Bundesgerichtshof Urteil, 13. Apr. 2010 - VI ZR 125/08

bei uns veröffentlicht am13.04.2010
vorgehend
Landgericht Berlin, 27 O 98/07, 31.05.2007
Kammergericht, 10 U 183/07, 28.04.2008

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR 125/08 Verkündet am:
13. April 2010
Holmes,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
GG Art. 5 Abs. 1, 2 Abs. 1; MRK Art. 8, 10; KUG §§ 22, 23 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2
Die Bildberichterstattung über ein zeitgeschichtliches Ereignis kann auch zulässig
sein, wenn einzelne Aussagen der Wortberichterstattung für unzulässig erklärt
worden sind.
BGH, Urteil vom 13. April 2010 - VI ZR 125/08 - KG Berlin
LG Berlin
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 13. April 2010 durch die Richter Zoll, Wellner, Pauge, Stöhr und die Richterin
von Pentz

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 10. Zivilsenats des Kammergerichts vom 28. April 2008 aufgehoben. Auf die Berufung der Beklagten werden das Urteil des Landgerichts Berlin abgeändert und die Klage abgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Klägerin macht gegen die Beklagte, welche die Zeitschrift "Revue" verlegt, Unterlassungsansprüche wegen einer Bildberichterstattung in der Zeitschrift "Revue" Nr. 42/06 vom 12. Oktober 2006 geltend, in der über eine Auftaktveranstaltung zu einer Ausstellung mit Bildern des Malers und Fotografen Yves Klein im Pariser Centre Pompidou und über die Beziehung der zu dieser Veranstaltung erschienenen Klägerin zu ihrem Begleiter, Herrn W., berichtet wird. Das Inhaltsverzeichnis ist bebildert mit einem auf dem Rosenball 2006 entstandenen Portraitfoto der Klägerin; der Artikel zeigt ein Foto, das sie mit Herrn W. bei einem Gala-Diner im Centre Pompidou anlässlich einer Ausstellung zeigt, und ein Foto, das im Jahre 2005 anlässlich der Amtseinführung von Prinz Albert von Monaco aufgenommen wurde.
2
Das erste Bild ist mit einer Bildnebenschrift versehen: "Prinzessin Charlotte im Himmel der ersten Liebe. Sie ist wunderschön. Zarte 20 Jahre. Bei einem Gala-Dinner in Paris verzauberte sie mit ihrem Freund F. W. die Gesellschaft. Wer der Mann ist, der die Tochter von Prinzessin Caroline so glücklich macht".
3
Das zweite Bild trägt die Überschrift: "Charlotte im Himmel der Liebe" und den Begleittext: "Ein zartes Glück. F. W. ist seit zwei Jahren an Charlottes Seite. Wer ist der junge Mann, der so gut zur Tochter von Prinzessin Caroline passt?" und den Bildnebentext: "Sie haben nur Augen für sich. F. W. und Charlotte beim Gala-Diner im Pariser Centre Pompidou. Er redet, sie hört aufmerksam zu".
4
Das dritte Foto ist mit der Bildinnenschrift versehen: "So schön wie Mama : Charlotte mit ihrer Mutter Prinzessin Caroline und ihrem Bruder Andrea beim Fest in Monaco zu Alberts Amtseinführung am 12. Juli 2005".
5
Die Wortberichterstattung wird im vorliegenden Rechtsstreit nicht beanstandet. Sie ist jedoch in einem anderen Prozess zwischen denselben Parteien, den die Beklagte rechtskräftig werden ließ, teilweise untersagt worden, allerdings nicht, soweit sie sich mit dem Ereignis selbst, der Auftaktveranstaltung zu einer Ausstellung mit Bildern des Malers und Fotografen Yves Klein im Pariser Centre Pompidou befasste. Die Stiftung Claude Pompidou hatte aus diesem Anlass zum Gala-Diner geladen. Der Artikel erwähnt einige der dort erschienen Prominenten, befasst sich aber hauptsächlich mit der Klägerin und ihrem Be- gleiter F. W., der seit Sommer 2004 an ihrer Seite gesehen werde und sie auch zum letzten Rosenball begleitet habe.
6
Das Landgericht hat die Beklagte antragsgemäß verurteilt, es zu unterlassen , "im Zusammenhang mit einer Berichterstattung, die sich um eine Liebesbeziehung der Klägerin dreht", die zuvor bezeichneten Bilder erneut zu veröffentlichen. Die hiergegen gerichtete Berufung der Beklagten hat das Kammergericht mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Unterlassungstenor dahin laute, es zu unterlassen, "im Rahmen einer Berichterstattung wie in Revue Nr. 42/06, S. 4, 16, 17 die folgend beschriebenen Bilder erneut zu veröffentlichen". In den Entscheidungsgründen heißt es hierzu, die gewählte Tenorierung solle klarstellen, dass die Veröffentlichung der streitgegenständlichen Bilder in "kerngleichem" Berichtzusammenhang verboten werde.
7
Mit der vom erkennenden Senat zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihr Klageabweisungsbegehren weiter.

Entscheidungsgründe:

I.

8
Das Berufungsgericht ist der Auffassung, dass die Veröffentlichung der drei Fotos das Recht der Klägerin am eigenen Bild verletze. Es sei bereits fraglich , ob allein die Teilnahme der Klägerin an (unterstellt) zeitgeschichtlichen Ereignissen die konkrete Einwilligung in eine Veröffentlichung dort entstandener Bildnisse im Rahmen eines Berichts über das Ereignis der Zeitgeschichte beinhalte. Jedenfalls liege keine stillschweigend erteilte Zustimmung zur Veröffentlichung in anderem Zusammenhang vor. Eine Einwilligung sei nicht deshalb entbehrlich , weil es sich um Bildnisse aus dem Bereich der Zeitgeschichte handele.
Keines der Fotos enthalte eine Aussage über ein zeitgeschichtliches Ereignis. Es sei deshalb auf die begleitende Wortberichterstattung abzustellen. Beschränke sich der die Bildveröffentlichung begleitende Wortbeitrag allein darauf, irgendeinen Anlass für die Abbildung einer in der Öffentlichkeit bekannten Person zu schaffen, so lasse die Berichterstattung einen Beitrag zur öffentlichen Meinungsbildung nicht erkennen. In einem solchen Fall müsse das Informationsinteresse hinter dem Schutz des Persönlichkeitsrechts des Abgebildeten zurücktreten. So verhalte es sich hinsichtlich der drei Bildveröffentlichungen. Soweit das Portraitfoto der Klägerin eine Aufnahme des sechs Monate zurückliegenden Rosenballs wiedergebe, sei bereits die Aktualität fraglich. Zum anderen werde der Rosenball nur als Anlass genommen, um die angebliche Liebesbeziehung der Klägerin zu F. W. zu thematisieren. Diese Erwägung führe auch zur Rechtswidrigkeit der Veröffentlichung des großen Bildnisses, das anlässlich des Gala-Diners aufgenommen worden sei. Entspechendes gelte für das dritte Foto des Berichts. Die Klägerin habe sich auch nicht derart der Presse geöffnet, dass ein von ihr selbst erzeugtes öffentliches Informationsinteresse Vorrang vor dem Interesse am Schutz ihrer Privatsphäre genießen könne. Der Unterlassungsanspruch sei mit Rücksicht auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGHZ 174, 262) zu tenorieren, wobei die gewählte Tenorierung klarstellen solle, dass die Veröffentlichung der streitgegenständlichen Bilder in "kerngleichem" Berichtzusammenhang verboten werde.

II.

9
Das Urteil des Berufungsgerichts hält revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht stand.
10
1. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts stehen der Klägerin die geltend gemachten Unterlassungsansprüche entsprechend §§ 1004 Abs. 1 Satz 2, 823 Abs. 1, Abs. 2 BGB i.V.m. §§ 22, 23 KUG, Artt. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG nicht zu.
11
a) Die Zulässigkeit von Bildveröffentlichungen ist nach dem abgestuften Schutzkonzept der §§ 22, 23 KUG zu beurteilen (vgl. Senatsurteile BGHZ 171, 275; vom 19. Juni 2007 - VI ZR 12/06 - VersR 2007, 1135; vom 3. Juli 2007 - VI ZR 164/06 - VersR 2007, 1283; vom 24. Juni 2008 - VI ZR 156/06 - VersR 2008, 1268; vom 1. Juli 2008 - VI ZR 67/08 - VersR 2008, 1411 und - VI ZR 243/06 - VersR 2008, 1506; vom 14. Oktober 2008 - VI ZR 256/06 - VersR 2009, 76 und - VI ZR 272/06 - VersR 2009, 78 sowie - VI ZR 271/06 - und - VI ZR 260/06 -, beide z.V.b.; vom 28. Oktober 2008 - VI ZR 307/07 - GRUR 2009, 150 und vom 10. März 2009 - VI ZR 261/07 - VersR 2009, 843), das sowohl mit verfassungsrechtlichen Vorgaben (vgl. BVerfGE 120, 180 ff.) als auch mit der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte im Einklang steht (vgl. EGMR, NJW 2004, 2647 und NJW 2006, 591). Nicht zu beanstanden ist der Ausgangspunkt des Berufungsurteils, die Klägerin habe nicht bereits durch die Teilnahme an den Ereignissen in die erfolgte Veröffentlichung der Aufnahmen eingewilligt (vgl. § 22 KUG). Zulässig war diese daher nur, wenn es sich um Bildnisse aus dem Bereich der Zeitgeschichte handelte (§ 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG) und die Veröffentlichung berechtigte Interessen der Klägerin nicht verletzte (§ 23 Abs. 2 KUG).
12
aa) Schon die Beurteilung, ob Bildnisse aus dem Bereich der Zeitgeschichte i.S.v. § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG vorliegen, erfordert eine Abwägung zwischen den Rechten des Abgebildeten aus Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG, Art. 8 Abs. 1 EMRK einerseits und den Rechten der Presse aus Art. 5 Abs. 1 GG, Art. 10 Abs. 1 EMRK andererseits. Der für die Frage, ob es sich um ein Bildnis aus dem Bereich der Zeitgeschichte handelt, maßgebende Begriff des Zeitgeschehens umfasst alle Fragen von allgemeinem gesellschaftlichem Interesse. Ein Informationsinteresse besteht allerdings nicht schrankenlos, vielmehr wird der Einbruch in die persönliche Sphäre des Abgebildeten durch den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit begrenzt (auch hierzu Senatsurteile vom 1. Juli 2008 - VI ZR 67/08 - aaO, S. 1412 und - VI ZR 243/06 - aaO, S. 1506 f., jeweils m.w.N.).
13
bb) Zum Kern der Pressefreiheit gehört es, dass die Medien im Grundsatz nach ihren eigenen publizistischen Kriterien entscheiden können, was sie des öffentlichen Interesses für wert halten und was nicht (vgl. Senatsurteil vom 1. Juli 2008 - VI ZR 67/08 - aaO m.w.N.; BVerfGE 87, 181, 201; 95, 220, 234; 97, 228, 257; 101, 361, 389; 120, 180, 197, 205; BVerfG, NJW 2000, 1859, 1860; NJW 2008, 1793, 1794). Die grundrechtliche Gewährleistung umfasst auch die Abbildung von Personen (vgl. etwa Senatsurteil vom 28. Oktober 2008 - VI ZR 307/07 - aaO, S. 151 m.w.N.; BVerfGE 120, 180, 197). Auch unterhaltende Beiträge, etwa über das Privat- oder Alltagsleben prominenter Personen, nehmen grundsätzlich an diesem Schutz teil (vgl. etwa Senatsurteil vom 14. Oktober 2008 - VI ZR 272/06 - VersR 2009, 78, 79; BVerfGE 35, 202, 222 f.; 59, 231, 258; 101, 361, 389 f.; 120, 180, 197, 204; BVerfG, NJW 2000, 1859, 1860 f.), ohne dass dieser von der Eigenart oder dem Niveau der Berichterstattung abhängt (vgl. BVerfGE 35, 202, 222 f.; 66, 116, 134; 120, 180, 196 f.). Gerade prominente Personen können der Allgemeinheit Möglichkeiten der Orientierung bei eigenen Lebensentwürfen bieten sowie Leitbild- oder Kontrastfunktionen erfüllen. Auch die Normalität ihres Alltagslebens kann der Meinungsbildung zu Fragen von allgemeinem Interesse dienen (vgl. etwa Senatsurteile vom 1. Juli 2008 - VI ZR 67/08 - aaO, S. 1413 und - VI ZR 243/06 - aaO, S. 1507 f.; vom 14. Oktober 2008 - VI ZR 272/06 - aaO; BVerfGE 101, 361, 390; 120, 180, 204).
14
cc) Allerdings bedarf es gerade bei unterhaltenden Inhalten in besonderem Maß einer abwägenden Berücksichtigung der kollidierenden Rechtspositionen (vgl. Senatsurteil vom 1. Juli 2008 - VI ZR 243/06 - aaO, S. 1508; BVerfGE 120, 180, 205). Die Belange der Medien sind dabei in einen möglichst schonenden Ausgleich zum Persönlichkeitsschutz des von einer Berichterstattung Betroffenen zu bringen, insbesondere zum Schutz des Kernbereichs der Privatsphäre (vgl. Senatsurteile BGHZ 131, 332, 337 f. und vom 9. Dezember 2003 - VI ZR 373/02 - VersR 2004, 522, 523), der in Form der Gewährleistung des Rechts am eigenen Bild sowie der Garantie der Privatsphäre teilweise auch verfassungsrechtlich fundiert ist (vgl. BVerfGE 101, 361, 381 ff.; 120, 180, 214). Für die Abwägung ist von maßgeblicher Bedeutung, ob die Medien im konkreten Fall eine Angelegenheit von öffentlichem Interesse ernsthaft und sachbezogen erörtern, damit den Informationsanspruch des Publikums erfüllen und zur Bildung der öffentlichen Meinung beitragen oder ob sie - ohne Bezug zu einem zeitgeschichtlichen Ereignis - lediglich die Neugier der Leser oder Zuschauer nach privaten Angelegenheiten prominenter Personen befriedigen (vgl. Senatsurteil vom 1. Juli 2008 - VI ZR 243/06 - aaO, S. 1508; BVerfGE 34, 269, 283; 101, 361, 391; 120, 180, 205, 214; BVerfG, NJW 2006, 3406, 3407). Der Informationsgehalt einer Bildberichterstattung ist im Gesamtkontext, in den das Personenbildnis gestellt ist, zu ermitteln, insbesondere unter Berücksichtigung der zugehörigen Textberichterstattung.
15
b) Nach diesen Maßstäben kann der Auffassung des Berufungsgerichts, die angegriffene Bildberichterstattung sei wegen der fehlenden Einwilligung der Klägerin unzulässig, nicht gefolgt werden.
16
aa) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts handelt es sich bei den beanstandeten Fotos um Bildnisse aus dem Bereich der Zeitgeschichte (§ 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG). Der dafür maßgebende Begriff des Zeitgeschehens umfasst alle Fragen von allgemeinem gesellschaftlichem Interesse. Dazu gehören auch gesellschaftliche Ereignisse wie die Amtseinführung von Prinz Albert, der Rosenball in Monaco und das Gala-Diner der Stiftung Claude Pompidou anlässlich der Ausstellung eines bekannten Künstlers im Pariser Centre Pompidou.
17
bb) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts beschränkt sich der Informationsgehalt der Bildberichterstattung nicht auf die Darstellung der angeblichen Liebesbeziehung zwischen der Klägerin und Herrn W. Gegenstand der Bildberichterstattung ist vielmehr auch die Auftaktveranstaltung zu einer Ausstellung mit Bildern des Malers und Fotografen Yves Klein im Pariser Centre Pompidou, zu der die Stiftung Claude Pompidou geladen hatte und bei der eine Vielzahl bekannter Persönlichkeiten, u.a. die Klägerin in Begleitung von Herrn W., erschienen waren. Es entspricht der gefestigten Rechtsprechung des Senats und des Bundesverfassungsgerichts (vgl. etwa Senatsurteile BGHZ 180, 114 und vom 1. Juli 2008 - VI ZR 67/08 - aaO; BVerfGE 120, 180, 196 ff.), dass die Presse bei Auftritten "prominenter Personen" bei zeitgeschichtlichen Ereignissen grundsätzlich nicht nur über das Ereignis selbst, sondern auch darüber berichten darf, welche Personen dort erschienen sind und in wessen Begleitung sie sich dabei befunden haben. Das zeitgeschichtliche gesellschaftliche Ereignis beinhaltet dann neben der Anwesenheit der betreffenden Personen auch ihr gemeinsames Erscheinen.
18
cc) Nach diesen Grundsätzen begegnet die Bebilderung der Berichterstattung über das Gala-Diner mit einem dort aufgenommenen und insoweit kontextbezogenen Bild der Klägerin mit Herrn W. keinen rechtlichen Bedenken. Wenn die Klägerin bei offiziellen gesellschaftlichen Anlässen mehrfach in Begleitung von Herrn W. auftritt, ist es der Presse im Hinblick auf den Bekanntheitsgrad der Klägerin und ihrer Familie nicht verwehrt, eine Berichterstattung über das zeitgeschichtliche Ereignis mit entsprechenden Bildern zu illustrieren. Der Zulässigkeit steht insoweit auch nicht entgegen, dass die Beklagte in einem anderen Rechtsstreit rechtskräftig zur Unterlassung einzelner Aussagen der zugehörigen Wortberichterstattung über die persönlichen Verhältnisse der Klägerin verurteilt worden ist. Denn diese Verurteilung betrifft nicht die Berichterstattung über das Ereignis als solches und die dabei erschienenen Personen.
19
Entsprechendes gilt auch hinsichtlich des Fotos, das beim Rosenball aufgenommen worden ist. Es spielt dabei - entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts - keine Rolle, dass der Rosenball zum Zeitpunkt des Erscheinens des Artikels in der Zeitschrift der Beklagten bereits ca. sechs Monate zurücklag. Bei dem Bild handelt es sich um ein kontextneutrales Foto von der Klägerin, das ebenfalls bei einem offiziellen Ereignis aufgenommen worden ist, und dessen Veröffentlichung im Zusammenhang mit ihrem Auftreten beim Gala-Diner im Centre Pompidou rechtlich unbedenklich ist.
20
Dementsprechend ist es auch rechtlich nicht zu beanstanden, dass die Beklagte in diesem Zusammenhang das kontextneutrale Foto von der Klägerin verwendet hat, das bei der Amtseinführung Prinz Alberts von Monaco aufgenommen worden ist. Dadurch wird keine zusätzliche Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts der Klägerin bewirkt.
21
dd) Der Streitfall ist insoweit anders gelagert als der Fall, welcher dem Senatsurteil vom 17. Februar 2009 - VI ZR 75/08 - (VersR 2009, 841) zugrunde lag. Dort wurden die Bilder über die neue Beziehung der dortigen Klägerin nicht bei öffentlichen Auftritten auf gesellschaftlichen Veranstaltungen gefertigt, sondern heimlich in erkennbar privaten Situationen.
22
c) Da das Berufungsurteil bereits mangels Bestehens eines Anspruchs auf Unterlassung erneuter Verbreitung der Fotos keinen Bestand hat, kommt es im Ergebnis nicht mehr darauf an, dass die Ausführungen des Berufungsgerichts zur vorbeugenden Unterlassungsklage gegen "kerngleiche" Verletzungshandlungen nicht der Rechtsprechung des erkennenden Senats (vgl. Senatsurteile BGHZ 174, 262, 266 und vom 23. Juni 2009 - VI ZR 232/08 - VersR 2009, 1272) entsprechen dürfte. Zoll Wellner Pauge Stöhr von Pentz
Vorinstanzen:
LG Berlin, Entscheidung vom 31.05.2007 - 27 O 98/07 -
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Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Urteil, 13. Apr. 2010 - VI ZR 125/08

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Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 5


(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Fi

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 1004 Beseitigungs- und Unterlassungsanspruch


(1) Wird das Eigentum in anderer Weise als durch Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes beeinträchtigt, so kann der Eigentümer von dem Störer die Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen. Sind weitere Beeinträchtigungen zu besorgen, so kann der
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bei uns veröffentlicht am 09.04.2019

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL VI ZR 533/16 Verkündet am: 9. April 2019 Holmes Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja GG Art. 1 Abs. 1, GG Ar

Bundesgerichtshof Urteil, 18. Okt. 2011 - VI ZR 5/10

bei uns veröffentlicht am 18.10.2011

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL VI ZR 5/10 Verkündet am: 18. Oktober 2011 Holmes Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja BGB § 823 Ah, G; KUG

Bundesgerichtshof Urteil, 26. Okt. 2010 - VI ZR 190/08

bei uns veröffentlicht am 26.10.2010

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL VI ZR 190/08 Verkündet am: 26. Oktober 2010 Böhringer-Mangold Justizamtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja KunstU

Referenzen

(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.

(2) Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre.

(3) Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei. Die Freiheit der Lehre entbindet nicht von der Treue zur Verfassung.

(1) Wird das Eigentum in anderer Weise als durch Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes beeinträchtigt, so kann der Eigentümer von dem Störer die Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen. Sind weitere Beeinträchtigungen zu besorgen, so kann der Eigentümer auf Unterlassung klagen.

(2) Der Anspruch ist ausgeschlossen, wenn der Eigentümer zur Duldung verpflichtet ist.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR 12/06 Verkündet am:
19. Juni 2007
Böhringer-Mangold,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2
Zur Zulässigkeit einer Bildveröffentlichung in der Presse.
BGH, Urteil vom 19. Juni 2007 - VI ZR 12/06 - Kammergericht
LG Berlin
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 19. Juni 2007 durch die Vizepräsidentin Dr. Müller, den Richter Wellner,
die Richterin Diederichsen und die Richter Stöhr und Zoll

für Recht erkannt:
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des 9. Zivilsenats des Kammergerichts vom 20. Dezember 2005 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Klägerin ist die Lebensgefährtin des Musikers Herbert Grönemeyer. Die Beklagte verlegt die Illustrierte "BUNTE". In deren Ausgabe Nr. 20 vom 6. Mai 2004 veröffentlichte sie ohne Einwilligung der Klägerin u.a. zwei Fotos, die die Klägerin zusammen mit ihrem Lebensgefährten in legerer Freizeitkleidung in Rom in einem Café und beim Bummeln in einer Fußgängerzone zeigen.
2
Auf dem Bild im Café blickt die Klägerin ihren Lebensgefährten an, während sie gerade ihre Kaffeetasse zum Mund hebt. Die Aufnahme ist von außerhalb des Cafés gefertigt worden, wie an unscharf im Vordergrund zu sehenden vorbeilaufenden Passanten zu erkennen ist. Von ihrem Lebensgefährten ist nur ein Teil seines Arms zu sehen. In der Bildnebenschrift heißt es: "DIE BLICKE DER LIEBE … Grönemeyer und seine Freundin S. zeigen sich öffentlich in einem römischen Café".
3
Auf dem anderen Foto bummeln die Klägerin und ihr Lebensgefährte in einer Fußgängerzone. Darunter heißt es: "Herbert Grönemeyer "Männer brauchen viel Zärtlichkeit" - das gilt auch für ihn "Das Leben geht weiter", hat er im Radio gesagt, "man kann sich nicht immer rumdrücken." Jetzt hat er das Zitat in einen neuen Frühling umgesetzt: Herbert Grönemeyer, 48, Songpoet mit der Würgestimme, flaniert mit seiner Schweizer Liebe S. F., 32, durch Rom. Der Krebstod seiner Ehefrau und des Bruders 1998 hatte Grönemeyer nach London in die Isolation getrieben. Aber dann hat er sich wohl an einen eigenen Text erinnert: "Der Mensch heißt Mensch, weil er sich anlehnt und vertraut und weil er lacht, weil er lebt." Das Ergebnis ist auf diesen Seiten zu besichtigen."
4
Die Klägerin verlangt von der Beklagten, es zu unterlassen, diese Aufnahmen erneut zu veröffentlichen. Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Das Oberlandesgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihr Klageabweisungsbegehren weiter.

Entscheidungsgründe:

I.

5
Das Berufungsgericht hat ausgeführt, der Klägerin stehe entsprechend § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB in Verbindung mit §§ 22, 23 KUG, § 823 Abs. 1 BGB und Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG ein Unterlassungsanspruch gegen die Be- klagte zu. Die Veröffentlichung der Fotos habe die Klägerin in ihrem Recht am eigenen Bild und ihrem allgemeinen Persönlichkeitsrecht verletzt.
6
Zwar sei der Lebensgefährte der Klägerin eine so genannte "absolute Person der Zeitgeschichte", bei der Bildnisse des vertrauten Begleiters verbreitet werden dürften, wenn beide zusammen in der Öffentlichkeit aufträten. Zudem hätten sich beide nicht an einem Ort der Abgeschiedenheit befunden, so dass nach der Rechtsprechung ein Privatsphärenschutz nicht bestehe.
7
Nach den Maßstäben des Urteils des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) vom 24. Juni 2004 (NJW 2004, 2647) sei ein Unterlassungsanspruch aber zu bejahen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts sei das Grundgesetz nach Möglichkeit so auszulegen, dass ein Konflikt mit völkerrechtlichen Verpflichtungen nicht entstehe. Der Text der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) und die Rechtsprechung des EGMR dienten als Auslegungshilfen für die Bestimmung von Inhalt und Reichweite von Grundrechten. Daher seien hier Art. 8 (Recht auf Achtung des Privatund Familienlebens) und 10 EMRK (Freiheit der Meinungsäußerung) ebenso wie die Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts als (einfaches) Bundesrecht zu beachten und die Rechtsprechung des EGMR bei der Abwägung kollidierender Grundrechte zu berücksichtigen. Dabei sei allerdings an bestehenden verfassungsrechtlichen Grundsätzen festzuhalten.
8
Danach könne eine bildliche Darstellung von privaten und alltäglichen Lebensvorgängen nicht nur bei Politikern und Inhabern eines öffentlichen Amtes , sondern auch bei anderen Prominenten zulässig sein. Andererseits sei dem EGMR darin beizupflichten, dass die freie Entfaltung der Persönlichkeit beeinträchtigt werde, wenn ein Betroffener in alltäglichen Lebenssituationen der Medienöffentlichkeit präsentiert werde. Daher sei es mit der Meinungs- und Pres- sefreiheit (Art. 5 Abs. 1 GG) vereinbar, das Recht Prominenter und ihrer vertrauten Begleiter auf Achtung ihres Privatlebens im Einzelfall über Orte der Abgeschiedenheit hinaus zu erstrecken und ihrem Recht am eigenen Bild Vorrang einzuräumen.
9
Bei der gebotenen Abwägung der beiderseitigen Belange im Rahmen von § 23 Abs. 2 KUG überwiege das Interesse der Klägerin und ihres Lebensgefährten , unbeobachtet von der Medienöffentlichkeit miteinander Urlaub verbringen zu können. Zwar sei die Klägerin seit Herbst 2003 bei offiziellen Anlässen an der Seite ihres Lebensgefährten aufgetreten. Sie habe sich aber stets gegen eine Berichterstattung über ihr Privatleben gewandt und sei dagegen auch rechtlich vorgegangen.
10
Die Fotos zeigten die Klägerin bei privater Gelegenheit. Die Beklagte könne sich nicht darauf berufen, dass Herr Grönemeyer den Tod seiner Ehefrau in seinem künstlerischen Schaffen und in öffentlichen Äußerungen thematisiert habe. Es trage nicht maßgeblich zur öffentlichen Diskussion bei, immer weiter Fotos zu verbreiten, welche die Klägerin in privaten Alltagssituationen als Begleiterin ihres Lebensgefährten zeigten. Die Beklagte könne sich daher nicht mit Erfolg darauf berufen, dass sie die Fotos in Bezug zu Grönemeyers Songtexten und Äußerungen gestellt habe. Hierzu hätte sie auf verfügbare Fotos von offiziellen Anlässen zurückgreifen können.

II.

11
Diese Ausführungen halten einer revisionsrechtlichen Überprüfung stand.
12
1. Das Berufungsurteil entspricht im Ergebnis dem abgestuften Schutzkonzept , das die Rechtsprechung aus §§ 22, 23 KUG entwickelt hat (vgl.
BVerfG, BVerfGE 101, 361 ff.; NJW 2001, 1921, 1923 ff.; NJW 2006, 2835 f.; NJW 2006, 2836 ff.; Senatsurteile vom 19. Oktober 2004 - VI ZR 292/03 - VersR 2005, 84 ff.; vom 15. November 2005 - VI ZR 286/04 - VersR 2006, 274 ff.; vom 6. März 2007 - VI ZR 13/06 - VersR 2007, 697, 698 f. und - VI ZR 51/06 - Rn. 9 ff., zum Abdruck in BGHZ bestimmt). Das gilt insbesondere unter Berücksichtigung der in den Entscheidungen des EGMR vom 24. Juni 2004 (NJW 2004, 2647 ff. - von Hannover gegen Deutschland) und vom 16. November 2004 (NJW 2006, 591 ff. - Karhuvaara und Iltalehti gegen Finnland ) dargelegten Grundsätze. Danach gilt Folgendes:
13
a) Nach § 22 KUG dürfen Bildnisse nur mit Einwilligung des Abgebildeten verbreitet werden; hiervon besteht nach § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG eine Ausnahme, wenn es sich um Bildnisse aus dem Bereich der Zeitgeschichte handelt. Diese Ausnahme gilt aber nicht für eine Verbreitung, durch die berechtigte Interessen des Abgebildeten verletzt werden (§ 23 Abs. 2 KUG).
14
Aus § 23 KUG hat die Rechtsprechung den abkürzenden Begriff der "Person der Zeitgeschichte" entwickelt. Als "relative" Person der Zeitgeschichte ist eine Person anzusehen, die durch ein bestimmtes zeitgeschichtliches Ereignis das Interesse auf sich gezogen hat. Deshalb darf sie ohne ihre Einwilligung nur im Zusammenhang mit diesem Ereignis abgebildet werden. Demgegenüber gilt als "absolute" Person der Zeitgeschichte eine Person, die aufgrund ihres Status und ihrer Bedeutung allgemein öffentliche Aufmerksamkeit findet, so dass sie selbst Gegenstand der Zeitgeschichte ist und deshalb über sie berichtet werden darf. Auch sie hat jedoch ein Recht auf Privatsphäre, das nicht auf den häuslichen Bereich beschränkt ist. Vielmehr muss sie die Möglichkeit haben , sich an anderen, erkennbar abgeschiedenen Orten unbehelligt von Bildberichterstattung zu bewegen (vgl. Senat, BGHZ 131, 332 ff., bestätigt von BVerfG, BVerfGE 101, 361 ff.).
15
b) Gegen diese Beschränkung des Schutzes der Privatsphäre bei den so genannten absoluten Personen der Zeitgeschichte hat der EGMR in seiner Entscheidung vom 24. Juni 2004 grundsätzliche Bedenken geäußert, denen der erkennende Senat bereits in mehreren in der Folgezeit ergangenen Entscheidungen Rechnung getragen hat (vgl. Urteile vom 19. Oktober 2004 - VI ZR 292/03 - VersR 2005, 84; vom 15. November 2005 - VI ZR 286/04 - VersR 2006, 274; vom 6. März 2007 - VI ZR 13/06 - VersR 2007, 697 und - VI ZR 51/06).
16
Hiernach nimmt die Vorschrift des § 23 Abs. 1 KUG nach der Intention des Gesetzgebers und nach Sinn und Zweck der Regelung in Ausnahme von dem Einwilligungserfordernis des § 22 KUG Rücksicht auf das Informationsinteresse der Allgemeinheit und auf die Pressefreiheit. Die Belange der Öffentlichkeit sind gerade bei der Auslegung des Tatbestandsmerkmals "aus dem Bereich der Zeitgeschichte" zu beachten (vgl. BVerfG, NJW 2006, 3406, 3407 f.).
17
c) Eine Abwägung der widerstreitenden Rechte und Grundrechte der abgebildeten Person aus Art. 8 EMRK sowie aus Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG einerseits und der Presse aus Art. 10 EMRK und Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG andererseits ist mithin schon bei der Zuordnung zum Bereich der Zeitgeschichte erforderlich. Dabei ist der Beurteilung ein normativer Maßstab zugrunde zu legen, welcher der Pressefreiheit und zugleich dem Schutz der Persönlichkeit und ihrer Privatsphäre ausreichend Rechnung trägt (vgl. Senat, Urteile vom 12. Dezember 1995 - VI ZR 223/94 - VersR 1996, 341 f.; vom 9. März 2004 - VI ZR 217/03 - VersR 2004, 863; vom 28. September 2004 - VI ZR 305/03 - VersR 2005, 83, 84; vom 19. Oktober 2004 - VI ZR 292/03 - VersR 2005, 84, 85 vom 6. März 2007 - VI ZR 13/06 - VersR 2007, 697, 698 und - VI ZVI ZR 51/06 - Rn. 14). Maßgebend ist hierbei das Interesse der Öffentlichkeit an vollständiger Information über das Zeitgeschehen. Dabei ist der Begriff des Zeitgeschehens in § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG zugunsten der Pressefreiheit zwar in einem weiten Sinn zu verstehen, doch ist das Informationsinteresse nicht schrankenlos. Vielmehr wird der Einbruch in die persönliche Sphäre des Abgebildeten durch den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit begrenzt, so dass eine Berichterstattung keineswegs immer zulässig ist. Wo konkret die Grenze für das berechtigte Informationsinteresse der Öffentlichkeit an der aktuellen Berichterstattung zu ziehen ist, lässt sich nur unter Berücksichtigung der jeweiligen Umstände des Einzelfalls entscheiden.
18
Nach diesem Schutzkonzept ist auch bei Personen, die unter dem Blickpunkt des zeitgeschichtlichen Ereignisses im Sinn des § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG an sich ohne ihre Einwilligung die Verbreitung ihres Bildnisses dulden müssten, eine Verbreitung der Abbildung unabhängig davon, ob sie sich an Orten der Abgeschiedenheit aufgehalten haben, nicht zulässig, wenn hierdurch berechtigte Interessen des Abgebildeten verletzt werden, § 23 Abs. 2 KUG (vgl. Senat, Urteile vom 6. März 2007 - VI ZR 13/06 - VersR 2007, 697, 698 und - VI ZVI ZR 51/06 - Rn. 15 f.).
19
Mithin kommt eine Ausnahme vom Erfordernis der Einwilligung grundsätzlich nur in Betracht, wenn die Berichterstattung ein Ereignis von zeitgeschichtlicher Bedeutung betrifft (so schon Senatsurteile BGHZ 158, 218, 222 f.; vom 19. Oktober 2004 - VI ZR 292/03 - aaO; vgl. BGH, Urteil vom 26. Oktober 2006 - I ZR 182/04 - Rn. 15, zum Abdruck in BGHZ bestimmt). Dabei darf allerdings der Begriff der Zeitgeschichte nicht zu eng verstanden werden. Nach seiner Entstehungsgeschichte, vor allem aber im Hinblick auf den Informationsbedarf der Öffentlichkeit, umfasst er nicht nur Vorgänge von historisch-politischer Bedeutung, sondern ganz allgemein das Zeitgeschehen, also alle Fragen von allgemeinem gesellschaftlichem Interesse, und wird mithin vom Interesse der Öffentlichkeit bestimmt. Auch durch unterhaltende Beiträge kann nämlich Mei- nungsbildung stattfinden; solche Beiträge können die Meinungsbildung unter Umständen sogar nachhaltiger anregen und beeinflussen als sachbezogene Informationen (vgl. Senat, Urteile vom 9. Dezember 2003 - VI ZR 373/02 - VersR 2004, 522, 523 mit Anmerkung von Gerlach JZ 2004, 625; vom 6. März 2007 - VI ZR 13/06 - VersR 2007, 697, 698 f. und - VI ZR 51/06 - Rn. 17; BVerfG, BVerfGE 101, 361, 389 f.; NJW 2006, 2836, 2837).
20
Zum Kern der Presse- und der Meinungsbildungsfreiheit gehört es, dass die Presse in den gesetzlichen Grenzen einen ausreichenden Spielraum besitzt , innerhalb dessen sie nach ihren publizistischen Kriterien entscheiden kann, was öffentliches Interesse beansprucht, und dass sich im Meinungsbildungsprozess herausstellt, was eine Angelegenheit von öffentlichem Interesse ist (BVerfGE 101, 361, 392; Senat, Urteil vom 15. November 2005 - VI ZR 286/04 - VersR 2006, 274, 275; EGMR NJW 2006, 591, 592 f.). Deshalb muss die Presse zur Wahrnehmung ihrer meinungsbildenden Aufgaben nach publizistischen Kriterien selbst entscheiden dürfen, was sie des öffentlichen Interesses für wert hält (vgl. BVerfGE 101, 361, 392; Senat, Urteile vom 14. März 1995 - VI ZR 52/94 - VersR 1995, 667, 668 f., bestätigt durch BVerfG, NJW 2000, 1026; vom 15. November 2005 - VI ZR 286/04 - aaO; vom 6. März 2007 - VI ZR 13/06 - VersR 2007, 697, 699 und - VI ZVI ZR 51/06 - Rn. 18). Die Bedeutung der Pressefreiheit wird unter Hinweis auf Art. 10 EMRK auch in der Entscheidung des EGMR vom 24. Juni 2004 (NJW 2004, 2647, 2649) hervorgehoben, wenn dort ausgeführt wird, dass die Presse in einer demokratischen Gesellschaft eine wesentliche Rolle spiele und es ihre Aufgabe sei, Informationen und Ideen zu allen Fragen von Allgemeininteresse weiterzugeben, was letztlich mit dem oben dargelegten Begriff der Zeitgeschichte in Einklang steht.
21
d) Soweit der EGMR (NJW 2004, 2647, 2649) der Presse dieses Recht nur in bestimmten Grenzen zugesteht, betrifft diese Einschränkung ersichtlich die Abwägung zwischen Pressefreiheit und Informationsrecht der Öffentlichkeit einerseits und dem Schutz der Privatsphäre andererseits, mithin eine Abwägung , wie sie auch nach dem oben dargestellten Schutzkonzept geboten ist. Auch wenn die Presse zur Wahrung der Pressefreiheit und zur Vermeidung einer vom Grundgesetz untersagten Zensur selbst nach publizistischen Kriterien entscheiden darf, worüber sie berichten will, kann sie sich damit nicht der Abwägung mit der geschützten Privatsphäre derjenigen entziehen, über die sie berichten will.
22
Deshalb muss eine Interessenabwägung zwischen dem Informationsinteresse der Öffentlichkeit einerseits und dem Interesse des Abgebildeten an dem Schutz seiner Privatsphäre andererseits stattfinden. Die Bedeutung des Informationswerts für die Interessenabwägung hat der erkennende Senat schon in früheren Entscheidungen hervorgehoben (Senat, BGHZ 151, 26, 31; Urteil vom 9. Dezember 2003 - VI ZR 404/02 - VersR 2004, 525 m.w.N.). Je größer der Informationswert für die Öffentlichkeit ist, desto mehr muss das Schutzinteresse desjenigen, über den informiert wird, hinter den Informationsbelangen der Öffentlichkeit zurücktreten. Umgekehrt wiegt aber auch der Schutz der Persönlichkeit des Betroffenen desto schwerer, je geringer der Informationswert für die Allgemeinheit ist (vgl. BVerfGE 101, 361, 391; Senat, BGHZ 131, 332, 342 m.w.N.). Das Interesse der Leser an bloßer Unterhaltung hat gegenüber dem Schutz der Privatsphäre regelmäßig ein geringeres Gewicht (vgl. BVerfGE 34, 269, 283; Senat, BGHZ 131, 332, 342 m.w.N.). Dies hat das Bundesverfassungsgericht im Beschluss vom 21. August 2006 (NJW 2006, 3406, 3407) bestätigt. Das schließt es freilich nicht aus, dass je nach Lage des Falles für den Informationswert einer Berichterstattung auch der Bekanntheitsgrad des Betroffenen von Bedeutung sein kann. In jedem Fall ist bei der Beurteilung des Informationswerts bzw. der Frage, ob es sich um ein zeitgeschichtliches Ereignis im Sinn des allgemein interessierenden Zeitgeschehens handelt, ein weites Ver- ständnis geboten, damit die Presse ihren meinungsbildenden Aufgaben gerecht werden kann, die nach wie vor von größter Bedeutung sind.
23
Eine solche Gewichtung bei der Interessenabwägung trägt nach Auffassung des erkennenden Senats den Anforderungen des EGMR (NJW 2004, 2647, 2651) an einen wirksamen Schutz der Privatsphäre ebenso Rechnung wie dem Schutz der Grundrechte aus Art. 5 GG. Ihr steht auch eine Bindungswirkung des § 31 BVerfGG nicht entgegen. Das Bundesverfassungsgericht hat zwar die Entscheidung des erkennenden Senats insoweit bestätigt, als dort der Schutz der Privatsphäre gegen unerwünschte Aufnahmen auf die Fälle erkennbarer räumlicher Abgeschiedenheit beschränkt worden ist. Das schließt es jedoch nicht aus, bei der erforderlichen Interessenabwägung zwischen Pressefreiheit und Schutz der Privatsphäre den im Einzelfall geringeren oder höheren Informationswert für die Öffentlichkeit stärker zu berücksichtigen. Im Übrigen hat das Bundesverfassungsgericht eine diesen Grundsätzen entsprechende Interessenabwägung bereits gebilligt (BVerfG, NJW 2006, 2835).
24
e) Kommt es mithin für die Abwägung maßgeblich auf den Informationswert der Abbildung an, so kann - da die beanstandeten Abbildungen im Zusammenhang mit einer Wortberichterstattung verbreitet worden sind - bei der Beurteilung diese zugehörige Wortberichterstattung nicht unberücksichtigt bleiben (so auch EGMR NJW 2004, 2647, 2650). Dies entspricht gefestigter Rechtsprechung des erkennenden Senats (vgl. BGHZ 158, 218, 223; Urteile vom 30. September 2003 - VI ZR 89/02 - VersR 2004, 205, 206; vom 28. September 2004 - VI ZR 305/03 - VersR 2005, 83 f.; vom 19. Oktober 2004 - VI ZR 292/03 - VersR 2005, 84 f.; vom 6. März 2007 - VI ZR 13/06 - VersR 2007, 697, 699 und - VI ZVI ZR 51/06 - Rn. 23; jeweils m.w.N.).
25
2. Diese Grundsätze führen im Streitfall zu folgender Abwägung:
26
Die beanstandeten Aufnahmen zeigen die Klägerin im Urlaub bzw. in der Freizeit in Rom, während sie und ihr Lebenspartner leger gekleidet in einem Café sitzen und durch eine Fußgängerzone spazieren gehen. Sie zeigen die Abgebildeten daher in ihrem Alltagsleben bei Tätigkeiten, die grundsätzlich dem privaten Bereich zuzurechnen sind. Ein Beitrag zu einer Diskussion von allgemeinem Interesse oder eine Information über ein zeitgeschichtliches Ereignis sind den Abbildungen nicht zu entnehmen.
27
Ein solches allgemeines Interesse oder zeitgeschichtliches Ereignis ergibt sich auch nicht aus der den Bildern beigefügten Wortberichterstattung. Diese nimmt auf den Krebstod der Ehefrau und des Bruders des Lebensgefährten der Klägerin im Jahre 1998 Bezug und knüpft an dessen danach folgender Isolation und Verarbeitung der Ereignisse mit Hilfe seiner Songtexte an. Selbst wenn man - was nach Lage des Falles offen bleiben kann - im Hinblick auf den Bekanntheitsgrad des Lebensgefährten die Ereignisse im Jahre 1998 und deren nachfolgende Verarbeitung als Vorgang von allgemeinem Interesse und zeitgeschichtliches Ereignis ansehen wollte, zeigen die veröffentlichten Bilder die Klägerin in einer erkennbar privaten Situation, die in keinem Zusammenhang mit einem zeitgeschichtlichen Ereignis steht.
28
Bei der erforderlichen Abwägung zwischen der Pressefreiheit und dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht der Klägerin ist nach den oben wiedergegebenen Grundsätzen der Rechtsprechung zu beachten, dass es eine entscheidende Rolle spielt, ob die Presse eine neue und wahre Information von allgemeinem Interesse für die öffentliche Meinungsbildung mitteilt oder ob der Informationswert für die Öffentlichkeit wesentlich in der Unterhaltung ohne gesellschaftliche Relevanz besteht (vgl. BVerfG, BVerfGE 34, 269, 283 f.; 101, 361, 390 f.; Senat, BGHZ 131, 332, 342 f.; vom 6. März 2007 - VI ZR 51/06 - Rn. 28). Im letzten Fall besteht kein berücksichtigungswertes Informationsinte- resse der Öffentlichkeit, das eine Bildveröffentlichung entgegen dem Willen des Abgebildeten erlaubte (§ 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG); die abgebildete Person muss die in einer Bildveröffentlichung ohne ihre Einwilligung regelmäßig liegende Beeinträchtigung ihrer Privatsphäre und damit ihres allgemeinen Persönlichkeitsrechts nicht hinnehmen. Dies gilt umso mehr, als die Klägerin sich nach den Feststellungen des Berufungsgerichts stets gegen eine Berichterstattung über ihr Privatleben gewandt hatte und auch ihr Lebensgefährte Bilder aus seiner Privatsphäre nicht öffentlich verbreiten ließ. Dass dieser Teile seines Privatlebens im Rahmen seiner Songtexte künstlerisch verarbeitet hat, kann nicht zur Folge haben, dass die Klägerin eine Berichterstattung über ihre Privatsphäre hinnehmen müsste.
29
3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO. Müller Wellner Diederichsen Stöhr Zoll
Vorinstanzen:
LG Berlin, Entscheidung vom 19.05.2005 - 27 O 73/05 -
KG Berlin, Entscheidung vom 20.12.2005 - 9 U 130/05 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR 164/06 Verkündet am:
3. Juli 2007
Böhringer-Mangold,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
2 KunstUrhG Ah; G
Zum abgestuften Schutzkonzept der §§ 22, 23 KunstUrhG bei Bildveröffentlichungen
von Prominenten.
BGH, Urteil vom 3. Juli 2007 - VI ZR 164/06 - Hanseatisches OLG Hamburg
LG Hamburg
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 3. Juli 2007 durch die Vizepräsidentin Dr. Müller, den Richter Dr. Greiner,
die Richterin Diederichsen und die Richter Pauge und Zoll

