Bundesgerichtshof Urteil, 06. Feb. 2009 - V ZR 130/08

bei uns veröffentlicht am06.02.2009
vorgehend
Amtsgericht Bamberg, 104 C 2429/06, 18.04.2007
Landgericht Bamberg, 3 S 51/07, 20.06.2008

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 130/08 Verkündet am:
6. Februar 2009
Lesniak
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BHR: ja
Dass in einem Vertrag als Gegenleistung für die Übertragung eines Hausgrundstücks
vereinbarte Versorgungsleistungen nur so lange geschuldet sein sollen, wie sie von
dem Verpflichteten in dem übernommenen Haus erbracht werden können, führt nicht
ohne weiteres zur Sittenwidrigkeit der vereinbarten Regelung.
BGH, Urteil vom 6. Februar 2009 - V ZR 130/08 - LG Bamberg
AG Bamberg
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 6. Februar 2009 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Krüger und die
Richter Dr. Klein, Dr. Lemke, Dr. Schmidt-Räntsch und Dr. Roth

für Recht erkannt:
Auf die Rechtsmittel des Beklagten werden das Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Bamberg vom 20. Juni 2008 aufgehoben und das Urteil der Abteilung 104 des Amtsgerichts Bamberg vom 18. April 2007 abgeändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits einschließlich der Kosten der Streithilfe.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
M. E. war Eigentümer eines mit einem Einfamilienhaus bebauten Grundstücks. Durch Notarvertrag vom 22. Dezember 1993 verpflichtete er sich, das Grundstück dem Beklagten, seinem Sohn, zu übertragen. Dieser hatte als "Gegenleistung" seinem Vater das Recht zur alleinigen Nutzung eines näher bezeichneten Zimmers und das Recht zur Mitbenutzung der zur gemeinschaftli- chen Benutzung durch die Bewohner des Hauses bestimmten Anlagen und Einrichtungen als Wohnrecht zu bestellen, Zimmer, Anlagen und Einrichtungen in "gut bewohnbarem Zustand" zu erhalten, den Vater zu beköstigen und im Falle der Gebrechlichkeit oder Krankheit zu pflegen.
2
Die Ausübung des Wohnrechts durch Dritte sollte nicht gestattet sein; die Verpflichtung zur Gewährung von Kost und Pflege sollte nur bestehen, "solange der Berechtigte in dem Vertragsanwesen wohne und die Pflege ohne Inanspruchnahme einer bezahlten Pflegeperson möglich" sei. Für den Fall, dass der Vater in ein Pflege- oder Altersheim aufgenommen werde, sollte die Verpflichtung zur Verköstigung und Pflege "ruhen, … ohne dass der Erwerber dafür einen Ausgleich bzw. Ersatz zu leisten" habe. Gegenüber seinen Schwestern übernahm der Beklagte im Vertrag Ausgleichspflichten; diese verzichteten auf Ansprüche aus dem Pflichtteilsrecht im Hinblick auf die Übertragung des Grundstücks.
3
2005 wurde der Vater des Beklagten als pflegebedürftig in ein Heim aufgenommen. Seine Rente und die Leistungen der Pflegeversicherung reichen nicht aus, die Heimkosten zu decken. In Höhe der Differenz von durchschnittlich 240 € im Monat gewährt ihm der Kläger Sozialhilfe. Mit Anzeige vom 26. Oktober 2005 leitete der Kläger "die Ansprüche aus dem Vertrag vom 22. Dezember 1993" auf sich über. Aus dem übergeleiteten Recht verlangt er mit der Klage für den Zeitraum seit dem 1. Juli 2005 Zahlung von monatlich 158 € zuzüglich Zinsen.
4
Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landgericht hat den Betrag der Zahlungsverpflichtung des Beklagten auf 128 € pro Monat herabgesetzt und die weitergehende Klage abgewiesen. Mit der von dem Landgericht zugelassenen Revision erstrebt der Beklagte die vollständige Abweisung der Klage.

Entscheidungsgründe:

I.

5
Das Berufungsgericht meint, bei dem Vertrag vom 23. Dezember 1993 handele es sich nicht um einen Altenteilsvertrag gemäß Art. 7 ff. BayAGBGB, sondern um einen Vertrag eigener Art, durch den sich der Beklagte als Gegenleistung für die Übertragung des Grundstücks verpflichtet habe, seinen Vater zu versorgen. Die Vereinbarung des Ruhens dieser Pflicht für den Fall von dessen Aufnahme in ein Alters- oder Pflegeheim habe zum Ziel, das von diesem gebildete Vermögen in der Familie zu behalten, statt es zur Deckung des mit der Heimaufnahme verbundenen erhöhten Bedarfs zu verwenden und diesen Aufwand der Allgemeinheit aufzuerlegen. Insoweit sei der Übertragungsvertrag sittenwidrig und nichtig.
6
Das berühre die Wirksamkeit des Vertrages im Übrigen nicht. Die aus der Nichtigkeit der Klausel folgende Lücke der vertraglichen Regelung sei im Wege der ergänzenden Auslegung dahin zu schließen, dass der Beklagte seinem Vater den Betrag zu erstatten habe, den er aufgrund des Entfallens der Verpflichtung, diesen zu verköstigen und pflegen und das Haus in Stand zu halten , erspare. Dieser Betrag sei nach dem Umfang der vereinbarten Pflegeverpflichtung mit dem hälftigen Betrag des gesetzlichen Pflegegelds der Stufe I, insoweit 103 €, zuzüglich 25 € ersparter Instandhaltungskosten, insgesamt mithin auf monatlich 128 € zu bemessen.

II.

7
Das hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Aus dem Vertrag zwischen dem Beklagten und seinem Vater vom 22. Dezember 1993 ergeben sich keine Zahlungsansprüche, die auf den Kläger hätten übergeleitet werden können. Soweit das Berufungsgericht solche Ansprüche im Wege ergänzender Vertragsauslegung hergeleitet hat, ist dem schon deswegen nicht zu folgen, weil der Vertrag keine ausfüllungsbedürftige Lücke aufweist. Die Vertragsparteien haben für den Fall, dass der Berechtigte in ein Pflege- oder Altersheim aufgenommen würde, Zahlungsansprüche als Ersatz für die nicht mehr zu erbringenden Naturalleistungen ausdrücklich ausgeschlossen. Dieser Ausschluss ist entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts wirksam.
8
1. Das folgt allerdings entgegen der Meinung der Revision nicht schon aus dem Senatsbeschluss vom 23. Januar 2003 (V ZB 48/02, NJW-RR 2003, 577). In dieser Entscheidung hat der Senat eine Aussage in dem Urteil vom 21. September 2001 (V ZR 14/01, WM 2002, 598, 599) richtig gestellt. Dort hatte er angenommen, dass eine Regelung, wonach Versorgungspflichten in Übernahmeverträgen für den Fall der Aufnahme des Übertragenden in ein Heim entfallen , einen nach unserer Rechtsordnung nicht möglichen Vertrag zu Lasten Dritter , nämlich zu Lasten des Trägers der Sozialhilfe bedeute. Das trifft, wie in dem Beschluss vom 23. Januar 2003 ausgeführt wird, nicht zu. Dass sich eine zwischen zwei Parteien vereinbarte Regelung für einen Dritten wirtschaftlich nachteilig auswirkt, macht die Vereinbarung nicht zu einem Vertrag zu Lasten Dritter im Rechtssinne (Staudinger/Jagmann, BGB [2004], Vorbem. zu §§ 328 ff., Rdn. 45; Mayer, MittBayNot 2002, 152, 153; Krauß, DNotZ 2002, 706, 710).
9
Auf diese Aussage beschränkt sich indes die Richtigstellung. Aus ihr ergibt sich nicht, ob eine solche Vereinbarung aus anderen Gründen, nämlich wegen Verstoßes gegen die guten Sitten, § 138 Abs. 1 BGB, nichtig ist (bejahend Schwarz, ZEV 1997, 309, 314 [„in der Regel“]; Littig/Mayer, Sozialhilferegress und lebzeitige Zuwendungen, Rdn. 141; Wahl, Vertragliche Versorgungsrechte in Übergabeverträgen und sozialrechtliche Ansprüche, Diss. Bayreuth 1989, S. 291). Diese Frage hat der Senat bisher nicht entschieden.
10
2. Die Frage der Sittenwidrigkeit nach § 138 Abs. 1 BGB beurteilt sich danach, ob der Ausschluss von Zahlungsansprüchen mit der Folge, dass der Sozialhilfeträger eintreten muss, nach Inhalt, Beweggrund und Zweck in einer Weise zu missbilligen ist, dass es dem Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden widerspricht (vgl. Schwarz, JZ 1997, 545; Krauß, MittBayNot 1992, 77, 81). Das ist im vorliegenden Fall nicht anzunehmen.
11
a) Durch die Übertragung auf den Beklagten steht das Hausgrundstück nicht mehr zur Deckung der Kosten zur Verfügung, die durch die Heimunterbringung des Vaters des Beklagten entstehen. Das ist, für sich genommen, kein von der Rechtsordnung missbilligter Vorgang. Dieselbe Rechtsfolge träte nämlich ein, wenn der Vater des Beklagten diesem sein Hausgrundstück seinerzeit geschenkt hätte, ohne sich Kost und Logis durch den Beklagten vorzubehalten. Auch eine solche Schenkung kann bei einer Verarmung des Schenkers dazu führen, dass er mit seinen Mitteln seine Unterbringung und Pflege im Alter nicht mehr bestreiten kann. Diese mögliche Folge einer Schenkung führt nach der Wertung des Gesetzgebers nicht zu der sittlichen Missbilligung der Schenkung als solcher und nicht zu deren Nichtigkeit. Die Folge ist vielmehr, dass der Schenker, bei Überleitung nach § 93 SGB XII der zuständige Sozialhilfeträger, im Falle der späteren Verarmung das Geschenk nach Maßgabe von § 528 Abs. 1 BGB zurückfordern kann und so eine Inanspruchnahme der Allgemeinheit für den Notbedarf des Schenkers verhindert wird (vgl. BGHZ 137, 76, 82). Der An- spruch aus § 528 Abs. 1 BGB ist nach § 529 Abs. 1 BGB auf zehn Jahre befristet. Auch das ist Teil der Wertung des Gesetzgebers und führt dazu, dass eine Schenkung auch dann sittlich nicht zu beanstanden ist, wenn der Schenker mehr als zehn Jahre danach verarmt und keinen (nach § 93 SGB XII überleitbaren ) Anspruch auf Rückforderung des Geschenks mehr hat. Diese Wertung muss im Ausgangspunkt erst recht gelten, wenn es sich nicht um eine reine Schenkung handelt, der Schenker vielmehr, wie hier, für die Übertragung eines Hausgrundstücks zwar kein vollwertiges Entgelt, aber immerhin doch eine gewisse Gegenleistung in der Form eines Anspruchs auf Kost und Logis erhält.
12
b) Die unentgeltliche Übertragung eines Hausgrundstücks bei beschränkter Gewährung von Kost und Logis kann deshalb nur bei Hinzutreten weiterer Umstände sittlich zu missbilligen und nach § 138 Abs. 1 BGB nichtig sein. Solche Umstände liegen hier nicht vor.
13
Die Gegenleistung, die der Beklagte für die Übertragung des Hausgrundstücks übernommen hat, ist auf Sachleistungen beschränkt, die er persönlich auf dem Grundstück erbringen konnte. Dies geschah, wie das Berufungsgericht festgestellt hat, ganz bewusst und beruhte auf der nachvollziehbaren und auch nicht zu missbilligenden Erwägung, dass solche Sachleistungen von dem Übernehmer zumeist, und so auch hier, eher erbracht werden können als Geldzahlungen.
14
Übergabeverträge wie der Vertrag vom 22. Dezember 1993 nehmen in der Regel eine Erbfolge vorweg und haben den Charakter einer gemischten Schenkung. Der Übernehmer ist zwar, schon im Hinblick auf die engen persönlichen Beziehungen, bereit, Versorgungsleistungen wie Unterbringung, Beköstigung und Pflege zu erbringen. Er nimmt jedoch lediglich den damit verbunde- nen relativ geringen finanziellen Aufwand in Kauf, möchte seine Lebensführung aber nicht mit zusätzlichen Zahlungsverpflichtungen belasten. Eine von solchen Beweggründen getragene Regelung ist - ohne Hinzutreten besonderer Umstände - nicht unanständig und verstößt daher nicht gegen die guten Sitten, auch wenn sie zur Folge haben kann, dass der Träger der Sozialhilfe eintreten muss (vgl. auch Krauß, MittBayNot 1992, 77, 80 f.).
15
c) Der Umstand, dass das Haus infolge der Übertragung an den Beklagten nicht mehr als Vermögensgegenstand zur Verfügung steht, der für die Heimunterbringungskosten verwertet werden könnte, spielt entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts für die Frage der Sittenwidrigkeit keine Rolle. Den Vater des Beklagten traf keine Verpflichtung, über die Leistungen an die gesetzliche Rentenversicherung hinaus für sein Alter vorzusorgen. Er war in seiner Entscheidung frei, das Haus gegen eine Gegenleistung zu übertragen, die dessen Wert nicht erreichte; er hätte es auch ohne Gegenleistung übertragen können. Solche allein ihm vorbehaltenen Entscheidungen bilden keinen Anknüpfungspunkt für Überlegungen zur Sittenwidrigkeit.
16
d) Auch soweit das Berufungsgericht zu den Fällen sittenwidriger Unterhaltsverzichte Parallelen zieht, ist ihm nicht zu folgen. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann ein ehevertraglicher Verzicht auf nachehelichen Unterhalt mit der Folge, dass der Träger der Sozialhilfe belastet wird, nach § 138 Abs. 1 BGB sittenwidrig sein, wenn die Vertragsschließenden bewusst eine Unterstützungsbedürftigkeit zu Lasten der Sozialhilfe herbeiführen (BGH, Urt. v. 9. Juli 1992, XII ZR 57/91, NJW 1992, 3164; Urt. v. 25. Oktober 2006, XII ZR 144/04, NJW 2007, 904, 905; Urt. v. 5. November 2008, XII ZR 157/06, Rdn. 35 ff., zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt). Diese Fallgestaltung ist mit dem hier zu beurteilenden Sachverhalt indes nicht vergleichbar. Aus ihr können daher entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung keine Argumente für Annahme einer Sittenwidrigkeit gewonnen werden.
17
aa) Die Ansprüche des geschiedenen Ehegatten auf Unterhalt beruhen auf Gesetz. Sie sind geregelt in den Vorschriften der §§ 1570 ff. BGB und sichern den Bedürftigen davor, der Sozialhilfe anheim zu fallen. Die Ehegatten können für den nachehelichen Unterhalt allerdings abweichende Vereinbarungen treffen, § 1585c BGB. Das folgt aus ihrem Recht, die ehelichen Lebensverhältnisse eigenverantwortlich entsprechend ihren individuellen Vorstellungen und Bedürfnissen zu gestalten (BGH, Urt. v. 5. November 2008, aaO, Rdn. 22). Diese Gestaltungsfreiheit ist begrenzt. Sie ist unbedenklich, soweit die Vereinbarungen nur den individuellen Verhältnissen Rechnung tragen. Anders ist es, wenn die Folgen darüber hinausgehen und die gesetzliche Konzeption insgesamt in eine Schieflage gerät. Das ist im Regelfall anzunehmen, wenn ein Verzicht auf Unterhaltsleistungen zur Bedürftigkeit des Verzichtenden führt. Denn für ihn muss dann der Sozialhilfeträger eintreten, wozu es ohne den Eingriff in die gesetzliche Regelung nicht käme. Der Nachranggrundsatz der öffentlichen Hilfe würde unterlaufen. Das verstößt gegen die guten Sitten, sofern nicht ausnahmsweise Umstände vorliegen, die die Vertragsgestaltung sittlich gerechtfertigt erscheinen lassen (BGH, Urt. v. 5. November 2008, aaO, Rdn. 39).
18
bb) In dem hier zu entscheidenden Fall geht es nicht um den Verzicht auf gesetzliche Unterhaltsansprüche. Die Parteien des Übertragungsvertrages haben es lediglich (allerdings ausdrücklich) unterlassen, für den Fall der Pflegebedürftigkeit des Übergebers, Ansprüche auf Zahlung von Geld zu begründen, wenn eine Versorgung durch Gewährung von Unterkunft und häuslicher Pflege nicht mehr möglich oder ausreichend sein würde. Sie haben damit keine bestehenden Ansprüche abbedungen und auch nicht in ein gesetzliches Konzept zum Nachteil des Trägers von Sozialleistung eingegriffen. Soweit der Kläger Leistungen für den Vater des Beklagten erbracht hat, sind dessen Unterhaltsansprüche gemäß § 94 SGB XII auf ihn übergegangen. Der Nachranggrundsatz der öffentlichen Hilfe ist nicht berührt (vgl. Mayer, MitBayNot 2002, 152, 153).

