerin als Vergleich herangezogenen Entgelten um solche handelt, die die Bundesnetzagentur auf der Grundlage von §§ 25, 30, 31, 35 TKG (in der Fassung vom 18. Februar 2007) nach Maßgabe der Kosten der effizienten Leistungsbereitstellung festgesetzt hat. Nach § 19 Abs. 2 Nr. 2 GWB liegt ein missbräuchliches Verhalten insbesondere vor, wenn ein marktbeherrschendes Unternehmen Entgelte fordert, die von denjenigen abweichen , die sich bei wirksamem Wettbewerb mit hoher Wahrscheinlichkeit ergeben würden. Eine solche Abweichung kann nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht nur aufgrund einer Vergleichsmarktbetrachtung festgestellt werden, sondern auch dadurch, dass die Preisbildungsfaktoren daraufhin überprüft werden, ob und inwieweit sie darauf schließen lassen, dass ein wirksamem Wettbewerb ausgesetztes Unternehmen zur bestmöglichen Ausnutzung seines Preissetzungsspielraums abweichend kalkulieren würde (BGH WuW/E DE-R 3632 Rn. 15 - Wasserpreise Calw I). Die Abweichung des von einem marktbeherrschenden Unternehmen geforderten Entgelts von demjenigen, das sich bei wirksamem Wettbewerb mit hoher Wahrscheinlichkeit ergäbe, kann danach grundsätzlich auch durch den Verweis darauf dargetan werden, dass das geforderte Entgelt die Kosten der effizienten Leistungsbereitstellung für eine vergleichbare Leistung deutlich übersteigt.
28
Die Revisionserwiderung zeigt nicht auf, dass den sachlichen Unterschieden zwischen den Leistungen, für deren Inanspruchnahme die Bundesnetzagentur das Entgelt festgesetzt hat, und den in den Mietverträgen der Parteien festgelegten Leitungen ein solches Gewicht zukommt, dass eine Vergleichbarkeit von vornherein ausscheidet. Nach der Rechtsprechung des Senats zu § 19 Abs. 2 Nr. 2 und 3 GWB stehen Unterschiede in der Marktstruktur einer Wertung als Vergleichsmarkt grundsätzlich nicht entgegen, ihnen ist allerdings durch entsprechende Zu- und Abschläge Rechnung zu tragen (BGH, Beschluss vom 16. Dezember 1976 - KVR 2/76, BGHZ 68, 23, 33 - Valium; Beschluss vom 6. November 1984 - KVR 13/83, WuW/E BGH 2103, 2104 - Favorit; ferner BGH, Urteil vom 7. Dezember 2010 - KZR 5/10, WuW/E DE-R 3145 Rn. 18 - Entega II zu § 19 Abs. 4 Nr. 3 GWB a.F.). Entsprechendes gilt hier.
29
4. Mit Erfolg wendet sich die Revision gegen die Auffassung des Berufungsgerichts , die Weigerung der Beklagten, dem Verlangen der Klägerin nach einer Herabsetzung des Entgelts für die Benutzung der Kabelkanalanlagen nachzukommen, sei sachlich gerechtfertigt und damit nicht als missbräuchliche Ausnutzung einer marktbeherrschenden Stellung anzusehen.
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a) Ob das Festhalten des Normadressaten an einem vertraglich vereinbarten, nicht wettbewerbskonformen Entgelt sachlich gerechtfertigt ist, bestimmt sich aufgrund einer umfassenden Abwägung der Interessen der Beteiligten unter Berücksichtigung der auf die Freiheit des Wettbewerbs gerichteten Zielsetzung des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (BGH, Beschluss vom 9. November 1982 - KVR 9/81, WuW/E BGH 1965, 1966 - Gemeinsamer Anzeigenteil). Diese Interessenabwägung kann immer nur einzelfallbezogen vorgenommen werden. Nicht berücksichtigt werden dürfen dabei Interessen, deren Durchsetzung rechtlich missbilligt wird, wobei insbesondere die kartellrechtlichen Wertungen einzubeziehen sind.
31
Haben die Parteien das überhöhte Entgelt vertraglich vereinbart, ist eine Gesamtbetrachtung der Regelungen geboten, die die Parteien getroffen haben. Bedeutung erlangen kann in diesem Zusammenhang etwa der Gang der Verhandlungen der Parteien, insbesondere die Frage, welche Informationen dem Vertragspartner des Normadressaten zur Verfügung standen und inwiefern es ihm möglich war, die Angemessenheit der von diesem vorgeschlagenen Konditionen zu prüfen und zu beurteilen. Ferner wird zu berücksichtigen sein, ob bereits zum Zeitpunkt des Abschlusses der Vereinbarung eine Abhängigkeit einer Seite aufgrund einer marktbeherrschenden Stellung der anderen Seite bestand oder nicht. Soweit die Parteien mehrere Verträge geschlossen haben, ist zu prüfen, inwiefern diese rechtlich oder wirtschaftlich miteinander verknüpft sind, etwa dergestalt, dass nach den vertraglichen Vereinbarungen die Festsetzung der Konditionen eines Vertrags auch mit Rücksicht auf diejenigen eines anderen Vertrags erfolgte. Begründen die Parteien ein Dauerschuldverhältnis , kann ein berechtigtes Amortisationsinteresse des Normadressaten relevant sein (BGH WuW/E BGH 2103 - Favorit). Insbesondere bei Dauerschuldverhältnissen wird regelmäßig auch eine Rolle spielen, ob und unter welchen Voraussetzungen einer Partei die Möglichkeit eingeräumt ist, sich vom Vertrag zu lösen oder eine Änderung der vereinbarten Konditionen zu verlangen.
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b) Danach ist im Streitfall zu berücksichtigen, dass die Parteien die Mietverträge zusammen mit dem Unternehmenskaufvertrag geschlossen haben, durch den die Klägerin von der Beklagten die Regionalgesellschaften erwarb, und auch die Höhe der Miete unter Wettbewerbsbedingungen vereinbart wurde.
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aa) Der Erwerb längerfristig nutzbarer Investitionsgüter kann einen spezifischen Bedarf des Erwerbers, etwa nach Verschleiß- oder Ersatzteilen, nach Wartungs - oder Serviceleistungen oder nach Räumlichkeiten für die Unterbringung von Mitarbeitern oder von betriebsnotwendigen Gegenständen begründen. Ein wirtschaftlich denkender Erwerber, dem mehrere Optionen zur Verfügung stehen, wird die Entscheidung , welche er auswählt und welchen Kaufpreis er zu zahlen bereit ist, auch davon abhängig machen, mit welchen Folgekosten er aufgrund des sich daraus ergebenden , langfristig zu deckenden Bedarfs zu rechnen hat. Dieser Zusammenhang zwischen den Kosten der einmaligen Anschaffung eines Gegenstands und den daraus in der Folge erwachsenden Kosten besteht regelmäßig auch bei der Entscheidung über den Erwerb eines Unternehmens. Es entspricht daher rationalem wirtschaftlichem Vorgehen, bei der Bemessung des Kaufpreises für ein Unternehmen dessen Ertragslage zu berücksichtigen. Diese wird u.a. durch die Höhe der Aufwendungen bestimmt, die mit dem Betrieb des Unternehmens verbunden sind. Dazu zählen auch die Aufwendungen zur Deckung des oben angesprochenen spezifischen Bedarfs. Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin oder die hinter ihr stehenden Investoren insoweit nicht über ausreichende Informationen verfügt hätten, sind nicht ersichtlich.
34
Zugunsten der Beklagten kann unterstellt werden, dass die Parteien den Kaufpreis für die Regionalgesellschaften in der Weise bestimmt haben, dass er das Fünffache des EBITDA (= earnings before interest, taxes, depreciation and amortization ) betrage, ebenso, dass ein niedrigeres Entgelt für die Miete der Kabelkanalanlagen einen höheren Ertrag der veräußerten Gesellschaften bedeutet und damit möglicherweise zu einem höheren Kaufpreis geführt hätte.
35
bb) Zu dem Zeitpunkt, in welchem die Parteien das Entgelt für das Recht zur Mitbenutzung der Kabelkanalanlagen vereinbart haben, befand sich die Beklagte gegenüber der Klägerin noch nicht in einer marktbeherrschenden Stellung. Diese wurde vielmehr erst dadurch begründet, dass die Klägerin mit den Regionalgesellschaften die in deren Eigentum stehenden Breitbandkabelnetze erwarb. Erst in der Folge war sie darauf angewiesen, die Kabel in den im Eigentum der Beklagten verbliebenen Kabelkanalanlagen unterzubringen.
36
cc) Das Berufungsgericht ist danach im Ansatz zutreffend davon ausgegangen , dass nach den vertraglichen Vereinbarungen der Parteien ein Zusammenhang zwischen der Höhe des Kaufpreises und der Höhe des Entgelts für die Nutzung der Kabelkanalanlagen bestand. Dies rechtfertigt die Annahme, dass die Klägerin sich zunächst an den unter Wettbewerbsbedingungen ausgehandelten Konditionen der Verträge festhalten lassen musste.
37
c) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts war die Klägerin aber nicht auf Dauer gehindert, von der Beklagten eine Anpassung des vertraglich vereinbarten Entgelts mit der Begründung zu verlangen, es weiche von demjenigen ab, das sich bei wirksamem Wettbewerb mit hoher Wahrscheinlichkeit ergeben würde.
38
aa) Die Parteien haben in den Mietverträgen zwar zulasten der Beklagten festgelegt, dass diese zunächst keine Erhöhung der Miete verlangen und später ein solches Verlangen nur unter bestimmten Voraussetzungen geltend machen dürfe. Dagegen wurde der Klägerin in den Mietverträgen das nicht an weitere Voraussetzungen geknüpfte Recht eingeräumt, den Vertrag mit einer Frist von 12 Monaten zum Jahresende zu kündigen. Das Interesse der Beklagten daran, die Klägerin, der gegenüber sie durch den Erwerb der Regionalgesellschaften auf dem Markt für die Nutzung von Anlagen, die zur Unterbringung von Breitbandkabeln geeignet sind, eine beherrschende Stellung erlangt hat, an den bei Abschluss der Mietverträge vereinbarten Bedingungen festhalten zu können, ist damit rechtlich nicht auf Dauer, sondern nur solange geschützt, als die Klägerin das vereinbarte Entgelt beanstandungslos hinnimmt.
39
Sollte die Beklagte darauf vertraut haben, dass die Klägerin faktisch an einer Kündigung gehindert wäre, weil sie hinsichtlich der Unterbringung der Kabel keine brauchbare Alternative hat, sondern auf die Möglichkeit zur Mitbenutzung der Kabelkanalanlagen der Beklagten angewiesen ist, begründete dies keine rechtlich geschützte Erwartung der Beklagten. Denn dabei handelt es sich um eine faktische Beschränkung der Möglichkeit, den Vertrag zu kündigen und eine Herabsetzung eines nicht wettbewerbskonformen Entgelts zu verlangen, die allein Folge der marktbeherrschenden Stellung der Beklagten ist und sich daher nicht zulasten der Klägerin auswirken darf.
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bb) Ab dem Zeitpunkt, zu dem die Klägerin befugt war, eine Änderung des Vertrags zu verlangen und dies auch tatsächlich getan hat, genügte mithin der Hinweis der Beklagten darauf, die Höhe der Miete sei vertraglich vereinbart worden, als solcher nicht mehr aus, um Ansprüche der Klägerin nach § 33 Abs. 1, 3 i.V. mit § 19 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 2 GWB auszuschließen. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts kommt es in diesem Zusammenhang weder darauf an, ob die Klägerin auf anderen Märkten Wettbewerberin der Beklagten ist, noch darauf, ob sie profitabel ist. § 19 GWB schützt auch Unternehmen, die Gewinn erwirtschaften.
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Eine Überprüfung der Höhe der Miete nach Maßgabe von § 19 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 2 GWB setzt nicht voraus, dass die Klägerin eine Kündigung erklärte. Vielmehr genügt es, wenn sie eine Herabsetzung der Entgelte verlangt hat und zu diesem Zeitpunkt befugt gewesen wäre, den Vertrag zu kündigen. War die Beklagte Normadressatin , wäre sie im Falle einer Kündigung der Klägerin wegen ihrer marktbeherrschenden Stellung nach §§ 33, 19 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 oder Nr. 4 GWB ohnehin verpflichtet gewesen, ihr die weitere Mitbenutzung der Kabelkanalanlagen gegen ein angemessenes Entgelt zu gestatten. Unter diesen Umständen kann eine Befugnis der Klägerin, einen Anspruch auf Herabsetzung des nicht wettbewerbskonformen Entgelts zu verlangen, nicht davon abhängig gemacht werden, dass die Klägerin die Mietverträge kündigt.
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Für die Zeit vor einem solchen Änderungsverlangen sind Ansprüche der Klägerin dagegen ausgeschlossen. Für diesen Zeitraum muss sie sich daran festhalten lassen, dass sie die unter Wettbewerbsbedingungen vereinbarten Entgelte ohne Beanstandungen hingenommen hat.
43
d) Nach den vom Landgericht getroffenen Feststellungen, auf die das Berufungsgericht Bezug genommen hat, hat die Klägerin von der Beklagten erstmals im März 2007 eine Herabsetzung der Miete verlangt (Anlage B16). Unter Berücksichtigung der vertraglich vereinbarten Kündigungsfrist bedeutet dies, dass die Klägerin eine Herabsetzung der Miete für die Zeit ab 1. Januar 2009 verlangen kann.
44
Feststellungen dazu, ob die Klägerin schon zu einem früheren Zeitpunkt eine Herabsetzung der Miete verlangt hat, hat das Berufungsgericht, von seinem Standpunkt aus folgerichtig, nicht getroffen.
45
5. Danach ist das angefochtene Urteil aufzuheben. Eine Entscheidung in der Sache ist dem Senat mangels hinreichender tatsächlicher Feststellungen nicht möglich. Daher ist die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 ZPO).
46
Für die neue Verhandlung weist der Senat auf Folgendes hin:
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a) Das Berufungsgericht wird der Frage nachzugehen haben, ob der Beklagten eine beherrschende Stellung auf den jeweiligen regionalen Märkten für die Zurverfügungstellung von Kabelkanälen für Breitbandkabel zukommt. Insoweit wird zu berücksichtigen sein, dass das Bundesverwaltungsgericht die Auffassung der Bundesnetzagentur teilt, die im Rahmen der Regulierung des Zugangs zur Teilnehmeranschlussleitung die Auffassung vertreten hat, es gebe für die Wettbewerber der Beklagten auf dem Markt für Telekommunikationsdienstleistungen keine ausreichenden Alternativen zum Zugang zu den Kabelkanalanlagen der Beklagten (BVerwG NVwZ 2010, 1359 Rn. 35).
48
b) Zur Beantwortung der Frage, ob das von der Beklagten aufgrund der Mietverträge geforderte Entgelt für die Nutzung der Kabelkanalanlagen im Sinne von § 19 Abs. 2 Nr. 2 GWB überhöht ist, wird zu klären sein, ob es, worüber die Parteien unterschiedlicher Auffassung sind, sachlich oder räumlich vergleichbare Märkte gibt. Das Vergleichsmarktkonzept beruht auf der Überlegung, dass der Preis, der sich auf dem relevanten Markt bei wirksamem Wettbewerb ergäbe, dadurch ermittelt werden kann, dass die auf einem vergleichbaren Markt im Wettbewerb gebildeten Preise als Beurteilungsgrundlage herangezogen werden. Unterschiede in der Marktstruktur stehen , wie bereits ausgeführt, einer Wertung als Vergleichsmarkt regelmäßig nicht entgegen , ihnen ist allerdings durch entsprechende Zu- oder Abschläge Rechnung zu tragen (BGHZ 68, 23, 33 - Valium; WuW/E BGH 2103, 2104 - Favorit; BGH, WuW/E DE-R 3145 Rn.18 - Entega II zu § 19 Abs. 4 Nr. 3 GWB a.F.). Gegebenenfalls kommt, wie oben ausgeführt, auch eine Überprüfung der geforderten Entgelte nach der Methode der Kostenkontrolle in Betracht (BGH WuW/E DE-R 3632 - Wasserpreise Calw I).
49
c) Ergibt sich danach, dass das mietvertragliche Entgelt den hypothetischen Wettbewerbspreis nicht nur unerheblich überschreitet, wird das Berufungsgericht zu prüfen haben, zu welchem Zeitpunkt die Klägerin erstmals eine Herabsetzung dieses Entgelts verlangt hat. Geschah dies erstmals mit dem als Anlage B16 vorgelegten Schreiben der Klägerin vom 9. März 2007, wird das Berufungsgericht zu berücksichtigen haben, dass die nachfolgend geführten Gespräche nach den vom Berufungsgericht in Bezug genommenen Feststellungen des Landgerichts zur Gewährung eines Umsatzbonus auf bestimmte Vereinbarungen geführt haben. Soweit die Parteien damit die vertraglichen Regelungen geändert haben, steht dies einer Überprüfung des von der Klägerin zu entrichtenden Entgelts nach Maßgabe von § 19 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 2 GWB grundsätzlich nicht entgegen. Denn anders als bei Abschluss der Mietverträge im Zusammenhang mit dem Erwerb der Regionalgesellschaften war die Klägerin im Jahr 2007 von der Beklagten als marktbeherrschendem Unternehmen abhängig. Der von der Beklagten gewährte Umsatzbonus kann jedoch eventuelle Erstattungsansprüche der Klägerin mindern.
50
d) Soweit sich der Vorwurf missbräuchlichen Verhaltens als zutreffend erweist, führt dies im Grundsatz dazu, dass die Beklagte das überhöhte Entgelt nicht mehr fordern darf und der Klägerin für die Vergangenheit das zu viel Geleistete zu erstatten hat. Auf ein Verschulden der Beklagten kommt es insoweit nicht an. Der Senat hat bereits entschieden, dass der Anspruch auf Nachzahlung kartellrechtswidrig vorenthaltener Vergütung als Ausformung des Beseitigungsanspruchs verschuldensunabhängig ist und auch für die Vergangenheit besteht (BGH, Urteil vom 2. Juli 1996 - KZR 31/95, BGHZ 133, 177, 180 ff. - Kraft-Wärme-Kopplung). Für den Fall der Forderung eines kartellrechtswidrig überhöhten Entgelts gilt Entsprechendes (Bornkamm in Langen/Bunte, Kartellrecht, 12. Auflage, § 33 GWB Rn. 109). Ob die Beklagte ein Verschulden trifft, kann jedoch für die Frage Bedeutung erlangen, ob die Klägerin einen Anspruch auf Verzinsung der geltend gemachten Forderung ab Eintritt des Schadens verlangen kann (§ 33 Abs. 3 Satz 4 GWB).
51
e) Sollte es auf die von der Beklagten erhobene Einrede der Verjährung ankommen , dürfte sich aus dem Inhalt der Anlage B16 ergeben, dass die Klägerin jedenfalls zur Zeit der Abfassung dieses Schreibens über sämtliche Informationen verfügte , die erforderlich waren, um mit Aussicht auf Erfolg einen Anspruch nach § 33 Abs. 1, 3 GWB i.V. mit § 19 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 2 GWB geltend zu machen.
Meier-Beck Raum Kirchhoff
Bacher Deichfuß
Vorinstanzen:
LG Frankfurt am Main, Entscheidung vom 28.08.2013 - 2-6 O 182/12 -
OLG Frankfurt am Main, Entscheidung vom 09.12.2014 - 11 U 95/13 (Kart) -