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 7. Zivilsenats des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg vom 20. Juni 2006 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Kläger ist ein international bekannter Berufsfußballspieler. Die Beklagte verlegt die Zeitschrift "Frau im Spiegel". In der Ausgabe Nr. 30/2005 vom 21. Juli 2005 wurde eine Fotografie veröffentlicht, die den Kläger bei einem Spaziergang in Begleitung seiner Freundin V. K. auf der Promenade von St. Tropez zeigt. Im hierzu gehörigen Begleittext wird berichtet, dass der Kläger mit seiner Freundin verliebte Blicke tausche. Eine Woche vorher habe bei ihm der Familienurlaub auf dem Programm gestanden. Er habe sich mit seiner Noch-Ehefrau und den Kindern auf Sardinien entspannt.
2
Der Kläger verlangt von der Beklagten, es zu unterlassen, die Aufnahme erneut zu veröffentlichen. Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Die Be- rufung der Beklagten blieb erfolglos. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte weiterhin die Abweisung der Klage.

Entscheidungsgründe:

I.

3
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt, es könne offen bleiben, ob der Kläger eine sog. absolute Person der Zeitgeschichte sei und ob das Bild einen Artikel über ein zeitgeschichtliches Ereignis illustriere. Jedenfalls verletze die Veröffentlichung rechtswidrig ein berechtigtes Interesse des Klägers im Sinne des § 23 Abs. 2 KUG, nämlich seine schutzwürdige Privatsphäre. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, die das Berufungsgericht nach § 31 BVerfGG binde, wäre die Veröffentlichung nur zulässig, wenn die Aufnahme an einem Ort zustande gekommen wäre, an dem sich der Einzelne unter vielen Menschen befunden habe und infolgedessen die Voraussetzungen des Privatsphärenschutzes nicht erfüllt wären. Davon sei jedoch im Streitfall nicht auszugehen. Das Interesse, das bei den Lesern der von der Beklagten verlegten Zeitschrift an Bildinformationen über das Leben des Klägers bis hin zu seiner Urlaubsgestaltung bestehe, sei reines Unterhaltungsinteresse und müsse hinter dem wirksamen Schutz des Privatlebens des Klägers zurücktreten. Gerade die Personen , die besonders häufig für eine Berichterstattung in den Medien fotografiert würden, hätten ein besonderes Interesse daran, im Urlaub von derartigen Belästigungen verschont zu bleiben. Die Beachtung der vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (künftig: EGMR) in der Entscheidung vom 24. Juni 2004 aufgestellten Kriterien führe ebenfalls zu dem Ergebnis, dass mit der Ver- öffentlichung des Fotos rechtswidrig in das durch die §§ 22, 23 Abs. 2 KUG geschützte Recht des Klägers am eigenen Bild eingegriffen werde.

II.

4
Diese Ausführungen halten den Angriffen der Revision im Ergebnis stand.
5
1. Zwar kommt es entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht darauf an, ob der Kläger mit seiner Begleiterin unter vielen Personen an einer jedermann zugänglichen Örtlichkeit fotografiert worden ist. Soweit das Berufungsgericht hierauf abgestellt hat, hat der erkennende Senat den vom EGMR geäußerten Bedenken gegen das im Senatsurteil BGHZ 131, 332 ff. aufgestellte Kriterium erkennbarer örtlicher Abgeschiedenheit (vgl. EGMR vom 24. Juni 2004 - von Hannover gegen Deutschland - NJW 2004, 2647 ff.) in mehreren Urteilen Rechnung getragen (vgl. Urteile vom 19. Oktober 2004 - VI ZR 292/03 - VersR 2005, 84 ff.; vom 15. November 2005 - VI ZR 286/04 - VersR 2006, 274 ff.; vom 6. März 2007 - VI ZR 13/06 - VersR 2007, 697, 698 f. = NJW 2007, 1981 f. und - VI ZR 51/06 - NJW 2007, 1977 ff.). Der Kläger kann jedoch auch nach den dort entwickelten Kriterien der Beklagten die Veröffentlichung der beanstandeten Fotografie untersagen.
6
2. a) Nach § 22 Satz 1 KUG dürfen Bildnisse einer Person grundsätzlich nur mit deren Einwilligung verbreitet werden; hiervon besteht nach § 23 Abs. 1 KUG eine Ausnahme, wenn es sich um Bildnisse aus dem Bereich der Zeitgeschichte handelt (so schon Senatsurteile BGHZ 158, 218, 222 f.; vom 19. Oktober 2004 - VI ZR 292/03 - aaO und vom 6. März 2007 - VI ZR 51/06 - aaO, 1978 ff. sowie BGH, Urteil vom 26. Oktober 2006 - I ZR 182/04 - BGHZ 169, 340, 345). Diese Ausnahme gilt aber nicht für eine Verbreitung, durch die berechtigte Interessen des Abgebildeten verletzt werden (§ 23 Abs. 2 KUG). Auch bei Personen, die unter dem Blickwinkel des zeitgeschichtlichen Ereignisses im Sinn des § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG an sich ohne ihre Einwilligung die Verbreitung ihres Bildnisses dulden müssten, ist eine Verbreitung der Abbildung unabhängig davon, ob sie sich an Orten der Abgeschiedenheit aufgehalten haben , nicht zulässig, wenn hierdurch berechtigte Interessen des Abgebildeten verletzt werden, § 23 Abs. 2 KUG (vgl. zu diesem abgestuften Schutzkonzept Senat, Urteile vom 6. März 2007 - VI ZR 13/06 - aaO, 698 und - VI ZR 51/06 - aaO, 1978).
7
b) Maßgebend für die Frage, ob es sich um ein Bildnis aus dem Bereich der Zeitgeschichte handelt, ist der Begriff des Zeitgeschehens. Dieser Begriff darf nicht zu eng verstanden werden. Im Hinblick auf den Informationsbedarf der Öffentlichkeit umfasst er nicht nur Vorgänge von historisch-politischer Bedeutung , sondern ganz allgemein das Zeitgeschehen, also alle Fragen von allgemeinem gesellschaftlichem Interesse. Er wird mithin vom Interesse der Öffentlichkeit bestimmt. Auch durch unterhaltende Beiträge kann Meinungsbildung stattfinden; solche Beiträge können die Meinungsbildung unter Umständen sogar nachhaltiger anregen und beeinflussen als sachbezogene Informationen (vgl. Senat, Urteile vom 9. Dezember 2003 - VI ZR 373/02 - VersR 2004, 522, 523 - mit Anmerkung v. Gerlach JZ 2004, 625 - und vom 6. März 2007 - VI ZR 51/06 - aaO, 1978; BVerfGE 101, 361, 389 f.; BVerfG, NJW 2006, 2836, 2837). Auch besteht das Informationsinteresse nicht schrankenlos. Vielmehr wird der Einbruch in die persönliche Sphäre des Abgebildeten durch den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit begrenzt, so dass eine Berichterstattung keineswegs immer zulässig ist. Wo konkret die Grenze für das berechtigte Informationsinteresse der Öffentlichkeit an der aktuellen Berichterstattung zu ziehen ist, lässt sich nur unter Berücksichtigung der jeweiligen Umstände des Einzelfalles entscheiden.
8
c) Zum Kern der Presse- und der Meinungsbildungsfreiheit gehört, dass die Presse in den gesetzlichen Grenzen einen ausreichenden Spielraum besitzt , innerhalb dessen sie nach ihren publizistischen Kriterien entscheiden kann, was sie des öffentlichen Interesses für wert hält, und dass sich im Meinungsbildungsprozess herausstellt, was eine Angelegenheit von öffentlichem Interesse ist (BVerfGE 101, 361, 392; Senat, Urteil vom 15. November 2005 - VI ZR 286/04 - aaO, 275; vom 6. März 2007 - VI ZR 51/06 - aaO, 1979 f.; EGMR NJW 2006, 591, 592 f., Rn. 38 ff.). Auch in der Entscheidung des EGMR vom 24. Juni 2004 (NJW 2004, 2647, 2649 f., Rn. 58, 60, 63) wird die Bedeutung der Pressefreiheit unter Hinweis auf Art. 10 EMRK hervorgehoben, wenn dort ausgeführt wird, dass die Presse in einer demokratischen Gesellschaft eine wesentliche Rolle spiele und es ihre Aufgabe sei, Informationen und Ideen zu allen Fragen von Allgemeininteresse weiterzugeben, was letztlich mit dem oben dargelegten Begriff der Zeitgeschichte in Einklang steht. Soweit der Gerichtshof der Presse dieses Recht nur in "bestimmten Grenzen" (EGMR NJW 2004, 2647, 2649, Rn. 58) zugesteht, betrifft diese Einschränkung ersichtlich die Abwägung zwischen Pressefreiheit und Informationsrecht der Öffentlichkeit einerseits und dem Schutz der Privatsphäre andererseits, mithin eine Abwägung, wie sie auch nach dem oben dargestellten Schutzkonzept geboten ist. Auch wenn die Presse zur Wahrung der Pressefreiheit und zur Vermeidung einer vom Grundgesetz untersagten Zensur selbst nach publizistischen Kriterien entscheiden darf, worüber sie berichten will, kann sie sich damit nicht der Abwägung mit der geschützten Privatsphäre derjenigen entziehen, über die sie berichten will.
9
d) Deshalb muss eine Interessenabwägung stattfinden und zwar zwischen dem Informationsinteresse der Öffentlichkeit einerseits und dem Interes- se des Abgebildeten an dem Schutz seiner Privatsphäre andererseits. Die Bedeutung des Informationswerts für die Interessenabwägung hat der erkennende Senat schon in früheren Entscheidungen hervorgehoben (Senat, BGHZ 151, 26, 30; Urteil vom 9. Dezember 2003 - VI ZR 373/02 - VersR 2004, 522, 523 m.w.N. und vom 6. März 2007 - VI ZR 51/06 - aaO, 1979). Je größer der Informationswert für die Öffentlichkeit ist, desto mehr muss das Schutzinteresse desjenigen, über den informiert wird, hinter den Informationsbelangen der Öffentlichkeit zurücktreten. Umgekehrt wiegt aber auch der Schutz der Persönlichkeit des Betroffenen desto schwerer, je geringer der Informationswert für die Allgemeinheit ist. Das Interesse der Leser an bloßer Unterhaltung hat gegenüber dem Schutz der Privatsphäre regelmäßig ein geringeres Gewicht und ist nicht schützenswert (vgl. BVerfG 34, 269, 283; 101, 361, 392; Senat, BGHZ 131, 332, 342 f. m.w.N.). Dies hat das Bundesverfassungsgericht im Beschluss vom 21. August 2006 (NJW 2006, 3406, 3407) bestätigt, wobei es nach Lage des Falles nicht zu entscheiden brauchte, ob dies auch für Personen von hohem Bekanntheitsgrad gilt. Nach Auffassung des erkennenden Senats ist diese Frage unter Berücksichtigung des Urteils des EGMR vom 24. Juni 2004 im Grundsatz zu bejahen. Auch bei den bisher sog. Personen der Zeitgeschichte kann nicht außer Betracht bleiben, ob die Berichterstattung zu einer Debatte mit einem Sachgehalt beiträgt, der über die Befriedigung bloßer Neugier hinausgeht. Das schließt es freilich nicht aus, dass je nach Lage des Falles für den Informationswert einer Berichterstattung auch der Bekanntheitsgrad des Betroffenen von Bedeutung sein kann. In jedem Fall ist bei der Beurteilung des Informationswerts bzw. der Frage, ob es sich um ein zeitgeschichtliches Ereignis im Sinn des allgemein interessierenden Zeitgeschehens handelt, ein weites Verständnis geboten, damit die Presse ihren meinungsbildenden Aufgaben gerecht werden kann, die nach wie vor von größter Bedeutung sind. Eine solche Gewichtung bei der Interessenabwägung trägt nach Ansicht des erkennenden Se- nats den Anforderungen des Gerichtshofs (EGMR, NJW 2004, 2647, 2651 Rn. 76) an einen wirksamen Schutz der Privatsphäre ebenso Rechnung wie dem Schutz der Grundrechte aus Art. 5 GG. Ihr steht - anders als das Berufungsgericht meint - auch die Bindungswirkung des § 31 BVerfGG nicht entgegen. Das Bundesverfassungsgericht hat zwar die eingangs zitierte Entscheidung des erkennenden Senats (BGHZ 131, 332 ff.) insoweit bestätigt, als dort der Schutz der Privatsphäre gegen unerwünschte Aufnahmen auf die Fälle erkennbarer räumlicher Abgeschiedenheit beschränkt worden ist. Das schließt es jedoch nicht aus, bei der erforderlichen Interessenabwägung zwischen Pressefreiheit und Schutz der Privatsphäre den Informationswert für die Öffentlichkeit stärker zu berücksichtigen. Im Übrigen hat das Bundesverfassungsgericht (BVerfG, NJW 2006, 2835) eine diesen Grundsätzen entsprechende Interessenabwägung im Urteil des erkennenden Senats vom 15. November 2005 (- VI ZR 286/04 - aaO) gebilligt.
10
e) Kommt es mithin für die Abwägung maßgeblich auf den Informationswert der Abbildung an, kann, wenn - wie im Streitfall - die beanstandete Abbildung im Zusammenhang mit einer Wortberichterstattung verbreitet worden ist, bei der Beurteilung die zugehörige Wortberichterstattung nicht unberücksichtigt bleiben (so auch EGMR, NJW 2004, 2647, 2650 Rn. 64). Dies entspricht gefestigter Rechtsprechung des erkennenden Senats (vgl. BGHZ 158, 218, 223, Urteile vom 30. September 2003 - VI ZR 89/02 - VersR 2004, 205, 206; vom 28. September 2004 - VI ZR 305/03 - VersR 2005, 83 f.; vom 19. Oktober 2004 - VI ZR 292/03 - aaO jeweils m.w.N. und vom 6. März 2007 - VI ZR 13/06 - aaO und - VI ZR 51/06 - aaO, 1980).
11
2. Im Streitfall führen diese Grundsätze zu folgender Abwägung:
12
Das beanstandete Bild ist Teil eines Berichts über "Leute aktuell", in dem jeweils unter Beifügung von Fotografien über die Anwesenheit sog. Prominenter zur Urlaubszeit in St. Tropez berichtet wurde. Auch wenn die Presse grundsätzlich selbst darüber bestimmen darf, was sie für berichtenswert hält, spielt eine entscheidende Rolle, ob die Presse eine neue und wahre Information von allgemeinem Interesse für die öffentliche Meinungsbildung mitteilt oder ob der Informationswert für die Öffentlichkeit - wie hier - wesentlich in der Unterhaltung ohne gesellschaftliche Relevanz besteht (vgl. BVerfG, BVerfGE 34, 269, 283 f.; 101, 361, 390 f.; Senat, BGHZ 131, 332, 342 f.). Im letzten Fall besteht kein berücksichtigungswertes Informationsinteresse der Öffentlichkeit, das eine Bildveröffentlichung entgegen dem Willen des Abgebildeten erlaubte (§ 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG); die abgebildete Person muss die in einer Bildveröffentlichung ohne ihre Einwilligung regelmäßig liegende Beeinträchtigung ihrer Privatsphäre und damit ihres allgemeinen Persönlichkeitsrechts nicht hinnehmen (§ 22 KUG).
13
Vorliegend betrifft die Wortberichterstattung über den Aufenthalt des Klägers und seiner Begleiterin in St. Tropez selbst bei Anlegung eines großzügigen Maßstabs keinen Vorgang von allgemeinem Interesse (EGMR, NJW 2004, 2647, 2649 f. Rn. 60 ff.) und kein zeitgeschichtliches Ereignis. Ebenso verhält es sich mit der beanstandeten Abbildung. Die Aufnahme zeigt den Kläger und seine Begleiterin unstreitig im Urlaub, der grundsätzlich auch bei "Prominenten" zum regelmäßig geschützten Kernbereich der Privatsphäre gehört. Handelt es sich demzufolge bei der Veröffentlichung nicht um ein Bildnis aus dem Bereich der Zeitgeschichte, muss die abgebildete Person - mithin der Kläger - die in der Bildveröffentlichung ohne seine Einwilligung liegende Beeinträchtigung seines Persönlichkeitsrechts nicht hinnehmen.
14
3. Die Entscheidung über die Kosten folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Müller Greiner Diederichsen
Pauge Zoll

Vorinstanzen:
LG Hamburg, Entscheidung vom 09.12.2005 - 324 O 684/05 -
OLG Hamburg, Entscheidung vom 20.06.2006 - 7 U 9/06 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR 156/06 Verkündet am:
24. Juni 2008
Böhringer-Mangold,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja

a) Im Zusammenhang mit der Presseberichterstattung über ein bedeutendes
politisches Ereignis (hier: Abwahl einer Ministerpräsidentin) kann die ohne
Einwilligung erfolgende Veröffentlichung von Fotos, die die betroffene Politikerin
bei nachfolgender privater Betätigung zeigen (hier: Einkäufe), durch
das Informationsinteresse der Allgemeinheit gerechtfertigt sein.

b) Die Tatsache, dass nach einem solchen Ereignis das Verhalten der Fotoreporter
zu einer gewissen Belästigung der Politikerin geführt hat, rechtfertigt
nicht ohne Weiteres Ansprüche auf Auskunft darüber, welche Fotos gefertigt
und dem beklagten Presseorgan überlassen wurden, und auf Herausgabe
oder Vernichtung der vorhandenen Fotos.
BGH, Urteil vom 24. Juni 2008 - VI ZR 156/06 - Kammergericht
LG Berlin
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 24. Juni 2008 durch die Vizepräsidentin Dr. Müller, den Richter Wellner,
die Richterin Diederichsen und die Richter Stöhr und Zoll

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 9. Zivilsenats des Kammergerichts vom 13. Juni 2006 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil der Beklagten erkannt worden ist. Auf die Berufung der Beklagten wird das Teilurteil des Landgerichts Berlin vom 22. November 2005 abgeändert. Die Klage wird in vollem Umfang abgewiesen. Die Revision der Klägerin wird zurückgewiesen. Die Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin zu tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Klägerin schied am 27. April 2005 aus dem Amt der Ministerpräsidentin von Schleswig-Holstein aus. In der Folge wurden in der von der Beklagten herausgegebenen "Bild"-Zeitung drei Fotos veröffentlicht, mit denen der Artikel vom 28. April 2005 "Danach ging Heide erst mal shoppen" illustriert war. Die Fotos zeigen die Klägerin bei privaten Einkäufen im Anschluss an ihr Ausscheiden aus dem Amt der Ministerpräsidentin. Der Artikel befindet sich unmittelbar anschließend an die Berichterstattung über die politischen Ereignisse in Kiel am 27. April 2005.
2
Die Beklagte ließ auch am Folgetag Fotografen vor dem Haus der Klägerin warten und hinter ihr herfahren. Die Klägerin beanstandet die Veröffentlichung der Fotos, ferner dass sie am 27. April 2005 und am Folgetag von Reportern der Beklagten verfolgt und fotografiert worden sei. Sie hält die Fertigung der Fotos an beiden Tagen für rechtswidrig.
3
Auf die Klage hat das Landgericht Berlin die Beklagte zur Unterlassung der Bildveröffentlichung verurteilt. Es hat sie ferner verurteilt, darüber Auskunft zu erteilen, welche Bildnisse der Klägerin sie in Besitz hat, die sie aufgrund der Beobachtung der Klägerin am 27. und 28. April 2005 von drei Fotografen erhalten und in Besitz hat. Schließlich hat das Landgericht die Beklagte verurteilt, die Klägerin von Anwaltskosten in Höhe von 2.219,90 € für die Rechtsverfolgung freizustellen.
4
Auf die Berufung der Beklagten hat das Kammergericht die Unterlassungsklage abgewiesen. Der Auskunfts- und Zahlungsklage hat es nur teilweise stattgegeben. Es hat die Beklagte verurteilt, der Klägerin Auskunft zu erteilen, welche Bildnisse sie von der Klägerin in Besitz hat, die sie auf Grund der von der Beklagten erteilten Aufträge, die Klägerin zu beobachten und zu fotografieren , am 28. April 2005 durch drei namentlich genannte Fotografen erhalten hat, ferner dazu, die Klägerin von der Inanspruchnahme durch ihre Rechtsanwälte in Höhe von 800,79 € freizustellen. Die weiter gehende Klage hat es abgewiesen.
Das Berufungsgericht hat die Revision zugelassen, welche beide Parteien eingelegt haben.

Entscheidungsgründe:

I.

5
Das Berufungsgericht, dessen Urteil in AfP 2006, 369 veröffentlicht ist, hat ausgeführt:
6
Die Klägerin habe keinen Anspruch darauf, dass die Beklagte die Fotos von den Einkäufen am 27. April 2005 nicht mehr verbreite. Die Fotos stellten Bildnisse aus dem Bereich der Zeitgeschichte im Sinne von § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG dar. Die Klägerin sei seinerzeit als absolute Person der Zeitgeschichte anzusehen gewesen. Zum einen habe sie als langjährige Ministerpräsidentin eines Bundeslandes bis zu diesem Tage eine herausragende Stellung in der deutschen Politik eingenommen und damit auch eine Leitfigur dargestellt, zumal sie ein solches Amt als bislang einzige Frau in der Bundesrepublik Deutschland inne gehabt habe. Dieser Rang habe nicht etwa mit der Stunde des Amtsverlustes geendet. Zum anderen sei es von zeitgeschichtlicher Bedeutung, wie ein hochrangiger Politiker aus seinem Amt scheide.
7
Im Rahmen der gebotenen Abwägung gemäß § 23 Abs. 2 KUG sei zwar ein gewisses Anonymitätsinteresse der Klägerin zu berücksichtigen. Auch habe das Verhalten der Reporter für die Klägerin eine nicht unerhebliche Belästigung dargestellt. Gleichwohl müssten die Belange der Klägerin hier zurücktreten. Die streitgegenständlichen Fotos, welche die Klägerin vor einer Salat-Theke, in einem Bekleidungsgeschäft neben Kleiderständern bzw. vor dem Schaufenster eines Schuhgeschäftes zeigten, seien unverfänglich und in einem frequentier- ten Einkaufszentrum aufgenommen. Ferner habe die Klägerin während ihrer Amtszeit einzelne Einblicke in ihr Privatleben gestattet und sich u.a. beim Einkaufen auf Flohmärkten - wenn auch nicht von Lebensmitteln oder Kleidung - fotografieren lassen. Vor allem müssten sich Inhaber eines öffentlichen Amtes auch nach den Maßstäben des EGMR eine Beobachtung im Alltagsleben eher gefallen lassen. Bei einer Person in führender politischer Position könne ein Bericht über das private Verhalten durchaus einen Beitrag zu einer Debatte von allgemeinem Interesse leisten. Die fraglichen Fotos seien an eben dem Tag gefertigt worden, als die Klägerin nach rund 12 Jahren im Amt der Ministerpräsidentin abgelöst wurde, was nach der Landtagswahl vom 20. Februar 2005 und nach den für die Klägerin erfolglosen vier Wahlgängen in der Landtagssitzung vom 17. März 2005 allgemein große Beachtung gefunden habe. Auch habe die Klägerin ihre Betroffenheit über die Vorgänge deutlich zum Ausdruck gebracht. Vor diesem Hintergrund sei ein erhebliches Interesse der Öffentlichkeit an dem Verhalten der Klägerin unmittelbar nach ihrem Amtsverlust anzuerkennen und es habe Bezug zur politischen Debatte, wie sich die bisherige Regierungschefin in dieser Situation präsentiert habe.
8
Die Beklagte sei indes zu Recht zur Auskunft über ihren Besitz an Bildnissen der Klägerin verurteilt worden, soweit es um Fotos vom 28. April 2005 gehe. Die Fortsetzung der Observation habe das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Klägerin verletzt, so dass die Aufnahmen von diesem Tage im Sinne von § 37 KUG widerrechtlich hergestellt worden seien. Zum einen könne die Beklagte kein vergleichbares Berichterstattungsinteresse an den privaten Aktivitäten der Klägerin wie am Tage des Abschiedes aus dem Amt für sich reklamieren. Zum anderen habe sich die Beklagte über mittlerweile umfänglichen Protest der Klägerin hinweg gesetzt.
9
Der Auskunftsanspruch folge aus § 242 BGB, weil die Klägerin naturgemäß in Unkenntnis über das Fotomaterial der Beklagten sei und gemäß § 37 Abs. 1 KUG Vernichtung der Aufnahmen verlangen könne bzw. - wie in ihrer Stufenklage geschehen - eine ersatzlose Herausgabe zur Wahl stellen dürfe.
10
Der Anspruch auf Freistellung von Rechtsanwaltskosten sei nur teilweise begründet, weil für das Abmahnschreiben vom 28. April 2005 und das Abschlussschreiben vom 8. Juni 2005 nur eine einheitliche Geschäftsgebühr ( VV Ziffer 2400 RVG) entstanden sei.

II.