III.

19
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91 Abs. 1, 101 ZPO.
Krüger Klein Lemke Schmidt-Räntsch Roth
Vorinstanzen:
AG Bamberg, Entscheidung vom 18.04.2007 - 104 C 2429/06 -
LG Bamberg, Entscheidung vom 20.06.2008 - 3 S 51/07 -

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Urteil, 06. Feb. 2009 - V ZR 130/08

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Referenzen - Gesetze

Zivilprozessordnung - ZPO | § 91 Grundsatz und Umfang der Kostenpflicht


(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung um

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 138 Sittenwidriges Rechtsgeschäft; Wucher


(1) Ein Rechtsgeschäft, das gegen die guten Sitten verstößt, ist nichtig. (2) Nichtig ist insbesondere ein Rechtsgeschäft, durch das jemand unter Ausbeutung der Zwangslage, der Unerfahrenheit, des Mangels an Urteilsvermögen oder der erheblichen W

Sozialgesetzbuch (SGB) Zwölftes Buch (XII) - Sozialhilfe - (Artikel 1 des Gesetzes vom 27. Dezember 2003, BGBl. I S. 3022) - SGB 12 | § 94 Übergang von Ansprüchen gegen einen nach bürgerlichem Recht Unterhaltspflichtigen


(1) Hat die leistungsberechtigte Person für die Zeit, für die Leistungen erbracht werden, nach bürgerlichem Recht einen Unterhaltsanspruch, geht dieser bis zur Höhe der geleisteten Aufwendungen zusammen mit dem unterhaltsrechtlichen Auskunftsanspruch

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 528 Rückforderung wegen Verarmung des Schenkers


(1) Soweit der Schenker nach der Vollziehung der Schenkung außerstande ist, seinen angemessenen Unterhalt zu bestreiten und die ihm seinen Verwandten, seinem Ehegatten, seinem Lebenspartner oder seinem früheren Ehegatten oder Lebenspartner gegenüber
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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V ZB 48/02
vom
23. Januar 2003
in dem Rechtsstreit
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 23. Januar 2003 durch die
Richter Tropf, Prof. Dr. Krüger, Dr. Klein, Dr. Gaier und Dr. Schmidt-Räntsch

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde der Antragstellerin werden der Beschluß des 9. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 15. Juli 2002 und der Beschluß der 1. Zivilkammer des Landgerichts Kleve - Einzelrichterin - vom 24. Mai 2002 - soweit zum Nachteil der Antragstellerin ergangen - aufgehoben.
Der Antragstellerin wird unter Beiordnung von Rechtsanwalt Herfurth über den zuerkannten Umfang hinaus Prozeßkostenhilfe für den Klageantrag gemäß Schriftsatz vom 3. April 2002 bewilligt.

Gründe:

I.


Mit notariellem Vertrag vom 22. Januar 1972 verpflichtete sich die Antragstellerin , ihren Grundbesitz, bestehend aus einem Zweifamilienhaus und landwirtschaftlichen Flächen, auf ihren Sohn zu übertragen. Dieser räumte der Antragstellerin als Gegenleistung u.a. ein lebenslängliches "Altenteil" ein. Dazu gehört ein Wohnungsrecht an zwei Räumen im Erdgeschoß des Zweifamilienhauses mit einem Mitbenutzungsrecht am Bad, ein Beköstigungsrecht und ein Anspruch auf Erbringung sämtlicher häuslicher Arbeiten sowie eine Betreuung und Pflege in gesunden und kranken Tagen, "solange kein Krankenhausauf-
enthalt notwendig wird". Ferner verpflichtete sich der Übernehmer zur Zahlung einer monatlichen Leibrente. Die Antragsgegnerin, die Ehefrau des zwischenzeitlich verstorbenen Sohnes der Antragstellerin, übernahm die gesamtschuldnerische Mitverpflichtung hinsichtlich der Altenteilsleistungen.
Seit Dezember 1999 befindet sich die Antragstellerin wegen Altersdemenz in einem Altenheim, wo sie Heim- und Pflegeleistungen auf der Grundlage der Pflegestufe II erhält.
Die Antragstellerin ist der Ansicht, daß ihr anstelle der von der Antragsgegnerin nicht mehr zu erbringenden Sachleistungen ein Anspruch auf Herausgabe der nunmehr ersparten Aufwendungen zustehe. Diese errechnet sie unter Zugrundelegung der sich aus der Sachbezugsverordnung (vom 19. Dezember 1994, BGBl. I S. 3849) ergebenden Werte der Sachbezüge in der Sozialversicherung zuzüglich der vereinbarten Leibrente mit insgesamt monatlich 982,13 zahlt die Antragsgegnerin diesen Betrag. Für den Zeitraum von Dezember 1999 bis Dezember 2001 beträgt der geltend ! " # $ # %# & ' gemachte Anspruch danach 24.553,25 # (! ) , - . - . !( / " #10!2 3 4./ $< +=> : $ @?BA 3.183,61 +* * 65 7 8 9:7 ; chte die Antragstellerin mit der Klage einfordern.
Das Landgericht hat dem Prozeßkostenhilfeantrag nur in Höhe von ./ $< C=D ' $ FEHGI '/ ! J LK (! .?M/ N4 / $ (! ?M/ O +4IP 5.137,50 * 8 8%8 * stattgegeben. Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin ist ohne Erfolg geblieben. Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt sie ihren Antrag, soweit ihm nicht entsprochen worden ist, weiter.

II.


Die Rechtsbeschwerde ist begründet. Die Auffassung des Beschwerdegerichts , die beabsichtigte Klage biete hinsichtlich der auf die ersparten Aufwendungen bezogenen Forderung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg (§ 114 ZPO), hält einer rechtlichen Prüfung nicht stand. Abgesehen davon, daß das Beschwerdegericht Prozeßkostenhilfe schon deswegen hätte bewilligen müssen, weil es den Rechtsfragen eine Bedeutung zugemessen hat, die es zur Zulassung der Rechtsbeschwerde veranlaßt hat (Senat, Beschluß v. 21. November 2002, V ZB 40/02, zur Veröffentl. vorgesehen), ist seine Auslegung des notariellen Vertrages vom 22. Januar 1972 dahin, daß der Übernehmer von den übernommenen Altenteilsleistungen mit Ausnahme der Leibrentenverpflichtung frei werden sollte, wenn die Sachleistungen nicht mehr erbracht werden konnten, weil die Antragstellerin dauerhaft in einem Pflegeheim unterzubringen war, rechtsfehlerhaft.
1. Der Wortlaut des Vertrages stützt die Auslegung des Beschwerdegerichts nicht. Das Beschwerdegericht erkennt selbst, daß eine Betreuungs- und Pflegeverpflichtung nur entfallen sollte, wenn und solange ein Krankenhausaufenthalt notwendig würde. Es nimmt weiter ohne Rechtsfehler an, daß ein dauernder Aufenthalt in einem Pflegeheim nicht mit einem Krankenhausaufenthalt gleichzusetzen ist. Damit ist der hier vorliegende Fall, daß die Erbringung von Sachleistungen deswegen nicht mehr in Betracht kommt, weil der Berechtigten Unterbringung, Beköstigung und Pflege in einem Pflege- und Altenheim zuteil wird, nicht geregelt.
2. Soweit das Beschwerdegericht meint, diese Lücke sei nach §§ 157, 133 BGB dahin zu schließen, daß in der Regelung zum Krankenhausaufenthalt ein genereller Wille der Parteien erkennbar werde, daß eine Zahlungspflicht nicht gewollt gewesen sei, soweit Pflegeleistungen objektiv unmöglich geworden seien, widerspricht dies dem Gebot einer interessegerechten Vertragsauslegung (vgl. Senat, Urt. v. 1. Oktober 1999, V ZR 168/98, WM 1999, 2513, 2514; Urt. v. 21. September 2001, V ZR 14/01, WM 2002, 598, 599, jew. m.w.N.). Das Beschwerdegericht trägt nämlich dem aus der vertraglichen Regelung insgesamt zum Ausdruck gekommenen Willen der Parteien nicht hinreichend Rechnung, der Antragstellerin durch die Altenteilsrechte eine umfassende Altersversorgung zu gewähren. Wohnung, Beköstigung, häusliche Dienste, Pflege und Taschengeld (Leibrente) sind geschuldet. Das zeigt, daß die Antragstellerin nicht auf die Inanspruchnahme von Sozialleistungen verwiesen, sondern umfassend von der Familie versorgt werden sollte. Von der Interessenlage her weist der vorliegende Fall daher keine grundlegenden Unterschiede zu dem Fall auf, den der Senat mit Urteil vom 21. September 2001 (V ZR 14/01, WM 2002, 598) entschieden hat. Mag hier auch kein Hof übertragen worden sein, aus dem die Altenteilsleistungen zu erwirtschaften waren, so liegt das Charakteristische hier wie dort darin, daß die Antragstellerin ihren Grundbesitz im Wege vorweggenommener Erbfolge auf ihren Sohn übertrug, um im Gegenzug wegen aller ihrer Grundbedürfnisse für den Lebensabend abgesichert zu sein. Daß hiervon die Betreuung und Pflege bei Krankenhausaufenthalten ausgenommen wurde, erklärt sich daraus, daß insoweit die Dienste des Krankenhauses zur Verfügung stehen und vermutlich - Feststellungen dazu fehlen allerdings - durch eine Versicherung gedeckt sind. Aus dieser auf den Einzelfall zugeschnittenen Regelung können generalisierende Aussagen nicht hergeleitet werden.

Soweit der Senat in der Entscheidung vom 21. September 2001 (V ZR 14/01, WM 2002, 598, 599) seine Bewertung auch darauf gestützt hat, daß eine Regelung, die den Altenteilsverpflichteten frei werden läßt, wenn der Berechtigte auf Dauer in einem Pflegeheim untergebracht wird, mit Rücksicht auf die Unzulässigkeit eines Vertrages zu Lasten Dritter leer liefe, bedarf dies der Richtigstellung. Ein Vertrag zu Lasten Dritten im Rechtssinne steht hier nicht in Rede. Der Vertrag - wie ihn das Beschwerdegericht auslegt - begründet nicht Verpflichtungen Dritter, also des Sozialhilfeträgers. Er hätte aber wirtschaftlich die Folge, daß der Sozialhilfeträger, soweit auch gesetzliche Unterhaltsansprüche nicht gegeben oder nicht durchsetzbar sind, einspringen müßte. Ein solches Ergebnis - so der Kern der früheren Senatsentscheidung - entsprach nicht dem geäußerten Willen der damaligen Vertragsparteien. Das gleiche gilt, wie dargelegt, im vorliegenden Fall.
Die Vertragslücke ist daher in der Weise zu schließen, daß sich - ursprünglich neben dem Sohn der Antragstellerin - die mithaftende Antragsgegnerin hinsichtlich der Leistungen, die infolge der Heimunterbringung nicht mehr in Natur erbracht werden können, in Höhe der ersparten Aufwendungen an den Pflegekosten zu beteiligen hat (vgl. Senat, aaO, 599; Beschl. v. 21. November 2002, V ZB 40/02, zur Veröffentl. vorgesehen). Darin liegt - entgegen der Auffassung des Beschwerdegerichts - keine Erweiterung des Vertragsgegenstandes über die von den Parteien eingegangene Bindung hinaus. An die Stelle der nicht mehr zu erbringenden Sachleistungen treten Zahlungsverpflichtungen , die den Wert der Sachleistungen nicht nur nicht überschreiten , vielmehr nur den Wert der ersparten Aufwendungen für die an sich geschuldeten Sachleistungen abschöpfen.

