Bundesgerichtshof Urteil, 20. März 2012 - VI ZR 114/11

erstmalig veröffentlicht: 12.01.2023, letzte Fassung: 24.01.2023

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Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

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Wirtschaftsrecht / Existenzgründung / Insolvenzrecht / Gesellschaftsrecht / Strafrecht
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Zusammenfassung des Autors

Erleidet eine Person einen Zustand des Schocks, aufgrund der Verletzung eines nahen Angehörigen, kann sie einen Schmerzensgeldanspruch gegen den Verletzer geltend machen. Das gilt sofern die mit dem Schock einhergehenden Beeinträchtigungen über das übliche Maß, das Personen in solcher Situation für gewöhnlich erleiden, hinausgehen und Krankheitswert haben.

Die Geltendmachung eines Schockschadens im Falle der nicht vorsätzlichen tödlichen Verletzung eines freilaufenden Hundes durch einen Traktor soll nicht möglich sein. Das entschied der Bundesgerichtshof mit Urteil vom 20.03.2012. Der BGH lehnte einen entsprechenden Schmerzensgeldanspruch der Besitzerin einer 14-Monatigen Labrador-Hündin ab. Nach Ansicht des Gerichts gehören psychische Beeinträchtigungen, die infolge der Verletzung oder Tötung von Haustieren entstehen, zum allgemeinen Lebensrisiko und können keine Schmerzensgeldansprüche begrünen. Insofern kann die Rechtsprechung zu Schmerzensgeld in Fällen von Schockschäden bei der Verletzung von Angehörigen nicht mit Fällen psychischer Beeinträchtigungen im Zusammenhang mit der Verletzung oder Tötung von Tieren nicht gleichzusetzen.

Neue Rechtsprechung:

Nach neuer Rechtsprechung wird im Fall von Gesundheitsbeeinträchtigungen, die beim Geschädigten mittelbar durch die Verletzung eines Angehörigen verursacht worden sind, das Merkmal eines über das gewöhnliche Maß hinausgehenden Leides nicht mehr gefordert (vgl. BGH BGH, 06.12.2022 - VI ZR 168/21).

Dirk Streifler – Streifler&Kollegen – Rechtsanwälte Berlin

BUNDESGERICHTSHOF

Urteil vom 20.03.2012

Az.: VI ZR 114/11 

 

Vorgehend:

LG Aachen,19.08.2010, Az.:  8 O 483/09 

OLG Köln, 16.03.2011, Az.: 16 U 93/10 

 

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des 16. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 16. März 2011 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Von Rechts wegen.

Tatbestand

Die Klägerin verlangt materiellen Schadensersatz und Schmerzensgeld im Zusammenhang mit der tödlichen Verletzung eines Hundes bei einem Verkehrsunfall.

Am 24. Oktober 2008 spazierte die Klägerin mit einer 14 Monate alten Labradorhündin auf einem Feldweg. Die Hündin war nicht angeleint. Der Beklagte, der mit einem Traktor von einer angrenzenden Straße in den Feldweg einfuhr, überrollte die Hündin, die dadurch so schwere Verletzungen erlitt, dass sie von einem Tierarzt eingeschläfert werden musste.

Die Klägerin macht materiellen Schadensersatz wegen entstandener Tierarztkosten, Kosten für die Anschaffung eines Labrador-Welpens und außergerichtlicher Rechtsanwaltskosten sowie einen Schmerzensgeldanspruch geltend mit der Begründung, sie habe durch das Erlebnis einen Schockschaden 1 mit schweren Anpassungsstörungen und einer schweren depressiven Episode erlitten. Es sei zu einer pathologischen Dauerreaktion gekommen, welche medikamentös habe behandelt werden müssen und die Durchführung einer Langzeitbehandlung erfordert habe. Der Zustand habe über einen Zeitraum von mindestens vier Monaten angedauert und sei bis heute nicht ausgestanden.

Das Landgericht hat der Klage hinsichtlich der materiellen Schäden stattgegeben und sie im Übrigen abgewiesen. Auf die Berufung des Beklagten hat das Oberlandesgericht der Klage hinsichtlich der materiellen Schäden nur in Höhe von 50 % stattgegeben und den Beklagten in entsprechender Abänderung des erstinstanzlichen Urteils verurteilt, an die Klägerin 388 € nebst Zinsen zu zahlen sowie sie von außergerichtlich entstandenen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 83,54 € freizustellen. Die Berufung der Klägerin und die weitergehende Berufung des Beklagten hat es zurückgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter, soweit das Berufungsgericht zu ihrem Nachteil erkannt hat.

Gründe
I.

Das Berufungsgericht ist mit dem Landgericht der Auffassung, dass ein Schmerzensgeld wegen eines Schockschadens nicht in Betracht kommt. Für die ersatzfähigen materiellen Schäden hafte der Beklagte als Fahrer des unfallbeteiligten Traktors nach § 18 StVG für den Unfall, bei dem der Hund der Klägerin so schwer verletzt worden sei, dass er anschließend habe eingeschläfert werden müssen. Der Beklagte habe weder nachgewiesen, dass der Unfall für ihn unabwendbar gewesen sei, noch dass ihn an dem Unfall kein Verschulden 4 getroffen habe. Auf der anderen Seite müsse sich die Klägerin nach § 17 Abs. 1 und 4 StVG die Tiergefahr ihres frei laufenden Hundes im Sinne des § 833 BGB anrechnen lassen. Die Abwägung zwischen der Betriebsgefahr des Traktors mit Anhänger und der Tiergefahr des auf einem Feldweg frei laufenden Hundes rechtfertige unter den besonderen Umständen des Falles eine hälftige Schadensteilung.

II.

Das Berufungsurteil hält revisionsrechtlicher Überprüfung stand.

1. Das Berufungsgericht hat im Ergebnis mit Recht einen auf Schmerzensgeld gerichteten Schadensersatzanspruch der Klägerin aus dem Gesichtspunkt eines - durch den Tod des Tieres psychisch vermittelten - sogenannten Schockschadens verneint.

a) Ein solcher Schadensersatzanspruch aus § 7 Abs. 1, § 11 Satz 2, § 18 Abs. 1 StVG, § 823 Abs. 1, § 253 BGB wäre zwar, obwohl die Klägerin einen Gesundheitsschaden nur mittelbar als (psychische) Folge des tödlichen (Verkehrs-)Unfalls ihrer Hündin erlitten haben will, ein eigener Schadensersatzanspruch wegen der Verletzung eines eigenen Rechtsguts (vgl. Senatsurteile vom 11. Mai 1971 - VI ZR 78/70, BGHZ 56, 163, 168; vom 13. Januar 1976 - VI ZR 58/74, VersR 1976, 539, 540 und vom 6. Februar 2007 - VI ZR 55/06, VersR 2007, 803 Rn. 10). Nach ständiger Rechtsprechung des erkennenden Senats genügt jedoch nicht jede psychisch vermittelte Beeinträchtigung der körperlichen Befindlichkeit, um einen Schadensersatzanspruch eines dadurch nur "mittelbar" Geschädigten im Falle der Tötung oder schweren Verletzung eines Dritten auszulösen. Dies widerspräche der Intention des Gesetzgebers, die De-6 liktshaftung gerade in § 823 Abs. 1 BGB sowohl nach den Schutzgütern als auch den durch sie gesetzten Verhaltenspflichten auf klar umrissene Tatbestände zu beschränken (vgl. Senatsurteile vom 11. Mai 1971 - VI ZR 78/70, aaO S. 168 f. und vom 4. April 1989 - VI ZR 97/88, VersR 1989, 853, 854). Deshalb setzt die Zurechnung psychischer Beeinträchtigungen wie Trauer und Schmerz nicht nur eine - hier zugunsten der Klägerin revisionsrechtlich zu unterstellende pathologisch fassbare - Gesundheitsbeschädigung voraus, sondern auch eine besondere personale Beziehung des solcherart "mittelbar" Geschädigten zu einem schwer verletzten oder getöteten Menschen (vgl. Senatsurteile vom 11. Mai 1971 - VI ZR 78/70, aaO S. 170; vom 31. Januar 1984 - VI ZR 56/82, VersR 1984, 439; vom 12. November 1985 - VI ZR 103/84, VersR 1986, 240, 241; vom 4. April 1989 - VI ZR 97/88, aaO; vom 13. Januar 1976 - VI ZR 58/74, aaO und vom 6. Februar 2007 - VI ZR 5VI ZR 55/06, Rn. 8, 10). Bei derartigen Schadensfällen dient die enge personale Verbundenheit dazu, den Kreis derer zu beschreiben, die den Integritätsverlust des Opfers als Beeinträchtigung der eigenen Integrität und nicht als "normales" Lebensrisiko der Teilnahme an den Ereignissen der Umwelt empfinden (vgl. Senatsurteil vom 14. Juni 2005 - VI ZR 179/04, BGHZ 163, 209, 220 f.).

b) Aus den vorgenannten, die Schadensersatzpflicht bei Schockschäden eng umgrenzenden Grundsätzen ergibt sich bereits, dass eine von der Revision geforderte Ausdehnung dieser Rechtsprechung auf psychisch vermittelte Gesundheitsbeeinträchtigungen bei der Verletzung oder Tötung von Tieren nicht in Betracht kommt (so auch zutreffend LG Bad Kreuznach, Jagdrechtliche Entscheidungen Bd. XIV, XI Nr. 128; KreisG Cottbus, NJW-RR 1994, 804, 805; AG Recklinghausen, ZfS 1989, 191 und AG Essen-Borbeck, JurBüro 1986, 1494; MünchKommBGB/Oetker, 5. Aufl., § 251 Rn. 55). Dem entspricht es, dass der Gesetzgeber keinen Anlass für einen besonderen Schmerzensgeldanspruch des Tierhalters gesehen hat; die Verletzung oder Tötung von Tieren sollte den 9 von der Rechtsprechung anerkannten Fällen von Schockschäden mit Krankheitswert bei der Verletzung oder Tötung von Angehörigen oder sonst dem Betroffenen nahestehenden Menschen nicht gleichgestellt werden (vgl. BT-Drs. 11/7369, S. 7).

Derartige Beeinträchtigungen bei der Verletzung oder Tötung von Tieren, mögen sie auch als schwerwiegend empfunden werden und menschlich noch so verständlich erscheinen, gehören zum allgemeinen Lebensrisiko und vermögen damit Schmerzensgeldansprüche nicht zu begründen.

2. Die Revision beanstandet schließlich ohne Erfolg die Ausführungen des Berufungsgerichts zur Abwägung der beiderseitigen Verursachungs- und Verantwortungsbeiträge im Zusammenhang mit den geltend gemachten materiellen Schadensersatzansprüchen der Klägerin. Die Entscheidung über eine Haftungsverteilung im Rahmen des § 254 BGB oder des § 17 StVG ist grundsätzlich Sache des Tatrichters und im Revisionsverfahren nur darauf zu überprüfen, ob der Tatrichter alle in Betracht kommenden Umstände vollständig und richtig berücksichtigt und der Abwägung rechtlich zulässige Erwägungen zugrunde gelegt hat. Die Abwägung ist aufgrund aller festgestellten, d.h. unstreitigen, zugestandenen oder nach § 286 ZPO bewiesenen Umstände des Einzelfalls vorzunehmen, wenn sie sich auf den Unfall ausgewirkt haben; in erster Linie ist hierbei das Maß der Verursachung von Belang, in dem die Beteiligten zur Schadensentstehung beigetragen haben (vgl. etwa Senatsurteil vom 7. Februar 2012 - VI ZR 133/11, juris Rn. 5 mwN).

Einer Überprüfung nach diesen Grundsätzen hält das Berufungsurteil stand. Nach den rechtsfehlerfreien Feststellungen des Berufungsgerichts sind gefahrerhöhende Umstände von beiden Seiten nicht bewiesen worden. Auf dieser Grundlage ist es revisionsrechtlich nicht zu beanstanden, dass das Beru-10 fungsgericht in tatrichterlicher Würdigung unter den besonderen Umständen des Streitfalles unter Berücksichtigung der Tiergefahr des freilaufenden Hundes einerseits und der Betriebsgefahr des Traktors andererseits zu einer hälftigen Schadensteilung gelangt ist.

Galke

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Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Urteil, 20. März 2012 - VI ZR 114/11

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(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet. (2) Di

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(1) Das Gericht hat unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 254 Mitverschulden


(1) Hat bei der Entstehung des Schadens ein Verschulden des Beschädigten mitgewirkt, so hängt die Verpflichtung zum Ersatz sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes von den Umständen, insbesondere davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem

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(1) Wird bei dem Betrieb eines Kraftfahrzeugs ein Mensch getötet, der Körper oder die Gesundheit eines Menschen verletzt oder eine Sache beschädigt, so ist der Halter verpflichtet, dem Verletzten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. (2) D

Straßenverkehrsgesetz - StVG | § 17 Schadensverursachung durch mehrere Kraftfahrzeuge


(1) Wird ein Schaden durch mehrere Kraftfahrzeuge verursacht und sind die beteiligten Fahrzeughalter einem Dritten kraft Gesetzes zum Ersatz des Schadens verpflichtet, so hängt im Verhältnis der Fahrzeughalter zueinander die Verpflichtung zum Ersatz
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Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des 16. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 16. März 2011 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Von Rechts wegen.

