Bundesgerichtshof Urteil, 19. Jan. 2011 - IV ZR 7/10

bei uns veröffentlicht am19.01.2011
vorgehend
Landgericht Köln, 37 O 653/08, 12.03.2009
Oberlandesgericht Köln, 2 U 46/09, 09.12.2009

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IV ZR 7/10 Verkündetam:
19.Januar2011
Bott
Justizhauptsekretärin
alsUrkundsbeamtin
derGeschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
Der Pflichtteilsverzicht eines behinderten Sozialleistungsbeziehers ist grundsätzlich
nicht sittenwidrig.
BGH, Urteil vom 19. Januar 2011 - IV ZR 7/10 - OLG Köln
LG Köln
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch den Vorsitzenden
Richter Terno, den Richter Wendt, die Richterin Dr. Kessal-Wulf, die
Richter Felsch und Lehmann auf die mündliche Verhandlung vom
19. Januar 2011

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 2. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 9. Dezember 2009 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der klagende Sozialhilfeträger verlangt aus übergeleitetem Pflichtteilsanspruch im Wege der Stufenklage vom Beklagten als Alleinerben seiner Ehefrau die Ermittlung des Werts eines zum Nachlass gehörenden Hausanwesens und Zahlung eines entsprechenden Betrags.
2
Am 6. November 2006 errichteten der Beklagte und seine Ehefrau ein notarielles gemeinschaftliches Testament. Darin setzten sich die Ehegatten gegenseitig als Alleinerben ein. Schlusserben sollten die drei gemeinsamen Kinder sein, von denen eine Tochter unter einer Lernbehinderung leidet, jedoch nicht unter gerichtlicher Betreuung steht und auch nicht in der Geschäftsfähigkeit eingeschränkt ist. Diese Tochter erhält seit dem Jahr 1992 vom Kläger Eingliederungshilfe (jetzt §§ 53 ff. SGB XII), die seit Mai 2007 als erweiterte Hilfe gemäß § 19 Abs. 5 SGB XII gezahlt wird. Die Leistungsbezieherin wurde für den Schlusserbfall zu 34/200 als nicht befreite Vorerbin eingesetzt; ihre Geschwister wurden zu je 83/200 zu Voll-Miterben bestimmt. Über den Vorerbteil wurde Dauertestamentsvollstreckung angeordnet. Testamentsvollstrecker sollte der Bruder der Leistungsbezieherin, Nacherben sollten die beiden Geschwister sein. Der Testamentsvollstrecker wurde angewiesen, der Leistungsbezieherin zur Verbesserung ihrer Lebensqualität aus den ihr gebührenden Reinerträgen des Nachlasses nach billigem Ermessen solche Geldoder Sachleistungen zukommen zu lassen, auf die der Sozialhilfeträger nicht zugreifen kann und die auch nicht auf die gewährten Sozialleistungen anrechenbar sind.
3
Im Anschluss an die Beurkundung des Testaments verzichteten die drei Kinder in notarieller Form auf ihren jeweiligen Pflichtteil nach dem Erstversterbenden. Noch im Laufe des Abends des 6. November 2006 verstarb die Ehefrau des Beklagten.
4
Bescheid Mit vom 30. April 2008 leitete der Kläger gemäß § 93 SGB XII den Pflichtteilsanspruch der Leistungsbezieherin nach der Mutter sowie "das nach § 2314 BGB bestehende Auskunftsrecht" auf sich über.
5
Der Beklagtebehauptet, die Motivation für den Pflichtteilsverzicht habe darin bestanden, ihn nach dem Tode seiner Ehefrau finanziell abzusichern und insbesondere eine Verwertung des Hausgrundstücks, neben dem keine wesentlichen Vermögenswerte vorhanden seien, zu vermeiden. Die Eheleute und ihre Kinder seien sich einig gewesen, dass die Kinder den elterlichen Nachlass erst nach dem Letztversterbenden erhal- ten sollten, weshalb nicht nur die Leistungsempfängerin, sondern alle drei Kinder auf ihren jeweiligen Pflichtteil verzichtet hätten.
6
Der Kläger hält jedenfalls den Pflichtteilsverzicht der Leistungsbezieherin wegen Verstoßes gegen § 138 Abs. 1 BGB für unwirksam, da dieser ausschließlich dazu diene, unter Verstoß gegen das sozialrechtliche Nachranggebot den Zugriff des Sozialversicherungsträgers wenigstens auf den Pflichtteilsanspruch der Leistungsempfängerin zu verhindern , und sich somit als Vertrag zu Lasten Dritter darstelle.
7
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, das Oberlandesgericht die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Kläger sein Begehren weiter.

Entscheidungsgründe:

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DasRechtsmittel hat keinen Erfolg.
9
I. Das Berufungsgericht hält den Pflichtteilsverzicht der Leistungsempfängerin für wirksam, weshalb dem Kläger kein Pflichtteilsanspruch - und damit auch kein Wertermittlungsanspruch - zustehe. Zwar wäre der Kläger ohne den Pflichtteilsverzicht Inhaber des Pflichtteilsanspruchs geworden. Jedoch verstoße weder das gemeinsame Testament, das auch die Erblasserin wirksam errichtet habe, noch der Pflichtteilsverzicht gegen die guten Sitten. Insbesondere sei die Rechtsprechung des XII. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs zur Sittenwidrigkeit von Unterhaltsverzichtsverträgen zwischen Ehegatten nicht übertragbar. Der Un- terschied bestehe schon darin, dass bei einem Unterhaltsverzicht dem Verzichtenden bereits ein subjektives Recht zustehe und er daher eine bestehende Erwerbsquelle und Unterhaltsmöglichkeit aufgebe, während sich der Pflichtteilsberechtigte vor dem Erbfall nur einer Erwerbschance begebe. Daran ändere auch der im Streitfall bestehende enge zeitliche Zusammenhang zwischen Verzicht und Erbfall nichts, da die Frage der Sittenwidrigkeit aus Gründen der Rechtssicherheit einheitlich zu beantworten sei. Da der Verzicht noch vor dem Erbfall erfolgt sei, könne offen bleiben, ob der Erlass eines bereits entstandenen Pflichtteilsanspruchs nach dem Erbfall sittenwidrig gewesen wäre.
10
II. Dies hält rechtlicher Nachprüfung im Ergebnis stand.
11
Recht Zu hat das Oberlandesgericht weder hinsichtlich des gemeinschaftlichen Testaments noch hinsichtlich des Pflichtteilsverzichts einen Sittenverstoß angenommen. Die Überleitung nach § 93 SGB XII ging daher ins Leere, weshalb der Kläger nicht Inhaber der geltend gemachten Wertermittlungs- und Pflichtteilsansprüche geworden ist.
12
1. Nach der gefestigten Senatsrechtsprechung zum so genannten Behindertentestament sind Verfügungen von Todes wegen, in denen Eltern eines behinderten Kindes die Nachlassverteilung durch eine kombinierte Anordnung von Vor- und Nacherbschaft sowie einer - mit konkreten Verwaltungsanweisungen versehenen - Dauertestamentsvollstreckung so gestalten, dass das Kind zwar Vorteile aus dem Nachlassvermögen erhält, der Sozialhilfeträger auf dieses jedoch nicht zugreifen kann, grundsätzlich nicht sittenwidrig, sondern vielmehr Ausdruck der sittlich anzuerkennenden Sorge für das Wohl des Kindes über den Tod der Eltern hinaus (BGHZ 123, 368; 111, 36; Senatsurteile vom 8. Dezember 2004 - IV ZR 223/03, NJW-RR 2005, 369; vom 19. Oktober 2005 - IV ZR 235/03, NJW-RR 2006, 223). Um ein solches Testament handelt es sich auch im Streitfall. Da die lernbehinderte Tochter des Beklagten Eingliederungshilfe nach den §§ 53 ff. SGB XII bezieht, die das Vorliegen einer Behinderung voraussetzen, ist es unerheblich, dass sie gleichwohl geschäftsfähig war und nicht unter gerichtlicher Betreuung stand.
13
2. Auch der von der Leistungsbezieherin erklärte Pflichtteilsverzicht verstößt weder für sich genommen noch in einer Gesamtschau mit dem elterlichen Testament gegen die guten Sitten und ist daher wirksam.
14
a) Die Sittenwidrigkeit von Pflichtteilsverzichten, die von Sozialleistungsbeziehern erklärt werden, wird in Rechtsprechung und Literatur kontrovers beurteilt.
15
Ein Teil der Rechtsprechung und - überwiegend älteren - Literatur hielt insbesondere ohne Gegenleistung erklärte Verzichte für sittenwidrig und nichtig (VGH Mannheim NJW 1993, 2953, 2954 f.; OLG Stuttgart NJW 2001, 3484 [unter II 2 c aa]; Juchem, Vermögensübertragung zugunsten behinderter Menschen durch vorweggenommene Erbfolge und Verfügungen von Todes wegen [2001], S. 132, 171; Lambrecht, Der Zugriff des Sozialhilfeträgers auf den erbrechtlichen Erwerb [2001], S. 172; Schumacher, Rechtsgeschäfte zu Lasten der Sozialhilfe im Familien - und Erbrecht [2000], S. 142 ff.; Settergren, Das "Behindertentestament" im Spannungsfeld zwischen Privatautonomie und sozialhilferechtlichem Nachrangprinzip [1999], S. 28 ff.; Köbl, ZfSH/SGB 1990, 449, 459 [unter II 3 c]; wohl auch van de Loo, MittRhNotK 1989, 233, 250; neuer- dings: Dutta, FamRZ 2010, 841 [unter 4] und AcP 209 (2009) 760 [unter IV 1]; wohl auch Kleensang, RNotZ 2007, 22, 23; aufgrund der besonderen Umstände des Streitfalles Armbrüster, ZEV 2010, 88 [unter 3]). Diese Ansicht stützt sich hauptsächlich auf eine Übertragbarkeit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Sittenwidrigkeit von Unterhaltsverzichten in Eheverträgen oder Scheidungsfolgevereinbarungen, die dazu führen, dass ein Ehegatte sozialhilfebedürftig wird (BGHZ 178, 322 Rn. 36; BGHZ 158, 81, 87; BGHZ 86, 82, 88; BGH, Urteile vom 25. Oktober 2006 - XII ZR 144/04, NJW 2007, 904 Rn. 19; vom 24. April 1985 - IVb ZR 22/84, FamRZ 1985, 788, 790).
16
Dagegen verneint die weit überwiegende Auffassung insbesondere im jüngeren Schrifttum die Sittenwidrigkeit des Verzichts (Schotten in Staudinger, BGB [2010] § 2346 Rn. 70b; von Proff, ZErb 2010, 206 [unter III 2]; Vaupel, RNotZ 2010, 141 ff. und RNotZ 2009, 497 [unter B I 2 c bb]; Jörg Mayer, ZEV 2007, 556, 559 [unter 2.8]; Krauß, Überlassungsverträge in der Praxis [2006], Rn. 82; Littig/Jörg Mayer, Sozialhilferegress gegenüber Erben und Beschenkten [1999], Rn. 177; Sturm, Pflichtteil und Unterhalt [1993], S. 177 ff., 186; wohl auch Engelmann, Letztwillige Verfügungen zugunsten Verschuldeter oder Sozialhilfebedürftiger 2. Aufl. [2001], S. 25 ff.; im Streitfall: Bengel/Spall, ZEV 2010, 195 [unter 1] und Litzenburger, FD-ErbR 2010, 297734 [unter Praxishinweis Nr. 2]).
17
b)Die letztgenannte Auffassung trifft zu; die Verneinung der Sittenwidrigkeit von Pflichtteilsverzichten behinderter Sozialleistungsbeziehern ist bereits in der Senatsrechtsprechung zum "Behindertentestament" angelegt.
18
diesem Mit Verzicht macht die Leistungsbezieherin von ihrem Recht aus § 2346 Abs. 2 BGB Gebrauch - durch Rechtsgeschäft mit der Erblasserin - die Entstehung des Pflichtteilsanspruchs auszuschließen (vgl. BGHZ 37, 319, 325; MünchKomm-BGB/Wegerhoff, 5. Aufl. § 2346 Rn. 3 ff. m.N.). Nach dem Grundsatz der Privatautonomie (Art. 2 Abs. 1 GG) sind Rechtsgeschäfte, die das bürgerliche Recht vorsieht, wirksam, solange sie nicht gegen entgegenstehende Gesetze verstoßen (§ 134 BGB). Nur in eng begrenzten Ausnahmefällen kann ihnen gleichwohl die Wirksamkeit versagt werden, wenn dies aufgrund übergeordneter Wertungen , etwa infolge objektiver Wertentscheidungen der Grundrechte, die über Generalklauseln wie § 138 Abs. 1 BGB in das Zivilrecht hineinwirken , erforderlich ist. In solchen Fällen muss jedoch stets die Unwirksamkeit des Rechtsgeschäfts, nicht etwa dessen Rechtfertigung konkret begründet werden. Grundsätzlich können demzufolge alle im Erbrecht vom Gesetz bereitgestellten Gestaltungsinstrumente einschließlich ihrer Kombinationsmöglichkeiten zunächst ausgeschöpft werden.
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Daher ist auch in Fällen etwaiger nachteiliger Wirkungen zu Lasten der Allgemeinheit nicht die Wirksamkeit des Rechtsgeschäfts durch besondere Gründe im Einzelfall zu rechtfertigen, sondern positiv festzustellen und zu begründen, gegen welche übergeordneten Wertungen das Rechtsgeschäft verstößt und weshalb seine Wirksamkeit nicht hingenommen werden kann. Dem entspricht beim "Behindertentestament", dass nicht etwa die Testierfreiheit einen sonst gegebenen Sittenverstoß ausschließt, sondern der von der Testierfreiheit getragenen letztwilligen Verfügung wegen der von den Eltern über ihren Tod hinaus getroffenen Fürsorge für das behinderte Kind die sittliche Anerkennung gebührt (vgl. BGHZ 111, 36, 42).
20
gegen Die die Wirksamkeit des Pflichtteilsverzichts angeführten Gründe vermögen dessen Sittenwidrigkeit nicht zu rechtfertigen.
21
aa) Beim Pflichtteilsverzicht eines Leistungsbeziehers handelt es sich schon deswegen nicht um einen unzulässigen "Vertrag zu Lasten Dritter" - wie der Kläger meint -, weil dem Sozialversicherungsträger durch den Verzicht keinerlei vertragliche Pflichten auferlegt werden. Der Nachteil der öffentlichen Hand entsteht vielmehr nur als Reflex durch Aufrechterhaltung der Bedürftigkeit. Für Dritte lediglich mittelbar durch das Rechtsgeschäft verursachte nachteilige Wirkungen sind von diesen jedoch grundsätzlich hinzunehmen und berühren die Wirksamkeit des Geschäfts im Regelfall nicht. Es bedarf - hier nicht vorliegender - gesetzlicher Regelungen, wenn Nachteile Dritter im konkreten Fall beseitigt oder ausgeglichen werden sollen (z.B. durch Schadensersatz-, Bereicherungs - oder Wertausgleichansprüche; Möglichkeiten einer Anfechtung; Wegfall oder Beschränkung von Ansprüchen gegen den Dritten, etc.).
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bb) Das Sozialhilferecht ist zwar von dem Grundsatz durchzogen, dass jeder nur insoweit staatliche Hilfe beanspruchen kann, als er die betreffenden Aufwendungen (insbesondere den Lebensunterhalt) nicht durch den Einsatz eigener Einkünfte und eigenen Vermögens bestreiten kann, er somit bedürftig ist (Nachranggrundsatz, Subsidiaritätsprinzip). Zivilrechtliche Gestaltungen können mit diesem Grundsatz in Konflikt geraten , wenn sie darauf gerichtet sind, die Bedürftigkeit einer Person gezielt herbeizuführen.
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(1) Der Nachranggrundsatz ist indessen schon im Sozialhilferecht selbst in erheblichem Maße durchbrochen (BGHZ 111, 36, 42), vom Gesetzgeber für die unterschiedlichen Leistungsarten differenziert ausges- taltet und nicht überall beibehalten worden, weshalb dem Subsidiaritätsprinzip als Grundsatz die Prägekraft weitgehend genommen worden ist (BGHZ 123, 368, 376). Der Gesetzgeber respektiert bei allen Leistungsarten Schonvermögen des Leistungsempfängers, seines Ehegatten und seiner Eltern. Bei Leistungen für behinderte Menschen ist der Einsatz eigenen Vermögens zudem auf das Zumutbare begrenzt und vor allem die Überleitung von Unterhaltsansprüchen - insbesondere gegenüber den Eltern des Behinderten - nur in sehr beschränktem Umfang möglich (§§ 19 Abs. 3, 92, 94 Abs. 2 SGB XII). Gerade darin zeigt sich das gegenläufige Prinzip des Familienlastenausgleichs, nach welchem die mit der Versorgung , Erziehung und Betreuung von Kindern verbundenen wirtschaftlichen Lasten, die im Falle behinderter Kinder besonders groß ausfallen, zu einem gewissen Teil endgültig von der Allgemeinheit getragen werden sollen, da nur Kinder die weitere Existenz der Gesellschaft sichern (BGHZ 123, 368, 376). Insbesondere bei Hilfebeziehern mit Behinderungen lässt sich somit keine hinreichend konsequente Durchführung des Nachrangs der öffentlichen Hilfe entnehmen, die - bezogen auf die Errichtung eines Behindertentestaments wie auch für den hier in Rede stehenden Pflichtteilsverzicht - die Einschränkung der Privatautonomie über § 138 Abs. 1 BGB rechtfertigen würde.
24
(2) In diesem Sinn hat der Bundesgerichtshof ferner entschieden (Urteil vom 6. Februar 2009 - V ZR 130/08, NJW 2009, 1346), dass es nicht ohne weiteres gegen die guten Sitten verstößt, ein Hausgrundstück , das im Wesentlichen das gesamte Vermögen darstellt, gegen das Versprechen von Versorgungsleistungen zu übertragen, die nur so lange geschuldet sein sollen, wie sie von dem Verpflichteten auf dem übernommenen Anwesen selbst erbracht werden können und bei einer späteren Heimunterbringung ersatzlos wegfallen sollen. Dies gilt selbst dann, wenn für die Heimunterbringung die Sozialhilfe aufkommen muss und deren Träger - wegen der lebzeitigen Übertragung - nicht im Regresswege auf das Hausgrundstück zugreifen kann. Den Übergebenden trifft keine Pflicht, über die Leistungen an die gesetzliche Rentenversicherung hinaus für sein Alter vorzusorgen (BGH aaO Rn. 15). Anders als in den Fällen von Unterhaltsverzichten in Scheidungsfolgenvereinbarungen werden keine gesetzlichen Ansprüche abbedungen und es wird auch nicht in ein gesetzliches Konzept zum Nachteil des Sozialversicherungsträgers eingegriffen , weshalb der Nachranggrundsatz der öffentlichen Hilfe nicht berührt ist (BGH aaO Rn. 18).
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(3) Die Maßgeblichkeit dieser Wertungen auch im Streitfall wird nicht dadurch in Frage gestellt, dass beim Pflichtteilsverzicht der Leistungsbezieher selbst handelt, während er bei der Errichtung eines Behindertentestaments nur von der Regelung des Nachlasses betroffen, nicht aber selbst als Handelnder daran beteiligt ist. Allerdings trifft es zu, dass sich der Verzichtende nicht wie der Erblasser auf die Testierfreiheit im eigentlichen Sinn berufen kann. Insofern ist der Pflichtteilsverzicht eher mit dem Fall der Ausschlagung einer bereits angefallenen Erbschaft vergleichbar.
26
Zwar hat das Oberlandesgericht Stuttgart (NJW 2001, 3484 [unter II 2 c]) in einem Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit hierzu entschieden , dass eine (vom Betreuer erklärte) Ausschlagung der Erbschaft eines behinderten Kindes nicht vom Vormundschaftsgericht genehmigt werden könne, insbesondere auch deswegen, weil eine solche Ausschlagung nicht mit dem sozialhilferechtlichen Nachrangprinzip zu vereinbaren sei. Der Behinderte entziehe durch die Ausschlagung bereits angefallenes Vermögen dem Zugriff des Sozialhilfeträgers und treffe da- her eine sittenwidrige (§ 138 Abs. 1 BGB) Disposition zu Lasten der Hilfe leistenden Allgemeinheit. Diesem Ergebnis stehe die Senatsrechtsprechung zum Behindertentestament deswegen nicht entgegen, weil die Entscheidung über die Ausschlagung nicht Ausfluss der Testierfreiheit sei. Dem hat sich das Oberlandesgericht Hamm (ZEV 2009, 471 [unter II] mit im Ergebnis zustimmender Anmerkung von Leipold) - ebenfalls in einem Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit - insoweit angeschlossen, als der Ausschlagende eigennützige und nicht wie der Erblasser eines Behindertentestaments altruistische Ziele verfolge.
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überzeugt Dies indes nicht (so zutreffend bereits LG Aachen FamRZ 2005, 1506, 1507). Die Wertungen der Senatsrechtsprechung zum Behindertentestament müssen auch bei erbrechtlich relevantem Handeln Behinderter selbst zum Tragen kommen. Die Entscheidung darüber , ob sie die Erbschaft bzw. den Pflichtteil erhalten wollen, wird zunächst durch die Privatautonomie gedeckt. Grundsätzlich ist jeder frei in seiner Entscheidung, ob er Erbe eines anderen werden oder auf andere Art etwas aus dessen Nachlass bekommen will. Vor diesem Hintergrund ist der Erbrechtsgarantie in Art. 14 Abs. 1 GG auch ein Gegenstück im Sinne einer "negativen Erbfreiheit" zu entnehmen. Wenn einerseits Erblasser frei darin sind, andere zu ihren Erben einzusetzen, ist dies andererseits nur insofern zu billigen, als die Betroffenen damit einverstanden sind. Es gibt keine Pflicht zu erben oder sonst etwas aus einem Nachlass anzunehmen. Wenigstens muss den Betreffenden das Recht zur Ausschlagung zustehen, um sich gegen den vom Gesetz vorgesehenen Vonselbst -Erwerb (§§ 1922, 1942 BGB) wehren zu können. Die grundsätzliche Ablehnungsmöglichkeit gegenüber Zuwendungen ist notwendiger Widerpart, der einen unmittelbar wirksamen Vermögensübergang ohne eigenes Zutun erst rechtfertigt. Insoweit kann für einen erbrechtlichen Erwerb von Vermächtnis- oder Pflichtteilsansprüchen im Grundsatz nichts anders gelten als für die Erbenstellung selbst. In diesem Sinn steht Pflichtteilsberechtigten für einen Verzicht nicht nur die durch Art. 2 Abs. 1 GG gewährleistete Privatautonomie, sondern auch der Grundgedanke der Erbfreiheit zur Seite.
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Dies gilt unabhängig davon, dass Gläubiger von einem erbrechtlichen Erwerb des Betroffenen profitieren würden (vgl. zum Insolvenzrecht § 83 Abs. 1 Satz 1 InsO; ferner BGH, Urteil vom 25. Juni 2009 - IX ZB 196/08, FamRZ 2009, 1486 Rn. 13 ff.). Auch gegenüber der Freiheit potentieller Erben und Pflichtteilsberechtigter gilt daher die Feststellung des Senats, dass der im Sozialhilferecht nur höchst unvollkommen ausgestaltete Nachranggrundsatz keine hinreichende Prägekraft aufweist, um eine Einschränkung der Privatautonomie bzw. der negativen Erbfreiheit im dargelegten Sinn über § 138 Abs. 1 BGB rechtfertigen zu können.
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(4) Weiter ist anzuerkennen, dass Behinderte mit dem Pflichtteilsverzicht typischerweise einer Erwartungshaltung der Eltern nachkommen , die sich gegenseitig zu Alleinerben eingesetzt haben und sicherstellen wollen, dass die Nachkommen nicht bereits beim Tode des Erstversterbenden Nachlasswerte für sich beanspruchen. Dieses Ergebnis kann nicht in gleicher Weise etwa durch eine Pflichtteilssanktionsklausel erreicht werden, da diese die Geltendmachung von Pflichtteilsansprüchen letztlich nicht unterbinden kann (vgl. dazu die Senatsurteile vom 8. Dezember 2004 aaO und vom 19. Oktober 2005 aaO). Verzichtet ein nicht behinderter Abkömmling ohne Sozialleistungsbezug in dieser Situation auf seinen Pflichtteil, ist dies sittlich anzuerkennen. Widersetzt er sich - trotz Berücksichtigung im Schlusserbfall - einem solchen Wunsch der Eltern, sieht er sich dem Vorwurf des Undanks und der Illoyalität ge- genüber der Familie ausgesetzt. Verzichtet ein Behinderter mit Rücksicht auf die gegenläufigen Interessen des Sozialhilfeträgers nicht auf den Pflichtteilsanspruch, setzt er sich zugleich in einen Gegensatz zu den Wünschen und Vorstellungen seiner Familie, die über Art. 6 Abs. 1 GG (Recht zur freien Gestaltung der Gemeinschaft in ehelicher und familiärer Verantwortlichkeit und Rücksicht, vgl. BVerfGE 103, 89, 101) ihrerseits verfassungsrechtlichen Schutz genießen. Dasselbe Verhalten, das bei einem nicht behinderten Nachkommen als sittlich billigenswert gälte, stellte sich mithin bei einem behinderten Kind als sittenwidrig dar.
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Zudem führt das Handeln des behinderten Pflichtteilsberechtigten nur eine Situation herbei, die in vergleichbarer Weise durch eine testamentarische Gestaltung der Eltern hätte erreicht werden können. Hätten diese sich nicht gegenseitig als Alleinerben eingesetzt, sondern - einer oft gegebenen Empfehlung folgend (etwa Everts, ZErb 2005, 353, 358) - dem behinderten Nachkommen bereits beim ersten Erbfall eine Miterbenstellung eingeräumt, hätte der Sozialhilfeträger nur bei einer Ausschlagung auf den Pflichtteilsanspruch zugreifen können. Nach heute einhelliger und überzeugender Auffassung kann der Sozialhilfeträger indes nicht das Ausschlagungsrecht auf sich überleiten und ausüben, um den Pflichtteilsanspruch nach § 2306 Abs. 1 BGB geltend zu machen (OLG Frankfurt, ZEV 2004, 24 [unter 3 c]; von Proff, ZErb 2010, 206 [unter II 4]; Vaupel, RNotZ 2009, 497 [unter V 1 c ee] m.w.N.; Litzenburger, ZEV 2009, 278 [unter 3.1] und RNotZ 2005, 162 [unter II 1] m.w.N.; Mensch, BWNotZ 2009, 162 [unter II 3.1]; Ruby, ZEV 2006, 66; Grziwotz, NotBZ 2006, 149, 151 f.; Krauß, Überlassungsverträge in der Praxis [2006], Rn. 86; Muscheler, ZEV 2005, 119 [unter I]; Ivo, FamRZ 2003, 6 [unter II 2 c]; Kuchinke, FamRZ 1992, 362 [unter III]; Bengel, ZEV 1994, 29, 30 [unter 2.3 (3)]; Köbl, ZfSH/SGB 1990, 449, 464 [unter IV 3]; Haas in Staudinger, BGB [2006] § 2317 Rn. 48b m.w.N.; wohl auch OLG Stuttgart , NJW 2001, 3484 [unter II 2 c cc]; Kleensang, RNotZ 2007, 22, 24 f.; Nazari Golpayegani/Boger, ZEV 2005, 377 [unter 3.2]; Jörg Mayer, MittBayNot 2005, 286, 289; Nieder, NJW 1994, 1265 [unter V 1]; a.A. früher nur van de Loo, NJW 1990, 2852, 2856; MittRhNotK 1989, 233, 249 und MittRhNotK 1989, 225, 226 [unter 4], der seine entgegenstehende Auffassung in ZEV 2006, 473, 477 ausdrücklich aufgegeben hat). Andernfalls erhielte der Sozialhilfeträger die Möglichkeit, auf die Erbfolge Einfluss zu nehmen, was generell nicht dem Erblasserwillen entspricht (BGH, Urteil vom 19. Oktober 2005 aaO = juris Rn. 22) und nach dem Gesetz den Bedachten selbst vorbehalten ist. Der Zugriff auf den Pflichtteil des Behinderten wäre danach dem Sozialhilfeträger bei einer entsprechenden testamentarischen Gestaltung in vergleichbarer Weise verwehrt gewesen wie bei Wirksamkeit des Pflichtteilsverzichts. Deshalb kann weder das Vorgehen des Behinderten als solches sittlich missbilligt werden noch hat dieses ein missbilligenswertes Ergebnis zur Folge.
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(5) Ebenso wenig überzeugt es schließlich, die Sittenwidrigkeit zivilrechtlicher Rechtsgeschäfte mit dem - wie bereits ausgeführt - nur schwach ausgestalteten sozialrechtlichen Nachranggrundsatz zu begründen. Der Verzicht auf eine Erwerbsquelle ändert nichts an der Verpflichtung , vorhandenes Vermögen und vorhandene Einkünfte einzusetzen. Die pflichtwidrige Herbeiführung der eigenen Bedürftigkeit kann innerhalb des sozialrechtlichen Regelungssystems mit Leistungskürzungen sanktioniert werden (vgl. § 26 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB XII). Für das Hineinwirken eines solchen öffentlich-rechtlichen Regelungsprinzips in die Zivilrechtsordnung über § 138 Abs. 1 BGB, um Behinderten die erbrechtlichen Instrumente zu beschneiden, fehlt dagegen eine tragfähige Grundlage.
32
cc) Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Unwirksamkeit von Unterhaltsverzichten in Eheverträgen und Scheidungsfolgenvereinbarungen , die den Sozialhilfeträger benachteiligen, ist auf Pflichtteilsverzichtsverträge nicht übertragbar.
33
Dabei braucht der umstrittenen Frage, ob und in welchem Umfang der Pflichtteil (noch) eine Unterhaltsfunktion hat, er etwa ein funktionelles Korrelat zur Unterhaltspflicht des Erblassers darstellt, nicht weiter nachgegangen zu werden (vgl. dazu ausführlich Sturm aaO S. 115 ff.). Das Bundesverfassungsgericht hat bei seiner Entscheidung zur Bestandsgarantie des Pflichtteilsrechts darauf jedenfalls nicht abgestellt (NJW 2005, 1561, 1563 f.; vgl. auch Keim, ZEV 2010, 56 [unter 3] m.w.N.).
34
Ebenso wenig kommt es darauf an, ob der Gesetzgeber in § 2346 BGB eine dem Unterhaltsverzichtsverbot des § 1614 Abs. 1 BGB vorgehende spezialgesetzliche Wertung getroffen hat (vgl. Sturm aaO S. 177 ff.) und ob der Pflichtteilsberechtigte im konkreten Fall seine Stellung als Unterhaltsgläubiger durch den Verzicht verschlechtern würde (vgl. Dutta FamRZ 2010, 841 [unter 5]).
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Dahinstehenkannschließlich, ob die Begründung des Berufungsgerichts letztlich trägt, das Pflichtteilsrecht stelle im Gegensatz zum Unterhaltsanspruch noch keine sichere - bereits bestehende - Erwerbsquelle dar.
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Entscheidend ist insoweit, dass das Pflichtteilsrecht der Leistungsbezieherin allenfalls ein Korrelat zu ihren Unterhaltsansprüchen gegenüber ihren Eltern sein und der Sozialhilfeträger gerade diese Unterhalts- ansprüche wegen des hier eingreifenden Grundsatzes des Familienlastenausgleichs nur in sehr eingeschränktem Maße auf sich überleiten kann (§§ 19 Abs. 3, 92, 94 Abs. 2 SGB XII). Dabei besteht kein Anhalt dafür, dass der Grundsatz des Familienlastenausgleichs das "Familienvermögen" der Eltern nur zu deren Lebzeiten schützen sollte. Eine solche Begrenzung ergibt sich weder aus dem Erb- noch aus dem Sozialrecht. So besteht die Beschränkung des Anspruchsübergangs nach § 92 Abs. 2 SGB XII unabhängig davon, ob die Eltern durch eine höhere Inanspruchnahme unbillig in ihrer Lebensführung beeinträchtigt werden. Letzteres begründet bei Vorliegen einer "unbilligen Härte" vielmehr eine eigenständige Beschränkung (§ 92 Abs. 3 SGB XII). Auch wird die Hilfe, die über die Grenzen des § 92 Abs. 2 SGB XII hinausgeht, nicht etwa nur als Darlehen gewährt, obwohl das SGB XII diese Form der Hilfeleistung durchaus kennt (vgl. § 91 SGB XII). Das alles spricht entscheidend dafür , dass den Familien behinderter Leistungsbezieher das über die Grenzen des § 92 Abs. 2 SGB XII hinausgehende Einkommen und Vermögen auf Dauer und nicht nur zu Lebzeiten der Eltern belassen werden soll.
37
Wäre der Pflichtteilsverzicht unwirksam, könnte der Sozialhilfeträger nach dem Erbfall dagegen über den Pflichtteil - als Korrelat des Unterhaltsanspruchs begriffen - in weiterem Umfang gegen den Unterhaltsschuldner vorgehen als zuvor. Dies ist in sich widersprüchlich und mit dem Grundsatz des Familienlastenausgleichs nicht zu vereinbaren.
38
diesem In Zusammenhang zeigt sich auch der Unterschied zum Familienrecht. Während Unterhaltsverzichte in Eheverträgen ehebedingte Nachteile, für deren Verteilung ein gesetzliches System besteht, unter dessen Umgehung auf die Allgemeinheit verteilen sollen, gibt es für die Tragung der besonderen Lasten, die mit der Erziehung und Betreuung behinderter Kinder verbunden sind, ein gesetzliches System im Sozialrecht , das den Zugriff auf die Eltern als Unterhaltsschuldner weitgehend ausschließt und diese Lasten der Allgemeinheit aufbürdet.
39
dd) Gegen die Annahme sittenwidriger Anwendung erbrechtlicher Gestaltungsinstrumente spricht letztlich das "beredte" Schweigen des Gesetzgebers. Das Regelungssystem im Sozialrecht, das die gegenläufigen Grundsätze der Subsidiarität und des Familienlastenausgleichs gegeneinander abgrenzen muss, enthält keine Vorschrift, die es dem Sozialhilfeträger ermöglicht, in jedem Fall mindestens auf den Pflichtteil des Leistungsbeziehers zugreifen zu können.
40
Obwohl die Diskussion über Behindertentestamente seit langem geführt wird und seit dem ersten Senatsurteil zum Behindertentestament (BGHZ 111, 36) zwei Jahrzehnte vergangen sind, hat der Gesetzgeber - trotz entsprechender Vorschläge (vgl. nur Kübler, Das sogenannte Behindertentestament unter besonderer Berücksichtigung der Stellung des Betreuers [1998], S. 142 f.) - die betreffenden Vorschriften des Sozialrechts nicht geändert. Der Sozialhilfeträger wird im Verhältnis zu anderen Gläubigern lediglich durch die Regelung in § 93 Abs. 1 Satz 4 SGB XII gegenüber § 852 Abs. 1 ZPO privilegiert (vgl. dazu Senatsurteil vom 8. Dezember 2004 - IV ZR 223/03, NJW-RR 2005, 369 unter II 2 d).
41
Daher besteht kein Anlass oder Grund, die bislang unterbliebene Erweiterung von Zugriffsmöglichkeiten gegenüber Eltern und Familien behinderter Kinder im Rahmen des § 138 Abs. 1 BGB richterrechtlich nachzuholen. Dies ist dem Gesetzgeber vorbehalten (vgl. Armbrüster, ZEV 2010, 555, 556; Klingelhöffer, ZEV 2010, 385, 387).
Terno Wendt Dr. Kessal-Wulf
Felsch Lehmann

Vorinstanzen:
LG Köln, Entscheidung vom 12.03.2009 - 37 O 653/08 -
OLG Köln, Entscheidung vom 09.12.2009 - 2 U 46/09 -

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Urteil, 19. Jan. 2011 - IV ZR 7/10

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(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung. (2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinsc
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(2) Der Verzicht kann auf das Pflichtteilsrecht beschränkt werden.

(1) Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Dritten Kapitel ist Personen zu leisten, die ihren notwendigen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, insbesondere aus ihrem Einkommen und Vermögen, bestreiten können.

(2) Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem Vierten Kapitel dieses Buches ist Personen zu leisten, die die Altersgrenze nach § 41 Absatz 2 erreicht haben oder das 18. Lebensjahr vollendet haben und dauerhaft voll erwerbsgemindert sind, sofern sie ihren notwendigen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, insbesondere aus ihrem Einkommen und Vermögen, bestreiten können. Die Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung gehen der Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Dritten Kapitel vor.

(3) Hilfen zur Gesundheit, Hilfe zur Pflege, Hilfe zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten und Hilfen in anderen Lebenslagen werden nach dem Fünften bis Neunten Kapitel dieses Buches geleistet, soweit den Leistungsberechtigten, ihren nicht getrennt lebenden Ehegatten oder Lebenspartnern und, wenn sie minderjährig und unverheiratet sind, auch ihren Eltern oder einem Elternteil die Aufbringung der Mittel aus dem Einkommen und Vermögen nach den Vorschriften des Elften Kapitels dieses Buches nicht zuzumuten ist.