3. Über die Höhe der ersparten Beträge braucht im Prozeßkostenhilfeverfahren nicht abschließend Stellung genommen zu werden. Die Festlegung obliegt dem Tatrichter. Von vornherein unschlüssig sind die geltend gemachten Ansätze nicht. Allerdings können auch hinsichtlich des Wohnungsrechts nur die tatsächlich ersparten Aufwendungen, etwa für Wasser, Strom und Heizung sowie für in zeitlichen Abständen anfallende Maßnahmen zur Unterhaltung der Wohnung, verlangt werden, nicht hingegen der Sachwert des Wohnungsrechts selbst. Hier sind Abzüge von dem bisher geltend gemachten Betrag denkbar, die von dem Prozeßgericht im einzelnen festzulegen sind, die aber im gegenwärtigen Verfahrensstadium einer Bewilligung von Prozeßkosten nicht entgegenstehen , zumal zweifelhaft ist, ob hierdurch eine Gebührenstufe erreicht wird (vgl. Zöller/Philippi, ZPO, 23. Aufl., § 114 Rdn. 23 a).
Tropf Krüger Klein Gaier Schmidt-Räntsch

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 14/01 Verkündet am:
21. September 2001
K a n i k ,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Kann der Übernehmer die in einem Übergabevertrag vereinbarte Verpflichtung zur
umfassenden Pflege des Übergebers wegen dessen medizinisch notwendiger Unterbringung
in einem Pflegeheim nicht mehr erfüllen, muß er ohne entsprechende
Abrede die Kosten der Heimunterbringung nicht tragen; wohl aber muß er sich an
ihnen in Höhe seiner ersparten Aufwendungen beteiligen.
BGH, Urt. v. 21. September 2001 - V ZR 14/01 - OLG Hamm
LG Bielefeld
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 21. September 2001 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Wenzel, die
Richterin Dr. Lambert-Lang und die Richter Prof. Dr. Krüger, Dr. Lemke und
Dr. Gaier

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 5. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 9. November 2000 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Mit notariell beurkundetem Vertrag vom 13. Oktober 1983 erhielt die Beklagte von ihrer Groûmutter, die Hofvorerbin war, im Wege der vorweggenommenen Erbfolge den Hof M. in V. übertragen; der Vater der Beklagten stimmte als Hofnacherbe dieser Übertragung zu. Die Beklagte übernahm sämtliche im Grundbuch eingetragenen Rechte einschlieûlich der schuldrechtlichen Verpflichtungen sowie die auûerhalb des Grundbuchs bestehenden persönlichen Verbindlichkeiten, die im Zusammenhang mit der Bewirtschaftung des Hofs
angefallen waren. Für die Groûmutter und den Vater bestellte die Beklagte als "Altenteile" bezeichnete Rechte (Wohnrechte, verbunden mit einer umfassenden Pflegepflicht), zu denen es in dem Vertrag u.a. heiût:
"Die Erschienene zu 2 (= Beklagte) verpflichtet sich den Erschienenen zu 1 und 3 (= Groûmutter und Vater) gegenüber, diesen Hege und Pflege in gesunden und kranken Tagen angedeihen zu lassen und für den Fall einer bestehenden Notwendigkeit auch für die Gestellung einer Pflegeperson zu sorgen, so daû dadurch eine umfassende Pflege und Versorgung der Erschienenen zu 1 und 3 gewährleistet ist. Zu dem Recht auf Pflege zählen auch der freie Bezug von Arzneimitteln, ärztliche Versorgung und freier Krankenhausaufenthalt, sofern solche Leistungen nach ärztlichen Anordnungen notwendig werden. Sämtliche vorstehenden Verpflichtungen der Erschienenen zu 2 in bezug auf etwaige Kranken- und Heilbehandlungsmaûnahmen greifen jedoch erst dann ein, wenn die anfallenden Kosten von der gesetzlichen Krankenversicherung der Erschienenen zu 1 und 3 nicht oder nicht mehr in vollem Umfang getragen werden."
Die Groûmutter der Beklagten verstarb in der Folgezeit. Der Vater zog im Jahr 1984 aus seiner Wohnung auf dem Hof aus. Im März 1989 wurde er zur stationären Pflege in ein Seniorenheim aufgenommen. Da seine Rente zur Begleichung der Pflegekosten nicht ausreichte, zahlte der Kläger den Differenzbetrag. Er leitete deswegen eine Reihe von Ansprüchen des Pflegebedürftigen gegen die Beklagte auf sich über. Das von der Beklagten hiergegen angestrengte verwaltungsgerichtliche Verfahren war für sie erfolglos.
Am 24. November 1995 verstarb der Vater der Beklagten in dem Pflegeheim.
Der auf Erstattung von Pflegekosten in Höhe von 28.160,30 DM für die Zeit von Januar 1993 bis Oktober 1993 gerichteten Klage hat das Landgericht stattgegeben. Das Oberlandesgericht hat sie abgewiesen. Dagegen richtet sich die - zugelassene - Revision des Klägers, deren Zurückweisung die Beklagte beantragt.

Entscheidungsgründe:

I.


Das Berufungsgericht verneint eine aus dem Hofübergabevertrag folgende Verpflichtung der Beklagten, dem Kläger die ungedeckten Kosten der Heimunterbringung zu erstatten. Die Erklärungen der Vertragsparteien lieûen nämlich nur den Schluû zu, daû die Beklagte für Pflegekosten, die auûerhalb des Hofes und nicht in einem Krankenhaus anfielen, nicht aufkommen sollte. Weiter besteht nach Auffassung des Berufungsgerichts kein übergeleiteter Anspruch des Klägers aus Art. 96 EGBGB in Verbindung mit Art. 15 § 9 PrAGBGB, weil kein Altenteilsvertrag im Sinne der letztgenannten Vorschrift vereinbart worden sei; eine generationsübergreifende Nutzung des Grundstücks als Existenzgrundlage sei nämlich nicht erkennbar. Auch ergebe sich ein Zahlungsanspruch des Klägers nicht nach den Grundsätzen des Wegfalls der Geschäftsgrundlage; denn die für die Festsetzung der vereinbarten Leistungen maûgeblichen Verhältnisse hätten sich seit Vertragsschluû nicht wesentlich verändert. Schlieûlich bestünden auch keine bereicherungsrechtlichen Ansprüche des Klägers, da die Beklagte nichts ohne Rechtsgrund erlangt habe.

II.


Das hält einer revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand.
1. Falls das Berufungsgericht, wie es in seinem Urteil anklingt, davon ausgeht, daû der Vertrag vom 13. Oktober 1983 hinsichtlich der Pflegeverpflichtung der Beklagten eindeutig und deswegen nicht auslegungsfähig sei, wäre das fehlerhaft. Der Annahme, die Beklagte werde bei einer Unterbringung ihres Vaters in einem Pflegeheim von sämtlichen ihm gegenüber übernommenen Verpflichtungen frei, weil der Vertrag keine ausdrückliche Regelung für den Fall der Heimunterbringung enthält, läge ein falsches Verständnis von der Vermutung der Richtigkeit und Vollständigkeit notarieller Urkunden zugrunde. Sie erstreckt sich nämlich nur auf die vollständige (und richtige) Wiedergabe der getroffenen Vereinbarungen (Senatsurt. v. 1. Februar 1985, V ZR 180/83, WM 1985, 699 f m.w.N.), besagt jedoch nichts über den Vertragswillen der Parteien; der muû nach allgemeinen Grundsätzen (§§ 133, 157 BGB) ermittelt werden. Anderenfalls wäre eine ergänzende Vertragsauslegung niemals möglich , weil mit einer Vollständigkeitsvermutung in dem vom Berufungsgericht eventuell verstandenen Sinn jede Vertragslücke zu verneinen wäre. Es liegt auf der Hand, daû das nicht richtig sein kann.
2. Jedenfalls ist die Vertragsauslegung des Berufungsgerichts fehlerhaft.

a) Die Auslegung einzelvertraglicher Regelungen durch das Berufungsgericht kann vom Revisionsgericht insoweit nachgeprüft werden, als gesetzliche Auslegungsregeln, anerkannte Auslegungsgrundsätze, Denkgesetze, Erfahrungssätze oder Verfahrensvorschriften verletzt worden sind (st.Rspr., s. nur
Senatsurt. v. 1. Oktober 1999, V ZR 168/98, WM 1999, 2513, 2514 m.w.N.). Zu den anerkannten Auslegungsgrundsätzen gehört die Berücksichtigung der Interessenlage der Vertragspartner (Senatsurt. v. 1. Oktober 1999, aaO). Dagegen hat das Berufungsgericht verstoûen. Seine Auslegung läuft darauf hinaus, daû die Vertragspartner hinsichtlich der Verpflichtung zur Tragung der Kosten für die Unterbringung des Vaters der Beklagten in einem Pflegeheim einen Vertrag zu Lasten Dritter, nämlich des zuständigen Trägers der Sozialhilfe, abgeschlossen haben. Das ist jedoch sinnlos; denn solche Verträge kennt unsere Rechtsordnung nicht (BGHZ 78, 369, 374 f). Nach der allgemeinen Lebenserfahrung ist aber anzunehmen, daû eine vertragliche Bestimmung nach dem Willen der Parteien einen bestimmten rechtserheblichen Inhalt haben soll; deswegen ist bei mehreren an sich möglichen Auslegungen derjenigen der Vorzug zu geben, bei welcher der Vertragsnorm eine tatsächliche Bedeutung zukommt, wenn sich diese Regelung ansonsten als (teilweise) sinnlos erweisen würde (Senatsurt. v. 1. Oktober 1999, aaO). Möglich ist hier auch die Auslegung , daû die Klägerin für den Fall der Unterbringung ihres Vaters in einem Pflegeheim nicht von allen aus dem "Altenteil" folgenden Verpflichtungen befreit werden sollte.

b) Die Auslegung des Berufungsgerichts verletzt auch die Interessenlage des Vaters der Beklagten. Es ist allgemein bekannt, daû bei der Hofübergabe im Wege der vorweggenommenen Erbfolge der Übergeber sich deswegen von dem Übernehmer ein umfangreiches Pflegerecht zusagen läût, damit er weiterhin auf dem Hof leben und dort versorgt werden kann; falls aus gesundheitlichen Gründen eine Unterbringung auûerhalb des Hofes erforderlich wird, soll der Übernehmer die - von einer Versicherung nicht gedeckten - Kosten tragen. Die Vorstellung, zum "Sozialfall" zu werden, ist in bäuerlichen Kreisen
geradezu unerträglich. Das galt im Jahr 1983 vielleicht in einem noch höheren Maû als heute. Jedenfalls schwebten damals (zumindest) dem Vater der Beklagten diese allgemein gültigen Sichtweisen bei dem Abschluû des Hofübergabevertrags vor; das zeigt die Aufnahme der Regelungen über die umfassende Pflege und Versorgung einschlieûlich freier ärztlicher Versorgung und freiem Krankenhausaufenthalt.

c) Die Auslegung des Berufungsgerichts hat deshalb keinen Bestand. Weitere tatsächliche Feststellungen kommen nicht mehr in Betracht. Das Revisionsgericht ist damit zu eigener Auslegung befugt. Sie führt dazu, daû die Beklagte in dem hier streitigen Zeitraum nicht von allen in dem Hofübergabevertrag übernommenen Verpflichtungen befreit war. Das bedeutet allerdings nicht, daû sie die vollen Kosten der Heimunterbringung ihres Vaters tragen muû. Eine solche Annahme läût zum einen die vertraglichen Regelungen über etwaige Kranken- und Heilbehandlungsmaûnahmen auûer acht. Danach sollte eine Zahlungspflicht der Beklagten nur insoweit bestehen, als die anfallenden Kosten von der gesetzlichen Krankenversicherung des Vaters nicht oder nicht mehr in vollem Umfang getragen wurden. Diesen Leistungen von dritter Seite sind für den Fall der Heimunterbringung die Renteneinkünfte des Vaters gleichzustellen; sie sind - in dem gesetzlich zulässigen Umfang - zuerst zur Bezahlung der Pflegeheimkosten einzusetzen. Zum anderen scheidet eine volle Kostentragungspflicht der Beklagten auch deswegen aus, weil die Vertragsparteien die Pflege des Vaters auf dem Hof vereinbart hatten; die Beklagte muûte somit nur die dadurch anfallenden Kosten tragen. Das hat zur Folge, daû sie zu den Heimkosten nur einen Betrag in Höhe der eigenen ersparten Aufwendungen beizutragen hat. Damit ist gewährleistet, daû sie durch die Heimunterbringung finanziell weder zusätzlich belastet noch ungerechtfer-
tigt, weil auf Kosten der Allgemeinheit, entlastet wird. Dieser Gesichtspunkt ist im übrigen auch dann zu beachten, wenn man von der Auslegung des Berufungsgerichts ausgeht; sie betrifft nämlich nur die Frage der Übernahme der Heimkosten und besagt nichts über die ersparten Aufwendungen der Beklagten für die Pflege auf dem Hof.
4. Der Umstand, daû der Vater bereits im Jahr 1984 aus seiner Wohnung auf dem Hof ausgezogen ist, ändert nichts an der Verpflichtung der Beklagten. Zumindest für den hier streitigen Zeitraum steht nämlich nach dem vom Landgericht eingeholten Sachverständigengutachten die medizinische Notwendigkeit der Unterbringung des Vaters in einem Pflegeheim fest; die Beklagte konnte ihrer Pflegeverpflichtung auf dem Hof selbst unter Hinzuziehung einer Pflegeperson nicht mehr nachkommen. Deshalb scheidet die Annahme eines Verzichts des Vaters auf Leistungen der Beklagten von vornherein aus.

III.


Nach alledem kommt es auf die Erwägungen des Berufungsgerichts zu Ansprüchen gegen die Beklagte nach Art. 96 EGBGB in Verbindung mit Art. 15 § 9 PrAGBGB und den Grundsätzen des Wegfalls der Geschäftsgrundlage sowie auf die dagegen gerichteten Revisionsangriffe nicht mehr an. Beide Ansprüche scheiden im übrigen - auch nach dem vom Berufungsgericht eingeschlagenen Lösungsweg - bereits wegen der vorrangigen vertraglichen Regelung aus.

IV.


Das Berufungsurteil ist somit aufzuheben (§ 564 Abs. 1 ZPO). Die Sache ist zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 565 Abs. 1 Satz 1 ZPO), damit es ermitteln kann, welche Aufwendungen die Beklagte für die Pflege auf dem Hof in dem hier streitigen Zeitraum dadurch erspart hat, daû ihr Vater in dem Pflegeheim untergebracht war.
Vorsitzender Richter am BGH Dr. Wenzel und Richterin am BGH Dr. Lambert-Lang sind infolge Krankheit an der Unterschriftsleistung gehindert. Krüger Krüger Lemke Gaier

(1) Ein Rechtsgeschäft, das gegen die guten Sitten verstößt, ist nichtig.

(2) Nichtig ist insbesondere ein Rechtsgeschäft, durch das jemand unter Ausbeutung der Zwangslage, der Unerfahrenheit, des Mangels an Urteilsvermögen oder der erheblichen Willensschwäche eines anderen sich oder einem Dritten für eine Leistung Vermögensvorteile versprechen oder gewähren lässt, die in einem auffälligen Missverhältnis zu der Leistung stehen.

(1) Hat eine leistungsberechtigte Person oder haben bei Gewährung von Hilfen nach dem Fünften bis Neunten Kapitel auch ihre Eltern, ihr nicht getrennt lebender Ehegatte oder ihr Lebenspartner für die Zeit, für die Leistungen erbracht werden, einen Anspruch gegen einen anderen, der kein Leistungsträger im Sinne des § 12 des Ersten Buches ist, kann der Träger der Sozialhilfe durch schriftliche Anzeige an den anderen bewirken, dass dieser Anspruch bis zur Höhe seiner Aufwendungen auf ihn übergeht. Er kann den Übergang dieses Anspruchs auch wegen seiner Aufwendungen für diejenigen Leistungen des Dritten und Vierten Kapitels bewirken, die er gleichzeitig mit den Leistungen für die in Satz 1 genannte leistungsberechtigte Person, deren nicht getrennt lebenden Ehegatten oder Lebenspartner und deren minderjährigen unverheirateten Kindern erbringt. Der Übergang des Anspruchs darf nur insoweit bewirkt werden, als bei rechtzeitiger Leistung des anderen entweder die Leistung nicht erbracht worden wäre oder in den Fällen des § 19 Abs. 5 Aufwendungsersatz oder ein Kostenbeitrag zu leisten wäre. Der Übergang ist nicht dadurch ausgeschlossen, dass der Anspruch nicht übertragen, verpfändet oder gepfändet werden kann.

(2) Die schriftliche Anzeige bewirkt den Übergang des Anspruchs für die Zeit, für die der leistungsberechtigten Person die Leistung ohne Unterbrechung erbracht wird. Als Unterbrechung gilt ein Zeitraum von mehr als zwei Monaten.

(3) Widerspruch und Anfechtungsklage gegen den Verwaltungsakt, der den Übergang des Anspruchs bewirkt, haben keine aufschiebende Wirkung.