11
Die dagegen gerichteten Revisionen bleiben weitgehend ohne Erfolg.
12
A. Revision der Klägerin zum Unterlassungsanspruch
13
Ohne Rechtsfehler nimmt das Berufungsgericht an, dass der Klägerin kein Unterlassungsanspruch hinsichtlich der am 27. April 2005 gefertigten Fotos zusteht.
14
1. Nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats ist die Zulässigkeit von Bildveröffentlichungen durch die Presse nach dem abgestuften Schutzkonzept der §§ 22, 23 KUG zu beurteilen (vgl. Senatsurteile vom 19. Oktober 2004 - VI ZR 292/03 - VersR 2005, 84 ff.; vom 15. November 2005 - VI ZR 286/04 - VersR 2006, 274 f.; vom 6. März 2007 - VI ZR 13/06 - VersR 2007, 697 ff.; vom 6. März 2007 - VI ZR 51/06 - VersR 2007, 957; vom 19. Juni 2007 - VI ZR 12/06 - VersR 2007, 1135 ff.; vom 3. Juli 2007 - VI ZR 164/06 - VersR 2007, 1283 ff.), das sowohl verfassungsrechtlichen Vorgaben (vgl. BVerfGE 101, 361 ff.; BVerfG, NJW 2001, 1921, 1923 ff.; 2006, 2835 f.; 2836 ff.; AfP 2008, 163 ff.) als auch der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (vgl. EGMR, NJW 2004, 2647 ff. - von Hannover gegen Deutschland und NJW 2006, 591 ff. - Karhuvaara und Iltalehti gegen Finnland) entspricht. Danach besteht eine Ausnahme von dem grundsätzlichen Einwilligungserfordernis des § 22 KUG bei Bildnissen aus dem Bereich der Zeitgeschichte (§ 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG), wobei die Verbreitung eines Bildnisses allerdings unzulässig ist, wenn dadurch berechtigte Interessen des Abgebildeten verletzt werden (§ 23 Abs. 2 KUG).
15
Maßgebend für die Frage, ob es sich um ein Bildnis aus dem Bereich der Zeitgeschichte handelt, ist der Begriff des Zeitgeschehens. Das betrifft vor allem auch Bilder von Personen, deren Abbildung wegen ihres zeitgeschichtlichen Bezugs als bedeutsam anzusehen ist, so dass von daher ein durch ein echtes Informationsbedürfnis gerechtfertigtes Interesse der Allgemeinheit an einer bildlichen Darstellung zu bejahen ist. Zu diesem Personenkreis können insbesondere Monarchen, Staatsoberhäupter sowie herausragende Politiker gehören (Senatsurteile BGHZ 131, 332, 336; 158, 218, 220, m.w.N.). Allerdings verbietet sich eine schematische Einordnung; die Beurteilung der Frage, ob ein Bildnis einer Person unabhängig von einem bestimmten zeitgeschichtlichen Ereignis einwilligungsfrei veröffentlicht werden darf, erfordert vielmehr stets eine einzelfallbezogene Abwägung zwischen dem Informationsinteresse der Öffentlichkeit und den berechtigten Interessen der abgebildeten Person (Senatsurteile BGHZ 158, 218, 220; vom 19. Juni 2007 - VI ZR 12/06 - aaO, S. 1136 f.; vom 3. Juli 2007 - VI ZR 164/06 - aaO, S. 1284; BVerfGE 101, 361, 392; BVerfG, NJW 2001, 1921, 1922, jeweils m.w.N).
16
Der Begriff des Zeitgeschehens darf nicht zu eng verstanden werden. Im Hinblick auf den Informationsbedarf der Öffentlichkeit umfasst er nicht nur Vorgänge von historisch-politischer Bedeutung, sondern ganz allgemein das Zeit- geschehen, also alle Fragen von allgemeinem gesellschaftlichem Interesse. Er wird mithin vom Interesse der Öffentlichkeit bestimmt. Zum Kern der Presseund der Meinungsbildungsfreiheit gehört es, dass die Presse innerhalb der gesetzlichen Grenzen einen ausreichenden Spielraum besitzt, in dem sie nach ihren publizistischen Kriterien entscheiden kann, was öffentliches Interesse beansprucht , und dass sich im Meinungsbildungsprozess herausstellt, was eine Angelegenheit von öffentlichem Interesse ist, wobei unterhaltende Beiträge davon nicht ausgenommen sind (vgl. BVerfGE 101, 361, 389 ff.; BVerfG, AfP 2008, 163 , 166 f. Nr. 61 ff.; Senatsurteile vom 19. Juni 2007 - VI ZR 12/06 - aaO; vom 3. Juli 2007 - VI ZR 164/06 - aaO, jeweils m.w.N.). Allerdings ist nicht mit jedweder visuellen Darstellung aus dem Privat- und Alltagsleben prominenter Personen ein Beitrag zur Meinungsbildung verbunden, der es für sich allein rechtfertigt, die Belange des Persönlichkeitsschutzes zurückzustellen. Die Presse darf deshalb keinen schrankenlosen Zugriff auf Bilder von Personen mit zeitgeschichtlicher Bedeutung nehmen, vielmehr sind Bildveröffentlichungen nur insoweit gerechtfertigt, als dem Publikum sonst Möglichkeiten der Meinungsbildung vorenthalten werden (vgl. BVerfGE 101, 361, 393; BVerfG, AfP 2008, 163, 168 Nr. 73).
17
Für Personen des politischen Lebens ist ein gesteigertes Informationsinteresse des Publikums unter dem Gesichtspunkt demokratischer Transparenz und Kontrolle stets als legitim anerkannt worden. Sie stehen in besonderem Maße für bestimmte Wertvorstellungen und Lebenshaltungen, bieten vielen Menschen Orientierung bei eigenen Lebensentwürfen, werden zu Kristallisationspunkten für Zustimmung oder Ablehnung und erfüllen Leitbild- oder Kontrastfunktionen. Der Kreis berechtigter Informationsinteressen der Öffentlichkeit ist gerade bei Politikern nicht auf skandalöse, sittlich oder rechtlich zu beanstandende Verhaltensweisen begrenzt, vielmehr dürfen auch die Normalität des Alltagslebens oder in keiner Weise anstößige Handlungsweisen der Öffentlich- keit vor Augen geführt werden, wenn dies der Meinungsbildung zu Fragen von allgemeinem Interesse dienen kann. Es würde die Pressefreiheit in einer mit Art. 5 Abs. 1 GG unvereinbaren Weise einengen, bliebe die Lebensführung dieses Personenkreises einer Berichterstattung außerhalb der von ihnen ausgeübten Funktionen grundsätzlich entzogen (vgl. BverfGE 101, 361, 390 f.; BVerfG, AfP 2008, 163, 166 f. Nr. 60, 64).
18
Auch der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte erkennt ein gesteigertes Informationsinteresse der Öffentlichkeit hinsichtlich politischer Akteure an, wobei nicht nur die Amtsführung, sondern unter besonderen Umständen auch Aspekte des Privatlebens betroffen sein können (vgl. EGMR, Urteil vom 24. Juni 2004, NJW 2004, 2647, 2650 Nr. 64). Er unterscheidet zwischen Politikern ("politicians/personnes politiques") und sonstigen im öffentlichen Leben oder im Blickpunkt der Öffentlichkeit stehenden Personen ("public figures /personnes publiques") sowie der gewöhnlichen Privatperson ("ordinary person /personne ordinaire"), wobei einer Berichterstattung über gewöhnliche Bürger engere Grenzen als in Bezug auf den Kreis sonstiger Personen des öffentlichen Lebens gezogen seien und der Schutz der Politiker am schwächsten sei (vgl. EGMR, - 2. Sektion -, Urteil vom 17. Oktober 2006, BeschwerdeNr. 71678/01, Gourguenidze gegen Georgien, § 59). Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs besteht ohnehin nur wenig Spielraum, die Gewährleistung des Art. 10 Abs. 1 EMRK zurücktreten zu lassen, falls eine Medienberichterstattung einen Bezug zu einer Sachdebatte von allgemeinem Interesse aufweist (vgl. EGMR, - Große Kammer -, Urteil vom 22. Oktober 2007, BeschwerdeNr. 21279/02 u.a., Lindon u.a. gegen Frankreich, § 45; EGMR, NJW 2006, 1645, 1647 Nr. 68 f. - Pedersen und Baadsgaard gegen Dänemark). Dabei genügt es, wenn von der Berichterstattung politische oder sonst bedeutsame Fragen jedenfalls in gewissem Umfang behandelt werden (vgl. EGMR, NJW 2006, 591, 593 Nr. 45 - Karhuvaara und Iltalehti gegen Finnland).
19
2. Gemessen daran ist die Abwägung, die das Berufungsgericht hinsichtlich der am 27. April 2005 gefertigten Fotos vorgenommen hat, nicht zu beanstanden.
20
a) Es stellt zutreffend darauf ab, dass die fraglichen Fotos, welche die Klägerin in einer unverfänglichen Situation in einem frequentierten Einkaufszentrum zeigen, an dem Tag gefertigt wurden, als die Klägerin nach rund zwölfjähriger Amtszeit als Ministerpräsidentin abgelöst wurde und dass nach der Landtagswahl vom 20. Februar 2005 die Landtagssitzung vom 17. März 2005 mit den vier für die Klägerin erfolglosen Wahlgängen in der Öffentlichkeit große Beachtung gefunden habe, dass ein erhebliches Interesse der Öffentlichkeit an dem Verhalten der Klägerin unmittelbar nach ihrem Amtsverlust anzuerkennen sei und dass die Information darüber, wie sich die bisherige Regierungschefin in dieser Situation präsentierte, einen Bezug zur politischen Debatte gehabt habe.
21
Die Revision der Klägerin erkennt selbst zutreffend, dass ein Interesse der Öffentlichkeit daran bestand, darüber informiert zu werden, wie die Klägerin den Verlust ihrer Stellung als Ministerpräsidentin bewältigte und wie sie ihr Leben nach dem Abschied aus der Politik gestaltete. Von diesem Ausgangspunkt her ist die Annahme verfehlt, die Klägerin habe von der Presse ab dem Zeitpunkt ihres Amtsverlusts wie jedwede Privatperson behandelt werden müssen. Sie blieb trotz des Amtsverlusts eine bedeutende Politikerin und das Verhalten solcher Personen muss auch nach einem Misserfolg wie etwa einem spektakulären Amtsverlust Gegenstand öffentlicher Diskussion sein können. Das Verhalten von Politikern in solchen Situationen, in denen sich Wut, Enttäuschung und Frustration manifestieren können, kann wertvolle Anhaltspunkte nicht nur für die Einschätzung der jeweiligen Person im Verlauf ihrer weiteren politischen Laufbahn, sondern auch für die Beurteilung des politischen Geschehens im Allgemeinen geben.
22
b) Der Ansicht der Revision, zu der Diskussion über diese gesellschaftspolitisch bedeutsame Thematik hätten die am 27. April 2005 gefertigten Fotos nichts Wesentliches beitragen können, weil sie Momentaufnahmen darstellten, die lediglich die Neugier über das Privatleben der Klägerin und ihre Gefühlsverarbeitung hätten befriedigen sollen, kann nicht gefolgt werden. Sicherlich zielen derartige Bildaufnahmen darauf ab, die mediale Darstellung auch in gewisser Weise unterhaltend zu gestalten, wie es insbesondere auch dem hier betroffenen Presseorgan entspricht. Indes kann auch der "bloßen Unterhaltung" ein Bezug zur Meinungsbildung nicht von vornherein abgesprochen werden. Unterhaltung ist ein wesentlicher Bestandteil der Medienbetätigung, der am Schutz der Pressefreiheit teilhat (vgl. BVerfGE 35, 202, 222; 101, 361, 390; BVerfG, AfP 2008, 163, 166 f. Nr. 61 ff.; Senatsurteil vom 3. Juli 2007 - VI ZR 164/06 - aaO).
23
Die Unterhaltsamkeit des Inhalts einer Berichterstattung oder seiner Aufmachung ist eine häufig wichtige Bedingung zur Gewinnung öffentlicher Aufmerksamkeit und damit gegebenenfalls auch zur Einwirkung auf die öffentliche Meinungsbildung. Dem würde eine Betrachtungsweise nicht gerecht, die das Interesse der Bürger an Unterhaltung stets nur als auf die Befriedigung von Wünschen nach Zerstreuung und Entspannung, nach Wirklichkeitsflucht und Ablenkung gerichtet ansieht. Vielmehr kann Unterhaltung auch Realitätsbilder vermitteln und Gesprächsgegenstände zur Verfügung stellen, an die sich Diskussionsprozesse anschließen können, die sich auf Lebenseinstellungen, Werthaltungen und Verhaltensmuster beziehen, und damit wichtige gesellschaftliche Funktionen erfüllen. Unterhaltung in der Presse ist aus diesem Grund gemessen an dem Schutzziel der Pressefreiheit nicht unbeachtlich oder gar wertlos (BVerfG, aaO; vgl. auch EGMR, - 4. Sektion -, Urteil vom 13. Dezember 2005, Beschwerde-Nr. 66298/01 u.a., Wirtschafts-TrendZeitschriften -Verlagsgesellschaft mbH gegen Österreich, § 49 f.). Dabei muss auf der Ebene des Politikbetriebs beachtet werden, dass heutzutage die professionalisierte Politikvermittlung auch seitens der politischen Akteure in großem Umfang durch unterhaltende Elemente geprägt ist.
24
Zwar bedarf es auch vor diesem Hintergrund gerade bei unterhaltenden Inhalten der abwägenden Berücksichtigung der kollidierenden Rechtspositionen (BVerfG, AfP 2008, 163, 167 Nr. 65; Senatsurteil vom 3. Juli 2007 - VI ZR 164/06 - aaO), doch darf dies nicht zu einer zu weitgehenden Einschränkung der Presseberichterstattung führen. Die politischen Akteure müssen sich am Maßstab ihrer Sphäre messen lassen und können sich, soweit ein Informationsinteresse der Öffentlichkeit besteht, der Berichterstattung der Presse nicht ohne Weiteres unter Berufung auf ihre Privatheit entziehen, wenn sie etwa auf Misserfolgserlebnisse in bestimmter Weise reagieren.
25
c) Dem wird die vom Berufungsgericht im Streitfall vorgenommene Abwägung gerecht. Dass die veröffentlichten Fotos im Kontext mit der - von der Klägerin nicht beanstandeten - Wortberichterstattung (vgl. dazu etwa Senatsurteile BGHZ 158, 218, 223; vom 19. Oktober 2004 - VI ZR 292/03 - aaO; Senatsurteil vom 3. Juli 2007 - VI ZR 164/06 - aaO; BVerfG, AfP 2008, 163, 167 Nr. 68) über die Abwahl der Klägerin und ihrem dem unmittelbar folgenden Verhalten stehen, zieht auch die Revision der Klägerin nicht in Zweifel. Die Bilder zeigen die Klägerin zudem in einer unverfänglichen Situation beim Einkaufen und betreffen keinesfalls den Kernbereich ihrer Privatsphäre (vgl. dazu Senatsurteil BGHZ 131, 332, 338; BVerfG, AfP 2008, 163, 169 Nr. 87, jeweils m.w.N.).
26
Eine andere Beurteilung ist auch nicht deshalb geboten, weil - was das Berufungsgericht nicht verkennt - das von der Klägerin behauptete Vorgehen der Bildreporter eine erhebliche Belästigung dargestellt hat. Zwar können für die Gewichtung der Belange des Persönlichkeitsschutzes auch die Umstände der Gewinnung der Abbildung, etwa durch beharrliche Nachstellung, bedeutsam sein (vgl. BVerfG, AfP 2008, 163, 167 Nr. 69; EGMR, Urteil vom 24. Juni 2004, aaO, S. 2650, Nr. 59, 68), doch ist es nicht zu beanstanden, wenn das Berufungsgericht unter den besonderen Umständen des Streitfalls angesichts der turbulenten, ein erhebliches Interesse der Öffentlichkeit verursachenden Ereignisse dem Berichterstattungsinteresse Vorrang vor dem Persönlichkeitsschutz der Klägerin eingeräumt hat.
27
B. Revision der Beklagten
28
Die Revision der Beklagten hat Erfolg. Der Auffassung des Berufungs- gerichts, die Beklagte sei zu Recht zur Auskunft über ihren Besitz an Bildnissen der Klägerin verurteilt worden, soweit es um Fotos vom 28. April 2005 gehe, kann nicht gefolgt werden.
29
Dabei kann davon ausgegangen werden, dass unter besonderen Umständen ein Auskunftsanspruch gegeben sein kann, wenn eine Rechtsverletzung vorliegt, die Auskunft zur Rechtsverfolgung erforderlich ist und vom Verletzer unschwer erteilt werden kann (vgl. Wenzel/Burkhardt, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, 5. Aufl., Kap. 15 Rn. 7 zur Auskunft über den Verbreitungsumfang, m.w.N.). Unter den Umständen des vorliegenden Falls wäre freilich die Auskunft zur Rechtsverfolgung nur erforderlich, wenn der Klägerin der geltend gemachte Anspruch auf Herausgabe bzw. Vernichtung der Bilder zustünde. Dies ist entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht der Fall.
30
1. Die Voraussetzungen des vom Berufungsgericht zitierten § 37 Abs. 1 KUG liegen nicht vor. Die fraglichen Fotos sind nicht widerrechtlich verbreitet oder öffentlich zur Schau gestellt worden. Allerdings wird ein Beseitigungsanspruch aus §§ 823 Abs. 1, 1004 Abs. 1 BGB bejaht, wenn bereits durch die An- fertigung von Fotos das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Abgebildeten verletzt wurde, der Besitz an den Fotos Folge dieses Eingriffstatbestandes ist und durch ihn der durch den Eingriff hervorgerufene Störungszustand aufrechterhalten wird (vgl. OLG München, NJW-RR 1996, 93, 95; OLG Stuttgart, NJW-RR 1987, 1434, 1435; Wenzel/von Strobl-Albeg, aaO, Kap. 9 Rn. 4 m.w.N.).
31
Dabei ist allerdings, soweit es, wie im vorliegenden Fall, um Pressefotos geht, in Betracht zu ziehen, dass im Interesse der Pressefreiheit, die nur bei möglichst umfassender Informationsbeschaffung gewährleistet ist, die Art und Weise der Beschaffung von Fotos nur ausnahmsweise als rechtswidrig angesehen werden kann (vgl. KG, AfP 2008, 199, 201 f. m.w.N.; Wenzel/von StroblAlbeg , aaO, Kap. 7 Rn. 25). Ferner ist zu bedenken, dass ein Anspruch auf Vernichtung oder Herausgabe in das unter dem Schutz von Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG stehende Recht der Presse auf Vorhaltung eines Pressearchivs eingreift und verfassungsrechtlich allenfalls dann unbedenklich sein kann, wenn die Verbreitung des Bildmaterials zeitlich unbegrenzt unzulässig ist (vgl. Wenzel /von Strobl-Albeg, aaO, Kap. 9 Rn. 5).
32
2. Nach diesen Maßstäben besteht der von der Klägerin geltend gemachte Anspruch nicht.
33
a) Die Anfertigung der Fotos am 28. April 2005 war nicht rechtswidrig. Die Revision der Beklagten weist zutreffend darauf hin, dass das Informationsinteresses der Öffentlichkeit daran, wie die Klägerin den Amtsverlust verarbeitete , ebenso wie am Vortag bestand, so dass dem Persönlichkeitsschutz der Klägerin kein Vorrang vor dem Berichterstattungsinteresse der Beklagten zukam. Insoweit kann auf die Ausführungen oben zu A Bezug genommen werden. Das dort bejahte Informationsinteresse war nicht über Nacht abgeklungen, sondern bestand fort.
34
Auch für den 28. April 2005 geben die Umstände, unter denen die Fotos gefertigt wurden, keinen Anlass, dem Persönlichkeitsschutz Vorrang vor dem Berichterstattungsinteresse zu geben. Die Nachstellung durch die Reporter der Beklagten mag für die Klägerin in der gegebenen Situation besonders lästig gewesen sein, zumal sich nach den Feststellungen des Berufungsgerichts die Beklagte damit über mittlerweile umfänglichen Protest der Klägerin hinweg setzte. All das rechtfertigt es indes nicht, bereits die Anfertigung der Fotos als rechtswidrig anzusehen.
35
Wie oben bereits ausgeführt, muss sich ein Politiker am Maßstab seiner Sphäre messen lassen und kann sich deshalb einer dem Informationsinteresse der Öffentlichkeit Rechnung tragenden Berichterstattung und also auch der diese vorbereitende (Foto-) Recherche nicht ohne Weiteres unter Berufung auf seine Privatsphäre entziehen. Zwar erfordert das Informationsinteresse nicht, dass sich ein Politiker, nachdem über die auslösenden Ereignisse bereits umfangreich berichtet worden ist, gegen seinen erklärten Willen Dauerverfolgungen und Dauerbelästigungen durch Fotoreporter aussetzen lassen muss. Die Presseberichterstattung wird nicht unverhältnismäßig beeinträchtigt, wenn sie sich unter besonderen Umständen zeitweise auf eine Wortberichterstattung beschränken muss. Jedoch ist hier die Grenze, jenseits der die Berichterstattung trotz des fortbestehenden Informationsinteresses eingeschränkt werden muss, durch das von der Klägerin vorgetragene gerade einmal zwei Tage andauernde Verhalten der Reporter der Beklagten nicht überschritten.
36
Das Berufungsgericht stellt insoweit lediglich fest, obwohl die Klägerin am frühen Abend des 27. April 2005 gemeinsam mit der stellvertretenden Regierungssprecherin von einem der Fotografen verlangt habe, ihr nicht mehr zu folgen, und die Regierungssprecherin diese Aufforderung am 28. April 2005 gegenüber einem Foto-Redakteur und telefonisch gegenüber einem Redakteur der Beklagten wiederholt habe, sei auch nach Darstellung der Beklagten von ihren Mitarbeitern kein Ende der Beschattungsaktion in Aussicht gestellt worden. Das reicht nicht aus, um die Fertigung der Fotos als rechtswidrig anzusehen.
37
b) Es kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass eine Veröffentlichung der Bilder unter keinen Umständen zulässig wäre. Nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats kann die Veröffentlichung eines bestimmten Bildes nicht generell verboten werden; denn die Veröffentlichung könnte sich in einem bestimmten Kontext als zulässig erweisen (vgl. Senatsurteile BGHZ 158, 218, 225 und BGHZ 174, 262 ff. = VersR 2008, 552 f.). Für die Zulässigkeit einer Bildveröffentlichung bedarf es in jedem Einzelfall einer Abwägung zwischen dem Informationsinteresse der Öffentlichkeit und dem Interesse des Abgebildeten an dem Schutz seiner Privatsphäre, wobei die begleitende Wortberichterstattung eine wesentliche Rolle spielen kann. Eine solche Interessenabwägung kann jedoch nicht in Bezug auf Bilder vorgenommen werden, die noch gar nicht bekannt sind und bei denen insbesondere offen bleibt, in welchem Kontext sie veröffentlicht werden (vgl. Senatsurteil BGHZ 174, 262 ff. aaO).
38
Im vorliegenden Fall erscheint es nicht von vornherein ausgeschlossen, dass die Fotos vom Tag nach der Abwahl der Klägerin - ungeachtet der für die Klägerin unangenehmen Art der Beschaffung - in einem geeigneten Kontext zulässigerweise veröffentlicht werden können. Die Klägerin macht selbst nicht geltend, dass es sich etwa um Fotos aus dem Bereich der Intimsphäre handele, deren rechtmäßige Veröffentlichung in jedem Fall ausgeschlossen ist.
39
3. Die Auskunftsklage muss deshalb abgewiesen werden. Der erkennende Senat hat darüber hinaus die Klage hinsichtlich des Klageantrags zu 2 (Stufenklage ) insgesamt abgewiesen. Ein Anspruch auf Abgabe der Versicherung an Eides Statt (2. Stufe) scheidet mangels eines Auskunftsanspruchs aus. Ein Anspruch auf Herausgabe oder Vernichtung der Fotos (3. Stufe) besteht nach den vorstehenden Ausführungen nicht. Eine Rückgabe der Sache an das Landgericht zur Entscheidung über die beiden unerledigten Stufen wäre deshalb eine bloße Förmelei, so dass das Rechtsmittelgericht die Klage in vollem Umfang abweisen kann (vgl. BGHZ 94, 268, 275; Zöller/Greger, ZPO, 26. Aufl., § 254 Rn. 14).
40
C. Revisionen der Klägerin und der Beklagten zum Freistellungsanspruch
41
Da der Klägerin weder der geltend gemachte Unterlassungsanspruch noch die mit der Stufenklage geltend gemachten Ansprüche zustehen, besteht auch kein Anspruch auf Freistellung von den Anwaltskosten. Auch insoweit ist die Klage abzuweisen. Insoweit hat lediglich die Revision der Beklagten Erfolg.
42
Auf die Frage, ob das Berufungsgericht den Anspruch auf Erstattung der Anwaltskosten deswegen nur teilweise für begründet halten durfte, weil für das Abmahnschreiben vom 28. April 2005 und das Abschlussschreiben vom 8. Juni 2005 eine einheitliche Geschäftsgebühr (VV Ziffer 2400 RVG) entstanden sei, kommt es demnach nicht an. Insoweit sei zur Rechtslage deshalb lediglich auf das Senatsurteil vom 4. März 2008 (VI ZR 176/07 - AfP 2008, 192 f., m.w.N.) verwiesen.

III.

43
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO.
Müller Wellner Diederichsen
Stöhr Zoll
Vorinstanzen:
LG Berlin, Entscheidung vom 22.11.2005 - 27 O 787/05 -
KG Berlin, Entscheidung vom 13.06.2006 - 9 U 251/05 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR 67/08 Verkündet am:
1. Juli 2008
Holmes
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Abs. 2
Kann ein Bericht über die Vermietung der Ferienvilla einer Person des öffentlichen
Interesses Anlass für sozialkritische Überlegungen der Leser geben,
kann die Bebilderung dieses Berichts mit einem Foto des Eigentümers und seiner
Ehefrau auch ohne deren Einwilligung zulässig sein.
BGH, Urteil vom 1. Juli 2008 - VI ZR 67/08 - Hanseatisches OLG Hamburg
LG Hamburg
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 1. Juli 2008 durch die Vizepräsidentin Dr. Müller und die Richter
Dr. Greiner, Wellner, Pauge und Stöhr

für Recht erkannt:
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des 7. Zivilsenats des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg vom 31. Januar 2006 wird zurückgewiesen. Die Klägerin hat die Kosten der Revisionsverfahren zu tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Klägerin ist eine Schwester des regierenden Fürsten von Monaco. Die Beklagte verlegt die Zeitschrift "7 Tage". In der Ausgabe Nr.13/02 dieser Zeitschrift vom 20. März 2002 wurde berichtet, dass die Klägerin und ihr Ehemann ihre auf der Insel Lamu/Kenia gelegene Villa vermieten. Der Artikel ist unter der farblich hervorgehobenen Doppelzeile "In Prinzessin Carolines Bett schlafen Kein unerfüllbarer Wunsch!" überschrieben mit "Caroline und Ernst August vermieten ihre Traum-Villa".
2
Im Text, der um den als Block hervorgehobenen Satz "Auch die Reichen und Schönen sind sparsam. Viele vermieten ihre Villen an zahlende Gäste" platziert ist, wird u.a. ausgeführt:
3
"Längst haben auch die Reichen einen Hang zu ökonomischem Denken entwickelt. Warum ein Schloss, ein Haus einfach leer stehen lassen, wenn man selbst nicht anwesend ist? Besser, es an zahlende Gäste zu vermieten. Hollywood -Star Robert Redford, Lord Mountbatten, Cousin von Prinz Charles, Prinzgemahl Henrik von Dänemark tun es und - ja, auch Prinzessin Caroline und ihr Mann Prinz Ernst August.
4
Nur einmal im Jahr steuert das Ehepaar die Insel Lamu in Kenia an, ein Besitz, der seit mehr als zwanzig Jahren dem Welfen-Chef gehört."
5
Es folgt eine Beschreibung des Anwesens, seiner Lage und seiner Inneneinrichtung. Der Artikel fährt dann fort:
6
"Allerdings gibt es bei diesem 'privaten Gästehaus' einen 'kleinen' Haken: Trotz seiner Schlichtheit hat es einen stolzen Preis: Ein Tag in der Villa ... kostet 1.000 Dollar", wobei das Personal im Preis inbegriffen sei.
7
Illustriert ist der Bericht u.a. mit der beanstandeten Aufnahme, welche die Klägerin und ihren Ehemann in Urlaubskleidung auf einer öffentlichen Straße zusammen mit anderen Menschen zeigt.
8
Die Klägerin verlangt von der Beklagten, es zu unterlassen, diese Aufnahme erneut zu veröffentlichen. Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht dieses Urteil aufgehoben und die Klage abgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision begehrt die Klägerin, die Berufung der Beklagten gegen das erstinstanzliche Urteil zurückzuweisen. Der erkennende Senat hat mit Urteil vom 6. März 2007 das Berufungsurteil aufgehoben und die Berufung zurückgewiesen. Auf die Verfassungsbeschwerde der Beklagten hat der Erste Senat des Bundesverfassungsgerichts mit Beschluss vom 26. Februar 2008 ausgesprochen , dass das Urteil des Landgerichts und die Entscheidung des erkennenden Senats die Beklagte in ihrem Grundrecht aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG verletzen, und unter Aufhebung des Urteils des erkennenden Senats die Sache zur erneuten Entscheidung an den Bundesgerichtshof zurückverwiesen.

Entscheidungsgründe:

I.

9
Nach Auffassung des Berufungsgerichts hat die Beklagte nicht rechtswidrig in das Recht der Klägerin am eigenen Bild eingegriffen. Die Klägerin müsse als Person des öffentlichen Lebens hinnehmen, dass Aufnahmen, die sie im Rahmen eines Auftretens in der Öffentlichkeit abbildeten, auch ohne ihre Einwilligung verbreitet würden. Eine Person des öffentlichen Lebens, die sich - wie die Klägerin - im Urlaub auf offener Straße aufhalte, müsse mit einer gewissen Aufmerksamkeit rechnen und könne nicht davon ausgehen, von den Medien unbeobachtet zu bleiben. Dem öffentlichen Informationsinteresse sei deshalb der Vorrang einzuräumen. Die Bildveröffentlichung sei nicht zu beanstanden.

II.

10
Das Berufungsurteil hält nach den Grundsätzen der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 26. Februar 2008 (- 1 BvR 1606/07 u.a. - NJW 2008, 1793 ff.) revisionsrechtlicher Überprüfung im Ergebnis stand. Der Text des von den Parteien nicht beanstandeten Artikels, den die angegriffene Aufnahme bebildert hat, gestattete die Veröffentlichung des Bildnisses der Klägerin auch ohne deren Einwilligung.
11
1. Allerdings kann der Ansicht des Berufungsgerichts, die Klägerin habe auch ohne Einwilligung hinzunehmen, dass die streitgegenständliche Aufnahme verbreitet werde, in dieser Allgemeinheit nicht gefolgt werden. Diese Auffassung wird nicht in jeder Hinsicht dem abgestuften Schutzkonzept gerecht, das die Rechtsprechung aus §§ 22, 23 KUG entwickelt hat. Der erkennende Senat hat dieses Schutzkonzept in mehreren neuen Entscheidungen erläutert (vgl. etwa Urteile vom 19. Oktober 2004 - VI ZR 292/03 - VersR 2005, 84 ff.; vom 15. November 2005 - VI ZR 286/04 - VersR 2006, 274 ff.; vom 6. März 2007 - VI ZR 51/06 - VersR 2007, 957 ff.; vom 3. Juli 2007 - VI ZR 164/06 - VersR 2007, 1283 ff.). Verfassungsrechtliche Beanstandungen haben sich insoweit nicht ergeben (vgl. BVerfG, Beschluss vom 26. Februar 2008 - 1 BvR 1606/07 u.a. - NJW 2008, 1793 ff.).
12
Nach diesem abgestuften Schutzkonzept dürfen Bildnisse einer Person grundsätzlich nur mit Einwilligung des Abgebildeten verbreitet werden (§ 22 KUG); hiervon macht § 23 Abs. 1 KUG eine Ausnahme, wenn es sich um Bildnisse aus dem Bereich der Zeitgeschichte handelt. Auch bei Personen, die unter dem Blickwinkel des zeitgeschichtlichen Ereignisses im Sinn des § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG an sich ohne ihre Einwilligung die Verbreitung ihres Bildnisses dulden müssten, ist eine Verbreitung der Abbildung unabhängig davon, ob sie sich an Orten der Abgeschiedenheit aufgehalten haben, aber dann nicht zulässig, wenn hierdurch berechtigte Interessen des Abgebildeten verletzt werden (§ 23 Abs. 2 KUG).
13
Maßgebend für die Frage, ob es sich um ein Bildnis aus dem Bereich der Zeitgeschichte handelt, ist der Begriff des Zeitgeschehens. Dieser Begriff darf nicht zu eng verstanden werden. Im Hinblick auf den Informationsbedarf der Öffentlichkeit umfasst er nicht nur Vorgänge von historisch-politischer Bedeutung , sondern ganz allgemein das Zeitgeschehen, also alle Fragen von allgemeinem gesellschaftlichem Interesse. Er wird mithin vom Interesse der Öffentlichkeit bestimmt. Auch durch unterhaltende Beiträge kann Meinungsbildung stattfinden; solche Beiträge können die Meinungsbildung unter Umständen sogar nachhaltiger anregen und beeinflussen als sachbezogene Informationen (vgl. Senat, Urteile vom 9. Dezember 2003 - VI ZR 373/02 - VersR 2004, 522, 523 - mit Anmerkung v. Gerlach JZ 2004, 625 - und vom 6. März 2007 - VI ZR 51/06 - aaO S. 957, 958; BVerfG, BVerfGE 101, 361, 389 f.; NJW 2006, 2836, 2837). Das Informationsinteresse besteht indes nicht schrankenlos. Vielmehr wird der Einbruch in die persönliche Sphäre des Abgebildeten durch den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit begrenzt, so dass eine Berichterstattung keineswegs immer zulässig ist. Wo konkret die Grenze für das berechtigte Informationsinteresse der Öffentlichkeit an der aktuellen Berichterstattung zu ziehen ist, lässt sich nur unter Berücksichtigung der jeweiligen Umstände des Einzelfalles entscheiden.
14
Zum Kern der Presse- und der Meinungsbildungsfreiheit gehört, dass die Presse in den gesetzlichen Grenzen einen ausreichenden Spielraum besitzt, innerhalb dessen sie nach ihren publizistischen Kriterien entscheiden kann, was sie des öffentlichen Interesses für wert hält, und dass sich im Meinungsbildungsprozess herausstellt, was eine Angelegenheit von öffentlichem Interesse ist (Senat, Urteile vom 15. November 2005 - VI ZR 286/04 - aaO, 275; vom 6. März 2007 - VI ZR 51/06 - aaO, 957 f.; BVerfG, BVerfGE 101, 361, 392; Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte (künftig: EGMR), Urteil vom 16. November 2004, Beschwerde-Nr. 53678/00, Karhuvaara und Iltalehti gegen Finnland, NJW 2006, 591, 592 f., §§ 38 ff.). Der EGMR hat in seinem Urteil vom 24. Juni 2004 (Beschwerde-Nr. 59320/00, von Hannover gegen Deutschland, NJW 2004, 2647, 2649 f., §§ 58, 60, 63) die Bedeutung der Pressefreiheit unter Hinweis auf Art. 10 EMRK hervorgehoben und ausgeführt, dass die Presse in einer demokratischen Gesellschaft eine wesentliche Rolle spiele und es ihre Aufgabe sei, Informationen und Ideen zu allen Fragen von Allgemeininteresse weiterzugeben. Das steht auch mit dem oben dargelegten Begriff der Zeitgeschichte in Einklang.
15
a) Die Vorschrift des § 23 Abs. 1 KUG nimmt nach Sinn und Zweck der Regelung und nach der Intention des Gesetzgebers in Ausnahme von dem Einwilligungserfordernis des § 22 KUG Rücksicht auf das Informationsinteresse der Allgemeinheit und auf die Pressefreiheit. Die Anwendung des § 23 Abs. 1 KUG erfordert hiernach eine Abwägung zwischen den Rechten der Abgebildeten nach Art. 8 Abs. 1 EMRK und Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG einerseits und den Rechten der Presse aus Art. 10 Abs. 1 EMRK und Art. 5 Abs. 1 GG andererseits. Die Grundrechte der Pressefreiheit (Art. 5 Abs. 1 GG) und des Schutzes der Persönlichkeit (Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG) sind ihrerseits nicht vorbehaltlos gewährleistet.
16
Die Pressefreiheit findet ihre Schranken nach Art. 5 Abs. 2 GG in den allgemeinen Gesetzen. Zu diesen zählen u.a. die §§ 22 f. KUG und auch Art. 8 EMRK. Die in §§ 22 ff. KUG enthaltenen Regelungen sowie die von Art. 10 EMRK verbürgte Äußerungsfreiheit beschränken zugleich als Bestandteile der verfassungsmäßigen Ordnung gemäß Art. 2 Abs. 1 GG den Persönlichkeits- schutz. Die Auslegung und Anwendung solcher Schrankenregelungen und ihre abwägende Zuordnung zueinander durch die Gerichte hat der interpretationsleitenden Bedeutung der von der Schrankenregelung bestimmten Grundrechtsposition Rechnung zu tragen sowie die entsprechenden Gewährleistungen der europäischen Menschenrechtskonvention zu berücksichtigen. Hierbei ist zu beachten , dass bei der Bestimmung der Reichweite des durch Art. 8 Abs. 1 EMRK dem privaten Leben des Einzelnen gewährten Schutzes der situationsbezogene Umfang der berechtigten Privatheitserwartungen des Einzelnen zu berücksichtigen ist (vgl. BVerfG, Beschluss vom 21. August 2006 - 1 BvR 2606/04 u.a. - NJW 2006, 3406, 3408); auch kann die Gewährleistung des Art. 8 Abs. 1 EMRK einen Anspruch auf Schutz durch die staatlichen Gerichte vor Veröffentlichung von Bildnissen des Einzelnen aus seinem Alltagsleben einschließen (vgl. EGMR, Urteil vom 24. Juni 2004, Beschwerde-Nr. 59320/00, von Hannover gegen Deutschland, §§ 50 ff., aaO, 2648). Über die Reichweite dieses Schutzes ist im konkreten Fall durch Berücksichtigung der von Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG und Art. 10 Abs. 1 EMRK gewährleisteten Äußerungsfreiheit und ihrer in Art. 10 Abs. 2 EMRK geregelten Schranken ebenfalls im Wege der Abwägung zu entscheiden (vgl. EGMR, Beschluss vom 14. Juni 2005, BeschwerdeNr. 14991/02, Minelli gegen Schweiz; Urteil vom 17. Oktober 2006, Beschwerde -Nr. 71678/01, Gourguenidze gegen Georgien, §§ 38 ff.).
17
Das Grundrecht auf Schutz der Persönlichkeit unterliegt der Schrankenregelung des Art. 2 Abs. 1 Halbs. 2 GG. Schranken sind neben den Grundrechten wie Art. 5 Abs. 1 GG insbesondere die Vorschriften über die Veröffentlichung fotografischer Abbildungen von Personen in §§ 22 ff. KUG mit dem erwähnten abgestuften Schutzkonzept, das sowohl dem Schutzbedürfnis der abgebildeten Person wie den von den Medien wahrgenommenen Informationsinteressen der Allgemeinheit Rechnung trägt (vgl. BVerfG, BVerfGE 35, 202, 224 f.; 101, 361, 387; Beschluss vom 26. Februar 2008 - 1 BvR 1606/07 u.a. - aaO, 1795). Daneben beschränkt die in Art. 10 EMRK verbürgte Freiheit der Äußerung und Verbreitung sowie des Empfangs von Meinungen unter Einschluss von Informationen den Schutz der Persönlichkeit. Der Schutz des Art. 10 Abs. 1 EMRK schließt insbesondere auch die Veröffentlichung von Fotoaufnahmen zur Bebilderung der Medienberichterstattung ein (vgl. BVerfG, Beschluss vom 26. Februar 2008 - 1 BvR 1606/07 u.a. - aaO, 1795; EGMR, Urteile vom 14. Dezember 2006, Beschwerde-Nr. 10520/02, Verlagsgruppe News GmbH gegen Österreich Nr. 2, § 29; vom 24. Juni 2004, Beschwerde-Nr. 59320/00, von Hannover gegen Deutschland, § 59, aaO, 2649). Über die Zulässigkeit von Beschränkungen dieses Rechts durch Maßnahmen der staatlichen Gerichte zum Schutz des Privatlebens des Abgebildeten ist nach der Rechtsprechung des EGMR gleichfalls im Wege einer Abwägung mit dem in Art. 8 EMRK verbürgten Anspruch auf Achtung des Privatlebens zu entscheiden (vgl. BVerfG, Beschluss vom 26. Februar 2008 - 1 BvR 1606/07 u.a. - aaO, 1795; EGMR, Urteil vom 17. Oktober 2006, Beschwerde-Nr. 71678/01, Gourguenidze gegen Georgien, § 37 f. m.w.N.). Bei der Abwägung mit kollidierenden Rechtsgütern unter Berücksichtigung der von Art. 5 Abs. 1 GG verbürgten Vermutung für die Zulässigkeit einer Berichterstattung der Presse, die zur Bildung der öffentlichen Meinung beitragen soll (vgl. BVerfGE 20, 162, 177; Beschluss vom 26. Februar 2008 - 1 BvR 1606/07 u.a. - aaO, 1796), ist der von Art. 10 Abs. 1 EMRK verbürgten Äußerungsfreiheit ein besonderes Gewicht dort beizumessen, wo die Berichterstattung der Presse einen Beitrag zu Fragen von allgemeinem Interesse leistet (vgl. BVerfG, Beschluss vom 26. Februar 2008 - 1 BvR 1606/07 u.a. - aaO, 1796; EGMR, Urteil vom 16. November 2004, Beschwerde -Nr. 53678/00, Karhuvaara und Iltalehti gegen Finnland, § 40; Urteil vom 1. März 2007, Beschwerde-Nr. 510/04, Tønsbergs Blad u.a. gegen Norwegen , § 82).
18
Die Garantie der Pressefreiheit dient nicht allein den subjektiven Rechten der Presse, sondern in gleicher Weise auch dem Schutz des Prozesses öffentlicher Meinungsbildung und damit der Meinungsbildungsfreiheit der Bürger. Äußerungen in der und durch die Presse wollen in der Regel zur Bildung der öffentlichen Meinung beitragen und haben daher zunächst die Vermutung der Zulässigkeit für sich, auch wenn sie die Rechtssphäre anderer berühren (vgl. BVerfG, BVerfGE 20, 162, 177; 66, 116, 133; 77, 346, 354). Nach der Rechtsprechung des EGMR besteht nur wenig Spielraum, die Gewährleistung des Art. 10 Abs. 1 EMRK zurücktreten zu lassen, falls eine Medienberichterstattung einen Bezug zu einer Sachdebatte von allgemeinem Interesse aufweist (vgl. EGMR, Urteile vom 22. Oktober 2007, Beschwerde-Nr. 21279/02 u.a., Lindon u.a. gegen Frankreich, § 45; vom 17. Dezember 2004, BeschwerdeNr. 49017/99, Pedersen und Baadsgaard gegen Dänemark, § 68 f.). Art. 5 Abs. 1 GG gebietet allerdings nicht, generell zu unterstellen, dass mit jeder visuellen Darstellung aus dem Privat- und Alltagsleben prominenter Personen ein Beitrag zur Meinungsbildung verbunden sei, der es für sich allein rechtfertigte, die Belange des Persönlichkeitsschutzes zurückzustellen.
19
b) Nach diesen Grundsätzen wird die Reichweite des Schutzes des Rechts am eigenen Bild davon beeinflusst, ob eine Information in die breite Öffentlichkeit der Massenmedien überführt wird und damit nicht auf einen engen Personenkreis begrenzt bleibt. Andererseits wird das Gewicht der das Persönlichkeitsrecht gegebenenfalls beschränkenden Pressefreiheit davon beeinflusst, ob die Berichterstattung eine Angelegenheit betrifft, welche die Öffentlichkeit wesentlich berührt (vgl. BVerfG, BVerfGE 7, 198, 212; Beschluss vom 24. Januar 2006 - 1 BvR 2602/05 - NJW 2006, 1865; EGMR, Urteil vom 17. Oktober 2006, Beschwerde-Nr. 71678/01, Gourguenidze gegen Georgien, § 55). Mit der Entscheidung, ein Bild einer Person abzudrucken und in den Kontext eines bestimmten Berichts zu rücken, nutzen die Medien ihre grundrechtlich geschützte Befugnis, selbst zu entscheiden, was sie für berichtenswert halten. Dabei haben sie jedoch den Persönlichkeitsschutz Betroffener zu berücksichtigen.
20
Wie das Bundesverfassungsgericht in seinem Beschluss vom 26. Februar 2008 (- 1 BvR 1606/07 u.a. - aaO, 1796) dargelegt hat, können prominente Personen der Allgemeinheit Möglichkeiten der Orientierung bei eigenen Lebensentwürfen bieten sowie Leitbild- oder Kontrastfunktionen erfüllen. Auch die Normalität ihres Alltagslebens kann der Meinungsbildung zu Fragen von allgemeinem Interesse dienen (so bereits BVerfGE 101, 361, 391). Das gilt auch für unterhaltende Beiträge als einen wesentlichen Bestandteil der Medienbetätigung , der durch die Pressefreiheit geschützt wird, zumal der publizistische und wirtschaftliche Erfolg der Presse auf unterhaltende Inhalte und entsprechende Abbildungen angewiesen sein kann und die Bedeutung visueller Darstellungen beträchtlich zugenommen hat. Hiernach gilt die Pressefreiheit auch für unterhaltende Beiträge über das Privat- oder Alltagsleben von Prominenten und ihres sozialen Umfelds einschließlich ihnen nahestehender Personen. Allerdings bedarf es gerade bei unterhaltenden Inhalten in besonderem Maß der abwägenden Berücksichtigung der kollidierenden Rechtspositionen der Betroffenen.
21
Für die Abwägung zwischen der Pressefreiheit und dem Persönlichkeitsrecht des Betroffenen ist von maßgeblicher Bedeutung, ob die Presse im konkreten Fall eine Angelegenheit von öffentlichem Interesse ernsthaft und sachbezogen erörtert, damit den Informationsanspruch des Publikums erfüllt und zur Bildung der öffentlichen Meinung beiträgt oder ob sie lediglich die Neugier der Leser nach privaten Angelegenheiten prominenter Personen befriedigt (vgl. BVerfG, BVerfGE 34, 269, 283; 101, 361, 391).
22
Insoweit hat das BVerfG (Beschluss vom 26. Februar 2008 - 1 BvR 1606/07 u.a. - aaO, 1796) hervorgehoben, dass das Selbstbestimmungsrecht der Presse nicht auch die Entscheidung erfasst, wie das Informationsinteresse zu gewichten ist, sondern diese Gewichtung zum Zweck der Abwägung mit gegenläufigen Interessen der Betroffenen vielmehr im Fall eines Rechtsstreits den Gerichten obliegt. Diese haben allerdings im Hinblick auf das Zensurverbot des Art. 5 Abs. 1 Satz 3 GG von einer inhaltlichen Bewertung - etwa als wertvoll oder wertlos, seriös oder unseriös o.ä. - abzusehen und sind auf die Prüfung beschränkt, in welchem Ausmaß der Bericht einen Beitrag für die öffentliche Meinungsbildung erbringen kann.
23
c) Der Informationswert einer Bildberichterstattung ist, soweit das Bild nicht schon als solches eine für die öffentliche Meinungsbildung bedeutsame Aussage enthält, im Kontext der dazugehörenden Wortberichterstattung zu ermitteln. Bilder können Wortberichte ergänzen und dabei der Erweiterung des Aussagegehalts dienen, etwa die Authentizität des Geschilderten unterstreichen. Auch können beigefügte Bilder der an dem berichteten Geschehen beteiligten Personen die Aufmerksamkeit des Lesers für den Wortbericht wecken (vgl. Senat, BGHZ 158, 218, 223; Urteil vom 19. Oktober 2004 - VI ZR 292/03 - NJW 2005, 594, 595 f.). Beschränkt sich der begleitende Bericht allerdings darauf , lediglich einen Anlass für die Abbildung prominenter Personen zu schaffen, ohne dass die Berichterstattung einen Beitrag zur öffentlichen Meinungsbildung erkennen lässt (vgl. hierzu das Urteil des erkennenden Senats vom heutigen Tag - VI ZR 243/06), ist es nicht angezeigt, dem Veröffentlichungsinteresse den Vorrang vor dem Persönlichkeitsschutz einzuräumen.
24
d) Daneben sind bei einer Bildberichterstattung für die Gewichtung der Belange des Persönlichkeitsschutzes auch der Anlass und die Umstände zu berücksichtigen, unter denen die Aufnahme entstanden ist, etwa unter Ausnut- zung von Heimlichkeit oder beharrlicher Nachstellung. Auch ist bedeutsam, in welcher Situation der Betroffene erfasst und wie er dargestellt wird. Die Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts wiegt schwerer, wenn die visuelle Darstellung durch Ausbreitung von üblicherweise öffentlicher Erörterung entzogenen Einzelheiten des privaten Lebens thematisch die Privatsphäre berührt oder wenn der Betroffene nach den Umständen typischer Weise die berechtigte Erwartung haben durfte, nicht in den Medien abgebildet zu werden. Das kann nicht nur bei einer durch räumliche Privatheit geprägten Situation, sondern außerhalb örtlicher Abgeschiedenheit auch in Momenten der Entspannung oder des Sich-Gehen-Lassens außerhalb der Einbindung in die Pflichten des Berufs und des Alltags der Fall sein.
25
2. a) Diese Grundsätze sind auf die Klägerin anzuwenden, da sie, wie das Bundesverfassungsgericht in seinem Beschluss vom 26. Februar 2008 (- 1 BvR 1606/07 u.a. - aaO, 1800) ausgeführt hat, auch nach der Einschätzung des EGMR als Person des öffentlichen Interesses anzusehen ist ("personnage public / public figure" in Abgrenzung zur "personnalité politique / politician" einerseits und "personne ordinaire / ordinary person" andererseits, vgl. EGMR, Urteile vom 11. Januar 2005, Beschwerde-Nr. 50774/99, Sciacca gegen Italien, §§ 27 ff.; vom 17. Oktober 2006 - Beschwerde-Nr. 71678/01, Gourguenidze gegen Georgien, § 55). Diese Einstufung hat nach den Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts zur Folge, dass über eine solche Person in größerem Umfang berichtet werden darf als über andere Personen, wenn die Information einen hinreichenden Nachrichtenwert mit Orientierungsfunktion im Hinblick auf eine die Allgemeinheit interessierende Sachdebatte hat und die Abwägung keine schwerwiegenden Interessen des Betroffenen ergibt, die einer Veröffentlichung entgegenstehen.
26
b) Für den Streitfall führt das zu folgender Abwägung:
27
Die beanstandete Aufnahme ist ohne Einwilligung der Klägerin veröffentlicht worden. Die Bildberichterstattung als solche betrifft keine Angelegenheit, welche die Öffentlichkeit wesentlich berührt (vgl. EGMR, Urteil vom 17. Oktober 2006 - Beschwerde-Nr. 71678/01, Gourguenidze gegen Georgien, § 55). Die Aufnahme zeigt nach ihrer Überschrift die Klägerin zusammen mit ihrem Ehemann in der Öffentlichkeit "in Urlaubslaune", ohne dass der Abbildung allein ein weitergehender Inhalt oder Anhaltspunkte für einen erhöhten Schutzbedarf der Klägerin zu entnehmen wären. Es ist auch von der Beklagten nicht geltend gemacht oder sonst ersichtlich, dass die Aufnahme, welche nicht über die Abbildung eines Ausschnitts aus der Normalität des Alltagslebens im Urlaub der prominenten Klägerin hinausgeht, aus sich heraus der Meinungsbildung zu Fragen von allgemeinem Interesse dienen könnte.
28
c) Gleichwohl führt der in der beanstandeten Veröffentlichung einer Aufnahme der Klägerin "in Urlaubslaune" enthaltene Eingriff der Beklagten in die Privatsphäre unter den Umständen des Streitfalls nicht dazu, dass das Recht des beklagten Presseverlags auf Meinungsäußerung und Meinungsbildung zurücktreten müsste.
29
Die Aufnahme der Klägerin und ihres Ehemannes bebildert eine Wortberichterstattung , welche sich hauptsächlich damit befasst, dass dem Ehemann eine Ferienvilla in Lamu/Kenia gehört, wie diese gelegen und wie sie ausgestattet ist. Der - von der Klägerin nicht angegriffene - Artikel teilt mit, dass die Villa, in welcher die Klägerin und ihr Ehemann lediglich einmal im Jahr Urlaub machten , für 1.000 Dollar/Tag gemietet werden könne, Bedienungspersonal inbegriffen.
30
Neben weiteren Einzelheiten enthält der Bericht den hervorgehobenen Hinweis, "Auch die Reichen und Schönen sind sparsam. Viele vermieten ihre Villen an zahlende Gäste". Zusätzlich werden einige Hollywoodstars und Angehörige von Adelshäusern genannt, die "einen Hang zu ökonomischem Denken entwickelt" hätten und ebenfalls ihre Feriendomizile vermieteten, wenn sie diese nicht selbst nutzten. Hierdurch werden den Lesern der Zeitschrift Informationen über veränderte Verhaltensweisen einer kleinen Schicht von reichen Prominenten gegeben, die im Zentrum öffentlicher Aufmerksamkeit stehen und von daher Leitbild- oder Kontrastfunktionen für große Teile der Bevölkerung haben können. Wie das Bundesverfassungsgericht (Beschluss vom 26. Februar 2008 - 1 BvR 1606/07 - aaO, 1800 f.) dargelegt hat, kann die geschilderte Verhaltensweise in einer demokratischen Gesellschaft Anlass zu einer die Allgemeinheit interessierenden Sachdebatte geben und es grundsätzlich auch rechtfertigen , den in dem Beitrag erwähnten prominenten Vermieter des Anwesens und die Klägerin als seine Ehefrau in einem kontextgerechten Bild darzustellen. Eine solche Bedeutung des Beitrags liegt schon deshalb nahe, weil die entsprechende Stoßrichtung des Berichts mit Fettdruck und durch die zentrale Anordnung der beiden Kernsätze ("Auch die Reichen und Schönen sind sparsam. Viele vermieten ihre Villen an zahlende Gäste") im Druck besonders herausgestellt und im Fließtext wiederholt wird. Wie das Bundesverfassungsgericht aaO ausgeführt hat, kann ein derartiger Bericht Anlass für sozialkritische Überlegungen der Leser auch einer solchen Zeitschrift sein und damit eine die Allgemeinheit interessierende Sachdebatte über das ökonomische Denken derjenigen "Reichen und Schönen" anstoßen, die eine Ferienvilla für 1.000 Dollar/Tag einschließlich Personal vermieten oder mieten können, wobei auch die Möglichkeit besteht, dass die Leser über den Sinn einer solchen Mitteilung in dieser Zeitschrift nachdenken sowie als mündige Bürger ihr eigenes Konsumverhalten überdenken. Insoweit reicht bereits die Möglichkeit aus, dass der Beitrag der Meinungsbildung zu Fragen von allgemeinem Interesse dienen kann (vgl. BVerfG, Beschluss vom 26. Februar 2008, aaO; EGMR, Urteile vom 16. November 2004, Beschwerde-Nr. 53678/00, Karhuvaara und Iltalehti gegen Finnland , § 40; vom 1. März 2007, Beschwerde-Nr. 510/04, Tønsbergs Blad u.a. gegen Norwegen, § 82). Da mithin durch die Wortberichterstattung Anlass für eine die Allgemeinheit interessierende Sachdebatte geschaffen werden kann, ist ihre Bebilderung durch die (einzige) Aufnahme der Klägerin nicht zu beanstanden. Diese Abbildung ist für sich genommen nicht beeinträchtigend. Die Klägerin hat auch nicht geltend gemacht, dass sie etwa heimlich oder in belästigender Weise zustande gekommen sei, und auch keine anderen Gesichtspunkte vorgetragen, die im Rahmen des abgestuften Schutzkonzepts einer Veröffentlichung entgegenstehen könnten, auch wenn diese ohne ihre Einwilligung erfolgt ist. Dies gilt nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (vgl. BVerfG, Beschluss vom 26. Februar 2008 - 1 BvR 1606/07 u.a. - aaO, 1796 f.), auch dann, wenn die Aufnahme aus anderem Anlass entstanden ist.
31
Die Revision der Klägerin ist daher mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.
Müller Greiner Wellner
Pauge Stöhr
Vorinstanzen:
LG Hamburg, Entscheidung vom 01.07.2005 - 324 O 869/04 -
OLG Hamburg, Entscheidung vom 31.01.2006 - 7 U 82/05 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR 243/06 Verkündet am:
1. Juli 2008
Holmes,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Zur Frage der Zulässigkeit einer Bildberichterstattung ohne Einwilligung der abgebildeten
Prominenten in einer Situation aus ihrem privaten Alltag (hier:
"Shopping mit Putzfrau auf Mallorca").
BGH, Urteil vom 1. Juli 2008 - VI ZR 243/06 - KG
LG Berlin
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 1. Juli 2008 durch die Vizepräsidentin Dr. Müller, den Richter Wellner, die
Richterin Diederichsen und die Richter Stöhr und Zoll