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Urteil, 24. Jan. 2017 - KZR 2/15

Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Urteil, 24. Jan. 2017 - KZR 2/15

Referenzen - Gesetze

Zivilprozessordnung - ZPO | § 563 Zurückverweisung; eigene Sachentscheidung


(1) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts erfolgen. (2) Das Berufungsgerich

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 315 Bestimmung der Leistung durch eine Partei


(1) Soll die Leistung durch einen der Vertragschließenden bestimmt werden, so ist im Zweifel anzunehmen, dass die Bestimmung nach billigem Ermessen zu treffen ist. (2) Die Bestimmung erfolgt durch Erklärung gegenüber dem anderen Teil. (3) Sol
Bundesgerichtshof Urteil, 24. Jan. 2017 - KZR 2/15 zitiert 12 §§.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 563 Zurückverweisung; eigene Sachentscheidung


(1) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts erfolgen. (2) Das Berufungsgerich

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 315 Bestimmung der Leistung durch eine Partei


(1) Soll die Leistung durch einen der Vertragschließenden bestimmt werden, so ist im Zweifel anzunehmen, dass die Bestimmung nach billigem Ermessen zu treffen ist. (2) Die Bestimmung erfolgt durch Erklärung gegenüber dem anderen Teil. (3) Sol

Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen - GWB | § 19 Verbotenes Verhalten von marktbeherrschenden Unternehmen


(1) Der Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung durch ein oder mehrere Unternehmen ist verboten. (2) Ein Missbrauch liegt insbesondere vor, wenn ein marktbeherrschendes Unternehmen als Anbieter oder Nachfrager einer bestimmten Art von Waren

Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen - GWB | § 33 Beseitigungs- und Unterlassungsanspruch


(1) Wer gegen eine Vorschrift dieses Teils oder gegen Artikel 101 oder 102 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union verstößt (Rechtsverletzer) oder wer gegen eine Verfügung der Kartellbehörde verstößt, ist gegenüber dem Betroffenen

Telekommunikationsgesetz - TKG 2004 | § 31 Entgeltgenehmigung


(1) Die Bundesnetzagentur genehmigt Entgelte nach § 30 Absatz 1 Satz 1 oder Absatz 2 Satz 2 1.auf der Grundlage der auf die einzelnen Dienste entfallenden Kosten der effizienten Leistungsbereitstellung nach § 32 oder2.auf der Grundlage der von ihr vo

Telekommunikationsgesetz - TKG 2004 | § 35 Verfahren der Entgeltgenehmigung


(1) Neben den der Bundesnetzagentur vorliegenden Kosteninformationen kann sie zusätzlich 1.Preise solcher Unternehmen als Vergleich heranziehen, die entsprechende Leistungen auf vergleichbaren, dem Wettbewerb geöffneten Märkten anbieten; dabei sind d

Telekommunikationsgesetz - TKG 2004 | § 30 Entgeltregulierung


(1) Einer Genehmigung durch die Bundesnetzagentur nach Maßgabe des § 31 unterliegen Entgelte für nach § 21 auferlegte Zugangsleistungen von Betreibern öffentlicher Telekommunikationsnetze, die über beträchtliche Marktmacht verfügen. Abweichend von Sa

Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen - GWB | § 18 Marktbeherrschung


(1) Ein Unternehmen ist marktbeherrschend, soweit es als Anbieter oder Nachfrager einer bestimmten Art von Waren oder gewerblichen Leistungen auf dem sachlich und räumlich relevanten Markt 1. ohne Wettbewerber ist,2. keinem wesentlichen Wettbewerb au

Telekommunikationsgesetz - TKG 2004 | § 25 Anordnungen durch die Bundesnetzagentur


(1) Kommt eine Zugangsvereinbarung nach § 22 oder eine Vereinbarung über Zugangsleistungen nach § 18 ganz oder teilweise nicht zustande und liegen die nach diesem Gesetz erforderlichen Voraussetzungen für eine Verpflichtung zur Zugangsgewährung vor,

Referenzen - Urteile

Bundesgerichtshof Urteil, 24. Jan. 2017 - KZR 2/15 zitiert oder wird zitiert von 2 Urteil(en).

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Bundesgerichtshof Urteil, 09. Juli 2002 - KZR 30/00

bei uns veröffentlicht am 09.07.2002

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL KZR 30/00 Verkündet am: 9. Juli 2002 Walz Justizamtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: ja BGHR: ja Fernwär
1 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Bundesgerichtshof Urteil, 24. Jan. 2017 - KZR 2/15.