(4) Die §§ 115 und 116 des Zehnten Buches gehen der Regelung des Absatzes 1 vor.

(1) Soweit der Schenker nach der Vollziehung der Schenkung außerstande ist, seinen angemessenen Unterhalt zu bestreiten und die ihm seinen Verwandten, seinem Ehegatten, seinem Lebenspartner oder seinem früheren Ehegatten oder Lebenspartner gegenüber gesetzlich obliegende Unterhaltspflicht zu erfüllen, kann er von dem Beschenkten die Herausgabe des Geschenkes nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung fordern. Der Beschenkte kann die Herausgabe durch Zahlung des für den Unterhalt erforderlichen Betrags abwenden. Auf die Verpflichtung des Beschenkten findet die Vorschrift des § 760 sowie die für die Unterhaltspflicht der Verwandten geltende Vorschrift des § 1613 und im Falle des Todes des Schenkers auch die Vorschrift des § 1615 entsprechende Anwendung.

(2) Unter mehreren Beschenkten haftet der früher Beschenkte nur insoweit, als der später Beschenkte nicht verpflichtet ist.

(1) Der Anspruch auf Herausgabe des Geschenkes ist ausgeschlossen, wenn der Schenker seine Bedürftigkeit vorsätzlich oder durch grobe Fahrlässigkeit herbeigeführt hat oder wenn zur Zeit des Eintritts seiner Bedürftigkeit seit der Leistung des geschenkten Gegenstandes zehn Jahre verstrichen sind.

(2) Das Gleiche gilt, soweit der Beschenkte bei Berücksichtigung seiner sonstigen Verpflichtungen außerstande ist, das Geschenk herauszugeben, ohne dass sein standesmäßiger Unterhalt oder die Erfüllung der ihm kraft Gesetzes obliegenden Unterhaltspflichten gefährdet wird.

(1) Hat eine leistungsberechtigte Person oder haben bei Gewährung von Hilfen nach dem Fünften bis Neunten Kapitel auch ihre Eltern, ihr nicht getrennt lebender Ehegatte oder ihr Lebenspartner für die Zeit, für die Leistungen erbracht werden, einen Anspruch gegen einen anderen, der kein Leistungsträger im Sinne des § 12 des Ersten Buches ist, kann der Träger der Sozialhilfe durch schriftliche Anzeige an den anderen bewirken, dass dieser Anspruch bis zur Höhe seiner Aufwendungen auf ihn übergeht. Er kann den Übergang dieses Anspruchs auch wegen seiner Aufwendungen für diejenigen Leistungen des Dritten und Vierten Kapitels bewirken, die er gleichzeitig mit den Leistungen für die in Satz 1 genannte leistungsberechtigte Person, deren nicht getrennt lebenden Ehegatten oder Lebenspartner und deren minderjährigen unverheirateten Kindern erbringt. Der Übergang des Anspruchs darf nur insoweit bewirkt werden, als bei rechtzeitiger Leistung des anderen entweder die Leistung nicht erbracht worden wäre oder in den Fällen des § 19 Abs. 5 Aufwendungsersatz oder ein Kostenbeitrag zu leisten wäre. Der Übergang ist nicht dadurch ausgeschlossen, dass der Anspruch nicht übertragen, verpfändet oder gepfändet werden kann.

(2) Die schriftliche Anzeige bewirkt den Übergang des Anspruchs für die Zeit, für die der leistungsberechtigten Person die Leistung ohne Unterbrechung erbracht wird. Als Unterbrechung gilt ein Zeitraum von mehr als zwei Monaten.

(3) Widerspruch und Anfechtungsklage gegen den Verwaltungsakt, der den Übergang des Anspruchs bewirkt, haben keine aufschiebende Wirkung.

(4) Die §§ 115 und 116 des Zehnten Buches gehen der Regelung des Absatzes 1 vor.

(1) Ein Rechtsgeschäft, das gegen die guten Sitten verstößt, ist nichtig.

(2) Nichtig ist insbesondere ein Rechtsgeschäft, durch das jemand unter Ausbeutung der Zwangslage, der Unerfahrenheit, des Mangels an Urteilsvermögen oder der erheblichen Willensschwäche eines anderen sich oder einem Dritten für eine Leistung Vermögensvorteile versprechen oder gewähren lässt, die in einem auffälligen Missverhältnis zu der Leistung stehen.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XII ZR 144/04 Verkündet am:
25. Oktober 2006
Küpferle,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Zur Frage, unter welchen Voraussetzungen ein ehevertraglicher Verzicht auf
nachehelichen Unterhalt den Träger der Sozialhilfe belastet und deshalb nach
§ 138 Abs. 1 BGB sittenwidrig ist.
BGH, Urteil vom 25. Oktober 2006 - XII ZR 144/04 - OLG München
AG Günzburg
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 25. Oktober 2006 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Hahne und die Richter
Sprick, Weber-Monecke, Prof. Dr. Wagenitz und Dose

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Antragsgegners wird das Urteil des 4. Zivilsenats - zugleich Familiensenat - des Oberlandesgerichts München, Zivilsenate in Augsburg, vom 29. Juni 2004 aufgehoben. Die Berufung der Antragstellerin gegen den Entscheidungssatz zu 3. im Endurteil des Amtsgerichts - Familiengericht - Günzburg vom 13. November 2003 wird zurückgewiesen. Die Antragstellerin trägt die Kosten der Rechtsmittelverfahren.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Antragstellerin begehrt - als Folgesache - im Wege der Stufenklage nachehelichen Unterhalt wegen Krankheit.
2
Der am 23. September 1970 geborene polnische Antragsgegner war im Mai 2000 aus Polen nach Deutschland eingereist; hier lernte er am 20. Juni 2000 die am 23. März 1955 geborene deutsche Antragstellerin kennen. Beide schlossen am 25. Juli 2000 miteinander die Ehe, nachdem sie am 21. Juli 2000 in einem Ehevertrag folgende Vereinbarungen getroffen hatten:
3
Für die güterrechtlichen Wirkungen der Ehe wählten die Parteien deutsches Recht und vereinbarten Gütertrennung. Für den Fall der Scheidung verzichteten sie wechselseitig auf jeglichen Unterhalt in allen Lebenslagen, auch in außergewöhnlichen und in Fällen der Not. Auch den Versorgungsausgleich schlossen sie aus.
4
Bei Abschluss des Vertrags ging die Antragstellerin keiner Erwerbstätigkeit nach; sie war wegen einer angeborenen Darmkrankheit erheblich erwerbsgemindert und bezog Sozialhilfe. Der Antragsgegner besaß keine Aufenthaltsund keine Arbeitserlaubnis; er wandte sich im August 2000 an das Sozialamt und erhielt Sozialhilfe. Die Antragstellerin erlitt am 23. Juli 2002 eine Gehirnblutung mit Störung des Sprachzentrums; sie kann eigene Angelegenheiten nicht mehr ohne fremde Hilfe wahrnehmen, ist erwerbsunfähig und lebt von Sozialhilfe.
5
Die kinderlose Ehe wurde durch Verbundurteil des Amtsgerichts geschieden (rechtskräftig seit 29. November 2003). Das Amtsgericht hat im Verbundurteil die Stufenklage auf nachehelichen Unterhalt abgewiesen. Auf die Berufung der Antragstellerin hat das Oberlandesgericht das amtsgerichtliche Urteil insoweit aufgehoben, den Antragsgegner verurteilt, Auskunft über seine Einkommens- und Vermögensverhältnisse im Jahre 2003 zu erteilen, und die Sache wegen der weiteren Stufen an das Amtsgericht zurückverwiesen. Mit der zugelassenen Revision erstrebt der Antragsgegner die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.

Entscheidungsgründe:

6
Das Rechtsmittel hat Erfolg.

I.

7
Das Oberlandesgericht geht - in Anwendung deutschen Rechts - davon aus, dass die Antragstellerin bei Leistungsfähigkeit des Antragsgegners von diesem Krankheitsunterhalt nach § 1572 Nr. 1 BGB beanspruchen könne. Der Ehevertrag stehe dem nicht entgegen, da er, wie sich aus dem Zusammenhang von Inhalt, Beweggrund und Zweck der Verzichtsvereinbarung ergebe, sittenwidrig sei.
8
Der Antragsgegner habe bei Vertragsschluss gewusst, dass die Antragstellerin aufgrund ihrer Krankheit für ihren Lebensbedarf auf die Hilfe Dritter angewiesen gewesen sei, dass als Dritter auch das Sozialamt in Betracht komme und dass infolge des Unterhaltsverzichts auch künftig der Dritte für den Unterhalt der Antragstellerin werde aufkommen müssen. Ebenso habe der Antragsgegner berechtigterweise damit gerechnet, nach der Eheschließung mit der deutschen Antragstellerin eine Aufenthalts- und Arbeitserlaubnis zu erhalten und damit über ein Einkommen zu verfügen, aus dem er auch den Unterhalt für die Antragstellerin hätte aufbringen können.
9
Die Sittenwidrigkeit sei auch nicht deshalb zu verneinen, weil der Ehevertrag vor der Eheschließung und damit vor der Entstehung einer Unterhaltspflicht des Antragsgegners vereinbart worden sei. Aus der Senatsentscheidung vom 9. Juli 1992 (XII ZR 57/91 - FamRZ 1992, 1403) ergebe sich nichts Gegenteiliges. In dem dieser Entscheidung zugrunde liegenden Fall sei die Eingehung der Ehe vom Abschluss des Unterhaltsverzichts abhängig gemacht worden. Eine solche Abhängigkeit liege hier nicht vor. Wie der Antragsgegner in seiner Anhörung erklärt habe, hätten die Parteien aus Liebe geheiratet. Die Antragstellerin habe somit die Aussicht gehabt, künftig einen Anspruch auf nachehelichen Unterhalt zu erwerben. Der Verzicht auf diesen Anspruch stelle sich folglich im Falle ihrer Unterhaltsbedürftigkeit als ein Vertrag zu Lasten der Sozialhilfe dar.
10
Der Antragsgegner könne sich auch nicht auf das Senatsurteil vom 11. Februar 2004 (XII ZR 265/02 - FamRZ 2004, 601) berufen, wonach in einem Ehevertrag Unterhalt wegen einer bereits bei der Eheschließung vorliegenden Krankheit ausgeschlossen werden könne. Ein solcher Fall liege hier nicht vor, weil die Parteien Unterhaltsansprüche nicht wegen einer Vorerkrankung , sondern schlechthin ausgeschlossen hätten. Für den Antragsgegner sei die voreheliche Krankheit, die nach seiner Behauptung auch Ursache der späteren Gehirnblutung sei, "kein Problem", mithin nicht Motiv für den späteren Unterhaltsverzicht gewesen. Zudem gehe es - anders als in dem vom Senat entschiedenen Fall - vorliegend nicht um die Benachteiligung des Vertragspartners , sondern um die Benachteiligung der Sozialhilfe, also eines Dritten.

II.