(4) Lebt eine Person bei ihren Eltern oder einem Elternteil und ist sie schwanger oder betreut ihr leibliches Kind bis zur Vollendung des sechsten Lebensjahres, werden Einkommen und Vermögen der Eltern oder des Elternteils nicht berücksichtigt.

(5) Ist den in den Absätzen 1 bis 3 genannten Personen die Aufbringung der Mittel aus dem Einkommen und Vermögen im Sinne der Absätze 1 und 2 möglich oder im Sinne des Absatzes 3 zuzumuten und sind Leistungen erbracht worden, haben sie dem Träger der Sozialhilfe die Aufwendungen in diesem Umfang zu ersetzen. Mehrere Verpflichtete haften als Gesamtschuldner.

(6) Der Anspruch der Berechtigten auf Leistungen für Einrichtungen oder auf Pflegegeld steht, soweit die Leistung den Berechtigten erbracht worden wäre, nach ihrem Tode demjenigen zu, der die Leistung erbracht oder die Pflege geleistet hat.

(1) Hat eine leistungsberechtigte Person oder haben bei Gewährung von Hilfen nach dem Fünften bis Neunten Kapitel auch ihre Eltern, ihr nicht getrennt lebender Ehegatte oder ihr Lebenspartner für die Zeit, für die Leistungen erbracht werden, einen Anspruch gegen einen anderen, der kein Leistungsträger im Sinne des § 12 des Ersten Buches ist, kann der Träger der Sozialhilfe durch schriftliche Anzeige an den anderen bewirken, dass dieser Anspruch bis zur Höhe seiner Aufwendungen auf ihn übergeht. Er kann den Übergang dieses Anspruchs auch wegen seiner Aufwendungen für diejenigen Leistungen des Dritten und Vierten Kapitels bewirken, die er gleichzeitig mit den Leistungen für die in Satz 1 genannte leistungsberechtigte Person, deren nicht getrennt lebenden Ehegatten oder Lebenspartner und deren minderjährigen unverheirateten Kindern erbringt. Der Übergang des Anspruchs darf nur insoweit bewirkt werden, als bei rechtzeitiger Leistung des anderen entweder die Leistung nicht erbracht worden wäre oder in den Fällen des § 19 Abs. 5 Aufwendungsersatz oder ein Kostenbeitrag zu leisten wäre. Der Übergang ist nicht dadurch ausgeschlossen, dass der Anspruch nicht übertragen, verpfändet oder gepfändet werden kann.

(2) Die schriftliche Anzeige bewirkt den Übergang des Anspruchs für die Zeit, für die der leistungsberechtigten Person die Leistung ohne Unterbrechung erbracht wird. Als Unterbrechung gilt ein Zeitraum von mehr als zwei Monaten.

(3) Widerspruch und Anfechtungsklage gegen den Verwaltungsakt, der den Übergang des Anspruchs bewirkt, haben keine aufschiebende Wirkung.

(4) Die §§ 115 und 116 des Zehnten Buches gehen der Regelung des Absatzes 1 vor.

(1) Ist der Pflichtteilsberechtigte nicht Erbe, so hat ihm der Erbe auf Verlangen über den Bestand des Nachlasses Auskunft zu erteilen. Der Pflichtteilsberechtigte kann verlangen, dass er bei der Aufnahme des ihm nach § 260 vorzulegenden Verzeichnisses der Nachlassgegenstände zugezogen und dass der Wert der Nachlassgegenstände ermittelt wird. Er kann auch verlangen, dass das Verzeichnis durch die zuständige Behörde oder durch einen zuständigen Beamten oder Notar aufgenommen wird.

(2) Die Kosten fallen dem Nachlass zur Last.

(1) Ein Rechtsgeschäft, das gegen die guten Sitten verstößt, ist nichtig.

(2) Nichtig ist insbesondere ein Rechtsgeschäft, durch das jemand unter Ausbeutung der Zwangslage, der Unerfahrenheit, des Mangels an Urteilsvermögen oder der erheblichen Willensschwäche eines anderen sich oder einem Dritten für eine Leistung Vermögensvorteile versprechen oder gewähren lässt, die in einem auffälligen Missverhältnis zu der Leistung stehen.

(1) Hat eine leistungsberechtigte Person oder haben bei Gewährung von Hilfen nach dem Fünften bis Neunten Kapitel auch ihre Eltern, ihr nicht getrennt lebender Ehegatte oder ihr Lebenspartner für die Zeit, für die Leistungen erbracht werden, einen Anspruch gegen einen anderen, der kein Leistungsträger im Sinne des § 12 des Ersten Buches ist, kann der Träger der Sozialhilfe durch schriftliche Anzeige an den anderen bewirken, dass dieser Anspruch bis zur Höhe seiner Aufwendungen auf ihn übergeht. Er kann den Übergang dieses Anspruchs auch wegen seiner Aufwendungen für diejenigen Leistungen des Dritten und Vierten Kapitels bewirken, die er gleichzeitig mit den Leistungen für die in Satz 1 genannte leistungsberechtigte Person, deren nicht getrennt lebenden Ehegatten oder Lebenspartner und deren minderjährigen unverheirateten Kindern erbringt. Der Übergang des Anspruchs darf nur insoweit bewirkt werden, als bei rechtzeitiger Leistung des anderen entweder die Leistung nicht erbracht worden wäre oder in den Fällen des § 19 Abs. 5 Aufwendungsersatz oder ein Kostenbeitrag zu leisten wäre. Der Übergang ist nicht dadurch ausgeschlossen, dass der Anspruch nicht übertragen, verpfändet oder gepfändet werden kann.

(2) Die schriftliche Anzeige bewirkt den Übergang des Anspruchs für die Zeit, für die der leistungsberechtigten Person die Leistung ohne Unterbrechung erbracht wird. Als Unterbrechung gilt ein Zeitraum von mehr als zwei Monaten.

(3) Widerspruch und Anfechtungsklage gegen den Verwaltungsakt, der den Übergang des Anspruchs bewirkt, haben keine aufschiebende Wirkung.

(4) Die §§ 115 und 116 des Zehnten Buches gehen der Regelung des Absatzes 1 vor.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IV ZR 223/03 Verkündet am:
8. Dezember 2004
Heinekamp
Justizhauptsekretär
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
_____________________
BGB § 2317; BSHG § 90 Abs. 1
Der Pflichtteilsanspruch kann, wenn er auf den Sozialhilfeträger übergeleitet worden
ist, von diesem auch geltend gemacht werden, ohne daß es insoweit auf eine Entscheidung
des Pflichtteilsberechtigten selbst ankäme.
Zur Auslegung einer an die Ausübung des Pflichtteilsrechts anknüpfenden Verwirkungsklausel
in einem gemeinschaftlichen Ehegattentestament, wenn ein Sozialhilfeträger
den Pflichtteilsanspruch des behinderten Kindes nach dem erstversterbenden
Ehegatten auf sich überleitet und geltend macht.
BGH, Urteil vom 8. Dezember 2004 - IV ZR 223/03 - OLG Karlsruhe
LG Konstanz
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat dur ch den Vorsitzenden
Richter Terno und die Richter Dr. Schlichting, Seiffert, Wendt
und Felsch auf die mündliche Verhandlung vom 24. November 2004

für Recht erkannt:
1. Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des 9. Zivilsenats in Freiburg des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 24. September 2003 wird zurückgewiesen.
2. Soweit das Urteil des 9. Zivilsenats in Freiburg des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 24. September 2003 zum Nachteil des Klägers ergangen ist, werden auf dessen Rechtsmittel dieses Berufungsurteil aufgehoben und das Urteil des Landgerichts Konstanz vom 26. Februar 2003 geändert: Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteil t, dem Kläger zusätzlich Auskunft zu erteilen über den Bestand des Nachlasses des M. S. zum Zeitpunkt seines Erbfalles durch Vorlage eines durch einen Notar errichteten Nachlaßverzeichnisses.
Außerdem werden die Beklagten als Gesamtschuldner verurteilt, den Wert der zum Nachlaß gehörenden sowie der dem Nachlaß aufgrund einer Ausgleichungsoder Ergänzungspflicht hinzuzurechnenden Gegenstände durch Gutachten eines öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen zu ermitteln.

3. Zur Entscheidung über die nach Auskunft und Wertermittlung im Rahmen der Stufenklage angekündigten weiteren Anträge bleibt der Rechtsstreit an das Landgericht Konstanz zurückverwiesen, das auch über die Kosten des Berufungs- und Revisionsverfahrens zu entscheiden haben wird.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Der klagende Sozialhilfeträger nimmt die Beklagten als Erben ihres am 22. Dezember 1999 verstorbenen Vaters auf den Pflichtteil (einschließlich eventueller Ausgleichung und Ergänzung) ihrer behinderten Schwester am Nachlaß des Vaters in Anspruch. Die Mutter der Beklagten und der Behinderten starb am 4. März 2000. Der Kläger hat die Pflichtteilsansprüche nach beiden Eltern durch Bescheid vom 29. Juni 2001 gemäß § 90 BSHG auf sich übergeleitet.
Die Eltern hatten ein gemeinschaftliches Ehegatten testament errichtet , in dem sie sich gegenseitig als alleinige Erben einsetzten. Als Erben des Letztversterbenden wurden die acht Kinder bestimmt; Nacherben der Kinder sollten deren Abkömmlinge, beim Fehlen von Abkömmlingen die übrigen Geschwister oder ersatzweise deren Kinder sein. Für den Fall, daß eines der Kinder beim Tod des erstversterbenden Elternteils den Pflichtteil verlangen sollte, wurde dieses Kind (einschließlich seiner Abkömmlinge) beim Tod des letztversterbenden Elternteils ebenfalls auf den Pflichtteil gesetzt. Bezüglich des Erbteils der behinderten Tochter wurde auf deren Lebenszeit Testamentsvollstrekkung angeordnet. Der Testamentsvollstrecker sollte nach seinem Ermessen Sachleistungen und Vergünstigungen erbringen, die geeignet sind, dem behinderten Kind Erleichterung und Hilfen zu verschaffen. Diese Verpflichtung sollte aber entfallen, wenn die Leistungen auf die Sozialhilfe angerechnet würden.
Das Vormundschaftsgericht bestellte der Behinderte n eine Ergänzungsbetreuerin für den Aufgabenkreis Durchsetzung bestehender Erb-

ansprüche, insbesondere Pflichtteilsansprüche, aus den Nachlässen der Eltern. Die Betreuerin lehnte eine Geltendmachung von Pflichtteilsansprüchen mit Schreiben vom 13. November 2001 ab, weil sie in vollem Umfang vom Kläger vereinnahmt werden würden, die Behinderte davon also selbst keinen Nutzen hätte.
Das Landgericht hat die Stufenklage insgesamt abge wiesen. Mit der Berufung hat der Kläger seine erstinstanzlichen Ansprüche auf Auskunft und Wertermittlung gemäß § 2314 BGB weiter verfolgt. Das Berufungsgericht hat der Klage nur zum Teil stattgegeben (ZEV 2004, 26 f.). Mit den beiderseitigen Revisionen begehren die Beklagten die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils und der Kläger die volle Durchsetzung der bisher geltend gemachten Ansprüche.

Entscheidungsgründe:


Die Revision der Beklagten bleibt ohne Erfolg; die Revision des Klägers führt zum vollen Erfolg seiner Anträge.
I. Das Berufungsgericht vertritt die Auffassung, d urch die Überleitung gemäß § 90 BSHG seien die Pflichtteilsansprüche der behinderten Tochter, die durch das elterliche Testament nach dem Tod des Vaters enterbt worden sei, auf den Kläger übergegangen und könnten von diesem auch geltend gemacht werden. Daß ein Pflichtteilsanspruch nach § 852 Abs. 1 ZPO der Pfändung nur unterworfen ist, wenn er durch Vertrag anerkannt oder rechtshängig geworden ist, und daß ohne diese Vor-

aussetzungen nach §§ 400, 412 BGB auch kein gesetzlicher Forderungsübergang möglich ist, stehe wegen der gesetzlichen Regelung in § 90 Abs. 1 Satz 4 BSHG einem Übergang des Pflichtteilsanspruchs auf den Kläger hier nicht entgegen. Vielmehr gehe der Pflichtteilsanspruch auf den Sozialhilfeträger ohne jede Einschränkung über; insbesondere bleibe dem Pflichtteilsberechtigten nicht persönlich vorbehalten, ob er den Pflichtteilsanspruch geltend machen wolle oder nicht. Die Entschließung der Ergänzungspflegerin vom 13. November 2001, den Pflichtteilsanspruch nicht geltend zu machen, habe das durch den Bescheid vom 29. Juni 2001 auf den Kläger übergeleitete Pflichtteilsrecht nicht mehr beeinträchtigen können.
Die Verwirkungsklausel im Testament könne entgegen der Auffassung des Landgerichts nicht dazu führen, § 2306 Abs. 1 Satz 2 BGB entsprechend anzuwenden. Wenn das Ausschlagungsrecht des Erben, der im Fall des § 2306 Abs. 1 Satz 2 BGB trotz Ausschlagung den Anspruch auf den Pflichtteil behält, nicht nach § 90 BSHG auf den Sozialhilfeträger übergeleitet werden könne, lasse sich daraus nichts gegen eine Überleitung des wie hier auf Enterbung beruhenden Pflichtteilsanspruchs herleiten , auch wenn die Geltendmachung dieses Pflichtteilsanspruchs aufgrund einer testamentarischen Verwirkungsklausel die Enterbung des Pflichtteilsberechtigten in einem anderen Erbfall zur Folge habe. Die Übereinstimmung in den Rechtsfolgen ändere nichts an den Unterschieden in den Voraussetzungen beider Regelungen. Im vorliegenden Fall komme es auf diese Rechtsfragen aber schon deshalb nicht an, weil eine Auslegung des Testaments ergebe, daß die Eltern bei seiner Errichtung der behinderten Tochter nicht das Erbrecht nach dem letztversterbenden Elternteil hätten versagen wollen, wenn nicht die Tochter selbst, sondern

der Sozialhilfeträger beim ersten Erbfall Pflichtteilsansprüche geltend mache. Zwar hätten die Eltern den überlebenden Teil sichern und ihre acht Kinder gleich behandeln wollen. Durch die Geltendmachung des Pflichtteils nach dem erstverstorbenen Elternteil würden die anderen Beteiligten hier aber nicht wesentlich benachteiligt. Vor allem hätten die Eltern mit ihren testamentarischen Regelungen erreichen wollen, daß der behinderten Tochter über die Sozialhilfe hinaus Vorteile zufließen; sie hätten ihr das durch Testamentsvollstreckung gegenüber dem Sozialhilfeträger abgeschirmte Erbrecht nach dem letztversterbenden Elternteil auch dann nicht vorenthalten wollen, wenn der Sozialhilfeträger den Pflichtteil nach dem erstversterbenden Elternteil in Anspruch nehmen würde.
Damit sei die behinderte Tochter Miterbin nach ihr er zuletzt verstorbenen Mutter und also auch Erbeserbin nach ihrem Vater geworden. Deshalb stehe ihr und folglich auch dem Kläger aus übergeleitetem Recht kein Anspruch aus § 2314 BGB zu. Dieser Anspruch setze nämlich die Nichterbenstellung des Pflichtteilsberechtigten voraus. Einen Anspruch auf Wertermittlung auf eigene Kosten auf der Grundlage von § 242 BGB wolle der Kläger, wie er in der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht klargestellt habe, nicht geltend machen. Auskunft über den Bestand des Nachlasses sei bereits durch den Prozeßbevollmächtigten der Beklagten im vorliegenden Verfahren erteilt worden. Damit stehe dem Kläger lediglich noch Auskunft über ausgleichspflichtige Zuwendungen und Schenkungen sowie über den Güterstand der Eltern der Behinderten zu. Nur insoweit sei der Klage auf die Berufung stattzugeben. Im Hinblick auf die Stufenklage werde der Rechtsstreit im übri-

gen in entsprechender Anwendung von § 538 Abs. 2 Nr. 4 ZPO an das Landgericht zurückverwiesen.
II. 1. Demgegenüber machen die Beklagten mit ihrer Revision geltend , die Überleitung des Pflichtteilsanspruchs der Behinderten berechtige den Kläger für sich genommen noch nicht dazu, diesen Anspruch auch geltend zu machen. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sei zwischen dem Bestand des Pflichtteils- und Pflichtteilsergänzungsanspruchs einerseits und dem Recht zur Geltendmachung dieser Ansprüche andererseits zu unterscheiden. Nur unter besonderen Umständen komme etwa im Unterhaltsrecht eine Obliegenheit des Pflichtteilsberechtigten in Betracht, den Pflichtteilsanspruch geltend zu machen. Eine derartige Obliegenheit sei hier nicht festgestellt worden. Der Kläger sei an die Entscheidung der Ergänzungspflegerin, Pflichtteilsansprüche nicht geltend zu machen, gebunden.
2. Dem folgt der Senat nicht.

a) Nach der Rechtsprechung des IX. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs ist Sinn und Zweck des § 852 Abs. 1 ZPO, mit Rücksicht auf die familiäre Verbundenheit von Erblasser und Pflichtteilsberechtigtem allein diesem die Entscheidung zu überlassen, ob der Pflichtteilsanspruch gegen den Erben durchgesetzt werden soll; Gläubiger des Pflichtteilsberechtigten sollen diese Entscheidung nicht an sich ziehen können (BGHZ 123, 183, 186; Urteil vom 6. Mai 1997 - IX ZR 147/96 - NJW 1997, 2384 unter 2). Daran anknüpfend hat der früher für das Familienrecht zuständige Senat des Bundesgerichtshofs entschieden, auch wenn

sich ein Pflichtteilsberechtigter im allgemeinen Rechtsverkehr frei für oder gegen die Realisierung eines Pflichtteilsanspruchs entscheiden könne, bedeute dies nicht, daß für den Bereich des Unterhaltsrechts notwendig dieselben Grundsätze zu gelten hätten; hier könne eine Obliegenheit bestehen, den Pflichtteilsanspruch zur Befriedigung von Unterhaltsbedürfnissen geltend zu machen (BGH, Urteil vom 7. Juli 1982 - IVb ZR 738/80 - NJW 1982, 2771 unter 2 b). In Abgrenzung zu diesem Urteil hat der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs dann jedoch ausgesprochen , von den Vermögensbestandteilen, deren Verwertung dem Unterhaltsberechtigten zuzumuten sei, könne ein Pflichtteilsanspruch nicht von vornherein ausgenommen werden; der Verpflichtung zu dessen Verwertung könne sich eine Unterhaltsberechtigte grundsätzlich weder mit dem Argument, zur Befriedigung des Pflichtteilsanspruchs müsse die Erbin unwirtschaftliche Veräußerungen vornehmen, entziehen noch mit der Besorgnis , eine Geltendmachung des Pflichtteilsanspruchs gefährde die Aussicht der Pflichtteilsberechtigten, von der Pflichtteilsschuldnerin später als deren Erbin eingesetzt zu werden. Allerdings blieben Zumutbarkeitsgesichtspunkte von Bedeutung (Urteil vom 21. April 1993 - XII ZR 248/91 - NJW 1993, 1920 unter II 1 und 2 b).