Tatbestand

Die Klägerin verlangt materiellen Schadensersatz und Schmerzensgeld im Zusammenhang mit der tödlichen Verletzung eines Hundes bei einem Verkehrsunfall.

Am 24. Oktober 2008 spazierte die Klägerin mit einer 14 Monate alten Labradorhündin auf einem Feldweg. Die Hündin war nicht angeleint. Der Beklagte, der mit einem Traktor von einer angrenzenden Straße in den Feldweg einfuhr, überrollte die Hündin, die dadurch so schwere Verletzungen erlitt, dass sie von einem Tierarzt eingeschläfert werden musste.

Die Klägerin macht materiellen Schadensersatz wegen entstandener Tierarztkosten, Kosten für die Anschaffung eines Labrador-Welpens und außergerichtlicher Rechtsanwaltskosten sowie einen Schmerzensgeldanspruch geltend mit der Begründung, sie habe durch das Erlebnis einen Schockschaden 1 mit schweren Anpassungsstörungen und einer schweren depressiven Episode erlitten. Es sei zu einer pathologischen Dauerreaktion gekommen, welche medikamentös habe behandelt werden müssen und die Durchführung einer Langzeitbehandlung erfordert habe. Der Zustand habe über einen Zeitraum von mindestens vier Monaten angedauert und sei bis heute nicht ausgestanden.

Das Landgericht hat der Klage hinsichtlich der materiellen Schäden stattgegeben und sie im Übrigen abgewiesen. Auf die Berufung des Beklagten hat das Oberlandesgericht der Klage hinsichtlich der materiellen Schäden nur in Höhe von 50 % stattgegeben und den Beklagten in entsprechender Abänderung des erstinstanzlichen Urteils verurteilt, an die Klägerin 388 € nebst Zinsen zu zahlen sowie sie von außergerichtlich entstandenen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 83,54 € freizustellen. Die Berufung der Klägerin und die weitergehende Berufung des Beklagten hat es zurückgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter, soweit das Berufungsgericht zu ihrem Nachteil erkannt hat.

Gründe
I.

Das Berufungsgericht ist mit dem Landgericht der Auffassung, dass ein Schmerzensgeld wegen eines Schockschadens nicht in Betracht kommt. Für die ersatzfähigen materiellen Schäden hafte der Beklagte als Fahrer des unfallbeteiligten Traktors nach § 18 StVG für den Unfall, bei dem der Hund der Klägerin so schwer verletzt worden sei, dass er anschließend habe eingeschläfert werden müssen. Der Beklagte habe weder nachgewiesen, dass der Unfall für ihn unabwendbar gewesen sei, noch dass ihn an dem Unfall kein Verschulden 4 getroffen habe. Auf der anderen Seite müsse sich die Klägerin nach § 17 Abs. 1 und 4 StVG die Tiergefahr ihres frei laufenden Hundes im Sinne des § 833 BGB anrechnen lassen. Die Abwägung zwischen der Betriebsgefahr des Traktors mit Anhänger und der Tiergefahr des auf einem Feldweg frei laufenden Hundes rechtfertige unter den besonderen Umständen des Falles eine hälftige Schadensteilung.

II.

Das Berufungsurteil hält revisionsrechtlicher Überprüfung stand.

1. Das Berufungsgericht hat im Ergebnis mit Recht einen auf Schmerzensgeld gerichteten Schadensersatzanspruch der Klägerin aus dem Gesichtspunkt eines - durch den Tod des Tieres psychisch vermittelten - sogenannten Schockschadens verneint.

a) Ein solcher Schadensersatzanspruch aus § 7 Abs. 1, § 11 Satz 2, § 18 Abs. 1 StVG, § 823 Abs. 1, § 253 BGB wäre zwar, obwohl die Klägerin einen Gesundheitsschaden nur mittelbar als (psychische) Folge des tödlichen (Verkehrs-)Unfalls ihrer Hündin erlitten haben will, ein eigener Schadensersatzanspruch wegen der Verletzung eines eigenen Rechtsguts (vgl. Senatsurteile vom 11. Mai 1971 - VI ZR 78/70, BGHZ 56, 163, 168; vom 13. Januar 1976 - VI ZR 58/74, VersR 1976, 539, 540 und vom 6. Februar 2007 - VI ZR 55/06, VersR 2007, 803 Rn. 10). Nach ständiger Rechtsprechung des erkennenden Senats genügt jedoch nicht jede psychisch vermittelte Beeinträchtigung der körperlichen Befindlichkeit, um einen Schadensersatzanspruch eines dadurch nur "mittelbar" Geschädigten im Falle der Tötung oder schweren Verletzung eines Dritten auszulösen. Dies widerspräche der Intention des Gesetzgebers, die De-6 liktshaftung gerade in § 823 Abs. 1 BGB sowohl nach den Schutzgütern als auch den durch sie gesetzten Verhaltenspflichten auf klar umrissene Tatbestände zu beschränken (vgl. Senatsurteile vom 11. Mai 1971 - VI ZR 78/70, aaO S. 168 f. und vom 4. April 1989 - VI ZR 97/88, VersR 1989, 853, 854). Deshalb setzt die Zurechnung psychischer Beeinträchtigungen wie Trauer und Schmerz nicht nur eine - hier zugunsten der Klägerin revisionsrechtlich zu unterstellende pathologisch fassbare - Gesundheitsbeschädigung voraus, sondern auch eine besondere personale Beziehung des solcherart "mittelbar" Geschädigten zu einem schwer verletzten oder getöteten Menschen (vgl. Senatsurteile vom 11. Mai 1971 - VI ZR 78/70, aaO S. 170; vom 31. Januar 1984 - VI ZR 56/82, VersR 1984, 439; vom 12. November 1985 - VI ZR 103/84, VersR 1986, 240, 241; vom 4. April 1989 - VI ZR 97/88, aaO; vom 13. Januar 1976 - VI ZR 58/74, aaO und vom 6. Februar 2007 - VI ZR 5VI ZR 55/06, Rn. 8, 10). Bei derartigen Schadensfällen dient die enge personale Verbundenheit dazu, den Kreis derer zu beschreiben, die den Integritätsverlust des Opfers als Beeinträchtigung der eigenen Integrität und nicht als "normales" Lebensrisiko der Teilnahme an den Ereignissen der Umwelt empfinden (vgl. Senatsurteil vom 14. Juni 2005 - VI ZR 179/04, BGHZ 163, 209, 220 f.).

b) Aus den vorgenannten, die Schadensersatzpflicht bei Schockschäden eng umgrenzenden Grundsätzen ergibt sich bereits, dass eine von der Revision geforderte Ausdehnung dieser Rechtsprechung auf psychisch vermittelte Gesundheitsbeeinträchtigungen bei der Verletzung oder Tötung von Tieren nicht in Betracht kommt (so auch zutreffend LG Bad Kreuznach, Jagdrechtliche Entscheidungen Bd. XIV, XI Nr. 128; KreisG Cottbus, NJW-RR 1994, 804, 805; AG Recklinghausen, ZfS 1989, 191 und AG Essen-Borbeck, JurBüro 1986, 1494; MünchKommBGB/Oetker, 5. Aufl., § 251 Rn. 55). Dem entspricht es, dass der Gesetzgeber keinen Anlass für einen besonderen Schmerzensgeldanspruch des Tierhalters gesehen hat; die Verletzung oder Tötung von Tieren sollte den 9 von der Rechtsprechung anerkannten Fällen von Schockschäden mit Krankheitswert bei der Verletzung oder Tötung von Angehörigen oder sonst dem Betroffenen nahestehenden Menschen nicht gleichgestellt werden (vgl. BT-Drs. 11/7369, S. 7).

Derartige Beeinträchtigungen bei der Verletzung oder Tötung von Tieren, mögen sie auch als schwerwiegend empfunden werden und menschlich noch so verständlich erscheinen, gehören zum allgemeinen Lebensrisiko und vermögen damit Schmerzensgeldansprüche nicht zu begründen.

2. Die Revision beanstandet schließlich ohne Erfolg die Ausführungen des Berufungsgerichts zur Abwägung der beiderseitigen Verursachungs- und Verantwortungsbeiträge im Zusammenhang mit den geltend gemachten materiellen Schadensersatzansprüchen der Klägerin. Die Entscheidung über eine Haftungsverteilung im Rahmen des § 254 BGB oder des § 17 StVG ist grundsätzlich Sache des Tatrichters und im Revisionsverfahren nur darauf zu überprüfen, ob der Tatrichter alle in Betracht kommenden Umstände vollständig und richtig berücksichtigt und der Abwägung rechtlich zulässige Erwägungen zugrunde gelegt hat. Die Abwägung ist aufgrund aller festgestellten, d.h. unstreitigen, zugestandenen oder nach § 286 ZPO bewiesenen Umstände des Einzelfalls vorzunehmen, wenn sie sich auf den Unfall ausgewirkt haben; in erster Linie ist hierbei das Maß der Verursachung von Belang, in dem die Beteiligten zur Schadensentstehung beigetragen haben (vgl. etwa Senatsurteil vom 7. Februar 2012 - VI ZR 133/11, juris Rn. 5 mwN).

Einer Überprüfung nach diesen Grundsätzen hält das Berufungsurteil stand. Nach den rechtsfehlerfreien Feststellungen des Berufungsgerichts sind gefahrerhöhende Umstände von beiden Seiten nicht bewiesen worden. Auf dieser Grundlage ist es revisionsrechtlich nicht zu beanstanden, dass das Beru-10 fungsgericht in tatrichterlicher Würdigung unter den besonderen Umständen des Streitfalles unter Berücksichtigung der Tiergefahr des freilaufenden Hundes einerseits und der Betriebsgefahr des Traktors andererseits zu einer hälftigen Schadensteilung gelangt ist.

Galke

Zoll

Wellner

Diederichsen

Stöhr

LANDGERICHT AACHEN

(8. Zivilkammer)

Urteil vom 19.08.2010

Az.: 8 O 483/09

Tenor

Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 775,99 Euro; nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 22.10.2009 zu zahlen.

Der Beklagte wird verurteilt, die Klägerin von der Gebührenforderung der Rechtsanwälte N, X, in Höhe von 120,67 Euro;, freizustellen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt zu 94% die Klägerin und zu 6% der Beklagte.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Beiden Parteien bleibt nachgelassen, die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des aufgrund des Urteils zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht die vollstreckende Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Tatbestand

Am 24.10.2008 befand sich die Klägerin gegen 10.45 Uhr in X mit einer 14 Monate alten Labradorhündin auf einem Feldweg in Höhe des Sportplatzes. Es handelt sich um einen unbefestigten Weg. Der Beklagte befuhr mit einem Traktor, an welchem ein Anhänger befestigt war, die Q-straße aus Richtung B-Straße kommend. Das Gespann hatte eine Länge von insgesamt ca. 10 m. Das Gespann bog von der Q-straße in den Feldweg ab, auf welchem sich die Klägerin mit dem unangeleinten Hund befand. Die Hündin wurde von dem Gespann überrollt, wodurch sie schwere Knochenbrüche und innere Verletzungen erlitt. Der von der Klägerin und ihrem Ehemann konsultierte Tierarzt konnte die Verletzungen der Hündin nicht mehr behandeln und schläferte die Hündin ein. Hierfür stellte er 150,99 € in Rechnung.

Der Ehemann der Klägerin erwarb für diese einen neuen, zu diesem Zeitpunkt ca. 2 1/2 Monate alten, weiblichen Labradorwelpen für 600,00 Euro;.

Der Ehemann der Klägerin trat dieser sämtliche etwaige aufgrund des Unfallgeschehens ihm zustehende Ansprüche ab.

Die Klägerin forderte den Beklagten mit Schreiben vom 07.10.2009 erfolglos auf, ihre Ansprüche auf Schadensersatz und Schmerzensgeld bis spätestens zum 21.10.2009 anzuerkennen und die außergerichtlichen Anwaltskosten ihrer jetzigen Prozessbevollmächtigten in Höhe von 837,52 Euro auszugleichen.

Die Klägerin behauptet, die getötete Labradorhündin habe in ihrem Alleineigentum gestanden. Der Beklagte sei mit dem Gespann mit unzulässig hoher Geschwindigkeit gefahren. Bei dem Abbiegevorgang von der Q-straße in den Feldweg habe er nochmals beschleunigt. Zum Zeitpunkt des Unfalls habe sich die Hündin dicht bei der Klägerin befunden. Aufgrund des Todes der Hündin habe sie einen Schockschaden erlitten. Die Folge seien eine schwere Anpassungsstörung, eine schwere depressive Episode und die Symptomatik einer Posttraumatischen Störungsdepression (PTSD) gewesen. Bei ihr habe eine bipolare affektive Störung mit schwerer depressiver Episode vorgelegen. Sie habe Psychopharmaka einnehmen müssen. Es sei zu einer pathologischen Trauerreaktion gekommen, welche die Durchführung einer Langzeitbehandlung erforderlich gemacht habe, um eine Chronifizierung - auch im Hinblick auf Suizidalität - zu vermeiden. Dieser Zustand habe über einen Zeitraum von mindestens 4 Monaten angedauert. Sie sei unfähig gewesen, ihr alltägliches Leben selbst zu gestalten. Der Zustand sei nicht endgültig therapiert, es sei immer wieder mit Rückfällen in eine schwere Depression zu rechnen. Dies sei sämtlich auf das Unfallereignis zurückzuführen.