Bundesgerichtshof Urteil, 29. Jan. 2019 - KZR 4/17

bei uns veröffentlicht am 29.01.2019

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL KZR 4/17 Verkündet am: 29. Januar 2019 Führinger Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja Teilnehmerdaten V T

Referenzen

(1) Der Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung durch ein oder mehrere Unternehmen ist verboten.

(2) Ein Missbrauch liegt insbesondere vor, wenn ein marktbeherrschendes Unternehmen als Anbieter oder Nachfrager einer bestimmten Art von Waren oder gewerblichen Leistungen

1.
ein anderes Unternehmen unmittelbar oder mittelbar unbillig behindert oder ohne sachlich gerechtfertigten Grund unmittelbar oder mittelbar anders behandelt als gleichartige Unternehmen;
2.
Entgelte oder sonstige Geschäftsbedingungen fordert, die von denjenigen abweichen, die sich bei wirksamem Wettbewerb mit hoher Wahrscheinlichkeit ergeben würden; hierbei sind insbesondere die Verhaltensweisen von Unternehmen auf vergleichbaren Märkten mit wirksamem Wettbewerb zu berücksichtigen;
3.
ungünstigere Entgelte oder sonstige Geschäftsbedingungen fordert, als sie das marktbeherrschende Unternehmen selbst auf vergleichbaren Märkten von gleichartigen Abnehmern fordert, es sei denn, dass der Unterschied sachlich gerechtfertigt ist;
4.
sich weigert, ein anderes Unternehmen gegen angemessenes Entgelt mit einer solchen Ware oder gewerblichen Leistung zu beliefern, insbesondere ihm Zugang zu Daten, zu Netzen oder anderen Infrastruktureinrichtungen zu gewähren, und die Belieferung oder die Gewährung des Zugangs objektiv notwendig ist, um auf einem vor- oder nachgelagerten Markt tätig zu sein und die Weigerung den wirksamen Wettbewerb auf diesem Markt auszuschalten droht, es sei denn, die Weigerung ist sachlich gerechtfertigt;
5.
andere Unternehmen dazu auffordert, ihm ohne sachlich gerechtfertigten Grund Vorteile zu gewähren; hierbei ist insbesondere zu berücksichtigen, ob die Aufforderung für das andere Unternehmen nachvollziehbar begründet ist und ob der geforderte Vorteil in einem angemessenen Verhältnis zum Grund der Forderung steht.

(3) Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nummer 1 und Nummer 5 gilt auch für Vereinigungen von miteinander im Wettbewerb stehenden Unternehmen im Sinne der §§ 2, 3 und 28 Absatz 1, § 30 Absatz 2a, 2b und § 31 Absatz 1 Nummer 1, 2 und 4. Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nummer 1 gilt auch für Unternehmen, die Preise nach § 28 Absatz 2 oder § 30 Absatz 1 Satz 1 oder § 31 Absatz 1 Nummer 3 binden.

(1) Soll die Leistung durch einen der Vertragschließenden bestimmt werden, so ist im Zweifel anzunehmen, dass die Bestimmung nach billigem Ermessen zu treffen ist.

(2) Die Bestimmung erfolgt durch Erklärung gegenüber dem anderen Teil.

(3) Soll die Bestimmung nach billigem Ermessen erfolgen, so ist die getroffene Bestimmung für den anderen Teil nur verbindlich, wenn sie der Billigkeit entspricht. Entspricht sie nicht der Billigkeit, so wird die Bestimmung durch Urteil getroffen; das Gleiche gilt, wenn die Bestimmung verzögert wird.

(1) Der Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung durch ein oder mehrere Unternehmen ist verboten.

(2) Ein Missbrauch liegt insbesondere vor, wenn ein marktbeherrschendes Unternehmen als Anbieter oder Nachfrager einer bestimmten Art von Waren oder gewerblichen Leistungen

1.
ein anderes Unternehmen unmittelbar oder mittelbar unbillig behindert oder ohne sachlich gerechtfertigten Grund unmittelbar oder mittelbar anders behandelt als gleichartige Unternehmen;
2.
Entgelte oder sonstige Geschäftsbedingungen fordert, die von denjenigen abweichen, die sich bei wirksamem Wettbewerb mit hoher Wahrscheinlichkeit ergeben würden; hierbei sind insbesondere die Verhaltensweisen von Unternehmen auf vergleichbaren Märkten mit wirksamem Wettbewerb zu berücksichtigen;
3.
ungünstigere Entgelte oder sonstige Geschäftsbedingungen fordert, als sie das marktbeherrschende Unternehmen selbst auf vergleichbaren Märkten von gleichartigen Abnehmern fordert, es sei denn, dass der Unterschied sachlich gerechtfertigt ist;
4.
sich weigert, ein anderes Unternehmen gegen angemessenes Entgelt mit einer solchen Ware oder gewerblichen Leistung zu beliefern, insbesondere ihm Zugang zu Daten, zu Netzen oder anderen Infrastruktureinrichtungen zu gewähren, und die Belieferung oder die Gewährung des Zugangs objektiv notwendig ist, um auf einem vor- oder nachgelagerten Markt tätig zu sein und die Weigerung den wirksamen Wettbewerb auf diesem Markt auszuschalten droht, es sei denn, die Weigerung ist sachlich gerechtfertigt;
5.
andere Unternehmen dazu auffordert, ihm ohne sachlich gerechtfertigten Grund Vorteile zu gewähren; hierbei ist insbesondere zu berücksichtigen, ob die Aufforderung für das andere Unternehmen nachvollziehbar begründet ist und ob der geforderte Vorteil in einem angemessenen Verhältnis zum Grund der Forderung steht.

(3) Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nummer 1 und Nummer 5 gilt auch für Vereinigungen von miteinander im Wettbewerb stehenden Unternehmen im Sinne der §§ 2, 3 und 28 Absatz 1, § 30 Absatz 2a, 2b und § 31 Absatz 1 Nummer 1, 2 und 4. Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nummer 1 gilt auch für Unternehmen, die Preise nach § 28 Absatz 2 oder § 30 Absatz 1 Satz 1 oder § 31 Absatz 1 Nummer 3 binden.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
KZR 30/00 Verkündet am:
9. Juli 2002
Walz
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
Fernwärme für Börnsen

a) Verknüpft eine Gemeinde den Verkauf von Grundstücken in einem Neubaugebiet
mit der Verpflichtung, den Heizenergiebedarf durch ein von einer gemeindeeigenen
Gesellschaft betriebenes Blockheizkraftwerk zu decken, liegt darin
weder unter dem Gesichtspunkt des Wettbewerbs der öffentlichen Hand noch
unter dem der Kopplung verschiedener Waren oder Leistungen ein Wettbe-
werbsverstoß nach § 1 UWG.

b) Bei einer solchen Verknüpfung handelt es sich um eine Kopplung in einem
Austauschvertrag, die nicht von vornherein kartellrechtlichen Bedenken begegnet.
Eine unbillige Behinderung der Anbieter anderer Energiequellen, die aufgrund
der Kopplungsklausel vom Wettbewerb in dem fraglichen Neubaugebiet
ausgeschlossen werden, liegt darin nicht.
BGH, Urteil vom 9. Juli 2002 – KZR 30/00 – OLG Schleswig
LG Kiel
Der Kartellsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 9. Juli 2002 durch den Präsidenten des Bundesgerichtshofs Prof. Dr. Hirsch
und die Richter Prof. Dr. Goette, Prof. Dr. Bornkamm, Dr. Raum und Dr. MeierBeck

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 6. Zivilsenats des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts in Schleswig vom 11. Juli 2000 aufgehoben.
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil der Kammer für Handelssachen I des Landgerichts Kiel vom 10. November 1999 abgeändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Beklagte ist die Gemeinde Börnsen mit etwa 3.300 Einwohnern, die im Osten von Hamburg liegt; sie ist Trägerin der Bauleitplanung im Gemeindegebiet.
Als Mehrheitsgesellschafterin ist sie zusammen mit den Hamburger Gaswerken Gesellschafterin eines Energieverteilungsunternehmens – der Gas- und Wärmedienst Börnsen GmbH –, das die Gemeinde Börnsen mit Erdgas versorgt. Seit 1998 unterhält der Gas- und Wärmedienst Börnsen ein eigenes auf dem Prinzip der Kraft-Wärme-Kopplung beruhendes gasbetriebenes Blockheizkraftwerk.
Dieses Blockheizkraftwerk, dessen Bau rund 1 Mio. DM gekostet hat, soll ein Neubaugebiet in Börnsen mit Fernwärme versorgen. Ein Teil der Grundstücke in dem Neubaugebiet steht im Eigentum der Beklagten und wird von ihr an bauwillige Interessenten verkauft. Beim Verkauf verpflichtet sie die Käufer zur Abnahme der Fernwärme des Gas- und Wärmedienstes Börnsen und läßt sich diese Verpflichtung durch eine beschränkte persönliche Dienstbarkeit sichern. Die entsprechende Bestimmung in den Kaufverträgen hat folgenden Wortlaut:
Der Käufer verpflichtet sich, den Energiebedarf für Raumheizung und Warmwasserbereitung in dem auf dem Grundstück zu errichtenden Wohngebäude ausschließlich durch das im Bebauungsplan Nr. 11 vorgesehene Blockheizkraftwerk (Gas- und Wärmedienst Börnsen GmbH) zu decken. Die Gemeinde kann Ausnahmen genehmigen. Der Käufer verpflichtet sich darüber hinaus, eine beschränkte persönliche Dienstbarkeit ... eintragen zu lassen.
Außerdem macht die Beklagte die Vergabe von Aufträgen für die Erschließung des Neubaugebiets davon abhängig, daß der Erschließungsträger eigene Grundstücke in diesem Gebiet ebenfalls nur mit einer entsprechenden dinglich abgesicherten Verpflichtung zur Abnahme von Fernwärme des Gas- und Wärmedienstes Börnsen verkauft.
Der Kläger, der als Verband die Interessen der angeschlossenen Brennstoffund Mineralölhändler vertritt, hat dieses Verhalten der Gemeinde als wettbewerbswidrig nach § 1 UWG beanstandet. Die Beklagte beeinträchtige den Wettbewerb auf diesem Markt in erheblicher und unzulässiger Weise dadurch, daß sie
ihre Stellung dazu mißbrauche, die Nachfrage der Bauplatzerwerber in den Neubaugebieten gezielt auf das in ihrem Mehrheitsbesitz stehende Fernwärmeversorgungsunternehmen zu lenken. Von den etwa 100 Wohneinheiten in dem fraglichen Neubaugebiet stünden fast alle im Eigentum entweder der Beklagten oder der Erschließungsträgerin. In dem Neubaugebiet finde daher kaum noch Wettbewerb zwischen den Anbietern fossiler Brennstoffe und dem Gas- und Wärmedienst statt, zumal die Beklagte zugunsten fossiler Brennstoffe auch keine Ausnahmen vom Anschluß- und Benutzungszwang genehmige.
Der Kläger hat die Beklagte auf Unterlassung des beanstandeten Verhaltens in Anspruch genommen. Ferner hat er beantragt, die Beklagte zu verurteilen, die in der Vergangenheit gebundenen Erwerber aus dieser Verpflichtung zu entlassen.
Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Sie hat behauptet, von den im Gemeindegebiet belegenen 80 Baugrundstücken stünden lediglich 26 in ihrem Eigentum. Sie hat darauf hingewiesen, daß sie mit der Kopplung des Verkaufs an den Bezug der Fernwärme übergeordnete kommunale Ziele verfolge. Denn die Belange des Klima- und Umweltschutzes ließen es als geboten erscheinen, daß bei der Schaffung von Neubaugebieten der Zuwachs umweltschädlicher Emissionen auf ein Minimum reduziert werde.
Das Landgericht hat die Beklagte antragsgemäß zur Unterlassung und Beseitigung verurteilt. Die Berufung hatte keinen Erfolg (OLG Schleswig NJWEWettbR 2000, 253 = ZfIR 2000, 956 mit krit. Anm. Jaeger).
Hiergegen richtet sich die Revision der Beklagten, mit der sie ihren Klageabweisungsantrag weiterverfolgt. Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:


I. Das Berufungsgericht hat das Verhalten der Beklagten in Übereinstimmung mit dem Landgericht als nach § 1 UWG wettbewerbswidrig und als nach § 20 Abs. 4 und 5 GWB kartellrechtswidrig eingestuft. Zur Begründung hat es ausgeführt:
Die Beklagte handele bei dem beanstandeten Verhalten im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs. Zum Nachteil der Mitglieder des Klägers fördere sie objektiv den Wettbewerb des Blockheizkraftwerks, und dies entspreche auch ihrer Absicht; denn es sei ihr daran gelegen, andere Energielieferanten vom Markt fernzuhalten, damit das Blockheizkraftwerk rentabel betrieben werden könne.
Das Verhalten der Beklagten verstoße auch gegen die guten Sitten i.S. von § 1 UWG. Die Beklagte schließe durch ihr Verhalten den Leistungswettbewerb unter Ausnutzung ihrer öffentlich-rechtlichen Vorteile zu Lasten der Mineralölhändler aus. Zwar seien die Kommunen nicht gehindert, sich wirtschaftlich zu betätigen. Dabei dürften sie sich aber nur der Wettbewerbsmittel bedienen, die auch privaten Mitbewerbern zur Verfügung stünden. Wettbewerbswidrig sei dagegen der mißbräuchliche Einsatz ihrer Sonderstellung. Danach erweise sich die Kopplung eines Grundstücksverkaufs mit einem privatrechtlichen Anschluß- und Benutzungszwang als eine unter Mißbrauch ihrer hoheitlichen Sonderstellung bewirkte Behinderung des freien Leistungswettbewerbs; denn der Gas- und Wärmedienst Börnsen erziele ohne echte eigene Leistung Vorteile am Markt, insbesondere müsse er sich weder einem Preis- noch einem Leistungswettbewerb mit den Anbietern fossiler Brennstoffe stellen. Diese vorteilhafte Stellung könne die Beklagte dem Gas- und Wärmedienst Börnsen nur deswegen verschaffen, weil sie aufgrund
ihrer öffentlich-rechtlichen Stellung gezielt Neubaugebiete ausweise, über die Vergabeentscheidung Einfluß auf die Erschließungsträger nehme, Grundstücke günstig kaufen und verkaufen könne, über vielfältige Kontakte zu bauwilligen Interessenten verfüge und schließlich keinen Gewinn erzielen müsse.
Die Verknüpfung zwischen dem Verkauf gemeindeeigener Grundstücke und dem privatrechtlichen Anschluß- und Benutzungszwang könne auch nicht damit gerechtfertigt werden, daß die Gemeinde auf diese Weise ihre öffentlichen Aufgaben erfülle. Denn Klimaschutz und Energieversorgung gehörten nicht zu den Aufgaben kommunaler Daseinsvorsorge. Im übrigen könne die Beklagte, soweit sie am Wettbewerb teilnehme, unter Berufung auf ihre hoheitlichen Befugnisse für sich keine Sonderstellung in Anspruch nehmen. Daher sei durch das Verbot der Verwendung fossiler Brennstoffe im Bebauungsplan (§ 9 Abs. 1 Nr. 23 BauGB), das von der Gemeindevertretung der Beklagten inzwischen beschlossen worden sei, keine Erledigung des Rechtsstreits eingetreten.
Der Unterlassungsanspruch des Klägers sei darüber hinaus auch aus §§ 33, 20 Abs. 4 GWB begründet. Im Rahmen der Prüfung der Unbilligkeit kämen dieselben Erwägungen zum Zuge, die bereits bei § 1 UWG angestellt worden seien.
Neben Unterlassung könne der Kläger auch Beseitigung beanspruchen, und zwar in der Form, daß der durch die Kopplung bewirkte, noch fortdauernde Störungszustand zu beseitigen sei, was im Streitfall dadurch geschehen könne, daß die Beklagte die Käufer der Grundstücke aus der übernommenen Verpflichtung entlasse und in die Löschung der eingetragenen Dienstbarkeit einwillige.
II. Die gegen diese Beurteilung gerichteten Angriffe der Revision haben Erfolg. Sie führen zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Abweisung der Klage.
1. Entgegen der Annahme des Berufungsgerichts ist die von der Beklagten praktizierte Kopplung des Verkaufs gemeindeeigener Grundstücke mit der Bezugsverpflichtung zugunsten des Gas- und Wärmedienstes Börnsen weder wettbewerbsrechtlich noch kartellrechtlich zu beanstanden.

a) Dem Kläger steht gegen die Beklagte kein Anspruch aus § 13 Abs. 2 Nr. 2 i.V. mit § 1 UWG zu.
aa) Das Handeln der Beklagten im geschäftlichen Verkehr ist nicht zweifelhaft. Die Revision wendet sich jedoch gegen die Annahme des Berufungsgerichts, die Beklagte habe zu Zwecken des Wettbewerbs gehandelt. Mit dieser Rüge dringt sie indessen nicht durch.
Das Merkmal des Handelns zu Zwecken des Wettbewerbs ist nicht abstrakt, sondern in Bezug auf denjenigen zu beurteilen, der den wettbewerbsrechtlichen Anspruch geltend macht (vgl. BGH, Urt. v. 30.4.1997 – I ZR 154/95, GRUR 1997, 914, 915 = WRP 1997, 1051 – Die Besten II; Urt. v. 20.2.1997 – I ZR 12/95, GRUR 1997, 907, 908 = WRP 1997, 843 – Emil-Grünbär-Klub). Danach ist im Streitfall maßgeblich, daß die Beklagte durch ihr Verhalten den Wettbewerb des Gas- und Wärmedienstes Börnsen zu Lasten anderer Energielieferanten – so auch zu Lasten der Mineralölhändler, deren Interessen der Kläger vertritt – fördert. Dies wird auch von einer entsprechenden Absicht getragen. Dabei muß noch nicht einmal mit dem Berufungsgericht darauf abgestellt werden, daß die Beklagte durch ihr Verhalten andere Energielieferanten vom Markt fernhalten möchte, damit das Blockheizkraftwerk des Gas- und Wärmedienstes rentabel betrieben werden kann. Es reicht aus, daß die Beklagte durch die Vereinbarung einer Bezugsverpflichtung den Wettbewerb des Blockheizkraftwerks fördern möchte. Daß sie dabei auch umweltpolitische Ziele verfolgt, steht dieser Beurteilung in keiner Weise entgegen.
bb) Den Wettbewerbsverstoß hat das Berufungsgericht darin gesehen, daß die Beklagte unter Ausnutzung der Vorteile, die ihr aus ihrer öffentlich-rechtlichen Stellung erwachsen, mit ihrem Verhalten den Leistungswettbewerb unter den Energielieferanten zu Lasten der Mineralölhändler ausschließt. Diese Beurteilung hält der rechtlichen Prüfung nicht stand. Weder die öffentlich-rechtliche Stellung der Beklagten noch die beanstandete Kopplung des Baugrundstücks mit der Bezugsverpflichtung hinsichtlich der Fernwärme rechtfertigen die Annahme eines Wettbewerbsverstoßes nach § 1 UWG. Auch ein Verstoß unter dem Gesichtspunkt des Rechtsbruchs kommt nicht in Betracht.
(1) Auch das Berufungsgericht ist davon ausgegangen, daß allein der Umstand , daß die beklagte Gemeinde in ihrem Eigentum stehende Grundstücke verkauft und sich als öffentlich-rechtliche Gebietskörperschaft über eine Beteiligungsgesellschaft am Wettbewerb der Energieversorger beteiligt, ihr Verhalten noch nicht wettbewerbswidrig macht. Durch ihre Beteiligung an einem zur Erzeugung von Fernwärme bestimmten Blockheizkraftwerk nimmt die Beklagte in privatwirtschaftlicher Form eine Aufgabe der Daseinsvorsorge wahr, auch wenn sie zur Erfüllung dieser Aufgabe öffentliche Sach- oder Finanzmittel einsetzt (BGH, Urt. v. 19.6.1986 – I ZR 54/84, GRUR 1987, 116, 118 = WRP 1987, 22 – Kommunaler Bestattungswirtschaftsbetrieb I; Urt. v. 26.3.1998 – I ZR 222/95, GRUR 1999, 256, 257 = WRP 1998, 857 – 1.000 DM Umwelt-Bonus). Entsprechendes gilt für ihre Tätigkeit als Grundstückseigentümerin. Sie hat dabei im Wettbewerb grundsätzlich keine Vorzugsstellung, ist aber auch nicht generell strengeren Verhaltensregeln unterworfen als ein privater Grundstückseigentümer und ein privates Energieversorgungsunternehmen in gleicher Lage (Köhler in Köhler/Piper, UWG, 3. Aufl., § 1 Rdn. 560).
Die für öffentlich-rechtliche Verträge geltenden Beschränkungen (vgl. §§ 56, 59 Abs. 2 Nr. 4 VwVfG, § 11 Abs. 2 Satz 2 BauGB) finden danach im Streitfall
ebensowenig Anwendung wie die Grundsätze, nach denen unter Ausnutzung einer hoheitlichen Stellung geschlossene Kopplungsgeschäfte nach § 138 BGB unter bestimmten Voraussetzungen nichtig sein können (dazu BGH, Urt. v. 2.10.1998 – V ZR 45/98, NJW 1999, 208; Mayer-Maly/Armbrüster in MünchKomm.BGB, 4. Aufl., § 138 Rdn. 88). Die öffentliche Hand, die sich privatwirtschaftlich betätigt, darf sich allerdings bei der Wahrnehmung ihrer erwerbswirtschaftlichen Betätigung nicht dadurch einen unsachlichen Vorsprung vor ihren Mitbewerbern verschaffen, daß sie ihre hoheitlichen Befugnisse zur Verbesserung ihrer privatwirtschaftlichen Interessen und zur Förderung ihres Wettbewerbs einsetzt oder die privaten Mitbewerber mit Mitteln verdrängt, die diesen nicht zugänglich sind, ihr dagegen aufgrund ihrer öffentlich-rechtlichen Sonderstellung zur Verfügung stehen, etwa indem sie eine öffentlich-rechtliche Monopolstellung ausnutzt (vgl. BGH GRUR 1987, 116, 118 – Kommunaler Bestattungswirtschaftsbetrieb I; GRUR 1999, 256, 257 – 1.000 DM Umwelt-Bonus).
Derartige Umstände sind im Streitfall entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts nicht gegeben. Die Beklagte macht lediglich von Gestaltungsmöglichkeiten Gebrauch, über die ein privater Grundstückseigentümer ebenso verfügt. Sie unterscheidet sich insofern nicht von einem privaten Erschließungsunternehmen, das für ein Neubaugebiet eine Fernwärmeversorgung vorsieht und – damit sich die für eine Fernwärmeversorgung erforderlichen Infrastrukturmaßnahmen rentieren – in die Grundstückskaufverträge eine entsprechende Bezugsverpflichtung aufnimmt. Soweit die Beklagte aufgrund ihrer hoheitlichen Befugnisse in der Lage ist, eine solche Maßnahme durch eine entsprechende Gestaltung der Bauleitplanung zu unterstützen (vgl. § 9 Abs. 1 Nr. 23 BauGB), liegt darin für sich genommen kein Mißbrauch hoheitlicher Befugnisse. Vielmehr bietet es sich an, daß eine Gemeinde , die die Verwendung fossiler Brennstoffe in einem bestimmten Gebiet durch eine Bestimmung des Bebauungsplans untersagt, für alternative Energiequellen
Sorge trägt. Die Beklagte mißbraucht ihre Stellung auch nicht dadurch, daß sie – wie die Revisionserwiderung geltend macht – Grundstücke günstig erwerben kann und über vielfältige Kontakte zu bauwilligen Käufern verfügt.
(2) Die Unlauterkeit des beanstandeten Verhaltens liegt auch nicht in dem gekoppelten Angebot von zwei verschiedenen Wirtschaftsgütern: dem Baugrundstück auf der einen und der Versorgung mit Fernwärme auf der anderen Seite. Daß ein Anbieter ein kombiniertes Angebot unterbreitet, indem er eine bestimmte Ware oder Leistung nur gekoppelt mit einer anderen Ware oder Leistung abgibt, ist für sich genommen lauterkeitsrechtlich nicht zu beanstanden. Lauterkeitsrechtlich von Bedeutung ist bei derartigen Vertragsgestaltungen im allgemeinen nicht das Geschäft selbst, sondern die Werbung für das Angebot, und zwar immer dann, wenn die Gefahr besteht, daß die Verbraucher über den Wert des tatsächlichen Angebots, namentlich über den Wert der Teilleistungen, getäuscht oder sonst unzureichend informiert werden (vgl. BGH, Urt. v. 13.6.2002 – I ZR 173/01, Umdruck S. 10 ff. – Kopplungsangebot I, zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt). Ob die gekoppelte Abgabe selbst zulässig ist, richtet sich dagegen in erster Linie nach den kartellrechtlichen Bestimmungen, insbesondere bei Verträgen nach § 16 GWB. Danach unterliegen Kopplungsgeschäfte zwischen Unternehmen einer kartellrechtlichen Mißbrauchskontrolle und können unter bestimmten Voraussetzungen für unwirksam erklärt werden; Ansprüche Dritter können sich in diesem Fall aber erst ergeben, nachdem die Kartellbehörde eingeschritten ist. Darüber hinaus kann in der Verwendung solcher Vertragsklauseln – etwa dann, wenn sie nicht diskriminierungsfrei verwendet werden – der Mißbrauch einer marktbeherrschenden Stellung oder ein Verstoß gegen das kartellrechtliche Diskriminierungsund Behinderungsverbot liegen (§§ 19, 20 GWB). Schließlich kann eine Kopplung aufgrund des – hier nicht einschlägigen – Verbots der Kopplung von Grundstücks-
kaufverträgen mit Ingenieur- und Architektenverträgen nach Art. 10 § 3 MRVerbG verboten sein (dazu Hesse, BauR 1985, 30 ff.).
(3) Verstößt die Vereinbarung gegen ein derartiges gesetzliches Verbot – hier kommt ohnehin nur eine Zuwiderhandlung gegen ein kartellrechtliches Verbot in Betracht –, kann darin unter dem Gesichtspunkt eines Rechtsbruchs gleichzeitig auch ein Wettbewerbsverstoß nach § 1 UWG liegen. Wie sich aus den nachstehenden Ausführungen ergibt, scheidet ein solcher Verstoß im Streitfall aus.