b) Ähnlich wie die Revision der Beklagten vertritt auch Muscheler (Universalsukzession und Vonselbsterwerb, 2002, S. 235) die Auffassung , die bloße Überleitung des Anspruchs des Pflichtteilsberechtigten auf den Sozialhilfeträger nehme dem Pflichtteilsberechtigten nicht die allein ihm vom Gesetzgeber zugedachte Freiheit, über die Geltendmachung dieses Anspruchs autonom und ohne wirtschaftlichen Druck zu entscheiden. Nur wenn der Pflichtteilsberechtigte den Anspruch (im Sinne von § 852 Abs. 1 ZPO) geltend mache, führe die vorhergehende oder

nachträgliche Überleitung nach § 90 Abs. 1 Satz 1 BSHG dazu, daß der Sozialhilfeträger (endgültig) auf den Pflichtteilsschuldner zugreifen könne. Auch das Bayerische Oberste Landesgericht hat entschieden, der Sozialhilfeträger könne Pflichtteilsansprüche erst dann für sich verwerten , wenn die Pflichtteilsberechtigte, vertreten durch ihre Ergänzungsbetreuerin , sich zur Geltendmachung dieser Ansprüche entschlossen habe und die in § 852 Abs. 1 ZPO genannten Voraussetzungen vorlägen; die Geltendmachung von Pflichtteilsansprüchen sei nämlich allein vom Willen des Berechtigten abhängig, wie auch die Formulierung "kann" in §§ 2303 Abs. 1 Satz 1, 2325 Abs. 1 und 2329 Abs. 1 Satz 1 BGB zeige (FGPrax 2003, 268, 270).

c) Nach herrschender Meinung kann der auf Enterbun g beruhende Pflichtteilsanspruch dagegen, wenn er auf den Sozialhilfeträger übergeleitet worden ist, von diesem geltend gemacht werden, ohne daß es insoweit auf eine Entscheidung des Pflichtteilsberechtigten selbst ankäme (vgl. etwa Soergel/Dieckmann, BGB 13. Aufl. § 2306 Rdn. 29; MünchKomm-BGB/Lange, 4. Aufl. § 2317 Rdn. 10; MünchKomm-BGB/ Roth, 4. Aufl. § 412 Rdn. 24; Staudinger/Busche, BGB [1999] § 412 Rdn. 16; Bamberger/Roth/J. Mayer, BGB § 2317 Rdn. 7; Lange/Kuchinke , Erbrecht 5. Aufl. § 35 IV 6 a Fn. 90 S. 832; Nieder, NJW 1994, 1264, 1265 m.w.N.; Krampe, AcP 191 (1991) 526, 529).

d) Mit dem Berufungsgericht sieht der Senat einen Anhaltspunkt dafür, daß bei Pflichtteilsansprüchen zwischen der Inhaberschaft an einem solchen Anspruch einerseits und der Befugnis zur Geltendmachung andererseits zu unterscheiden sei, lediglich in § 852 Abs. 1 ZPO. Welche Bedeutung dieser Vorschrift über ihren unmittelbaren Anwendungsbe-

reich hinaus zukommt, bedarf hier keiner allgemeinen Entscheidung: Denn § 90 Abs. 1 Satz 4 BSHG bestimmt ausdrücklich, der Übergang eines Anspruchs auf den Sozialhilfeträger werde nicht dadurch ausgeschlossen , daß der Anspruch nicht übertragen, verpfändet oder gepfändet werden kann. Damit läßt sich aus § 852 Abs. 1 ZPO keinerlei Einschränkung zum Nachteil des Sozialhilfeträgers herleiten. Die Vorschrift des § 90 Abs. 1 Satz 4 BSHG würde ihres Sinnes beraubt, wenn man sie einschränkend dahin verstehen wollte, daß der Pflichtteilsanspruch nur vorbehaltlich einer persönlichen Entscheidung des Pflichtteilsberechtigten zur Geltendmachung übergeleitet werden könne (so aber Muscheler, aaO; wie hier dagegen van de Loo, NJW 1990, 2852, 2856; OLG Frankfurt ZEV 2004, 24). Der Sozialhilfeträger wird als Helfer des Sozialhilfeempfängers gerade anders behandelt als andere Gläubiger des Pflichtteilsberechtigten. Strikter als ein Unterhaltsberechtigter muß der Sozialhilfeempfänger auch Pflichtteilsansprüche infolge von § 90 Abs. 1 Satz 4 BSHG vorrangig einsetzen.
Dabei kommt es nicht darauf an, ob der Sozialhilfe träger den Pflichtteilsanspruch - wie hier - schon vor einer Entscheidung des Pflichtteilsberechtigten oder seines Betreuers übergeleitet hat. Ebenso wenig wie der Pflichtteilsberechtigte selbst an seine Entscheidung, den Pflichtteil nicht geltend zu machen, gebunden ist, steht es auch dem Sozialhilfeträger frei, nach einer Überleitung über die Geltendmachung des Pflichtteilsanspruchs unabhängig von einer etwa schon vorliegenden Äußerung des Pflichtteilsberechtigten oder dessen Betreuers zu entscheiden.

Dem steht nicht entgegen, daß der Sozialhilfeträge r in den Fällen des § 2306 Abs. 1 Satz 2 BGB - folgt man der herrschenden Meinung - das Recht zur Ausschlagung einer etwa durch Nacherbfolge und Testamentsvollstreckung beschränkten Erbschaft des Sozialhilfeempfängers nicht auf sich überleiten und ausüben kann (vgl. MünchKomm-BGB/ Leipold, § 1942 Rdn. 14; Bamberger/Roth/Seidl, § 1942 Rdn. 12; AnwKomm/Ivo, § 1942 Rdn. 20; Muscheler, aaO S. 231; OLG Stuttgart ZEV 2002, 367, 369 m. Anm. J. Mayer; OLG Frankfurt ZEV 2004, 24, 25 m. Anm. Spall; offengelassen in BGHZ 123, 368, 379). Denn für das Pflichtteilsrecht hat der Gesetzgeber - anders als etwa für das Erbrecht (§§ 1942 ff. BGB) - kein besonderes Ausschlagungsrecht geschaffen.
III. Der Kläger wendet sich mit seiner Revision un ter Bezug auf §§ 133, 157, 2084 BGB gegen die Auslegung der Verwirkungsklausel durch das Berufungsgericht. Er rügt, durch eine derartige Klausel solle nicht nur auf einen bewußten Ungehorsam eines Erben reagiert, sondern vor allem die im Testament vorgesehene Vermögensverteilung gesichert werden. Die Auslegung des Berufungsgerichts führe aber zu einer von den Eltern nicht gewollten wirtschaftlichen Bevorzugung des behinderten Kindes.
Das Berufungsgericht entnimmt dem gemeinschaftlich en Testament jedoch mit Recht den Willen der Eltern, über eine Sicherung des überlebenden Ehegatten und eine Gleichbehandlung aller Kinder im Schlußerbfall hinaus das Erbe der behinderten Tochter möglichst vor dem Zugriff des Sozialhilfeträgers zu bewahren. Das ist insbesondere aus der Anordnung einer Testamentsvollstreckung für den Erbteil der behinderten

Tochter sowie aus den für die Testamentsvollstreckung getroffenen näheren Regelungen des Testaments zu schließen. Mit diesen Zielen ist die vom Kläger vertretene Auslegung der Verwirkungsklausel unvereinbar: Anders als die pflichtteilsberechtigten Geschwister konnte der Sozialhilfeträger von der Geltendmachung des dem behinderten Kind zustehenden Pflichtteilsanspruchs nach dem erstversterbenden Elternteil hier von vornherein nicht durch die Aussicht abgehalten werden, den im Schlußerbfall der Behinderten zugedachten Erbteil zu verlieren. Denn auf den Erbteil der behinderten Tochter nach dem letztversterbenden Elternteil hätte der Sozialhilfeträger ohnehin nicht zugreifen können (§ 2214 BGB). Die Verwirkungsklausel würde bei wortgetreuer Anwendung zu dem geradezu widersinnigen Ergebnis führen, daß der Zugriff auf den Nachlaß des erstverstorbenen Elternteils dem Sozialhilfeträger den sonst versperrten Zugriff auf den Nachlaß des letztversterbenden Elternteils überhaupt erst eröffnen würde.
Die Verwirkungsklausel muß danach unter Berücksich tigung ihres Sinns im Gesamtzusammenhang des Testaments einschränkend ausgelegt werden. Wie das Berufungsgericht mit Recht angenommen hat, hätten die Eltern, wenn sie bei Testamentserrichtung die ihren Vorstellungen widersprechenden Folgen der Verwirkungsklausel im Hinblick auf die sich daraus für den Sozialhilfeträger ergebenden Möglichkeiten erkannt hätten, den Fall der Geltendmachung des Pflichtteilsanspruchs nach dem erstverstorbenen Elternteil durch den Sozialhilfeträger vom Anwendungsbereich der Verwirkungsklausel ausgenommen. Damit wird das behinderte Kind zwar gegenüber seinen Geschwistern bevorzugt, weil es trotz Inanspruchnahme des Pflichtteils nach dem erstverstorbenen Elternteil den ihm im Schlußerbfall zugedachten Erbteil nicht verliert. Diese

Konsequenz hätten die Eltern aber nach Auffassung des Berufungsgerichts in Kauf genommen. Diese tatrichterliche Auslegung ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden; sie ist auch überzeugend.
IV. Auf der Grundlage dieser Auslegung gelangt das Berufungsgericht zutreffend zu dem Ergebnis, daß die behinderte Tochter Mit(vor)erbin nach der zuletzt verstorbenen Mutter geworden ist. Da die Mutter Alleinerbin des vor ihr verstorbenen Vaters war, ist die behinderte Tochter auch dessen (Mit-)Erbeserbin geworden. Daraus hat das Berufungsgericht geschlossen, daß der behinderten Tochter und damit auch dem Kläger die Ansprüche aus § 2314 BGB nicht zustünden, weil sie einen Pflichtteilsberechtigten voraussetzen, der nicht Erbe geworden ist (vgl. BGH, Urteil vom 2. Juni 1993 - IV ZR 259/92 - NJW 1993, 2737 unter

I).


Ob dies auch dann gilt, wenn der Pflichtteilsberec htigte wie hier zunächst nicht Erbe war und erst durch einen weiteren Erbfall Erbeserbe geworden ist, bedarf hier keiner Entscheidung. Der Kläger kann jedenfalls im vorliegenden Fall die dem behinderten Kind als Erben der zuletzt verstorbenen Mutter etwa nach §§ 2027, 2028, 2038, 2057 BGB zustehenden Rechte, sich über Bestand und Wert ihres Nachlasses und des darin enthaltenen Nachlasses des vorverstorbenen Vaters zu informieren , nicht auf sich überleiten. Dem steht die für den Erbteil des behinderten Kindes nach der Mutter angeordnete Testamentsvollstreckung entgegen (§ 2214 BGB). Der Kläger hat also, auch wenn er den Pflichtteilsanspruch erst übergeleitet hat, als das behinderte Kind bereits Erbeserbin des Vaters geworden war, lediglich die Rechte eines pflichtteilsberechtig-

ten Nichterben erlangt, wie sie dem behinderten Kind vor dem Tod der Mutter zustanden. Deshalb kann der Kläger auch den der Verwirklichung des Pflichtteilsanspruchs nach dem Vater dienenden Auskunftsanspruch aus § 2314 BGB geltend machen.
Danach war das Berufungsurteil aufzuheben, soweit es die Abweisung von Ansprüchen des Klägers aus § 2314 BGB bestätigt hat, und den insoweit gestellten Anträgen des Klägers zu entsprechen.
Terno Dr. Schlichting Seiffert
Wendt Felsch

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IV ZR 235/03 Verkündet am:
19. Oktober 2005
Heinekamp
Justizhauptsekretär
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat dur ch den Vorsitzenden
Richter Terno, die Richter Seiffert, Wendt, Felsch und Dr. Franke
auf die mündliche Verhandlung vom 19. Oktober 2005

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 14. Zivilsenats in Kassel des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 7. Oktober 2003 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der klagende Sozialhilfeträger nimmt die Beklagte als Erbin ihrer am 12. März 1999 verstorbenen Mutter auf den Pflichtteil ihrer behinderten Schwester am Nachlass der Mutter in Anspruch. Der Vater der Beklagten und der Behinderten starb am 23. Mai 2000. Der Kläger hat die Pflichtteilsansprüche nach beiden Eltern durch Bescheid vom 15. Januar 2002 gemäß § 90 BSHG auf sich übergeleitet. Dagegen hat die Beklagte Widerspruch eingelegt.

2
Die Eltern hatten am 25. August 1995 ein gemeinsch aftliches Ehegattentestament errichtet, in dem sie sich gegenseitig als Alleinerben einsetzten. In dem Testament heißt es weiter: "Der überlebende Ehegatte von uns soll Vollerbe sein, so dass er über den gesamten Nachlass und sein Eigenvermögen frei verfügen kann. Sollte ein Kind bereits Pflichtteilsrechte nach dem Tode des ersten Elternteils geltend machen, verliert es beim Tod des länger lebenden Elternteils seinen testamentarisch festgelegten Anspruch."
3
Am 11. August 1999 errichtete der Vater ein handsc hriftliches Testament. Darin bestimmte er, dass seine behinderte Tochter als beschränkte Vorerbin einen Erbteil von 60% ihres gesetzlichen Erbteils als Barvermögen erhalten und die Beklagte "alles darüber hinausliegende" erben sollte. Zugleich setzte er die Beklagte bezüglich des Erbteils ihrer Schwester als Nacherbin ein und bestellte sie auf deren Lebenszeit zur Testamentsvollstreckerin. Sie sollte nach ihrem Ermessen Sachleistungen und Vergünstigungen erbringen, die geeignet sind, seiner behinderten Tochter Erleichterung und Hilfen zu verschaffen. Diese Verpflichtung sollte aber entfallen, sofern die Leistungen auf die Sozialhilfe angerechnet würden.
4
Die Beklagte und ihre Schwester machten keine Pfli chtteilsansprüche geltend. Letztere bestätigte mit schriftlicher Erklärung vom 16. Juni 1999, dass sie keine Pflichtteilsrechte in Anspruch nehmen wolle.
5
Der Kläger beziffert seine Leistungen, die er nach dem Tode der Mutter für die Behinderte im Rahmen der Eingliederungshilfe (§ 39 BSHG) bis Ende 2001 erbracht hat, auf 95.748,64 €. Er berechnet den Pflichtteil nach einer Quote von 1/8 des Nachlasses mit 42.115,05 €.
6
Seine Zahlungsklage in dieser Höhe ist in beiden I nstanzen erfolglos geblieben. Mit der Revision verfolgt er sein Zahlungsbegehren weiter.

Entscheidungsgründe:


7
Die Revision hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung d es Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
8
I. Das Berufungsgericht, dessen Urteil abgedruckt ist in ZEV 2004, 24 m. Anm. Spall S. 28 und ZERB 2004, 201 m. Anm. Ivo S. 174, hält den Kläger trotz der Anfechtung des Überleitungsbescheides für aktivlegitimiert. Der Überleitung stehe auch nicht entgegen, dass es Pflichtteilsberechtigten freistehe, Pflichtteilsansprüche geltend zu machen. Die Sonderregelung des § 90 Abs. 1 Satz 4 BSHG erlaube einem Sozialhilfeträger grundsätzlich auch gegen den Willen des Pflichtteilsberechtigten dessen Pflichtteilsanspruch durchzusetzen. Hier gelte aber etwas anderes , weil im gemeinschaftlichen Testament die Durchsetzung des Pflichtteilsanspruchs nach dem erstversterbenden Elternteil mit dem Verlust des testamentarisch festgelegten Anspruchs nach dem Tode des länger lebenden Elternteils sanktioniert sei; insoweit entfalte das gemeinschaftliche Testament Bindungswirkung, die die Verfügungsmacht des länger lebenden Ehegatten eingeschränkt habe.

9
Die Pflichtteilssanktionsklausel sei auch mit Blic k auf § 2306 BGB unter Einbeziehung der letztwilligen Verfügung des Vaters und die von der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGHZ 123, 368; 111, 36) gebilligte Gestaltung so genannter Behindertentestamente wirksam. Das gemeinschaftliche Testament werde davon ohnehin nicht berührt, so dass es auf die Wirksamkeit des Testaments des Vaters nicht einmal ankomme.
10
Aufgrund der Sanktionsklausel wäre die Geltendmach ung des Pflichtteils nach dem Tod der Mutter wirtschaftlich einer Ausschlagung der Erbschaft nach dem Tode des Vaters gleich gekommen. Da das Ausschlagungsrecht gemäß § 2306 BGB als höchst persönliches Recht nicht gemäß § 90 BSHG überleitbar sei, sei es gerechtfertigt, dass der Sozialhilfeträger nicht anstelle des Pflichtteilsberechtigten den Pflichtteil verlangen dürfe, weil das mit dem Verlust eines späteren testamentarischen Erbteils verbunden sei. Das wäre gleichbedeutend mit der (unzulässigen) Überleitung des Ausschlagungsrechts.
11
Die behinderte Tochter müsse daher weiter darüber befinden können , was aus ihrer Sicht für sie günstiger ist. Das sei hier zweifellos die Entscheidung gegen den Pflichtteil gewesen, weil damit auf Dauer sichergestellt sei, dass ihre persönlichen, durch die Sozialhilfe nicht gedeckten Bedürfnisse befriedigt werden könnten.
12
II. Das hält rechtlicher Nachprüfung in einem ents cheidenden Punkt nicht stand.