Die Klägerin beantragt:

den Beklagten zu verurteilen, an sie aufgrund des Unfallereignisses am 24.10.2008 gegen 10.45 Uhr in ... X, Q-straße, Höhe Sportplatz, ein angemessenes Schmerzensgeld zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 22.10.2009 zu zahlen, dessen Höhe ausdrücklich in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, den Betrag von 10.000,00 Euro; nicht unterschreiten sollte;

festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, ihr aufgrund des in Rede stehenden Unfallereignisses sämtliche zukünftigen materiellen und immateriellen Schadensersatzansprüche, sofern diese nicht auf Dritte übergegangen sind, zu ersetzen;

den Beklagten zu verurteilen, an sie weitere 775,99 Euro; nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 22.10.2009 zu zahlen;

den Beklagten zu verurteilen, sie von außergerichtlich entstandenen Kosten der Rechtsanwälte N, X Höhe von 837,52 Euro gemäß Kostennote vom 07.10.2009 freizustellen.

Der Beklagte beantragt:

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte bestreitet, dass die Klägerin - alleinige - Eigentümerin der Hündin gewesen sei. Er behauptet, der Unfall sei darauf zurückzuführen, dass die Klägerin den unangeleinten Hund zu sich gerufen habe. Der Hund habe sich zu diesem Zeitpunkt rechts vom Feldweg auf einer Wiese befunden. Er sei durch das Rufen der Klägerin zu dieser gelaufen und habe dabei den Feldweg von rechts nach links überquert, hierdurch sei der Hund in das Gespann hineingelaufen und von diesem erfasst worden. Er bestreitet zudem, dass es bei der Klägerin durch den Unfall zu nervlichen Störungen und Depressionen gekommen sei. Zudem seien zukünftige materielle oder immaterielle Schäden der Klägerin nicht zu befürchten.

Die Ermittlungsakte der Staatsanwaltschaft B, Az. ... hat vorgelegen und ist Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Gründe

I.

Die zulässige Klage ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet, im übrigen unbegründet.

1. Die Klägerin hat gegen den Beklagten einen Anspruch auf Zahlung in Höhe von 750,99 Euro; gemäß §§ 7, 18 StVG, 90a, 249 BGB oder gemäß §§ 7, 18 StVG, 90a, 249 BGB i.V.m. §§ 398 ff. BGB.

a) Der Klägerin fehlt nicht die erforderliche Sachlegitimation zur Geltendmachung der materiellen Schäden, die dadurch entstanden sind, dass die Hündin bei dem Unfallereignis am 24.10.2008 von dem von dem Beklagten geführten Traktorgespann überrollt und so schwer verletzt worden ist, dass sie eingeschläfert werden musste. Dabei kann es dahinstehen, ob die Klägerin Alleineigentümerin der Hündin war. Denn der Ehemann der Klägerin hat etwa ihm zustehende Schadensersatzansprüche an die Klägerin abgetreten, so dass, falls der Ehemann der Klägerin Mit- oder Alleineigentümer der Hündin gewesen sein sollte, die Klägerin gemäß §§ 398 ff. BGB aus abgetretenem Recht die Ansprüche geltend machen kann.

b) Der Beklagte ist der Klägerin gemäß §§ 7 Abs. 1, 18 Abs. 1 StVG, 90a BGB zum Schadensersatz verpflichtet.

Gemäß §§ 7 Abs. 1, 18 Abs. 1 StVG hat der Fahrer eines Fahrzeuges, bei dessen Betrieb eine Sache beschädigt wird, dem Geschädigten den daraus entstandenen Schaden zu ersetzen. Nach § 90a Satz 3 BGB sind die für Sachen geltenden Vorschriften entsprechend auf Tiere anzuwenden. Die Hündin ist durch das Überrollen mit dem Gespann schwer verletzt worden und musste eingeschläfert werden. Die Haftung des Beklagten ist nicht gemäß § 7 Abs. 2 StVG ausgeschlossen, da der Unfall nicht auf höhere Gewalt im Sinne dieser Vorschrift zurückzuführen war.

Eine Haftung des Beklagten ist nicht gemäß § 18 Abs. 1 Satz 2 StVG ausgeschlossen. Der Beklagte hat nicht den Beweis erbracht, dass der Unfall nicht durch sein Verschulden verursacht worden ist. Dafür, dass sich die Hündin auf der rechten Seite des Feldwegs befunden habe, die Klägerin sie zu sich gerufen habe und es nur dadurch zu dem Unfall hat kommen können, dass die Hündin in sein Gespann hineingelaufen ist, hat der hierfür beweisbelastete Beklagte keinen tauglichen Beweis angeboten.

Der Beklagte haftet vollumfänglich für die durch den Unfall entstandenen Schäden. Ein Mitverschulden der Klägerin ist nicht in Ansatz zu bringen. Dass die Hündin nicht angeleint war, begründet kein Mitverschulden. Eine Anleinpflicht bestand unstreitig nicht. Auf Feldwegen, also in ländlicher Umgebung, ist es üblich, dass Hundebesitzer ihre Hunde frei laufen lassen. Zudem hat der Beklagte nicht bewiesen, dass die Hündin sich nicht auf der Seite des Feldweges aufhielt, auf der sich auch die Klägerin befand. Auch dass sich die Hündin weiter als Leinenlänge von der Klägerin entfernt aufhielt, hat der Beklagte nicht nachgewiesen.

Ein etwaiger Mitverursachungsbeitrag der Klägerin würde bei der gebotenen Abwägung der wechselseitigen Verursachungsbeiträge ohnehin vollständig hinter dem Verursachungsbeitrag des Beklagten zurücktreten. Der Beklagte führte ein Traktorgespann mit einer Länge von ca. 10 m. Dieses besitzt eine sehr hohe Betriebsgefahr. Zudem hätte der Beklagte mit der gebotenen Aufmerksamkeit fahren müssen, die ihm erlaubt hätte, den Hund zu sehen. Bei Personen, die erkennbar nicht in Begleitung anderer Personen auf Feldwegen zu Fuß unterwegs sind, ist damit zu rechnen, dass es sich um Hundebesitzer handelt und sich der Hund in der Nähe aufhält. Dass er die in diesem Zusammenhang erforderliche Sorgfalt hat walten lassen, hat der Beklagte nicht hinreichend konkret behauptet.

c) Der Klägerin steht ein Zahlungsanspruch in Höhe von 750,99 Euro; zu.

Die Klägerin hat - entweder aus eigenem oder abgetretenem Recht - einen Anspruch auf Ersatz der Kosten in Höhe von 150,99 Euro;, die durch die Konsultation des Tierarztes entstanden sind. Die Hündin hatte erhebliche Verletzungen, die der Tierarzt nicht behandeln konnte, weshalb die Hündin eingeschläfert werden musste. Die für die tierärztliche Tätigkeit entstandenen Kosten hat der Beklagte zu ersetzen.

Der Klägerin steht zudem - aus eigenem oder abgetretenem Recht - ein Anspruch auf Ersatz des Wertes des Tieres zu, den das Gericht entsprechend der Kosten für den Erwerb einer anderen Labradorhündin gemäß seiner ihm in § 287 ZPO eingeräumten Befugnis auf 600,00 Euro schätzt. Gegen die Höhe des insoweit geltend gemachten Schadens hat der Beklagte substantiierte Einwendungen nicht erhoben.

Das Gericht erachtet auch einen Anspruch auf Ersatz pauschalierter Auslagen in Höhe von 25,00 Euro für gerechtfertigt. Dass im Zusammenhang mit der Verletzung des Hundes, dem Erwerb eines neuen Hundes und der Suche um Rechtsrat zur Geltendmachung von Schadensersatz Auslagen entstanden sind, ist ohne weiteres nachvollziehbar. Die Höhe von 25,00 Euro ist in Anlehnung an die bei Verkehrsunfällen unter Beteiligung zweier Fahrzeuge üblicherweise zuerkannte Kostenpauschale nach Auffassung des Gerichts angemessen.

2. Der Klägerin steht kein Anspruch auf Zahlung eines Schmerzensgeldes gemäß §§ 7 Abs. 1, 18 Abs. 1 StVG, 823 Abs. 1, 253 BGB zu.

Dabei kann es dahinstehen, ob die Klägerin die von ihr vorgetragenen Beeinträchtigungen erlitten hat und ob diese (sämtlich) auf den Umstand zurückzuführen sind, dass die Hündin bei dem Unfall am 24.10.2008 so schwer verletzt wurde, dass sie deshalb eingeschläfert werden musste. Denn selbst wenn diese Behauptungen zutreffend sind, steht der Klägerin ein Anspruch auf Schmerzensgeld nicht zu. Die Entschädigung für einen sogenannten Schockschaden setzt voraus, dass eine schwere gesundheitliche Beeinträchtigung eingetreten ist, dass es sich bei dem Getöteten um einen nahen Angehörigen des an seiner Gesundheit Geschädigten handelt und dass der Schock im Hinblick auf seinen Anlass verständlich ist (Grüneberg in: Palandt, BGB, 69. Auflage 2010, Vorb v § 249 Rn. 40; LG Bad Kreuznach, Urt. v. 11.07.2007, Az. 1 S 33/07, zitiert nach: www.juris.de). Bei der getöteten Hündin handelte es sich nicht um einen nahen Angehörigen, so dass die Voraussetzungen, unter denen bei Schockschäden ein Schmerzensgeld zuerkannt werden kann, nicht vorliegen. Hundebesitzern, deren Hund getötet wurde, steht im Hinblick auf diese Voraussetzungen kein Anspruch auf Schmerzensgeld zu. Zwar verkennt das Gericht nicht, dass ein Hund von einem Menschen sehr geliebt werden kann und dessen Verlust als sehr einschneidend empfunden werden kann. Die Ausdehnung der Fälle, in denen Schmerzensgeld zuerkannt werden kann, auf Fälle des Verlustes eines Hundes kommt dennoch nicht in Betracht. Bereits bei der Tötung von Personen wird Schmerzensgeld nur zuerkannt, wenn es sich um nahe Angehörige handelt. Dies erscheint auf den ersten Blick sehr formal, ist aber sachlich dadurch gerechtfertigt, dass andernfalls eine Abgrenzung nur noch schwer möglich und eine weitläufige, dogmatisch nicht mehr begründbare Ausdehnung des Anspruchs die Folge wäre (vgl. auch LG Bad Kreuznach, Urt. v. 11.07.2007, Az. 1 S 33/07, zitiert nach: www.juris.de). Wenn aber schon die Ausdehnung auf andere Personen als nahe Angehörige abgelehnt wird, ist die Zuerkennung eines Schmerzensgeldes wegen der Tötung eines Hundes nicht gerechtfertigt. Mögen Hunde auch zum Haushalt gehören und von den Hundebesitzern geliebt werden, so sind auf sie rein rechtlich gemäß § 90a S. 3 BGB die für Sachen geltenden Vorschriften anzuwenden. Auch vor diesem Hintergrund ist eine Ausdehnung der Kreises derer, die Schmerzensgeld für den aufgrund der Tötung eines Angehörigen erlittenen Schockschaden geltend machen können, auf Hundehalter nicht gerechtfertigt. Dies hätte eine mit den Regeln der Zurechnung nicht mehr vereinbare Ausdehnung des Schmerzensgeldanspruchs zur Folge (LG Bad Kreuznach, Urt. v. 11.07.2007, Az. 1 S 33/07, zitiert nach: www.juris.de). Soweit die Klägerin Auszüge aus der ADAC Schmerzensgeldtabelle vorgelegt hat, handelt es sich um Fälle, in denen nahe Angehörige (Sohn und Adoptivtochter) getötet worden sind. Diese Fälle sind daher mit dem vorliegenden Sachverhalt nicht vergleichbar.

3. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die mit dem Klageantrag zu 2) begehrte Feststellung.

Immaterielle Schäden der Klägerin sind vom Beklagten nicht zu ersetzen. Insoweit wird auf die Ausführungen unter Punkt I. 2. Bezug genommen.

Dass der Klägerin zukünftig weitere materielle Schäden entstehen könnten, was vom Beklagten bestritten worden ist, hat die Klägerin weder schlüssig dargelegt noch ist dies sonst ersichtlich.

4. Der Anspruch auf Zinsen steht der Klägerin aus §§ 286, 288 Abs. 1 BGB zu.

5. Der Anspruch auf Freistellung von den Kosten der jetzigen Prozessbevollmächtigten der Klägerin ist gemäß §§ 7 Abs. 1, 18 Abs. 1 StVG in Höhe von 120,67 Euro begründet.