b) Kartellrechtliche Ansprüche des Klägers gegen die Beklagte sind nicht gegeben.
aa) Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts steht dem Kläger kein Anspruch aus §§ 33, 20 Abs. 4 GWB zu.
(1) § 20 Abs. 4 Satz 1 GWB enthält ein Behinderungsverbot, das – anders als § 20 Abs. 1 GWB – nur zwischen Wettbewerbern, also im Horizontalverhältnis, gilt. Bei § 20 Abs. 4 GWB müssen daher das behindernde und das behinderte Unternehmen im selben Markt tätig sein (vgl. Markert in Immenga/Mestmäcker, GWB, 3. Aufl., § 20 Rdn. 282 f.; Schultz in Langen/Bunte, Kartellrecht, 9. Aufl., § 20 GWB Rdn. 229). In ihrer Eigenschaft als Verkäuferin von Bauland tritt die Beklagte nicht in demselben Markt auf, in dem die Mitglieder des Klägers tätig sind. Ein einheitlicher Markt für Wärmeenergie – unterstellt, die Beklagte wäre in einem solchen Markt tätig – besteht nicht, weil für die Marktgegenseite, also die Hausbesitzer , die sich entweder für Fernwärme oder für eine Ölheizung entschieden haben , die beiden Formen der Wärmeenergie nicht austauschbar sind. In den Blick zu fassen wäre allenfalls der Markt, in dem sich die verschiedenen Anbieter von Heizsystemen um die Bauherren und um die Hauseigentümer bemühen, die sich erstmals oder im Zuge einer fälligen Neuinstallation für eine bestimmte Wärme-
quelle entscheiden müssen. Auf diesem allgemeinen Markt der Heizsysteme verfügt die Beklagte oder der mit ihr verbundene Gas- und Wärmedienst Börnsen im Verhältnis zu den Mitgliedern des Klägers jedoch nicht über eine überlegene Marktmacht im Sinne von § 20 Abs. 4 Satz 1 GWB.
Das Bundeskartellamt hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat zu Bedenken gegeben, ob nicht von einem räumlich eng begrenzten Markt auszugehen sei, der sich auf die Installation von Heizsystemen in dem fraglichen Neubaugebiet beschränke. Eine solche Marktabgrenzung kommt indessen nicht in Betracht. Denn die Nachfrage nach einem Heizsystem ist im Streitfall dem Grundstückserwerb nicht nachgeschaltet. Vielmehr entscheidet sich die Marktgegenseite mit dem Erwerb des Grundstücks für ein bestimmtes Heizsystem. Die von der Beklagten und dem Gas- und Wärmedienst Börnsen angebotenen Leistungen sind für diese Nachfrager mit einer Fülle anderer Grundstücksangebote im Osten Hamburgs und in anderen Nachbargemeinden austauschbar. Für eine überlegene Marktmacht der Beklagten oder des Gas- und Wärmedienstes Börnsen auf diesem Markt ist nichts ersichtlich.
(2) Aber auch wenn die Normadressateneigenschaft der Beklagten zu bejahen wäre, kann das Verhalten der Beklagten nicht als eine unbillige Behinderung angesehen werden. Auch im Rahmen des § 20 Abs. 4 GWB ist für das Merkmal der Billigkeit auf eine Interessenabwägung abzustellen. Hierbei kommen dieselben Erwägungen zum Tragen, die für die Verneinung eines lauterkeitsrechtlichen Anspruchs maßgeblich sind. Insbesondere ist von einem berechtigten Interesse der Beklagten auszugehen, in die Grundstückskaufverträge eine Bezugspflicht zugunsten des Gas- und Wärmedienstes Börnsen aufzunehmen.
bb) Einen Boykott nach § 21 Abs. 1 GWB hat das Berufungsgericht zu Recht verneint. Wie bereits dargelegt, sind Kopplungen in Austauschverträgen grund-
sätzlich kartellrechtlich zulässig (§ 16 Nr. 4 GWB). Die mit solchen Vereinbarungen notwendig verbundenen Nachteile für andere Unternehmen fallen nicht unter § 21 Abs. 1 GWB; denn die jeder Ausschließlichkeitsbindung immanente Folge des Ausschlusses anderer Unternehmen nimmt das Gesetz hin und unterwirft sie lediglich einer Mißbrauchskontrolle durch die Kartellbehörden (vgl. BGH, Beschl. v. 5.7.1973 – KVR 3/72, WuW/E 1269, 1275 f. – Fernost-Schiffahrtskonferenz). Die restriktive Anwendung des § 21 Abs. 1 GWB auf wettbewerbsbeschränkende Vereinbarungen in Vertikalverträgen findet jedoch dort ihre Grenze, wo die Beschränkung eine gegen bestimmte Dritte gerichtete Zielsetzung aufweist und wo mit ihrer Hilfe bestimmte, individualisierbare Unternehmen getroffen oder sogar vom Markt verdrängt oder ferngehalten werden sollen (vgl. BGH, Urt. v. 28.9.1999 – KZR 18/98, WuW/E DE-R 395, 396 – Beteiligungsverbot für Schilderpräger, m.w.N.). Die Bezugsverpflichtung, die die Beklagte zugunsten des Gas- und Wärmedienstes Börnsen mit den Grundstückskäufern vereinbart, zeichnet sich nicht durch eine solche Zielrichtung aus.
2. Auch soweit die Beklagte in Verträgen mit Erschließungsträgern diese verpflichtet, ebenfalls eine Bezugsverpflichtung zugunsten des Gas- und Wärmedienstes Börnsen zu vereinbaren, wenn sie Grundstücke in dem fraglichen Neubaugebiet verkaufen, stehen dem Kläger keine lauterkeits- oder kartellrechtlichen Ansprüche zu.

a) Das beanstandete Verhalten der Beklagten stellt auch insofern keinen Wettbewerbsverstoß nach § 1 UWG dar.
Gleichgültig, ob es sich bei den Vereinbarungen mit Erschließungsträgern um öffentlich-rechtliche Verträge i.S. von § 124 BauGB handelt oder ob die Beklagte – was ebenfalls denkbar ist – insofern privatrechtliche Vereinbarungen trifft, gilt hier ein strengerer Maßstab. Handelte es sich bei der Beteiligung der Beklag-
ten an dem Gas- und Wärmedienst Börnsen um eine bloße erwerbswirtschaftliche Betätigung der Beklagten, wäre es ihr verwehrt, diese Tätigkeit mit ihren öffentlichen Aufgaben zu verknüpfen und die Vergabe von Erschließungsaufträgen davon abhängig zu machen, daß der Erschließungsträger dem kommunalen Beteiligungsunternehmen Kunden zuführt. Denn nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes darf die öffentliche Hand die staatliche Autorität und die damit verbundene Vertrauensstellung nicht zur Erreichung von Wettbewerbsvorteilen mißbräuchlich nutzen. Auch eine Verquickung amtlicher und erwerbswirtschaftlicher Interessen, die zur Interessenkollision bei der Erfüllung öffentlicher Aufgaben führen kann, ist unlauter (st. Rspr.; BGH, Urt. v. 30.10.1963 – Ib ZR 72/62, GRUR 1964, 210, 213 = WRP 1964, 85 – Landwirtschaftsausstellung; Urt. v. 4.12.1970 – I ZR 96/69, GRUR 1971, 168, 169 = WRP 1971, 219 – Ärztekammer; Urt. v. 12.11.1998 – I ZR 173/96, GRUR 1999, 594, 597 = WRP 1999, 650 – Holsteiner Pferd; Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 22. Aufl., § 1 UWG Rdn. 937 ff.; Köhler in Köhler/Piper aaO § 1 Rdn. 572). Darüber hinaus ergibt sich aus § 124 Abs. 3 Satz 1 BauGB, daß sich die Beklagte in Erschließungsverträgen nur Leistungen versprechen lassen darf, die „den gesamten Umständen nach angemessen (sind) und in sachlichem Zusammenhang mit der Erschließung stehen“. Dieses spezielle Kopplungsverbot (vgl. auch § 56 Abs. 1 Satz 2 VwVfG; ferner Jaeger , ZfIR 2000, 960, 961) gilt unabhängig davon, ob die Verträge, die die Beklagte mit Erschließungsträgern schließt, öffentlich-rechtlicher oder privatrechtlicher Natur sind (vgl. dazu Jaeger, ZfIR 2000, 960, 962).
Die Verpflichtung, die die Beklagte den Erschließungsträgern auferlegt, stellt sich auch bei Beachtung dieses strengeren Maßstabs nicht als wettbewerbswidrig dar. Denn die Beklagte verfolgt mit den Bezugsverpflichtungen zugunsten des Gas- und Wärmedienstes Börnsen ein berechtigtes öffentliches Interesse. Unstreitig dient es dem Klima- und Umweltschutz, wenn die Häuser in dem fraglichen
Neubaugebiet mit Fernwärme aus dem Blockheizkraftwerk versorgt werden und die erforderliche Wärme nicht dezentral durch Verwendung fossiler Brennstoffe erzeugt wird. Die Beachtung derartiger Belange des Klima- und Umweltschutzes fügt sich ohne weiteres in die sonstige Erschließung des Neubaugebietes ein (vgl. § 127 Abs. 4 Satz 2 BauGB; Jaeger, ZfIR 2000, 960, 961). Ihre Durchsetzung mit Hilfe von dinglich gesicherten Bezugsverpflichtungen, die den Erwerbern von Bauland entweder unmittelbar oder mittelbar über die Erschließungsträger auferlegt werden, ist sachlich gerechtfertigt. Sie begegnet auch keinen wettbewerbsrechtlichen Bedenken.