11
Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung nicht in allen Punkten stand:
12
1. Das Oberlandesgericht geht zu Recht davon aus, dass sich die Frage nach einer Unterhaltspflicht des Antragsgegners gegenüber der Antragstellerin nach deutschem Recht bestimmt (Art. 18 Abs. 4 Satz 1, Art. 17 Abs. 1 Satz 1, Art. 14 Abs. 1 Nr. 2 EGBGB). Bei Anwendung des deutschen Rechts kann sich eine Unterhaltspflicht des Antragsgegners aus § 1572 BGB ergeben.
13
2. Die Grundsätze, die der Senat für die Inhaltskontrolle von Eheverträgen aufgestellt hat und die einer evident einseitigen, durch die individuelle Gestaltung der ehelichen Lebensverhältnisse nicht gerechtfertigten und für den belasteten Ehegatten unzumutbaren Lastenverteilung begegnen sollen (grundlegend Senatsurteil BGHZ 158, 81 = FamRZ 2004, 601), hindern den Antragsgegner nicht, sich auf den mit der Antragstellerin vereinbarten Unterhaltsverzicht zu berufen. Eine solche evident einseitige Lastenverteilung liegt, wovon offenbar auch das Oberlandesgericht ausgeht, hier im Verhältnis der Ehegatten zueinander nicht vor.
14
a) Nach diesen Grundsätzen hat der Tatrichter zunächst im Rahmen einer Wirksamkeitskontrolle zu prüfen, ob die Vereinbarung schon im Zeitpunkt ihres Zustandekommens offenkundig zu einer derartig einseitigen Lastenverteilung führt, dass ihr - und zwar losgelöst von der künftigen Entwicklung der Ehegatten und ihrer Lebensverhältnisse - die Anerkennung der Rechtsordnung zu versagen ist. Das ist hier nicht der Fall.
15
Im Zeitpunkt des Vertragsschlusses lebte die Antragstellerin - für den Antragsgegner erkennbar - von Sozialhilfe; auch der Antragsgegner, der weder eine Aufenthalts- noch eine Arbeitserlaubnis besaß und bereits im August 2000 Sozialhilfe beantragte und erhielt, verfügte über kein eigenes Einkommen. Angesichts der beiderseitigen Mittellosigkeit der Parteien begründete deren wechselseitiger Unterhaltsverzicht ebenso wie der Ausschluss von Versorgungs- und Zugewinnausgleich keine einseitige Lastenverteilung. Aus der bereits im Zeitpunkt des Vertragsschlusses absehbaren zukünftigen Entwicklung ergibt sich nichts anderes. Anhaltspunkte dafür, dass aus der Lebensplanung eines von ihnen ehebedingte Nachteile, etwa durch Kinderbetreuung, erwachsen könnten, sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Ziel war vielmehr, dass die Antragstellerin , die für die Zukunft eine Rente erwartete, diese vor der Inanspruchnahme durch eine etwaige nacheheliche Unterhaltspflicht gegenüber dem Antragsgegner gesichert sehen wollte. Der Antragsgegner seinerseits wollte sein Hausgrundstück in Polen und wohl auch ein künftiges Arbeitseinkommen in Deutschland vor einem etwaigen Zugriff im Wege nachehelicher Unterhaltsansprüche absichern. Die Wechselseitigkeit des Unterhaltsverzichts war insoweit nicht nur formal vereinbart; sie sollte jeden der Ehegatten vor einer im Zeitpunkt des Vertragschlusses zumindest vorstellbaren Inanspruchnahme durch den jeweils anderen Ehegatten im Scheidungsfall schützen. Für die Annahme einer einseitigen Lastenverteilung ist bei einer solchen Konstellation kein Raum.
16
b) Hält ein Ehevertrag der Wirksamkeitskontrolle stand, so muss der Tatrichter im Rahmen der Ausübungskontrolle prüfen, ob und inwieweit ein Ehegatte die ihm durch den Vertrag eingeräumte Rechtsmacht missbraucht, wenn er sich im Scheidungsfall gegenüber einer vom anderen Ehegatten begehrten gesetzlichen Scheidungsfolge darauf beruft, dass diese durch den Ehevertrag wirksam abbedungen sei. Dafür ist entscheidend, ob sich nunmehr - im Zeitpunkt des Scheiterns der Ehe - aus dem vereinbarten Ausschluss der Scheidungsfolge eine evident einseitige Lastenverteilung ergibt, die hinzunehmen für den belasteten Ehegatten auch bei angemessener Berücksichtigung der Belange des anderen Ehegatten und seines Vertrauens in die Geltung der getroffenen Abrede sowie bei verständiger Würdigung des Wesens der Ehe unzumutbar ist. Das kann insbesondere dann der Fall sein, wenn die tatsächliche einvernehmliche Gestaltung der ehelichen Lebensverhältnisse von der ursprünglichen , dem Vertrag zugrunde liegenden Lebensplanung grundlegend abweicht. Eine solche Gestaltung ist hier weder vorgetragen noch sonst erkennbar.
17
Die Antragstellerin lebt wie auch schon vor der Eheschließung mit dem Antragsgegner von Sozialhilfe. Es ist nicht festgestellt, dass ihre zwischenzeitlich eingetretene Hilfsbedürftigkeit zu einer wesentlichen Steigerung ihres Bedarfs geführt hat. Im übrigen wäre auch eine solche Bedarfssteigerung ein Umstand , der durch die Krankheit der Antragstellerin verursacht wäre, der nicht in der Gestaltung der ehelichen Lebensverhältnisse angelegt ist und dessen Geltendmachung gerade durch den wechselseitigen Unterhaltsverzicht ausgeschlossen werden sollte. Da in dem wechselseitigen Ausschluss eines solchen nicht ehebedingten Risikos keine evident einseitige und für die Antragstellerin im Nachhinein unzumutbare Lastenverteilung liegt, hindert § 242 BGB die Berufung des Antragsgegners auf den Unterhaltsverzicht nicht.
18
3. Entgegen der Auffassung des Oberlandesgerichts ist der Unterhaltsverzicht auch nicht deshalb sittenwidrig und nichtig (§ 138 BGB), weil er den Träger der Sozialhilfe belastet.
19
Nach der Rechtsprechung des Senats kann eine Vereinbarung, durch die Verlobte oder Eheleute für den Fall ihrer Scheidung auf nachehelichen Unterhalt verzichten, nach deren von Inhalt, Beweggrund und Zweck bestimmten Gesamtcharakter gegen die guten Sitten verstoßen, falls die Vertragsschließenden dadurch bewusst eine Unterstützungsbedürftigkeit zu Lasten der Sozialhilfe herbeiführen, auch wenn sie eine Schädigung des Trägers der Sozialhilfe nicht beabsichtigen (vgl. etwa Senatsurteile BGHZ 86, 82, 88 = FamRZ 1983, 137 und vom 24. April 1985 - IVb ZR 22/84 - FamRZ 1985, 788, 790). Durch einen Unterhaltsverzicht werde eine Unterstützungsbedürftigkeit eines Ehegatten zu Lasten der Sozialhilfe allerdings dann nicht herbeigeführt, wenn die Ehegatten bei Abschluss des Ehevertrags noch nicht verheiratet gewesen seien, die Eheschließung aber vom vorherigen Unterhaltsverzicht abhängig gemacht hätten. Denn in einem solchen Fall habe der später bedürftige Ehegatte von vornherein keine Aussicht gehabt, einen Anspruch auf nachehelichen Unterhalt zu erwerben. Der Unterhaltsverzicht habe daher die Bedürftigkeit dieses Ehegatten und damit dessen Risiko, zur Bestreitung seines Lebensunterhalts auf Leistungen der Sozialhilfe angewiesen zu sein, nicht erhöht (Senatsurteil vom 9. Juli 1992 - XII ZR 57/91 - FamRZ 1992, 1403 f.).
20
Diese Rechtsprechung zur Nichtigkeit von Unterhaltsvereinbarungen, die zu Lasten der Sozialhilfe abgeschlossen werden, ist durch die unter 2. dargestellten Grundsätze, die der Senat zur Inhaltskontrolle von Eheverträgen entwickelt hat, nicht gegenstandslos geworden. Sie bedarf allerdings der Eingrenzung und Präzisierung: Wie der Senat ausgesprochen hat, gehört es zum grundgesetzlich verbürgten Recht der Ehegatten, ihre eheliche Lebensgemeinschaft eigenverantwortlich und frei von gesetzlichen Vorgaben entsprechend ihren individuellen Vorstellungen und Bedürfnissen zu gestalten. Die auf die Scheidungsfolgen bezogene Vertragsfreiheit entspringt insoweit dem legitimen Bedürfnis, Abweichungen von den gesetzlich geregelten Scheidungsfolgen zu vereinbaren, die zu dem individuellen Ehebild der Ehegatten besser passen. So können etwa Lebensrisiken eines Partners, wie sie z.B. in einer bereits vor der Ehe zu Tage getretenen Krankheit oder in einer Ausbildung angelegt sind, die offenkundig keine Erwerbsgrundlage verspricht, von vornherein aus der gemeinsamen Verantwortung der Ehegatten füreinander herausgenommen werden. Entsprechendes gilt auch für andere nicht ehebedingte Risiken. Aus dem Gedanken der nicht allein auf die Ehezeit beschränkten Solidarität ergibt sich nichts Gegenteiliges: Dieser Gedanke ist weder dazu bestimmt noch geeignet, unterhaltsrechtliche Pflichten, in denen sich die nacheheliche Solidarität konkretisiert , als zwingendes, der Disposition der Parteien entzogenes Recht zu statuieren (Senatsurteil BGHZ 158, 81, 95 = FamRZ 2004, 601, 604).
21
Daraus folgt, dass ein ehevertraglicher Unterhaltsverzicht nicht schon deshalb sittenwidrig ist, weil er bewirkt, dass ein Ehegatte im Scheidungsfall auf Sozialhilfe angewiesen bleibt, während er ohne den Unterhaltsverzicht von seinem geschiedenen Ehegatten Unterhalt beanspruchen und deshalb Sozialhilfe nicht mehr in Anspruch nehmen könnte. Denn die berechtigten Belange des Sozialhilfeträgers gebieten es Ehegatten nicht, mit Rücksicht auf ihn Regelungen zu unterlassen, die von den gesetzlichen Scheidungsfolgen abweichen, ihrem individuellen Ehebild aber besser gerecht werden als die gesetzliche Regelung. Eine Pflicht von Eheschließenden zur Begünstigung des Sozialhilfeträgers für den Scheidungsfall kennt das geltende Recht nicht. Dies gilt unabhängig davon, ob der Ehevertrag vor oder nach der Eheschließung vereinbart worden ist und ob die Ehegatten im ersten Fall die spätere Eheschließung vom Abschluss des Ehevertrags abhängig gemacht haben.
22
Allerdings kann eine Unterhaltsabrede dann sittenwidrig sein, wenn die Ehegatten damit auf der Ehe beruhende Familienlasten objektiv zum Nachteil der Sozialhilfe geregelt haben (Senatsurteil vom 24. April 1985 aaO). Das ist namentlich dann der Fall, wenn sich aus der Gestaltung der ehelichen Lebensverhältnisse , insbesondere aus der Verteilung von Erwerbs- und Familienarbeit, im Scheidungsfall Nachteile für einen Ehegatten ergeben, die an sich durch den nachehelichen Unterhalt ausgeglichen würden, deren Ausgleich die Ehegatten aber vertraglich ausgeschlossen haben. Das gilt auch dann, wenn ein von den Ehegatten vereinbarter Unterhaltsverzicht einer auf das Verhältnis der Ehegatten zueinander bezogenen Inhaltskontrolle standhält - etwa weil dieser Verzicht durch anderweitige Vorteile (z.B. durch Zuwendung eines Wohnrechts) des verzichtenden Ehegatten kompensiert wird, ohne dessen sozialhilferechtliche Bedürftigkeit entfallen zu lassen. Auch in einem solchen Fall können die Ehegatten ehebedingte Nachteile, die das Recht des nachehelichen Unterhalts angemessen zwischen ihnen ausgleichen will, nicht durch einen Unterhaltsverzicht auf den Träger der Sozialhilfe verlagern und damit die wirtschaftlichen Risiken ihrer individuellen Ehegestaltung gleichsam "sozialisieren". Ein solcher Fall liegt hier indes nicht vor, da nach der konkreten Fallgestaltung bei keinem der Ehegatten ehebedingte Nachteile zu befürchten waren, auf deren Ausgleich sie zu Lasten des Sozialhilfeträgers verzichten wollten. Die Antragstellerin war bereits bei Vertragsschluss nicht in der Lage, für ihren Lebensunterhalt aufzukommen, und bezog deshalb Sozialhilfe. Selbst wenn die spätere Hirnblutung ihre Bedürftigkeit gesteigert hätte, wäre dies kein Nachteil, der durch die Gestaltung der ehelichen Lebensverhältnisse bedingt wäre. Auch in der Person des Antragsgegners , der bei Vertragsschluss keine Arbeitserlaubnis besaß und in dem auf die Eheschließung folgenden Monat Sozialhilfe beantragt und erhalten hat, sind ehebedingte Nachteile, die durch seinen Unterhaltsverzicht auf die Sozialhilfe übergeleitet würden, nicht erkennbar.
23
Fraglich ist, ob ein Unterhaltsverzicht sich darüber hinaus auch in anderen Fällen als sittenwidrig erweisen kann, in denen aufgrund der Eheschließung eine Belastung des Sozialhilfeträgers eintritt, indem dieser für einen Ehegatten dauerhaft oder doch längerfristig aufkommen muss, weil die Ehegatten für den Scheidungsfall eine Unterhaltspflicht des anderen Ehegatten ausgeschlossen haben. Zu denken ist etwa an Fälle, in denen - wie hier von der Antragstellerin geltend gemacht - ein mittelloser ausländischer Staatsangehöriger durch die Eheschließung mit einer deutschen Staatsangehörigen ausländerrechtliche Vorteile erstrebt, die zu einer dauerhaften oder doch langfristigen Inanspruchnahme des Sozialhilfeträgers führen würden, wenn der von den Ehegatten vereinbarte Unterhaltsverzicht wirksam wäre. Die Frage kann hier dahinstehen. Denn ein solcher Fall liegt hier nicht vor. Voraussetzung für eine sittenwidrige Belastung des Sozialhilfeträgers ist stets, dass ohne den Unterhaltsverzicht des einen Ehegatten eine Unterhaltspflicht des anderen Ehegatten bestünde und erst der Ausschluss dieser Pflicht zur Belastung des Sozialhilfeträgers führt. Das ist hier nicht ersichtlich. Wie ausgeführt, war die Antragstellerin bereits bei Abschluss des Ehevertrags zur Deckung ihres eigenen Lebensbedarfs nicht in der Lage und bezog deshalb ihrerseits Sozialhilfe. Es ist nicht erkennbar, dass sie zu diesem Zeitpunkt zur Leistung von Unterhalt an den Antragsgegner in der Lage war oder doch damit rechnen konnte, im Falle einer späteren Scheidung leistungsfähig zu sein. Die angebliche Erwartung einer künftigen Rente der Antragstellerin ändert daran nichts. Diese Rente ist nach Voraussetzungen, Zeitpunkt und Höhe völlig unbestimmt; dass sie den Selbstbehalt der Antragstellerin übersteigen und ausreichen würde, den Unterhaltsbedarf des Antragsgegners zu decken, ist weder festgestellt noch vorgetragen. Von daher fehlt es an zureichenden Anhaltspunkten für eine gegenwärtige oder künftige Leistungsfähigkeit der Antragstellerin, die deren nacheheliche Unterhaltspflicht hätte begründen und den Verzicht des Antragstellers auf einen solchen Unterhalt als eine sittenwidrige Belastung des Sozialhilfeträgers hätte erscheinen lassen können.

III.

24
Danach kann das angefochtene Urteil nicht bestehen bleiben. Der Senat ist in der Lage, selbst abschließend zu entscheiden (§ 563 Abs. 3 ZPO), da weitere tatsächliche Feststellungen weder zu erwarten noch erforderlich sind. Da der von den Parteien wechselseitig erklärte Unterhaltsverzicht wirksam und ein Unterhaltsanspruch der Antragstellerin deshalb nicht begründet ist, war deren Berufung zurückzuweisen.
VRinBGH Dr. Hahne ist urlaubs- Sprick Weber-Monecke bedingt verhindert zu unterschreiben. Sprick
Wagenitz Dose

Vorinstanzen:
AG Günzburg, Entscheidung vom 13.08.2003 - 1 F 51/03 -
OLG München in Augsburg, Entscheidung vom 29.06.2004 - 4 UF 324/03 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XII ZR 157/06 Verkündet am:
5. November 2008
Breskic,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in der Familiensache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja

a) Eine Inhaltskontrolle von Eheverträgen kann nicht nur zugunsten des unterhaltbegehrenden
Ehegatten veranlasst sein, sondern im Grundsatz auch zugunsten des
auf Unterhalt in Anspruch genommenen Ehegatten.

b) Für die Beurteilung, ob die subjektiven Elemente der Sittenwidrigkeit eines Ehevertrages
vorliegen, kann jedenfalls dann nicht auf konkrete Feststellungen hierzu
verzichtet werden, wenn ein Ehegatte dem anderen Leistungen verspricht, für die
es keine gesetzliche Grundlage gibt. In solchen Fällen scheidet eine tatsächliche
Vermutung für eine Störung der Vertragsparität aus.

c) Eine Unterhaltsvereinbarung kann sittenwidrig sein, wenn die Ehegatten damit auf
der Ehe beruhende Familienlasten zum Nachteil des Sozialleistungsträgers regeln.
Das kann auch dann der Fall sein, wenn durch die Unterhaltsabrede bewirkt
wird, dass der über den gesetzlichen Unterhalt hinaus zahlungspflichtige Ehegatte
finanziell nicht mehr in der Lage ist, seine eigene Existenz zu sichern und deshalb
ergänzender Sozialleistungen bedarf.
BGH, Urteil vom 5. November 2008 - XII ZR 157/06 - OLG Karlsruhe
AG Bruchsal
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 5. November 2008 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Hahne und die
Richter Sprick, Weber-Monecke, Prof. Dr. Wagenitz und Dr. Klinkhammer