Die Kosten der Inanspruchnahme eines Rechtsanwalts sind als erforderliche und zweckmäßige Kosten der Rechtsverfolgung vom Beklagten zu ersetzen. Der Anspruch ist jedoch begrenzt auf den Betrag, der sich unter Zugrundelegung eines Gegenstandswertes in Höhe von 775,99 Euro; errechnet. Denn nur in dieser Höhe sind die geltend gemachten Ansprüche berechtigt. Bei Ansatz einer 1,3 Geschäftsgebühr (84,50 Euro) zuzüglich Post- und Telekommunikationspauschale (16,90 Euro;) und 19% Umsatzsteuer (19,27 Euro) errechnet sich ein Betrag in Höhe von 120,67 Euro hinsichtlich dessen die Klägerin Freistellung von der Forderung beanspruchen kann.

II.

Die Entscheidung über die Kosten hat ihre rechtliche Grundlage in § 92 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr.11, 709, 711 ZPO.

Streitwert:

Klageantrag zu 1) 10.000,00 Euro

Klageantrag zu 2) 1.500,00 Euro

Klageantrag zu 3) 775,99 Euro

Klageantrag zu 4) ----

gesamt: 12.275,99 Euro

OBERLANDESGERICHT KÖLN

Urteil vom 16.03.2011

Az.: 16 U 93/10

Tenor

Auf die Berufung des Beklagten wird das am 19.8.2010 verkündete Urteil der 8. Zivilkammer des Landgerichts Aachen - 8 O 4833/09 - abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 388,00 EURO nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 22.10.2009 zu zahlen sowie sie von außergerichtlich entstandenen Kosten der Rechts­an­wälte N. H. und Kollegen, X. in Höhe von 83,54 EURO freizustellen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Berufung der Klägerin und die weitergehende Berufung des Beklagten werden zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.

Der Gegenstandswert für das Berufungsverfahren wird auf 12.275,99 EURO festgesetzt. Davon entfallen 11.500,00 EURO auf die Berufung der Klägerin und 775,99 EURO auf die Berufung des Beklagten.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner kann die Vollstreckung durch Sicherheit in Höhe von 110 % des gegen ihn vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision der Klägerin wird zugelassen.

Gründe
I.

Die Klägerin verlangt Schadens­ersatz und Schmerzensgeld aus einem Verkehrsunfall vom 24.10.2008 gegen 10.45 Uhr in X.. Die Klägerin spazierte mit einer 14 Monate alten Labradorhündin auf einem Feldweg. Die Hündin war nicht angeleint. Der Beklagte fuhr von der Q.straße mit einem Traktor mit Gülleanhänge auf den Feldweg. Die Hündin wurde von dem Gespann überrollt, wobei sie so schwere Verletzungen erlitt, dass sie von einem Tierarzt eingeschläfert wurde.

Die Klägerin verlangt mit ihrer Klage Schadens­ersatz in Höhe von 775,99 EURO, ein Schmerzensgeld, welches 10.000,00 EURO nicht unterschreiten sollte, Feststellung der Ersatzpflicht hinsichtlich weiterer Schäden sowie Freistellung von vorgerichtlichen Rechts­an­waltskosten. Der Betrag von 775,99 EURO setzt sich zusammen aus 150,99 EURO Tierarztkosten, 600,00 EURO für die Anschaffung eines Labrador-Welpen und 25,00 EURO Auslagenpauschale. Hinsichtlich des Schmerzgeldanspruchs hat die Klägerin behauptet, sie habe einen sog. Schockschaden mit schweren Anpassungsstörungen und einer schwere depressiven Episode erlitten. Es sei zu einer pathologischen Trauerreaktion gekommen, welche medikamentös habe behandelt werden müssen und die Durchführung einer Langezeitbehandlung erfordert habe. Der Zustand habe über einen Zeitraum von mindestens 4 Monaten gedauert und sei bis heute nicht ausgestanden.

Wegen des weiteren erstinstanzlichen Vorbringens und der in erster Instanz gestellten Anträge wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen, durch welches das Landgericht der Klage hinsichtlich der bezifferten materiellen Schäden stattgegeben und sie im Übrigen abgewiesen hat. Hiergegen wenden sich beide Parteien mit ihren Berufungen.

Die Klägerin verfolgt ihre Anträge auf Schmerzensgeld und Feststellung weiter. Sie stützt den Schmerzensgeldanspruch auf die Rechtsprechung zum sog. Schockschaden bei der Tötung oder Verletzung naher Angehöriger, die ihrer Ansicht nach auch auf Haustiere ausgeweitet werden müsse, da zu diesen in der heutigen Zeit oftmals eine engere Bindung als zu nahen Angehörigen bestehe.

Das Landgericht habe ferner nicht berücksichtigt, dass sie selbst direkt am Unfall beteiligt gewesen sei. Sie behauptet, der Hund habe sich unmittelbar im Bereich ihres rechten Beines befunden, als er überfahren worden sei. Sie und der Hund hätten eine Einheit gebildet. Sie selbst habe sich nur durch einen Schritt zurück in Richtung Böschung in Sicherheit bringen können.

Die Klägerin beantragt,

unter teilweiser Abänderung des Urteils des Landgerichts Aachen vom 19.8.2010 den Beklagten zu verurteilen, an sie aufgrund des Unfallereignisses vom 24.10.2008 gegen 10.45 Uhr in XXXXX X., Q.straße, Höhe Sportplatz, ein angemessenes Schmerzensgeld zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 22.10.2009 zu zahlen, dessen Höhe ausdrücklich in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, den Betrag von 10.000,00 EURO jedoch nicht unterschreiten sollte;

festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, ihr aufgrund des in Rede stehenden Unfallereignisses sämtliche zukünftigen materiellen und immateriellen Schadens­ersatzansprüche, sofern diese nicht auf Dritte übergegangen sind, zu ersetzen;

den Beklagten zu verurteilen, sie von außergerichtlich entstandenen Kosten der Rechts­an­wälte N. H. und Kollegen, X. in Höhe von 837,52 EURO gemäß Kostennote vom 7.10.2009, abzüglich erstinstanzlich zuerkannter 120,67 EURO freizustellen.

Sie regt an,

die Revision zuzulassen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.

Mit seiner eigenen Berufung beantragt er,

das Urteil des Landgerichts Aachen vom 19.8.2010 aufzuheben, soweit der Klage stattgegeben worden ist, und die Klage insgesamt abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung des Beklagten zurückzuweisen.

Der Beklagte macht geltend, dass die alleinige oder überwiegende Verantwortung für den Unfall bei der Klägerin liege, was das Landgericht nicht berücksichtigt habe. Er bestreitet hinsichtlich der materiellen Schäden ihre Aktivlegitimation und meint, dass sich der Schaden durch den Tod des Hundes auf maximal 300,00 EURO belaufe. Der Schaden bemesse sich nach dem Zeitwert des 14 Monate alten Hundes und nicht nach den Kosten für die Anschaffung eines Welpen. Mehrwertsteuer auf die Tierarztkosten könne die Klägerin nicht verlangen, da er als Ausländer nicht der Umsatzsteuer unterliege.

Die Strafakten 105 Js 106/09 StA Aachen lagen vor und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die wechselseitigen Schriftsätze der Parteien und die von ihnen vorgelegten Unterlagen Bezug genommen.

II.

Die Berufung des Beklagten hat hinsichtlich der Haftungsquote teilweise Erfolg. Im Übrigen sind die zulässigen Berufungen der Parteien unbegründet.

1. Dem Grund nach haften beide Parteien zu 50 % für den Unfall.

Der Beklagte haftet als Fahrer des unfallbeteiligten Traktors nach § 18 StVG für den Unfall, bei dem der Hund der Klägerin getötet wurde. Er hat weder nachgewiesen, dass der Unfall für ihn unabwendbar war, noch, dass ihn an dem Unfall kein Verschulden trifft. Für seinen Vortrag, der Hund sei unvermittelt vor seinen Traktor gelaufen, hat er keinen Beweis angetreten.

Auf der anderen Seite muss sich die Klägerin nach § 17 Abs. 1 und 4 StVG die Tiergefahr ihre Hundes (§ 833 BGB) entgegenhalten lassen.

Weder Klägerin noch Beklagter können ein Verschulden der jeweils anderen Partei nachweisen. Dass der Hund nicht angeleint war, genügt auf einem Feldweg für ein Mitverschulden nicht. Eine Anleinpflicht besteht auf Feldwegen nach dem Landeshundegesetz nicht.

Im Rahmen der Abwägung zwischen der Betriebsgefahr des PKW und der Tiergefahr wird bei Unfällen mit nicht angeleinten Hunden im Allgemeinen von einem Überwiegen der Tiergefahr ausgegangen (vgl. Grüneberg, Haftungsquoten bei Verkehrsunfällen, 10. Aufl., Rn 512, wonach die Mithaftung des Kfz-Halters ein Fehlverhalten des Fahrers voraussetzt; Budewig/Gehrlein/Leipold, Der Unfall im Straßenverkehr, 10. Kapitel Rn 12). Begründet wird dies mit der Unberechenbarkeit tierischen Verhaltens und damit, dass es sich aus Sicht des Kraftfahrers um eine ungewöhnliche Gefahr handelt, mit der er nicht rechnen muss und auf die er sich nur schwer einstellen kann (vgl. Grüneberg, aaO).

Unter den Besonderheiten des vorliegenden Falles haftet der Beklagte indes zu 50 % für den Unfall.

Der Beklagte hat den Hund nach seiner Einlassung in der Hauptverhandlung gesehen, zudem ereignete der Unfall sich nicht im öffentlichen Straßenraum, sondern auf einem landwirtschaftlichen Feldweg, auf dem eher mit Tieren zu rechnen ist als auf einer öffentlichen Straße. Nach den Lichtbildern in der Strafakte (dort Bl. 8 ff.) war der Feldweg für den allgemeinen Fahrzeugverkehr gesperrt und nur landwirtschaftlicher Verkehr zugelassen. Aufgrund dieser örtlichen Gegebenheiten und wegen der zunächst nur schweren Einsehbarkeit des Feldweges war auf Seiten des Beklagte ohnehin besondere Sorgfalt veranlasst. Auf der anderen Seite tritt aber auch die Tiergefahr, die hier deshalb erhöht war, weil der Hund nicht angeleint war, nicht hinter die Betriebsgefahr des vom Beklagten geführten Gespanns zurück.

2. Der materielle Schaden ist in der geltend gemachten Höhe von 775,99 EURO grundsätzlich ersatzfähig. Er mindert sich lediglich um den Mithaftungsanteil der Klägerin als Tierhalterin.

Soweit der Beklagte die Aktivlegitimation der Klägerin mit der Behauptung, Eigentümer des Hundes sei ihr Ehemann gewesen, bestreitet, ist das Vorbringen in der Berufung neu und nach § 531 Abs. 2 ZPO nicht zuzulassen. Nach dem Tatbestand des landgerichtlichen Urteils war in 1. Instanz unstreitig, dass der Ehemann der Klägerin die Ansprüche an sie abgetreten hat. Ein Tatbestandsberichtigungsantrag wurde nicht gestellt (hierzu zuletzt BGH Urt. v. 11.01.2011 - XI ZR 220/08). Das Bestreiten der Abtretung in der Berufung ist daher nach § 531 Abs. 2 ZPO als neu zu behandeln. Gründe für die Zulassung des neuen Vorbringens sind weder dargelegt noch ersichtlich.

Den Tierarztkosten ist der Beklagte in 1. Instanz nicht konkret entgegengetreten. Der Beklagte irrt, wenn er meint, er habe als Ausländer die Mehrwertsteuer nicht zu erstatten. Auf die Umsatzsteuerpflicht des Beklagten kommt es nicht an. Die Umsatzsteuer stellt vielmehr einen Vermögensschaden der Klägerin bzw. ihres Ehemannes dar, weil diese die Umsatzsteuer zahlen musste. Diesen Schaden hat der Beklagte im Rahmen von § 249 BGB zu ersetzen. Auf die Frage, ob die Tierarztrechnung bereits bezahlt ist, kommt es für den Schadens­ersatzanspruch nicht an. Zudem ist das diesbezügliche Bestreiten in der Berufung auch neu und nach § 531 Abs. 2 ZPO unbeachtlich.

Auch die Kosten für die Anschaffung eines neuen Hundes gehören zum ersatzfähigen Schaden. Der Beklagte hat in erster Instanz gegen die Kosten keine konkreten Einwendungen erhoben, sondern nur geltend gemacht, er sei zum Ersatz der Kosten für einen neuen Hund nicht verpflichtet. Grundsätzlich kann die Klägerin als Schaden die Kosten für eine Ersatzanschaffung ersetzt verlangen und damit auch die Kosten eines neuen Hundes. Es begegnet keinen Bedenken, hierfür die Kosten für die Anschaffung eines Labrador-Welpen anzusetzen. Dass ein 14 Monate altes Tier zu einem geringeren Preis hätte erworben werden können, ist nicht ersichtlich. Jedenfalls im Wege der Schadensschätzung nach § 287 ZPO bestehen gegen den Ansatz der geltend gemachten 600,00 EURO keine Bedenken.

Die Auslagenpauschale ist mit 25,00 EURO angemessen.

Von dem sich hiernach ergebenden Schaden von 775,99 EURO hat der Beklagte 50 %, mithin 388,00 EURO zu tragen.

3. Dagegen steht der Klägerin wegen der aufgrund des Todes des Hundes erlittenen psychischen Beeinträchtigungen kein Anspruch auf Schmerzensgeld und Schadens­ersatz zu.