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 9. Zivilsenats des Kammergerichts vom 7. November 2006 unter Zurückweisung der weitergehenden Revision teilweise aufgehoben. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung und unter Abweisung der Klage im Übrigen teilweise abgeändert: Die Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes von bis zu 250.000 €, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, letzteres zu vollziehen an einem der Vorstandsmitglieder , zu unterlassen, das in "Bild der Frau" Nr. 33 vom 15. August 2005 auf Seite 49 veröffentlichte Foto erneut - wie geschehen - zu veröffentlichen. Die Klägerin hat die Kosten des ersten Rechtszuges zu tragen. Die Kosten des Berufungsverfahrens werden gegeneinander aufgehoben. Von den Gerichtskosten des Revisionsverfahrens trägt die Klägerin 3/8 und die Beklagte 5/8. Die außergerichtlichen Kosten des Revisionsverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Klägerin ist eine bekannte deutsche Fernsehjournalistin. Die Beklagte veröffentlichte in der von ihr verlegten Zeitschrift ein Foto, welches die Klägerin mit ihrer Putzfrau beim Einkaufen in Puerto Andratx auf Mallorca zeigt. Foto und dazugehöriger Text befanden sich auf einer bebilderten Seite mit der Überschrift "Was jetzt los ist auf Mallorca". Das Bild ist mit dem Begleittext versehen: "ARD-Talkerin … beim Shopping mit ihrer Putzfrau im Fischerdorf Puerto Andratx. Ihre Finca liegt romantisch zwischen Mandelbäumen am Rande von Andratx."
2
Auf entsprechenden Antrag der Klägerin hat das Landgericht die Beklagte verurteilt, zu unterlassen, "Bildnisse aus dem privaten Alltag der Klägerin zu veröffentlichen und/oder zu verbreiten und/oder veröffentlichen und/oder verbreiten zu lassen, wie in "Bild der Frau" Nr. 33 vom 15. August 2005 auf der Seite 49 geschehen."
3
Die gegen diese Verurteilung gerichtete Berufung der Beklagten hat das Kammergericht teilweise für begründet erachtet und die Beklagte nunmehr unter Klageabweisung im Übrigen - entsprechend einem von der Klägerin in der Berufungsinstanz gestellten (ersten) Hilfsantrag - dazu verurteilt, es zu unterlassen , "Fotos der Klägerin zu veröffentlichen wie in "Bild der Frau" Nr. 33 vom 15. August 2005 auf Seite 49 geschehen." Mit ihrer - vom Berufungsgericht zugelassenen - Revision verfolgt die Beklagte ihr Begehren weiter, soweit das Berufungsgericht zu ihrem Nachteil entschieden hat. Die Klägerin hat ihre Revision zurückgenommen.

Entscheidungsgründe:

I.

4
Das Berufungsgericht ist der Auffassung, der erste Hilfsantrag, mit dem die Klägerin es der Beklagten untersagen lassen wolle, "Fotos der Klägerin zu veröffentlichen wie in "Bild der Frau" Nr. 33 vom 15. August 2005 auf Seite 49 geschehen", sei zulässig und begründet. Der Antrag ziele auf eine Verurteilung der Beklagten entsprechend der "Kerntheorie", wonach ein Betroffener nicht nur eine exakte Wiederholung der Verletzungshandlung verbieten lassen könne, sondern auch einen künftigen wesensgleichen Eingriff, der von der konkreten Verletzungsform geringfügig abweiche. Charakteristisch sei im vorliegenden Fall, dass die Klägerin bei Besorgungen bzw. beim Flanieren auf Mallorca - sei es mit oder ohne Begleitung - abgebildet worden sei, ohne dass dem Bild ein zusätzlicher Nachrichtenwert hinsichtlich der Klägerin zukomme. Bei einer Abwägung im Rahmen der §§ 22, 23 KUG müsse - insbesondere unter Berücksichtigung der Entscheidungen des EGMR und des Bundesverfassungsgerichts - das Recht der Beklagten auf freie Berichterstattung gegenüber dem Persönlichkeitsrecht der Klägerin zurücktreten.

II.

5
Die Revision der Beklagten hat teilweise Erfolg, soweit sie sich gegen die Verurteilung der Beklagten nach dem ersten Hilfsantrag der Klägerin wendet.
6
1. Das Berufungsgericht hat das mit dem ersten Hilfsantrag begehrte Verbot, "Fotos der Klägerin zu veröffentlichen, wie in "Bild der Frau" Nr. 33 vom 15. August 2005 auf S. 49 geschehen", zutreffend dahin ausgelegt, dass dieser Antrag auf eine Verurteilung der Beklagten entsprechend der vorgenannten "Kerntheorie" zielt und damit hinreichend bestimmt ist im Sinne des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO.
7
2. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist der Hilfsantrag in dieser Form jedoch unbegründet, weil der Klägerin ein so weitgehender Unterlassungsanspruch aus einer entsprechenden Anwendung der §§ 1004 Abs. 1 Satz 2, 823 Abs. 1, Abs. 2 BGB i.V.m. §§ 22, 23 KUG, Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG nicht zusteht. Wie der erkennende Senat zwischenzeitlich entschieden hat, lässt sich die im Wettbewerbsrecht entwickelte "Kerntheorie" auf das Recht der Bildberichterstattung nicht übertragen (vgl. Senatsurteile vom 13. November 2007 - VI ZR 265/06 - VersR 2008, 552 und - VI ZR 269/06 - NJW 2008, 1593).
8
a) Der Senat hat in seiner neueren Rechtsprechung zur Zulässigkeit von Bildveröffentlichungen (vgl. Senatsurteile vom 6. März 2007 - VI ZR 13/06 - VersR 2007, 697 und - VI ZR 51/06 - VersR 2007, 957; vom 19. Juni 2007 - VI ZR 12/06 - VersR 2007, 1135 und vom 3. Juli 2007 - VI ZR 164/06 - VersR 2007, 1283) den in der Entscheidung des EGMR vom 24. Juni 2004 (von Hannover gegen Bundesrepublik Deutschland - NJW 2004, 2647 ff.) geäußerten Bedenken Rechnung getragen und zugleich klargestellt, dass es für die Zulässigkeit einer Bildveröffentlichung in jedem Einzelfall einer Abwägung zwischen dem Informationsinteresse der Öffentlichkeit und dem Interesse des Abgebildeten an dem Schutz seiner Privatsphäre bedarf, wobei die begleitende Wortberichterstattung eine wesentliche Rolle spielen kann.
9
b) Eine solche Interessenabwägung kann jedoch nicht in Bezug auf Bilder vorgenommen werden, die noch gar nicht bekannt sind und bei denen insbesondere offen bleibt, in welchem Kontext sie veröffentlicht werden (vgl. Senatsurteil BGHZ 158, 218, 224 ff.). Die entsprechenden Möglichkeiten sind derart vielgestaltig, dass sie mit einer "vorbeugenden" Unterlassungsklage selbst dann nicht erfasst werden können, wenn man diese auf "kerngleiche" Verletzungshandlungen beschränken wollte. Eine vorweggenommene Abwägung, die sich mehr oder weniger nur auf Vermutungen stützen könnte, und die im konkreten Verletzungsfall im Vollstreckungsverfahren nachgeholt werden müsste, verbietet sich schon im Hinblick auf die Bedeutung der betroffenen Grundrechte.
10
3. Die Klage ist jedoch begründet, soweit sich die Klägerin mit einem weiteren Hilfsantrag in der Berufungsinstanz gegen eine Wiederholung der konkreten Bildveröffentlichung gewandt hat. Da die Beklagte in ihrer Berufungsbegründung erklärt hat, sich an ihre vorgerichtlich abgegebene Unterlassungsverpflichtungserklärung nicht mehr gebunden zu fühlen, kann diesbezüglich eine Wiederholungsgefahr nicht verneint werden.
11
a) Der erkennende Senat hat bereits in mehreren neueren Entscheidungen das abgestufte Schutzkonzept der §§ 22, 23 KUG bei Bildveröffentlichungen von "Prominenten" unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des EGMR (insbes. Entscheidung vom 24. Juni 2004 - von Hannover gegen Bundesrepublik Deutschland - aaO) erläutert (vgl. etwa Urteile vom 19. Oktober 2004 - VI ZR 292/03 - VersR 2005, 84 ff.; vom 15. November 2005 - VI ZR 286/04 - VersR 2006, 274 ff.; vom 6. März 2007 - VI ZR 51/06 - VersR 2007, 957 ff. und vom 3. Juli 2007 - VI ZR 164/06 - VersR 2007, 1283 ff.). Verfassungsrechtliche Beanstandungen haben sich insoweit nicht ergeben (vgl. BVerfG, Beschluss vom 26. Februar 2008 - 1 BvR 1606/07 u.a. - NJW 2008, 1793 ff.).
12
aa) Nach diesem abgestuften Schutzkonzept dürfen Bildnisse einer Person grundsätzlich nur mit Einwilligung des Abgebildeten verbreitet werden (§ 22 KUG); hiervon macht § 23 Abs. 1 KUG eine Ausnahme, wenn es sich um Bildnisse aus dem Bereich der Zeitgeschichte handelt. Auch bei Personen, die un- ter dem Blickwinkel des zeitgeschichtlichen Ereignisses im Sinn des § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG an sich ohne ihre Einwilligung die Verbreitung ihres Bildnisses dulden müssten, ist eine Verbreitung der Abbildung unabhängig davon, ob sie sich an Orten der Abgeschiedenheit aufgehalten haben, aber dann nicht zulässig, wenn hierdurch berechtigte Interessen des Abgebildeten verletzt werden (§ 23 Abs. 2 KUG).
13
bb) Maßgebend für die Frage, ob es sich um ein Bildnis aus dem Bereich der Zeitgeschichte handelt, ist der Begriff des Zeitgeschehens. Dieser Begriff darf nicht zu eng verstanden werden. Im Hinblick auf den Informationsbedarf der Öffentlichkeit umfasst er nicht nur Vorgänge von historisch-politischer Bedeutung , sondern ganz allgemein das Zeitgeschehen, also alle Fragen von allgemeinem gesellschaftlichem Interesse. Er wird mithin vom Interesse der Öffentlichkeit bestimmt. Auch durch unterhaltende Beiträge kann Meinungsbildung stattfinden; solche Beiträge können die Meinungsbildung unter Umständen sogar nachhaltiger anregen und beeinflussen als sachbezogene Informationen (vgl. Senat, Urteile vom 9. Dezember 2003 - VI ZR 373/02 - VersR 2004, 522, 523 - mit Anmerkung v. Gerlach JZ 2004, 625 - und vom 6. März 2007 - VI ZR 51/06 - aaO S. 957, 958; BVerfG, BVerfGE 101, 361, 389 f.; NJW 2006, 2836, 2837). Das Informationsinteresse besteht indes nicht schrankenlos. Vielmehr wird der Einbruch in die persönliche Sphäre des Abgebildeten durch den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit begrenzt, so dass eine Berichterstattung keineswegs immer zulässig ist. Wo konkret die Grenze für das berechtigte Informationsinteresse der Öffentlichkeit an der aktuellen Berichterstattung zu ziehen ist, lässt sich nur unter Berücksichtigung der jeweiligen Umstände des Einzelfalles entscheiden.
14
cc) Zum Kern der Presse- und der Meinungsbildungsfreiheit gehört, dass die Presse in den gesetzlichen Grenzen einen ausreichenden Spielraum be- sitzt, innerhalb dessen sie nach ihren publizistischen Kriterien entscheiden kann, was sie des öffentlichen Interesses für wert hält, und dass sich im Meinungsbildungsprozess herausstellt, was eine Angelegenheit von öffentlichem Interesse ist (Senat, Urteile vom 15. November 2005 - VI ZR 286/04 - aaO, 275; vom 6. März 2007 - VI ZR 51/06 - aaO, 957 f.; BVerfG, BVerfGE 101, 361, 392; EGMR, Urteil vom 16. November 2004, Beschwerde-Nr. 53678/00, Karhuvaara und Iltalehti gegen Finnland, NJW 2006, 591, 592 f., §§ 38 ff.). Der EGMR hat in seinem Urteil vom 24. Juni 2004 (Beschwerde-Nr. 59320/00, von Hannover gegen Deutschland, aaO, §§ 58, 60, 63) die Bedeutung der Pressefreiheit unter Hinweis auf Art. 10 EMRK hervorgehoben und ausgeführt, dass die Presse in einer demokratischen Gesellschaft eine wesentliche Rolle spiele und es ihre Aufgabe sei, Informationen und Ideen zu allen Fragen von Allgemeininteresse weiterzugeben. Das steht auch mit dem oben dargelegten Begriff der Zeitgeschichte in Einklang.
15
dd) Die Vorschrift des § 23 Abs. 1 KUG nimmt nach Sinn und Zweck der Regelung und nach der Intention des Gesetzgebers in Ausnahme von dem Einwilligungserfordernis des § 22 KUG Rücksicht auf das Informationsinteresse der Allgemeinheit und auf die Pressefreiheit. Die Anwendung des § 23 Abs. 1 KUG erfordert hiernach eine Abwägung zwischen den Rechten der Abgebildeten nach Art. 8 Abs. 1 EMRK und Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG einerseits und den Rechten der Presse aus Art. 10 Abs. 1 EMRK und Art. 5 Abs. 1 GG andererseits. Die Grundrechte der Pressefreiheit (Art. 5 Abs. 1 GG) und des Schutzes der Persönlichkeit (Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG) sind ihrerseits nicht vorbehaltlos gewährleistet.
16
Die Pressefreiheit findet ihre Schranken nach Art. 5 Abs. 2 GG in den allgemeinen Gesetzen. Zu diesen zählen u.a. die §§ 22 f. KUG und auch Art. 8 EMRK. Die in §§ 22 f. KUG enthaltenen Regelungen sowie die von Art. 10 EMRK verbürgte Äußerungsfreiheit beschränken zugleich als Bestandteile der verfassungsmäßigen Ordnung gemäß Art. 2 Abs. 1 GG den Persönlichkeitsschutz. Die Auslegung und Anwendung solcher Schrankenregelungen und ihre abwägende Zuordnung zueinander durch die Gerichte hat der interpretationsleitenden Bedeutung der von der Schrankenregelung bestimmten Grundrechtsposition Rechnung zu tragen sowie die entsprechenden Gewährleistungen der europäischen Menschenrechtskonvention zu berücksichtigen. Hierbei ist zu beachten , dass bei der Bestimmung der Reichweite des durch Art. 8 Abs. 1 EMRK dem privaten Leben des Einzelnen gewährten Schutzes der situationsbezogene Umfang der berechtigten Privatheitserwartungen des Einzelnen zu berücksichtigen ist (vgl. BVerfG, Beschluss vom 21. August 2006 - 1 BvR 2606/04 u.a. - NJW 2006, 3406, 3408); auch kann die Gewährleistung des Art. 8 Abs. 1 EMRK einen Anspruch auf Schutz durch die staatlichen Gerichte vor Veröffentlichung von Bildnissen des Einzelnen aus seinem Alltagsleben einschließen (vgl. EGMR, Urteil vom 24. Juni 2004, Beschwerde-Nr. 59320/00, von Hannover gegen Deutschland, §§ 50 ff., aaO, 2648). Über die Reichweite dieses Schutzes ist im konkreten Fall durch Berücksichtigung der von Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG und Art. 10 Abs. 1 EMRK gewährleisteten Äußerungsfreiheit und ihrer in Art. 10 Abs. 2 EMRK geregelten Schranken ebenfalls im Wege der Abwägung zu entscheiden (vgl. EGMR, Beschluss vom 14. Juni 2005, BeschwerdeNr. 14991/02, Minelli gegen Schweiz; Urteil vom 17. Oktober 2006, Beschwerde -Nr. 71678/01, Gourguenidze gegen Georgien, §§ 38 ff.).
17
Das Grundrecht auf Schutz der Persönlichkeit unterliegt der Schrankenregelung des Art. 2 Abs. 1 Halbs. 2 GG. Schranken sind neben den Grundrechten wie Art. 5 Abs. 1 GG insbesondere die Vorschriften über die Veröffentlichung fotografischer Abbildungen von Personen in §§ 22 ff. KUG mit dem erwähnten abgestuften Schutzkonzept, das sowohl dem Schutzbedürfnis der abgebildeten Person wie den von den Medien wahrgenommenen Informationsin- teressen der Allgemeinheit Rechnung trägt (vgl. BVerfG, BVerfGE 35, 202, 224 f.; 101, 361, 387; Beschluss vom 26. Februar 2008 - 1 BvR 1606/07 u.a. - aaO, 1795). Daneben beschränkt die in Art. 10 EMRK verbürgte Freiheit der Äußerung und Verbreitung sowie des Empfangs von Meinungen unter Einschluss von Informationen den Schutz der Persönlichkeit. Der Schutz des Art. 10 Abs. 1 EMRK schließt insbesondere auch die Veröffentlichung von Fotoaufnahmen zur Bebilderung der Medienberichterstattung ein (vgl. BVerfG, Beschluss vom 26. Februar 2008 - 1 BvR 1606/07 u.a. - aaO, 1795; EGMR, Urteile vom 14. Dezember 2006, Beschwerde-Nr. 10520/02, Verlagsgruppe News GmbH gegen Österreich Nr. 2, § 29; vom 24. Juni 2004, Beschwerde-Nr. 59320/00, von Hannover gegen Deutschland, § 59, aaO, 2649). Über die Zulässigkeit von Beschränkungen dieses Rechts durch Maßnahmen der staatlichen Gerichte zum Schutz des Privatlebens des Abgebildeten ist nach der Rechtsprechung des EGMR gleichfalls im Wege einer Abwägung mit dem in Art. 8 EMRK verbürgten Anspruch auf Achtung des Privatlebens zu entscheiden (vgl. BVerfG, Beschluss vom 26. Februar 2008 - 1 BvR 1606/07 u.a. - aaO, 1795; EGMR, Urteil vom 17. Oktober 2006, Beschwerde-Nr. 71678/01, Gourguenidze gegen Georgien, § 37 f. m.w.N.). Bei der Abwägung mit kollidierenden Rechtsgütern unter Berücksichtigung der von Art. 5 Abs. 1 GG verbürgten Vermutung für die Zulässigkeit einer Berichterstattung der Presse, die zur Bildung der öffentlichen Meinung beitragen soll (vgl. BVerfGE 20, 162, 177; Beschluss vom 26. Februar 2008 - 1 BvR 1606/07 u.a. - aaO, 1796), ist der von Art. 10 Abs. 1 EMRK verbürgten Äußerungsfreiheit ein besonderes Gewicht dort beizumessen, wo die Berichterstattung der Presse einen Beitrag zu Fragen von allgemeinem Interesse leistet (vgl. BVerfG, Beschluss vom 26. Februar 2008 - 1 BvR 1606/07 u.a. - aaO, 1796; EGMR, Urteil vom 16. November 2004, Beschwerde -Nr. 53678/00, Karhuvaara und Iltalehti gegen Finnland, § 40; Urteil vom 1. März 2007, Beschwerde-Nr. 510/04, Tønsbergs Blad u.a. gegen Norwegen , § 82).
18
Die Garantie der Pressefreiheit dient nicht allein den subjektiven Rechten der Presse, sondern in gleicher Weise auch dem Schutz des Prozesses öffentlicher Meinungsbildung und damit der Meinungsbildungsfreiheit der Bürger. Äußerungen in der und durch die Presse wollen in der Regel zur Bildung der öffentlichen Meinung beitragen und haben daher zunächst die Vermutung der Zulässigkeit für sich, auch wenn sie die Rechtssphäre anderer berühren (vgl. BVerfG, BVerfGE 20, 162, 177; 66, 116, 133; 77, 346, 354). Nach der Rechtsprechung des EGMR besteht nur wenig Spielraum, die Gewährleistung des Art. 10 Abs. 1 EMRK zurücktreten zu lassen, falls eine Medienberichterstattung einen Bezug zu einer Sachdebatte von allgemeinem Interesse aufweist (vgl. EGMR, Urteile vom 22. Oktober 2007, Beschwerde-Nr. 21279/02 u.a., Lindon u.a. gegen Frankreich, § 45; vom 17. Dezember 2004, BeschwerdeNr. 49017/99, Pedersen und Baadsgaard gegen Dänemark, § 68 f.). Art. 5 Abs. 1 GG gebietet allerdings nicht, generell zu unterstellen, dass mit jeder visuellen Darstellung aus dem Privat- und Alltagsleben prominenter Personen ein Beitrag zur Meinungsbildung verbunden sei, der es für sich allein rechtfertigte, die Belange des Persönlichkeitsschutzes zurückzustellen.
19
ee) Nach diesen Grundsätzen wird die Reichweite des Schutzes des Rechts am eigenen Bild davon beeinflusst, ob eine Information in die breite Öffentlichkeit der Massenmedien überführt wird und damit nicht auf einen engen Personenkreis begrenzt bleibt. Andererseits wird das Gewicht der das Persönlichkeitsrecht gegebenenfalls beschränkenden Pressefreiheit davon beeinflusst, ob die Berichterstattung eine Angelegenheit betrifft, welche die Öffentlichkeit wesentlich berührt (vgl. BVerfG, BVerfGE 7, 198, 212; Beschluss vom 24. Januar 2006 - 1 BvR 2602/05 - NJW 2006, 1865; EGMR, Urteil vom 17. Oktober 2006, Beschwerde-Nr. 71678/01, Gourguenidze gegen Georgien, § 55). Mit der Entscheidung, ein Bild einer Person abzudrucken und in den Kontext eines bestimmten Berichts zu rücken, nutzen die Medien ihre grundrechtlich geschützte Befugnis, selbst zu entscheiden, was sie für berichtenswert halten. Dabei haben sie jedoch den Persönlichkeitsschutz Betroffener zu berücksichtigen.
20
Wie das Bundesverfassungsgericht in seinem Beschluss vom 26. Februar 2008 (- 1 BvR 1606/07 u.a. - aaO, 1796) dargelegt hat, können prominente Personen der Allgemeinheit Möglichkeiten der Orientierung bei eigenen Lebensentwürfen bieten sowie Leitbild- oder Kontrastfunktionen erfüllen. Auch die Normalität ihres Alltagslebens kann der Meinungsbildung zu Fragen von allgemeinem Interesse dienen (so bereits BVerfGE 101, 361, 391). Das gilt auch für unterhaltende Beiträge als einen wesentlichen Bestandteil der Medienbetätigung , der durch die Pressefreiheit geschützt wird, zumal der publizistische und wirtschaftliche Erfolg der Presse auf unterhaltende Inhalte und entsprechende Abbildungen angewiesen sein kann und die Bedeutung visueller Darstellungen beträchtlich zugenommen hat. Hiernach gilt die Pressefreiheit auch für unterhaltende Beiträge über das Privat- oder Alltagsleben von Prominenten und ihres sozialen Umfelds einschließlich ihnen nahestehender Personen. Allerdings bedarf es gerade bei unterhaltenden Inhalten in besonderem Maß der abwägenden Berücksichtigung der kollidierenden Rechtspositionen der Betroffenen.
21
Für die Abwägung zwischen der Pressefreiheit und dem Persönlichkeitsrecht des Betroffenen ist von maßgeblicher Bedeutung, ob die Presse im konkreten Fall eine Angelegenheit von öffentlichem Interesse ernsthaft und sachbezogen erörtert, damit den Informationsanspruch des Publikums erfüllt und zur Bildung der öffentlichen Meinung beiträgt oder ob sie lediglich die Neugier der Leser nach privaten Angelegenheiten prominenter Personen befriedigt (vgl. BVerfG, BVerfGE 34, 269, 283; 101, 361, 391).
22
Insoweit hat das BVerfG (Beschluss vom 26. Februar 2008 - 1 BvR 1606/07 u.a. - aaO, 1796) hervorgehoben, dass das Selbstbestimmungsrecht der Presse nicht auch die Entscheidung erfasst, wie das Informationsinteresse zu gewichten ist, sondern diese Gewichtung zum Zweck der Abwägung mit gegenläufigen Interessen der Betroffenen vielmehr im Fall eines Rechtsstreits den Gerichten obliegt. Diese haben allerdings im Hinblick auf das Zensurverbot des Art. 5 Abs. 1 Satz 3 GG von einer inhaltlichen Bewertung - etwa als wertvoll oder wertlos, seriös oder unseriös o.ä. - abzusehen und sind auf die Prüfung beschränkt, in welchem Ausmaß der Bericht einen Beitrag für die öffentliche Meinungsbildung erbringen kann.
23
ff) Der Informationswert einer Bildberichterstattung ist, soweit das Bild nicht schon als solches eine für die öffentliche Meinungsbildung bedeutsame Aussage enthält, im Kontext der dazugehörenden Wortberichterstattung zu ermitteln. Bilder können Wortberichte ergänzen und dabei der Erweiterung des Aussagegehalts dienen, etwa die Authentizität des Geschilderten unterstreichen. Auch können beigefügte Bilder der an dem berichteten Geschehen beteiligten Personen die Aufmerksamkeit des Lesers für den Wortbericht wecken (vgl. Senat, BGHZ 158, 218, 223; Urteil vom 19. Oktober 2004 - VI ZR 292/03 - NJW 2005, 594, 595 f.). Beschränkt sich der begleitende Bericht allerdings darauf , lediglich einen Anlass für die Abbildung prominenter Personen zu schaffen, ohne dass die Berichterstattung einen Beitrag zur öffentlichen Meinungsbildung erkennen lässt, ist es nicht angezeigt, dem Veröffentlichungsinteresse den Vorrang vor dem Persönlichkeitsschutz einzuräumen.
24
gg) Daneben sind bei einer Bildberichterstattung für die Gewichtung der Belange des Persönlichkeitsschutzes auch der Anlass und die Umstände zu berücksichtigen, unter denen die Aufnahme entstanden ist, etwa unter Ausnutzung von Heimlichkeit oder beharrlicher Nachstellung. Auch ist bedeutsam, in welcher Situation der Betroffene erfasst und wie er dargestellt wird. Die Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts wiegt schwerer, wenn die visuelle Darstellung durch Ausbreitung von üblicherweise öffentlicher Erörterung entzogenen Einzelheiten des privaten Lebens thematisch die Privatsphäre berührt oder wenn der Betroffene nach den Umständen typischer Weise die berechtigte Erwartung haben durfte, nicht in den Medien abgebildet zu werden. Das kann nicht nur bei einer durch räumliche Privatheit geprägten Situation, sondern außerhalb örtlicher Abgeschiedenheit auch in Momenten der Entspannung oder des Sich-Gehen-Lassens außerhalb der Einbindung in die Pflichten des Berufs und des Alltags der Fall sein.
25
b) Diese Grundsätze sind auf die Klägerin anzuwenden, da sie aufgrund ihrer langjährigen Tätigkeit als Nachrichtensprecherin, Fernsehjournalistin und -moderatorin als Person des öffentlichen Interesses anzusehen ist (vgl. zur Abgrenzung zwischen "personnage public / public figure", "personnalité politique / politician" und "personne ordinaire / ordinary person": EGMR, Urteile vom 11. Januar 2005, Beschwerde-Nr. 50774/99, Sciacca gegen Italien, §§ 27 ff.; vom 17. Oktober 2006 - Beschwerde-Nr. 71678/01, Gourguenidze gegen Georgien , § 57). Diese Einstufung hat nach den Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts zur Folge, dass über eine solche Person in größerem Umfang berichtet werden darf als über andere Personen, wenn die Information einen hinreichenden Nachrichtenwert mit Orientierungsfunktion im Hinblick auf eine die Allgemeinheit interessierende Sachdebatte hat und die Abwägung keine schwerwiegenden Interessen des Betroffenen ergibt, die einer Veröffentlichung entgegenstehen.
26
c) Im Streitfall führen diese Grundsätze zu folgender Abwägung:
27
Das beanstandete Bild zeigt - worauf der Begleittext selbst hinweist - die Klägerin in einer (völlig) belanglosen Situation beim "Shopping" mit ihrer Putzfrau im Fischerdorf Puerto Andratx auf Mallorca. Das beanstandete Bild ist Teil eines Berichts über "Was jetzt los ist auf Mallorca", in dem jeweils unter Beifügung von Fotografien über die Anwesenheit sog. Prominenter, u.a. der Klägerin, auf der Insel berichtet wird. Der Nachrichtenwert der Berichterstattung hat keinerlei Orientierungsfunktion im Hinblick auf eine die Allgemeinheit interessierende Sachdebatte, sondern beschränkt sich lediglich auf die Information, dass sich die Klägerin zurzeit auf Mallorca aufhalte, wo sie ein Ferienhaus besitze, und dort - wie viele andere Menschen auch - mitunter auch in Begleitung einkaufen gehe. Eine solche Berichterstattung, die nur der Befriedigung des Unterhaltungsinteresses bestimmter Leser dient, mag zwar möglicherweise - worauf es im Streitfall allerdings nicht ankommt - als reine Wortberichterstattung zulässig sein. Sie rechtfertigt es jedoch nicht, dass die Klägerin einen Eingriff in ihr Persönlichkeitsrecht durch Veröffentlichung eines Bildes in dieser zu ihrer Privatsphäre gehörenden Situation ohne ihre Einwilligung nach § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG hinnehmen muss. Insoweit ergibt die gebotene Abwägung zwischen dem Persönlichkeitsrecht der Klägerin und der Pressefreiheit der Beklagten, dass letztere zurückzutreten hat. Hieran vermag auch der Hinweis der Revision nichts zu ändern, dass die Klägerin bei anderen Gelegenheiten der Öffentlichkeit über die Presse Einblicke in ihr Privatleben gewährt habe (vgl. zu einem insoweit anders gelagerten Fall Senatsurteil vom 19. Oktober 2004 - VI ZR 292/03 - aaO mit Nichtannahmebeschluss des BVerfG VersR 2007, 849).

III.

28
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus §§ 91 Abs. 1, 92 Abs. 1, 565, 516 Abs. 3 ZPO. Müller Wellner Diederichsen Stöhr Zoll
Vorinstanzen:
LG Berlin, Entscheidung vom 22.06.2006 - 27 O 1126/05 -
KG Berlin, Entscheidung vom 07.11.2006 - 9 U 148/06 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR 256/06 Verkündet am:
14. Oktober 2008
Böhringer-Mangold,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
GG Art. 5 Abs. 1, 2 Abs. 1; EMRK Art. 8, 10; KUG §§ 22, 23 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2
Interviews einer Person des öffentlichen Interesses können ohne ihre Einwilligung
nur ausnahmsweise die Veröffentlichung eines Fotos zur Bebilderung eines Presseartikels
über ihre Erkrankung rechtfertigen.
BGH, Urteil vom 14. Oktober 2008 - VI ZR 256/06 - Hanseatisches OLG Hamburg
LG Hamburg
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 14. Oktober 2008 durch die Vizepräsidentin Dr. Müller, den Richter
Dr. Greiner, die Richterin Diederichsen und die Richter Pauge und Zoll

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 7. Zivilsenats des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg vom 21. November 2006 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Kläger begehrt mit seiner Klage Unterlassung der erneuten Veröffentlichung eines Fotos, welches einen Beitrag mit der Überschrift "Prinz Ernst August Höllen-Qualen" in der von der Beklagten verlegten Tageszeitung BILD vom 13. April 2005 bebildert hat. Das am 17. Februar 2004 in den Ferien des Klägers auf der Terrasse eines Hotels in Zürs aufgenommene Bild zeigt den Kopf und einen Teil des Oberkörpers des Klägers, während dieser ein Glas zum Mund führt. Die mit der beanstandeten Aufnahme bebilderte Wortberichterstattung befasst sich mit einem Artikel in der französischen Zeitung "Paris Match" über die Einweisung des Klägers in eine Klinik in Monaco wegen einer Entzündung der Bauchspeicheldrüse und gibt eine ärztliche Äußerung zu dieser Erkrankung wieder. Als eine der häufigsten Ursachen dieser Erkrankung wird Alkoholkonsum genannt. Der Artikel endet mit dem Hinweis, dass sich der Zu- stand des Klägers bessere und seine Ehefrau, die ebenfalls mit einer Aufnahme gezeigt wird, ihn für fast fünf Stunden besucht habe.
2
Die Klage hatte in beiden Tatsacheninstanzen Erfolg. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihr Ziel einer Klageabweisung weiter.

Entscheidungsgründe:

I.

3
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seines Urteils im Wesentlichen ausgeführt, dem Kläger stehe ein Anspruch aus §§ 823 Abs. 2, 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB entsprechend in Verbindung mit §§ 22, 23 KUG zu. Es könne unterstellt werden, dass der Kläger die Veröffentlichung eines neutralen oder kontextkonformen Bildes auch ohne Einwilligung hinnehmen müsse, weil seine schwere Erkrankung, die Anlass für die Veröffentlichung gewesen sei, als zeitgeschichtliches Ereignis anzusehen sei. Die Veröffentlichung verletze jedoch die schutzwürdige Privatsphäre des Klägers (§ 23 Abs. 2 KUG). Bei der Frage, in welchem Umfang einer in der Öffentlichkeit stehenden Person Schutz vor der Veröffentlichung von Bildnissen zuzubilligen sei, müsse zwischen dem Persönlichkeitsrecht des Betroffenen einerseits und dem Informationsinteresse der Allgemeinheit sowie der Pressefreiheit auf der anderen Seite abgewogen werden. Dabei sei insbesondere der Schutzumfang von Art. 8 EMRK in der Bestimmung durch die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (künftig: EGMR) vom 24. Juni 2004 zu beachten. Vorliegend sei davon auszugehen, dass sich der Kläger nicht an einem belebten Ort unter vielen Menschen aufgehalten habe, als das beanstandete Bild aufgenommen wor- den sei. Ob sich seinerzeit noch weitere Personen in der Nähe und insbesondere auf der Terrasse aufgehalten hätten, sei streitig. Die Anwesenheit von Freunden oder Bekannten könne nicht zum Verlust des Privatsphärenschutzes führen. Dass sich weitere Personen auf der Terrasse aufgehalten hätten, habe die Beklagte nicht substantiiert vorgetragen.
4
Bei Beachtung der vom EGMR in der genannten Entscheidung aufgestellten Grundsätze für die Abwägung der gegensätzlichen Interessen greife die Veröffentlichung der Aufnahme rechtswidrig in das Recht des Klägers am eigenen Bild ein. Ein Unterhaltungsinteresse der Leser von BILD an Leben, Feriengestaltung und Konsumverhalten des Klägers und seiner Ehefrau rechtfertige nicht die erhebliche Einschränkung des Klägers, wenn er in offensichtlich privaten Lebensbereichen abseits der breiten Öffentlichkeit die Erstellung und Veröffentlichung von Fotos ohne seine Einwilligung hinnehmen müsste. Anderes ergebe sich nicht daraus, dass sich der bebilderte Bericht mit der lebensgefährlichen Erkrankung des Klägers befasse, so dass das Foto die Bebilderung eines besonderen zeitgeschichtlichen Ereignisses darstelle.
5
Die Wortberichterstattung sei möglicherweise mit Rücksicht auf ein vom Kläger am 22. April 2005 gegebenes Interview zu seinem Alkoholkonsum gerechtfertigt. Das schließe jedoch nicht zugleich die beanstandete Aufnahme ein, die unter Eingriff in die Privatsphäre entstanden sei. Die Abwägung der widerstreitenden Interessen führe zu einem Vorrang des Privatsphärenschutzes. Das Interview, welches der Kläger der in Österreich erscheinenden "Kleine Zeitung" zu seiner Erkrankung und zu seinem Trinkverhalten gegeben habe, führe nicht dazu, dass er den Schutz seiner Privatsphäre in Bezug auf eine Berichterstattung über in der Vergangenheit liegende private Treffen zum Trinken verloren, in entsprechende Bildveröffentlichungen eingewilligt oder der Öffentlichkeit einen weiteren Einblick in sein Privatleben eröffnet habe.