b) Auch kartellrechtliche Ansprüche stehen dem Kläger gegen die Beklagte nicht zu. Insbesondere kann sich der Kläger nicht auf § 33 i.V. mit § 20 Abs. 1 GWB stützen. Fraglich ist bereits die Normadressateneigenschaft der Beklagten. Denn es ist nicht ersichtlich, daß die Beklagte auf dem Markt für die Vergabe von Erschließungsarbeiten eine marktbeherrschende Stellung hätte oder die Erschließungsträger zumindest i.S. von § 20 Abs. 2 GWB von der Beklagten abhängig wären. Im übrigen ergibt sich aus den Ausführungen zu § 1 UWG, daß eine mögliche Behinderung der Mitglieder des Klägers im Hinblick auf die von der Beklagten verfolgten Zwecke nicht unbillig wäre. Aus denselben Gründen scheidet auch ein Anspruch des Klägers aus § 33 i.V. mit § 20 Abs. 4 Satz 1 GWB aus.
III. Danach ist das angefochtene Urteil aufzuheben. Die Klage ist abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.
Hirsch Goette Bornkamm
Raum Meier-Beck

(1) Ein Unternehmen ist marktbeherrschend, soweit es als Anbieter oder Nachfrager einer bestimmten Art von Waren oder gewerblichen Leistungen auf dem sachlich und räumlich relevanten Markt

1.
ohne Wettbewerber ist,
2.
keinem wesentlichen Wettbewerb ausgesetzt ist oder
3.
eine im Verhältnis zu seinen Wettbewerbern überragende Marktstellung hat.

(2) Der räumlich relevante Markt kann weiter sein als der Geltungsbereich dieses Gesetzes.

(2a) Der Annahme eines Marktes steht nicht entgegen, dass eine Leistung unentgeltlich erbracht wird.

(3) Bei der Bewertung der Marktstellung eines Unternehmens im Verhältnis zu seinen Wettbewerbern ist insbesondere Folgendes zu berücksichtigen:

1.
sein Marktanteil,
2.
seine Finanzkraft,
3.
sein Zugang zu wettbewerbsrelevanten Daten,
4.
sein Zugang zu den Beschaffungs- oder Absatzmärkten,
5.
Verflechtungen mit anderen Unternehmen,
6.
rechtliche oder tatsächliche Schranken für den Marktzutritt anderer Unternehmen,
7.
der tatsächliche oder potenzielle Wettbewerb durch Unternehmen, die innerhalb oder außerhalb des Geltungsbereichs dieses Gesetzes ansässig sind,
8.
die Fähigkeit, sein Angebot oder seine Nachfrage auf andere Waren oder gewerbliche Leistungen umzustellen, sowie
9.
die Möglichkeit der Marktgegenseite, auf andere Unternehmen auszuweichen.

(3a) Insbesondere bei mehrseitigen Märkten und Netzwerken sind bei der Bewertung der Marktstellung eines Unternehmens auch zu berücksichtigen:

1.
direkte und indirekte Netzwerkeffekte,
2.
die parallele Nutzung mehrerer Dienste und der Wechselaufwand für die Nutzer,
3.
seine Größenvorteile im Zusammenhang mit Netzwerkeffekten,
4.
sein Zugang zu wettbewerbsrelevanten Daten,
5.
innovationsgetriebener Wettbewerbsdruck.

(3b) Bei der Bewertung der Marktstellung eines Unternehmens, das als Vermittler auf mehrseitigen Märkten tätig ist, ist insbesondere auch die Bedeutung der von ihm erbrachten Vermittlungsdienstleistungen für den Zugang zu Beschaffungs- und Absatzmärkten zu berücksichtigen.

(4) Es wird vermutet, dass ein Unternehmen marktbeherrschend ist, wenn es einen Marktanteil von mindestens 40 Prozent hat.

(5) Zwei oder mehr Unternehmen sind marktbeherrschend, soweit

1.
zwischen ihnen für eine bestimmte Art von Waren oder gewerblichen Leistungen ein wesentlicher Wettbewerb nicht besteht und
2.
sie in ihrer Gesamtheit die Voraussetzungen des Absatzes 1 erfüllen.

(6) Eine Gesamtheit von Unternehmen gilt als marktbeherrschend, wenn sie

1.
aus drei oder weniger Unternehmen besteht, die zusammen einen Marktanteil von 50 Prozent erreichen, oder
2.
aus fünf oder weniger Unternehmen besteht, die zusammen einen Marktanteil von zwei Dritteln erreichen.

(7) Die Vermutung des Absatzes 6 kann widerlegt werden, wenn die Unternehmen nachweisen, dass

1.
die Wettbewerbsbedingungen zwischen ihnen wesentlichen Wettbewerb erwarten lassen oder
2.
die Gesamtheit der Unternehmen im Verhältnis zu den übrigen Wettbewerbern keine überragende Marktstellung hat.

(8) Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie berichtet den gesetzgebenden Körperschaften nach Ablauf von drei Jahren nach Inkrafttreten der Regelungen in den Absätzen 2a und 3a über die Erfahrungen mit den Vorschriften.

(1) Der Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung durch ein oder mehrere Unternehmen ist verboten.

(2) Ein Missbrauch liegt insbesondere vor, wenn ein marktbeherrschendes Unternehmen als Anbieter oder Nachfrager einer bestimmten Art von Waren oder gewerblichen Leistungen

1.
ein anderes Unternehmen unmittelbar oder mittelbar unbillig behindert oder ohne sachlich gerechtfertigten Grund unmittelbar oder mittelbar anders behandelt als gleichartige Unternehmen;
2.
Entgelte oder sonstige Geschäftsbedingungen fordert, die von denjenigen abweichen, die sich bei wirksamem Wettbewerb mit hoher Wahrscheinlichkeit ergeben würden; hierbei sind insbesondere die Verhaltensweisen von Unternehmen auf vergleichbaren Märkten mit wirksamem Wettbewerb zu berücksichtigen;
3.
ungünstigere Entgelte oder sonstige Geschäftsbedingungen fordert, als sie das marktbeherrschende Unternehmen selbst auf vergleichbaren Märkten von gleichartigen Abnehmern fordert, es sei denn, dass der Unterschied sachlich gerechtfertigt ist;
4.
sich weigert, ein anderes Unternehmen gegen angemessenes Entgelt mit einer solchen Ware oder gewerblichen Leistung zu beliefern, insbesondere ihm Zugang zu Daten, zu Netzen oder anderen Infrastruktureinrichtungen zu gewähren, und die Belieferung oder die Gewährung des Zugangs objektiv notwendig ist, um auf einem vor- oder nachgelagerten Markt tätig zu sein und die Weigerung den wirksamen Wettbewerb auf diesem Markt auszuschalten droht, es sei denn, die Weigerung ist sachlich gerechtfertigt;
5.
andere Unternehmen dazu auffordert, ihm ohne sachlich gerechtfertigten Grund Vorteile zu gewähren; hierbei ist insbesondere zu berücksichtigen, ob die Aufforderung für das andere Unternehmen nachvollziehbar begründet ist und ob der geforderte Vorteil in einem angemessenen Verhältnis zum Grund der Forderung steht.

(3) Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nummer 1 und Nummer 5 gilt auch für Vereinigungen von miteinander im Wettbewerb stehenden Unternehmen im Sinne der §§ 2, 3 und 28 Absatz 1, § 30 Absatz 2a, 2b und § 31 Absatz 1 Nummer 1, 2 und 4. Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nummer 1 gilt auch für Unternehmen, die Preise nach § 28 Absatz 2 oder § 30 Absatz 1 Satz 1 oder § 31 Absatz 1 Nummer 3 binden.

(1) Kommt eine Zugangsvereinbarung nach § 22 oder eine Vereinbarung über Zugangsleistungen nach § 18 ganz oder teilweise nicht zustande und liegen die nach diesem Gesetz erforderlichen Voraussetzungen für eine Verpflichtung zur Zugangsgewährung vor, ordnet die Bundesnetzagentur nach Anhörung der Beteiligten innerhalb einer Frist von zehn Wochen ab Anrufung durch einen der an der zu schließenden Zugangsvereinbarung Beteiligten den Zugang an. In besonders zu begründenden Fällen kann die Bundesnetzagentur innerhalb der in Satz 1 genannten Frist das Verfahren auf höchstens vier Monate verlängern.

(2) Eine Anordnung ist nur zulässig, soweit und solange die Beteiligten keine Zugangs- oder Zusammenschaltungsvereinbarung treffen.

(3) Die Anrufung nach Absatz 1 muss in Schriftform erfolgen; sie muss begründet werden. Insbesondere muss dargelegt werden,

1.
welchen genauen Inhalt die Anordnung der Bundesnetzagentur haben soll,
2.
wann der Zugang und welche konkreten Leistungen dabei nachgefragt worden sind,
3.
dass ernsthafte Verhandlungen stattgefunden haben oder Verhandlungen vom Anrufungsgegner verweigert worden sind,
4.
bei welchen Punkten keine Einigung erzielt worden ist und
5.
im Falle des Begehrens bestimmter technischer Maßnahmen Erläuterungen zu deren technischer Ausführbarkeit.
Die Anrufung kann bis zum Erlass der Anordnung widerrufen werden.

(4) Zur Erreichung der in § 2 genannten Ziele kann die Bundesnetzagentur auch von Amts wegen ein Verfahren einleiten.

(5) Gegenstand einer Anordnung können alle Bedingungen einer Zugangsvereinbarung sowie die Entgelte sein. Die Bundesnetzagentur darf die Anordnung mit Bedingungen, einschließlich Vertragsstrafen, in Bezug auf Chancengleichheit, Billigkeit und Rechtzeitigkeit verknüpfen. Hinsichtlich der festzulegenden Entgelte gelten die §§ 27 bis 38.

(6) Sind sowohl Bedingungen einer Zugangsvereinbarung streitig als auch die zu entrichtenden Entgelte für nachgefragte Leistungen, soll die Bundesnetzagentur hinsichtlich der Bedingungen und der Entgelte jeweils Teilentscheidungen treffen. Sofern die Bundesnetzagentur Teilentscheidungen trifft, gelten für diese jeweils die in Absatz 1 genannten Fristen. Die Anordnung der Bundesnetzagentur kann nur insgesamt angegriffen werden.

(7) Im Laufe des Verfahrens vorgelegte Unterlagen werden nur berücksichtigt, wenn dadurch die Einhaltung der nach Absatz 1 bestimmten Frist nicht gefährdet wird.

(8) Die betroffenen Betreiber müssen eine Anordnung der Bundesnetzagentur unverzüglich befolgen, es sei denn, die Bundesnetzagentur hat in der Anordnung eine Umsetzungsfrist bestimmt. Zur Durchsetzung der Anordnung kann die Bundesnetzagentur nach Maßgabe des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes ein Zwangsgeld bis zu einer Million Euro festsetzen.

(1) Einer Genehmigung durch die Bundesnetzagentur nach Maßgabe des § 31 unterliegen Entgelte für nach § 21 auferlegte Zugangsleistungen von Betreibern öffentlicher Telekommunikationsnetze, die über beträchtliche Marktmacht verfügen. Abweichend von Satz 1 kann die Bundesnetzagentur solche Entgelte einer nachträglichen Regulierung nach § 38 oder nach § 38 Absatz 2 bis 4 unterwerfen, wenn dies ausreicht, um die Regulierungsziele nach § 2 zu erreichen.