Die von der Klägerin geltend gemachten Gesundheitsbeeinträchtigungen sind nicht Folge einer eigenen unmittelbaren Verletzung durch den Unfall. Dies gilt auch dann, wenn die Klägerin (was streitig ist) selbst in die Böschung ausweichen musste, um einen Zusammenstoß mit dem vom Beklagten geführten Gespann zu vermeiden. Die geltend gemachten Gesundheits­be­ein­trächtigungen resultieren nicht daraus, dass die Klägerin ihrerseits dem Traktor ausweichen musste, sondern aus dem Tod des Hundes, den die Klägerin miterlebt hat.

Eine Haftung für Unfallfolgen, die sich ohne organische Primärverletzung allein aufgrund des Unfallerlebnisses und infolge psychisch vermittelter Kausalität entwickeln (sog. Schockschäden, vgl. Jaeger/Luckey in Handbuch für den Fachanwalt Verkehrsrecht, 3. Aufl., Kap. 9 Rn 131), setzt ein Ereignis von hinreichender Schwere und Intensität voraus (Plagemann in Geigel, Der Haftpflichtprozess, 25. Aufl., 6. Kapitel Rn 8). Hieran fehlt es bei dem streitgegenständlichen Unfall.

Nach der überwiegenden Auffassung in Rechtsprechung und Literatur, der sich der Senat anschließt, besteht ein Anspruch auf Schadens­ersatz und Schmerzensgeld aufgrund des Schocks und die psychischen Beeinträchtigungen, die jemand durch einen Unfall, an dem er selbst nicht unmittelbar beteiligt war, erlitten hat nur unter besonderen Voraussetzungen. Es muss eine Gesundheitsbeeinträchtigung vorliegen, die nach Art und Schwere deutlich über das hinausgeht, was Nahestehende als mittelbar Betroffene in derartigen Fällen erfahrungsgemäß an Beeinträchtigungen erleiden. Zum zweiten steht der Anspruch nur nahen Angehörigen zu. Schließlich bedarf es eines ausreichenden Anlasses, d.h. der Schock muss im Hinblick auf seinen Anlass verständlich sein (Palandt/Grüneberg, BGB, 70. Aufl., vor § 249 Rn 40; Jaeger/Luckey in Handbuch für den Fachanwalt Verkehrsrecht, 3. Aufl., Kap. 9 Rn 131 ff.; Budewig/Gehrlein/Leipold, Der Unfall im Straßenverkehr, Kap. 18 Rn 11 ff., jeweils mit w. Nachw.; gegen diese Einschränkungen Staudinger/Schiemann, BGB, Neubearbeitung 2005, § 249 Rn 46).

Die Klägerin hat allerdings hinreichend vorgetragen und unter Beweis gestellt, dass sie erhebliche psychische Beeinträchtigungen durch den Unfall erlitten hat. Es fehlt indes an den beiden weiteren Voraussetzungen, insbesondere einem hinreichend nachvollziehbaren Anlass für die psychischen Beeinträchtigungen der Klägerin. So ist der Tod eines Angehörigen ein nachvollziehbarer Anlass einer Gesundheitsbeeinträchtigung, nicht aber die Beschädigung einer Sache oder der Tod eines Haustieres (Palandt/Grüneberg, BGB, 70. Aufl., vor § 249 Rn 40). Diese Einschränkungen des Anspruchs auf Schadens­ersatz und Schmerzensgeld sind entgegen Bedenken in der Literatur (z.B. Staudinger/Schiemann, BGB, Neubearbeitung 2005, § 249 Rn 46, wonach es allein auf die gesundheitlichen Folgen ankommen soll) sachgerecht (so auch Palandt/Grüneberg, BGB, 70. Aufl., vor § 249 Rn 40). Sie entspricht der Absicht des Gesetzgebers, die Deliktshaftung sowohl nach den Schutzgütern als auch nach den durch sie gesetzten Verhaltenspflichten auf klar umrissene Tatbestände zu beschränken (BGHZ 56, 163; BGH NJW 1989, 2317). Dem widerspräche es, die Tötung eines Haustieres bei einem Unfall als Gesundheitsverletzung des Tierhalters zu qualifizieren.

Die Klägerin beruft sich ohne Erfolg darauf, dass die deutsche Rechtsprechung insoweit restriktiver sei als andere europäische Rechtsordnungen (so auch Palandt/Grüneberg, BGB, 70. Aufl., vor § 249 Rn 40; Jaeger/Luckey in Handbuch für den Fachanwalt Verkehrsrecht, 3. Aufl., Kap. 9 Rn 149). Unabhängig von der Frage, inwieweit der Vorhalt rechtlich relevant ist, hat die Klägerin weder dargelegt noch ist ersichtlich, dass in anderen Rechtsordnungen ein Schmerzensgeldanspruch auch bei Tötung eines Haustieres anerkannt wird. Vielmehr geht es in der Diskussion um die Voraussetzungen eines eigenen Schmerzensgeldanspruchs bei Tötung oder Verletzung von Angehörigen (vgl. z.B. die Übersicht bei Janssen, ZRP 2003, 156).

4. Die Berufung der Klägerin ist auch hinsichtlich des Feststellungsantrages nicht begründet. Ein Anspruch auf Ersatz der durch die psychischen Folgen der Tötung des Hundes entstandenen Beeinträchtigungen besteht nicht. Sonstige künftige materielle oder immaterielle Schäden sind nicht erkennbar.

5. Die vorgerichtlichen Rechts­an­waltskosten sind grundsätzlich erstattungsfähig. Die Klägerin hat unstreitig vorgerichtlich ihren Rechts­an­walt eingeschaltet. Die Höhe der ersatzfähigen Kosten richtet sich nach dem Wert der berechtigten Ansprüche. Auf Grundlage eines berechtigten Ersatzanspruchs in Höhe von 388,00 EURO ergeben sich folgende Rechts­an­waltsgebühren:

1,3 Geschäftsgebühr von               58,50 EURO

20 % Auslagen                            11,70 EURO

Zwischensumme                            70,20 EURO

+ 19 % MWSt.                            83,54 EURO

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 92 Abs. 2, 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Der Senat lässt die Revision zu im Hinblick auf den Streit in der Literatur über die Voraussetzungen eines Anspruchs auf Schadens­ersatz und Schmerzensgeld für sog. Schockschäden. Von einer ausdrücklichen Beschränkung der Revisionszulassung auf die Berufung der Klägerin sieht der Senat zur Vermeidung eventueller Divergenzen im Hinblick darauf ab, dass es für die Höhe eines eventuellen Anspruchs auch auf die Haftungsquote ankommt.

(1) In den Fällen des § 7 Abs. 1 ist auch der Führer des Kraftfahrzeugs zum Ersatz des Schadens nach den Vorschriften der §§ 8 bis 15 verpflichtet. Die Ersatzpflicht ist ausgeschlossen, wenn der Schaden nicht durch ein Verschulden des Führers verursacht ist.

(2) Die Vorschrift des § 16 findet entsprechende Anwendung.

(3) Ist in den Fällen des § 17 auch der Führer eines Kraftfahrzeugs zum Ersatz des Schadens verpflichtet, so sind auf diese Verpflichtung in seinem Verhältnis zu den Haltern und Führern der anderen beteiligten Kraftfahrzeuge, zu dem Tierhalter oder Eisenbahnunternehmer die Vorschriften des § 17 entsprechend anzuwenden.

(1) Wird ein Schaden durch mehrere Kraftfahrzeuge verursacht und sind die beteiligten Fahrzeughalter einem Dritten kraft Gesetzes zum Ersatz des Schadens verpflichtet, so hängt im Verhältnis der Fahrzeughalter zueinander die Verpflichtung zum Ersatz sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes von den Umständen, insbesondere davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder dem anderen Teil verursacht worden ist.

(2) Wenn der Schaden einem der beteiligten Fahrzeughalter entstanden ist, gilt Absatz 1 auch für die Haftung der Fahrzeughalter untereinander.

(3) Die Verpflichtung zum Ersatz nach den Absätzen 1 und 2 ist ausgeschlossen, wenn der Unfall durch ein unabwendbares Ereignis verursacht wird, das weder auf einem Fehler in der Beschaffenheit des Kraftfahrzeugs noch auf einem Versagen seiner Vorrichtungen beruht. Als unabwendbar gilt ein Ereignis nur dann, wenn sowohl der Halter als auch der Führer des Kraftfahrzeugs jede nach den Umständen des Falles gebotene Sorgfalt beobachtet hat. Der Ausschluss gilt auch für die Ersatzpflicht gegenüber dem Eigentümer eines Kraftfahrzeugs, der nicht Halter ist.

(4) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 sind entsprechend anzuwenden, wenn der Schaden durch ein Kraftfahrzeug und ein Tier oder durch ein Kraftfahrzeug und eine Eisenbahn verursacht wird.

Wird durch ein Tier ein Mensch getötet oder der Körper oder die Gesundheit eines Menschen verletzt oder eine Sache beschädigt, so ist derjenige, welcher das Tier hält, verpflichtet, dem Verletzten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der Schaden durch ein Haustier verursacht wird, das dem Beruf, der Erwerbstätigkeit oder dem Unterhalt des Tierhalters zu dienen bestimmt ist, und entweder der Tierhalter bei der Beaufsichtigung des Tieres die im Verkehr erforderliche Sorgfalt beobachtet oder der Schaden auch bei Anwendung dieser Sorgfalt entstanden sein würde.

(1) Wird bei dem Betrieb eines Kraftfahrzeugs ein Mensch getötet, der Körper oder die Gesundheit eines Menschen verletzt oder eine Sache beschädigt, so ist der Halter verpflichtet, dem Verletzten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen.

(2) Die Ersatzpflicht ist ausgeschlossen, wenn der Unfall durch höhere Gewalt verursacht wird.

(3) Benutzt jemand das Kraftfahrzeug ohne Wissen und Willen des Fahrzeughalters, so ist er anstelle des Halters zum Ersatz des Schadens verpflichtet; daneben bleibt der Halter zum Ersatz des Schadens verpflichtet, wenn die Benutzung des Kraftfahrzeugs durch sein Verschulden ermöglicht worden ist. Satz 1 findet keine Anwendung, wenn der Benutzer vom Fahrzeughalter für den Betrieb des Kraftfahrzeugs angestellt ist oder wenn ihm das Kraftfahrzeug vom Halter überlassen worden ist.

Im Fall der Verletzung des Körpers oder der Gesundheit ist der Schadensersatz durch Ersatz der Kosten der Heilung sowie des Vermögensnachteils zu leisten, den der Verletzte dadurch erleidet, dass infolge der Verletzung zeitweise oder dauernd seine Erwerbsfähigkeit aufgehoben oder gemindert oder eine Vermehrung seiner Bedürfnisse eingetreten ist. Wegen des Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, kann auch eine billige Entschädigung in Geld gefordert werden.

(1) In den Fällen des § 7 Abs. 1 ist auch der Führer des Kraftfahrzeugs zum Ersatz des Schadens nach den Vorschriften der §§ 8 bis 15 verpflichtet. Die Ersatzpflicht ist ausgeschlossen, wenn der Schaden nicht durch ein Verschulden des Führers verursacht ist.

(2) Die Vorschrift des § 16 findet entsprechende Anwendung.

(3) Ist in den Fällen des § 17 auch der Führer eines Kraftfahrzeugs zum Ersatz des Schadens verpflichtet, so sind auf diese Verpflichtung in seinem Verhältnis zu den Haltern und Führern der anderen beteiligten Kraftfahrzeuge, zu dem Tierhalter oder Eisenbahnunternehmer die Vorschriften des § 17 entsprechend anzuwenden.

(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.

(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.

(1) Wegen eines Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, kann Entschädigung in Geld nur in den durch das Gesetz bestimmten Fällen gefordert werden.

(2) Ist wegen einer Verletzung des Körpers, der Gesundheit, der Freiheit oder der sexuellen Selbstbestimmung Schadensersatz zu leisten, kann auch wegen des Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, eine billige Entschädigung in Geld gefordert werden.

10
Für Gesundheitsbeeinträchtigungen, die Angehörige nicht unmittelbar bei einem Arbeitsunfall eines Versicherten erleiden, sondern die - wie Schockschäden - mittelbar durch den Versicherungsfall hervorgerufen werden, kann nichts anderes gelten. Der Anspruch des Angehörigen beruht auch in einem solchen Fall auf der Verletzung eines eigenen Rechtsguts (AR-Blattei SD [Rolfs], aaO, 860.2, Rn. 173 f.; ErfKomm/Rolfs, 7. Aufl., § 104, Rn. 29; Blomeyer in: Münchner Handbuch zum Arbeitsrecht, 2. Aufl., § 61, Rn. 4; Wussow, WI 2006, 181, 182; HWK/Giesen, aaO, § 104 Rn. 6; zu §§ 636, 637 RVO schon: Gamillscheg /Hanau, Die Haftung des Arbeitnehmers, 2. Aufl., S. 187).

(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.

(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.