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 20. Zivilsenats - Senat für Familiensachen - des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 11. September 2006 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer Leibrentenverpflichtung, die der Kläger zugunsten der Beklagten durch Ehevertrag eingegangen ist.
2
Der 1962 geborene Kläger, der türkischer Staatsangehöriger ist, und die 1953 geborene Beklagte heirateten am 12. Dezember 1997. Die Ehe blieb kinderlos. Am 24. November 1999 schlossen die Parteien unter Hinzuziehung eines für die türkische Sprache allgemein vereidigten Dolmetschers einen notariell beurkundeten Ehevertrag, durch den in den Ziffern 1 bis 4 und 6 Vereinbarungen über die Gestaltung des ehelichen Zusammenlebens getroffen wurden. Ziffer 7 enthält einen wechselseitigen Unterhaltsverzicht für den Fall der Scheidung sowie die Verpflichtung des Klägers zur Zahlung einer Leibrente an die Beklagte. Im Einzelnen sieht Ziffer 7 folgende Regelung vor: "Im Hinblick auf den Altersunterschied zwischen den Eheleuten regeln die Eheleute einen etwaigen nachehelichen Unterhaltsanspruch der Ehefrau durch eine Leibrente. Für den Fall der Ehescheidung verzichten die Eheleute gegenseitig völlig auf jeden gesetzlichen Unterhalt und nehmen diesen Verzicht wechselseitig an. Als Abfindung für ihren Verzicht erhält die Ehefrau die folgende Leibrente. Für diese Leibrente wird die entsprechende oder ergänzende Anwendung der gesetzlichen Vorschriften über den nachehelichen Unterhalt ausdrücklich ausgeschlossen. Die Leibrente ist monatlich am 15. eines jeden Monats zu entrichten und beläuft sich auf monatlich 1.300 DM. Diese Leibrente erlischt mit dem Tode der Ehefrau. Sie erlischt weiter mit Beginn des ersten Monats, an dem die Ehefrau Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung bezieht. Ferner ruht der Anspruch auf Leibrente, sobald und solange die Ehefrau Einkünfte aus einer Vollerwerbstätigkeit bezieht. Verändert sich der Preisindex aller privaten Haushalte für ganz Deutschland , festgestellt vom statistischen Bundesamt, Basis 1991 = 100, gegenüber den im Monat dieses Vertragsabschluss gültigen Index, so erhöht oder ermäßigt sich der Rentenbetrag entsprechend. Eine Anpassung findet jedoch nur statt, wenn sich eine Veränderung dieses Index von mehr als 10 % eingestellt hat, wobei jeweils von der letzten Anpassung zu Grunde liegenden Indexzahl auszugehen ist. Die Rente erhöht oder ermäßigt sich ab dem der Anpassung folgenden Monatsfünfzehnten. Rückwirkende Anpassung kann nicht verlangt werden. Weiter gehende Anpassungen finden nicht statt. Insbesondere wird die Änderungsklage nach § 323 ZPO ausdrücklich ausgeschlossen. Der Ehemann unterwirft sich wegen der Verpflichtung zur Zahlung obiger wertgesicherter Rente der sofortigen Zwangsvollstreckung aus dieser Urkunde in sein gesamtes Vermögen. Die Ehefrau verpflichtet sich jedoch ihrerseits, im Falle einer Ehescheidung sich nach Kräften um eine Vollerwerbstätigkeit als Bürokauffrau oder um eine vergleichbare Tätigkeit zu bemühen."
3
Nach den Schlussbestimmungen des Ehevertrages soll für den Fall, dass die als Unterhaltsersatz vereinbarte Leibrente unwirksam sein oder werden sollte , der Unterhaltsverzicht ebenfalls unwirksam sein.
4
Die Ehe wurde durch Urteil des Amtsgerichts - Familiengericht - vom 9. April 2002 rechtskräftig geschieden. Während der Ehe war der Kläger - abgesehen von einer kurzen Zeit der Arbeitslosigkeit Anfang des Jahres 2000 - durchgehend erwerbstätig, während die Beklagte bis August 2000 arbeitslos war und Arbeitslosengeld bezog. Seit September 2000 ist sie im Umfang von 20 Stunden pro Woche als Buchhalterin tätig.
5
Der Kläger hat die Feststellung begehrt, dass der Beklagten aus der notariellen Urkunde keine Leibrenten- oder Unterhaltsansprüche zustehen, sondern die Regelung insoweit nichtig ist. Er hat außerdem die Herausgabe der vollstreckbaren Ausfertigung der Urkunde verlangt. Hilfsweise hat er Vollstreckungsgegenklage gegen die Zwangsvollstreckung aus der Urkunde erhoben und höchst hilfsweise Abänderung der Leibrentenverpflichtung dahin beantragt, dass diese entfällt.
6
Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Oberlandesgericht das angefochtene Urteil abgeändert und festgestellt , dass der Beklagten keine Ansprüche auf Zahlung einer Leibrente aus Ziff. 7 des Ehevertrages zustehen; die Regelung in Ziff. 7 sei nichtig. Darüber hinaus hat es die Beklagte verurteilt, die ihr erteilte vollstreckbare Ausfertigung der notariellen Urkunde an den Kläger herauszugeben. Dagegen richtet sich die - vom Oberlandesgericht zugelassene - Revision der Beklagten, mit der sie die Wiederherstellung des amtsgerichtlichen Urteils erstrebt.

Entscheidungsgründe:

7
Das Urteil beruht inhaltlich nicht auf der Säumnis des Klägers, sondern berücksichtigt - als sog. unechtes Versäumnisurteil - den gesamten Sach- und Streitstand.
8
Die Revision ist nicht begründet.
9
1. Das Berufungsgericht, dessen Entscheidung in FamRZ 2007, 477 ff. veröffentlicht ist, hat die Feststellungsklage für zulässig gehalten und - in Anwendung deutschen Rechts - angenommen, die Vereinbarung in Ziff. 7 des Ehevertrages sei wegen Verstoßes gegen die guten Sitten gemäß § 138 Abs. 1 BGB nichtig. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt:
10
Die Rechtsprechung zur Inhaltskontrolle von Eheverträgen, nach der trotz grundsätzlich bestehender Vertragsfreiheit der Schutzzweck der gesetzlichen Scheidungsfolgeregelungen nicht beliebig unterlaufen werden dürfe, gelte auch zugunsten des unterhaltsverpflichteten Ehegatten. Vorliegend führe bereits eine Wirksamkeitskontrolle zur Nichtigkeit der in Rede stehenden Vereinbarung , da schon im Zeitpunkt ihres Zustandekommens offenkundig gewesen sei, dass hierdurch eine einseitige, nicht gerechtfertigte Lastenverteilung für den Scheidungsfall bewirkt werde. Maßgebend für diese Beurteilung sei das gesetzliche Leitbild des Ehegattenunterhalts, das vom Grundsatz der gleichmäßigen Teilhabe der Ehegatten an den die ehelichen Lebensverhältnisse prägenden Einnahmen und geldwerten Vorteilen (Halbteilung) und vom Gebot der Rücksichtnahme auf die unterhaltsrechtliche Leistungsfähigkeit des Unterhaltsschuldners geprägt sei. Von diesem Leitbild weiche die Vereinbarung in evident einseitiger Weise ab. Die an die Stelle einer möglichen Unterhaltsverpflichtung des Klägers tretende Leibrente sei nach der Vereinbarung unabhängig von einer bestehenden unterhaltsrechtlichen Leistungsfähigkeit. Angesichts des ein- deutigen Wortlauts, insbesondere des ausdrücklichen Ausschlusses "weitergehender Anpassung" und der Abänderungsklage lasse sich eine entsprechende Begrenzung auch nicht im Wege der Auslegung begründen. Die Unabhängigkeit der Zahlungspflicht von der Leistungsfähigkeit des Klägers sei auch deshalb gravierend, weil den Parteien bei Abschluss der Vereinbarung die Möglichkeit weiterer Unterhaltsverpflichtungen des Klägers gegenüber minderjährigen Kindern in der Türkei vor Augen gestanden haben müsse. Da die Beklagte vorgetragen habe, sie habe während der Ehezeit Auslandskindergeld für die Kinder des Klägers beantragt, müsse ihr zumindest die Möglichkeit entsprechender Unterhaltsverpflichtungen bewusst gewesen sein. Selbst wenn der Kläger zum damaligen Zeitpunkt tatsächlich keine nennenswerten Unterhaltsleistungen an seine Kinder erbracht habe, führe die Vereinbarung einer von der Leistungsfähigkeit unabhängigen Leibrente auch zu einer Abkehr vom unterhaltsrechtlichen Gleichrang der Ehefrau und der unterhaltsberechtigten Kinder. Demgegenüber solle die Leibrente unabhängig von einer tatsächlich bestehenden unterhaltsrechtlichen Bedürftigkeit der Beklagten geschuldet sein, solange diese keiner Vollerwerbstätigkeit nachgehe. Die Regelung habe deshalb dazu führen können , dass die Beklagte nach Zahlung der Leibrente deutlich mehr als die Hälfte der beiderseitigen prägenden Einkünfte, der Kläger dagegen nicht einmal den notwendigen Eigenbedarf erhalte. Dieses Ergebnis der vertraglichen Regelung sei allenfalls für die Situation einer zwar nicht ausgeübten, der Beklagten aber möglichen und zumutbaren Vollerwerbstätigkeit durch Vertragsauslegung korrigierbar.
11
Mit Rücksicht auf die Einkommensverhältnisse der Parteien habe schon bei Vertragsschluss die Gefahr einer deutlichen Abweichung vom Grundsatz der Halbteilung und der Begrenzung des Unterhaltsanspruchs durch die Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen bestanden. Nach dem Steuerbescheid für das Jahr 1999 habe das Jahresbruttoeinkommen des Klägers 33.600 DM betragen. Nach Abzug von Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen errechne sich ein durchschnittliches monatliches Nettoeinkommen von etwa 2.220 DM, nach Abzug pauschalierter berufsbedingter Aufwendungen von etwa 2.110 DM. Von diesem Betrag wären dem Kläger nach Abzug der vereinbarten Leibrente von 1.300 DM nur 810 DM für seinen eigenen Bedarf verblieben, mithin weniger als 2/3 des notwendigen Selbstbehalts nach der damals gültigen Düsseldorfer Tabelle. Die Beklagte habe demgegenüber über 1.300 DM zuzüglich etwaiger Einkünfte aus Teilzeiterwerbstätigkeit oder Leistungen des Arbeitsamtes verfügen können. Diese Gefahr habe sich nach den derzeitigen wirtschaftlichen Verhältnissen der Parteien auch realisiert. Während der Kläger über ein monatliches Nettoeinkommen von etwa 1.600 € verfüge, verblieben ihm nach Abzug berufsbedingter Aufwendungen und der Leibrente von etwa 650 € nur 870 € und damit nicht einmal der notwendige Selbstbehalt. Dabei seien die Unterhaltsverpflichtungen gegenüber den Kindern noch nicht berücksichtigt. Die Beklagte verfüge jedenfalls über ein bereinigtes monatliches Nettoeinkommen von ca. 880 €. Zuzüglich der Leibrente würde ihr ein Betrag von etwa 1.530 € monatlich zur Verfügung stehen.
12
Die für die Annahme der Sittenwidrigkeit zu fordernden subjektiven Voraussetzungen seien ebenfalls gegeben. Zwar seien konkrete Umstände, die auf eine erheblich ungleiche Verhandlungsposition schließen ließen, nicht feststellbar. Aus dem Umstand, dass die Parteien eine evident einseitig belastende ehevertragliche Regelung getroffen hätten, ohne dass hierfür ein nachvollziehbarer Grund erkennbar sei, ergebe sich aber eine tatsächliche Vermutung für eine damals bestehende Störung der subjektiven Verhandlungsparität dergestalt, dass der Kläger bei Vertragsschluss subjektiv nicht in der Lage gewesen sei, seine berechtigten Interessen sachgerecht und angemessen zu vertreten, und dass dieser Umstand für die Beklagte zumindest erkennbar gewesen sei. Die von ihr geschilderten - streitigen - ehelichen Probleme, die den Hintergrund der ehevertraglichen Regelungen im Übrigen bilden dürften, könnten die einseitige Lastenverteilung in Ziffer 7 des Ehevertrages nicht rechtfertigen. Auch wenn die Beklagte berechtigten Anlass zur Klage über das Verhalten des Klägers gehabt habe, erscheine die Verknüpfung der künftig fortbestehenden Ehe mit einer den Kläger finanziell erheblich benachteiligenden Scheidungsfolgeregelung nicht billigenswert. Deshalb sei die Regelung unter Ziffer 7 des Ehevertrages - einschließlich des dort erklärten Verzichts auf gesetzliche Unterhaltsansprüche - nichtig. Der Beklagten stehe nicht die dort vereinbarte Leibrente, möglicherweise aber unter den gesetzlichen Voraussetzungen ein Anspruch auf nachehelichen Unterhalt zu. Infolge der Nichtigkeit von Ziffer 7 des Ehevertrages habe der Kläger auch Anspruch auf Herausgabe der vollstreckbaren Ausfertigung des Schuldtitels.
13
Diese Ausführungen halten der revisionsrechtlichen Nachprüfung im Ergebnis stand.
14
2. Das Berufungsgericht hat die in erster Linie erhobene Feststellungsklage zu Recht für zulässig gehalten. Der Kläger hat ein berechtigtes Interesse im Sinne des § 256 Abs. 1 ZPO an der Feststellung des Nichtbestehens des Rechtsverhältnisses, aus dem die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung der Leibrente geltend macht. Mit der - hilfsweise erhobenen - Vollstreckungsabwehrklage kann dagegen nur der hinter der begehrten Feststellung zurückbleibende Ausspruch erreicht werden, dass die Zwangsvollstreckung aus der vollstreckbaren Urkunde aufgrund von Einwendungen gegen die Forderung fortan ganz, teil- oder zeitweise unzulässig ist (BGH Urteil vom 3. Juni 1997 - XI ZR 133/96 - NJW 1997, 2320, 2321; Senatsurteil vom 20. September 1995 - XII ZR 220/94 - NJW 1995, 3318). Ein solcher Ausspruch erschöpft das Rechtsschutzziel des Klägers nicht. Der Streit über die Wirksamkeit der eingegangenen Leibrentenverpflichtung ist deshalb mit Hilfe einer Feststellungsklage auszutragen.
15
3. Zutreffend ist das Berufungsgericht ferner davon ausgegangen, dass sich die Frage nach der Wirksamkeit von Ziff. 7 des Ehevertrages nach deutschem Recht beurteilt. Für Sachverhalte mit Bezug zum Recht eines ausländischen Staates richtet sich die Frage, welches materielle Recht anwendbar ist, nach den Regeln des von Amts wegen anzuwendenden deutschen Kollisionsrechts , des EGBGB (Senatsurteil vom 7. April 1993 - XII ZR 266/91 - FamRZ 1993, 1051). Jedoch gehen Bestimmungen in völkerrechtlichen Vereinbarungen vor, soweit sie unmittelbar anwendbares innerstaatliches Recht geworden sind (Art. 3 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 EGBGB). Ein solcher Vorrang gilt hier nach dem Haager Übereinkommen über das auf Unterhaltspflichten anwendbare Recht vom 2. Oktober 1973 (im folgenden: UÜbk. 73, BGBl. 1986 II 825 ff., für Deutschland in Kraft seit 1. April 1987, vgl. BGBl. 1987 II 225). Es geht demgemäß formell den Regeln des Art. 18 EGBGB vor, der allerdings inhaltlich mit denen des UÜbk. 73 übereinstimmt (Senatsurteil vom 27. März 1991 - XII ZR 113/90 - FamRZ 1991, 925, 926). Das UÜbk. 73, das von der Türkei ratifiziert wurde, würde allerdings auch unabhängig davon gemäß Art. 3 des Abkommens im Verhältnis zu Nichtvertragsstaaten gelten (Palandt/Heldrich BGB 67. Aufl. Anh. zu Art. 18 EGBGB Rdn. 4 und 5; Johannsen/Henrich Eherecht 4. Aufl. Art. 18 EGBGB Rdn. 5).
16
Nach Art. 8 UÜbk. 73 (entsprechend Art. 18 Abs. 4 Satz 1 EGBGB) ist für die Unterhaltspflicht zwischen geschiedenen Ehegatten das auf die Scheidung angewandte Recht maßgebend, wenn die Ehescheidung hier ausgesprochen worden ist. Die Ehe ist durch Urteil des Amtsgerichts - Familiengericht - vom 9. April 2002 geschieden worden. Es kann kein Zweifel bestehen, dass dabei deutsches Recht angewandt worden ist. Denn die Scheidung unterliegt dem Recht, das im Zeitpunkt des Eintritts der Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags für die allgemeinen Wirkungen der Ehe maßgebend ist (Art. 17 Abs. 1 Satz 1 EGBGB). Das war nach Art. 14 Abs. 1 Nr. 2 EGBGB das deutsche Recht, da beide Ehegatten hier ihren gewöhnlichen Aufenthalt hatten und im Übrigen noch haben.
17
Zwar ist das Scheidungsstatut grundsätzlich nur auf gesetzliche Unterhaltsansprüche anwendbar. Daraus folgt aber nicht, dass Unterhaltsvereinbarungen ihm nicht unterfallen. Wird durch eine Vereinbarung eine gesetzliche Unterhaltspflicht nur inhaltlich nach Höhe, Dauer und Modalitäten der Unterhaltsgewährung näher festgelegt und ausgestaltet, so verliert der Anspruch dadurch nicht seine Eigenschaft als gesetzlicher Unterhalt (vgl. Senatsbeschlüsse vom 24. Januar 1990 - XII ZB 143/89 - FamRZ 1990, 867 und vom 8. Juli 1987 - XII ZB 35/87 - FamRZ 1987, 1021).
18
Von einer solchen inhaltlichen Ausgestaltung des gesetzlichen Unterhaltsanspruchs ist hier auszugehen, da die Parteien einen etwaigen nachehelichen Unterhaltsanspruch der Beklagten nach Ziff. 7 des Ehevertrags ausdrücklich durch die Leibrente geregelt haben. Deshalb gilt für die getroffene Regelung das Scheidungsstatut (vgl. auch MünchKomm/Siehr BGB 4. Aufl. Art. 18 EGBGB Anh. I Rdn. 55), so dass deutsches Recht anzuwenden ist.
19
4. Die Grundsätze, die der Senat für die Inhaltskontrolle von Eheverträgen aufgestellt hat und die einer evident einseitigen, durch die individuelle Gestaltung der ehelichen Lebensverhältnisse nicht gerechtfertigten und für den belasteten Ehegatten unzumutbaren Lastenverteilung begegnen sollen (grundlegend : Senatsurteil BGHZ 158, 81 ff. = FamRZ 2004, 601 ff.), gelten, wie auch das Oberlandesgericht angenommen hat, nicht nur für den unterhaltbegehrenden Ehegatten, sondern im Grundsatz auch für den auf Unterhalt in Anspruch Genommenen. Auch auf dessen Seite kann eine erhebliche Unterlegenheitsposition vorliegen, die zu einer offensichtlich einseitigen Aufbürdung vertraglicher Lasten führt. Den Gerichten obliegt es insofern, den verfassungsrechtlichen Schutz vor einer mit dem Gedanken der ehelichen Solidarität nicht in Einklang zu bringenden unangemessenen Benachteiligung der im Einzelfall benachteiligten Partei zu gewähren (ebenso OLG Celle FamRZ 2004, 1969 mit zustimmender Anm. Bergschneider).
20
5. Das Berufungsgericht hat eine zur Sittenwidrigkeit führende evident einseitige Belastung des Klägers darin gesehen, dass durch die Leibrentenverpflichtung bereits bei Vertragsschluss die Gefahr einer vom gesetzlichen Leitbild der Halbteilung und der Begrenzung des Unterhalts durch die Leistungsfähigkeit des Verpflichteten erhebliche Abweichung begründet worden sei. Dem hält die Revision entgegen, ein solches Leitbild als unverzichtbarer Kern ehebedingter Unterhaltspflichten existiere nicht; die Halbteilung erfolge lediglich mangels anderweitiger Vereinbarungen. Insofern könne es dem Unterhaltspflichtigen aber nicht verwehrt sein, dem anderen Ehegatten umfangreichere Mittel zur Verfügung zu stellen, als er für sich selbst in Anspruch nehme. Auch seine Leistungsfähigkeit könne der Unterhaltspflichtige eigenverantwortlich einschätzen.
21
Diese Rügen sind teilweise gerechtfertigt.
22
a) Nach der Rechtsprechung des Senats unterliegen u.a. die gesetzlichen Regelungen über den nachehelichen Unterhalt grundsätzlich der vertraglichen Disposition der Ehegatten. Die auf die Scheidungsfolgen bezogene Vertragsfreiheit stellt sich dabei als notwendige Ergänzung des aus den §§ 1353, 1356 BGB folgenden Rechts der Ehegatten dar, ihre ehelichen Lebensverhältnisse eigenverantwortlich entsprechend ihren individuellen Vorstellungen und Bedürfnissen zu gestalten; die Vertragsfreiheit entspringt insoweit dem legitimen Interesse der Ehegatten, Abweichungen von den gesetzlichen Scheidungsfolgen zu vereinbaren, die zu dem individuellen Ehebild besser passen.
So ist es den Ehegatten etwa unbenommen, bestimmte Lebensrisiken eines Partners (z.B. eine bereits vor der Ehe aufgetretene Krankheit) aus der wechselseitigen Verantwortung füreinander auszunehmen (Senatsurteil BGHZ 158, 81, 94 f.). Die Ehegatten sind aber im Grundsatz auch frei zu bestimmen, in welcher Weise sie die Verteilung der die ehelichen Lebensverhältnisse prägenden Einkünfte für ihren jeweiligen nachehelichen Lebensbedarf vorsehen. Falls einer der Ehegatten sich insofern zu besonderer Großzügigkeit veranlasst sieht - etwa in Anerkennung besonderer während der Ehe erbrachter Leistungen des anderen Ehegatten -, ist dies (zunächst) seine privatautonome, von ihm selbst zu verantwortende Entscheidung (so auch Palandt/Heinrichs BGB 67. Aufl. § 138 Rdn. 36; vgl. auch OLG Brandenburg NJW-RR 2002, 578, 579; OLG Stuttgart FamRZ 1998, 1296, 1297). Mit Rücksicht darauf ist der vom Berufungsgericht herangezogene Grundsatz der Halbteilung für sich betrachtet jedenfalls kein geeigneter Maßstab, um eine evident einseitige Lastenverteilung festzustellen, der - bei Vorliegen auch der erforderlichen subjektiven Voraussetzungen - wegen Verstoßes gegen die guten Sitten die Anerkennung durch die Rechtsordnung zu versagen ist.
23
b) aa) Anders verhält es sich indes mit der vom Berufungsgericht zur Begründung seiner Beurteilung weiterhin genannten Begrenzung des Unterhaltsanspruchs durch die finanzielle Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen. Die Notwendigkeit der Erbringung von Unterhaltsleistungen schränkt den Verpflichteten in seiner durch Art. 2 Abs. 1 GG geschützten Handlungsfreiheit ein. Diese ist allerdings nur im Rahmen der verfassungsmäßigen Ordnung gewährleistet, zu der auch das Unterhaltsrecht gehört, soweit es mit Art. 6 Abs. 1 GG in Einklang steht. Da die Anwendung unterhaltsrechtlicher Normen nicht zu verfassungswidrigen Ergebnissen führen darf, ist darauf Bedacht zu nehmen, dass der zu leistende Unterhalt nicht zu einer unverhältnismäßigen Belastung des Unterhaltspflichtigen führt. Wird die Grenze des Zumutbaren eines Unterhalts- anspruchs überschritten, ist die Beschränkung der Dispositionsfreiheit des Verpflichteten im finanziellen Bereich als Folge der Unterhaltsansprüche nicht mehr Bestandteil der verfassungsgemäßen Ordnung und kann vor dem Grundrecht des Art. 2 Abs. 1 GG nicht bestehen. Grundvoraussetzung eines jeden Unterhaltsanspruchs ist damit die Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen. Diese endet dort, wo er nicht mehr in der Lage ist, seine eigene Existenz zu sichern (BVerfG FamRZ 2001, 1685 f. und FamRZ 2002, 1397, 1398 f.).
24
bb) Im Privatrechtsverkehr entfalten die Grundrechte ihre Wirkung als verfassungsrechtliche Wertentscheidungen vor allem durch die zivilrechtlichen Generalklauseln der §§ 138, 242 BGB. Es ist Aufgabe der Gerichte, den verfassungsrechtlich gebotenen Schutz zu gewährleisten, um zu verhindern, dass sich die durch Art. 2 Abs. 1 GG ebenfalls geschützte Privatautonomie in eine Fremdbestimmung verkehrt (BVerfGE 103, 89 ff. = FamRZ 2001, 343, 345).
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cc) Da die Parteien einen etwaigen nachehelichen Unterhaltsanspruch der Beklagten nach Ziff. 7 des Ehevertrages ausdrücklich durch die Leibrente geregelt haben, kommt es für die Frage, ob durch die Leibrentenverpflichtung für den Kläger eine evident einseitige, seine Interessen nicht angemessen berücksichtigende Lastenverteilung begründet worden ist, ebenso wie bei einer unmittelbar unterhaltsrechtlichen Regelung auf die Voraussetzung der Leistungsfähigkeit an. Das Berufungsgericht hat hierzu festgestellt, dem Kläger seien nach den für die Wirksamkeitskontrolle maßgeblichen Einkommensverhältnissen zum Zeitpunkt des Abschlusses des Ehevertrages unter Berücksichtigung der Leibrente monatlich allenfalls 810 DM von seinem bereinigten Nettoeinkommen für den eigenen Bedarf verblieben. Dies sei weniger als 2/3 des notwendigen Selbstbehalts (von 1.500 DM) der damals geltenden Düsseldorfer Tabelle. Dabei seien etwaige Unterhaltsverpflichtungen gegenüber den in der Türkei lebenden Kindern des Klägers noch nicht einmal berücksichtigt.
26
dd) Die Revision rügt insofern, das Berufungsgericht habe hinsichtlich der Einkommensverhältnisse des Klägers Vortrag der Beklagten übergangen. Diese habe behauptet, das Einkommen des Klägers zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses sei weitaus höher gewesen als 2.800 DM brutto monatlich; es werde bestritten, dass der in der Auskunft der Landesversicherungsanstalt für das Jahr 1999 ausgewiesene Betrag von 33.600 DM dem gesamten Einkommen des Klägers entsprochen habe, da dort lediglich sozialversicherungspflichtige Entgelte aufgeführt würden, der Kläger aber zeitweise einer nicht sozialversicherungspflichtigen Tätigkeit nachgegangen sei.
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Der Einwand bleibt ohne Erfolg. Das Berufungsgericht hat das Einkommen des Klägers für das Jahr 1999 dem gegenüber beiden Parteien ergangenen Steuerbescheid entnommen. Dass darin nicht sämtliche Einkünfte des Klägers aufgeführt worden seien, hat die Beklagte nicht geltend gemacht; Einkünfte aus sogenannter Schwarzarbeit hat sie selbst nicht behauptet.
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ee) Bei einem verbleibenden Einkommen von allenfalls 810 DM monatlich wäre der Kläger aber nicht mehr in der Lage gewesen, seine eigene Existenz zu sichern. Das ergibt sich zwar nicht unmittelbar aus dem Betrag des notwendigen Selbstbehalts, da die betreffenden Sätze in der Regel geringfügig über dem nach sozialhilferechtlichen Grundsätzen ermittelten Existenzminimum liegen. Angesichts des Umstandes, dass der dem Kläger verbleibende Teil seines Einkommens aber deutlich unter dem notwendigen Selbstbehalt liegt, ist von einem nicht mehr gewährleisteten Existenzminimum auszugehen. Das wird durch den doppelten Eckregelsatz der Sozialhilfe (vgl. zu diesem früheren Maßstab Senatsurteil vom 7. Dezember 1988 - IVb ZR 15/88 - FamRZ 1989, 272, 273; BVerfGE FamRZ 2001, 1685 f.) bestätigt, der zum 1. Juli 1999 für Alleinstehende in Baden-Württemberg monatlich 1.096 DM (548 DM x 2) betrug. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts war mit einer erheblichen Einkommensverbesserung auf Seiten des Klägers auch nicht zu rechnen, erst recht nicht mit einer solchen, bei der sich die vereinbarten 1.300 DM monatlich als Beschränkung des gesetzlichen Unterhalts dargestellt hätten (vgl. zu diesem Gesichtspunkt BGHZ 120, 272, 275 f.). Mit Rücksicht auf die Beeinträchtigung des Existenzminimums des Klägers begründet die vereinbarte Leibrente für diesen objektiv eine einseitige, durch die ehelichen Lebensverhältnisse nicht gerechtfertigte Lastenverteilung.
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6. Die Beurteilung, ob ein Ehevertrag wegen einer derartigen Lastenverteilung sittenwidrig und deshalb nach § 138 Abs. 1 BGB nichtig ist, erfordert indes zusätzlich eine Gesamtwürdigung, die neben den objektiv vorliegenden individuellen Verhältnissen beim Vertragsschluss die subjektiv von den Ehegatten mit der Abrede verfolgten Zwecke sowie die sonstigen Beweggründe zu berücksichtigen hat, die den begünstigten Ehegatten zu seinem Verlangen nach der ehevertraglichen Gestaltung veranlasst und den benachteiligten Ehegatten bewogen haben, diesem Verlangen zu entsprechen (Senatsurteil BGHZ 158, 81, 100). In diese Würdigung ist einzubeziehen, ob der Vertrag eine auf ungleichen Verhandlungspositionen basierende einseitige Dominanz eines Ehegatten widerspiegelt (BVerfG FamRZ 2001, 243, 247; Senatsurteil BGHZ 170, 77, 83). In solchen Fällen gestörter Vertragsparität ist dem Ehevertrag die Wirksamkeit zu versagen.
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a) Das Berufungsgericht hat zu den mit Ziff. 7 des Ehevertrages beabsichtigten Zwecken und den sonstigen Beweggründen für die Regelung keine Feststellungen getroffen. Es hat auch konkrete Umstände, die eine erheblich ungleiche Verhandlungsposition erkennen lassen, nicht ausmachen können. Entsprechende Feststellungen hat das Berufungsgericht allerdings für entbehrlich gehalten, weil angesichts des Umstands, dass die Parteien ohne nachvollziehbaren Grund eine evident einseitige, belastende Regelung getroffen hätten, eine tatsächliche Vermutung für eine Störung der subjektiven Verhandlungsparität spreche. Dabei sei für die Beklagte zumindest erkennbar gewesen, dass der Kläger nicht imstande gewesen sei, seine berechtigten Interessen angemessen zu vertreten. Dieser Auffassung vermag der Senat nicht zu folgen.
31
b) Der Kläger, der sich auf die Sittenwidrigkeit der Leibrentenverpflichtung beruft, muss die hierfür notwendigen Voraussetzungen darlegen und erforderlichenfalls beweisen. Nach der Rechtsprechung des Senats kann entsprechender Vortrag nicht deshalb für verzichtbar gehalten werden, weil die objektiven Gegebenheiten einen Rückschluss auf die subjektive Einstellung zuließen. Das kann für familienrechtliche Vereinbarungen nicht angenommen werden (Senatsurteile vom 24. April 1985 - IVb ZR 22/84 - FamRZ 1985, 788, 789 und vom 9. Juli 1992 - XII ZR 57/91 - FamRZ 1992, 1403, 1404). An dieser Auffassung hält der Senat fest.
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aa) Richtig ist zwar, dass es Fälle gibt, in denen bereits ein grobes Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung die Annahme zwingend nahe legt, dass der dadurch begünstigte Vertragspartner eine überlegene Verhandlungsposition bewusst oder grob fahrlässig zum Nachteil des anderen ausgenutzt hat. Die hierzu entwickelten Rechtsgrundsätze, die auf Austausch von Leistungen oder Gütern gerichtete Verträge betreffen, lassen sich auf familienrechtliche Verträge indessen nicht übertragen (a.A. für Fälle einer krassen objektiven Benachteiligung: Schwab DNotZ Sonderheft 2001, 9, 15). So wurde etwa für die Frage, ob und in welcher Weise neben den objektiven Voraussetzungen der Sittenwidrigkeit von Finanzierungs-Leasingverträgen über bewegliche Sachen das subjektive Erfordernis einer verwerflichen Gesinnung des Leasinggebers hervorgetreten ist, nach damaliger Rechtslage unterschieden, ob es sich bei dem Leasingnehmer um einen privaten Endverbraucher, einen vollkaufmännischen oder minderkaufmännischen Leasingnehmer oder Freiberufler handelt. Nur im ersten Fall wurde eine verwerfliche Gesinnung vermutet, wenn der objektive Tatbestand des § 138 Abs. 1 BGB vorlag. Beim vollkaufmännischen Leasingnehmer war dagegen umgekehrt zu vermuten, dass die persönlichen Voraussetzungen der Sittenwidrigkeit beim Leasinggeber nicht erfüllt waren. Bei Geschäften mit minderkaufmännischen Leasingnehmern oder Freiberuflern blieb es dagegen bei der allgemeinen Beweislastregel, dass derjenige, der sich auf die Nichtigkeit des Geschäfts beruft, die subjektiven Voraussetzungen der Sittenwidrigkeit darzulegen und zu beweisen hat (BGHZ 128, 255, 267 f.). Vergleichbares gilt z.B. auch für die Sittenwidrigkeit von Ratenkreditverträgen (vgl. BGHZ 98, 174, 178; 104, 102, 107).
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bb) Daraus ergibt sich, dass bei Vorliegen der objektiven Sittenwidrigkeit nur dann eine verwerfliche Gesinnung vermutet werden kann, wenn einem der Vertragspartner aufgrund außerhalb des konkreten Vertragsinhalts vorliegender Umstände eine überlegene Verhandlungsposition zukommt. Davon kann im Verhältnis von Ehegatten zueinander indessen nicht ohne weiteres ausgegangen werden. Selbst eine Schwangerschaft bei Abschluss des Ehevertrages ist nur ein Indiz für eine vertragliche Disparität, das Anlass gibt, den Vertrag einer verstärkten richterlichen Kontrolle zu unterziehen (Senatsurteile vom 25. Mai 2005 - XII ZR 296/01 - FamRZ 2005, 1444, 1447 und vom 5. Juli 2006 - XII ZR 25/04 - FamRZ 2006, 1359, 1361). Deshalb kann für die Beurteilung, ob die subjektiven Elemente der geltend gemachten Sittenwidrigkeit eines Ehevertrages vorliegen, auf konkrete Feststellungen hierzu jedenfalls für solche Fälle nicht verzichtet werden, in denen ein Ehegatte dem anderen Leistungen verspricht , für die es keine gesetzliche Grundlage gibt.
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7. Danach kann das angefochtene Urteil mit der gegebenen Begründung keinen Bestand haben. Es erweist sich allerdings aufgrund der getroffenen Feststellungen aus anderen Gründen als richtig, so dass die Revision zurückzuweisen ist (§ 561 ZPO).
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Die Leibrentenverpflichtung ist schon deshalb gemäß § 138 Abs. 1 BGB sittenwidrig und daher nichtig, weil sie den Träger der Sozialleistung belasten würde.
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a) Nach der Rechtsprechung des Senats kann eine Vereinbarung, durch die Verlobte oder Eheleute für den Fall ihrer Scheidung auf nachehelichen Unterhalt verzichten, nach deren von Inhalt, Beweggrund und Zweck bestimmtem Gesamtcharakter gegen die guten Sitten verstoßen, falls die Vertragschließenden dadurch zumindest grob fahrlässig eine Unterstützungsbedürftigkeit zu Lasten des Sozialleistungsträgers herbeiführen, auch wenn sie dessen Schädigung nicht beabsichtigen (vgl. etwa Senatsurteile BGHZ 86, 82, 88 = FamRZ 1983, 137 und vom 24. April 1985 - IVb ZR 22/84 - FamRZ 1985, 788, 790). Diese Rechtsprechung ist durch die Grundsätze, die der Senat zur Inhaltskontrolle von Eheverträgen entwickelt hat (vgl. grundlegend BGHZ 158, 81 ff.), nicht gegenstandslos geworden. Eine Unterhaltsabrede kann weiterhin sittenwidrig sein, wenn die Ehegatten damit auf der Ehe beruhende Familienlasten objektiv zum Nachteil des Sozialleistungsträgers regeln (Senatsurteil vom 25. Oktober 2006 - XII ZR 144/04 - FamRZ 2007, 197, 198 f.). Das gilt auch für den Fall, dass ein von den Ehegatten vereinbarter Unterhaltsverzicht einer auf das Verhältnis der Ehegatten zueinander bezogenen Inhaltskontrolle standhält, gleichwohl aber zur sozialhilferechtlichen Bedürftigkeit führt.
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b) Die genannte Rechtsprechung muss gleichermaßen zur Anwendung gelangen, wenn die Ehegatten - wie vorliegend - einen über das Recht des nachehelichen Unterhalts hinausgehenden Ausgleich vereinbaren und dadurch bewirken, dass der über den gesetzlichen Unterhalt hinaus zahlungspflichtige Ehegatte finanziell nicht mehr in der Lage ist, seine eigene Existenz zu sichern und deshalb ergänzender Sozialleistungen bedarf. Auch bei dieser Fallgestaltung werden die wirtschaftlichen Risiken der Scheidung in unzulässiger Weise auf den Sozialleistungsträger verlagert. Eine solche sich zum Nachteil Dritter auswirkende vertragliche Gestaltung verstößt objektiv gegen die guten Sitten, sofern sie nicht auf Motiven beruht, die sie zu rechtfertigen vermögen (vgl. Senatsurteil BGHZ 86, 82, 90).
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c) Danach sind im vorliegenden Fall die objektiven Voraussetzungen eines nach § 138 Abs. 1 BGB sittenwidrigen Rechtsgeschäfts gegeben. Die Erfüllung der vereinbarten Leibrentenverpflichtung hätte - wie unter 5. ausgeführt - zur Folge, dass das Existenzminimum des Klägers nicht mehr gewährleistet wäre, so dass er teilweise auf Sozialleistungen angewiesen wäre. Dem kann - entgegen der Auffassung der Revision - nicht entgegengehalten werden, einer Existenzgefährdung des Klägers könne bereits durch den Schutz der Pfändungsfreigrenzen begegnet werden. Der Kläger braucht sich jedenfalls der Beklagten gegenüber nicht auf eine Beitreibung der Leibrente im Wege der Zwangsvollstreckung verweisen zu lassen, sondern ist berechtigt, den Standpunkt einzunehmen, die vertraglich eingegangene Verpflichtung, die im Verhältnis der Vertragsparteien zueinander nicht sittenwidrig ist, erfüllen zu müssen. Andernfalls müsste der Kläger auch damit rechnen, im Rahmen der Zwangsvollstreckung die eidesstattliche Versicherung abgeben zu müssen. Außerdem würden Rückstände zuzüglich Zinsen auflaufen. All dies kann dem Kläger nicht zugemutet werden.
39
Umstände, die zu einer sittlichen Rechtfertigung der Regelung führen könnten, sind weder festgestellt noch sonst ersichtlich. Der Gesichtspunkt einer sogenannten "ritterlichen Scheidung", der nach früherem Recht bei einer Scheidung aus Verschulden zum Tragen kommen konnte (vgl. Senatsurteil BGHZ 86, 82, 86 f.), scheidet hier aus. Entgegen der Auffassung der Revision sind auch aus den weiteren ehevertraglichen Regelungen keine Anhaltspunkte dafür zu gewinnen, dass Ziff. 7 des Vertrages vor der Rechtsordnung Bestand haben könnte. Den unter den Ziffern 1 bis 4 und 6 aufgeführten Vereinbarungen , die maßgeblich das eheliche Zusammenleben im persönlichen Bereich betreffen, kommt keinerlei vermögensrechtliche Relevanz zu, so dass die unterschiedlichen Regelungskomplexe isoliert zu betrachten sind.
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d) Nach den getroffenen Feststellungen ist auch der subjektive Tatbestand des § 138 Abs. 1 BGB erfüllt. Angesichts der Einkommensverhältnisse des Klägers und der Höhe der vereinbarten Leibrente lag es auf der Hand, dass er mit den ihm verbleibenden Mitteln nicht seinen existentiell notwendigen Lebensunterhalt bestreiten konnte, zumal er - wenn auch nur in geringem Umfang - regelmäßige Unterhaltsleistungen für seine in der Türkei lebenden Kinder erbrachte. Diese Auswirkungen der ehevertraglichen Regelung müssen den Parteien bewusst gewesen sein, zumindest aber haben sie sich dieser Erkenntnis grob fahrlässig verschlossen, was als ausreichend zu erachten ist (vgl. BGHZ 86, 82, 89).
41
8. Da die Leibrentenverpflichtung nichtig ist, kann der Kläger in entsprechender Anwendung von § 371 BGB die Herausgabe des Vollstreckungstitels verlangen (vgl. BGH Urteile vom 21. Januar 1994 - V ZR 238/92 - NJW 1994, 1161, 1162 und vom 22. September 1994 - IX ZR 165/93 - NJW 1994, 3225).
Hahne Sprick Weber-Monecke Wagenitz Klinkhammer