II.

6
Diese Beurteilung des Berufungsgerichts hält revisionsrechtlicher Nachprüfung im Ergebnis stand.
7
1. Der erkennende Senat hat nach Erlass des Berufungsurteils in mehreren Entscheidungen zum abgestuften Schutzkonzept der §§ 22, 23 KUG bei Bildveröffentlichungen von "Prominenten" unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des EGMR und des Bundesverfassungsgerichts Stellung genommen (vgl. Senat, BGHZ 174, 262 ff.; Urteile vom 19. Oktober 2004 - VI ZR 292/03 - VersR 2005, 84 ff.; vom 15. November 2005 - VI ZR 286/04 - VersR 2006, 274 ff.; vom 6. März 2007 - VI ZR 13/06 - VersR 2007, 697, 698 f. und - VI ZR 51/06 - NJW 2007, 1977 ff.; vom 19. Juni 2007 - VI ZR 12/06 - VersR 2007, 1135 ff.; vom 3. Juli 2007 - VI ZR 164/06 - VersR 2007, 1283 ff.; vom 13. November 2007 - VI ZR 269/06 - NJW 2008, 1593 ff.; vom 24. Juni 2008 - VI ZR 156/06 - VersR 2008, 1268 ff.; vom 1. Juli 2008 - VI ZR 67/08 - WRP 2008, 1367 ff. und - VI ZR 243/06 - WRP 2008, 1363 ff.). Verfassungsrechtliche Beanstandungen haben sich insoweit nicht ergeben (vgl. BVerfG, Beschluss vom 26. Februar 2008 - 1 BvR 1602/07 u.a. - NJW 2008, 1793 ff.).
8
Nach diesem abgestuften Schutzkonzept dürfen Bildnisse einer Person grundsätzlich nur mit Einwilligung des Abgebildeten verbreitet werden (§ 22 KUG); hiervon macht § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG eine Ausnahme, wenn es sich um Bildnisse aus dem Bereich der Zeitgeschichte handelt. Auch bei Personen, die unter dem Blickwinkel des zeitgeschichtlichen Ereignisses im Sinn des § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG an sich ohne ihre Einwilligung die Verbreitung ihres Bildnisses dulden müssten, ist die Verbreitung einer Abbildung aber dann nicht zuläs- sig, wenn hierdurch berechtigte Interessen des Abgebildeten verletzt werden (§ 23 Abs. 2 KUG).
9
Maßgebend für die Frage, ob es sich um ein Bildnis aus dem Bereich der Zeitgeschichte handelt, ist der Begriff des Zeitgeschehens. Dieser Begriff darf nicht zu eng verstanden werden. Im Hinblick auf den Informationsbedarf der Öffentlichkeit umfasst er nicht nur Vorgänge von historisch-politischer Bedeutung , sondern ganz allgemein das Zeitgeschehen, also alle Fragen von allgemeinem gesellschaftlichem Interesse. Er wird mithin vom Interesse der Öffentlichkeit bestimmt. Das Informationsinteresse besteht indes nicht schrankenlos. Vielmehr wird der Einbruch in die persönliche Sphäre des Abgebildeten durch den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit begrenzt, so dass eine Berichterstattung keineswegs immer zulässig ist. Wo konkret die Grenze für das berechtigte Informationsinteresse der Öffentlichkeit an der aktuellen Berichterstattung zu ziehen ist, lässt sich nur unter Berücksichtigung der jeweiligen Umstände des Einzelfalls entscheiden.
10
Zum Kern der Presse- und der Meinungsbildungsfreiheit gehört, dass die Presse in den gesetzlichen Grenzen einen ausreichenden Spielraum besitzt, innerhalb dessen sie nach ihren publizistischen Kriterien entscheiden kann, was sie des öffentlichen Interesses für wert hält, und dass sich im Meinungsbildungsprozess herausstellt, was eine Angelegenheit von öffentlichem Interesse ist (vgl. Senat, Urteile vom 15. November 2005 - VI ZR 286/04 - aaO, 275; vom 6. März 2007 - VI ZR 51/06 - aaO, 1979 f.; BVerfG, BVerfGE 101, 361, 392). Auch der EGMR hat in seinem Urteil vom 24. Juni 2004 (NJW 2004, 2647, 2649 f., §§ 58, 60, 63) die Bedeutung der Pressefreiheit unter Hinweis auf Art. 10 EMRK hervorgehoben und ausgeführt, dass die Presse in einer demokratischen Gesellschaft eine wesentliche Rolle spiele und es ihre Aufgabe sei, Informationen und Ideen zu allen Fragen von Allgemeininteresse weiter- zugeben. Das steht mit dem oben dargelegten Begriff der Zeitgeschichte in Einklang.
11
a) Die Anwendung des § 23 Abs. 1 KUG erfordert hiernach eine Abwägung zwischen den Rechten der Abgebildeten nach Art. 8 Abs. 1 EMRK, Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG einerseits und den Rechten der Presse aus Art. 10 Abs. 1 EMRK, Art. 5 Abs. 1 GG andererseits. Die Grundrechte der Pressefreiheit (Art. 5 Abs. 1 GG) und des Schutzes der Persönlichkeit (Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG) sind ihrerseits nicht vorbehaltlos gewährleistet und werden von §§ 22 f. KUG sowie Art. 8 und 10 EMRK beeinflusst, wie der Senat schon mehrfach näher ausgeführt hat (vgl. Urteile vom 1. Juli 2008 - VI ZR 67/08 - aaO und - VI ZR 243/06 - aaO).
12
b) Die Reichweite des Schutzes des Rechts am eigenen Bild wird davon beeinflusst, ob eine Information in die breite Öffentlichkeit der Massenmedien überführt wird und damit nicht auf einen engen Personenkreis begrenzt bleibt. Andererseits wird das Gewicht der das Persönlichkeitsrecht gegebenenfalls beschränkenden Pressefreiheit davon beeinflusst, ob die Berichterstattung eine Angelegenheit betrifft, welche die Öffentlichkeit wesentlich berührt (vgl. BVerfG, BVerfGE 7, 198, 212; NJW 2006, 1865; EGMR, Urteil vom 17. Oktober 2006, Beschwerde-Nr. 71678/01, Gourguenidze gegen Georgien, § 55). Mit der Entscheidung , ein Bild einer Person abzudrucken und in den Kontext eines bestimmten Berichts zu rücken, nutzen die Medien ihre grundrechtlich geschützte Befugnis, selbst zu entscheiden, was sie für berichtenswert halten. Dabei haben sie jedoch den Persönlichkeitsschutz Betroffener zu berücksichtigen.
13
Wie das Bundesverfassungsgericht in seinem Beschluss vom 26. Februar 2008 (- 1 BvR 1602/07 u.a. - aaO, 1796) dargelegt hat, können prominente Personen der Allgemeinheit Möglichkeiten der Orientierung bei ei- genen Lebensentwürfen bieten sowie Leitbild- oder Kontrastfunktionen erfüllen. Auch die Normalität ihres Alltagslebens kann der Meinungsbildung zu Fragen von allgemeinem Interesse dienen (so bereits BVerfG, BVerfGE 101, 361, 390 f.). Das gilt auch für die Bebilderung unterhaltender Beiträge als einen wesentlichen Bestandteil der Medienbetätigung, der durch die Pressefreiheit geschützt wird, zumal der publizistische und wirtschaftliche Erfolg der Presse auf unterhaltende Inhalte und entsprechende Abbildungen angewiesen sein kann und die Bedeutung visueller Darstellungen beträchtlich zugenommen hat. Hiernach gilt die Pressefreiheit auch für unterhaltende Beiträge über das Privatoder Alltagsleben von Prominenten und ihres sozialen Umfelds einschließlich ihnen nahestehender Personen. Allerdings bedarf es gerade bei unterhaltenden Inhalten der begleitenden Texte in besonderem Maß einer abwägenden Berücksichtigung der kollidierenden Rechtspositionen der Betroffenen.
14
Für die Abwägung zwischen der Pressefreiheit und dem Persönlichkeitsrecht des Betroffenen ist von maßgeblicher Bedeutung, ob die Presse im konkreten Fall eine Angelegenheit von öffentlichem Interesse ernsthaft und sachbezogen erörtert, damit den Informationsanspruch des Publikums erfüllt und zur Bildung der öffentlichen Meinung beiträgt oder ob sie lediglich die Neugier der Leser nach privaten Angelegenheiten prominenter Personen befriedigt (vgl. BVerfG, BVerfGE 34, 269, 283; 101, 361, 391). Insoweit hat das Bundesverfassungsgericht im Beschluss vom 26. Februar 2008 aaO hervorgehoben, dass das Selbstbestimmungsrecht der Presse nicht auch die Entscheidung umfasst, wie das Informationsinteresse zu gewichten ist, sondern diese Gewichtung zum Zweck der Abwägung mit gegenläufigen Interessen der Betroffenen vielmehr im Fall eines Rechtsstreits den Gerichten obliegt. Diese haben allerdings im Hinblick auf das Zensurverbot des Art. 5 Abs. 1 Satz 3 GG von einer inhaltlichen Bewertung - etwa als wertvoll oder wertlos, seriös oder unseriös o.ä. - abzuse- hen und sind auf die Prüfung beschränkt, in welchem Ausmaß der Bericht einen Beitrag für die öffentliche Meinungsbildung erbringen kann.
15
c) Der Informationswert einer Bildberichterstattung ist, soweit das Bild nicht schon als solches eine für die öffentliche Meinungsbildung bedeutsame Aussage enthält, im Kontext der dazugehörenden Wortberichterstattung zu ermitteln (vgl. Senat, BGHZ 158, 218, 223; Urteil vom 19. Oktober 2004 - VI ZR 292/03 - VersR 2005, 84, 85 f.). Beschränkt sich der begleitende Bericht allerdings darauf, lediglich einen Anlass für die Abbildung prominenter Personen zu schaffen, ohne dass die Berichterstattung einen Beitrag zur öffentlichen Meinungsbildung erkennen lässt (vgl. hierzu das Urteil des erkennenden Senats vom 1. Juli 2008 - VI ZR 243/06 - aaO, 1366), ist es nicht angezeigt, dem Veröffentlichungsinteresse den Vorrang vor dem Persönlichkeitsschutz einzuräumen.
16
d) Daneben sind bei einer Bildberichterstattung für die Gewichtung der Belange des Persönlichkeitsschutzes auch der Anlass und die zur Darlegungslast der Presse stehenden Umstände (vgl. BVerfG, Beschluss vom 26. Februar 2008 - 1 BvR 1602/07 u.a. - aaO) zu berücksichtigen, unter denen die Aufnahme entstanden ist, etwa unter Ausnutzung von Heimlichkeit oder beharrlicher Nachstellung. Auch ist bedeutsam, in welcher Situation der Betroffene erfasst und wie er dargestellt wird. Die Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts wiegt schwerer, wenn die visuelle Darstellung durch Ausbreitung von üblicherweise öffentlicher Erörterung entzogenen Einzelheiten des privaten Lebens thematisch die Privatsphäre berührt oder wenn der Betroffene nach den Umständen typischer Weise die berechtigte Erwartung haben durfte, nicht in den Medien abgebildet zu werden. Das kann nicht nur bei einer durch räumliche Privatheit geprägten Situation, sondern außerhalb örtlicher Abgeschiedenheit auch in Momenten der Entspannung oder des Sich-Gehen-Lassens außerhalb der Einbindung in die Pflichten des Berufs und des Alltags der Fall sein.
17
2. a) Diese Grundsätze sind auf Abbildungen des Klägers anzuwenden, da er als Person des öffentlichen Interesses anzusehen ist ("personnage public / public figure" in Abgrenzung zur "personnalité politique / politician" einerseits und "personne ordinaire / ordinary person" andererseits, vgl. EGMR, Urteile vom 11. Januar 2005, Beschwerde-Nr. 50774/99, Sciacca gegen Italien, §§ 27 ff. und vom 17. Oktober 2006 - Beschwerde-Nr. 71678/01, Gourguenidze gegen Georgien, § 57). Diese Einstufung hat nach den Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts zur Folge, dass über eine solche Person in größerem Umfang berichtet werden darf als über andere Personen, wenn die Information einen hinreichenden Nachrichtenwert mit Orientierungsfunktion im Hinblick auf eine die Allgemeinheit interessierende Sachdebatte hat und in die Abwägung keine schwerwiegenden Interessen des Betroffenen einzustellen sind, die einer Veröffentlichung entgegenstehen.
18
b) Für den Streitfall führt das zu folgender Abwägung:
19
aa) Das von der Beklagten veröffentlichte Foto zeigt den Kläger, der aus einem Glas trinkt. Das Bild ist unstreitig auf der Hotelterrasse des "Sporthotel L." in Zürs am Arlberg entstanden. Die Revision zeigt keinen Vortrag der Beklagten vor dem Tatrichter dazu auf, dass der Kläger sich aus anderen als privaten Gründen ("offiziellen" Gründen) dort aufgehalten hätte. Die beanstandete Aufnahme hat damit jedoch auch bei großzügigem Verständnis keinen Bezug zu einem zeitgeschichtlichen Ereignis, sondern befasst sich ausschließlich mit der Privatsphäre des Klägers, der ein Getränk zu sich nimmt.
20
Die begleitende Wortberichterstattung betrifft die schwere Erkrankung des Klägers an einer Entzündung der Bauchspeicheldrüse und lässt anklingen, dass diese durch Alkoholgenuss verursacht sein kann. Auch die Wortberichterstattung betrifft damit - entgegen der Annahme des Berufungsgerichts und der Revision - die Privatsphäre des Klägers, zu der - anders als etwa bei wichtigen Politikern, Wirtschaftsführern oder Staatsoberhäuptern (vgl. Senat, Urteil vom 6. März 2007 - VI ZR 51/06 - aaO) - nicht nur dessen Erkrankung (vgl. Senat, Urteil vom 5. Dezember 1995 - VI ZR 332/94 - VersR 1996, 339; BVerfGE 32, 373, 379 f.), sondern auch eine etwa erforderliche Behandlung gehört.
21
Selbst wenn unter dem Blickpunkt gesundheitlicher Schäden durch Alkoholmissbrauch ein Informationsinteresse der Öffentlichkeit am Zusammenhang zwischen diesem und Erkrankungen der Bauchspeicheldrüse bejaht werden könnte, steht hier der beanstandeten Veröffentlichung das Interesse des Klägers am Schutz der eigenen Privatsphäre entgegen, zu der auch - mit den oben erwähnten Ausnahmen - der Gesundheitszustand gehört, also sein Interesse am Schutz privater Vorgänge, die einfach - wie das Bundesverfassungsgericht formuliert hat (NJW 2008, 39, 44) - nichts in der Öffentlichkeit zu suchen haben. Daran vermag nach Auffassung des erkennenden Senats auch der Bekanntheitsgrad des Klägers nichts zu ändern, weil es bei seinem Gesundheitszustand um eine höchstpersönliche Angelegenheit geht und nicht ersichtlich ist, weshalb dieser im konkreten Fall von Interesse für die Öffentlichkeit sein könnte (zu möglichen Ausnahmen vgl. Senat, BGHZ 171, 275, 286 f.). Auch der gleichzeitige Tod des damals regierenden Fürsten von Monaco, des Schwiegervaters des Klägers, ändert hieran nichts.
22
Bei dieser Sachlage haben die Rechte der Presse aus Art. 10 EMRK, Art. 5 Abs. 1 GG im Streitfall hinter den Schutz des Persönlichkeitsrechts des Klägers (Art. 8 EMRK, Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG) zurückzutreten.
23
bb) Entgegen der Ansicht der Revision führt es zu keiner anderen Beurteilung , dass sich der Kläger im April 2005, also geraume Zeit nach Entstehen der beanstandeten Aufnahme und zwei Tage nach Erscheinen des mit dieser bebilderten Artikels, in Interviews zu seiner Erkrankung geäußert hat.
24
Zwar kann man sich im Allgemeinen nicht auf ein Recht zur Privatheit hinsichtlich solcher Tatsachen berufen, die man selbst der Öffentlichkeit preisgegeben hat (vgl. BVerfG, BVerfGE 101, 361, 385; Senat, Urteile vom 9. Dezember 2003 - VI ZR 373/02 - VersR 2004, 522, 524 und - VI ZR 404/02 - VersR 2004, 525, 526). Der Schutz der Privatsphäre vor öffentlicher Kenntnisnahme entfällt nämlich, soweit sich jemand selbst damit einverstanden zeigt, dass bestimmte, gewöhnlich als privat geltende Angelegenheiten öffentlich gemacht werden; die Erwartung, dass die Öffentlichkeit die Angelegenheiten oder Verhaltensweisen in einem Bereich mit Rückzugsfunktion nur begrenzt oder nicht zur Kenntnis nimmt, muss situationsübergreifend und konsistent zum Ausdruck gebracht werden (BVerfG, BVerfGE 101, 361, 385; Senat, Urteil vom 19. Oktober 2004 - VI ZR 292/03 - VersR 2005, 84, 85 f.). Dies gilt auch und insbesondere für den Bildnisschutz bei Anwendung der §§ 22, 23 KUG. Die beanstandete Aufnahme stammt indes aus einer Zeit, in der der Kläger seine Privatsphäre noch nicht preisgegeben hatte, so dass eine Veröffentlichung mangels eines berechtigten Informationsinteresses rechtswidrig war. Nach allem kommt es nicht darauf an, ob bereits die beanstandete Aufnahme unter Verletzung der Privatsphäre entstanden ist, nämlich unter Umständen, die schon für sich genommen die Veröffentlichung unzulässig machen (vgl. BVerfG, BVerfGE 101, 361, 394 f.; NJW 2008, 1793, 1797), ob also hier auch der Schutz vor heimlich gefertigten Aufnahmen eingreift, wobei es gegebenenfalls zur Darlegungs - und Beweislast der Beklagten stünde, unter welchen Umständen die jeweilige Aufnahme entstanden ist (vgl. BVerfG aaO 1797).

25
3. Nach allem ist die Revision der Beklagten mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen. Müller Greiner Diederichsen Pauge Zoll
Vorinstanzen:
LG Hamburg, Entscheidung vom 31.03.2006 - 324 O 462/05 -
OLG Hamburg, Entscheidung vom 21.11.2006 - 7 U 57/06 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR 272/06 Verkündet am:
14. Oktober 2008
Böhringer-Mangold,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
GG Art. 5 Abs. 1, 2 Abs. 1; EMRK Art. 8, 10; KUG §§ 22, 23 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2
Zur Privatsphäre auch einer Person des öffentlichen Interesses gehört grundsätzlich
die eigene Erkrankung; Ausnahmen können bei einem besonderen Personenkreis
wie beispielsweise wichtigen Politikern, Wirtschaftsführern oder Staatsoberhäuptern
bestehen.
BGH, Urteil vom 14. Oktober 2008 - VI ZR 272/06 - Hanseatisches OLG Hamburg
LG Hamburg
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 14. Oktober 2008 durch die Vizepräsidentin Dr. Müller, den Richter
Dr. Greiner, die Richterin Diederichsen und die Richter Pauge und Zoll

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 7. Zivilsenats des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg vom 21. November 2006 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Kläger begehrt mit seiner Klage Unterlassung der erneuten Veröffentlichung eines Fotos, welches im Rahmen eines Beitrags mit der Überschrift "Caroline - was wird jetzt aus ihr? Sie weinte am Grab ihres Vaters. Sie weint am Bett ihres Mannes. Und Monaco macht sich Sorgen um sie" in der von der Beklagten verlegten Zeitschrift NEUE REVUE Nr. 17/05 vom 20. April 2005 erschienen ist. Auf dem Bild sitzen der Kläger und seine Ehefrau auf der Terrasse eines Hotels vor mehreren leeren Gläsern am Tisch. Sie hebt eine Flasche an. Die Bildnebenschrift lautet: "2003, Zürs am Arlberg, Sonnenterrasse, ca. 13 Uhr. Die Gläser sind leer. Caroline prüft, ob in der Flasche noch Wein ist." Der mit der Aufnahme eingeleitete Bericht befasst sich damit, dass der Kläger "wie im Rausch" lebe. Eine Überschrift in Fettdruck lautet: "Weißwein in der Strandbar. Rotwein im Sporthotel. Und zur Entgiftung nach Meran". Der Kläger sei mit seiner Frau vor fünf Jahren in einer Entgiftungsklinik P. an der Mosel gewesen. Seine lebensgefährliche Bauchspeicheldrüsenentzündung habe zur Krankenhauseinweisung geführt und zur Folge, dass er nie wieder trinken dürfe. Hervorgehoben ist: "Ärzte warnen: Kein Tropfen Alkohol mehr für Prinz Ernst August, sonst ..."
2
Die Klage hatte in beiden Tatsacheninstanzen Erfolg. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihr Ziel einer Klageabweisung weiter.

Entscheidungsgründe:

I.

3
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seines Urteils im Wesentlichen ausgeführt, dem Kläger stehe ein Anspruch aus §§ 823 Abs. 2, 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB in Verbindung mit §§ 22, 23 KUG zu. Es könne unterstellt werden, dass der Kläger die Veröffentlichung eines neutralen oder kontextkonformen Bildes auch ohne Einwilligung hinnehmen müsse, weil seine schwere Erkrankung, die Anlass für die Veröffentlichung gewesen sei, als zeitgeschichtliches Ereignis anzusehen sei. Auch sei er Begleiter seiner Ehefrau, einer so genannten absoluten Person der Zeitgeschichte gewesen. Die Veröffentlichung verletze jedoch die schutzwürdige Privatsphäre des Klägers (§ 23 Abs. 2 KUG).
4
Bei der Frage, in welchem Umfang einer in der Öffentlichkeit stehenden Person Schutz vor der Veröffentlichung von Bildnissen zuzubilligen sei, sei abzuwägen zwischen dem Persönlichkeitsrecht des Betroffenen einerseits und dem Informationsinteresse der Allgemeinheit sowie der Pressefreiheit auf der anderen Seite. Dabei sei insbesondere der Schutzumfang von Art. 8 EMRK in der Bestimmung durch die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (künftig: EGMR) vom 24. Juni 2004 zu beachten. Vorliegend sei davon auszugehen, dass sich der Kläger nicht an einem belebten Ort unter vielen Menschen aufgehalten habe, als das beanstandete Bild aufgenommen worden sei. Auf dem Foto seien außer dem Kläger und seiner Ehefrau keine weiteren Personen zu sehen. Ob auf der Aufnahme, aus der das veröffentlichte Bild ausgeschnitten worden sei, eine weitere Person abgebildet sei, sei nicht sicher zu erkennen; sie lasse jedenfalls nicht den Schluss zu, der Kläger habe sich an einem belebten Ort unter vielen Personen befunden. Dass der Tisch des Ehepaars von der öffentlichen Straße aus einsehbar sei, sei nicht substantiiert vorgetragen und auch nur von Bedeutung, wenn sich auf dieser Straße viele Menschen aufhielten. Die Beklagte habe im Einzelnen vortragen müssen, wie die Sichtverhältnisse bei Entstehung der Aufnahme gewesen seien.
5
Bei Beachtung der vom EGMR in der genannten Entscheidung aufgestellten Grundsätze für die Abwägung der gegensätzlichen Interessen greife die Veröffentlichung der Aufnahme rechtswidrig in das Recht des Klägers am eigenen Bild ein. Ein Unterhaltungsinteresse der Leser der Zeitschrift NEUE REVUE an Leben, Feriengestaltung und Konsumverhalten des Klägers und seiner Ehefrau rechtfertige nicht die erhebliche Einschränkung des Klägers, wenn er in offensichtlich privaten Lebensbereichen abseits der breiten Öffentlichkeit die Erstellung und Veröffentlichung von Fotos ohne seine Einwilligung hinnehmen müsste. Anderes ergebe sich nicht daraus, dass sich der bebilderte Bericht mit der lebensgefährlichen Erkrankung des Klägers befasse.
6
Die Wortberichterstattung sei möglicherweise mit Rücksicht auf das nach der Veröffentlichung der beanstandeten Aufnahme vom Kläger der in Österreich erscheinenden "Kleine Zeitung" zu seiner Erkrankung und zu seinem Alkohol- konsum gegebene Interview gerechtfertigt. Das schließe jedoch nicht die beanstandete Aufnahme ein, die unter Eingriff in die Privatsphäre entstanden sei. Die Abwägung der widerstreitenden Interessen führe zu einem Vorrang des Privatsphärenschutzes. Das Interview führe auch nicht dazu, dass der Kläger den Schutz seiner Privatsphäre in Bezug auf eine Berichterstattung über in der Vergangenheit liegende private Treffen verloren oder in entsprechende Bildveröffentlichungen eingewilligt habe.

II.

7
Diese Beurteilung des Berufungsgerichts hält revisionsrechtlicher Nachprüfung im Ergebnis stand.
8
1. Der erkennende Senat hat nach Erlass des Berufungsurteils in mehreren Entscheidungen zum abgestuften Schutzkonzept der §§ 22, 23 KUG bei Bildveröffentlichungen von "Prominenten" unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des EGMR und des Bundesverfassungsgerichts Stellung genommen (vgl. Senat, BGHZ 174, 262 ff.; Urteile vom 19. Oktober 2004 - VI ZR 292/03 - VersR 2005, 84 ff.; vom 15. November 2005 - VI ZR 286/04 - VersR 2006, 274 ff.; vom 6. März 2007 - VI ZR 13/06 - VersR 2007, 697, 698 f. und - VI ZR 51/06 - NJW 2007, 1977 ff.; vom 19. Juni 2007 - VI ZR 12/06 - VersR 2007, 1135 ff.; vom 3. Juli 2007 - VI ZR 164/06 - VersR 2007, 1283 ff.; vom 13. November 2007 - VI ZR 269/06 - NJW 2008, 1593 ff.; vom 24. Juni 2008 - VI ZR 156/06 - VersR 2008, 1268 ff.; vom 1. Juli 2008 - VI ZR 67/08 - WRP 2008, 1367 ff. und - VI ZR 243/06 - WRP 2008, 1363 ff.). Verfassungsrechtliche Beanstandungen haben sich insoweit nicht ergeben (vgl. BVerfG, Beschluss vom 26. Februar 2008 - 1 BvR 1602/07 u.a. - NJW 2008, 1793 ff.).
9
Nach diesem abgestuften Schutzkonzept dürfen Bildnisse einer Person grundsätzlich nur mit Einwilligung des Abgebildeten verbreitet werden (§ 22 KUG); hiervon macht § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG eine Ausnahme, wenn es sich um Bildnisse aus dem Bereich der Zeitgeschichte handelt. Auch bei Personen, die unter dem Blickwinkel des zeitgeschichtlichen Ereignisses im Sinn des § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG an sich ohne ihre Einwilligung die Verbreitung ihres Bildnisses dulden müssten, ist die Verbreitung einer Abbildung aber dann nicht zulässig , wenn hierdurch berechtigte Interessen des Abgebildeten verletzt werden (§ 23 Abs. 2 KUG).
10
Maßgebend für die Frage, ob es sich um ein Bildnis aus dem Bereich der Zeitgeschichte handelt, ist der Begriff des Zeitgeschehens. Dieser Begriff darf nicht zu eng verstanden werden. Im Hinblick auf den Informationsbedarf der Öffentlichkeit umfasst er nicht nur Vorgänge von historisch-politischer Bedeutung , sondern ganz allgemein das Zeitgeschehen, also alle Fragen von allgemeinem gesellschaftlichem Interesse. Er wird mithin vom Interesse der Öffentlichkeit bestimmt. Das Informationsinteresse besteht indes nicht schrankenlos. Vielmehr wird der Einbruch in die persönliche Sphäre des Abgebildeten durch den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit begrenzt, so dass eine Berichterstattung keineswegs immer zulässig ist. Wo konkret die Grenze für das berechtigte Informationsinteresse der Öffentlichkeit an der aktuellen Berichterstattung zu ziehen ist, lässt sich nur unter Berücksichtigung der jeweiligen Umstände des Einzelfalls entscheiden.
11
Zum Kern der Presse- und der Meinungsbildungsfreiheit gehört, dass die Presse in den gesetzlichen Grenzen einen ausreichenden Spielraum besitzt, innerhalb dessen sie nach ihren publizistischen Kriterien entscheiden kann, was sie des öffentlichen Interesses für wert hält, und dass sich im Meinungsbildungsprozess herausstellt, was eine Angelegenheit von öffentlichem Interesse ist (vgl. Senat, Urteile vom 15. November 2005 - VI ZR 286/04 - aaO, 275; vom 6. März 2007 - VI ZR 51/06 - aaO, 1979 f.; BVerfG, BVerfGE 101, 361, 392). Auch der EGMR hat in seinem Urteil vom 24. Juni 2004 (NJW 2004, 2647, 2649 f., §§ 58, 60, 63) die Bedeutung der Pressefreiheit unter Hinweis auf Art. 10 EMRK hervorgehoben und ausgeführt, dass die Presse in einer demokratischen Gesellschaft eine wesentliche Rolle spiele und es ihre Aufgabe sei, Informationen und Ideen zu allen Fragen von Allgemeininteresse weiterzugeben. Das steht mit dem oben dargelegten Begriff der Zeitgeschichte in Einklang.
12
a) Die Anwendung des § 23 Abs. 1 KUG erfordert hiernach eine Abwägung zwischen den Rechten der Abgebildeten nach Art. 8 Abs. 1 EMRK, Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG einerseits und den Rechten der Presse aus Art. 10 Abs. 1 EMRK, Art. 5 Abs. 1 GG andererseits. Die Grundrechte der Pressefreiheit (Art. 5 Abs. 1 GG) und des Schutzes der Persönlichkeit (Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG) sind ihrerseits nicht vorbehaltlos gewährleistet und werden von §§ 22 f. KUG sowie Art. 8 und 10 EMRK beeinflusst, wie der Senat schon mehrfach näher ausgeführt hat (vgl. Urteile vom 1. Juli 2008 - VI ZR 67/08 - aaO und - VI ZR 243/06 - aaO).
13
b) Die Reichweite des Schutzes des Rechts am eigenen Bild wird davon beeinflusst, ob eine Information in die breite Öffentlichkeit der Massenmedien überführt wird und damit nicht auf einen engen Personenkreis begrenzt bleibt. Andererseits wird das Gewicht der das Persönlichkeitsrecht gegebenenfalls beschränkenden Pressefreiheit davon beeinflusst, ob die Berichterstattung eine Angelegenheit betrifft, welche die Öffentlichkeit wesentlich berührt (vgl. BVerfG, BVerfGE 7, 198, 212; NJW 2006, 1865; EGMR, Urteil vom 17. Oktober 2006, Beschwerde-Nr. 71678/01, Gourguenidze gegen Georgien, § 55). Mit der Entscheidung , ein Bild einer Person abzudrucken und in den Kontext eines be- stimmten Berichts zu rücken, nutzen die Medien ihre grundrechtlich geschützte Befugnis, selbst zu entscheiden, was sie für berichtenswert halten. Dabei haben sie jedoch den Persönlichkeitsschutz Betroffener zu berücksichtigen.
14
Wie das Bundesverfassungsgericht in seinem Beschluss vom 26. Februar 2008 (- 1 BvR 1602/07 u.a. - aaO, 1796) dargelegt hat, können prominente Personen der Allgemeinheit Möglichkeiten der Orientierung bei eigenen Lebensentwürfen bieten sowie Leitbild- oder Kontrastfunktionen erfüllen. Auch die Normalität ihres Alltagslebens kann der Meinungsbildung zu Fragen von allgemeinem Interesse dienen (so bereits BVerfG, BVerfGE 101, 361, 390 f.). Das gilt auch für die Bebilderung unterhaltender Beiträge als einen wesentlichen Bestandteil der Medienbetätigung, der durch die Pressefreiheit geschützt wird, zumal der publizistische und wirtschaftliche Erfolg der Presse auf unterhaltende Inhalte und entsprechende Abbildungen angewiesen sein kann und die Bedeutung visueller Darstellungen beträchtlich zugenommen hat. Hiernach gilt die Pressefreiheit auch für unterhaltende Beiträge über das Privatoder Alltagsleben von Prominenten und ihres sozialen Umfelds einschließlich ihnen nahestehender Personen. Allerdings bedarf es gerade bei unterhaltenden Inhalten der begleitenden Texte in besonderem Maß einer abwägenden Berücksichtigung der kollidierenden Rechtspositionen der Betroffenen.
15
Für die Abwägung zwischen der Pressefreiheit und dem Persönlichkeitsrecht des Betroffenen ist von maßgeblicher Bedeutung, ob die Presse im konkreten Fall eine Angelegenheit von öffentlichem Interesse ernsthaft und sachbezogen erörtert, damit den Informationsanspruch des Publikums erfüllt und zur Bildung der öffentlichen Meinung beiträgt oder ob sie lediglich die Neugier der Leser nach privaten Angelegenheiten prominenter Personen befriedigt (vgl. BVerfG, BVerfGE 34, 269, 283; 101, 361, 391). Insoweit hat das Bundesverfassungsgericht im Beschluss vom 26. Februar 2008 aaO hervorgehoben, dass das Selbstbestimmungsrecht der Presse nicht auch die Entscheidung umfasst, wie das Informationsinteresse zu gewichten ist, sondern diese Gewichtung zum Zweck der Abwägung mit gegenläufigen Interessen der Betroffenen vielmehr im Fall eines Rechtsstreits den Gerichten obliegt. Diese haben allerdings im Hinblick auf das Zensurverbot des Art. 5 Abs. 1 Satz 3 GG von einer inhaltlichen Bewertung - etwa als wertvoll oder wertlos, seriös oder unseriös o.ä. - abzusehen und sind auf die Prüfung beschränkt, in welchem Ausmaß der Bericht einen Beitrag für die öffentliche Meinungsbildung erbringen kann.
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c) Der Informationswert einer Bildberichterstattung ist, soweit das Bild nicht schon als solches eine für die öffentliche Meinungsbildung bedeutsame Aussage enthält, im Kontext der dazugehörenden Wortberichterstattung zu ermitteln (vgl. Senat, BGHZ 158, 218, 223; Urteil vom 19. Oktober 2004 - VI ZR 292/03 - VersR 2005, 84, 85 f.). Beschränkt sich der begleitende Bericht allerdings darauf, lediglich einen Anlass für die Abbildung prominenter Personen zu schaffen, ohne dass die Berichterstattung einen Beitrag zur öffentlichen Meinungsbildung erkennen lässt (vgl. hierzu das Urteil des erkennenden Senats vom 1. Juli 2008 - VI ZR 243/06 - aaO, 1366), ist es nicht angezeigt, dem Veröffentlichungsinteresse den Vorrang vor dem Persönlichkeitsschutz einzuräumen.
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d) Daneben sind bei einer Bildberichterstattung für die Gewichtung der Belange des Persönlichkeitsschutzes auch der Anlass und die zur Darlegungslast der Presse stehenden Umstände (vgl. BVerfG, Beschluss vom 26. Februar 2008 - 1 BvR 1602/07 u.a. - aaO) zu berücksichtigen, unter denen die Aufnahme entstanden ist, etwa unter Ausnutzung von Heimlichkeit oder beharrlicher Nachstellung. Auch ist bedeutsam, in welcher Situation der Betroffene erfasst und wie er dargestellt wird. Die Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts wiegt schwerer, wenn die visuelle Darstellung durch Ausbreitung von üblicherweise öffentlicher Erörterung entzogenen Einzelheiten des privaten Lebens thematisch die Privatsphäre berührt oder wenn der Betroffene nach den Umständen typischer Weise die berechtigte Erwartung haben durfte, nicht in den Medien abgebildet zu werden. Das kann nicht nur bei einer durch räumliche Privatheit geprägten Situation, sondern außerhalb örtlicher Abgeschiedenheit auch in Momenten der Entspannung oder des Sich-Gehen-Lassens außerhalb der Einbindung in die Pflichten des Berufs und des Alltags der Fall sein.
18
2. a) Diese Grundsätze sind auf Abbildungen des Klägers anzuwenden, da er als Person des öffentlichen Interesses anzusehen ist ("personnage public / public figure" in Abgrenzung zur "personnalité politique / politician" einerseits und "personne ordinaire / ordinary person" andererseits, vgl. EGMR, Urteile vom 11. Januar 2005, Beschwerde-Nr. 50774/99, Sciacca gegen Italien, §§ 27 ff. und vom 17. Oktober 2006 - Beschwerde-Nr. 71678/01, Gourguenidze gegen Georgien, § 57). Diese Einstufung hat nach den Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts zur Folge, dass über eine solche Person in größerem Umfang berichtet werden darf als über andere Personen, wenn die Information einen hinreichenden Nachrichtenwert mit Orientierungsfunktion im Hinblick auf eine die Allgemeinheit interessierende Sachdebatte hat und in die Abwägung keine schwerwiegenden Interessen des Betroffenen einzustellen sind, die einer Veröffentlichung entgegenstehen.
19
b) Für den Streitfall führt das zu folgender Abwägung:
20
aa) Das von der Beklagten veröffentlichte Foto zeigt den Kläger mit seiner Ehefrau laut Bildnebenschrift im Jahre 2003 auf einer Sonnenterrasse in Zürs am Arlberg. Das Bild ist unstreitig während des Erholungsaufenthalts der Eheleute entstanden, der auch bei "Prominenten" zum grundsätzlich geschützten Kernbereich der Privatsphäre gehört. Die begleitende Wortberichterstattung betrifft darüber hinaus die schwere Erkrankung des Klägers an einer Entzün- dung der Bauchspeicheldrüse und lässt anklingen, dass diese durch übermäßigen Alkoholgenuss verursacht sein kann. Sie hat damit jedoch auch bei großzügigem Verständnis keinen Bezug zu einem zeitgeschichtlichen Ereignis, sondern befasst sich ausschließlich mit der Privatsphäre des Klägers. Zu dieser gehört - was allerdings bei einem besonderen Personenkreis wie beispielsweise wichtigen Politikern, Wirtschaftsführern oder Staatsoberhäuptern anders sein kann (vgl. Senat, Urteil vom 6. März 2007 - VI ZR 51/06 - aaO, 1980) - die eigene Erkrankung (vgl. Senat, Urteil vom 5. Dezember 1995 - VI ZR 332/94 - VersR 1996, 339, 340; BVerfGE 32, 373, 379 f.; 101, 361, 382). Selbst wenn unter dem Blickpunkt gesundheitlicher Schäden durch Alkoholmissbrauch ein Informationsinteresse der Öffentlichkeit am Zusammenhang zwischen diesem und Erkrankungen der Bauchspeicheldrüse bejaht werden könnte, steht hier der beanstandeten Veröffentlichung das Interesse des Klägers am Schutz der eigenen Privatsphäre entgegen, zu der auch - mit den oben erwähnten Ausnahmen - der Gesundheitszustand gehört, also sein Interesse am Schutz privater Vorgänge, die einfach - wie das Bundesverfassungsgericht formuliert hat (NJW 2008, 39, 44) - nichts in der Öffentlichkeit zu suchen haben. Daran vermag nach Auffassung des erkennenden Senats auch der Bekanntheitsgrad des Klägers nichts zu ändern, weil es bei seinem Gesundheitszustand um eine höchstpersönliche Angelegenheit geht und nicht ersichtlich ist, weshalb dieser im konkreten Fall von Interesse für die Öffentlichkeit sein könnte (zu möglichen Ausnahmen vgl. Senat, BGHZ 171, 275, 286 f.). Auch der gleichzeitige Tod des Schwiegervaters des Klägers ändert hieran nichts.
21
Bei dieser Sachlage haben die Rechte der Presse aus Art. 10 EMRK, Art. 5 Abs. 1 GG im Streitfall hinter den Schutz des Persönlichkeitsrechts des Klägers (Art. 8 EMRK, Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG) zurückzutreten.
22
bb) Entgegen der Ansicht der Revision ändert sich an diesem Ergebnis nichts dadurch, dass der Kläger sich nach seiner lebensgefährlichen Erkrankung im April 2005, also geraume Zeit nach Entstehen der beanstandeten Aufnahme und zwei Tage nach Erscheinen des mit dieser bebilderten Artikels in Interviews zu seiner Erkrankung geäußert hat.
23
Zwar kann man sich im Allgemeinen nicht auf ein Recht zur Privatheit hinsichtlich solcher Tatsachen berufen, die man selbst der Öffentlichkeit preisgegeben hat (BVerfG, BVerfGE 101, 361, 385; Senat, Urteile vom 9. Dezember 2003 - VI ZR 373/02 - VersR 2004, 522, 524 und - VI ZR 404/02 - VersR 2004, 525, 526). Der Schutz der Privatsphäre vor öffentlicher Kenntnisnahme entfällt nämlich, soweit sich jemand selbst damit einverstanden zeigt, dass bestimmte, gewöhnlich als privat geltende Angelegenheiten öffentlich gemacht werden; die Erwartung, dass die Öffentlichkeit die Angelegenheiten oder Verhaltensweisen in einem Bereich mit Rückzugsfunktion nur begrenzt oder nicht zur Kenntnis nimmt, muss situationsübergreifend und konsistent zum Ausdruck gebracht werden (BVerfG, BVerfGE 101, 361, 385; Senat, Urteil vom 19. Oktober 2004 - VI ZR 292/03 - VersR 2005, 84, 85 f.). Dies gilt insbesondere für den Bildnisschutz bei Anwendung der §§ 22, 23 KUG.
24
Das beanstandete Foto stammt indes aus einer Zeit, zu der der Kläger seine Privatsphäre noch nicht preisgegeben hatte und in der seine Veröffentlichung mangels eines berechtigten Informationsinteresses als rechtswidrig anzusehen war. Wer - möglicherweise unter dem tatsächlichen Druck einer bereits erfolgten Berichterstattung - an die Öffentlichkeit tritt, muss nicht hinnehmen, dass eine weitere Berichterstattung über ihn mit Fotos bebildert wird, die der Öffentlichkeit zunächst nur unter Verletzung des Persönlichkeitsrechts zugänglich gemacht werden konnten. Insoweit kann ein überwiegendes Informationsinteresse der Öffentlichkeit nicht bejaht werden. Diesem Interesse kann ausrei- chend dadurch Rechnung getragen werden, dass zulässig zu veröffentlichendes Bildmaterial verwendet wird (vgl. Senat, Urteil vom 19. Oktober 2004 - VI ZR 292/03 - VersR 2005, 84, 86).
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3. Nach allem ist die Revision der Beklagten mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen. Müller Greiner Diederichsen Pauge Zoll
Vorinstanzen:
LG Hamburg, Entscheidung vom 31.03.2006 - 324 O 463/05 -
OLG Hamburg, Entscheidung vom 21.11.2006 - 7 U 58/06 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR 271/06 Verkündet am:
14. Oktober 2008
Holmes,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
GG Art. 5 Abs. 1, 2 Abs. 1; EMRK Art. 8, 10; KUG §§ 22, 23 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2
Die Veröffentlichung des Bildes einer Person des öffentlichen Interesses ist regelmäßig
nicht erlaubt, wenn die Abwägung zwischen dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht
der abgebildeten Person und der Presse- und Informationsfreiheit zu einem
Überwiegen des Interesses am Schutz privater Vorgänge (hier: Gesundheitszustand
des Ehemannes) führt.
BGH, Urteil vom 14. Oktober 2008 - VI ZR 271/06 - Hanseatisches OLG Hamburg
LG Hamburg
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 14. Oktober 2008 durch die Vizepräsidentin Dr. Müller, den Richter
Dr. Greiner, die Richterin Diederichsen und die Richter Pauge und Zoll

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 7. Zivilsenats des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg vom 21. November 2006 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Klägerin begehrt mit ihrer Klage Unterlassung der erneuten Veröffentlichung eines Fotos, welches im Rahmen eines Beitrags mit der Überschrift "Caroline - was wird jetzt aus ihr? Sie weinte am Grab ihres Vaters. Sie weint am Bett ihres Mannes. Und Monaco macht sich Sorgen um sie" in der von der Beklagten verlegten Zeitschrift NEUE REVUE Nr. 17/05 vom 20. April 2005 erschienen ist. Auf dem Bild sitzen die Klägerin und ihr Ehemann auf der Terrasse eines Hotels vor mehreren leeren Gläsern am Tisch. Sie hebt eine Flasche an. Die Bildnebenschrift lautet: "2003, Zürs am Arlberg, Sonnenterrasse, ca. 13 Uhr. Die Gläser sind leer. Caroline prüft, ob in der Flasche noch Wein ist." Der mit der Aufnahme eingeleitete Bericht befasst sich damit, dass der Ehemann der Klägerin wie im Rausch lebe. Eine Überschrift in Fettdruck lautet: "Weißwein in der Strandbar. Rotwein im Sporthotel. Und zur Entgiftung nach Meran". Der Ehemann der Klägerin sei mit ihr vor fünf Jahren in einer Entgiftungsklinik P. an der Mosel gewesen. Seine lebensgefährliche Bauchspeicheldrüsenentzündung habe zur Krankenhauseinweisung geführt und zur Folge, dass er nie wieder trinken dürfe. Hervorgehoben ist: "Ärzte warnen: Kein Tropfen Alkohol mehr für Prinz Ernst August, sonst ..."
2
Die Klage hatte in beiden Tatsacheninstanzen Erfolg. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihr Ziel einer Klageabweisung weiter.