10
Für Gesundheitsbeeinträchtigungen, die Angehörige nicht unmittelbar bei einem Arbeitsunfall eines Versicherten erleiden, sondern die - wie Schockschäden - mittelbar durch den Versicherungsfall hervorgerufen werden, kann nichts anderes gelten. Der Anspruch des Angehörigen beruht auch in einem solchen Fall auf der Verletzung eines eigenen Rechtsguts (AR-Blattei SD [Rolfs], aaO, 860.2, Rn. 173 f.; ErfKomm/Rolfs, 7. Aufl., § 104, Rn. 29; Blomeyer in: Münchner Handbuch zum Arbeitsrecht, 2. Aufl., § 61, Rn. 4; Wussow, WI 2006, 181, 182; HWK/Giesen, aaO, § 104 Rn. 6; zu §§ 636, 637 RVO schon: Gamillscheg /Hanau, Die Haftung des Arbeitnehmers, 2. Aufl., S. 187).

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR 179/04 Verkündet am:
14. Juni 2005
Holmes,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja

a) Zur Anwendbarkeit des Anscheinsbeweises für eine HIV-Infektion durch die Verabreichung
von Blutprodukten (im Anschluß an BGHZ 114, 284).

b) Zur Dokumentationspflicht und zur sekundären Darlegungslast des Verwenders
von Blutprodukten hinsichtlich der Chargennummer des verabreichten Produkts.

c) Ist eine Aufklärung über die Gefahr einer HIV-Infektion bei Verabreichung von Blutprodukten
nicht möglich, ist der Patient jedenfalls nachträglich über diese Gefahr
aufzuklären und ihm zu einem HIV-Test zu raten (nachträgliche Sicherungsaufklärung
).

d) Auch ein im Behandlungszeitpunkt noch nicht bekannter Ehepartner des Patienten
ist in den Schutzbereich der Pflicht zur nachträglichen Sicherungsaufklärung über
die Gefahr einer transfusionsassoziierten HIV-Infektion einbezogen.
BGH, Urteil vom 14. Juni 2005 - VI ZR 179/04 - OLG Koblenz
LG Trier
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 14. Juni 2005 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Müller und die Richter
Dr. Greiner, Wellner, Pauge und Stöhr

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 13. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Koblenz vom 7. Juni 2004 wird auf Kosten des Beklagten zurückgewiesen. Der Streithelfer trägt seine Kosten selbst.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Klägerin verlangt von dem Beklagten ein angemessenes Schmerzensgeld von mindestens 127.823 € (250.000 DM) nebst Zinsen und die Feststellung der Ersatzpflicht für zukünftige materielle Schäden wegen einer bei ihr festgestellten HIV-Infektion. Der Beklagte ist seit 1. Februar 1986 Träger des Krankenhauses W., das zuvor vom Streithelfer des Beklagten getragen worden war.
Die Klägerin ist seit 1988 mit M., einem ehemaligen Patienten des Beklagten , bekannt und seit dem 11. August 1994 mit ihm verheiratet. Dieser erhielt nach einem Motorradunfall am 29. Juni 1985 im Krankenhaus W. Frischblut von drei Spendern sowie mehrere aus Blutspenden hergestellte Produkte (Erythrozyten-Konzentrat, GFP, PPSB und Biseko). Er wurde nach seiner zunächst bis 24. Dezember 1985 dauernden stationären Behandlung noch bis 9. Oktober 1987 mehrfach stationär im Krankenhaus W. behandelt. Im Dezember 1997 wurden in einer Blutprobe von M. HIV-Antikörper festgestellt. Im Januar 1998 stellte sich heraus, daß auch die Klägerin HIVinfiziert ist. Sie erhält seit 1998 aus der Stiftung "Humanitäre Hilfe für durch Blutprodukte HIV-infizierte Personen" eine Rente von 766,94 € (1.500 DM) monatlich. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Berufungsgericht der Klage stattgegeben. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision erstreben der Beklagte und sein Streithelfer die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.

Entscheidungsgründe:

I.

Das Berufungsgericht bejaht einen Kausalzusammenhang zwischen der HIV-Infektion der Klägerin und der Behandlung ihres Ehemanns mit Blutprodukten im Jahre 1985. Es bestehe ein von dem Beklagten nicht entkräfteter
Beweis des ersten Anscheins dafür, daß der Ehemann der Klägerin damals mit HIV infiziert worden sei und den Virus auf die Klägerin übertragen habe. Die Eheleute hätten weder zu den HIV-gefährdeten Risikogruppen gehört noch seien sie durch die Art ihrer Lebensführung einer (gesteigerten) Infektionsgefahr ausgesetzt gewesen. Die Lebenserfahrung spreche dafür, daß die verabreichten Blutprodukte als Infektionsquelle anzusehen seien. Außerdem sei davon auszugehen, daß zumindest das verabreichte Blutprodukt PPSB der B. AG HIV-kontaminiert gewesen sei. Da der Beklagte die Chargennummern des verwendeten Produktes im Rechtsstreit nicht angegeben habe, könne die Klägerin keine näheren Einzelheiten dazu vortragen, ob das PPSB auch aus Blut HIVinfizierter Spender gewonnen worden sei und ob weitere transfusionsassoziierte HIV-Infektionen Dritter bekannt geworden seien. Zu ihren Gunsten sei daher von einer Kontaminierung des Produkts auszugehen. Die Ärzte hätten die ihnen auch gegenüber der Klägeri n obliegenden Sorgfaltspflichten verletzt, weil sie trotz der vielen 1985 verabreichten Blutprodukte bei keinem der zahlreichen späteren Krankenhausaufenthalte ihren Ehemann auf die Möglichkeit einer HIV-Infektion hingewiesen und einen HIVTest angeraten hätten. Das Risiko einer transfusionsassoziierten HIV-Infektion sei Mitte 1985 hinreichend bekannt gewesen. Diese Hinweispflicht habe ihnen auch im Interesse der Klägerin oblegen, denn die behandelnden Ärzte hätten damit rechnen müssen, daß ihr Ehemann sich nach seiner Genesung eine Partnerin suchen und heiraten werde. Der Wechsel in der Trägerschaft des Krankenhauses sei unerheblich, da der Beklagte als neuer Träger bei Übernahme des Krankenhauses alle Verbindlichkeiten aus dem Betrieb übernommen habe.

II.