Vorinstanzen:
AG Bruchsal, Entscheidung vom 14.10.2005 - 3 F 188/05 -
OLG Karlsruhe, Entscheidung vom 11.09.2006 - 20 UF 164/05 -

Die Ehegatten können über die Unterhaltspflicht für die Zeit nach der Scheidung Vereinbarungen treffen. Eine Vereinbarung, die vor der Rechtskraft der Scheidung getroffen wird, bedarf der notariellen Beurkundung. § 127a findet auch auf eine Vereinbarung Anwendung, die in einem Verfahren in Ehesachen vor dem Prozessgericht protokolliert wird.

(1) Hat die leistungsberechtigte Person für die Zeit, für die Leistungen erbracht werden, nach bürgerlichem Recht einen Unterhaltsanspruch, geht dieser bis zur Höhe der geleisteten Aufwendungen zusammen mit dem unterhaltsrechtlichen Auskunftsanspruch auf den Träger der Sozialhilfe über. Der Übergang des Anspruchs ist ausgeschlossen, soweit der Unterhaltsanspruch durch laufende Zahlung erfüllt wird. Der Übergang des Anspruchs ist auch ausgeschlossen, wenn die unterhaltspflichtige Person zum Personenkreis des § 19 gehört oder die unterhaltspflichtige Person mit der leistungsberechtigten Person vom zweiten Grad an verwandt ist. Gleiches gilt für Unterhaltsansprüche gegen Verwandte ersten Grades einer Person, die schwanger ist oder ihr leibliches Kind bis zur Vollendung seines sechsten Lebensjahres betreut. § 93 Abs. 4 gilt entsprechend.

(1a) Unterhaltsansprüche der Leistungsberechtigten gegenüber ihren Kindern und Eltern sind nicht zu berücksichtigen, es sei denn, deren jährliches Gesamteinkommen im Sinne des § 16 des Vierten Buches beträgt jeweils mehr als 100 000 Euro (Jahreseinkommensgrenze). Der Übergang von Ansprüchen der Leistungsberechtigten ist ausgeschlossen, sofern Unterhaltsansprüche nach Satz 1 nicht zu berücksichtigen sind. Es wird vermutet, dass das Einkommen der unterhaltsverpflichteten Personen nach Satz 1 die Jahreseinkommensgrenze nicht überschreitet. Zur Widerlegung der Vermutung nach Satz 3 kann der jeweils für die Ausführung des Gesetzes zuständige Träger von den Leistungsberechtigten Angaben verlangen, die Rückschlüsse auf die Einkommensverhältnisse der Unterhaltspflichtigen nach Satz 1 zulassen. Liegen im Einzelfall hinreichende Anhaltspunkte für ein Überschreiten der Jahreseinkommensgrenze vor, so ist § 117 anzuwenden. Die Sätze 1 bis 5 gelten nicht bei Leistungen nach dem Dritten Kapitel an minderjährige Kinder.

(2) Der Anspruch einer volljährigen unterhaltsberechtigten Person, die in der Eingliederungshilfe leistungsberechtigt im Sinne des § 99 Absatz 1 bis 3 des Neunten Buches oder pflegebedürftig im Sinne von § 61a ist, gegenüber ihren Eltern wegen Leistungen nach dem Siebten Kapitel geht nur in Höhe von bis zu 26 Euro, wegen Leistungen nach dem Dritten und Vierten Kapitel nur in Höhe von bis zu 20 Euro monatlich über. Es wird vermutet, dass der Anspruch in Höhe der genannten Beträge übergeht und mehrere Unterhaltspflichtige zu gleichen Teilen haften; die Vermutung kann widerlegt werden. Die in Satz 1 genannten Beträge verändern sich zum gleichen Zeitpunkt und um denselben Vomhundertsatz, um den sich das Kindergeld verändert.

(3) Ansprüche nach Absatz 1 und 2 gehen nicht über, soweit

1.
die unterhaltspflichtige Person Leistungsberechtigte nach dem Dritten und Vierten Kapitel ist oder bei Erfüllung des Anspruchs würde oder
2.
der Übergang des Anspruchs eine unbillige Härte bedeuten würde.
Der Träger der Sozialhilfe hat die Einschränkung des Übergangs nach Satz 1 zu berücksichtigen, wenn er von ihren Voraussetzungen durch vorgelegte Nachweise oder auf andere Weise Kenntnis hat.

(4) Für die Vergangenheit kann der Träger der Sozialhilfe den übergegangenen Unterhalt außer unter den Voraussetzungen des bürgerlichen Rechts nur von der Zeit an fordern, zu welcher er dem Unterhaltspflichtigen die Erbringung der Leistung schriftlich mitgeteilt hat. Wenn die Leistung voraussichtlich auf längere Zeit erbracht werden muss, kann der Träger der Sozialhilfe bis zur Höhe der bisherigen monatlichen Aufwendungen auch auf künftige Leistungen klagen.

(5) Der Träger der Sozialhilfe kann den auf ihn übergegangenen Unterhaltsanspruch im Einvernehmen mit der leistungsberechtigten Person auf diesen zur gerichtlichen Geltendmachung rückübertragen und sich den geltend gemachten Unterhaltsanspruch abtreten lassen. Kosten, mit denen die leistungsberechtigte Person dadurch selbst belastet wird, sind zu übernehmen. Über die Ansprüche nach den Absätzen 1, 2 bis 4 ist im Zivilrechtsweg zu entscheiden.

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.