13
1. Der rechtliche Ansatz des Berufungsgerichts tri fft zu. Der Kläger ist infolge der Überleitung gemäß § 90 BSHG berechtigt, den streitgegenständlichen Pflichtteilsanspruch unbeschadet der Anfechtung des Überleitungsbescheides und unabhängig von den Vorstellungen der Pflichtteilsberechtigten gerichtlich durchzusetzen.
14
Die Revisionserwiderung räumt ein, dass unter öffe ntlichrechtlichen bzw. sozialhilferechtlichen Gesichtspunkten von einem wirksamen , die Zivilgerichte bindenden Überleitungsbescheid auszugehen ist, solange er nicht - abgesehen von dem hier nicht vorliegenden Fall der Nichtigkeit - durch die zuständige Behörde oder durch verwaltungsgerichtliche Entscheidung aufgehoben ist (BGH, Urteile vom 13. Juli 2004 - VI ZR 273/03 - FamRZ 2004, 1569 unter II 2 b bb und 29. März 1985 - V ZR 107/84 - FamRZ 1985, 778 unter 1). Entgegen ihrer Ansicht scheitert der Anspruchsübergang indes auch zivilrechtlich nicht, weil der Pflichtteilsanspruch ein höchst persönliches Recht darstelle, welches nicht auf den Sozialhilfeträger übergeleitet, jedenfalls aber nicht gegen den Willen des Pflichtteilsberechtigten geltend gemacht werden könne.
15
Der Senat hat in Übereinstimmung mit der herrschen den Lehre jüngst entschieden, dass der auf Enterbung beruhende Pflichtteilsanspruch , wenn er auf den Sozialhilfeträger übergeleitet worden ist, von diesem auch geltend gemacht werden kann, ohne dass es insoweit auf eine Entscheidung des Pflichtteilsberechtigten selbst ankäme (Urteil vom 8. Dezember 2004 - IV ZR 223/03 - ZEV 2005, 117 = FamRZ 2005, 448 unter II 2 d; Soergel/Dieckmann, BGB 13. Aufl. § 2306 Rdn. 29; MünchKomm-BGB/Lange, 4. Aufl. § 2317 Rdn. 10; MünchKomm-BGB/ Roth, 4. Aufl. § 412 Rdn. 24; Staudinger/Busche, BGB [1999] § 412 Rdn. 16; Bamberger/Roth/J. Mayer, BGB § 2317 Rdn. 7; Lange/Kuchinke , Erbrecht 5. Aufl. § 35 IV 6 a Fn. 90 S. 832; Nieder, NJW 1994, 1264, 1265 m.w.N.; Krampe, AcP 191 (1991), 526, 529; a.A. Muscheler, Universalsukzession und Vonselbsterwerb 2002 S. 235; zur Berechtigung von Unterhalts- und anderen Gläubigern des Pflichtteilsberechtigten vgl. BGH, Urteile vom 21. April 1993 - XII ZR 248/91 - NJW 1993, 1920 unter II 1 und 2 b; vom 7. Juli 1982 - IVb ZR 738/80 - NJW 1982, 2771 unter 2 b; vom 6. Mai 1997 - IX ZR 147/96 - NJW 1997, 2384 unter

2).


16
Das wird durch die Erwägungen der Revisionserwider ung nicht in Zweifel gezogen.
17
Die grundsätzliche Überleitbarkeit von Pflichtteil sansprüchen des Hilfeempfängers auf den Träger der Sozialhilfe ist höchstrichterlich anerkannt (vgl. nur BGHZ 123, 368, 379).
18
Die ausdrückliche Bestimmung in § 90 Abs. 1 Satz 4 BSHG, der Übergang eines Anspruchs auf den Sozialhilfeträger werde nicht dadurch ausgeschlossen, dass der Anspruch nicht übertragen, verpfändet oder gepfändet werden kann, würde hingegen ihres Sinnes beraubt, wenn man sie - wie es die Revisionserwiderung möchte - einschränkend dahin verstehen wollte, dass der Pflichtteilsanspruch nur vorbehaltlich einer persönlichen Entscheidung des Pflichtteilsberechtigten zur Geltendmachung übergeleitet werden könne. Der Gesetzgeber behandelt den Sozialhilfeträger als Helfer des Sozialhilfeempfängers gerade anders als andere Gläubiger des Pflichtteilsberechtigten; infolge von § 90 Abs. 1 Satz 4 BSHG muss der Sozialhilfeempfänger strikter als etwa ein Unter- haltsberechtigter auch Pflichtteilsansprüche vorrangig einsetzen (Senat aaO). In Anbetracht dessen rechtfertigen Gründe der Rücksichtnahme auf familienrechtliche Verbundenheit des Pflichtteilsberechtigten oder Respektierung des geäußerten Erblasserwillens ein anderes, begrenzteres Verständnis zum Einsatz dieses Vermögensteiles des Hilfeempfängers nach der Überleitung nicht. Gleiches gilt im Ergebnis für die Gründe , die gegen die Überleitung des Ausschlagungsrechts sprechen, denn für das Pflichtteilsrecht gibt es - anders als etwa für das Erbrecht (§§ 1942 ff. BGB) - ein besonderes Ausschlagungsrecht nicht (Senat aaO).
19
2. Rechtsfehlerfrei hat das Berufungsgericht auch die Wirksamkeit der Pflichtteilssanktionsklausel bejaht. Auf seine nicht ganz unbedenklichen Ausführungen zu der insofern gegebenen Bindungswirkung des gemeinschaftlichen Testaments gemäß §§ 2270, 2271 BGB (vgl. J. Mayer in Dittmann/Reimann/Bengel, Testament und Erbvertrag 4. Aufl. § 2269 Rdn. 87) und der dadurch bewirkten Beschränkung der Verfügungsmacht des Längstlebenden kommt es dabei nicht an. Die weitergehenden Wirksamkeitszweifel der Revision gegenüber der Klausel sind allerdings nicht begründet. Das gilt insbesondere für den angeblich fehlenden Bezug der Pflichtteilsklausel zu künftigen testamentarischen Zuwendungen des länger lebenden Ehegatten, die nicht vorgenommene Schlusserbeneinsetzung und die rechtliche Selbständigkeit der beiden letztwilligen Verfügungen.
20
Das Berufungsgericht konnte bei der von beiden Elt ern gewählten Pflichtteilsregelung rechtsfehlerfrei von einer wirksamen Sanktion ausgehen mit Bezug auf ein - wie später auch erfolgt - vom Längstlebenden zu errichtendes Testament zugunsten ihrer beiden Kinder. Derartige isolierte oder reine Pflichtteilssanktionsklauseln sind üblich und können Wirkungen auch für noch zu errichtende letztwillige Verfügungen entfalten (vgl. nur J. Mayer in Dittmann/Reimann/Bengel, aaO § 2269 Rdn. 12 f., 83 ff., auch zu "fakultativen Ausschlussklauseln … in der Form eines spezifizierten Änderungsvorbehalts"; vgl . ferner Langenfeld, NJW 1987, 1577, 1581). Die gemeinschaftlich Testierenden können auf die bindende Schlusserbeneinsetzung verzichten und lediglich schon eine Sanktion festlegen, wenn der Längstlebende dem Erben später mehr als den Pflichtteil zuwenden möchte. Dieser kann sich dann unbedenklich auf die zuvor niedergelegte Sanktion beziehen, so wie er selbst eine solche aussprechen kann, falls dies nicht bereits geregelt ist. Wirksamkeitsbedenken an der hier von den Ehegatten gewählten und dem Längstlebenden später eingehaltenen Gestaltung der letztwilligen Zuwendung ihres Vermögens an ihre Kinder einschließlich der Sanktionierung bestehen insoweit nicht.
21
3. Dem Berufungsgericht kann aber nicht darin gefo lgt werden, dass der Kläger wegen dieser Pflichtteilssanktionsklausel gehindert ist, den Pflichtteil zu verlangen. Seine Auffassung, dieses Verlangen bedinge zugleich den Verlust des vom Vater ausgesetzten Erbes, trifft nicht zu.
22
Dem gemeinschaftlichen Testament und dem darauf au fbauenden Testament des Ehemannes ist zu entnehmen, wie das Berufungsgericht ebenfalls nicht verkennt, dass der Wille der Eltern darauf gerichtet war, das der behinderten Tochter zugedachte, die Hälfte ihres gesetzlichen Erbteils übersteigende Erbe möglichst vor dem Zugriff des Sozialhilfeträ- gers zu bewahren. Damit ist die vom Kläger in seinem Überleitungsbescheid vertretene Auffassung, mit der Geltendmachung des Pflichtteils nach der Mutter habe sie auch nur einen - ebenfalls übergeleiteten - Pflichtteilsanspruch nach dem Vater, nicht zu vereinbaren, wie der Senat bereits in seinem vorgenannten Urteil vom 8. Dezember 2004 (aaO unter III) zu einem insoweit vergleichbaren Fall entschieden hat. Anders als die pflichtteilsberechtigte Schwester konnte der Sozialhilfeträger von der Durchsetzung des übergeleiteten Anspruchs nicht durch die Aussicht abgehalten werden, den der Behinderten von ihrem Vater zugedachten Erbteil zu verlieren. Auf diesen Erbteil hätte er wegen der angeordneten Testamentsvollstreckung ohnehin nicht zugreifen können (§ 2214 BGB). Bei wortgetreuem Verständnis der Klausel würde der Zugriff auf den Nachlass der erstverstorbenen Mutter dem Sozialhilfeträger den an sich versperrten Zugriff auf den Nachlass des letztverstorbenen Vaters überhaupt erst eröffnen. Anstelle einer solchen geradezu widersinnig erscheinenden Auslegung ist eine am Gesamtzusammenhang der beiden Testamente und den Vorstellungen der Eltern, hätten sie derartige Verständnismöglichkeiten bedacht, orientierte einschränkende Auslegung geboten, nach der der Sozialhilfeträger vom Anwendungsbereich der Klausel ausgenommen ist (Senat aaO). Auf diese Weise scheidet zugleich die von Testatoren ebenfalls regelmäßig nicht gewollte Einflussnahme außenstehender Dritter auf die angeordnete Erbfolge aus, die hier sonst dem Sozialhilfeträger durch die Überleitung und Geltendmachung des Pflichtteils über die Sanktionsklausel ermöglicht würde. Eine damit etwa einhergehende Bevorzugung des behinderten Kindes gegenüber seinen Geschwistern, weil es trotz der Inanspruchnahme des Pflichtteils nach dem erstverstorbenen Elternteil den Erbteil im Schlusserbfall behält, ist in solchen Fällen angesichts der ansonsten möglichen, aber gerade nicht gewollten Konsequenzen grundsätzlich mit dem Erblasserwillen zu vereinbaren. Für eine davon abweichende Vorstellung der Eltern ist hier weder etwas dargetan noch sonst ersichtlich.
23
4. Auf der Grundlage dieser Auslegung, die der Sen at selbst vornehmen kann, da insoweit weitere Aufklärung nicht in Betracht kommt (vgl. nur Zöller/Gummer, ZPO 25. Aufl. § 546 Rdn. 10 m.w.N.), hat der Kläger trotz der Überleitung erst nach dem zweiten Erbfall die Rechte des pflichtteilsberechtigten Kindes erlangt, die ihm vor dem Tod des Vaters zustanden (vgl. Senat aaO unter IV).

24
Der Senat kann in der Sache noch nicht abschließen d entscheiden (§ 563 Abs. 3 ZPO), weil der dem Kläger zustehende Pflichtteilsanspruch vor allem wegen der Bewertung des Grundbesitzes in Bad W. der Höhe nach umstritten ist und insoweit noch tatrichterlicher Aufklärung bedarf.
Terno Seiffert Wendt
Felsch Dr. Franke
Vorinstanzen:
LG Kassel, Entscheidung vom 14.11.2002 - 9 O 468/02 -
OLG Frankfurt in Kassel, Entscheidung vom 07.10.2003 - 14 U 233/02 -
19
Nach der Rechtsprechung des Senats kann eine Vereinbarung, durch die Verlobte oder Eheleute für den Fall ihrer Scheidung auf nachehelichen Unterhalt verzichten, nach deren von Inhalt, Beweggrund und Zweck bestimmten Gesamtcharakter gegen die guten Sitten verstoßen, falls die Vertragsschließenden dadurch bewusst eine Unterstützungsbedürftigkeit zu Lasten der Sozialhilfe herbeiführen, auch wenn sie eine Schädigung des Trägers der Sozialhilfe nicht beabsichtigen (vgl. etwa Senatsurteile BGHZ 86, 82, 88 = FamRZ 1983, 137 und vom 24. April 1985 - IVb ZR 22/84 - FamRZ 1985, 788, 790). Durch einen Unterhaltsverzicht werde eine Unterstützungsbedürftigkeit eines Ehegatten zu Lasten der Sozialhilfe allerdings dann nicht herbeigeführt, wenn die Ehegatten bei Abschluss des Ehevertrags noch nicht verheiratet gewesen seien, die Eheschließung aber vom vorherigen Unterhaltsverzicht abhängig gemacht hätten. Denn in einem solchen Fall habe der später bedürftige Ehegatte von vornherein keine Aussicht gehabt, einen Anspruch auf nachehelichen Unterhalt zu erwerben. Der Unterhaltsverzicht habe daher die Bedürftigkeit dieses Ehegatten und damit dessen Risiko, zur Bestreitung seines Lebensunterhalts auf Leistungen der Sozialhilfe angewiesen zu sein, nicht erhöht (Senatsurteil vom 9. Juli 1992 - XII ZR 57/91 - FamRZ 1992, 1403 f.).

(1) Verwandte sowie der Ehegatte des Erblassers können durch Vertrag mit dem Erblasser auf ihr gesetzliches Erbrecht verzichten. Der Verzichtende ist von der gesetzlichen Erbfolge ausgeschlossen, wie wenn er zur Zeit des Erbfalls nicht mehr lebte; er hat kein Pflichtteilsrecht.

(2) Der Verzicht kann auf das Pflichtteilsrecht beschränkt werden.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

Ein Rechtsgeschäft, das gegen ein gesetzliches Verbot verstößt, ist nichtig, wenn sich nicht aus dem Gesetz ein anderes ergibt.

(1) Ein Rechtsgeschäft, das gegen die guten Sitten verstößt, ist nichtig.

(2) Nichtig ist insbesondere ein Rechtsgeschäft, durch das jemand unter Ausbeutung der Zwangslage, der Unerfahrenheit, des Mangels an Urteilsvermögen oder der erheblichen Willensschwäche eines anderen sich oder einem Dritten für eine Leistung Vermögensvorteile versprechen oder gewähren lässt, die in einem auffälligen Missverhältnis zu der Leistung stehen.

(1) Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Dritten Kapitel ist Personen zu leisten, die ihren notwendigen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, insbesondere aus ihrem Einkommen und Vermögen, bestreiten können.

(2) Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem Vierten Kapitel dieses Buches ist Personen zu leisten, die die Altersgrenze nach § 41 Absatz 2 erreicht haben oder das 18. Lebensjahr vollendet haben und dauerhaft voll erwerbsgemindert sind, sofern sie ihren notwendigen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, insbesondere aus ihrem Einkommen und Vermögen, bestreiten können. Die Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung gehen der Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Dritten Kapitel vor.

(3) Hilfen zur Gesundheit, Hilfe zur Pflege, Hilfe zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten und Hilfen in anderen Lebenslagen werden nach dem Fünften bis Neunten Kapitel dieses Buches geleistet, soweit den Leistungsberechtigten, ihren nicht getrennt lebenden Ehegatten oder Lebenspartnern und, wenn sie minderjährig und unverheiratet sind, auch ihren Eltern oder einem Elternteil die Aufbringung der Mittel aus dem Einkommen und Vermögen nach den Vorschriften des Elften Kapitels dieses Buches nicht zuzumuten ist.

(4) Lebt eine Person bei ihren Eltern oder einem Elternteil und ist sie schwanger oder betreut ihr leibliches Kind bis zur Vollendung des sechsten Lebensjahres, werden Einkommen und Vermögen der Eltern oder des Elternteils nicht berücksichtigt.

(5) Ist den in den Absätzen 1 bis 3 genannten Personen die Aufbringung der Mittel aus dem Einkommen und Vermögen im Sinne der Absätze 1 und 2 möglich oder im Sinne des Absatzes 3 zuzumuten und sind Leistungen erbracht worden, haben sie dem Träger der Sozialhilfe die Aufwendungen in diesem Umfang zu ersetzen. Mehrere Verpflichtete haften als Gesamtschuldner.

(6) Der Anspruch der Berechtigten auf Leistungen für Einrichtungen oder auf Pflegegeld steht, soweit die Leistung den Berechtigten erbracht worden wäre, nach ihrem Tode demjenigen zu, der die Leistung erbracht oder die Pflege geleistet hat.

(1) Ein Rechtsgeschäft, das gegen die guten Sitten verstößt, ist nichtig.

(2) Nichtig ist insbesondere ein Rechtsgeschäft, durch das jemand unter Ausbeutung der Zwangslage, der Unerfahrenheit, des Mangels an Urteilsvermögen oder der erheblichen Willensschwäche eines anderen sich oder einem Dritten für eine Leistung Vermögensvorteile versprechen oder gewähren lässt, die in einem auffälligen Missverhältnis zu der Leistung stehen.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 130/08 Verkündet am:
6. Februar 2009
Lesniak
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BHR: ja
Dass in einem Vertrag als Gegenleistung für die Übertragung eines Hausgrundstücks
vereinbarte Versorgungsleistungen nur so lange geschuldet sein sollen, wie sie von
dem Verpflichteten in dem übernommenen Haus erbracht werden können, führt nicht
ohne weiteres zur Sittenwidrigkeit der vereinbarten Regelung.
BGH, Urteil vom 6. Februar 2009 - V ZR 130/08 - LG Bamberg
AG Bamberg
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 6. Februar 2009 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Krüger und die
Richter Dr. Klein, Dr. Lemke, Dr. Schmidt-Räntsch und Dr. Roth

für Recht erkannt:
Auf die Rechtsmittel des Beklagten werden das Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Bamberg vom 20. Juni 2008 aufgehoben und das Urteil der Abteilung 104 des Amtsgerichts Bamberg vom 18. April 2007 abgeändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits einschließlich der Kosten der Streithilfe.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
M. E. war Eigentümer eines mit einem Einfamilienhaus bebauten Grundstücks. Durch Notarvertrag vom 22. Dezember 1993 verpflichtete er sich, das Grundstück dem Beklagten, seinem Sohn, zu übertragen. Dieser hatte als "Gegenleistung" seinem Vater das Recht zur alleinigen Nutzung eines näher bezeichneten Zimmers und das Recht zur Mitbenutzung der zur gemeinschaftli- chen Benutzung durch die Bewohner des Hauses bestimmten Anlagen und Einrichtungen als Wohnrecht zu bestellen, Zimmer, Anlagen und Einrichtungen in "gut bewohnbarem Zustand" zu erhalten, den Vater zu beköstigen und im Falle der Gebrechlichkeit oder Krankheit zu pflegen.
2
Die Ausübung des Wohnrechts durch Dritte sollte nicht gestattet sein; die Verpflichtung zur Gewährung von Kost und Pflege sollte nur bestehen, "solange der Berechtigte in dem Vertragsanwesen wohne und die Pflege ohne Inanspruchnahme einer bezahlten Pflegeperson möglich" sei. Für den Fall, dass der Vater in ein Pflege- oder Altersheim aufgenommen werde, sollte die Verpflichtung zur Verköstigung und Pflege "ruhen, … ohne dass der Erwerber dafür einen Ausgleich bzw. Ersatz zu leisten" habe. Gegenüber seinen Schwestern übernahm der Beklagte im Vertrag Ausgleichspflichten; diese verzichteten auf Ansprüche aus dem Pflichtteilsrecht im Hinblick auf die Übertragung des Grundstücks.
3
2005 wurde der Vater des Beklagten als pflegebedürftig in ein Heim aufgenommen. Seine Rente und die Leistungen der Pflegeversicherung reichen nicht aus, die Heimkosten zu decken. In Höhe der Differenz von durchschnittlich 240 € im Monat gewährt ihm der Kläger Sozialhilfe. Mit Anzeige vom 26. Oktober 2005 leitete der Kläger "die Ansprüche aus dem Vertrag vom 22. Dezember 1993" auf sich über. Aus dem übergeleiteten Recht verlangt er mit der Klage für den Zeitraum seit dem 1. Juli 2005 Zahlung von monatlich 158 € zuzüglich Zinsen.
4
Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landgericht hat den Betrag der Zahlungsverpflichtung des Beklagten auf 128 € pro Monat herabgesetzt und die weitergehende Klage abgewiesen. Mit der von dem Landgericht zugelassenen Revision erstrebt der Beklagte die vollständige Abweisung der Klage.