(2) Einer nachträglichen Regulierung nach § 38 Absatz 2 bis 4 unterliegen:

1.
Entgelte, die ein Betreiber im Rahmen von Verpflichtungen nach § 18 verlangt, sowie
2.
Entgelte eines Betreibers, der über beträchtliche Marktmacht verfügt, für andere als in Absatz 1 Satz 1 genannte Zugangsleistungen.
Abweichend von Satz 1 kann die Bundesnetzagentur solche Entgelte einer nachträglichen Regulierung nach § 38 oder einer Genehmigung nach Maßgabe des § 31 unterwerfen, wenn dies erforderlich ist, um die Regulierungsziele nach § 2 zu erreichen oder im Fall von Satz 1 Nummer 1 den End-zu-End-Verbund von Diensten zu gewährleisten.

(3) Die Bundesnetzagentur stellt bei der Regulierung von Entgelten sicher, dass alle Entgelte die wirtschaftliche Effizienz und einen nachhaltigen Wettbewerb fördern und für die Verbraucher nicht nur kurzfristig, sondern auch mittel- und langfristig möglichst vorteilhaft sind. Sie berücksichtigt bei der Regulierung von Entgelten die zugrunde liegenden Investitionen und ermöglicht eine angemessene Verzinsung des eingesetzten Kapitals. Bei Netzen der nächsten Generation trägt sie dabei den etwaigen spezifischen Investitionsrisiken unter weitestgehender Beachtung vereinbarter Risikobeteiligungsmodelle Rechnung.

(4) (weggefallen)

(5) (weggefallen)

(1) Die Bundesnetzagentur genehmigt Entgelte nach § 30 Absatz 1 Satz 1 oder Absatz 2 Satz 2

1.
auf der Grundlage der auf die einzelnen Dienste entfallenden Kosten der effizienten Leistungsbereitstellung nach § 32 oder
2.
auf der Grundlage der von ihr vorgegebenen Maßgrößen für die durchschnittlichen Änderungsraten der Entgelte für einen Korb zusammengefasster Dienste (Price-Cap-Verfahren) nach Maßgabe des § 33.
Genehmigte Entgelte dürfen die Summe der Kosten der effizienten Leistungsbereitstellung und der Aufwendungen nach § 32 Absatz 2 nicht überschreiten.

(2) Abweichend von Absatz 1 genehmigt die Bundesnetzagentur Entgelte

1.
für Zugangsleistungen zu bestimmten, von einem Betreiber eines öffentlichen Telekommunikationsnetzes, der über beträchtliche Marktmacht verfügt, angebotenen Diensten zu Großhandelsbedingungen, die Dritten den Weitervertrieb im eigenen Namen und auf eigene Rechnung ermöglichen sollen, durch Gewährung eines Abschlags auf den Endnutzerpreis, der es einem effizienten Anbieter von Telekommunikationsdiensten ermöglicht, eine angemessene Verzinsung des eingesetzten Kapitals auf dem Endnutzermarkt zu erzielen; das Entgelt entspricht dabei mindestens den Kosten der effizienten Leistungsbereitstellung; oder
2.
auf der Grundlage anderer Vorgehensweisen, sofern die Vorgehensweisen nach den Nummern 1 oder 2 besser als die in Absatz 1 genannten Vorgehensweisen geeignet sind, die Regulierungsziele nach § 2 zu erreichen. Im Fall von Satz 1 Nummer 2 gilt bei der Anwendung kostenorientierter Vorgehensweisen § 32 Absatz 2 und 3 entsprechend. Ein Vorgehen nach Satz 1 Nummer 2 ist besonders zu begründen.

(3) Genehmigungsbedürftige Entgelte für Zugangsleistungen des Betreibers eines öffentlichen Telekommunikationsnetzes, der über beträchtliche Marktmacht verfügt, sind der Bundesnetzagentur einschließlich aller für die Genehmigungserteilung erforderlichen Unterlagen vor dem beabsichtigten Inkrafttreten vorzulegen. Bei befristet erteilten Genehmigungen hat die Vorlage mindestens zehn Wochen vor Fristablauf zu erfolgen.

(4) Die Bundesnetzagentur kann dazu auffordern, Entgeltgenehmigungsanträge zu stellen. Wird der Aufforderung nicht innerhalb eines Monats nach Zugang Folge geleistet, leitet die Bundesnetzagentur ein Verfahren von Amts wegen ein. Die Bundesnetzagentur soll über Entgeltanträge in der Regel innerhalb von zehn Wochen nach Eingang der Entgeltvorlage oder nach Einleitung des Verfahrens von Amts wegen entscheiden. Abweichend von Satz 3 soll die Bundesnetzagentur über Entgeltanträge, die im Rahmen des Verfahrens nach § 33 vorgelegt worden sind, innerhalb von zwei Wochen entscheiden.

(1) Neben den der Bundesnetzagentur vorliegenden Kosteninformationen kann sie zusätzlich

1.
Preise solcher Unternehmen als Vergleich heranziehen, die entsprechende Leistungen auf vergleichbaren, dem Wettbewerb geöffneten Märkten anbieten; dabei sind die Besonderheiten der Vergleichsmärkte zu berücksichtigen und
2.
zur Ermittlung der Kosten der effizienten Leistungsbereitstellung auch eine von der Kostenberechnung des Unternehmens unabhängige Kostenrechnung anstellen und hierfür Kostenmodelle heranziehen.
Soweit die der Bundesnetzagentur vorliegenden Kosteninformationen für eine Prüfung der genehmigungspflichtigen Entgelte nach § 31 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 in Verbindung mit § 34 nicht ausreichen, kann die Entscheidung der Bundesnetzagentur auf einer Prüfung nach Satz 1 Nr. 1 oder 2 beruhen.

(2) Im Falle einer Genehmigung nach § 31 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 prüft die Bundesnetzagentur für jedes einzelne Entgelt die Einhaltung der Maßgaben nach den §§ 28 und 31 Absatz 1 Satz 2. Im Falle einer Genehmigung nach § 31 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 gelten bei Einhaltung der vorgegebenen Maßgrößen die Maßgaben nach § 28 und für den jeweiligen Korb nach § 31 Absatz 1 Satz 2 als erfüllt.

(3) Die Genehmigung ist ganz oder teilweise zu erteilen, soweit die Entgelte den Anforderungen des § 28 und im Fall einer Genehmigung nach § 31 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 und 2 den Anforderungen der §§ 28 und 31 Absatz 1 Satz 2 nach Maßgabe des Absatzes 2 entsprechen und keine Versagungsgründe nach Satz 2 oder 3 vorliegen. Die Genehmigung der Entgelte ist zu versagen, soweit die Entgelte mit diesem Gesetz, insbesondere mit § 28, oder anderen Rechtsvorschriften nicht in Einklang stehen. Die Bundesnetzagentur kann eine Genehmigung der Entgelte auch versagen, wenn das Unternehmen die in § 34 genannten Unterlagen nicht vollständig vorgelegt hat.

(4) Die Bundesnetzagentur soll die Genehmigung mit einer Befristung versehen.

(5) Beinhalten Entgeltgenehmigungen die vollständige oder teilweise Genehmigung eines vertraglich bereits vereinbarten Entgelts, so wirken sie zurück auf den Zeitpunkt der erstmaligen Leistungsbereitstellung durch das Unternehmen mit beträchtlicher Marktmacht. Das Gericht kann im Verfahren nach § 123 der Verwaltungsgerichtsordnung die vorläufige Zahlung eines beantragten höheren Entgelts anordnen, wenn überwiegend wahrscheinlich ist, dass der Anspruch auf die Genehmigung des höheren Entgelts besteht; der Darlegung eines Anordnungsgrundes bedarf es nicht. Verpflichtet das Gericht die Bundesnetzagentur zur Erteilung einer Genehmigung für ein höheres Entgelt, so entfaltet diese Genehmigung die Rückwirkung nach Satz 1 nur, wenn eine Anordnung nach Satz 2 ergangen ist. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 123 Abs. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung kann nur bis zum Ablauf von zwei Monaten nach Klageerhebung gestellt und begründet werden.

(5a) Werden Entgelte nach dem 31. Juli 2018 erstmalig genehmigt, findet Absatz 5 Satz 3 keine Anwendung, wenn der Vertragspartner gemäß Absatz 5 Satz 1 Zugangsleistungen nachfragt und dieses Unternehmen im letzten Geschäftsjahr vor der Klageerhebung, für das ein Jahresabschluss vorliegt, einen Jahresumsatz von mehr als 100 Millionen Euro erzielt hat. Umsätze verbundener Unternehmen im Sinne des § 3 Nummer 29 sind zu berücksichtigen, wenn die verbundenen Unternehmen ebenfalls Umsätze auf Telekommunikationsmärkten erzielen.

(6) In dem Verfahren nach Absatz 5 in Verbindung mit § 123 der Verwaltungsgerichtsordnung kann das Gericht durch Beschluss anordnen, dass nur solche Personen beigeladen werden, die dies innerhalb einer bestimmten Frist beantragen. Der Beschluss ist unanfechtbar. Er ist im elektronischen Bundesanzeiger bekannt zu machen. Er muss außerdem auf der Internetseite der Bundesnetzagentur veröffentlicht werden. Die Bekanntmachung kann zusätzlich in einem von dem Gericht für Bekanntmachungen bestimmten Informations- und Kommunikationssystem erfolgen. Die Frist muss mindestens einen Monat ab der Veröffentlichung im elektronischen Bundesanzeiger betragen. In der Veröffentlichung auf der Internetseite der Bundesnetzagentur ist mitzuteilen, an welchem Tag die Frist abläuft. Für die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bei Versäumung der Frist gilt § 60 der Verwaltungsgerichtsordnung entsprechend. Das Gericht soll Personen, die von der Entscheidung erkennbar in besonderem Maße betroffen werden, auch ohne Antrag beiladen. In den Fällen des § 35 Absatz 5a Satz 1 finden die Sätze 1 bis 9 auf sämtliche Rechtsbehelfsverfahren des Unternehmens mit beträchtlicher Marktmacht Anwendung, die auf die Genehmigung eines beantragten höheren Entgelts gerichtet sind.

(7) Die Bundesnetzagentur veröffentlicht genehmigte Entgelte.

(1) Der Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung durch ein oder mehrere Unternehmen ist verboten.

(2) Ein Missbrauch liegt insbesondere vor, wenn ein marktbeherrschendes Unternehmen als Anbieter oder Nachfrager einer bestimmten Art von Waren oder gewerblichen Leistungen

1.
ein anderes Unternehmen unmittelbar oder mittelbar unbillig behindert oder ohne sachlich gerechtfertigten Grund unmittelbar oder mittelbar anders behandelt als gleichartige Unternehmen;
2.
Entgelte oder sonstige Geschäftsbedingungen fordert, die von denjenigen abweichen, die sich bei wirksamem Wettbewerb mit hoher Wahrscheinlichkeit ergeben würden; hierbei sind insbesondere die Verhaltensweisen von Unternehmen auf vergleichbaren Märkten mit wirksamem Wettbewerb zu berücksichtigen;
3.
ungünstigere Entgelte oder sonstige Geschäftsbedingungen fordert, als sie das marktbeherrschende Unternehmen selbst auf vergleichbaren Märkten von gleichartigen Abnehmern fordert, es sei denn, dass der Unterschied sachlich gerechtfertigt ist;
4.
sich weigert, ein anderes Unternehmen gegen angemessenes Entgelt mit einer solchen Ware oder gewerblichen Leistung zu beliefern, insbesondere ihm Zugang zu Daten, zu Netzen oder anderen Infrastruktureinrichtungen zu gewähren, und die Belieferung oder die Gewährung des Zugangs objektiv notwendig ist, um auf einem vor- oder nachgelagerten Markt tätig zu sein und die Weigerung den wirksamen Wettbewerb auf diesem Markt auszuschalten droht, es sei denn, die Weigerung ist sachlich gerechtfertigt;
5.
andere Unternehmen dazu auffordert, ihm ohne sachlich gerechtfertigten Grund Vorteile zu gewähren; hierbei ist insbesondere zu berücksichtigen, ob die Aufforderung für das andere Unternehmen nachvollziehbar begründet ist und ob der geforderte Vorteil in einem angemessenen Verhältnis zum Grund der Forderung steht.