Entscheidungsgründe:

I.

3
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seines Urteils im Wesentlichen ausgeführt, der Klägerin stehe ein Anspruch aus §§ 823 Abs. 2, 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB in Verbindung mit §§ 22, 23 KUG zu. Es könne unterstellt werden, dass sie als so genannte absolute Person der Zeitgeschichte grundsätzlich die Veröffentlichung eines Bildes auch ohne Einwilligung hinnehmen müsse. Die Veröffentlichung verletze jedoch die schutzwürdige Privatsphäre der Klägerin (§ 23 Abs. 2 KUG). Bei der Frage, in welchem Umfang einer in der Öffentlichkeit stehenden Person Schutz vor der Veröffentlichung von Bildnissen zuzubilligen sei, sei abzuwägen zwischen dem Persönlichkeitsrecht des Betroffenen einerseits und dem Informationsinteresse der Allgemeinheit sowie der Pressefreiheit auf der anderen Seite. Dabei sei insbesondere der Schutzumfang von Art. 8 EMRK in der Bestimmung durch die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (künftig: EGMR) vom 24. Juni 2004 zu beachten. Vorliegend sei davon auszugehen, dass sich die Klägerin nicht an einem belebten Ort unter vielen Menschen aufgehalten habe, als das beanstandete Bild aufgenommen worden sei. Auf dem Foto seien außer der Klägerin und ihrem Ehemann keine weiteren Personen zu sehen. Ob auf der Aufnahme, aus der das veröffentlichte Bild ausgeschnitten worden sei, eine weitere Person abgebildet sei, sei nicht sicher zu erkennen; sie lasse jedenfalls nicht den Schluss zu, die Klägerin habe sich an einem belebten Ort unter vielen Personen befunden. Dass der Tisch des Ehepaars von der öffentlichen Straße aus einsehbar sei, sei nicht substantiiert vorgetragen und auch nur von Bedeutung, wenn sich auf dieser Straße viele Menschen aufhielten. Die Beklagte habe im Einzelnen vortragen müssen, wie die Sichtverhältnisse bei Entstehung der Aufnahme gewesen seien.
4
Bei Beachtung der vom EGMR in der genannten Entscheidung aufgestellten Grundsätze für die Abwägung der gegensätzlichen Interessen greife die Veröffentlichung der Aufnahme rechtswidrig in das Recht der Klägerin am eigenen Bild ein. Ein Unterhaltungsinteresse der Leser der Zeitschrift NEUE REVUE an Leben, Feriengestaltung und Konsumverhalten der Klägerin und ihres Ehemannes rechtfertige nicht die erhebliche Einschränkung der Klägerin, wenn sie in offensichtlich privaten Lebensbereichen abseits der breiten Öffentlichkeit die Erstellung und Veröffentlichung von Fotos ohne ihre Einwilligung hinnehmen müsste. Anderes ergebe sich nicht daraus, dass sich der bebilderte Bericht mit der lebensgefährlichen Erkrankung des Ehemannes befasse.

II.

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Diese Beurteilung des Berufungsgerichts hält revisionsrechtlicher Nachprüfung im Ergebnis stand.
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1. Der erkennende Senat hat nach Erlass des Berufungsurteils in mehreren Entscheidungen zum abgestuften Schutzkonzept der §§ 22, 23 KUG bei Bildveröffentlichungen von "Prominenten" unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des EGMR und des Bundesverfassungsgerichts Stellung genommen (vgl. Senat, BGHZ 174, 262 ff.; Urteile vom 19. Oktober 2004 - VI ZR 292/03 - VersR 2005, 84 ff.; vom 15. November 2005 - VI ZR 286/04 - VersR 2006, 274 ff.; vom 6. März 2007 - VI ZR 13/06 - VersR 2007, 697, 698 f. und - VI ZR 51/06 - NJW 2007, 1977 ff.; vom 19. Juni 2007 - VI ZR 12/06 - VersR 2007, 1135 ff.; vom 3. Juli 2007 - VI ZR 164/06 - VersR 2007, 1283 ff.; vom 13. November 2007 - VI ZR 269/06 - NJW 2008, 1593 ff.; vom 24. Juni 2008 - VI ZR 156/06 - VersR 2008, 1268 ff.; vom 1. Juli 2008 - VI ZR 67/08 - WRP 2008, 1367 ff. und - VI ZR 243/06 - WRP 2008, 1363 ff.). Verfassungsrechtliche Beanstandungen haben sich insoweit nicht ergeben (vgl. BVerfG, Beschluss vom 26. Februar 2008 - 1 BvR 1602/07 u.a. - NJW 2008, 1793 ff.).
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Nach diesem abgestuften Schutzkonzept dürfen Bildnisse einer Person grundsätzlich nur mit Einwilligung des Abgebildeten verbreitet werden (§ 22 KUG); hiervon macht § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG eine Ausnahme, wenn es sich um Bildnisse aus dem Bereich der Zeitgeschichte handelt. Auch bei Personen, die unter dem Blickwinkel des zeitgeschichtlichen Ereignisses im Sinn des § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG an sich ohne ihre Einwilligung die Verbreitung ihres Bildnisses dulden müssten, ist die Verbreitung einer Abbildung aber dann nicht zuläs- sig, wenn hierdurch berechtigte Interessen des Abgebildeten verletzt werden (§ 23 Abs. 2 KUG).
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Maßgebend für die Frage, ob es sich um ein Bildnis aus dem Bereich der Zeitgeschichte handelt, ist der Begriff des Zeitgeschehens. Dieser Begriff darf nicht zu eng verstanden werden. Im Hinblick auf den Informationsbedarf der Öffentlichkeit umfasst er nicht nur Vorgänge von historisch-politischer Bedeutung , sondern ganz allgemein das Zeitgeschehen, also alle Fragen von allgemeinem gesellschaftlichem Interesse. Er wird mithin vom Interesse der Öffentlichkeit bestimmt. Das Informationsinteresse besteht indes nicht schrankenlos. Vielmehr wird der Einbruch in die persönliche Sphäre des Abgebildeten durch den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit begrenzt, so dass eine Berichterstattung keineswegs immer zulässig ist. Wo konkret die Grenze für das berechtigte Informationsinteresse der Öffentlichkeit an der aktuellen Berichterstattung zu ziehen ist, lässt sich nur unter Berücksichtigung der jeweiligen Umstände des Einzelfalls entscheiden.
9
Zum Kern der Presse- und der Meinungsbildungsfreiheit gehört, dass die Presse in den gesetzlichen Grenzen einen ausreichenden Spielraum besitzt, innerhalb dessen sie nach ihren publizistischen Kriterien entscheiden kann, was sie des öffentlichen Interesses für wert hält, und dass sich im Meinungsbildungsprozess herausstellt, was eine Angelegenheit von öffentlichem Interesse ist (vgl. Senat, Urteile vom 15. November 2005 - VI ZR 286/04 - aaO, 275; vom 6. März 2007 - VI ZR 51/06 - aaO, 1979 f.; BVerfG, BVerfGE 101, 361, 392). Auch der EGMR hat in seinem Urteil vom 24. Juni 2004 (NJW 2004, 2647, 2649 f., §§ 58, 60, 63) die Bedeutung der Pressefreiheit unter Hinweis auf Art. 10 EMRK hervorgehoben und ausgeführt, dass die Presse in einer demokratischen Gesellschaft eine wesentliche Rolle spiele und es ihre Aufgabe sei, Informationen und Ideen zu allen Fragen von Allgemeininteresse weiter- zugeben. Das steht mit dem oben dargelegten Begriff der Zeitgeschichte in Einklang.
10
a) Die Anwendung des § 23 Abs. 1 KUG erfordert hiernach eine Abwägung zwischen den Rechten der Abgebildeten nach Art. 8 Abs. 1 EMRK, Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG einerseits und den Rechten der Presse aus Art. 10 Abs. 1 EMRK, Art. 5 Abs. 1 GG andererseits. Die Grundrechte der Pressefreiheit (Art. 5 Abs. 1 GG) und des Schutzes der Persönlichkeit (Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG) sind ihrerseits nicht vorbehaltlos gewährleistet und werden von §§ 22 f. KUG sowie Art. 8 und 10 EMRK beeinflusst, wie der Senat schon mehrfach näher ausgeführt hat (vgl. Urteile vom 1. Juli 2008 - VI ZR 67/08 - aaO und - VI ZR 243/06 - aaO).
11
b) Die Reichweite des Schutzes des Rechts am eigenen Bild wird davon beeinflusst, ob eine Information in die breite Öffentlichkeit der Massenmedien überführt wird und damit nicht auf einen engen Personenkreis begrenzt bleibt. Andererseits wird das Gewicht der das Persönlichkeitsrecht gegebenenfalls beschränkenden Pressefreiheit davon beeinflusst, ob die Berichterstattung eine Angelegenheit betrifft, welche die Öffentlichkeit wesentlich berührt (vgl. BVerfG, BVerfGE 7, 198, 212; NJW 2006, 1865; EGMR, Urteil vom 17. Oktober 2006, Beschwerde-Nr. 71678/01, Gourguenidze gegen Georgien, § 55). Mit der Entscheidung , ein Bild einer Person abzudrucken und in den Kontext eines bestimmten Berichts zu rücken, nutzen die Medien ihre grundrechtlich geschützte Befugnis, selbst zu entscheiden, was sie für berichtenswert halten. Dabei haben sie jedoch den Persönlichkeitsschutz Betroffener zu berücksichtigen.
12
Wie das Bundesverfassungsgericht in seinem Beschluss vom 26. Februar 2008 (- 1 BvR 1602/07 u.a. - aaO, 1796) dargelegt hat, können prominente Personen der Allgemeinheit Möglichkeiten der Orientierung bei ei- genen Lebensentwürfen bieten sowie Leitbild- oder Kontrastfunktionen erfüllen. Auch die Normalität ihres Alltagslebens kann der Meinungsbildung zu Fragen von allgemeinem Interesse dienen (so bereits BVerfG, BVerfGE 101, 361, 390 f.). Das gilt auch für die Bebilderung unterhaltender Beiträge als einen wesentlichen Bestandteil der Medienbetätigung, der durch die Pressefreiheit geschützt wird, zumal der publizistische und wirtschaftliche Erfolg der Presse auf unterhaltende Inhalte und entsprechende Abbildungen angewiesen sein kann und die Bedeutung visueller Darstellungen beträchtlich zugenommen hat. Hiernach gilt die Pressefreiheit auch für unterhaltende Beiträge über das Privatoder Alltagsleben von Prominenten und ihres sozialen Umfelds einschließlich ihnen nahestehender Personen. Allerdings bedarf es gerade bei unterhaltenden Inhalten der begleitenden Texte in besonderem Maß einer abwägenden Berücksichtigung der kollidierenden Rechtspositionen der Betroffenen.
13
Für die Abwägung zwischen der Pressefreiheit und dem Persönlichkeitsrecht des Betroffenen ist von maßgeblicher Bedeutung, ob die Presse im konkreten Fall eine Angelegenheit von öffentlichem Interesse ernsthaft und sachbezogen erörtert, damit den Informationsanspruch des Publikums erfüllt und zur Bildung der öffentlichen Meinung beiträgt oder ob sie lediglich die Neugier der Leser nach privaten Angelegenheiten prominenter Personen befriedigt (vgl. BVerfG, BVerfGE 34, 269, 283; 101, 361, 391). Insoweit hat das Bundesverfassungsgericht im Beschluss vom 26. Februar 2008 aaO hervorgehoben, dass das Selbstbestimmungsrecht der Presse nicht auch die Entscheidung umfasst, wie das Informationsinteresse zu gewichten ist, sondern diese Gewichtung zum Zweck der Abwägung mit gegenläufigen Interessen der Betroffenen vielmehr im Fall eines Rechtsstreits den Gerichten obliegt. Diese haben allerdings im Hinblick auf das Zensurverbot des Art. 5 Abs. 1 Satz 3 GG von einer inhaltlichen Bewertung - etwa als wertvoll oder wertlos, seriös oder unseriös o.ä. - abzuse- hen und sind auf die Prüfung beschränkt, in welchem Ausmaß der Bericht einen Beitrag für die öffentliche Meinungsbildung erbringen kann.
14
c) Der Informationswert einer Bildberichterstattung ist, soweit das Bild nicht schon als solches eine für die öffentliche Meinungsbildung bedeutsame Aussage enthält, im Kontext der dazugehörenden Wortberichterstattung zu ermitteln (vgl. Senat, BGHZ 158, 218, 223; Urteil vom 19. Oktober 2004 - VI ZR 292/03 - VersR 2005, 84, 85 f.). Beschränkt sich der begleitende Bericht allerdings darauf, lediglich einen Anlass für die Abbildung prominenter Personen zu schaffen, ohne dass die Berichterstattung einen Beitrag zur öffentlichen Meinungsbildung erkennen lässt (vgl. hierzu das Urteil des erkennenden Senats vom 1. Juli 2008 - VI ZR 243/06 - aaO, 1366), ist es nicht angezeigt, dem Veröffentlichungsinteresse den Vorrang vor dem Persönlichkeitsschutz einzuräumen.
15
d) Daneben sind bei einer Bildberichterstattung für die Gewichtung der Belange des Persönlichkeitsschutzes auch der Anlass und die zur Darlegungslast der Presse stehenden Umstände (vgl. BVerfG, Beschluss vom 26. Februar 2008 - 1 BvR 1602/07 u.a. - aaO) zu berücksichtigen, unter denen die Aufnahme entstanden ist, etwa unter Ausnutzung von Heimlichkeit oder beharrlicher Nachstellung. Auch ist bedeutsam, in welcher Situation der Betroffene erfasst und wie er dargestellt wird. Die Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts wiegt schwerer, wenn die visuelle Darstellung durch Ausbreitung von üblicherweise öffentlicher Erörterung entzogenen Einzelheiten des privaten Lebens thematisch die Privatsphäre berührt oder wenn der Betroffene nach den Umständen typischer Weise die berechtigte Erwartung haben durfte, nicht in den Medien abgebildet zu werden. Das kann nicht nur bei einer durch räumliche Privatheit geprägten Situation, sondern außerhalb örtlicher Abgeschiedenheit auch in Momenten der Entspannung oder des Sich-Gehen-Lassens außerhalb der Einbindung in die Pflichten des Berufs und des Alltags der Fall sein.
16
2. a) Diese Grundsätze sind auf Abbildungen der Klägerin anzuwenden, da sie als Person des öffentlichen Interesses anzusehen ist ("personnage public / public figure" in Abgrenzung zur "personnalité politique / politician" einerseits und "personne ordinaire / ordinary person" andererseits, vgl. EGMR, Urteile vom 11. Januar 2005, Beschwerde-Nr. 50774/99, Sciacca gegen Italien, §§ 27 ff. und vom 17. Oktober 2006 - Beschwerde-Nr. 71678/01, Gourguenidze gegen Georgien, § 57). Diese Einstufung hat nach den Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts zur Folge, dass über eine solche Person in größerem Umfang berichtet werden darf als über andere Personen, wenn die Information einen hinreichenden Nachrichtenwert mit Orientierungsfunktion im Hinblick auf eine die Allgemeinheit interessierende Sachdebatte hat und in die Abwägung keine schwerwiegenden Interessen des Betroffenen einzustellen sind, die einer Veröffentlichung entgegenstehen.
17
b) Für den Streitfall führt das zu folgender Abwägung:
18
aa) Das von der Beklagten veröffentlichte Foto zeigt die Klägerin mit ihrem Ehemann laut Bildnebenschrift im Jahre 2003 auf einer Sonnenterrasse in Zürs am Arlberg. Das Bild ist unstreitig während des Erholungsaufenthalts der Eheleute entstanden, der auch bei "Prominenten" zum grundsätzlich geschützten Kernbereich der Privatsphäre gehört. Die begleitende Wortberichterstattung betrifft darüber hinaus die schwere Erkrankung des Ehemannes an einer Entzündung der Bauchspeicheldrüse und lässt anklingen, dass diese durch übermäßigen Alkoholgenuss verursacht sein kann. Sie hat damit jedoch auch bei großzügigem Verständnis keinen Bezug zu einem zeitgeschichtlichen Ereignis, sondern befasst sich ausschließlich mit der Privatsphäre der Klägerin. Zu dieser gehört - was allerdings bei einem besonderen Personenkreis wie beispielsweise wichtigen Politikern, Wirtschaftsführern oder Staatsoberhäuptern anders sein kann (vgl. Senat, Urteil vom 6. März 2007 - VI ZR 51/06 - aaO, 1980) - nicht nur eine eigene Erkrankung (vgl. Senat, Urteil vom 5. Dezember 1995 - VI ZR 332/94 - VersR 1996, 339, 340; BVerfGE 32, 373, 379 f.; 101, 361, 382), sondern auch die Erkrankung eines engen Familienmitglieds. Selbst wenn unter dem Blickpunkt gesundheitlicher Schäden durch Alkoholmissbrauch ein Informationsinteresse der Öffentlichkeit am Zusammenhang zwischen diesem und Erkrankungen der Bauchspeicheldrüse bejaht werden könnte, steht hier der beanstandeten Veröffentlichung das Interesse der Klägerin am Schutz der eigenen Privatsphäre entgegen, zu der auch - mit den oben erwähnten Ausnahmen - der Gesundheitszustand gehört, also ihr Interesse am Schutz privater Vorgänge, die - wie das Bundesverfassungsgericht formuliert hat (NJW 2008, 39, 44) - einfach nichts in der Öffentlichkeit zu suchen haben. Daran vermag nach Auffassung des erkennenden Senats auch der Bekanntheitsgrad der Klägerin nichts zu ändern, weil es beim Gesundheitszustand ihres Mannes um eine höchstpersönliche Angelegenheit geht und nicht ersichtlich ist, weshalb dieser im konkreten Fall von Interesse für die Öffentlichkeit sein könnte (zu möglichen Ausnahmen vgl. Senat, BGHZ 171, 275, 286 f.). Auch der gleichzeitige Tod des Vaters der Klägerin ändert hieran nichts.
19
Bei dieser Sachlage haben die Rechte der Presse aus Art. 10 EMRK, Art. 5 Abs. 1 GG im Streitfall hinter den Schutz des Persönlichkeitsrechts der Klägerin (Art. 8 EMRK, Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG) zurückzutreten.
20
bb) Entgegen der Ansicht der Revision ändert sich an diesem Ergebnis nichts dadurch, dass der Ehemann der Klägerin sich nach seiner Erkrankung im April 2005, also geraume Zeit nach Entstehen der beanstandeten Aufnahme und zwei Tage nach Erscheinen des mit dieser bebilderten Artikels, in Interviews zu seiner Erkrankung geäußert hat.
21
Zwar kann man sich im Allgemeinen nicht auf ein Recht zur Privatheit hinsichtlich solcher Tatsachen berufen, die man selbst der Öffentlichkeit preisgegeben hat (vgl. BVerfG, BVerfGE 101, 361, 385; Senat, Urteile vom 9. Dezember 2003 - VI ZR 373/02 - VersR 2004, 522, 524 und - VI ZR 404/02 - VersR 2004, 525, 526). Der Schutz der Privatsphäre vor öffentlicher Kenntnisnahme entfällt nämlich, soweit sich jemand selbst damit einverstanden zeigt, dass bestimmte, gewöhnlich als privat geltende Angelegenheiten öffentlich gemacht werden; die Erwartung, dass die Öffentlichkeit die Angelegenheiten oder Verhaltensweisen in einem Bereich mit Rückzugsfunktion nur begrenzt oder nicht zur Kenntnis nimmt, muss situationsübergreifend und konsistent zum Ausdruck gebracht werden (BVerfG, BVerfGE 101, 361, 385; Senat, Urteil vom 19. Oktober 2004 - VI ZR 292/03 - VersR 2005, 84, 85 f.). Dies gilt auch und insbesondere für den Bildnisschutz bei Anwendung der §§ 22, 23 KUG. Die beanstandete Aufnahme stammt indes aus einer Zeit, in der der Ehemann der Klägerin seine Privatsphäre noch nicht preisgegeben hatte, so dass eine Veröffentlichung mangels eines berechtigten Informationsinteresses rechtswidrig war. Nach allem kommt es nicht darauf an, ob bereits die beanstandete Aufnahme unter Verletzung der Privatsphäre entstanden ist, nämlich unter Umständen , die schon für sich genommen die Veröffentlichung unzulässig machen (vgl. BVerfG, BVerfGE 101, 361, 394 f.; NJW 2008, 1793, 1797), ob also hier auch der Schutz vor heimlich gefertigten Aufnahmen eingreift, wobei es gegebenenfalls zur Darlegungs- und Beweislast der Beklagten stünde, unter welchen Umständen die jeweilige Aufnahme entstanden ist (vgl. BVerfG aaO 1797).

22
3. Nach allem ist die Revision der Beklagten mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen. Müller Greiner Diederichsen Pauge Zoll
Vorinstanzen:
LG Hamburg, Entscheidung vom 31.03.2006 - 324 O 465/05 -
OLG Hamburg, Entscheidung vom 21.11.2006 - 7 U 60/06 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR 260/06 Verkündet am:
14. Oktober 2008
Böhringer-Mangold,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
GG Art. 5 Abs. 1, 2 Abs. 1; EMRK Art. 8, 10; KUG §§ 22, 23 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2
Interviews einer Person des öffentlichen Interesses über ihre Erkrankung können
regelmäßig eine Abbildung ihres Ehegatten zur Bebilderung eines Presseartikels über
die Erkrankung nicht rechtfertigen.
BGH, Urteil vom 14. Oktober 2008 - VI ZR 260/06 - Hanseatisches OLG Hamburg
LG Hamburg
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 14. Oktober 2008 durch die Vizepräsidentin Dr. Müller, den Richter
Dr. Greiner, die Richterin Diederichsen und die Richter Pauge und Zoll

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 7. Zivilsenats des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg vom 21. November 2006 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Klägerin begehrt mit ihrer Klage Unterlassung der erneuten Veröffentlichung eines Fotos, welches im Rahmen eines Beitrags über ihren Ehemann in der von der Beklagten verlegten Zeitschrift "Schöne Woche" vom 18. Mai 2005 erschienen ist. Der Beitrag trägt die Überschrift: "Prinz Ernst August In der Provence tankt er Kraft für sein neues Leben"
2
Das Bild zeigt die Klägerin und ihren Ehemann auf einer Straße in der südfranzösischen Stadt St. Rémy. Die mit der Aufnahme bebilderte Wortberichterstattung befasst sich unter anderem damit, dass sich die Klägerin und ihr Ehemann dort gemeinsam nach einer schweren Bauchspeicheldrüsenentzün- dung des Ehemannes in einem Ferienhaus der Klägerin erholten. Erwähnt wird auch ein Interview, in welchem sich der Ehemann zu Veränderungen in seinem Leben nach der Krankheit geäußert habe. Die Bildnebenschrift lautet: "Kleiner Spaziergang Fernab vom hektischen Monaco genießen Ernst August und seine Caroline die Ruhe in dem südfranzösischen Künstler-Städtchen, das schon der Maler van Gogh liebte."
3
Die Klage hatte in beiden Tatsacheninstanzen Erfolg. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihr Ziel einer Klageabweisung weiter.

Entscheidungsgründe:

I.

4
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seines Urteils im Wesentlichen ausgeführt, der Klägerin stehe auch dann ein Anspruch aus §§ 823 Abs. 2, 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB entsprechend in Verbindung mit §§ 22, 23 KUG zu, wenn sie als sogenannte absolute Person der Zeitgeschichte die Veröffentlichung von Abbildungen ohne ihre Einwilligung hinzunehmen habe. Die Veröffentlichung verletze die schutzwürdige Privatsphäre der Klägerin und damit ein berechtigtes Interesse im Sinne des § 23 Abs. 2 KUG. Bei der Frage, in welchem Umfang einer in der Öffentlichkeit stehenden Person Schutz vor der Veröffentlichung von Bildnissen zuzubilligen ist, sei abzuwägen zwischen dem Persönlichkeitsrecht des Betroffenen einerseits und dem Informationsinteresse der Allgemeinheit sowie der Pressefreiheit auf der anderen Seite. Dabei sei ins- besondere der Schutzumfang von Art. 8 EMRK in der Bestimmung durch die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (künftig: EGMR) vom 24. Juni 2004 zu beachten. Vorliegend sei davon auszugehen, dass sich die Klägerin nicht an einem belebten Ort unter vielen Menschen aufgehalten habe, als das beanstandete Bild aufgenommen worden sei. Auf dem Foto seien außer der Klägerin und ihrem Ehemann nicht mehr als drei weitere Personen zu sehen, wie ein Vergleich mit einer weiteren Aufnahme ergebe. Dass sich viele andere Menschen zum Zeitpunkt der Aufnahme gleichzeitig mit der Klägerin auf der Straße befunden hätten, habe die Beklagte im Rahmen der ihr obliegenden erweiterten Darlegungslast nicht substantiiert vorgetragen.
5
Bei Beachtung der vom EGMR in der genannten Entscheidung aufgestellten Grundsätze für die Abwägung der gegensätzlichen Interessen greife die Veröffentlichung der Aufnahme rechtswidrig in das Recht der Klägerin am eigenen Bild ein. Ein Unterhaltungsinteresse der Leser der Zeitschrift "Schöne Woche" an Leben, Feriengestaltung und Nikotinkonsum der Klägerin und ihres Ehemannes rechtfertige nicht die erhebliche Einschränkung der Klägerin, wenn sie in offensichtlich privaten Lebensbereichen abseits der breiten Öffentlichkeit die Erstellung und Veröffentlichung von Fotos ohne ihre Einwilligung hinnehmen müsste. Die Aufnahme selbst zeige die Erkrankung des Ehemannes der Klägerin nicht, mit der sich der bebilderte Bericht befasse. Dass der Ehemann der Klägerin auch nach seiner Krankheit rauche, sei kein zeitgeschichtliches Ereignis. Der Vorrang des Privatsphärenschutzes ergebe sich schon daraus, dass die Verwendung gerade dieses Bildes für die Informationsvermittlung keinen erheblichen Beitrag leisten könne. Die Beklagte könne auch keine Rechte daraus herleiten, dass Bilder der Klägerin im monegassischen Fürstenpalast veröffentlicht worden seien. Es sei der Klägerin nicht versagt, im jeweiligen Einzelfall über die Veröffentlichung von Bildern zu entscheiden.

II.

6
Diese Beurteilung des Berufungsgerichts hält revisionsrechtlicher Nachprüfung im Ergebnis stand.
7
1. Der erkennende Senat hat nach Erlass des Berufungsurteils in mehreren Entscheidungen zum abgestuften Schutzkonzept der §§ 22, 23 KUG bei Bildveröffentlichungen von "Prominenten" unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des EGMR und des Bundesverfassungsgerichts Stellung genommen (vgl. Senat, BGHZ 174, 262 ff.; Urteile vom 19. Oktober 2004 - VI ZR 292/03 - VersR 2005, 84 ff.; vom 15. November 2005 - VI ZR 286/04 - VersR 2006, 274 ff.; vom 6. März 2007 - VI ZR 13/06 - VersR 2007, 697, 698 f. und - VI ZR 51/06 - NJW 2007, 1977 ff.; vom 19. Juni 2007 - VI ZR 12/06 - VersR 2007, 1135 ff.; vom 3. Juli 2007 - VI ZR 164/06 - VersR 2007, 1283 ff.; vom 13. November 2007 - VI ZR 269/06 - NJW 2008, 1593 ff.; vom 24. Juni 2008 - VI ZR 156/06 - VersR 2008, 1268 ff.; vom 1. Juli 2008 - VI ZR 67/08 - WRP 2008, 1367 ff. und - VI ZR 243/06 - WRP 2008, 1363 ff.). Verfassungsrechtliche Beanstandungen haben sich insoweit nicht ergeben (vgl. BVerfG, Beschluss vom 26. Februar 2008 - 1 BvR 1602/07 u.a. - NJW 2008, 1793 ff.).
8
Nach diesem abgestuften Schutzkonzept dürfen Bildnisse einer Person grundsätzlich nur mit Einwilligung des Abgebildeten verbreitet werden (§ 22 KUG); hiervon macht § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG eine Ausnahme, wenn es sich um Bildnisse aus dem Bereich der Zeitgeschichte handelt. Auch bei Personen, die unter dem Blickwinkel des zeitgeschichtlichen Ereignisses im Sinn des § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG an sich ohne ihre Einwilligung die Verbreitung ihres Bildnisses dulden müssten, ist die Verbreitung einer Abbildung aber dann nicht zuläs- sig, wenn hierdurch berechtigte Interessen des Abgebildeten verletzt werden (§ 23 Abs. 2 KUG).
9
Maßgebend für die Frage, ob es sich um ein Bildnis aus dem Bereich der Zeitgeschichte handelt, ist der Begriff des Zeitgeschehens. Dieser Begriff darf nicht zu eng verstanden werden. Im Hinblick auf den Informationsbedarf der Öffentlichkeit umfasst er nicht nur Vorgänge von historisch-politischer Bedeutung , sondern ganz allgemein das Zeitgeschehen, also alle Fragen von allgemeinem gesellschaftlichem Interesse. Er wird mithin vom Interesse der Öffentlichkeit bestimmt. Das Informationsinteresse besteht indes nicht schrankenlos. Vielmehr wird der Einbruch in die persönliche Sphäre des Abgebildeten durch den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit begrenzt, so dass eine Berichterstattung keineswegs immer zulässig ist. Wo konkret die Grenze für das berechtigte Informationsinteresse der Öffentlichkeit an der aktuellen Berichterstattung zu ziehen ist, lässt sich nur unter Berücksichtigung der jeweiligen Umstände des Einzelfalls entscheiden.
10
Zum Kern der Presse- und der Meinungsbildungsfreiheit gehört, dass die Presse in den gesetzlichen Grenzen einen ausreichenden Spielraum besitzt, innerhalb dessen sie nach ihren publizistischen Kriterien entscheiden kann, was sie des öffentlichen Interesses für wert hält, und dass sich im Meinungsbildungsprozess herausstellt, was eine Angelegenheit von öffentlichem Interesse ist (vgl. Senat, Urteile vom 15. November 2005 - VI ZR 286/04 - aaO, 275; vom 6. März 2007 - VI ZR 51/06 - aaO, 1979 f.; BVerfG, BVerfGE 101, 361, 392). Auch der EGMR hat in seinem Urteil vom 24. Juni 2004 (NJW 2004, 2647, 2649 f., §§ 58, 60, 63) die Bedeutung der Pressefreiheit unter Hinweis auf Art. 10 EMRK hervorgehoben und ausgeführt, dass die Presse in einer demokratischen Gesellschaft eine wesentliche Rolle spiele und es ihre Aufgabe sei, Informationen und Ideen zu allen Fragen von Allgemeininteresse weiter- zugeben. Das steht mit dem oben dargelegten Begriff der Zeitgeschichte in Einklang.
11
a) Die Anwendung des § 23 Abs. 1 KUG erfordert hiernach eine Abwägung zwischen den Rechten der Abgebildeten nach Art. 8 Abs. 1 EMRK, Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG einerseits und den Rechten der Presse aus Art. 10 Abs. 1 EMRK, Art. 5 Abs. 1 GG andererseits. Die Grundrechte der Pressefreiheit (Art. 5 Abs. 1 GG) und des Schutzes der Persönlichkeit (Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG) sind ihrerseits nicht vorbehaltlos gewährleistet und werden von §§ 22 f. KUG sowie Art. 8 und 10 EMRK beeinflusst, wie der Senat schon mehrfach näher ausgeführt hat (vgl. Urteile vom 1. Juli 2008 - VI ZR 67/08 - aaO und - VI ZR 243/06 - aaO).
12
b) Die Reichweite des Schutzes des Rechts am eigenen Bild wird davon beeinflusst, ob eine Information in die breite Öffentlichkeit der Massenmedien überführt wird und damit nicht auf einen engen Personenkreis begrenzt bleibt. Andererseits wird das Gewicht der das Persönlichkeitsrecht gegebenenfalls beschränkenden Pressefreiheit davon beeinflusst, ob die Berichterstattung eine Angelegenheit betrifft, welche die Öffentlichkeit wesentlich berührt (vgl. BVerfG, BVerfGE 7, 198, 212; NJW 2006, 1865; EGMR, Urteil vom 17. Oktober 2006, Beschwerde-Nr. 71678/01, Gourguenidze gegen Georgien, § 55). Mit der Entscheidung , ein Bild einer Person abzudrucken und in den Kontext eines bestimmten Berichts zu rücken, nutzen die Medien ihre grundrechtlich geschützte Befugnis, selbst zu entscheiden, was sie für berichtenswert halten. Dabei haben sie jedoch den Persönlichkeitsschutz Betroffener zu berücksichtigen.
13
Wie das Bundesverfassungsgericht in seinem Beschluss vom 26. Februar 2008 (- 1 BvR 1602/07 u.a. - aaO, 1796) dargelegt hat, können prominente Personen der Allgemeinheit Möglichkeiten der Orientierung bei ei- genen Lebensentwürfen bieten sowie Leitbild- oder Kontrastfunktionen erfüllen. Auch die Normalität ihres Alltagslebens kann der Meinungsbildung zu Fragen von allgemeinem Interesse dienen (so bereits BVerfG, BVerfGE 101, 361, 390 f.). Das gilt auch für die Bebilderung unterhaltender Beiträge als einen wesentlichen Bestandteil der Medienbetätigung, der durch die Pressefreiheit geschützt wird, zumal der publizistische und wirtschaftliche Erfolg der Presse auf unterhaltende Inhalte und entsprechende Abbildungen angewiesen sein kann und die Bedeutung visueller Darstellungen beträchtlich zugenommen hat. Hiernach gilt die Pressefreiheit auch für unterhaltende Beiträge über das Privatoder Alltagsleben von Prominenten und ihres sozialen Umfelds einschließlich ihnen nahestehender Personen. Allerdings bedarf es gerade bei unterhaltenden Inhalten der begleitenden Texte in besonderem Maß einer abwägenden Berücksichtigung der kollidierenden Rechtspositionen der Betroffenen.
14
Für die Abwägung zwischen der Pressefreiheit und dem Persönlichkeitsrecht des Betroffenen ist von maßgeblicher Bedeutung, ob die Presse im konkreten Fall eine Angelegenheit von öffentlichem Interesse ernsthaft und sachbezogen erörtert, damit den Informationsanspruch des Publikums erfüllt und zur Bildung der öffentlichen Meinung beiträgt oder ob sie lediglich die Neugier der Leser nach privaten Angelegenheiten prominenter Personen befriedigt (vgl. BVerfG, BVerfGE 34, 269, 283; 101, 361, 391). Insoweit hat das Bundesverfassungsgericht im Beschluss vom 26. Februar 2008 aaO hervorgehoben, dass das Selbstbestimmungsrecht der Presse nicht auch die Entscheidung umfasst, wie das Informationsinteresse zu gewichten ist, sondern diese Gewichtung zum Zweck der Abwägung mit gegenläufigen Interessen der Betroffenen vielmehr im Fall eines Rechtsstreits den Gerichten obliegt. Diese haben allerdings im Hinblick auf das Zensurverbot des Art. 5 Abs. 1 Satz 3 GG von einer inhaltlichen Bewertung - etwa als wertvoll oder wertlos, seriös oder unseriös o.ä. - abzuse- hen und sind auf die Prüfung beschränkt, in welchem Ausmaß der Bericht einen Beitrag für die öffentliche Meinungsbildung erbringen kann.
15
c) Der Informationswert einer Bildberichterstattung ist, soweit das Bild nicht schon als solches eine für die öffentliche Meinungsbildung bedeutsame Aussage enthält, im Kontext der dazugehörenden Wortberichterstattung zu ermitteln (vgl. Senat, BGHZ 158, 218, 223; Urteil vom 19. Oktober 2004 - VI ZR 292/03 - VersR 2005, 84, 85 f.). Beschränkt sich der begleitende Bericht allerdings darauf, lediglich einen Anlass für die Abbildung prominenter Personen zu schaffen, ohne dass die Berichterstattung einen Beitrag zur öffentlichen Meinungsbildung erkennen lässt (vgl. hierzu das Urteil des erkennenden Senats vom 1. Juli 2008 - VI ZR 243/06 - aaO, 1366), ist es nicht angezeigt, dem Veröffentlichungsinteresse den Vorrang vor dem Persönlichkeitsschutz einzuräumen.
16
d) Daneben sind bei einer Bildberichterstattung für die Gewichtung der Belange des Persönlichkeitsschutzes auch der Anlass und die zur Darlegungslast der Presse stehenden Umstände (vgl. BVerfG, Beschluss vom 26. Februar 2008 - 1 BvR 1602/07 u.a. - aaO) zu berücksichtigen, unter denen die Aufnahme entstanden ist, etwa unter Ausnutzung von Heimlichkeit oder beharrlicher Nachstellung. Auch ist bedeutsam, in welcher Situation der Betroffene erfasst und wie er dargestellt wird. Die Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts wiegt schwerer, wenn die visuelle Darstellung durch Ausbreitung von üblicherweise öffentlicher Erörterung entzogenen Einzelheiten des privaten Lebens thematisch die Privatsphäre berührt oder wenn der Betroffene nach den Umständen typischer Weise die berechtigte Erwartung haben durfte, nicht in den Medien abgebildet zu werden. Das kann nicht nur bei einer durch räumliche Privatheit geprägten Situation, sondern außerhalb örtlicher Abgeschiedenheit auch in Momenten der Entspannung oder des Sich-Gehen-Lassens außerhalb der Einbindung in die Pflichten des Berufs und des Alltags der Fall sein.
17
2. a) Diese Grundsätze sind auf Abbildungen der Klägerin anzuwenden, da sie als Person des öffentlichen Interesses anzusehen ist ("personnage public / public figure" in Abgrenzung zur "personnalité politique / politician" einerseits und "personne ordinaire / ordinary person" andererseits, vgl. EGMR, Urteile vom 11. Januar 2005, Beschwerde-Nr. 50774/99, Sciacca gegen Italien, §§ 27 ff. und vom 17. Oktober 2006 - Beschwerde-Nr. 71678/01, Gourguenidze gegen Georgien, § 57). Diese Einstufung hat nach den Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts zur Folge, dass über eine solche Person in größerem Umfang berichtet werden darf als über andere Personen, wenn die Information einen hinreichenden Nachrichtenwert mit Orientierungsfunktion im Hinblick auf eine die Allgemeinheit interessierende Sachdebatte hat und in die Abwägung keine schwerwiegenden Interessen des Betroffenen einzustellen sind, die einer Veröffentlichung entgegenstehen.
18
b) Für den Streitfall führt das zu folgender Abwägung:
19
aa) Das von der Beklagten veröffentlichte Foto zeigt die Klägerin mit ihrem Ehemann bei einem laut Bildnebenschrift "kleinen Spaziergang" in St. Rémy. In ihr dortiges, laut beigefügter Wortberichterstattung kleines Ferienhaus hatten sich die Eheleute begeben, um nach der schweren Erkrankung des Ehemannes "wieder Kraft" zu tanken. Die Bildberichterstattung befasst sich hiernach mit einem Erholungsaufenthalt der Eheleute, der auch bei "Prominenten" zum grundsätzlich geschützten Kernbereich der Privatsphäre gehört. Die begleitende Wortberichterstattung betrifft darüber hinaus die Reaktion des Ehemannes der Klägerin auf seine schwere Erkrankung (Interview, Ernährungsumstellung , Nikotingenuss) und hat damit jedoch auch bei großzügigem Verständnis keinerlei Bezug zu einem zeitgeschichtlichen Ereignis. Sie befasst sich vielmehr ausschließlich mit der Privatsphäre der Klägerin. Zu dieser gehört - was allerdings bei einem besonderen Personenkreis wie beispielsweise wich- tigen Politikern, Wirtschaftsführern oder Staatsoberhäuptern anders sein kann (vgl. Senat, Urteil vom 6. März 2007 - VI ZR 51/06 - aaO, 1980) - nicht nur eine eigene Erkrankung (vgl. Senat, Urteil vom 5. Dezember 1995 - VI ZR 332/94 - VersR 1996, 339, 340; BVerfGE 32, 373, 379 f.; 101, 361, 382), sondern auch die Erkrankung eines engen Familienmitglieds. Selbst wenn unter dem Blickpunkt gesundheitlicher Schäden durch Alkoholmissbrauch ein Informationsinteresse der Öffentlichkeit am Zusammenhang zwischen diesem und Erkrankungen der Bauchspeicheldrüse bejaht werden könnte, steht hier der beanstandeten Veröffentlichung das Interesse der Klägerin am Schutz der eigenen Privatsphäre entgegen, zu der auch - mit den oben erwähnten Ausnahmen - der Gesundheitszustand gehört, also ihr Interesse am Schutz privater Vorgänge, die einfach - wie das Bundesverfassungsgericht formuliert hat (NJW 2008, 39, 44) - nichts in der Öffentlichkeit zu suchen haben. Daran vermag nach Auffassung des erkennenden Senats auch der Bekanntheitsgrad der Klägerin nichts zu ändern , weil es beim Gesundheitszustand ihres Ehemannes um eine höchstpersönliche Angelegenheit geht und nicht ersichtlich ist, weshalb dieser im konkreten Fall von Interesse für die Öffentlichkeit sein könnte (zu möglichen Ausnahmen vgl. Senat, BGHZ 171, 275, 286 f.).
20
Bei dieser Sachlage haben die Rechte der Presse aus Art. 10 EMRK, Art. 5 Abs. 1 GG im Streitfall hinter den Schutz des Persönlichkeitsrechts der Klägerin (Art. 8 EMRK, Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG) zurückzutreten.
21
bb) Entgegen der Ansicht der Revision ändert sich an diesem Ergebnis nichts dadurch, dass der Ehemann der Klägerin sich im April 2005, also vor Veröffentlichung der beanstandeten Aufnahme, in Interviews zu seiner Erkrankung geäußert hat.
22
Zwar kann man sich im Allgemeinen nicht auf ein Recht zur Privatheit hinsichtlich solcher Tatsachen berufen, die man selbst der Öffentlichkeit preisgegeben hat (vgl. BVerfG, BVerfGE 101, 361, 385; Senat, Urteile vom 9. Dezember 2003 - VI ZR 373/02 - VersR 2004, 522, 524 und - VI ZR 404/02 - VersR 2004, 525, 526). Der Schutz der Privatsphäre vor öffentlicher Kenntnisnahme entfällt regelmäßig, soweit sich jemand selbst damit einverstanden zeigt, dass bestimmte, gewöhnlich als privat geltende Angelegenheiten öffentlich gemacht werden (vgl. BVerfG, BVerfGE 101, 361, 385; Senat, Urteil vom 19. Oktober 2004 - VI ZR 292/03 - VersR 2005, 84, 85 f.). Dies gilt auch und insbesondere für den Bildnisschutz bei Anwendung der §§ 22, 23 KUG. Wer aber - möglicherweise unter dem tatsächlichen Druck einer bereits erfolgten Berichterstattung - an die Öffentlichkeit tritt, muss nicht stets hinnehmen, dass eine weitere Berichterstattung über ihn mit Fotos bebildert wird, die ohne seine Einwilligung entstanden sind. Die Klägerin jedenfalls muss die streitgegenständliche Bildveröffentlichung ohne ihre Einwilligung nicht schon deshalb dulden, weil ihr Ehemann sich zuvor in Interviews über seine Erkrankung verbreitet hatte.