Entscheidungsgründe:

I.

5
Das Berufungsgericht meint, bei dem Vertrag vom 23. Dezember 1993 handele es sich nicht um einen Altenteilsvertrag gemäß Art. 7 ff. BayAGBGB, sondern um einen Vertrag eigener Art, durch den sich der Beklagte als Gegenleistung für die Übertragung des Grundstücks verpflichtet habe, seinen Vater zu versorgen. Die Vereinbarung des Ruhens dieser Pflicht für den Fall von dessen Aufnahme in ein Alters- oder Pflegeheim habe zum Ziel, das von diesem gebildete Vermögen in der Familie zu behalten, statt es zur Deckung des mit der Heimaufnahme verbundenen erhöhten Bedarfs zu verwenden und diesen Aufwand der Allgemeinheit aufzuerlegen. Insoweit sei der Übertragungsvertrag sittenwidrig und nichtig.
6
Das berühre die Wirksamkeit des Vertrages im Übrigen nicht. Die aus der Nichtigkeit der Klausel folgende Lücke der vertraglichen Regelung sei im Wege der ergänzenden Auslegung dahin zu schließen, dass der Beklagte seinem Vater den Betrag zu erstatten habe, den er aufgrund des Entfallens der Verpflichtung, diesen zu verköstigen und pflegen und das Haus in Stand zu halten , erspare. Dieser Betrag sei nach dem Umfang der vereinbarten Pflegeverpflichtung mit dem hälftigen Betrag des gesetzlichen Pflegegelds der Stufe I, insoweit 103 €, zuzüglich 25 € ersparter Instandhaltungskosten, insgesamt mithin auf monatlich 128 € zu bemessen.

II.

7
Das hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Aus dem Vertrag zwischen dem Beklagten und seinem Vater vom 22. Dezember 1993 ergeben sich keine Zahlungsansprüche, die auf den Kläger hätten übergeleitet werden können. Soweit das Berufungsgericht solche Ansprüche im Wege ergänzender Vertragsauslegung hergeleitet hat, ist dem schon deswegen nicht zu folgen, weil der Vertrag keine ausfüllungsbedürftige Lücke aufweist. Die Vertragsparteien haben für den Fall, dass der Berechtigte in ein Pflege- oder Altersheim aufgenommen würde, Zahlungsansprüche als Ersatz für die nicht mehr zu erbringenden Naturalleistungen ausdrücklich ausgeschlossen. Dieser Ausschluss ist entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts wirksam.
8
1. Das folgt allerdings entgegen der Meinung der Revision nicht schon aus dem Senatsbeschluss vom 23. Januar 2003 (V ZB 48/02, NJW-RR 2003, 577). In dieser Entscheidung hat der Senat eine Aussage in dem Urteil vom 21. September 2001 (V ZR 14/01, WM 2002, 598, 599) richtig gestellt. Dort hatte er angenommen, dass eine Regelung, wonach Versorgungspflichten in Übernahmeverträgen für den Fall der Aufnahme des Übertragenden in ein Heim entfallen , einen nach unserer Rechtsordnung nicht möglichen Vertrag zu Lasten Dritter , nämlich zu Lasten des Trägers der Sozialhilfe bedeute. Das trifft, wie in dem Beschluss vom 23. Januar 2003 ausgeführt wird, nicht zu. Dass sich eine zwischen zwei Parteien vereinbarte Regelung für einen Dritten wirtschaftlich nachteilig auswirkt, macht die Vereinbarung nicht zu einem Vertrag zu Lasten Dritter im Rechtssinne (Staudinger/Jagmann, BGB [2004], Vorbem. zu §§ 328 ff., Rdn. 45; Mayer, MittBayNot 2002, 152, 153; Krauß, DNotZ 2002, 706, 710).
9
Auf diese Aussage beschränkt sich indes die Richtigstellung. Aus ihr ergibt sich nicht, ob eine solche Vereinbarung aus anderen Gründen, nämlich wegen Verstoßes gegen die guten Sitten, § 138 Abs. 1 BGB, nichtig ist (bejahend Schwarz, ZEV 1997, 309, 314 [„in der Regel“]; Littig/Mayer, Sozialhilferegress und lebzeitige Zuwendungen, Rdn. 141; Wahl, Vertragliche Versorgungsrechte in Übergabeverträgen und sozialrechtliche Ansprüche, Diss. Bayreuth 1989, S. 291). Diese Frage hat der Senat bisher nicht entschieden.
10
2. Die Frage der Sittenwidrigkeit nach § 138 Abs. 1 BGB beurteilt sich danach, ob der Ausschluss von Zahlungsansprüchen mit der Folge, dass der Sozialhilfeträger eintreten muss, nach Inhalt, Beweggrund und Zweck in einer Weise zu missbilligen ist, dass es dem Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden widerspricht (vgl. Schwarz, JZ 1997, 545; Krauß, MittBayNot 1992, 77, 81). Das ist im vorliegenden Fall nicht anzunehmen.
11
a) Durch die Übertragung auf den Beklagten steht das Hausgrundstück nicht mehr zur Deckung der Kosten zur Verfügung, die durch die Heimunterbringung des Vaters des Beklagten entstehen. Das ist, für sich genommen, kein von der Rechtsordnung missbilligter Vorgang. Dieselbe Rechtsfolge träte nämlich ein, wenn der Vater des Beklagten diesem sein Hausgrundstück seinerzeit geschenkt hätte, ohne sich Kost und Logis durch den Beklagten vorzubehalten. Auch eine solche Schenkung kann bei einer Verarmung des Schenkers dazu führen, dass er mit seinen Mitteln seine Unterbringung und Pflege im Alter nicht mehr bestreiten kann. Diese mögliche Folge einer Schenkung führt nach der Wertung des Gesetzgebers nicht zu der sittlichen Missbilligung der Schenkung als solcher und nicht zu deren Nichtigkeit. Die Folge ist vielmehr, dass der Schenker, bei Überleitung nach § 93 SGB XII der zuständige Sozialhilfeträger, im Falle der späteren Verarmung das Geschenk nach Maßgabe von § 528 Abs. 1 BGB zurückfordern kann und so eine Inanspruchnahme der Allgemeinheit für den Notbedarf des Schenkers verhindert wird (vgl. BGHZ 137, 76, 82). Der An- spruch aus § 528 Abs. 1 BGB ist nach § 529 Abs. 1 BGB auf zehn Jahre befristet. Auch das ist Teil der Wertung des Gesetzgebers und führt dazu, dass eine Schenkung auch dann sittlich nicht zu beanstanden ist, wenn der Schenker mehr als zehn Jahre danach verarmt und keinen (nach § 93 SGB XII überleitbaren ) Anspruch auf Rückforderung des Geschenks mehr hat. Diese Wertung muss im Ausgangspunkt erst recht gelten, wenn es sich nicht um eine reine Schenkung handelt, der Schenker vielmehr, wie hier, für die Übertragung eines Hausgrundstücks zwar kein vollwertiges Entgelt, aber immerhin doch eine gewisse Gegenleistung in der Form eines Anspruchs auf Kost und Logis erhält.
12
b) Die unentgeltliche Übertragung eines Hausgrundstücks bei beschränkter Gewährung von Kost und Logis kann deshalb nur bei Hinzutreten weiterer Umstände sittlich zu missbilligen und nach § 138 Abs. 1 BGB nichtig sein. Solche Umstände liegen hier nicht vor.
13
Die Gegenleistung, die der Beklagte für die Übertragung des Hausgrundstücks übernommen hat, ist auf Sachleistungen beschränkt, die er persönlich auf dem Grundstück erbringen konnte. Dies geschah, wie das Berufungsgericht festgestellt hat, ganz bewusst und beruhte auf der nachvollziehbaren und auch nicht zu missbilligenden Erwägung, dass solche Sachleistungen von dem Übernehmer zumeist, und so auch hier, eher erbracht werden können als Geldzahlungen.
14
Übergabeverträge wie der Vertrag vom 22. Dezember 1993 nehmen in der Regel eine Erbfolge vorweg und haben den Charakter einer gemischten Schenkung. Der Übernehmer ist zwar, schon im Hinblick auf die engen persönlichen Beziehungen, bereit, Versorgungsleistungen wie Unterbringung, Beköstigung und Pflege zu erbringen. Er nimmt jedoch lediglich den damit verbunde- nen relativ geringen finanziellen Aufwand in Kauf, möchte seine Lebensführung aber nicht mit zusätzlichen Zahlungsverpflichtungen belasten. Eine von solchen Beweggründen getragene Regelung ist - ohne Hinzutreten besonderer Umstände - nicht unanständig und verstößt daher nicht gegen die guten Sitten, auch wenn sie zur Folge haben kann, dass der Träger der Sozialhilfe eintreten muss (vgl. auch Krauß, MittBayNot 1992, 77, 80 f.).
15
c) Der Umstand, dass das Haus infolge der Übertragung an den Beklagten nicht mehr als Vermögensgegenstand zur Verfügung steht, der für die Heimunterbringungskosten verwertet werden könnte, spielt entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts für die Frage der Sittenwidrigkeit keine Rolle. Den Vater des Beklagten traf keine Verpflichtung, über die Leistungen an die gesetzliche Rentenversicherung hinaus für sein Alter vorzusorgen. Er war in seiner Entscheidung frei, das Haus gegen eine Gegenleistung zu übertragen, die dessen Wert nicht erreichte; er hätte es auch ohne Gegenleistung übertragen können. Solche allein ihm vorbehaltenen Entscheidungen bilden keinen Anknüpfungspunkt für Überlegungen zur Sittenwidrigkeit.
16
d) Auch soweit das Berufungsgericht zu den Fällen sittenwidriger Unterhaltsverzichte Parallelen zieht, ist ihm nicht zu folgen. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann ein ehevertraglicher Verzicht auf nachehelichen Unterhalt mit der Folge, dass der Träger der Sozialhilfe belastet wird, nach § 138 Abs. 1 BGB sittenwidrig sein, wenn die Vertragsschließenden bewusst eine Unterstützungsbedürftigkeit zu Lasten der Sozialhilfe herbeiführen (BGH, Urt. v. 9. Juli 1992, XII ZR 57/91, NJW 1992, 3164; Urt. v. 25. Oktober 2006, XII ZR 144/04, NJW 2007, 904, 905; Urt. v. 5. November 2008, XII ZR 157/06, Rdn. 35 ff., zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt). Diese Fallgestaltung ist mit dem hier zu beurteilenden Sachverhalt indes nicht vergleichbar. Aus ihr können daher entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung keine Argumente für Annahme einer Sittenwidrigkeit gewonnen werden.
17
aa) Die Ansprüche des geschiedenen Ehegatten auf Unterhalt beruhen auf Gesetz. Sie sind geregelt in den Vorschriften der §§ 1570 ff. BGB und sichern den Bedürftigen davor, der Sozialhilfe anheim zu fallen. Die Ehegatten können für den nachehelichen Unterhalt allerdings abweichende Vereinbarungen treffen, § 1585c BGB. Das folgt aus ihrem Recht, die ehelichen Lebensverhältnisse eigenverantwortlich entsprechend ihren individuellen Vorstellungen und Bedürfnissen zu gestalten (BGH, Urt. v. 5. November 2008, aaO, Rdn. 22). Diese Gestaltungsfreiheit ist begrenzt. Sie ist unbedenklich, soweit die Vereinbarungen nur den individuellen Verhältnissen Rechnung tragen. Anders ist es, wenn die Folgen darüber hinausgehen und die gesetzliche Konzeption insgesamt in eine Schieflage gerät. Das ist im Regelfall anzunehmen, wenn ein Verzicht auf Unterhaltsleistungen zur Bedürftigkeit des Verzichtenden führt. Denn für ihn muss dann der Sozialhilfeträger eintreten, wozu es ohne den Eingriff in die gesetzliche Regelung nicht käme. Der Nachranggrundsatz der öffentlichen Hilfe würde unterlaufen. Das verstößt gegen die guten Sitten, sofern nicht ausnahmsweise Umstände vorliegen, die die Vertragsgestaltung sittlich gerechtfertigt erscheinen lassen (BGH, Urt. v. 5. November 2008, aaO, Rdn. 39).
18
bb) In dem hier zu entscheidenden Fall geht es nicht um den Verzicht auf gesetzliche Unterhaltsansprüche. Die Parteien des Übertragungsvertrages haben es lediglich (allerdings ausdrücklich) unterlassen, für den Fall der Pflegebedürftigkeit des Übergebers, Ansprüche auf Zahlung von Geld zu begründen, wenn eine Versorgung durch Gewährung von Unterkunft und häuslicher Pflege nicht mehr möglich oder ausreichend sein würde. Sie haben damit keine bestehenden Ansprüche abbedungen und auch nicht in ein gesetzliches Konzept zum Nachteil des Trägers von Sozialleistung eingegriffen. Soweit der Kläger Leistungen für den Vater des Beklagten erbracht hat, sind dessen Unterhaltsansprüche gemäß § 94 SGB XII auf ihn übergegangen. Der Nachranggrundsatz der öffentlichen Hilfe ist nicht berührt (vgl. Mayer, MitBayNot 2002, 152, 153).

III.

19
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91 Abs. 1, 101 ZPO.
Krüger Klein Lemke Schmidt-Räntsch Roth
Vorinstanzen:
AG Bamberg, Entscheidung vom 18.04.2007 - 104 C 2429/06 -
LG Bamberg, Entscheidung vom 20.06.2008 - 3 S 51/07 -

(1) Ein Rechtsgeschäft, das gegen die guten Sitten verstößt, ist nichtig.

(2) Nichtig ist insbesondere ein Rechtsgeschäft, durch das jemand unter Ausbeutung der Zwangslage, der Unerfahrenheit, des Mangels an Urteilsvermögen oder der erheblichen Willensschwäche eines anderen sich oder einem Dritten für eine Leistung Vermögensvorteile versprechen oder gewähren lässt, die in einem auffälligen Missverhältnis zu der Leistung stehen.

(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.

(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.

(3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.

(1) Mit dem Tode einer Person (Erbfall) geht deren Vermögen (Erbschaft) als Ganzes auf eine oder mehrere andere Personen (Erben) über.

(2) Auf den Anteil eines Miterben (Erbteil) finden die sich auf die Erbschaft beziehenden Vorschriften Anwendung.

(1) Die Erbschaft geht auf den berufenen Erben unbeschadet des Rechts über, sie auszuschlagen (Anfall der Erbschaft).

(2) Der Fiskus kann die ihm als gesetzlichem Erben angefallene Erbschaft nicht ausschlagen.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

(1) Ist dem Schuldner vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens eine Erbschaft oder ein Vermächtnis angefallen oder geschieht dies während des Verfahrens, so steht die Annahme oder Ausschlagung nur dem Schuldner zu. Gleiches gilt von der Ablehnung der fortgesetzten Gütergemeinschaft.

(2) Ist der Schuldner Vorerbe, so darf der Insolvenzverwalter über die Gegenstände der Erbschaft nicht verfügen, wenn die Verfügung im Falle des Eintritts der Nacherbfolge nach § 2115 des Bürgerlichen Gesetzbuchs dem Nacherben gegenüber unwirksam ist.

(1) Ein Rechtsgeschäft, das gegen die guten Sitten verstößt, ist nichtig.

(2) Nichtig ist insbesondere ein Rechtsgeschäft, durch das jemand unter Ausbeutung der Zwangslage, der Unerfahrenheit, des Mangels an Urteilsvermögen oder der erheblichen Willensschwäche eines anderen sich oder einem Dritten für eine Leistung Vermögensvorteile versprechen oder gewähren lässt, die in einem auffälligen Missverhältnis zu der Leistung stehen.

(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.

(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.

(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen.

(4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft.

(5) Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.

(1) Ist ein als Erbe berufener Pflichtteilsberechtigter durch die Einsetzung eines Nacherben, die Ernennung eines Testamentsvollstreckers oder eine Teilungsanordnung beschränkt oder ist er mit einem Vermächtnis oder einer Auflage beschwert, so kann er den Pflichtteil verlangen, wenn er den Erbteil ausschlägt; die Ausschlagungsfrist beginnt erst, wenn der Pflichtteilsberechtigte von der Beschränkung oder der Beschwerung Kenntnis erlangt.

(2) Einer Beschränkung der Erbeinsetzung steht es gleich, wenn der Pflichtteilsberechtigte als Nacherbe eingesetzt ist.

(1) Die Geldleistung für den Lebensunterhalt soll eingeschränkt werden

1.
bei Leistungsberechtigten, die nach Vollendung des 18. Lebensjahres ihr Einkommen oder Vermögen vermindert haben in der Absicht, die Voraussetzungen für die Gewährung oder Erhöhung der Leistung herbeizuführen,
2.
bei Leistungsberechtigten, die trotz Belehrung ihr unwirtschaftliches Verhalten fortsetzen.
In den Fällen des Satzes 1 kann die monatliche Geldleistung um einen Betrag vermindert werden, der bis zu 30 Prozent der Regelbedarfsstufe 1 nach der Anlage zu § 28 entspricht.

(2) Die Geldleistung nach diesem Buch kann mit Ansprüchen des Trägers der Sozialhilfe gegen eine leistungsberechtigte Person aufgerechnet werden, wenn

1.
es sich um Ansprüche auf Erstattung zu Unrecht erbrachter Leistungen der Sozialhilfe handelt, die die leistungsberechtigte Person oder ihr Vertreter durch vorsätzlich oder grob fahrlässig unrichtige oder unvollständige Angaben oder durch pflichtwidriges Unterlassen veranlasst hat, oder
2.
es sich um Ansprüche auf Kostenersatz nach den §§ 103 und 104 handelt.
In den Fällen des Satzes 1 kann die Aufrechnung mit einem monatlichen Betrag vorgenommen werden, der bis zu 30 Prozent der Regelbedarfsstufe 1 nach der Anlage zu § 28 entspricht. Die Aufrechnungsmöglichkeit wegen eines Anspruchs ist auf drei Jahre beschränkt; ein neuer Anspruch des Trägers der Sozialhilfe auf Erstattung oder auf Kostenersatz kann erneut aufgerechnet werden.