Die Revision des Beklagten und seines Streithelfers hat keinen Erfolg. 1. Ohne Rechtsfehler und von der Revision nicht angegriffen hat das Berufungsgericht die Infizierung der Klägerin mit dem HIV-Virus als tatbestandliche Gesundheitsverletzung im Sinne von § 823 Abs. 1 BGB angesehen. Darunter fällt jedes Hervorrufen eines von den normalen körperlichen Funktionen nachteilig abweichenden Zustandes; unerheblich ist, ob Schmerzzustände auftreten , ob eine tiefgreifende Veränderung der Befindlichkeit eingetreten ist (vgl. Senatsurteil BGHZ 114, 284, 289 sowie BGHSt 36, 1, 6 f. und 36, 262, 265 - zu HIV; BGHZ 8, 243, 246 und BGH, Urteil vom 14. Dezember 1953 - III ZR 183/52 - VersR 1954, 116, 117, insoweit nicht in BGHZ 11, 227 - zu Lues) oder ob es zum Ausbruch der Immunschwächekrankheit AIDS gekommen ist (vgl. Senatsurteil BGHZ 114, 284, 289; BGHSt 36, 1, 6). 2. Die Klägerin ist durch ihren Ehemann infiziert worden, der seinerseits im Krankenhaus des Beklagten durch die Gabe von Blutprodukten infiziert worden war.
a) Das Berufungsgericht hat - von der Revision nicht angegriffen - aufgrund Anscheinsbeweises festgestellt, daß der Ehemann den HIV-Virus an die Klägerin übertragen hat.
b) Der Ehemann der Klägerin ist im Krankenhaus des Beklagten infiziert worden. Das Berufungsgericht hat auch dies - entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung - nach dem Beweis des ersten Anscheins ohne Rechtsfehler festgestellt. Die Einwendungen der Revision hiergegen haben keinen Erfolg.
aa) Der Beweis des ersten Anscheins greift bei typischen Geschehensabläufen ein, also in Fällen, in denen ein bestimmter Tatbestand nach der Lebenserfahrung auf eine bestimmte Ursache für den Eintritt eines bestimmten Erfolgs hinweist. Ein solcher typischer Geschehensablauf kann anzunehmen sein, wenn die Kontaminierung eines verwendeten Blutprodukts feststeht und keine weiteren Ursachen außerhalb des Verantwortungsbereichs der Behandlungsseite für die der Kontaminierung entsprechende Erkrankung ersichtlich sind (vgl. Senatsurteile BGHZ 114, 290; vom 29. Juni 1982 - VI ZR 206/80 - VersR 1982, 972). Bei einer HIV-Infektion nach Bluttransfusion setzt das voraus , daß der Patient weder zu den HIV-gefährdeten Risikogruppen gehört noch durch die Art seiner Lebensführung einer gesteigerten Infektionsgefahr ausgesetzt ist, aber HIV-kontaminiertes Blut oder kontaminierte Blutprodukte erhalten hat (vgl. Senatsurteil BGHZ 114, 290; OLG Düsseldorf, NJW 1995, 3060; VersR 1996, 377, 378; VersR 1996, 1240; VersR 1998, 103; OLG Hamm, VersR 1995, 709; NJW-RR 1997, 217, 218; OLG Karlsruhe, OLGR 2002, 170; s.a. im Zusammenhang mit einer Hepatitis-Infektion OLG Brandenburg, NJW 2000, 1500; OLG Celle, NJW-RR 1997, 1456; LG Nürnberg-Fürth, VersR 1998, 461 mit Anm. Bender; MüKo-BGB/Wagner, 4. Aufl., § 823 Rn. 731; Hecker/ Weimann, VersR 1997, 532, 534; a.A. OLG Koblenz, NJW-RR 1998, 167, 168). Diese Voraussetzungen hat das Berufungsgericht für den Ehemann der Klägerin bejaht. (1) Die erste Voraussetzung für die Anwendung des Anscheinsbeweises, daß der Patient weder zu den HIV-gefährdeten Risikogruppen gehörte noch durch die Art seiner Lebensführung einer gesteigerten Infektionsgefahr ausgesetzt war, hat das Berufungsgericht für den Ehemann der Klägerin festgestellt. Die Revision beanstandet das nicht. Rechtsfehler sind nicht ersichtlich.
(2) Das Berufungsgericht hat auch eine Kontaminierung des verabreichten PPSB festgestellt. Das begegnet aus Rechtsgründen keinen Bedenken. (a) Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts haben die Ärzte des Krankenhauses W. lediglich eine trockenhitzeinaktivierte, nicht pasteurisierte und damit potentiell infektiöse PPSB-Charge verwendet, die HIV-kontaminiert gewesen war. Die entsprechende Behauptung der Klägerin hat das Oberlandesgericht mangels substantiierten Bestreitens des Beklagten als unstreitig angesehen. Das ist nach Lage des Falles unter den gegebenen Umständen aus revisionsrechtlicher Sicht nicht zu beanstanden. Die Klägerin hatte vorgetragen, die ihrem Ehemann verabreichte Charge PPSB sei HIV-kontaminiert gewesen. Das hatte der Beklagte nicht "substantiiert" und damit nicht ausreichend bestritten. Nach § 138 Abs. 2 und 3 ZPO hat eine Partei, soll ihr Vortrag beachtlich sein, auf Behauptungen des Prozeßgegners substantiiert, d.h. mit näheren Angaben zu erwidern. Eine solche Pflicht besteht zwar nicht schlechthin. Sie ist aber nach den Grundsätzen der sekundären Darlegungslast dann zu bejahen, wenn der Beklagte - wie hier - alle wesentlichen Tatsachen kennt oder kennen muß und es ihm zumutbar ist, nähere Angaben zu machen (vgl. Senatsurteile BGHZ 100, 190, 196; vom 12. Juli 1983 - VI ZR 280/81 - VersR 1983, 1035, 1037 und vom 24. November 1998 - VI ZR 388/97 - VersR 1999, 774, 775). Nach diesen Grundsätzen hätte der Beklagte zumindest die Nummer der verabreichten Charge näher darlegen müssen, damit die Klägerin Indizien vortragen konnte, aus denen sich eine Kontamination dieser dem Ehemann der Klägerin verabreichten Charge PPSB ergeben hätte. Der Beklagte hat hierzu jedoch nichts im einzelnen dargelegt und insbesondere auch nicht vorgetragen, daß und weshalb ihm die Angabe der Chargennummer, welche Klarheit über
die Frage des Herstellungsdatums und damit die Art der Virusinaktivierung gebracht hätte, unzumutbar oder unmöglich gewesen wäre. Angesichts der Patientenunterlagen und der nach dem Vortrag des Beklagten bestehenden Möglichkeit , aus den Apothekerunterlagen die Chargennummern der verabreichten anderen Blutprodukte vorzutragen, genügte es nicht, wenn der Beklagte sich darauf beschränkte, bei einer Aufbewahrungsfrist von zehn Jahren für Daten sei es nicht verwunderlich, daß der Fall heute nicht mehr komplett nachvollzogen werden könne. Vielmehr hätte er vortragen müssen, aus welchen Gründen ihm die vom Berufungsgericht für erforderlich gehaltene Darlegung nicht möglich sei. Die Klägerin konnte die von ihr benötigten Informationen zu den Chargen nicht auf anderem Wege - insbesondere nicht aus den Patientenunterlagen ihres Ehemannes, die diese Angaben nicht enthalten - ermitteln und hatte daher ausreichend vorgetragen. (b) Die Einwendungen der Revision hiergegen greifen nicht durch. Zwar weist sie zu Recht darauf hin, daß Voraussetzung der "sekundären Darlegungslast" des Beklagten die Zumutbarkeit näherer Angaben ist. Auch mögen nähere Angaben zur HIV-Infektion der Charge dem Beklagten nicht ohne weiteres möglich gewesen sein, weil dieser das Blutprodukt nicht selbst hergestellt hat und deshalb auch nicht gehalten war, dessen Herstellung zu überwachen. Das Berufungsgericht hat jedoch im Rahmen der sekundären Darlegungslast des Beklagten lediglich die Angabe der Chargennummern, nicht nähere Angaben zu den Spendern verlangt. Die Chargennummern waren dokumentationspflichtig. Das ergibt schon ein Rückschluß aus der ausdrücklich als deklaratorisch bezeichneten Äußerung des Vorstandes der Bundesärztekammer vom 15. Oktober 1993, nach der die Pflicht des Arztes zur ordnungsgemäßen Dokumentation (vgl. Rat-
zel/Lippert, Kommentar zur Musterberufsordnung der deutschen Ärzte (MBO), 3. Aufl., § 10 Rn. 4) auch die Dokumentation der Chargennummern von Blutzubereitungen umfasse, weil dies Voraussetzung sei, Blutzubereitungen zum Empfänger später sicher zurückverfolgen zu können (AIDS-Forschung [AIFO] 1994, 39, 41). Anhaltspunkte dafür, daß eine solche Dokumentationspflicht 1985 noch nicht bestanden hätte, sind nicht ersichtlich und von der Revision auch nicht dargelegt. Die Revision meint, Rückfragen bei der B. AG und Vortrag hinsichtlich der HIV-Kontaminierung von PPSB-Produkten seien der Klägerin auch ohne die Chargennummern möglich gewesen. Deswegen müsse der Grundsatz gelten , daß keine Partei gehalten sei, dem Gegner für seinen Prozeßsieg das Material zu verschaffen, über das er nicht schon von sich aus verfüge (vgl. BGH, Urteil vom 26. Juni 1958 - II ZR 66/57 - WM 1958, 961, 962; Urteil vom 11. Juni 1990 - II ZR 159/89 - VersR 1990, 1254, 1255). Das geht fehl. Ungeachtet der Frage, ob es der Klägerin zumutbar und möglich gewesen wäre, ohne Eingrenzung auf eine bestimmte Charge von der B. AG Informationen über Fälle von HIV-Infizierung in allen Chargen von 1984 zu erlangen, hätte sie ihren Vortrag durch Anfrage ohne die Chargennummer nicht ausreichend substantiieren können. Ohne Zuordnung zu einer bestimmten Charge ist nämlich der Vortrag, daß 1984 bei B. AG infizierte PPSB-Produkte im Umlauf waren, nicht geeignet, die primär der Klägerin obliegende Darlegungslast zur Kontaminierung des bei ihrem Ehemann verwendeten Blutproduktes zu erfüllen. Für einen substantiierten Vortrag auch hinsichtlich der HIV-Kontaminierung benötigte die Klägerin die Chargennummer, zu deren Offenbarung der Beklagte - wie ausgeführt - prozeßrechtlich verpflichtet war.
Der Meinung der Revision, auch die Angabe der Chargennummer hätte der Klägerin keine näheren Angaben über die Spender ermöglicht, da wegen der Poolung der Humanplasmen bei der Herstellung des PPSB die Spenderdaten bereits nicht ermittelbar gewesen seien und zumindest wegen der abgelaufenen Zeit für die Aufbewahrung von Krankenunterlagen die Spenderdaten nicht mehr zur Verfügung gestanden hätten, vermag der Senat nicht zu folgen. Zwar ist es richtig, daß die Geständnisfiktion des § 138 Abs. 2, 3 ZPO nicht dazu dient, der Klägerin über Beweisschwierigkeiten hinwegzuhelfen, die sie auch gehabt hätte, wäre der Beklagte seiner sekundären Darlegungslast nachgekommen. Der Beklagte hat jedoch die Chargennummer nicht vorgetragen, die für eine Darlegung der Kontaminierung seitens der Klägerin erforderlich gewesen wäre. Die Angabe von Spenderdaten war dagegen nicht zwingend erforderlich, um den Nachweis der Kontaminierung einer Charge zu ermöglichen. bb) Das Berufungsgericht hat - von der Revision unbeanstandet - festgestellt , daß aufgrund des bei der Erstvorstellung des Ehemanns der Klägerin in der Universitätsklinik F. im Jahre 1998 nachgewiesenen deutlichen Immundefekts und des mäßiggradig erhöhten Virussloads ein länger zurückliegender Infektionszeitpunkt von etwa zehn Jahren sehr wahrscheinlich ist und deshalb für M. andere Infektionsquellen als die 1985 verabreichten Blutprodukte ausscheiden. Der hiernach vom Berufungsgericht rechtsfehlerfrei bejahte Anscheinsbeweis wird durch die Ausführungen der Revision zu einem anderen möglichen Infektionsweg nicht erschüttert. Hierzu hätte es der konkreten Darlegung einer anderen Infektionsquelle, nicht nur einer theoretisch möglichen anderen Ursache bedurft (vgl. Senatsurteil vom 4. März 1997 - VI ZR 51/96 - VersR 1997, 835, 836; BGHZ 11, 227, 230 f.). Daß auch das verabreichte Biseko kontaminiert gewesen sein konnte, läßt die Haftung des Beklagten we-
gen der Verabreichung von kontaminiertem PPSB nicht entfallen. Soweit die Revision eine Infektionsmöglichkeit bei der Notarztbehandlung behauptet, fehlt es an jeglichem Vortrag dazu, aufgrund welcher tatsächlichen Anhaltspunkte es hier zu einer HIV-Infektion gekommen sein könnte. 3. Ohne Fehler hat das Berufungsgericht auch eine Pflicht der Ärzte des Beklagten bejaht, den Ehemann der Klägerin angesichts der zahlreichen Bluttransfusionen auf die Möglichkeit einer HIV-Infektion hinzuweisen und zu einem HIV-Test zu raten (nachträgliche Sicherungsaufklärung), was ihnen anläßlich seiner weiteren Krankenhausaufenthalte unschwer möglich gewesen wäre.
a) Eine Aufklärungspflicht über die Gefahren der Verabreichung von Blutprodukten entspricht den vom erkennenden Senat bereits früher aufgestellten Anforderungen an die Risikoaufklärung bei Bluttransfusionen (vgl. BGHZ 116, 379, 382 ff.). Die Aufklärungspflicht setzte keine sichere Kenntnis in Fachkreisen davon voraus, daß HIV-Infektionen transfusionsassoziiert auftraten; angesichts der erheblichen Beeinträchtigungen, die mit einer HIV-Infektion/AIDSErkrankung einhergehen, genügte für das Entstehen einer Aufklärungspflicht schon die ernsthafte Möglichkeit der Gefahr (vgl. Senatsurteil vom 21. November 1995 - VI ZR 329/94 - VersR 1996, 233). Daß 1985 die Möglichkeit transfusionsassoziierter HIV-Infektionen in Fachkreisen ernsthaft (wenn auch "zurückhaltend") diskutiert wurde, zieht auch die Revision nicht in Zweifel. Ist eine präoperative Aufklärung wegen der Notfallbehandlung oder Unansprechbarkeit des schwer verunfallten Patienten - wie hier - nicht möglich, wandelt sich die Aufklärungsverpflichtung des Arztes gegenüber dem Patienten jedenfalls bei für den Patienten und dessen Kontaktpersonen lebensgefährli-
chen Risiken zu einer Pflicht zur alsbaldigen nachträglichen Selbstbestimmungs - und Sicherungsaufklärung. Dies liegt in der in ständiger Rechtsprechung angenommenen Pflicht von Ärzten und Krankenhausträg ern begründet, die höchstmögliche Sorgfalt anzuwenden, damit der Patient durch eine Behandlung nicht geschädigt wird. Im hier zu entscheidenden Fall kam die Pflicht hinzu dafür Sorge zu tragen, daß sich eine gefährliche Infektion nicht verbreitet (vgl. jetzt §§ 6, 7 Gesetz zur Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten beim Menschen - Infektionsschutzgesetz - vom 20. Juli 2000 - BGBl. I S. 1045 ff.; Senatsurteil vom 10. November 1970 - VI ZR 83/69 - VersR 1971, 227, 229; BGHZ 126, 386, 388 ff.; schon RG HRR 1932 Nr. 1828; Deutsch, Rechtsprobleme von AIDS, 1988, 15).
b) Entgegen der Ansicht der Revision ist im vorliegenden Fall auch nicht entscheidend, ob es eine standesrechtliche Verpflichtung für Ärzte gab, die Empfänger von Blutprodukten nachträglich zu ermitteln und sie zu einem Test zu bewegen. Der Ehemann der Klägerin war fortlaufend in Behandlung der Ärzte des Beklagten, die bei den Folgebehandlungen im Besitz der vollständigen Krankenunterlagen waren und wußten, daß ihm im Krankenhaus des Beklagten zahlreiche Blutprodukte verabreicht worden waren. Die Frage der Nachermittlung ehemaliger Empfänger stellte sich hier deshalb nicht.
c) Das Berufungsgericht hat entgegen der Rüge der Revision das Fehlen ärztlicher Richtlinien zur Frage der Sicherungsaufklärung gesehen und als nicht erheblich bewertet. Es ist unter Auswertung der Ausführungen des Sachverständigen und der von diesem ausgewerteten Literatur zu der Überzeugung gelangt, daß bereits im Jahre 1985 das Risiko einer transfusionsassoziierten HIV-Übertragung bekannt war, und hat daraus den Schluß gezogen, unabhängig von der Existenz standesrechtlicher Richtlinien sei der Patient über dieses
Risiko zumindest nachträglich zu informieren gewesen. Das ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Soweit die Revision unter Hinweis auf fehlende Richtlinien zur Aufklärung und die vom Streithelfer eingereichte Bekanntmachung des Bundesgesundheitsamtes vom 6. Juni 1988 über die in Fachkreisen noch 1988 bestehende Unklarheit über die Sicherheit hinsichtlich des Risikos einer HIVInfektion bei der Anwendung von Blut oder Blutkonserven das Ergebnis des Berufungsgerichtes angreift, setzt sie ihre Beweiswürdigung an die Stelle der des Berufungsgerichtes. Das ist ihr verwehrt (§ 559 Abs. 2 ZPO). Im übrigen hat der Sachverständige hierzu ausgeführt, daß die von der Revision erwähnte Unklarheit nicht den Übertragungsweg des HIV-Erregers über die Transfusion, sondern die Virus-Sicherheit der Blutprodukte trotz entsprechender Testung betraf. Gegen die Pflicht zur nachträglichen Sicherungsaufklärung spricht auch nicht das Fehlen von Richtlinien, da die Formulierung von Richtlinien notwendigerweise dem tatsächlichen Erkenntnisstand hinterherhinken muß (vgl. LG Hannover, NJW 1997, 2455, 2456). Fehler des Berufungsgerichts in der umfassenden und widerspruchsfreien Auseinandersetzung mit dem Inhalt der Verhandlungen und den Beweisergebnissen oder Verstöße gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze sind nicht erkennbar.
d) Das Berufungsgericht hat auch nicht gegen § 412 Abs. 1 ZPO verstoßen. Entgegen der Auffassung der Revision durfte es die Ausführungen des Sachverständigen Br. seiner Überzeugungsbildung zugrundelegen und war nicht gehalten, ein weiteres Gutachten eines Unfallchirurgen oder Transfusionsmediziners einzuholen. Ermessensfehler des Berufungsgerichts liegen nicht vor.
Die Einwendungen der Revision gegen die Sachkunde des Sachverständigen haben keinen Erfolg. Zwar ist der Sachverständige selbst nicht Arzt, sondern Diplom-Biologe; er verfügte aber aus seiner Tätigkeit im Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte, das als Nachfolger des Bundesgesundheitsamts - der zentralen Anlaufstelle für das Problem der HIV-Infektionen in den achtziger Jahren - dessen Aktenbestand verwaltet (vgl. § 2 Abs. 3 Gesetz über die Nachfolgeeinrichtungen des Bundesgesundheitsamts vom 24. Juni 1994 - BGBl. I S. 1416), über die erforderliche Sachkunde hinsichtlich der 1985 aufgrund der Veröffentlichungen des Bundesgesundheitsamts zur Verfügung stehenden Informationen über transfusionsassoziierte HIV-Infektionen. Zu klären war der allgemein bzw. in der Fachpresse allen Ärzte n zugängliche Informationsstand über derartige Infektionswege. Maßgeblich war nicht die Sicht eines 1985 "in einem ländlichen Krankenhaus tätigen Unfallchirurgen", wie die Revision meint; entscheidend waren vielmehr die für Ärzte 1985 allgemein gegebenen Informationsmöglichkeiten, die der Sachverständige dargestellt hat. Daß den Ärzten des Beklagten diese Informationsmöglichkeit en nicht zur Verfügung gestanden oder daß sich aus deren Informationsmöglichkeiten andere Erkenntnisse ergeben hätten, ist nicht ersichtlich und wird von der Revision nicht vorgetragen. Ebensowenig hat die Revision Vortrag vor dem Tatrichter dazu aufgezeigt , daß ein Sachverständiger für Unfallchirurgie oder Transfusionsmedizin über überlegene Forschungsmittel oder neuere Erkenntnisse verfügt hätte, die das Berufungsgericht hätte in Anspruch nehmen müssen (vgl. Senatsurteile vom 4. März 1980 - VI ZR 6/79 - VersR 1980, 533 und vom 16. März 1999 - VI ZR 34/98 - VersR 1999, 716, 717 f.).
4. Zutreffend hat das Berufungsgericht ferner nicht nur den behandelten Patienten, sondern auch dessen zum Behandlungszeitpunkt noch nicht bekannten Ehepartner in den Schutzbereich der Pflicht zur nachträglichen Sicherungsaufklärung über die Gefahr einer transfusionsassoziierten HIV-Infektion einbezogen.
a) Die gegenteilige Auffassung - insbesondere der vom Streithelfer für den Beklagten geführten Revision - wird nicht von der an sich zutreffenden Erkenntnis getragen, daß es sich bei den Ersatzansprüchen Dritter im Rahmen der §§ 844, 845 BGB um Ausnahmevorschriften handelt, deren Anwendungsbereich regelmäßig nicht auszudehnen ist. Der erkennende Senat hat bereits ausgeführt, daß es für den Anspruch aus § 823 Abs. 1 BGB unerheblich ist, daß der unmittelbare Schaden des Dritten durch die Verletzung einer anderen Person vermittelt worden ist (vgl. Senatsurteil BGHZ 56, 163, 169). Der Grundsatz , daß für mittelbare Schäden außerhalb der §§ 844, 845 BGB deliktisch nicht gehaftet wird, gilt nur für Vermögensschäden, die aus der Verletzung eines Rechtsguts des Primärgeschädigten bei Dritten hervorgehen. Er beansprucht dagegen keine Geltung, wenn der Geschädigte - wie hier - einen Schaden erleidet, der in der Verletzung eines eigenen Rechtsguts des § 823 Abs. 1 BGB besteht und für den der Schädiger im Rahmen des Zurechnungszusammenhanges zu haften hat (vgl. von Gerlach, Festschrift für Steffen, 1995, 147, 150).
b) Soweit die Auffassung vertreten wird, es bedürfe einer personalen Sonderbeziehung um eine uferlose Ausweitung des Kreises der Ersatzberechtigten zu verhindern (vgl. OLG Düsseldorf, MDR 1994, 44), sind diese Erwägungen ersichtlich im Rahmen des Schockschadens, also eines psychisch vermittelten Schadens angestellt worden (vgl. RGRK/Steffen, BGB, 12. Aufl.,
§ 823 Rn. 11; Soergel/Zeuner, BGB, 12. Aufl., § 823 Rn. 27). Bei derartigen Schadensfällen dient die enge personale Verbundenheit dazu, den Kreis derer zu beschreiben, die den Integritätsverlust des Opfers als Beeinträchtigung der eigenen Integrität und nicht als "normales" Lebensrisiko der Teilnahme an den Ereignissen der Umwelt empfinden. Dieser Gesichtspunkt hat keine Berechtigung in Fällen wie dem vorliegenden. Hier stehen im Vordergrund die besonderen Gefahren einer Infektion mit HIV nicht nur für den primär Infizierten, sondern - ähnlich wie bei einer Seuche wie Cholera - gerade auch für Dritte. Ebenso wie in BGHZ 114, 284 ff. nötigt die vorliegende Fallgestaltung nicht zur Entscheidung der Frage, ob jeder Dritte in den Schutzbereich der Pflicht zur nachträglichen Sicherungsaufklärung fällt (vgl. BGHZ 126, 386, 393; von Gerlach aaO 154; weitergehend Staudinger/Hager, BGB, 13. Bearbeitung, § 823, Rn. B 24 f.). Jedenfalls der Ehepartner oder ein ständiger Lebensgefährte des Patienten muß in den Schutzbereich der Sicherungsaufklärung einbezogen sein (vgl. Senatsurteil BGHZ 114, 284, 290). Das ist vom haftungsrechtlichen Zurechnungszusammenhang her geboten, zumal mit einer HIV-Infektion Lebensgefahr verbunden ist. Bei dieser Erkrankung trägt die Behandlungsseite in besonderem Maße Verantwortung dafür, eine Verbreitung der lebensgefährlichen Infektion möglichst zu verhindern. Hinzu kommt, daß die Ärzte des Beklagten während einer der zahlreichen stationären Nachbehandlungen mit einem einfachen Hinweis an den Ehemann der Klägerin diesen zu einem Test hätten veranlassen und so die Gefahr einer Verbreitung der Infektion unschwer hätten verringern können. 5. Das Berufungsgericht ist - von der Revision nicht beanstandet und ohne Rechtsfehler - davon ausgegangen, daß im hier zu entscheidenden Fall der Wechsel in der Trägerschaft des Krankenhauses vom Streithelfer auf den Beklagten nicht entscheidungserheblich ist. Die Frage bedarf deshalb keiner
näheren Ausführungen, zumal der zweite Krankenhausaufenthalt des Ehemanns der Klägerin zwar noch unter der Trägerschaft des Streithelfers begann, aber erst unter der Trägerschaft des Beklagten endete. 6. Das Berufungsgericht hat schließlich eine Kürzung der Ansprüche der Klägerin nach den Grundsätzen der gestörten Gesamtschuld im Ergebnis zutreffend verneint. Es kann dahinstehen, ob diese Grundsätze vorliegend überhaupt eingreifen könnten, weil es - anders als in den bisher vom erkennenden Senat entschiedenen Fällen - nicht um ein sozialversicherungsrechtliches Haftungsprivileg geht (vgl. Senatsurteile BGHZ 61, 51, 55; vom 17. Februar 1987 - VI ZR 81/86 - NJW 1987, 2669, 2670; vom 24. Juni 2003 - VI ZR 434/01 - VersR 2003, 1260, 1261 f.; vom 11. November 2003 - VI ZR 13/03 - VersR 2004, 202; vom 14. Juni 2005 - VI ZR 25/04 - z.V.b.; vgl. allerdings auch Senatsurteil vom 23. April 1985 - VI ZR 91/83 - VersR 1985, 763). Die Anwendung dieser Grundsätze würde jedenfalls voraussetzen, daß zwischen dem Beklagten und einem anderen Schädiger ein Gesamtschuldverhältnis im Sinne von §§ 421, 840 Abs. 1 BGB besteht. Hiervon kann nach den tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts indes nicht ausgegangen werden. Zwar müßte entgegen seiner Auffassung eine Haftung der B. AG nicht an der Kausalität scheitern, von der das Berufungsgericht selbst ausgegangen ist. Indessen fehlt es nach seinen tatsächlichen Feststellungen an dem für die Annahme eines Gesamtschuldverhältnisses im Sinne des § 840 BGB erforderlichen Verschulden der B. AG bei der Herstellung des kontaminierten Blutprodukts. Erst die Erkennbarkeit eines Risikos kann Verpflichtungen des Herstellers im Sinne der Produktsicherung oder der Gefahrenabwehr auslösen. Eine nicht bekannte Entwicklungsgefahr geht im Rahmen des § 823 Abs. 1 BGB nicht zu Lasten des Herstellers, weil dieser nicht für unbekannte Entwicklungsfehler haftet (vgl. Kullmann/Pfister, Produzentenhaftung, Kza 1526, S. 28 zu FN 145; Kuchinke
in: Festschrift für Laufke, 1971, S. 126; vgl. LG Bonn, AIFO 1994, 419 ff. zur Produzentenhaftung bei Herstellung von PPSB). Bei dieser Sachlage kann eine Verschuldenshaftung für Virusinfektionen durch Blutprodukte erst einsetzen, wenn der Virus erkennbar war und Möglichkeiten zu seiner Abtötung gegeben waren (vgl. Deutsch, VersR 1997, 905, 908; Reinelt, VersR 1990, 565, 571). Das Berufungsgericht hat hierzu revisionsrechtlich bindend festgestellt, daß hinreichend sichere Testverfahren zur Feststellung des Virus erst im Herbst 1985 zur Verfügung standen. Daß die B. AG das 1985 bei der Herstellung von
PPSB verwandte Pasteurisierungsverfahren schon 1984 hätte anwenden müssen , kann hiernach nicht angenommen werden. Die Revision legt auch nicht dar, daß das Berufungsgericht insoweit rechtsfehlerhaft Vortrag des Beklagten oder des Streithelfers zum Verschulden der B. AG übergangen hätte.
Müller Greiner Wellner Pauge Stöhr