23
3. Nach allem ist die Revision der Beklagten mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen. Müller Greiner Diederichsen Pauge Zoll
Vorinstanzen:
LG Hamburg, Entscheidung vom 31.03.2006 - 324 O 797/05 -
OLG Hamburg, Entscheidung vom 21.11.2006 - 7 U 63/06 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR 307/07 Verkündet am:
28. Oktober 2008
Holmes,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
Eine Bildberichterstattung über den Strafvollzug bei einem bekannten Filmschauspieler
kann auch ohne dessen Einwilligung durch ein Bedürfnis nach demokratischer
Kontrolle der Strafvollstreckungsbehörden gestattet sein.
BGH, Urteil vom 28. Oktober 2008 - VI ZR 307/07 - KG Berlin
LG Berlin
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 28. Oktober 2008 durch die Vizepräsidentin Dr. Müller und die Richter
Dr. Greiner, Wellner, Stöhr und Zoll

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 9. Zivilsenats des Kammergerichts Berlin vom 4. Dezember 2007 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Kläger ist Schauspieler und Moderator. Er wurde im November 2004 rechtskräftig wegen Betrugs zu einer Freiheitsstrafe von 2 Jahren und 10 Monaten verurteilt. Die Beklagte verlegt die "Bild"-Zeitung. In der Ausgabe dieser Zeitung vom 11. November 2005 wurde auf Seite 3 unter der Überschrift "Hier schlendert K. S. in die Freiheit" berichtet, dass der Kläger die Haftanstalt schon zwei Wochen nach Haftantritt für einen Tag wieder verlassen habe, um seine Familie zu besuchen. Der Artikel wurde eingeleitet mit dem fett gedruckten Satz "Hallo Knacki, warum bist du nicht mehr im Gefängnis?"; er hatte folgenden Wortlaut:
2
"Gestern, 11.39 Uhr vor der Haftanstalt H. Mit einer Reisetasche in der Hand verlässt TV-Star K. S. (45, "Hallo Robbie") das Gefängnis. Dabei sitzt der Schauspieler erst seit zwei Wochen seine Haftstrafe (2 Jahre 10 Monate) ab. Warum darf er den Knast verlassen? Ein Justizsprecher: 'Nach einer Prüfung hat er sich als geeignet für den Offenen Vollzug erwiesen. Als erste Lockerungsmaßnahme haben wir ihm deshalb Ausgang erteilt. Das wird gemacht, damit ein Häftling zum Beispiel seine sozialen Bindungen aufrecht erhalten kann.' Nach Bild-Informationen besuchte S. seine Ehefrau und seinen Sohn, führte auch Job-Gespräche. Die gute Nachricht für S. Das ZDF will ab nächsten April eine neue Staffel der Erfolgs-Serie 'Hallo Robbie' (durchschnittlich fast 5 Mio. Zuschauer) drehen. Ein ZDF-Sprecher: 'Wenn es die Umstände für Herrn S. zulassen, planen wir mit ihm in der Hauptrolle.' Voraussetzung dafür : S. muss Freigänger werden, dürfte dann tagsüber für das ZDF drehen. So weit ist es aber noch nicht: Gestern Abend musste S. wieder zurück ins Gefängnis. Sein Ausgang galt nur bis 17.30 Uhr."
3
Illustriert ist der in der Sache zutreffende Artikel mit zwei Aufnahmen des Klägers, die ihn mit einer Reisetasche auf der Straße gehend und beim Einsteigen in ein Auto zeigen und mit der Bildunterschrift "Knast-Ausgang für TV-Star K. S. (45): Mit einer Reisetasche verlässt er das Gefängnis in H." versehen sind. Die Fotos sind am 10. November 2005 vor der Haftanstalt in der beschriebenen Situation entstanden.
4
Der Kläger begehrte in den vorhergehenden Instanzen von der Beklagten die Unterlassung der Veröffentlichung von ihn abbildenden Fotos wie in der "Bild"-Zeitung vom 11. November 2005 geschehen. Er ist der Auffassung, der Abdruck der Fotos stelle einen rechtswidrigen Eingriff in sein allgemeines Persönlichkeitsrecht dar. Gegen die Wortberichterstattung wendet er sich nicht. Die Beklagte beruft sich auf die Pressefreiheit und hält die Veröffentlichung der Fo- tos wegen des berechtigten Informationsinteresses der Öffentlichkeit für zulässig.
5
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Kammergericht dieses Urteil aufgehoben und die Klage abgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision begehrt der Kläger die Aufhebung des klagabweisenden Berufungsurteils und die Wiederherstellung des Urteils des Landgerichts mit der Maßgabe, dass der Beklagten lediglich untersagt werden soll, die auf Seite 3 der "Bild"-Zeitung vom 11. November 2005 veröffentlichen Fotos, die den Kläger zeigen, erneut zu veröffentlichen.

Entscheidungsgründe:

I.

6
Das Berufungsgericht verneint einen Unterlassungsanspruch des Klägers , da die Beklagte nicht rechtswidrig in das Recht des Klägers am eigenen Bild eingegriffen habe. Zwar habe keine Einwilligung des Klägers in die Veröffentlichung der Fotos vorgelegen, diese stellten jedoch Bildnisse aus dem Bereich der Zeitgeschichte gemäß § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG dar. Berechtigte Interessen des Klägers nach § 23 Abs. 2 KUG würden durch den Abdruck nicht verletzt. Angesichts des öffentlichen Berichterstattungsinteresses müsse das Recht des Klägers auf Privatheit im Alltag zurücktreten, die Privatsphäre des Klägers sei durch die Veröffentlichung ohnehin nicht betroffen. Die Bildberichterstattung sei rechtmäßig, da ihr im Zusammenhang mit der Wortberichterstattung Informationswert zukomme. Der Kläger habe in der Vergangenheit selbst das Interesse der Öffentlichkeit geweckt, die Fotos stellten ihn nicht ungünstig dar, sie seien nicht unter den Kläger besonders belastenden Umständen entstanden. Auch der Gesichtspunkt der Resozialisierung führe nicht dazu, dass das öffentliche Berichterstattungsinteresse zurückstehen müsse.

II.

7
Die zulässigerweise auf das Verbot erneuter Veröffentlichung der auf Seite 3 der "Bild"-Zeitung vom 11. November 2005 veröffentlichten Aufnahmen des Klägers beschränkte Revision (BGH, Urteile vom 28. September 1989 - IX ZR 180/88 - WM 1989, 1873, 1875; vom 28. Februar 1991 - I ZR 94/89 - MDR 1991, 1160 f.) hat keinen Erfolg. Die vom Kläger nicht angegriffene Wortberichterstattung durfte mit den streitgegenständlichen Fotos bebildert werden.
8
1. Das Berufungsgericht hat in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des erkennenden Senats die Zulässigkeit der Bildveröffentlichung nach dem abgestuften Schutzkonzept der §§ 22, 23 KUG beurteilt (vgl. Senat, Urteile vom 19. Oktober 2004 - VI ZR 292/03 - VersR 2005, 84; vom 15. November 2005 - VI ZR 286/04 - VersR 2006, 274; vom 6. März 2007 - VI ZR 13/06 - VersR 2007, 697; vom 6. März 2007 - VI ZR 51/06 - VersR 2007, 957; vom 19. Juni 2007 - VI ZR 12/06 - VersR 2007, 1135; vom 3. Juli 2007 - VI ZR 164/06 - VersR 2007, 1283; vom 14. Oktober 2008 - VI ZR 271/06 -, - VI ZR 272/06 -, - VI ZR 256/06 - und - VI ZR 260/06 -, sämtlich z.V.b.), das sowohl verfassungsrechtlichen Vorgaben (vgl. BVerfGE 101, 361, 386 f.; BVerfG, NJW 2001, 1921, 1923; NJW 2006, 2835 f.; NJW 2008, 1793, 1795, 1798), als auch der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (künftig: EGMR) entspricht (vgl. EGMR, NJW 2004, 2647, 2648 f. von Hannover gegen Deutschland und NJW 2006, 591, 592 Karhuvaara und Iltalehti gegen Finnland).
9
Revisionsrechtlich nicht zu beanstanden ist der Ausgangspunkt des Berufungsurteils , dass der Kläger nicht in die Veröffentlichung der Aufnahmen eingewilligt hat. Bei den von der Beklagten abgedruckten Fotos handelt es sich aber - wie das Berufungsgericht im Ergebnis zutreffend feststellt - um Bildnisse aus dem Bereich der Zeitgeschichte gemäß § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG, die auch ohne Einwilligung des Abgebildeten verbreitet werden dürfen, weil ihrer Veröffentlichung kein berechtigtes Interesse des Klägers im Sinne von § 23 Abs. 2 KUG entgegensteht.
10
2. Das Berufungsgericht hat zwar, was die Revision mit Recht beanstandet , bei der Beurteilung, ob Bildnisse aus dem Bereich der Zeitgeschichte vorliegen , keine Abwägung zwischen den Rechten des Abgebildeten aus Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG, Art. 8 Abs. 1 EMRK und den Rechten der Presse aus Art. 5 Abs. 1 GG, Art. 10 Abs. 1 EMRK vorgenommen. Eine solche Abwägung ist schon bei der Prüfung des § 23 Abs. 1 KUG durchzuführen, weil diese Vorschrift nach Sinn und Zweck der Regelung und nach der Intention des Gesetzgebers in Ausnahme von dem Einwilligungserfordernis des § 22 KUG Rücksicht auf das Informationsinteresse der Öffentlichkeit und auf die Rechte der Presse nimmt. Dabei ist der Beurteilung ein normativer Maßstab zu Grunde zu legen, welcher der Pressefreiheit und zugleich dem Schutz der Persönlichkeit und ihrer Privatsphäre ausreichend Rechnung trägt (Senat, Urteile vom 6. März 2007 - VI ZR 51/06 - VersR 2007, 957, 958 m.w.N. und vom 19. Juni 2007 - VI ZR 12/06 - VersR 2007, 1135, 1136).
11
3. Das angefochtene Urteil hält jedoch den Angriffen der Revision im Ergebnis stand. Die erforderliche Abwägung kann der erkennende Senat selbst vornehmen, da keine weiteren Tatsachenfeststellungen erforderlich sind.
12
a) Der Kläger ist aufgrund seiner langjährigen Tätigkeit als Schauspieler und Moderator als Person des öffentlichen Interesses anzusehen (vgl. zur Abgrenzung zwischen "personnage public"/"public figure" einerseits im Unterschied zur "personnalité politique"/"politician" und "personne ordinaire"/"ordinary person" andererseits EGMR, Urteile vom 11. Januar 2005, Beschwerde Nr. 50774/99, Sciacca gegen Italien §§ 27 ff.; vom 17. Oktober 2006, Beschwerde Nr. 71678/01, Gourguenidze gegen Georgien § 55). Diese Einstufung hat nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des EGMR zur Folge, dass über eine solche Person in größerem Umfang berichtet werden darf als über andere Personen, wenn die Information einen hinreichenden Nachrichtenwert mit Orientierungsfunktion im Hinblick auf eine die Allgemeinheit interessierende Sachdebatte hat und die Abwägung keine schwerwiegenden Interessen des Betroffenen ergibt, die einer Veröffentlichung entgegenstehen (BVerfG, NJW 2008, 1793, 1796, 1800; EGMR, Urteile vom 11. Januar 2005, Beschwerde Nr. 50774/99, Sciacca gegen Italien §§ 27 ff. und vom 17. Oktober 2006, Beschwerde Nr. 71678/01, Gourguenidze gegen Georgien § 57).
13
Maßgebend für die Frage, ob es sich bei den veröffentlichten Fotos um Bildnisse aus dem Bereich der Zeitgeschichte gemäß § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG handelt, ist das Zeitgeschehen. Dieses ist vom Informationsinteresse der Öffentlichkeit her zu bestimmen und umfasst nicht nur Vorgänge von historischpolitischer Bedeutung oder spektakuläre und ungewöhnliche Vorkommnisse, sondern ganz allgemein alle Fragen von allgemeinem gesellschaftlichem Interesse. Auch durch unterhaltende Beiträge kann Meinungsbildung stattfinden; solche Beiträge können die Meinungsbildung unter Umständen sogar nachhaltiger anregen und beeinflussen als sachbezogene Informationen (vgl. Senat, Urteile vom 9. Dezember 2003 - VI ZR 373/02 - VersR 2004, 522, 523 - mit Anmerkung v. Gerlach JZ 2004, 625 - und vom 6. März 2007 - VI ZR 51/06 - VersR 2007, 957, 958; BVerfGE 101, 361, 389 f.; BVerfG, NJW 2001, 1921, 1923; BVerfG, NJW 2006, 2836, 2837; BVerfG, NJW 2008, 1793, 1799). Selbst die Normalität des Alltagslebens prominenter Personen darf der Öffentlichkeit vor Augen geführt werden, wenn dies der Meinungsbildung zu Fragen von allgemeinem Interesse dienen kann (BVerfG, NJW 2008, 1793, 1796).
14
Das Informationsinteresse der Öffentlichkeit besteht jedoch nicht schrankenlos. Der Einbruch in die persönliche Sphäre des Abgebildeten wird durch den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit begrenzt, so dass eine Berichterstattung keineswegs immer zulässig ist. Nicht alles, wofür sich die Menschen aus Langeweile, Neugier und Sensationslust interessieren, rechtfertigt dessen visuelle Darstellung in der breiten Medienöffentlichkeit. Wo konkret die Grenze für das berechtigte Informationsinteresse der Öffentlichkeit an der aktuellen Berichterstattung zu ziehen ist, lässt sich nur unter Berücksichtigung der jeweiligen Umstände des Einzelfalls entscheiden (Senat, Urteil vom 19. Juni 2007 - VI ZR 12/06 - VersR 2007, 1135, 1136).
15
Dabei gehört es zum Kern der Pressefreiheit, dass die Presse innerhalb der gesetzlichen Grenzen einen ausreichenden Spielraum besitzt, in dem sie nach ihren publizistischen Kriterien entscheiden kann, was öffentliches Interesse beansprucht (Senat, Urteile vom 15. November 2005 - VI ZR 286/04 - VersR 2006, 274, 275; vom 6. März 2007 - VI ZR 51/06 - VersR 2007, 957, 958; BVerfGE 101, 361, 392; BVerfG, NJW 2008, 1793, 1794; vgl. EGMR, NJW 2006, 591, 592 Karhuvaara und Iltalehti gegen Finnland). Dazu zählt auch die Entscheidung, ob und wie ein Presseerzeugnis bebildert wird (BVerfGE 101, 361, 389; BVerfG, NJW 2008, 1793, 1794; EGMR, NJW 2004, 2647, 2649 von Hannover gegen Deutschland; Urteil vom 14. Dezember 2006, Beschwerde Nr. 10520/02, Verlagsgruppe News GmbH gegen Österreich Nr. 2 § 29). Bildaussagen nehmen an dem verfassungsrechtlichen Schutz des Berichts teil, dessen Bebilderung sie dienen (BVerfG, NJW 2008, 1793, 1794). Eine solche Personalisierung bildet ein wichtiges publizistisches Mittel zur Erregung von Aufmerksamkeit (BVerfGE 101, 361, 390). Sie weckt vielfach erst das Interesse an Problemen und begründet den Wunsch nach Sachinformationen (BVerfG, NJW 2008, 1793, 1797). Prominente Personen stehen überdies für bestimmte Wertvorstellungen und Lebenshaltungen. Sie werden zu Kristallisationspunkten für Zustimmung oder Ablehnung und erfüllen Leitbild- oder Kontrastfunktion. Darin hat das öffentliche Interesse an den verschiedensten Lebensbezügen solcher Personen seinen Grund (BVerfGE 101, 361, 390; BVerfG, NJW 2008, 1793, 1796).
16
b) Mit der Entscheidung, die Fotos des Klägers abzudrucken und in den Kontext der Wortberichterstattung zu rücken, hat die Beklagte ihre grundrechtlich geschützte Befugnis ausgeübt, selbst nach publizistischen Kriterien zu entscheiden , was sie für berichtenswert hält. Diese Freiheit kann durch die Wertung der Revision, die Beklagte habe zu Unrecht ein Interesse des "Durchschnittslesers" an der Berichterstattung angenommen, nicht in Frage gestellt werden.
17
Die Presse- und Informationsfreiheit ist mit dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht desjenigen abzuwägen, in dessen Privatsphäre die Presse unter namentlicher Nennung und Abbildung eingreift. Durch Abwägung der betroffenen Rechtsgüter ist zu ermitteln, ob das Informationsinteresse der Öffentlichkeit den Eingriff in die Privatsphäre nach Art und Reichweite gestattet und ob dieser in angemessenem Verhältnis zur Bedeutung der Berichterstattung steht (vgl. BVerfGE 35, 202, 221). Das Selbstbestimmungsrecht der Presse umfasst nicht auch die Entscheidung, wie das Informationsinteresse zu gewichten ist; diese Gewichtung zum Zweck der Abwägung mit gegenläufigen Interessen der Betroffenen obliegt im Fall eines Rechtsstreits vielmehr den Gerichten (BVerfG, NJW 2008, 1793, 1796). Diese haben dabei die folgenden Gesichtspunkte zu beachten:
18
aa) Es muss eine Interessenabwägung stattfinden zwischen dem Informationsinteresse der Öffentlichkeit einerseits und dem Interesse des Abgebildeten an dem Schutz seiner Privatsphäre andererseits. Die Bedeutung des Informationswerts der Berichterstattung für die Interessenabwägung hat der erkennende Senat schon in früheren Entscheidungen hervorgehoben (Senat, Urteile vom 9. Dezember 2003 - VI ZR 373/02 - VersR 2004, 522, 523 m.w.N.; vom 6. März 2007 - VI ZR 51/06 - VersR 2007, 957, 958; vom 19. Juni 2007 - VI ZR 12/06 - VersR 2007, 1135, 1137; vom 14. Oktober 2008 - VI ZR 271/06 -, - VI ZR 272/06 -, - VI ZR 256/06 - und - VI ZR 260/06 -, sämtlich z.V.b.). Je größer der Informationswert für die Öffentlichkeit ist, desto mehr muss das Schutzinteresse dessen, über den informiert wird, hinter den Informationsbelangen der Öffentlichkeit zurücktreten. Umgekehrt wiegt aber auch der Schutz der Persönlichkeit des Betroffenen desto schwerer, je geringer der Informationswert für die Allgemeinheit ist (vgl. BVerfGE 34, 269, 283; Senat, BGHZ 131, 332, 342 f. m.w.N.). Das schließt es freilich nicht aus, dass je nach Lage des Falles für den Informationswert einer Berichterstattung auch der Bekanntheitsgrad des Betroffenen von Bedeutung sein kann (Senat, Urteile vom 15. November 2005 - VI ZR 286/04 - VersR 2006, 274, 275; vom 19. Juni 2007 - VI ZR 12/06 - VersR 2007, 1135, 1137; vgl. BVerfGE 101, 361, 391).
19
Kommt es mithin für die Abwägung maßgeblich auf den Informationswert der Abbildung an, kann, wenn - wie im Streitfall - die beanstandeten Abbildungen im Zusammenhang mit einer Wortberichterstattung verbreitet worden sind, bei der Beurteilung die zugehörige Wortberichterstattung nicht unberücksichtigt bleiben (BVerfG, NJW 2008, 1793, 1796; so auch EGMR, NJW 2004, 2647, 2650 von Hannover gegen Deutschland; Senat, BGHZ 158, 218, 223; Urteile vom 28. September 2004 - VI ZR 305/03 - VersR 2005, 83; vom 6. März 2007 - VI ZR 13/06 - VersR 2007, 697, 699 und - VI ZR 51/06 - VersR 2007, 957, 959; vom 3. Juli 2007 - VI ZR 164/06 - VersR 2007, 1283, 1284; vom 14. Oktober 2008 - VI ZR 271/06 -, - VI ZR 272/06 -, - VI ZR 256/06 - und - VI ZR 269/06 -, sämtlich z.V.b.).
20
bb) Bei der Abwägung ist zu beachten, dass die Garantie der Pressefreiheit nicht allein der Presse, sondern in gleicher Weise dem Schutz des Prozesses öffentlicher Meinungsbildung und damit der Meinungsbildungsfreiheit der Bürger dient. Auch nach der Rechtsprechung des EGMR besteht nur wenig Spielraum, die Gewährleistung des Art. 10 Abs. 1 EMRK zurücktreten zu lassen , falls eine Medienberichterstattung einen Bezug zu einer Sachdebatte von allgemeinem Interesse aufweist (vgl. EGMR, NJW 2006, 1645, 1647 f. Pedersen u. Baadsgaard gegen Dänemark; EGMR, Große Kammer, Urteil vom 22. Oktober 2007, Beschwerde Nr. 21279/02 u.a., Lindon u.a. gegen Frankreich , § 45). Dies gilt auch dann, wenn diese Berichterstattung Fotos des Betroffenen beinhaltet, sofern es sich dabei um eine Person des öffentlichen Lebens ("public figure" im Gegensatz zu "ordinary person") handelt (EGMR, Urteil vom 14. Dezember 2006, Beschwerde Nr. 10520/02, Verlagsgruppe News GmbH gegen Österreich Nr. 2 § 40). Denn eine freie Presse hat die Aufgabe, Informationen und Ideen über alle Fragen von öffentlichem Interesse zu vermitteln , Fragen, welche die Rechtspflege betreffen, eingeschlossen, darf dabei aber bestimmte Grenzen nicht überschreiten. Wäre dies nicht so, könnte die Presse nicht ihre bedeutsame Rolle eines "öffentlichen Wachhundes" spielen (EGMR, NJW 2006, 1645, 1648 Pedersen u. Baadsgaard gegen Dänemark). Diese bedeutsame Funktion der Presse kann auch berührt sein, wenn die Berichterstattung eine Verfehlung ohne engeren Bezug zum politischen Leben zum Gegenstand hat (vgl. BVerfG, NJW 2006, 2835, 2836; EGMR, Urteil vom 25. April 2006, Beschwerde Nr. 77551/01, Dammann gegen Schweiz § 54, Ur- teil vom 24. November 2005, Beschwerde Nr. 53886/00, Tourancheau und July gegen Frankreich § 66).
21
cc) Art. 5 Abs. 1 GG gebietet allerdings nicht generell zu unterstellen, dass mit jeder visuellen Darstellung aus dem Privat- und Alltagsleben prominenter Personen ein Beitrag zur Meinungsbildung verbunden sei, der es für sich allein rechtfertigte, die Belange des Persönlichkeitsschutzes zurückzustellen. Bei der Abwägung spielt eine entscheidende Rolle, ob die Presse eine neue und wahre Information von allgemeinem Interesse für die öffentliche Meinungsbildung ernsthaft und sachbezogen erörtert und damit einen Beitrag zu irgendeiner Diskussion von allgemeinem Interesse für Staat und Gesellschaft leistet oder ob der Informationswert für die Öffentlichkeit wesentlich in der Unterhaltung ohne gesellschaftliche Relevanz besteht. Im letzten Fall besteht kein berücksichtigenswertes Informationsinteresse der Öffentlichkeit, das eine Bildveröffentlichung entgegen dem Willen des Abgebildeten erlaubte (Senat, Urteil vom 19. Juni 2007 - VI ZR 12/06 - VersR 2007, 1135, 1137; vgl. BVerfGE 7, 198, 212; BVerfGE 101, 361, 391; BVerfG, NJW 2006, 3406, 3407; EGMR, Urteil vom 17. Oktober 2006, Beschwerde Nr. 71678/01, Gourguenidze gegen Georgien, §§ 60 f.).
22
dd) Betrifft die für die Abwägung zu berücksichtigende Wortberichterstattung eine bereits abgeurteilte Straftat des Abgebildeten, kommt es für die Abwägung mit dem beeinträchtigten Persönlichkeitsrecht neben Art und Weise der Darstellung auch auf Natur und Schwere der Tat und die Person des Täters an (vgl. Senat, Urteil vom 15. November 2005 - VI ZR 286/04 - VersR 2006, 274, 275; BVerfGE 35, 202, 232; BVerfG, NVwZ 2008, 306, 307) sowie darauf, wie lange die Tat bereits zurückliegt und ob ein aktueller Anlass für die Berichterstattung besteht (BVerfG, NVwZ 2008, 306, 307). Dies entspricht auch der Rechtsprechung des EGMR (EGMR, Urteil vom 7. Dezember 2006, Beschwer- de Nr. 35841/02, Österreichischer Rundfunk gegen Österreich § 68). Der Einbruch in die persönliche Sphäre darf nicht weiter gehen, als die Befriedigung des Informationsinteresses dies erfordert (BVerfGE 35, 202, 232), er muss in angemessenem Verhältnis zur Schwere des Fehlverhaltens stehen (BVerfG, NVwZ 2008, 306, 307).
23
Mit zeitlicher Distanz zur Straftat und zum Strafverfahren gewinnt das Recht des Täters "allein gelassen zu werden" und vor einer Reaktualisierung seiner Verfehlung verschont zu bleiben, zunehmende Bedeutung (BVerfGE 35, 202, 233; BVerfG, NJW 2006, 2835; NVwZ 2008, 306, 307). Für die tagesaktuelle Berichterstattung über Straftaten verdient jedoch das Informationsinteresse im Allgemeinen den Vorrang (BVerfGE 35, 202, 231 f.; BVerfG, NVwZ 2008, 306, 307). Dabei reicht aber nicht jeder aus publizistischer Sicht nachvollziehbare Anlass für eine Berichterstattung über den Betroffenen als Rechtfertigung für die Offenlegung einer Vorstrafe aus. Je schwerwiegender das Persönlichkeitsrecht des Betroffenen beeinträchtigt wird, umso dringlicher muss das Informationsinteresse sein, dessen Befriedigung die Berichterstattung dient (BVerfG, NJW-RR 2007, 1191, 1193; BVerfG, NVwZ 2008, 306, 307 m.w.N.). Entscheidend ist, ob die betreffende Berichterstattung eine erhebliche neue oder zusätzliche Beeinträchtigung des Täters zu bewirken geeignet ist (BVerfGE 35, 202, 234) und die Wiedereingliederung des Täters in die Gesellschaft dadurch wesentlich erschwert zu werden droht (BVerfGE 35, 202, 236; BVerfG, NJW 2000, 1859, 1860).
24
ee) Für die Gewichtung der Belange des Persönlichkeitsschutzes bei der Bildberichterstattung sind zudem die Umstände der Gewinnung der Abbildung, etwa durch Ausnutzung von Heimlichkeit oder beharrliche Nachstellung, zu bedenken sowie, in welcher Situation der Betroffene erfasst und wie er dargestellt wird. Das Gewicht der mit der Abbildung verbundenen Beeinträchtigungen des Persönlichkeitsrechts ist erhöht, wenn die visuelle Darstellung durch Ausbreitung von üblicherweise der öffentlichen Erörterung entzogenen Einzelheiten thematisch die Privatsphäre berührt. Gleiches gilt, wenn der Betroffene typischerweise die berechtigte Erwartung haben durfte, nicht in den Medien abgebildet zu werden oder die Medienberichterstattung den Betroffenen in Momenten der Entspannung oder des Sich-Gehen-Lassens außerhalb der Einbindung in die Pflichten des Berufs und Alltags erfasst (vgl. BVerfG, NJW 2008, 1793, 1797).
25
4. Diese Grundsätze führen im Streitfall zu folgender Abwägung:
26
a) Der Ansicht der Revision, es liege keine Berichterstattung über ein zeitgeschichtliches Ereignis vor, kann nicht beigepflichtet werden.
27
aa) Zwar können die beanstandeten Aufnahmen, die den Kläger mit einer Reisetasche auf offener Strasse gehend und beim Einsteigen in einen Pkw zeigen, für sich keinen besonderen Informationswert beanspruchen. Sie zeigen den Kläger allerdings nicht - wie die Revision meint - lediglich, wie er sich privat in seiner Freizeit bewegt. Ihr Informationsgehalt ist vielmehr nach der ständigen Rechtsprechung des Senats in Zusammenschau mit der sie begleitenden Wortberichterstattung , die der Kläger nicht beanstandet, zu bewerten (vgl. BGHZ 158, 218, 223; Urteile vom 28. September 2004 - VI ZR 305/03 - VersR 2005, 83; vom 6. März 2007 - VI ZR 13/06 - VersR 2007, 697, 699 und - VI ZR 51/06 - VersR 2007, 957, 959; vom 3. Juli 2007 - VI ZR 164/06 - VersR 2007, 1283, 1284; vom 14. Oktober 2008 - VI ZR 271/06 -, - VI ZR 272/06 -, - VI ZR 256/06 - und - VI ZR 269/06 -, sämtlich z.V.b.).
28
bb) Die Wortberichterstattung befasst sich unter knappem Hinweis auf die Verurteilung des Klägers zu einer unbedingten Freiheitsstrafe mit dem Ablauf des Strafvollzugs, insbesondere der Tatsache, dass dem Kläger bereits zwei Wochen nach Haftantritt Freigang gewährt und seine Unterbringung im offenen Vollzug genehmigt worden sei. Dies stellt ein berichtenswertes Ereignis des Zeitgeschehens dar.
29
Der Strafvollzug gehört wie das Strafverfahren zum Zeitgeschehen in dem oben dargelegten Sinn (vgl. BVerfGE 35, 202, 230). Der berichtete Vorgang ist auch kein alltägliches, lediglich unter dem Gesichtspunkt der Person des Klägers berichtenswertes Ereignis (vgl. BVerfG, NJW 2006, 2835; OLG Hamburg, AfP 2006, 257 f.). Selbst wenn die Unterbringung im offenen Vollzug nach der gesetzlichen Regelung des § 10 StVollzG im Strafvollzug der Regelfall sein soll, bildet er nicht nur in der Wahrnehmung der Öffentlichkeit, sondern auch in der Praxis tatsächlich die Ausnahme (Calliess/Müller-Dietz, Strafvollzugsgesetz , 11. Aufl., § 10 Rn. 1a; Feest/Lesting, StVollzG, 5. Aufl., § 10 Rn. 6). Schon deshalb besteht in Zusammenschau mit der Prominenz der Person , die von dieser Ausnahme betroffen ist, ein Informationsinteresse der Öffentlichkeit.
30
Die Abläufe im Strafvollzug sind zudem der öffentlichen Verwaltung zugeordnet , also einem Bereich, in dem die Presse ihre wichtige Funktion als "öffentlicher Wachhund" wahrnimmt (vgl. EGMR Große Kammer, NJW 2004, 1645, 1648 Pedersen u. Baadsgaard/Dänemark § 71 und Urteil vom 24. November 2005, Beschwerde Nr. 53886/00, Tourancheau und July gegen Frankreich § 66). Wird einem Prominenten, der zu einer erheblichen Freiheitsstrafe verurteilt ist, schon alsbald nach Haftantritt die Unterbringung im offenen Vollzug genehmigt und Ausgang gewährt, ist dieser Vorgang wegen des faktischen Ausnahmecharakters des offenen Vollzugs geeignet, ein besonderes Interesse und womöglich sogar Misstrauen zu erwecken. Im Hinblick auf eine etwaige Sonderbehandlung Prominenter im Strafvollzug stellt sich der Vorgang deshalb auch unter dem Aspekt der "Wachhundfunktion" der Presse als berichtenswer- tes Ereignis dar. An dieser Beurteilung ändert nichts, dass die Abläufe gesetzmäßig waren und in der Presse auch so dargestellt wurden. Auf den vom Berufungsgericht in seiner Beurteilung unzutreffend herangezogenen Aspekt des späten Haftantritts, der - wie die Revision zu Recht einwendet - nicht Gegenstand der Berichterstattung ist, kommt es insoweit nicht an.
31
An der bildlichen Darstellung gerade des Klägers bestand ein durch ein echtes Informationsbedürfnis hervorgerufenes Interesse der Allgemeinheit. Die Bildberichterstattung ist auch nicht deshalb unzulässig (vgl. OLG Frankfurt, GRUR 1991, 49 f.), weil mit der Person des Klägers etwa beispielhaft ein Beitrag über die Strafvollzugspraxis illustriert wurde. Die Berichterstattung befasst sich vielmehr konkret mit der Person des Klägers im Strafvollzug und mit der Frage, ob er als Prominenter eine Sonderbehandlung erfahre.
32
b) Die Abwägung der widerstreitenden Rechtspositionen lässt kein Überwiegen des Persönllichkeitsrechts des Klägers erkennen.
33
aa) Zwar stellt die identifizierende Bildberichterstattung über eine Verurteilung und den Strafvollzug ebenso wie über eine Straftat oder ein Strafverfahren einen erheblichen Eingriff in die Persönlichkeitssphäre des Betroffenen dar, da auch hierdurch sein Fehlverhalten öffentlich bekannt gemacht und seine Person in den Augen des Publikums negativ qualifiziert wird (vgl. BVerfGE 35, 202, 226; BVerfG, NJW 1993, 1463, 1464; NJW 2006, 2835). Der Kläger hat jedoch keinen Anspruch darauf, dass nach rechtskräftigem Urteil über Verurteilung und Strafverbüßung geschwiegen wird. Wer den Rechtsfrieden bricht, durch diese Tat und ihre Folgen Mitmenschen oder Rechtsgüter der Gemeinschaft angreift oder verletzt, muss grundsätzlich dulden, dass das von ihm selbst durch seine Tat hervorgerufene Interesse der Öffentlichkeit an Information auf den dafür üblichen Wegen befriedigt wird (BVerfGE 35, 202, 231 f.). Der Kläger hat durch die Begehung der gravierenden Straftat den Bereich privater Betätigung verlassen und sich selbst zum Gegenstand des Informationsbedürfnisses der Öffentlichkeit gemacht (vgl. Senat, Urteil vom 15. November 2005 - VI ZR 286/04 - VersR 2006, 274, 276).
34
bb) Die Wortberichterstattung enthält einen gewichtigen Informationswert. Der Schwerpunkt der in der Sache zutreffenden Wortberichterstattung liegt in der Diskussion der Frage, weshalb der Kläger die Justizvollzugsanstalt bereits zwei Wochen nach Inhaftierung verlassen konnte. Daran besteht nicht nur wegen der Schwere der Tat und der Person des Klägers, sondern insbesondere wegen des legitimen demokratischen Bedürfnisses nach Kontrolle der Strafvollstreckungsbehörden ein erhebliches Informationsinteresse der Allgemeinheit. Hinzu kommt, dass nach der zutreffenden Berichterstattung der Kläger seine Karriere als Schauspieler auch während der Haftverbüßung weiter verfolgen wollte und ein Informationsinteresse der Leser nicht nur hieran, sondern auch an der Frage, wie dies trotz Inhaftierung möglich sei, gegeben ist.
35
cc) Die Bildberichterstattung ist auch kein unverhältnismäßiger Eingriff.
36
Die mit den Aufnahmen visualisierte Wortberichterstattung setzt sich sachlich mit der Gesetzmäßigkeit der Genehmigung von Ausgang und offenem Vollzug auseinander und enthält weder Informationen über die bereits abgeurteilte Straftat noch gewährt sie Einblicke in Einzelheiten des Privatlebens des Klägers. Sie ist keine bloße Unterhaltung der Leserschaft zur Befriedigung von Neugier, sondern kann zur öffentlichen Diskussion über den offenen Strafvollzug beitragen.
37
Angesichts der Schwere der Tat und der Person des Betroffenen war die Genehmigung des offenen Vollzugs ausreichender Anlass für eine Berichterstattung über Verurteilung und Haftantritt. Die Presse durfte hier ihre Funktion als "Wachhund" wahrnehmen und die Öffentlichkeit über das Geschehen und dessen Vorgeschichte angemessen informieren. Dieses tagesaktuelle Informationsinteresse ging über den von der abgeurteilten Straftat vormals geschaffenen Berichterstattungsanlass hinaus (vgl. BVerfG, NVwZ 2008, 306, 307; OLG Köln, NJW 1987, 1418) und stand in engem Zusammenhang mit der Tat, an die sie erinnern durfte (vgl. OLG Frankfurt, OLGR Frankfurt 2001, 309 juris Rn. 13; OLG Hamburg, NJW-RR 1994, 1439, 1441).
38
Die Berichterstattung unter namentlicher Nennung des Klägers war durch den Zweck der Berichterstattung unabweisbar geboten und überschreitet die Grenze der Verhältnismäßigkeit nicht. Durch eine anonymisierte Berichterstattung hätte die Presse das konkrete Informationsinteresse an der Frage, ob der Kläger als Prominenter im Strafvollzug bevorzugt werde, nicht befriedigen und insoweit ihre meinungsbildenden Aufgaben nicht erfüllen können (vgl. Senat, Urteil vom 21. November 2006 - VI ZR 259/05 - NJW-RR 2007, 619, 620).
39
Die Veröffentlichung der Fotos bewirkte keinen weiter gehenden Eingriff in das Persönlichkeitsrecht des Klägers als die - nicht beanstandete - Wortberichterstattung. Der Kläger ist als Prominenter - anders als Strafgefangene sonst - weithin im Bild bekannt (vgl. EGMR, Urteil vom 11. Januar 2005, Beschwerde Nr. 50774/99, Sciacca gegen Italien § 29). Die Bilder sind - wovon auch die Revision ausgeht - bei dem berichteten Ereignis entstanden. Die Veröffentlichung kontextbezogener Fotos ist als Visualisierung des berichteten Ereignisses nach der Rechtsprechung des BVerfG regelmäßig zulässig (BVerfG, NJW 2001, 1921, 1925). Die verwendeten Aufnahmen beeinträchtigen den Kläger nicht stärker als kontextneutrale Portraitaufnahmen. Zwar zeigen sie den Kläger in Alltagskleidung beim Gang auf der Straße und beim Einsteigen in ein Auto. Sie haben jedoch keinen eigenständigen Verletzungseffekt, stellen den Kläger nicht ungünstig dar und stammen nicht aus seiner Intimsphäre. Überdies geben sie über die Wortberichterstattung hinaus keine Einzelheiten aus dem Leben des Klägers preis und berühren nicht den Kernbereich seines Privatlebens. Als kontextbezogene Aufnahmen wecken sie ganz besonders das Interesse der Leser an der im Bericht enthaltenen Information und unterstreichen mehr als ein kontextneutrales Bild die Authentizität des Berichts (vgl. BVerfG, NJW 2008, 1793, 1797).
40
dd) Das Berufungsgericht hat bei seiner Abwägung auch nicht Resozialisierungsgesichtspunkte zu gering gewichtet. Die Bildveröffentlichung mag für den Kläger lästig und peinlich gewesen sein. Das Berufungsgericht hat jedoch ohne Rechtsfehler eine erhebliche Belastung, Stigmatisierung, Ausgrenzung oder gar Prangerwirkung verneint (vgl. BVerfGE 35, 202, 237; BVerfG, NJW 2000, 1859, 1860; vgl. auch Senat, Urteil vom 15. November 2005 - VI ZR 286/04 - VersR 2006, 274, 275). Die Bildberichterstattung ist nicht geeignet, eine erhebliche neue oder zusätzliche Beeinträchtigung des Täters zu bewirken (BVerfGE 35, 202, 234). Über das erst ein Jahr zurückliegende Strafverfahren war umfangreich in der Presse berichtet worden, wobei auch der Kläger sich mehrfach selbst zu Wort gemeldet hat. Diese Berichterstattung war der Öffentlichkeit noch gegenwärtig (vgl. BVerfG, NVwZ 2008, 306, 307). Die Resozialisierung des Klägers ist durch die Abbildungen nicht gefährdet. Zwar können die möglichen Folgen eines Berichts für die freie Entfaltung der Persönlichkeit gravierend sein (BVerfG, NJW 2000, 1859, 1860). Vortrag dazu, dass die Berichterstattung über den Ablauf des Strafvollzugs eine bisher nicht vorhandene Ablehnung gegenüber dem Kläger hervorrufen, eine vorhandene Abwehrhaltung oder Missachtung verstärken, eine erreichte innere Stabilisierung des Klägers durch die erneute Konfrontation mit der Tat zerstören oder die Chance des Klägers , sich wieder in die freie Gesellschaft einzugliedern, beeinträchtigen könnte (vgl. BVerfGE 35, 202, 236 f.; BVerfG, NJW 2000, 1859, 1860), legt die Revision nicht dar.
41
ee) Die Abwägung führt schließlich nicht deshalb zu einem anderen Ergebnis , weil das Vorgehen der Reporter seit dem Haftantritt eine erhebliche Belästigung dargestellt haben mag. Zwar können für die Gewichtung der Belange des Persönlichkeitsschutzes auch die Umstände der Gewinnung der Abbildung, etwa durch beharrliche Nachstellung, bedeutsam sein (vgl. BVerfG, NJW 2008, 1793, 1797; EGMR, NJW 2004, 2647, 2650 von Hannover gegen Deutschland), doch ist es aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden, wenn das Berufungsgericht keine Auswirkungen der Belästigungen auf die Fertigung der hier streitgegenständlichen Fotos feststellt und meint, dass der Kläger angesichts des erheblichen Informationsinteresses der Öffentlichkeit die Anwesenheit von Fotografen vor der JVA bei Antritt des ersten Ausgangs hinnehmen musste.