(3) Eine Aufrechnung nach Absatz 2 kann auch erfolgen, wenn Leistungen für einen Bedarf übernommen werden, der durch vorangegangene Leistungen der Sozialhilfe an die leistungsberechtigte Person bereits gedeckt worden war.

(4) Eine Aufrechnung erfolgt nicht, soweit dadurch der Gesundheit dienende Leistungen gefährdet werden.

(1) Ein Rechtsgeschäft, das gegen die guten Sitten verstößt, ist nichtig.

(2) Nichtig ist insbesondere ein Rechtsgeschäft, durch das jemand unter Ausbeutung der Zwangslage, der Unerfahrenheit, des Mangels an Urteilsvermögen oder der erheblichen Willensschwäche eines anderen sich oder einem Dritten für eine Leistung Vermögensvorteile versprechen oder gewähren lässt, die in einem auffälligen Missverhältnis zu der Leistung stehen.

(1) Verwandte sowie der Ehegatte des Erblassers können durch Vertrag mit dem Erblasser auf ihr gesetzliches Erbrecht verzichten. Der Verzichtende ist von der gesetzlichen Erbfolge ausgeschlossen, wie wenn er zur Zeit des Erbfalls nicht mehr lebte; er hat kein Pflichtteilsrecht.

(2) Der Verzicht kann auf das Pflichtteilsrecht beschränkt werden.

(1) Für die Zukunft kann auf den Unterhalt nicht verzichtet werden.

(2) Durch eine Vorausleistung wird der Verpflichtete bei erneuter Bedürftigkeit des Berechtigten nur für den im § 760 Abs. 2 bestimmten Zeitabschnitt oder, wenn er selbst den Zeitabschnitt zu bestimmen hatte, für einen den Umständen nach angemessenen Zeitabschnitt befreit.

(1) Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Dritten Kapitel ist Personen zu leisten, die ihren notwendigen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, insbesondere aus ihrem Einkommen und Vermögen, bestreiten können.

(2) Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem Vierten Kapitel dieses Buches ist Personen zu leisten, die die Altersgrenze nach § 41 Absatz 2 erreicht haben oder das 18. Lebensjahr vollendet haben und dauerhaft voll erwerbsgemindert sind, sofern sie ihren notwendigen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, insbesondere aus ihrem Einkommen und Vermögen, bestreiten können. Die Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung gehen der Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Dritten Kapitel vor.

(3) Hilfen zur Gesundheit, Hilfe zur Pflege, Hilfe zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten und Hilfen in anderen Lebenslagen werden nach dem Fünften bis Neunten Kapitel dieses Buches geleistet, soweit den Leistungsberechtigten, ihren nicht getrennt lebenden Ehegatten oder Lebenspartnern und, wenn sie minderjährig und unverheiratet sind, auch ihren Eltern oder einem Elternteil die Aufbringung der Mittel aus dem Einkommen und Vermögen nach den Vorschriften des Elften Kapitels dieses Buches nicht zuzumuten ist.

(4) Lebt eine Person bei ihren Eltern oder einem Elternteil und ist sie schwanger oder betreut ihr leibliches Kind bis zur Vollendung des sechsten Lebensjahres, werden Einkommen und Vermögen der Eltern oder des Elternteils nicht berücksichtigt.

(5) Ist den in den Absätzen 1 bis 3 genannten Personen die Aufbringung der Mittel aus dem Einkommen und Vermögen im Sinne der Absätze 1 und 2 möglich oder im Sinne des Absatzes 3 zuzumuten und sind Leistungen erbracht worden, haben sie dem Träger der Sozialhilfe die Aufwendungen in diesem Umfang zu ersetzen. Mehrere Verpflichtete haften als Gesamtschuldner.

(6) Der Anspruch der Berechtigten auf Leistungen für Einrichtungen oder auf Pflegegeld steht, soweit die Leistung den Berechtigten erbracht worden wäre, nach ihrem Tode demjenigen zu, der die Leistung erbracht oder die Pflege geleistet hat.

(1) Erhält eine Person, die nicht in einer Wohnung nach § 42a Absatz 2 Satz 2 lebt, Leistungen nach dem Dritten, Vierten, Fünften, Siebten, Achten oder Neunten Kapitel oder Leistungen für ärztliche oder ärztlich verordnete Maßnahmen, so kann die Aufbringung der Mittel für die Leistungen nach dem Dritten und Vierten Kapitel von ihr und den übrigen in § 19 Absatz 3 genannten Personen verlangt werden, soweit Aufwendungen für den häuslichen Lebensunterhalt erspart werden. Für Leistungsberechtigte nach § 27c Absatz 1 und die übrigen in § 19 Absatz 3 genannten Personen sind Leistungen nach § 27c ohne die Berücksichtigung von vorhandenem Vermögen zu erbringen; Absatz 2 findet keine Anwendung. Die Aufbringung der Mittel nach Satz 1 ist aus dem Einkommen nicht zumutbar, wenn Personen, bei denen nach § 138 Absatz 1 Nummer 3 und 6 des Neunten Buches ein Beitrag zu Leistungen der Eingliederungshilfe nicht verlangt wird, einer selbständigen und nicht selbständigen Tätigkeit nachgehen und das Einkommen aus dieser Tätigkeit einen Betrag in Höhe des Zweifachen der Regelbedarfsstufe 1 nach der Anlage zu § 28 nicht übersteigt; Satz 2 gilt entsprechend.

(2) Darüber hinaus soll in angemessenem Umfang die Aufbringung der Mittel aus dem gemeinsamen Einkommen der leistungsberechtigten Person und ihres nicht getrennt lebenden Ehegatten oder Lebenspartners verlangt werden, wenn die leistungsberechtigte Person auf voraussichtlich längere Zeit Leistungen in einer stationären Einrichtung bedarf. Bei der Prüfung, welcher Umfang angemessen ist, ist auch der bisherigen Lebenssituation des im Haushalt verbliebenen, nicht getrennt lebenden Ehegatten oder Lebenspartners sowie der im Haushalt lebenden minderjährigen unverheirateten Kinder Rechnung zu tragen.

(3) Hat ein anderer als ein nach bürgerlichem Recht Unterhaltspflichtiger nach sonstigen Vorschriften Leistungen für denselben Zweck zu erbringen, wird seine Verpflichtung durch Absatz 2 nicht berührt. Soweit er solche Leistungen erbringt, kann abweichend von Absatz 2 von den in § 19 Absatz 3 genannten Personen die Aufbringung der Mittel verlangt werden.

Soweit nach § 90 für den Bedarf der nachfragenden Person Vermögen einzusetzen ist, jedoch der sofortige Verbrauch oder die sofortige Verwertung des Vermögens nicht möglich ist oder für die, die es einzusetzen hat, eine Härte bedeuten würde, soll die Sozialhilfe als Darlehen geleistet werden. Die Leistungserbringung kann davon abhängig gemacht werden, dass der Anspruch auf Rückzahlung dinglich oder in anderer Weise gesichert wird.

(1) Erhält eine Person, die nicht in einer Wohnung nach § 42a Absatz 2 Satz 2 lebt, Leistungen nach dem Dritten, Vierten, Fünften, Siebten, Achten oder Neunten Kapitel oder Leistungen für ärztliche oder ärztlich verordnete Maßnahmen, so kann die Aufbringung der Mittel für die Leistungen nach dem Dritten und Vierten Kapitel von ihr und den übrigen in § 19 Absatz 3 genannten Personen verlangt werden, soweit Aufwendungen für den häuslichen Lebensunterhalt erspart werden. Für Leistungsberechtigte nach § 27c Absatz 1 und die übrigen in § 19 Absatz 3 genannten Personen sind Leistungen nach § 27c ohne die Berücksichtigung von vorhandenem Vermögen zu erbringen; Absatz 2 findet keine Anwendung. Die Aufbringung der Mittel nach Satz 1 ist aus dem Einkommen nicht zumutbar, wenn Personen, bei denen nach § 138 Absatz 1 Nummer 3 und 6 des Neunten Buches ein Beitrag zu Leistungen der Eingliederungshilfe nicht verlangt wird, einer selbständigen und nicht selbständigen Tätigkeit nachgehen und das Einkommen aus dieser Tätigkeit einen Betrag in Höhe des Zweifachen der Regelbedarfsstufe 1 nach der Anlage zu § 28 nicht übersteigt; Satz 2 gilt entsprechend.

(2) Darüber hinaus soll in angemessenem Umfang die Aufbringung der Mittel aus dem gemeinsamen Einkommen der leistungsberechtigten Person und ihres nicht getrennt lebenden Ehegatten oder Lebenspartners verlangt werden, wenn die leistungsberechtigte Person auf voraussichtlich längere Zeit Leistungen in einer stationären Einrichtung bedarf. Bei der Prüfung, welcher Umfang angemessen ist, ist auch der bisherigen Lebenssituation des im Haushalt verbliebenen, nicht getrennt lebenden Ehegatten oder Lebenspartners sowie der im Haushalt lebenden minderjährigen unverheirateten Kinder Rechnung zu tragen.

(3) Hat ein anderer als ein nach bürgerlichem Recht Unterhaltspflichtiger nach sonstigen Vorschriften Leistungen für denselben Zweck zu erbringen, wird seine Verpflichtung durch Absatz 2 nicht berührt. Soweit er solche Leistungen erbringt, kann abweichend von Absatz 2 von den in § 19 Absatz 3 genannten Personen die Aufbringung der Mittel verlangt werden.

(1) Hat eine leistungsberechtigte Person oder haben bei Gewährung von Hilfen nach dem Fünften bis Neunten Kapitel auch ihre Eltern, ihr nicht getrennt lebender Ehegatte oder ihr Lebenspartner für die Zeit, für die Leistungen erbracht werden, einen Anspruch gegen einen anderen, der kein Leistungsträger im Sinne des § 12 des Ersten Buches ist, kann der Träger der Sozialhilfe durch schriftliche Anzeige an den anderen bewirken, dass dieser Anspruch bis zur Höhe seiner Aufwendungen auf ihn übergeht. Er kann den Übergang dieses Anspruchs auch wegen seiner Aufwendungen für diejenigen Leistungen des Dritten und Vierten Kapitels bewirken, die er gleichzeitig mit den Leistungen für die in Satz 1 genannte leistungsberechtigte Person, deren nicht getrennt lebenden Ehegatten oder Lebenspartner und deren minderjährigen unverheirateten Kindern erbringt. Der Übergang des Anspruchs darf nur insoweit bewirkt werden, als bei rechtzeitiger Leistung des anderen entweder die Leistung nicht erbracht worden wäre oder in den Fällen des § 19 Abs. 5 Aufwendungsersatz oder ein Kostenbeitrag zu leisten wäre. Der Übergang ist nicht dadurch ausgeschlossen, dass der Anspruch nicht übertragen, verpfändet oder gepfändet werden kann.

(2) Die schriftliche Anzeige bewirkt den Übergang des Anspruchs für die Zeit, für die der leistungsberechtigten Person die Leistung ohne Unterbrechung erbracht wird. Als Unterbrechung gilt ein Zeitraum von mehr als zwei Monaten.

(3) Widerspruch und Anfechtungsklage gegen den Verwaltungsakt, der den Übergang des Anspruchs bewirkt, haben keine aufschiebende Wirkung.

(4) Die §§ 115 und 116 des Zehnten Buches gehen der Regelung des Absatzes 1 vor.

(1) Der Pflichtteilsanspruch ist der Pfändung nur unterworfen, wenn er durch Vertrag anerkannt oder rechtshängig geworden ist.

(2) Das Gleiche gilt für den nach § 528 des Bürgerlichen Gesetzbuchs dem Schenker zustehenden Anspruch auf Herausgabe des Geschenkes sowie für den Anspruch eines Ehegatten oder Lebenspartners auf den Ausgleich des Zugewinns.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IV ZR 223/03 Verkündet am:
8. Dezember 2004
Heinekamp
Justizhauptsekretär
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
_____________________
BGB § 2317; BSHG § 90 Abs. 1
Der Pflichtteilsanspruch kann, wenn er auf den Sozialhilfeträger übergeleitet worden
ist, von diesem auch geltend gemacht werden, ohne daß es insoweit auf eine Entscheidung
des Pflichtteilsberechtigten selbst ankäme.
Zur Auslegung einer an die Ausübung des Pflichtteilsrechts anknüpfenden Verwirkungsklausel
in einem gemeinschaftlichen Ehegattentestament, wenn ein Sozialhilfeträger
den Pflichtteilsanspruch des behinderten Kindes nach dem erstversterbenden
Ehegatten auf sich überleitet und geltend macht.
BGH, Urteil vom 8. Dezember 2004 - IV ZR 223/03 - OLG Karlsruhe
LG Konstanz
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat dur ch den Vorsitzenden
Richter Terno und die Richter Dr. Schlichting, Seiffert, Wendt
und Felsch auf die mündliche Verhandlung vom 24. November 2004

für Recht erkannt:
1. Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des 9. Zivilsenats in Freiburg des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 24. September 2003 wird zurückgewiesen.
2. Soweit das Urteil des 9. Zivilsenats in Freiburg des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 24. September 2003 zum Nachteil des Klägers ergangen ist, werden auf dessen Rechtsmittel dieses Berufungsurteil aufgehoben und das Urteil des Landgerichts Konstanz vom 26. Februar 2003 geändert: Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteil t, dem Kläger zusätzlich Auskunft zu erteilen über den Bestand des Nachlasses des M. S. zum Zeitpunkt seines Erbfalles durch Vorlage eines durch einen Notar errichteten Nachlaßverzeichnisses.
Außerdem werden die Beklagten als Gesamtschuldner verurteilt, den Wert der zum Nachlaß gehörenden sowie der dem Nachlaß aufgrund einer Ausgleichungsoder Ergänzungspflicht hinzuzurechnenden Gegenstände durch Gutachten eines öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen zu ermitteln.

3. Zur Entscheidung über die nach Auskunft und Wertermittlung im Rahmen der Stufenklage angekündigten weiteren Anträge bleibt der Rechtsstreit an das Landgericht Konstanz zurückverwiesen, das auch über die Kosten des Berufungs- und Revisionsverfahrens zu entscheiden haben wird.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Der klagende Sozialhilfeträger nimmt die Beklagten als Erben ihres am 22. Dezember 1999 verstorbenen Vaters auf den Pflichtteil (einschließlich eventueller Ausgleichung und Ergänzung) ihrer behinderten Schwester am Nachlaß des Vaters in Anspruch. Die Mutter der Beklagten und der Behinderten starb am 4. März 2000. Der Kläger hat die Pflichtteilsansprüche nach beiden Eltern durch Bescheid vom 29. Juni 2001 gemäß § 90 BSHG auf sich übergeleitet.
Die Eltern hatten ein gemeinschaftliches Ehegatten testament errichtet , in dem sie sich gegenseitig als alleinige Erben einsetzten. Als Erben des Letztversterbenden wurden die acht Kinder bestimmt; Nacherben der Kinder sollten deren Abkömmlinge, beim Fehlen von Abkömmlingen die übrigen Geschwister oder ersatzweise deren Kinder sein. Für den Fall, daß eines der Kinder beim Tod des erstversterbenden Elternteils den Pflichtteil verlangen sollte, wurde dieses Kind (einschließlich seiner Abkömmlinge) beim Tod des letztversterbenden Elternteils ebenfalls auf den Pflichtteil gesetzt. Bezüglich des Erbteils der behinderten Tochter wurde auf deren Lebenszeit Testamentsvollstrekkung angeordnet. Der Testamentsvollstrecker sollte nach seinem Ermessen Sachleistungen und Vergünstigungen erbringen, die geeignet sind, dem behinderten Kind Erleichterung und Hilfen zu verschaffen. Diese Verpflichtung sollte aber entfallen, wenn die Leistungen auf die Sozialhilfe angerechnet würden.
Das Vormundschaftsgericht bestellte der Behinderte n eine Ergänzungsbetreuerin für den Aufgabenkreis Durchsetzung bestehender Erb-

ansprüche, insbesondere Pflichtteilsansprüche, aus den Nachlässen der Eltern. Die Betreuerin lehnte eine Geltendmachung von Pflichtteilsansprüchen mit Schreiben vom 13. November 2001 ab, weil sie in vollem Umfang vom Kläger vereinnahmt werden würden, die Behinderte davon also selbst keinen Nutzen hätte.
Das Landgericht hat die Stufenklage insgesamt abge wiesen. Mit der Berufung hat der Kläger seine erstinstanzlichen Ansprüche auf Auskunft und Wertermittlung gemäß § 2314 BGB weiter verfolgt. Das Berufungsgericht hat der Klage nur zum Teil stattgegeben (ZEV 2004, 26 f.). Mit den beiderseitigen Revisionen begehren die Beklagten die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils und der Kläger die volle Durchsetzung der bisher geltend gemachten Ansprüche.