(3) Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nummer 1 und Nummer 5 gilt auch für Vereinigungen von miteinander im Wettbewerb stehenden Unternehmen im Sinne der §§ 2, 3 und 28 Absatz 1, § 30 Absatz 2a, 2b und § 31 Absatz 1 Nummer 1, 2 und 4. Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nummer 1 gilt auch für Unternehmen, die Preise nach § 28 Absatz 2 oder § 30 Absatz 1 Satz 1 oder § 31 Absatz 1 Nummer 3 binden.

(1) Wer gegen eine Vorschrift dieses Teils oder gegen Artikel 101 oder 102 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union verstößt (Rechtsverletzer) oder wer gegen eine Verfügung der Kartellbehörde verstößt, ist gegenüber dem Betroffenen zur Beseitigung der Beeinträchtigung und bei Wiederholungsgefahr zur Unterlassung verpflichtet.

(2) Der Unterlassungsanspruch besteht bereits dann, wenn eine Zuwiderhandlung droht.

(3) Betroffen ist, wer als Mitbewerber oder sonstiger Marktbeteiligter durch den Verstoß beeinträchtigt ist.

(4) Die Ansprüche aus Absatz 1 können auch geltend gemacht werden von

1.
rechtsfähigen Verbänden zur Förderung gewerblicher oder selbstständiger beruflicher Interessen, wenn
a)
ihnen eine erhebliche Anzahl betroffener Unternehmen im Sinne des Absatzes 3 angehört und
b)
sie insbesondere nach ihrer personellen, sachlichen und finanziellen Ausstattung imstande sind, ihre satzungsmäßigen Aufgaben der Verfolgung gewerblicher oder selbstständiger beruflicher Interessen tatsächlich wahrzunehmen;
2.
Einrichtungen, die nachweisen, dass sie eingetragen sind in
a)
die Liste qualifizierter Einrichtungen nach § 4 des Unterlassungsklagengesetzes oder
b)
das Verzeichnis der Europäischen Kommission nach Artikel 4 Absatz 3 der Richtlinie 2009/22/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2009 über Unterlassungsklagen zum Schutz der Verbraucherinteressen (ABl. L 110 vom 1.5.2009, S. 30) in der jeweils geltenden Fassung.

(1) Der Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung durch ein oder mehrere Unternehmen ist verboten.

(2) Ein Missbrauch liegt insbesondere vor, wenn ein marktbeherrschendes Unternehmen als Anbieter oder Nachfrager einer bestimmten Art von Waren oder gewerblichen Leistungen

1.
ein anderes Unternehmen unmittelbar oder mittelbar unbillig behindert oder ohne sachlich gerechtfertigten Grund unmittelbar oder mittelbar anders behandelt als gleichartige Unternehmen;
2.
Entgelte oder sonstige Geschäftsbedingungen fordert, die von denjenigen abweichen, die sich bei wirksamem Wettbewerb mit hoher Wahrscheinlichkeit ergeben würden; hierbei sind insbesondere die Verhaltensweisen von Unternehmen auf vergleichbaren Märkten mit wirksamem Wettbewerb zu berücksichtigen;
3.
ungünstigere Entgelte oder sonstige Geschäftsbedingungen fordert, als sie das marktbeherrschende Unternehmen selbst auf vergleichbaren Märkten von gleichartigen Abnehmern fordert, es sei denn, dass der Unterschied sachlich gerechtfertigt ist;
4.
sich weigert, ein anderes Unternehmen gegen angemessenes Entgelt mit einer solchen Ware oder gewerblichen Leistung zu beliefern, insbesondere ihm Zugang zu Daten, zu Netzen oder anderen Infrastruktureinrichtungen zu gewähren, und die Belieferung oder die Gewährung des Zugangs objektiv notwendig ist, um auf einem vor- oder nachgelagerten Markt tätig zu sein und die Weigerung den wirksamen Wettbewerb auf diesem Markt auszuschalten droht, es sei denn, die Weigerung ist sachlich gerechtfertigt;
5.
andere Unternehmen dazu auffordert, ihm ohne sachlich gerechtfertigten Grund Vorteile zu gewähren; hierbei ist insbesondere zu berücksichtigen, ob die Aufforderung für das andere Unternehmen nachvollziehbar begründet ist und ob der geforderte Vorteil in einem angemessenen Verhältnis zum Grund der Forderung steht.

(3) Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nummer 1 und Nummer 5 gilt auch für Vereinigungen von miteinander im Wettbewerb stehenden Unternehmen im Sinne der §§ 2, 3 und 28 Absatz 1, § 30 Absatz 2a, 2b und § 31 Absatz 1 Nummer 1, 2 und 4. Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nummer 1 gilt auch für Unternehmen, die Preise nach § 28 Absatz 2 oder § 30 Absatz 1 Satz 1 oder § 31 Absatz 1 Nummer 3 binden.

(1) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts erfolgen.

(2) Das Berufungsgericht hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde gelegt ist, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(3) Das Revisionsgericht hat jedoch in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Aufhebung des Urteils nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist.

(4) Kommt im Fall des Absatzes 3 für die in der Sache selbst zu erlassende Entscheidung die Anwendbarkeit von Gesetzen, auf deren Verletzung die Revision nach § 545 nicht gestützt werden kann, in Frage, so kann die Sache zur Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden.

(1) Der Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung durch ein oder mehrere Unternehmen ist verboten.

(2) Ein Missbrauch liegt insbesondere vor, wenn ein marktbeherrschendes Unternehmen als Anbieter oder Nachfrager einer bestimmten Art von Waren oder gewerblichen Leistungen

1.
ein anderes Unternehmen unmittelbar oder mittelbar unbillig behindert oder ohne sachlich gerechtfertigten Grund unmittelbar oder mittelbar anders behandelt als gleichartige Unternehmen;
2.
Entgelte oder sonstige Geschäftsbedingungen fordert, die von denjenigen abweichen, die sich bei wirksamem Wettbewerb mit hoher Wahrscheinlichkeit ergeben würden; hierbei sind insbesondere die Verhaltensweisen von Unternehmen auf vergleichbaren Märkten mit wirksamem Wettbewerb zu berücksichtigen;
3.
ungünstigere Entgelte oder sonstige Geschäftsbedingungen fordert, als sie das marktbeherrschende Unternehmen selbst auf vergleichbaren Märkten von gleichartigen Abnehmern fordert, es sei denn, dass der Unterschied sachlich gerechtfertigt ist;
4.
sich weigert, ein anderes Unternehmen gegen angemessenes Entgelt mit einer solchen Ware oder gewerblichen Leistung zu beliefern, insbesondere ihm Zugang zu Daten, zu Netzen oder anderen Infrastruktureinrichtungen zu gewähren, und die Belieferung oder die Gewährung des Zugangs objektiv notwendig ist, um auf einem vor- oder nachgelagerten Markt tätig zu sein und die Weigerung den wirksamen Wettbewerb auf diesem Markt auszuschalten droht, es sei denn, die Weigerung ist sachlich gerechtfertigt;
5.
andere Unternehmen dazu auffordert, ihm ohne sachlich gerechtfertigten Grund Vorteile zu gewähren; hierbei ist insbesondere zu berücksichtigen, ob die Aufforderung für das andere Unternehmen nachvollziehbar begründet ist und ob der geforderte Vorteil in einem angemessenen Verhältnis zum Grund der Forderung steht.

(3) Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nummer 1 und Nummer 5 gilt auch für Vereinigungen von miteinander im Wettbewerb stehenden Unternehmen im Sinne der §§ 2, 3 und 28 Absatz 1, § 30 Absatz 2a, 2b und § 31 Absatz 1 Nummer 1, 2 und 4. Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nummer 1 gilt auch für Unternehmen, die Preise nach § 28 Absatz 2 oder § 30 Absatz 1 Satz 1 oder § 31 Absatz 1 Nummer 3 binden.

(1) Wer gegen eine Vorschrift dieses Teils oder gegen Artikel 101 oder 102 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union verstößt (Rechtsverletzer) oder wer gegen eine Verfügung der Kartellbehörde verstößt, ist gegenüber dem Betroffenen zur Beseitigung der Beeinträchtigung und bei Wiederholungsgefahr zur Unterlassung verpflichtet.

(2) Der Unterlassungsanspruch besteht bereits dann, wenn eine Zuwiderhandlung droht.

(3) Betroffen ist, wer als Mitbewerber oder sonstiger Marktbeteiligter durch den Verstoß beeinträchtigt ist.

(4) Die Ansprüche aus Absatz 1 können auch geltend gemacht werden von

1.
rechtsfähigen Verbänden zur Förderung gewerblicher oder selbstständiger beruflicher Interessen, wenn
a)
ihnen eine erhebliche Anzahl betroffener Unternehmen im Sinne des Absatzes 3 angehört und
b)
sie insbesondere nach ihrer personellen, sachlichen und finanziellen Ausstattung imstande sind, ihre satzungsmäßigen Aufgaben der Verfolgung gewerblicher oder selbstständiger beruflicher Interessen tatsächlich wahrzunehmen;
2.
Einrichtungen, die nachweisen, dass sie eingetragen sind in
a)
die Liste qualifizierter Einrichtungen nach § 4 des Unterlassungsklagengesetzes oder
b)
das Verzeichnis der Europäischen Kommission nach Artikel 4 Absatz 3 der Richtlinie 2009/22/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2009 über Unterlassungsklagen zum Schutz der Verbraucherinteressen (ABl. L 110 vom 1.5.2009, S. 30) in der jeweils geltenden Fassung.

(1) Der Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung durch ein oder mehrere Unternehmen ist verboten.

(2) Ein Missbrauch liegt insbesondere vor, wenn ein marktbeherrschendes Unternehmen als Anbieter oder Nachfrager einer bestimmten Art von Waren oder gewerblichen Leistungen

1.
ein anderes Unternehmen unmittelbar oder mittelbar unbillig behindert oder ohne sachlich gerechtfertigten Grund unmittelbar oder mittelbar anders behandelt als gleichartige Unternehmen;
2.
Entgelte oder sonstige Geschäftsbedingungen fordert, die von denjenigen abweichen, die sich bei wirksamem Wettbewerb mit hoher Wahrscheinlichkeit ergeben würden; hierbei sind insbesondere die Verhaltensweisen von Unternehmen auf vergleichbaren Märkten mit wirksamem Wettbewerb zu berücksichtigen;
3.
ungünstigere Entgelte oder sonstige Geschäftsbedingungen fordert, als sie das marktbeherrschende Unternehmen selbst auf vergleichbaren Märkten von gleichartigen Abnehmern fordert, es sei denn, dass der Unterschied sachlich gerechtfertigt ist;
4.
sich weigert, ein anderes Unternehmen gegen angemessenes Entgelt mit einer solchen Ware oder gewerblichen Leistung zu beliefern, insbesondere ihm Zugang zu Daten, zu Netzen oder anderen Infrastruktureinrichtungen zu gewähren, und die Belieferung oder die Gewährung des Zugangs objektiv notwendig ist, um auf einem vor- oder nachgelagerten Markt tätig zu sein und die Weigerung den wirksamen Wettbewerb auf diesem Markt auszuschalten droht, es sei denn, die Weigerung ist sachlich gerechtfertigt;
5.
andere Unternehmen dazu auffordert, ihm ohne sachlich gerechtfertigten Grund Vorteile zu gewähren; hierbei ist insbesondere zu berücksichtigen, ob die Aufforderung für das andere Unternehmen nachvollziehbar begründet ist und ob der geforderte Vorteil in einem angemessenen Verhältnis zum Grund der Forderung steht.

(3) Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nummer 1 und Nummer 5 gilt auch für Vereinigungen von miteinander im Wettbewerb stehenden Unternehmen im Sinne der §§ 2, 3 und 28 Absatz 1, § 30 Absatz 2a, 2b und § 31 Absatz 1 Nummer 1, 2 und 4. Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nummer 1 gilt auch für Unternehmen, die Preise nach § 28 Absatz 2 oder § 30 Absatz 1 Satz 1 oder § 31 Absatz 1 Nummer 3 binden.