(1) Hat bei der Entstehung des Schadens ein Verschulden des Beschädigten mitgewirkt, so hängt die Verpflichtung zum Ersatz sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes von den Umständen, insbesondere davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder dem anderen Teil verursacht worden ist.

(2) Dies gilt auch dann, wenn sich das Verschulden des Beschädigten darauf beschränkt, dass er unterlassen hat, den Schuldner auf die Gefahr eines ungewöhnlich hohen Schadens aufmerksam zu machen, die der Schuldner weder kannte noch kennen musste, oder dass er unterlassen hat, den Schaden abzuwenden oder zu mindern. Die Vorschrift des § 278 findet entsprechende Anwendung.

(1) Wird ein Schaden durch mehrere Kraftfahrzeuge verursacht und sind die beteiligten Fahrzeughalter einem Dritten kraft Gesetzes zum Ersatz des Schadens verpflichtet, so hängt im Verhältnis der Fahrzeughalter zueinander die Verpflichtung zum Ersatz sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes von den Umständen, insbesondere davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder dem anderen Teil verursacht worden ist.

(2) Wenn der Schaden einem der beteiligten Fahrzeughalter entstanden ist, gilt Absatz 1 auch für die Haftung der Fahrzeughalter untereinander.

(3) Die Verpflichtung zum Ersatz nach den Absätzen 1 und 2 ist ausgeschlossen, wenn der Unfall durch ein unabwendbares Ereignis verursacht wird, das weder auf einem Fehler in der Beschaffenheit des Kraftfahrzeugs noch auf einem Versagen seiner Vorrichtungen beruht. Als unabwendbar gilt ein Ereignis nur dann, wenn sowohl der Halter als auch der Führer des Kraftfahrzeugs jede nach den Umständen des Falles gebotene Sorgfalt beobachtet hat. Der Ausschluss gilt auch für die Ersatzpflicht gegenüber dem Eigentümer eines Kraftfahrzeugs, der nicht Halter ist.

(4) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 sind entsprechend anzuwenden, wenn der Schaden durch ein Kraftfahrzeug und ein Tier oder durch ein Kraftfahrzeug und eine Eisenbahn verursacht wird.

(1) Das Gericht hat unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.

(2) An gesetzliche Beweisregeln ist das Gericht nur in den durch dieses Gesetz bezeichneten Fällen gebunden.

5
a) Sie beanstandet mit Erfolg die Ausführungen des Berufungsgerichts zur Abwägung der beiderseitigen Verursachungs- und Verantwortungsbeiträge nach § 17 Abs. 1 und 2 StVG. Die Entscheidung über eine Haftungsverteilung im Rahmen des § 254 BGB oder des § 17 StVG ist zwar grundsätzlich Sache des Tatrichters und im Revisionsverfahren nur darauf zu überprüfen, ob der Tatrichter alle in Betracht kommenden Umstände vollständig und richtig berücksichtigt und der Abwägung rechtlich zulässige Erwägungen zugrunde gelegt hat (vgl. Senatsurteile vom 13. Dezember 2005 - VI ZR 68/04, VersR 2006, 369 Rn. 16; vom 16. Oktober 2007 - VI ZR 173/06, VersR 2008, 126 Rn. 16; vom 17. November 2009 - VI ZR 58/08, VersR 2010, 270 Rn. 11 und vom 1. Dezember 2009 - VI ZR 221/08, aaO Rn. 13, jeweils mwN; BGH, Urteile vom 20. Juli 1999 - X ZR 139/96, NJW 2000, 217, 219 und vom 14. September 1999 - X ZR 89/97, NJW 2000, 280, 281 f.). Die Abwägung ist aufgrund aller festgestellten , d. h. unstreitigen, zugestandenen oder nach § 286 ZPO bewiesenen (vgl. Senatsurteil vom 26. April 2005 - VI ZR 228/03, VersR 2005, 954, 956) Umstände des Einzelfalls vorzunehmen, wenn sie sich auf den Unfall ausgewirkt haben; in erster Linie ist hierbei das Maß der Verursachung von Belang, in dem die Beteiligten zur Schadensentstehung beigetragen haben (Senatsurteil vom 20. September 2011 - VI ZR 282/10, VersR 2011, 1540 Rn. 14 mwN); das beiderseitige Verschulden ist nur ein Faktor der Abwägung. Einer Überprüfung nach diesen Grundsätzen hält das Berufungsurteil nicht stand.