Entscheidungsgründe:


Die Revision der Beklagten bleibt ohne Erfolg; die Revision des Klägers führt zum vollen Erfolg seiner Anträge.
I. Das Berufungsgericht vertritt die Auffassung, d urch die Überleitung gemäß § 90 BSHG seien die Pflichtteilsansprüche der behinderten Tochter, die durch das elterliche Testament nach dem Tod des Vaters enterbt worden sei, auf den Kläger übergegangen und könnten von diesem auch geltend gemacht werden. Daß ein Pflichtteilsanspruch nach § 852 Abs. 1 ZPO der Pfändung nur unterworfen ist, wenn er durch Vertrag anerkannt oder rechtshängig geworden ist, und daß ohne diese Vor-

aussetzungen nach §§ 400, 412 BGB auch kein gesetzlicher Forderungsübergang möglich ist, stehe wegen der gesetzlichen Regelung in § 90 Abs. 1 Satz 4 BSHG einem Übergang des Pflichtteilsanspruchs auf den Kläger hier nicht entgegen. Vielmehr gehe der Pflichtteilsanspruch auf den Sozialhilfeträger ohne jede Einschränkung über; insbesondere bleibe dem Pflichtteilsberechtigten nicht persönlich vorbehalten, ob er den Pflichtteilsanspruch geltend machen wolle oder nicht. Die Entschließung der Ergänzungspflegerin vom 13. November 2001, den Pflichtteilsanspruch nicht geltend zu machen, habe das durch den Bescheid vom 29. Juni 2001 auf den Kläger übergeleitete Pflichtteilsrecht nicht mehr beeinträchtigen können.
Die Verwirkungsklausel im Testament könne entgegen der Auffassung des Landgerichts nicht dazu führen, § 2306 Abs. 1 Satz 2 BGB entsprechend anzuwenden. Wenn das Ausschlagungsrecht des Erben, der im Fall des § 2306 Abs. 1 Satz 2 BGB trotz Ausschlagung den Anspruch auf den Pflichtteil behält, nicht nach § 90 BSHG auf den Sozialhilfeträger übergeleitet werden könne, lasse sich daraus nichts gegen eine Überleitung des wie hier auf Enterbung beruhenden Pflichtteilsanspruchs herleiten , auch wenn die Geltendmachung dieses Pflichtteilsanspruchs aufgrund einer testamentarischen Verwirkungsklausel die Enterbung des Pflichtteilsberechtigten in einem anderen Erbfall zur Folge habe. Die Übereinstimmung in den Rechtsfolgen ändere nichts an den Unterschieden in den Voraussetzungen beider Regelungen. Im vorliegenden Fall komme es auf diese Rechtsfragen aber schon deshalb nicht an, weil eine Auslegung des Testaments ergebe, daß die Eltern bei seiner Errichtung der behinderten Tochter nicht das Erbrecht nach dem letztversterbenden Elternteil hätten versagen wollen, wenn nicht die Tochter selbst, sondern

der Sozialhilfeträger beim ersten Erbfall Pflichtteilsansprüche geltend mache. Zwar hätten die Eltern den überlebenden Teil sichern und ihre acht Kinder gleich behandeln wollen. Durch die Geltendmachung des Pflichtteils nach dem erstverstorbenen Elternteil würden die anderen Beteiligten hier aber nicht wesentlich benachteiligt. Vor allem hätten die Eltern mit ihren testamentarischen Regelungen erreichen wollen, daß der behinderten Tochter über die Sozialhilfe hinaus Vorteile zufließen; sie hätten ihr das durch Testamentsvollstreckung gegenüber dem Sozialhilfeträger abgeschirmte Erbrecht nach dem letztversterbenden Elternteil auch dann nicht vorenthalten wollen, wenn der Sozialhilfeträger den Pflichtteil nach dem erstversterbenden Elternteil in Anspruch nehmen würde.
Damit sei die behinderte Tochter Miterbin nach ihr er zuletzt verstorbenen Mutter und also auch Erbeserbin nach ihrem Vater geworden. Deshalb stehe ihr und folglich auch dem Kläger aus übergeleitetem Recht kein Anspruch aus § 2314 BGB zu. Dieser Anspruch setze nämlich die Nichterbenstellung des Pflichtteilsberechtigten voraus. Einen Anspruch auf Wertermittlung auf eigene Kosten auf der Grundlage von § 242 BGB wolle der Kläger, wie er in der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht klargestellt habe, nicht geltend machen. Auskunft über den Bestand des Nachlasses sei bereits durch den Prozeßbevollmächtigten der Beklagten im vorliegenden Verfahren erteilt worden. Damit stehe dem Kläger lediglich noch Auskunft über ausgleichspflichtige Zuwendungen und Schenkungen sowie über den Güterstand der Eltern der Behinderten zu. Nur insoweit sei der Klage auf die Berufung stattzugeben. Im Hinblick auf die Stufenklage werde der Rechtsstreit im übri-

gen in entsprechender Anwendung von § 538 Abs. 2 Nr. 4 ZPO an das Landgericht zurückverwiesen.
II. 1. Demgegenüber machen die Beklagten mit ihrer Revision geltend , die Überleitung des Pflichtteilsanspruchs der Behinderten berechtige den Kläger für sich genommen noch nicht dazu, diesen Anspruch auch geltend zu machen. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sei zwischen dem Bestand des Pflichtteils- und Pflichtteilsergänzungsanspruchs einerseits und dem Recht zur Geltendmachung dieser Ansprüche andererseits zu unterscheiden. Nur unter besonderen Umständen komme etwa im Unterhaltsrecht eine Obliegenheit des Pflichtteilsberechtigten in Betracht, den Pflichtteilsanspruch geltend zu machen. Eine derartige Obliegenheit sei hier nicht festgestellt worden. Der Kläger sei an die Entscheidung der Ergänzungspflegerin, Pflichtteilsansprüche nicht geltend zu machen, gebunden.
2. Dem folgt der Senat nicht.

a) Nach der Rechtsprechung des IX. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs ist Sinn und Zweck des § 852 Abs. 1 ZPO, mit Rücksicht auf die familiäre Verbundenheit von Erblasser und Pflichtteilsberechtigtem allein diesem die Entscheidung zu überlassen, ob der Pflichtteilsanspruch gegen den Erben durchgesetzt werden soll; Gläubiger des Pflichtteilsberechtigten sollen diese Entscheidung nicht an sich ziehen können (BGHZ 123, 183, 186; Urteil vom 6. Mai 1997 - IX ZR 147/96 - NJW 1997, 2384 unter 2). Daran anknüpfend hat der früher für das Familienrecht zuständige Senat des Bundesgerichtshofs entschieden, auch wenn

sich ein Pflichtteilsberechtigter im allgemeinen Rechtsverkehr frei für oder gegen die Realisierung eines Pflichtteilsanspruchs entscheiden könne, bedeute dies nicht, daß für den Bereich des Unterhaltsrechts notwendig dieselben Grundsätze zu gelten hätten; hier könne eine Obliegenheit bestehen, den Pflichtteilsanspruch zur Befriedigung von Unterhaltsbedürfnissen geltend zu machen (BGH, Urteil vom 7. Juli 1982 - IVb ZR 738/80 - NJW 1982, 2771 unter 2 b). In Abgrenzung zu diesem Urteil hat der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs dann jedoch ausgesprochen , von den Vermögensbestandteilen, deren Verwertung dem Unterhaltsberechtigten zuzumuten sei, könne ein Pflichtteilsanspruch nicht von vornherein ausgenommen werden; der Verpflichtung zu dessen Verwertung könne sich eine Unterhaltsberechtigte grundsätzlich weder mit dem Argument, zur Befriedigung des Pflichtteilsanspruchs müsse die Erbin unwirtschaftliche Veräußerungen vornehmen, entziehen noch mit der Besorgnis , eine Geltendmachung des Pflichtteilsanspruchs gefährde die Aussicht der Pflichtteilsberechtigten, von der Pflichtteilsschuldnerin später als deren Erbin eingesetzt zu werden. Allerdings blieben Zumutbarkeitsgesichtspunkte von Bedeutung (Urteil vom 21. April 1993 - XII ZR 248/91 - NJW 1993, 1920 unter II 1 und 2 b).

b) Ähnlich wie die Revision der Beklagten vertritt auch Muscheler (Universalsukzession und Vonselbsterwerb, 2002, S. 235) die Auffassung , die bloße Überleitung des Anspruchs des Pflichtteilsberechtigten auf den Sozialhilfeträger nehme dem Pflichtteilsberechtigten nicht die allein ihm vom Gesetzgeber zugedachte Freiheit, über die Geltendmachung dieses Anspruchs autonom und ohne wirtschaftlichen Druck zu entscheiden. Nur wenn der Pflichtteilsberechtigte den Anspruch (im Sinne von § 852 Abs. 1 ZPO) geltend mache, führe die vorhergehende oder

nachträgliche Überleitung nach § 90 Abs. 1 Satz 1 BSHG dazu, daß der Sozialhilfeträger (endgültig) auf den Pflichtteilsschuldner zugreifen könne. Auch das Bayerische Oberste Landesgericht hat entschieden, der Sozialhilfeträger könne Pflichtteilsansprüche erst dann für sich verwerten , wenn die Pflichtteilsberechtigte, vertreten durch ihre Ergänzungsbetreuerin , sich zur Geltendmachung dieser Ansprüche entschlossen habe und die in § 852 Abs. 1 ZPO genannten Voraussetzungen vorlägen; die Geltendmachung von Pflichtteilsansprüchen sei nämlich allein vom Willen des Berechtigten abhängig, wie auch die Formulierung "kann" in §§ 2303 Abs. 1 Satz 1, 2325 Abs. 1 und 2329 Abs. 1 Satz 1 BGB zeige (FGPrax 2003, 268, 270).

c) Nach herrschender Meinung kann der auf Enterbun g beruhende Pflichtteilsanspruch dagegen, wenn er auf den Sozialhilfeträger übergeleitet worden ist, von diesem geltend gemacht werden, ohne daß es insoweit auf eine Entscheidung des Pflichtteilsberechtigten selbst ankäme (vgl. etwa Soergel/Dieckmann, BGB 13. Aufl. § 2306 Rdn. 29; MünchKomm-BGB/Lange, 4. Aufl. § 2317 Rdn. 10; MünchKomm-BGB/ Roth, 4. Aufl. § 412 Rdn. 24; Staudinger/Busche, BGB [1999] § 412 Rdn. 16; Bamberger/Roth/J. Mayer, BGB § 2317 Rdn. 7; Lange/Kuchinke , Erbrecht 5. Aufl. § 35 IV 6 a Fn. 90 S. 832; Nieder, NJW 1994, 1264, 1265 m.w.N.; Krampe, AcP 191 (1991) 526, 529).

d) Mit dem Berufungsgericht sieht der Senat einen Anhaltspunkt dafür, daß bei Pflichtteilsansprüchen zwischen der Inhaberschaft an einem solchen Anspruch einerseits und der Befugnis zur Geltendmachung andererseits zu unterscheiden sei, lediglich in § 852 Abs. 1 ZPO. Welche Bedeutung dieser Vorschrift über ihren unmittelbaren Anwendungsbe-

reich hinaus zukommt, bedarf hier keiner allgemeinen Entscheidung: Denn § 90 Abs. 1 Satz 4 BSHG bestimmt ausdrücklich, der Übergang eines Anspruchs auf den Sozialhilfeträger werde nicht dadurch ausgeschlossen , daß der Anspruch nicht übertragen, verpfändet oder gepfändet werden kann. Damit läßt sich aus § 852 Abs. 1 ZPO keinerlei Einschränkung zum Nachteil des Sozialhilfeträgers herleiten. Die Vorschrift des § 90 Abs. 1 Satz 4 BSHG würde ihres Sinnes beraubt, wenn man sie einschränkend dahin verstehen wollte, daß der Pflichtteilsanspruch nur vorbehaltlich einer persönlichen Entscheidung des Pflichtteilsberechtigten zur Geltendmachung übergeleitet werden könne (so aber Muscheler, aaO; wie hier dagegen van de Loo, NJW 1990, 2852, 2856; OLG Frankfurt ZEV 2004, 24). Der Sozialhilfeträger wird als Helfer des Sozialhilfeempfängers gerade anders behandelt als andere Gläubiger des Pflichtteilsberechtigten. Strikter als ein Unterhaltsberechtigter muß der Sozialhilfeempfänger auch Pflichtteilsansprüche infolge von § 90 Abs. 1 Satz 4 BSHG vorrangig einsetzen.
Dabei kommt es nicht darauf an, ob der Sozialhilfe träger den Pflichtteilsanspruch - wie hier - schon vor einer Entscheidung des Pflichtteilsberechtigten oder seines Betreuers übergeleitet hat. Ebenso wenig wie der Pflichtteilsberechtigte selbst an seine Entscheidung, den Pflichtteil nicht geltend zu machen, gebunden ist, steht es auch dem Sozialhilfeträger frei, nach einer Überleitung über die Geltendmachung des Pflichtteilsanspruchs unabhängig von einer etwa schon vorliegenden Äußerung des Pflichtteilsberechtigten oder dessen Betreuers zu entscheiden.

Dem steht nicht entgegen, daß der Sozialhilfeträge r in den Fällen des § 2306 Abs. 1 Satz 2 BGB - folgt man der herrschenden Meinung - das Recht zur Ausschlagung einer etwa durch Nacherbfolge und Testamentsvollstreckung beschränkten Erbschaft des Sozialhilfeempfängers nicht auf sich überleiten und ausüben kann (vgl. MünchKomm-BGB/ Leipold, § 1942 Rdn. 14; Bamberger/Roth/Seidl, § 1942 Rdn. 12; AnwKomm/Ivo, § 1942 Rdn. 20; Muscheler, aaO S. 231; OLG Stuttgart ZEV 2002, 367, 369 m. Anm. J. Mayer; OLG Frankfurt ZEV 2004, 24, 25 m. Anm. Spall; offengelassen in BGHZ 123, 368, 379). Denn für das Pflichtteilsrecht hat der Gesetzgeber - anders als etwa für das Erbrecht (§§ 1942 ff. BGB) - kein besonderes Ausschlagungsrecht geschaffen.
III. Der Kläger wendet sich mit seiner Revision un ter Bezug auf §§ 133, 157, 2084 BGB gegen die Auslegung der Verwirkungsklausel durch das Berufungsgericht. Er rügt, durch eine derartige Klausel solle nicht nur auf einen bewußten Ungehorsam eines Erben reagiert, sondern vor allem die im Testament vorgesehene Vermögensverteilung gesichert werden. Die Auslegung des Berufungsgerichts führe aber zu einer von den Eltern nicht gewollten wirtschaftlichen Bevorzugung des behinderten Kindes.
Das Berufungsgericht entnimmt dem gemeinschaftlich en Testament jedoch mit Recht den Willen der Eltern, über eine Sicherung des überlebenden Ehegatten und eine Gleichbehandlung aller Kinder im Schlußerbfall hinaus das Erbe der behinderten Tochter möglichst vor dem Zugriff des Sozialhilfeträgers zu bewahren. Das ist insbesondere aus der Anordnung einer Testamentsvollstreckung für den Erbteil der behinderten

Tochter sowie aus den für die Testamentsvollstreckung getroffenen näheren Regelungen des Testaments zu schließen. Mit diesen Zielen ist die vom Kläger vertretene Auslegung der Verwirkungsklausel unvereinbar: Anders als die pflichtteilsberechtigten Geschwister konnte der Sozialhilfeträger von der Geltendmachung des dem behinderten Kind zustehenden Pflichtteilsanspruchs nach dem erstversterbenden Elternteil hier von vornherein nicht durch die Aussicht abgehalten werden, den im Schlußerbfall der Behinderten zugedachten Erbteil zu verlieren. Denn auf den Erbteil der behinderten Tochter nach dem letztversterbenden Elternteil hätte der Sozialhilfeträger ohnehin nicht zugreifen können (§ 2214 BGB). Die Verwirkungsklausel würde bei wortgetreuer Anwendung zu dem geradezu widersinnigen Ergebnis führen, daß der Zugriff auf den Nachlaß des erstverstorbenen Elternteils dem Sozialhilfeträger den sonst versperrten Zugriff auf den Nachlaß des letztversterbenden Elternteils überhaupt erst eröffnen würde.
Die Verwirkungsklausel muß danach unter Berücksich tigung ihres Sinns im Gesamtzusammenhang des Testaments einschränkend ausgelegt werden. Wie das Berufungsgericht mit Recht angenommen hat, hätten die Eltern, wenn sie bei Testamentserrichtung die ihren Vorstellungen widersprechenden Folgen der Verwirkungsklausel im Hinblick auf die sich daraus für den Sozialhilfeträger ergebenden Möglichkeiten erkannt hätten, den Fall der Geltendmachung des Pflichtteilsanspruchs nach dem erstverstorbenen Elternteil durch den Sozialhilfeträger vom Anwendungsbereich der Verwirkungsklausel ausgenommen. Damit wird das behinderte Kind zwar gegenüber seinen Geschwistern bevorzugt, weil es trotz Inanspruchnahme des Pflichtteils nach dem erstverstorbenen Elternteil den ihm im Schlußerbfall zugedachten Erbteil nicht verliert. Diese

Konsequenz hätten die Eltern aber nach Auffassung des Berufungsgerichts in Kauf genommen. Diese tatrichterliche Auslegung ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden; sie ist auch überzeugend.
IV. Auf der Grundlage dieser Auslegung gelangt das Berufungsgericht zutreffend zu dem Ergebnis, daß die behinderte Tochter Mit(vor)erbin nach der zuletzt verstorbenen Mutter geworden ist. Da die Mutter Alleinerbin des vor ihr verstorbenen Vaters war, ist die behinderte Tochter auch dessen (Mit-)Erbeserbin geworden. Daraus hat das Berufungsgericht geschlossen, daß der behinderten Tochter und damit auch dem Kläger die Ansprüche aus § 2314 BGB nicht zustünden, weil sie einen Pflichtteilsberechtigten voraussetzen, der nicht Erbe geworden ist (vgl. BGH, Urteil vom 2. Juni 1993 - IV ZR 259/92 - NJW 1993, 2737 unter

I).


Ob dies auch dann gilt, wenn der Pflichtteilsberec htigte wie hier zunächst nicht Erbe war und erst durch einen weiteren Erbfall Erbeserbe geworden ist, bedarf hier keiner Entscheidung. Der Kläger kann jedenfalls im vorliegenden Fall die dem behinderten Kind als Erben der zuletzt verstorbenen Mutter etwa nach §§ 2027, 2028, 2038, 2057 BGB zustehenden Rechte, sich über Bestand und Wert ihres Nachlasses und des darin enthaltenen Nachlasses des vorverstorbenen Vaters zu informieren , nicht auf sich überleiten. Dem steht die für den Erbteil des behinderten Kindes nach der Mutter angeordnete Testamentsvollstreckung entgegen (§ 2214 BGB). Der Kläger hat also, auch wenn er den Pflichtteilsanspruch erst übergeleitet hat, als das behinderte Kind bereits Erbeserbin des Vaters geworden war, lediglich die Rechte eines pflichtteilsberechtig-

ten Nichterben erlangt, wie sie dem behinderten Kind vor dem Tod der Mutter zustanden. Deshalb kann der Kläger auch den der Verwirklichung des Pflichtteilsanspruchs nach dem Vater dienenden Auskunftsanspruch aus § 2314 BGB geltend machen.
Danach war das Berufungsurteil aufzuheben, soweit es die Abweisung von Ansprüchen des Klägers aus § 2314 BGB bestätigt hat, und den insoweit gestellten Anträgen des Klägers zu entsprechen.
Terno Dr. Schlichting Seiffert
Wendt Felsch

(1) Ein Rechtsgeschäft, das gegen die guten Sitten verstößt, ist nichtig.

(2) Nichtig ist insbesondere ein Rechtsgeschäft, durch das jemand unter Ausbeutung der Zwangslage, der Unerfahrenheit, des Mangels an Urteilsvermögen oder der erheblichen Willensschwäche eines anderen sich oder einem Dritten für eine Leistung Vermögensvorteile versprechen oder gewähren lässt, die in einem auffälligen Missverhältnis zu der Leistung stehen.