III.

42
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Müller Greiner Wellner Stöhr Zoll
Vorinstanzen:
LG Berlin, Entscheidung vom 23.01.2007 - 27 O 1035/06 -
KG Berlin, Entscheidung vom 04.12.2007 - 9 U 21/07 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR 261/07 Verkündet am:
10. März 2009
Holmes,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2
Zur Frage der Zulässigkeit der Wort- und Bildberichterstattung im Rahmen eines
Fernsehbeitrags, in welchem zwei Tage nach der Beisetzung des verstorbenen
Fürsten von Monaco über einen seiner Enkel berichtet wird.
BGH, Urteil vom 10. März 2009 - VI ZR 261/07 - Kammergericht
LG Berlin
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 10. März 2009 durch die Vizepräsidentin Dr. Müller, die Richter Zoll und
Wellner, die Richterin Diederichsen und den Richter Stöhr

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 9. Zivilsenats des Kammergerichts vom 28. September 2007 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Berufung als unbegründet zurückgewiesen worden ist. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil der Zivilkammer 27 des Landgerichts Berlin vom 1. März 2007 dahingehend abgeändert , dass die Klage im Umfang der Aufhebung abgewiesen wird. Die Kosten des Rechtsstreits hat der Kläger zu tragen. Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Kläger ist ein Enkel des verstorbenen Fürsten Rainier von Monaco. Er nimmt die Beklagte, die den Fernsehsender RTL betreibt, auf Unterlassung der erneuten Veröffentlichung diverser Passagen aus einem am 17. April 2005, zwei Tage nach der Beisetzung des Großvaters des Klägers, bundesweit ausgestrahlten Fernsehbeitrag in Anspruch. Dieser Beitrag beschäftigte sich u.a. mit der Person des Klägers und enthielt mit Kommentaren unterlegte Fotos und Filmausschnitte, vorwiegend aus dessen privatem Alltag. Der Kläger begehrt das Verbot erneuter Veröffentlichung einiger ihn u.a. in Freizeitkleidung zeigender - teilweise älterer - Fotos und Filmausschnitte sowie mehrerer Textpassagen , die ihn u.a. als umschwärmten Star darstellen, sein Aussehen - durchweg positiv - bewerten und darüber spekulieren, ob er in Zukunft eine größere Rolle im Fürstentum spielen werde als bisher.
2
Das Landgericht hat die Beklagte antragsgemäß u.a. zur Unterlassung erneuter, auf den Kläger bezogener Verbreitung von zehn Textpassagen verurteilt , die dem streitigen Fernsehbeitrag entnommen sind, ferner dazu, zahlreiche den Kläger zeigende Fotos und Filmausschnitte aus diesem Beitrag nicht erneut zu verbreiten sowie zwei Filmausschnitte daraus nicht im Rahmen einer Berichterstattung zu verbreiten, die nahezu ausschließlich persönliche Belange des Klägers und nicht ein zeitgeschichtliches Ereignis zum Inhalt habe. Die Berufung der Beklagten hat das Berufungsgericht bezüglich des Klageantrages zu IV. mangels Begründung als unzulässig verworfen. Im Übrigen hatte die Berufung lediglich im Hinblick auf einen der beiden zuletzt genannten Filmausschnitte Erfolg. Mit ihrer vom erkennenden Senat zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf Klageabweisung weiter, soweit die Berufung als unbegründet zurückgewiesen worden ist.

Entscheidungsgründe:

I.

3
Ein Anspruch auf Unterlassung erneuter Verbreitung der beanstandeten Textpassagen folgt nach Auffassung des Berufungsgerichts aus dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht des Klägers. Er müsse nicht hinnehmen, über einen konkreten Anlass hinaus durch eine Berichterstattung über sein Aussehen und sein Privatleben zu einem Objekt der Medien gemacht und zu einem Idol aufgebaut zu werden. Sein Interesse, nicht durch Bewertung seines Erscheinungsbildes und Ausbreitung von Belanglosigkeiten uneingeschränkt der Öffentlichkeit präsentiert zu werden, sei schutzwürdig.
4
Bei Abwägung der gegenläufigen Interessen habe die Pressefreiheit der Beklagten zurückzutreten. Die Bekanntheit des Klägers rechtfertige die Äußerungen nicht. Die Zukunft Monacos nach dem Tod des Fürsten Rainier habe der im Streit stehende Fernsehbeitrag nur vordergründig thematisiert und sich auf Aussehen und persönliche Angelegenheiten u.a. des Klägers konzentriert. Die angegriffenen Textpassagen stünden nicht in konkretem Bezug zu einem zeitgeschichtlichen Vorgang. Auch unter Berücksichtigung eines journalistischen Bedürfnisses nach personalisierter Darstellung zeitgeschichtlicher Vorgänge sei die Berichterstattung nicht durch ein öffentliches Informationsinteresse gedeckt.
5
Ferner habe die Beklagte aufgrund des Rechts des Klägers am eigenen Bild mit einer Ausnahme die erneute Veröffentlichung der beanstandeten Filmausschnitte und Fotos zu unterlassen. Diese zeigten den Kläger bis auf zwei Ausnahmen in ausschließlich privaten Situationen. Der Fernsehbeitrag knüpfe zwar an die Beisetzung des Fürsten Rainier und damit an ein zeitgeschichtliches Ereignis an. Damit stünden die Abbildungen des Klägers, die von anderen, zum Teil Jahre zurück liegenden Gelegenheiten stammten, aber nicht in zeitlichem Zusammenhang. Außerdem sei die mit den Bildern illustrierte Wortberichterstattung zu beanstanden. Die Bedeutung des Klägers für die Zukunft Monacos sei von der Beklagten nur vorgeschoben worden, um die Neugier an seiner Person und an seinem Äußeren zu befriedigen. Die Abbildungen lieferten keinen Beitrag zu einer Debatte von sachlichem Interesse und seien ohne maßgeblichen Informationswert.
6
Auch die erneute Verbreitung des Filmausschnitts, der den Kläger als Minderjährigen u.a. mit seinem Großvater zeige, habe die Beklagte zu unterlassen , sofern sie im Rahmen einer Berichterstattung erfolge, die kein zeitgeschichtliches Ereignis, sondern nahezu ausschließlich persönliche Belange des Klägers zum Gegenstand habe. Denn die Beklagte habe auch diesen, einen offiziellen Anlass zeigenden Filmausschnitt dazu benutzt, eine unzulässige Textberichterstattung zu illustrieren, was berechtigte Interessen des Klägers verletzt habe, zumal ihn der Ausschnitt als Kind zeige.

II.

7
Das Urteil des Berufungsgerichts hält im angefochtenen Umfang revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht stand.
8
1. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts stehen dem Kläger die geltend gemachten Ansprüche entsprechend §§ 1004 Abs. 1 Satz 2, 823 Abs. 1, Abs. 2 BGB i.V.m. §§ 22, 23 KUG, Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG auf Unterlassung erneuter Verbreitung der Filmausschnitte und Fotos nicht zu.
9
a) Das Berufungsgericht beurteilt die Zulässigkeit der Bildveröffentlichungen im Ansatz zu Recht nach dem abgestuften Schutzkonzept der §§ 22, 23 KUG (vgl. Senatsurteile BGHZ 171, 275; vom 19. Juni 2007 - VI ZR 12/06 - VersR 2007, 1135; vom 3. Juli 2007 - VI ZR 164/06 - VersR 2007, 1283; vom 24. Juni 2008 - VI ZR 156/06 - VersR 2008, 1268; vom 1. Juli 2008 - VI ZR 67/08 - VersR 2008, 1411 und - VI ZR 243/06 - VersR 2008, 1506; vom 14. Oktober 2008 - VI ZR 256/06 - VersR 2009, 76 und - VI ZR 272/06 - VersR 2009, 78 sowie - VI ZR 271/06 - und - VI ZR 260/06 -, beide z.V.b.; vom 28. Oktober 2008 - VI ZR 307/07 - GRUR 2009, 150), das sowohl mit verfassungsrechtli- chen Vorgaben (vgl. BVerfG, NJW 2008, 1793, 1798 f.) als auch mit der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (künftig: EGMR) im Einklang steht (vgl. EGMR, NJW 2004, 2647 und NJW 2006, 591). Nicht zu beanstanden ist der Ausgangspunkt des Berufungsurteils, der Kläger habe nicht in die Veröffentlichung der Aufnahmen eingewilligt (vgl. § 22 KUG). Zulässig war diese daher nur, wenn es sich um Bildnisse aus dem Bereich der Zeitgeschichte handelte (§ 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG) und die Veröffentlichung berechtigte Interessen des Klägers nicht verletzte (§ 23 Abs. 2 KUG).
10
aa) Schon die Beurteilung, ob Bildnisse aus dem Bereich der Zeitgeschichte i.S.v. § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG vorliegen, erfordert eine Abwägung zwischen den Rechten des Abgebildeten aus Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG, Art. 8 Abs. 1 EMRK einerseits und den Rechten von Presse und Rundfunk aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG, Art. 10 Abs. 1 EMRK andererseits, wobei die Grundrechte der Presse- und Rundfunkfreiheit (Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG) und des Schutzes der Persönlichkeit (Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG) ihrerseits nicht vorbehaltlos gewährleistet sind und von den §§ 22, 23 KUG sowie Art. 8 und 10 EMRK beeinflusst werden (vgl. hierzu Senatsurteile vom 1. Juli 2008 - VI ZR 67/08 - aaO, S. 1413 und - VI ZR 243/06 - aaO, S. 1507). Der für die Frage, ob es sich um ein Bildnis aus dem Bereich der Zeitgeschichte handelt, maßgebende Begriff des Zeitgeschehens umfasst alle Fragen von allgemeinem gesellschaftlichem Interesse. Ein Informationsinteresse besteht allerdings nicht schrankenlos, vielmehr wird der Einbruch in die persönliche Sphäre des Abgebildeten durch den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit begrenzt (auch hierzu Senatsurteile vom 1. Juli 2008 - VI ZR 67/08 - aaO, S. 1412 und - VI ZR 243/06 - aaO, S. 1506 f., jeweils m.w.N.).
11
bb) Zum Kern der Presse- und der - hier zugunsten der Beklagten zu berücksichtigenden - Rundfunkfreiheit gehört es, dass die Medien im Grundsatz nach ihren eigenen publizistischen Kriterien entscheiden können, was sie des öffentlichen Interesses für wert halten und was nicht (vgl. Senatsurteil vom 1. Juli 2008 - VI ZR 67/08 - aaO m.w.N.; BVerfGE 87, 181, 201; 95, 220, 234; 97, 228, 257; 101, 361, 392; BVerfG, NJW 2000, 1859, 1860; NJW 2008, 1793, 1794). Die Rundfunkfreiheit gewährleistet, dass die Gestaltung des Programms wie auch der einzelnen Sendungen Sache des Rundfunks bleibt (vgl. etwa BVerfGE 59, 231, 258; 95, 220, 234; BVerfG, NJW 2000, 1859, 1860). Die grundrechtliche Gewährleistung umfasst auch die Abbildung von Personen (vgl. etwa Senatsurteil vom 28. Oktober 2008 - VI ZR 307/07 - aaO, S. 151 m.w.N.; BVerfG, NJW 2008, 1793, 1794, 1796). Auch unterhaltende Beiträge, etwa über das Privat- oder Alltagsleben prominenter Personen, nehmen grundsätzlich an diesem Schutz teil (vgl. etwa Senatsurteil vom 14. Oktober 2008 - VI ZR 272/06 - VersR 2009, 78, 79; BVerfGE 35, 202, 222 f.; 59, 231, 258; 101, 361, 389 f.; BVerfG, NJW 2000, 1859, 1860 f.; NJW 2008, 1793, 1794, 1796), ohne dass dieser von der Eigenart oder dem Niveau der Berichterstattung abhängen kann (vgl. BVerfGE 35, 202, 222 f.; 66, 116, 134; NJW 2008, 1793, 1794). Gerade prominente Personen können der Allgemeinheit Möglichkeiten der Orientierung bei eigenen Lebensentwürfen bieten sowie Leitbild- oder Kontrastfunktionen erfüllen. Auch die Normalität ihres Alltagslebens kann der Meinungsbildung zu Fragen von allgemeinem Interesse dienen (vgl. etwa Senatsurteile vom 1. Juli 2008 - VI ZR 67/08 - aaO, S. 1413 und - VI ZR 243/06 - aaO, S. 1507 f.; vom 14. Oktober 2008 - VI ZR 272/06 - aaO; BVerfGE 101, 361, 390; BVerfG, NJW 2008, 1793, 1796).
12
cc) Allerdings bedarf es gerade bei unterhaltenden Inhalten in besonderem Maß einer abwägenden Berücksichtigung der kollidierenden Rechtspositionen. Diese obliegt im Fall eines Rechtsstreits den Gerichten, die hierbei allerdings auf die Prüfung beschränkt sind, in welchem Ausmaß der Bericht einen Beitrag für die öffentliche Meinungsbildung erbringen kann (vgl. Senatsurteil vom 1. Juli 2008 - VI ZR 243/06 - aaO, S. 1508; BVerfG, NJW 2008, 1793, 1796). Die Belange der Medien sind dabei in einen möglichst schonenden Ausgleich zum Persönlichkeitsschutz des von einer Berichterstattung Betroffenen zu bringen, insbesondere zum Schutz des Kernbereichs der Privatsphäre (vgl. Senatsurteile BGHZ 131, 332, 337 f. und vom 9. Dezember 2003 - VI ZR 373/02 - VersR 2004, 522, 523), der in Form der Gewährleistung des Rechts am eigenen Bild sowie der Garantie der Privatsphäre teilweise auch verfassungsrechtlich fundiert ist (vgl. BVerfGE 101, 361, 381 ff.; BVerfG, NJW 2008, 1793, 1794, 1799). Für die Abwägung ist von maßgeblicher Bedeutung, ob die Medien im konkreten Fall eine Angelegenheit von öffentlichem Interesse ernsthaft und sachbezogen erörtern, damit den Informationsanspruch des Publikums erfüllen und zur Bildung der öffentlichen Meinung beitragen oder ob sie - ohne Bezug zu einem zeitgeschichtlichen Ereignis - lediglich die Neugier der Leser oder Zuschauer nach privaten Angelegenheiten prominenter Personen befriedigen (vgl. Senatsurteil vom 1. Juli 2008 - VI ZR 243/06 - aaO, S. 1508; BVerfGE 34, 269, 283; 101, 361, 391; BVerfG, NJW 2006, 3406, 3407; NJW 2008, 1793, 1796). Der Informationswert einer Bildberichterstattung ist im Gesamtkontext, in den das Personenbildnis gestellt ist, zu ermitteln, insbesondere unter Berücksichtigung der zugehörigen Textberichterstattung. Dies gilt insbesondere bei einem Fernsehbeitrag, bei dem Wort- und Bildberichterstattung naturgemäß eng miteinander verknüpft sind und bei dem es deshalb regelmäßig schwer möglich sein wird, einzelne Text- und Bildpassagen aus dem Gesamtbeitrag herauszulösen und einer isolierten Betrachtung zuzuführen.
13
b) Nach diesen Maßstäben kann der Auffassung des Berufungsgerichts, die angegriffene Bildberichterstattung sei wegen der fehlenden Einwilligung des Klägers im Wesentlichen unzulässig gewesen, nicht gefolgt werden.
14
aa) Anlass für den beanstandeten Fernsehbeitrag war der Tod des Fürsten Rainier von Monaco und dessen Beisetzung zwei Tage vor der Ausstrahlung. Damit knüpfte der Beitrag von seinem Konzept her an ein zeitgeschichtliches Ereignis an, über das der beklagte Sender berichten durfte. Das gilt grundsätzlich auch, soweit der Beitrag im Anschluss an dieses Ereignis ein Porträt der Person des Klägers zeichnete und die Frage behandelte, welche Rolle er im Fürstentum zukünftig spielen werde. Der Kläger zählt als Enkel des verstorbenen Fürsten Rainier und einer der Neffen des derzeit amtierenden Staatsoberhauptes des Fürstentums Monaco zu den potentiellen Thronfolgern und ist von daher eine Person des öffentlichen Interesses. Deshalb darf über ihn in größerem Umfang berichtet werden als über andere Personen, wenn die Information einen hinreichenden Nachrichtenwert mit Orientierungsfunktion im Hinblick auf eine die Allgemeinheit interessierende Sachdebatte hat und in die Abwägung keine schwerwiegenden Interessen des Betroffenen einzustellen sind, die einer Veröffentlichung entgegenstehen (vgl. näher m.w.N. etwa Senatsurteil vom 28. Oktober 2008 - VI ZR 307/07 - aaO, S. 150 f.). Dabei kommt es auf den redaktionellen Gehalt und die Gestaltung des Fernsehberichts nicht an, da die Garantie der Rundfunk- und Pressefreiheit es nicht zulässt, das Eingreifen dieses Grundrechts von der Qualität des jeweiligen Beitrags abhängig zu machen (BVerfGE 34, 269, 283; Senatsurteil vom 14. März 1995 - VI ZR 52/94 - VersR 1995, 667, 668, bestätigt durch BVerfG, NJW 2000, 1026; Senatsurteil vom 6. März 2007 - VI ZR 13/06 - VersR 2007, 697). Vielmehr sind die Text- und Bildbeiträge im Gesamtkontext des Beitrags zu würdigen, wobei auch den Besonderheiten einer Fernsehberichterstattung Rechnung zu tragen ist, bei der Wort und Bild einander ergänzen.
15
bb) Nach diesen Grundsätzen war die beanstandete Berichterstattung, soweit sie Gegenstand revisionsrechtlicher Beurteilung ist, zulässig. Mit welchen Bildern und Filmausschnitten ein solcher Beitrag illustriert wird, ist grund- sätzlich von dem für die Sendung Verantwortlichen zu entscheiden. Im Streitfall ist den verwendeten Fotos und Filmausschnitten, die den Kläger betreffen, kein eigenständiger Verletzungseffekt zu entnehmen. Dass die Aufnahmen etwa an Orten der Abgeschiedenheit, unter Ausnutzung von Heimlichkeit oder von technischen Mitteln, die dem gleich kämen, zustande gekommen und aus diesem Grund unzulässig wären (vgl. EGMR NJW 2004, 2647, 2650 Rn. 68; BVerfGE 101, 361, 381; BVerfG, NJW 2006, 3406, 3408; Senat, BGHZ 131, 332, 342), macht der Kläger nicht geltend und ist auch nicht ersichtlich. Sie zeigen den Kläger vielmehr durchweg in Alltagssituationen ohne persönlichkeitsrechtsrelevante Verletzungsintensität. Unter Berücksichtigung dieses Umstandes sind keine überwiegenden berechtigten Interessen des Klägers (§ 23 Abs. 2 KUG) erkennbar, die bei der gebotenen Würdigung der Berichterstattung in ihrer Gesamtheit der Verbreitung der ihn zeigenden Fotos und Filmausschnitte entgegenstünden (vgl. Senatsurteil vom 6. März 2007 - VI ZR 13/06 - VersR 2007, 697). Selbst wenn der im Streit stehende Beitrag die Erörterung von Aussehen, Erscheinungsbild und Umgang des Klägers mit den Medien in den Vordergrund stellt, nimmt ihm dies im Zusammenhang mit dem Gesamtportrait seiner Person als potentieller Thronfolger nicht den für die Zulässigkeit der Veröffentlichung erforderlichen Informationswert.
16
Somit war die Verbreitung der beanstandeten Aufnahmen und Filmausschnitte nicht nach §§ 22, 23 KUG, Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG unzulässig. Dies gilt auch für den Filmausschnitt, der den Kläger im Rahmen des Gesamtportraits seiner Person als Minderjährigen u.a. mit seinem Großvater bei einem offiziellen Anlass zeigt, der bereits als solcher ein Ereignis der Zeitgeschichte bildete.
17
2. Das Berufungsurteil hält der revisionsrechtlichen Prüfung auch nicht stand, soweit es die Beklagte zur Unterlassung erneuter Verbreitung der ange- griffenen Textpassagen verurteilt. Die geltend gemachten Unterlassungsansprüche entsprechend §§ 1004 Abs. 1 Satz 2, 823 Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 GG stehen dem Kläger auch insoweit nicht zu.
18
a) Es ist bereits fraglich, ob Wortberichterstattung und die Verbreitung von Bildnissen i.S.v. §§ 22, 23 KUG durch die Medien, auch soweit die Veröffentlichung das Privat- oder Alltagsleben einer Person berührt, nach den gleichen rechtlichen Kriterien zu beurteilen sind und inwieweit bei einem (einheitlichen ) Fernsehbeitrag überhaupt einzelne Wortbeiträge rechtlich einer isolierten Betrachtung zugänglich sein können. Dies kann im Streitfall jedoch offen bleiben.
19
b) Ein Verbot der angegriffenen Textpassagen begegnet schon deshalb Bedenken, weil es nicht zulässig ist, aus einer komplexen Äußerung einzelne Textstellen heraus zu lösen und als unzulässig zu verbieten, obwohl sie sich im Gesamtkontext als zulässig erweisen können (Senatsurteile vom 25. März 1997 - VI ZR 102/96 - VersR 1997, 942; vom 11. März 2008 - VI ZR 189/06 - VersR 2008, 695 und vom 2. Dezember 2008 - VI ZR 219/06 - WRP 2009, 324). Insoweit kann für die grundsätzliche Zulässigkeit des Fernsehbeitrags auf die vorherstehenden Ausführungen Bezug genommen werden, wobei für die Wortberichterstattung als solche der durch Art. 5 GG gewährleistete Grundsatz der freien Berichterstattung gilt. Im Übrigen haben die beanstandeten Äußerungen weder für sich genommen noch in Zusammenhang mit der Bildberichterstattung einen eigenständigen Verletzungseffekt der ihr Verbot rechtfertigen könnte. Sie betreffen sämtlich nicht den besonders geschützten Kernbereich der Privatsphäre des Klägers und keine Themen, die schon von vornherein überhaupt nicht in die Öffentlichkeit gehören (vgl. etwa Senatsurteil vom 9. Dezember 2003 - VI ZR 373/02 - aaO, S. 523; BVerfGE 119, 1, 33, 35; BVerfG, NJW 2008, 1793, 1799; Müller aaO, S. 1149). Soweit die Texte den Umgang des Klägers mit den Medien behandeln, sich damit befassen, wie er sich in Monaco in der Öffentlichkeit bewege, oder darüber spekulieren, ob er sich in Zukunft vermehrt in die Öffentlichkeit begeben werde, ist eher die Sozial- oder gar die Öffentlichkeitssphäre berührt (vgl. etwa Senatsurteil vom 21. November 2006 - VI ZR 259/05 - aaO, S. 511 f.; Soehring, Presserecht, 3. Aufl., Rn. 19.39 ff.); jedenfalls weisen diese Passagen ihrem Inhalt nach keinen erheblichen Verletzungsgehalt auf. Soweit die Äußerungen den Kläger charakterisieren, sein Aussehen bewerten, punktuell Einzelheiten aus seiner Biographie erörtern sowie darauf eingehen, wie oft er sich in Monaco aufhalte, mögen sie zwar seine Privatsphäre tangieren (vgl. etwa Senatsurteil vom 9. Dezember 2003 - VI ZR 373/02 - aaO, S. 523 f.; BVerfGE 101, 361, 382 f.; BVerfG, NJW 2008, 1793, 1794). Die Intensität des Eingriffs ist jedoch gering, handelt es sich doch durchweg um den Kläger positiv beschreibende Werturteile sowie um unstreitig zutreffende Tatsachen, die entweder belanglos sind oder sich allenfalls oberflächlich mit der Person des Klägers beschäftigen, ohne einen tieferen Einblick in seine persönlichen Lebensumstände zu vermitteln. Dass ihn diese Äußerungen ihrem Inhalt nach in seinem Schutzinteresse erheblich beträfen, lässt sich weder dem Vorbringen des Klägers entnehmen noch ist es sonst ersichtlich. Bei dieser Sachlage rechtfertigen weder das vom Kläger geltend gemachte Interesse , selbst zu bestimmen, ob sich die Medien überhaupt mit ihm beschäftigen, noch der vom Berufungsgericht in den Vordergrund gestellte Aspekt, die Beklagte betreibe "Starkult" und baue den Kläger zu einem Idol auf, das Verbot einer erneuten Verbreitung der angegriffenen Äußerungen. Da vielmehr auch insoweit das Persönlichkeitsrecht des Klägers nur geringfügig betroffen ist, muss die Rundfunk- und Pressefreiheit der Beklagten im Rahmen der gebotenen Gesamtabwägung Vorrang haben.

III.

20
Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO.
Müller Zoll Wellner
Diederichsen Stöhr
Vorinstanzen:
LG Berlin, Entscheidung vom 01.03.2007 - 27 O 1203/06 -
KG Berlin, Entscheidung vom 28.09.2007 - 9 U 93/07 -

(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.

(2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.

(3) Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.

(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.

(2) Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre.

(3) Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei. Die Freiheit der Lehre entbindet nicht von der Treue zur Verfassung.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR 67/08 Verkündet am:
1. Juli 2008
Holmes
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Abs. 2
Kann ein Bericht über die Vermietung der Ferienvilla einer Person des öffentlichen
Interesses Anlass für sozialkritische Überlegungen der Leser geben,
kann die Bebilderung dieses Berichts mit einem Foto des Eigentümers und seiner
Ehefrau auch ohne deren Einwilligung zulässig sein.
BGH, Urteil vom 1. Juli 2008 - VI ZR 67/08 - Hanseatisches OLG Hamburg
LG Hamburg
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 1. Juli 2008 durch die Vizepräsidentin Dr. Müller und die Richter
Dr. Greiner, Wellner, Pauge und Stöhr

für Recht erkannt:
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des 7. Zivilsenats des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg vom 31. Januar 2006 wird zurückgewiesen. Die Klägerin hat die Kosten der Revisionsverfahren zu tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Klägerin ist eine Schwester des regierenden Fürsten von Monaco. Die Beklagte verlegt die Zeitschrift "7 Tage". In der Ausgabe Nr.13/02 dieser Zeitschrift vom 20. März 2002 wurde berichtet, dass die Klägerin und ihr Ehemann ihre auf der Insel Lamu/Kenia gelegene Villa vermieten. Der Artikel ist unter der farblich hervorgehobenen Doppelzeile "In Prinzessin Carolines Bett schlafen Kein unerfüllbarer Wunsch!" überschrieben mit "Caroline und Ernst August vermieten ihre Traum-Villa".
2
Im Text, der um den als Block hervorgehobenen Satz "Auch die Reichen und Schönen sind sparsam. Viele vermieten ihre Villen an zahlende Gäste" platziert ist, wird u.a. ausgeführt:
3
"Längst haben auch die Reichen einen Hang zu ökonomischem Denken entwickelt. Warum ein Schloss, ein Haus einfach leer stehen lassen, wenn man selbst nicht anwesend ist? Besser, es an zahlende Gäste zu vermieten. Hollywood -Star Robert Redford, Lord Mountbatten, Cousin von Prinz Charles, Prinzgemahl Henrik von Dänemark tun es und - ja, auch Prinzessin Caroline und ihr Mann Prinz Ernst August.
4
Nur einmal im Jahr steuert das Ehepaar die Insel Lamu in Kenia an, ein Besitz, der seit mehr als zwanzig Jahren dem Welfen-Chef gehört."
5
Es folgt eine Beschreibung des Anwesens, seiner Lage und seiner Inneneinrichtung. Der Artikel fährt dann fort:
6
"Allerdings gibt es bei diesem 'privaten Gästehaus' einen 'kleinen' Haken: Trotz seiner Schlichtheit hat es einen stolzen Preis: Ein Tag in der Villa ... kostet 1.000 Dollar", wobei das Personal im Preis inbegriffen sei.
7
Illustriert ist der Bericht u.a. mit der beanstandeten Aufnahme, welche die Klägerin und ihren Ehemann in Urlaubskleidung auf einer öffentlichen Straße zusammen mit anderen Menschen zeigt.
8
Die Klägerin verlangt von der Beklagten, es zu unterlassen, diese Aufnahme erneut zu veröffentlichen. Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht dieses Urteil aufgehoben und die Klage abgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision begehrt die Klägerin, die Berufung der Beklagten gegen das erstinstanzliche Urteil zurückzuweisen. Der erkennende Senat hat mit Urteil vom 6. März 2007 das Berufungsurteil aufgehoben und die Berufung zurückgewiesen. Auf die Verfassungsbeschwerde der Beklagten hat der Erste Senat des Bundesverfassungsgerichts mit Beschluss vom 26. Februar 2008 ausgesprochen , dass das Urteil des Landgerichts und die Entscheidung des erkennenden Senats die Beklagte in ihrem Grundrecht aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG verletzen, und unter Aufhebung des Urteils des erkennenden Senats die Sache zur erneuten Entscheidung an den Bundesgerichtshof zurückverwiesen.

Entscheidungsgründe:

I.

9
Nach Auffassung des Berufungsgerichts hat die Beklagte nicht rechtswidrig in das Recht der Klägerin am eigenen Bild eingegriffen. Die Klägerin müsse als Person des öffentlichen Lebens hinnehmen, dass Aufnahmen, die sie im Rahmen eines Auftretens in der Öffentlichkeit abbildeten, auch ohne ihre Einwilligung verbreitet würden. Eine Person des öffentlichen Lebens, die sich - wie die Klägerin - im Urlaub auf offener Straße aufhalte, müsse mit einer gewissen Aufmerksamkeit rechnen und könne nicht davon ausgehen, von den Medien unbeobachtet zu bleiben. Dem öffentlichen Informationsinteresse sei deshalb der Vorrang einzuräumen. Die Bildveröffentlichung sei nicht zu beanstanden.

II.

10
Das Berufungsurteil hält nach den Grundsätzen der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 26. Februar 2008 (- 1 BvR 1606/07 u.a. - NJW 2008, 1793 ff.) revisionsrechtlicher Überprüfung im Ergebnis stand. Der Text des von den Parteien nicht beanstandeten Artikels, den die angegriffene Aufnahme bebildert hat, gestattete die Veröffentlichung des Bildnisses der Klägerin auch ohne deren Einwilligung.
11
1. Allerdings kann der Ansicht des Berufungsgerichts, die Klägerin habe auch ohne Einwilligung hinzunehmen, dass die streitgegenständliche Aufnahme verbreitet werde, in dieser Allgemeinheit nicht gefolgt werden. Diese Auffassung wird nicht in jeder Hinsicht dem abgestuften Schutzkonzept gerecht, das die Rechtsprechung aus §§ 22, 23 KUG entwickelt hat. Der erkennende Senat hat dieses Schutzkonzept in mehreren neuen Entscheidungen erläutert (vgl. etwa Urteile vom 19. Oktober 2004 - VI ZR 292/03 - VersR 2005, 84 ff.; vom 15. November 2005 - VI ZR 286/04 - VersR 2006, 274 ff.; vom 6. März 2007 - VI ZR 51/06 - VersR 2007, 957 ff.; vom 3. Juli 2007 - VI ZR 164/06 - VersR 2007, 1283 ff.). Verfassungsrechtliche Beanstandungen haben sich insoweit nicht ergeben (vgl. BVerfG, Beschluss vom 26. Februar 2008 - 1 BvR 1606/07 u.a. - NJW 2008, 1793 ff.).
12
Nach diesem abgestuften Schutzkonzept dürfen Bildnisse einer Person grundsätzlich nur mit Einwilligung des Abgebildeten verbreitet werden (§ 22 KUG); hiervon macht § 23 Abs. 1 KUG eine Ausnahme, wenn es sich um Bildnisse aus dem Bereich der Zeitgeschichte handelt. Auch bei Personen, die unter dem Blickwinkel des zeitgeschichtlichen Ereignisses im Sinn des § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG an sich ohne ihre Einwilligung die Verbreitung ihres Bildnisses dulden müssten, ist eine Verbreitung der Abbildung unabhängig davon, ob sie sich an Orten der Abgeschiedenheit aufgehalten haben, aber dann nicht zulässig, wenn hierdurch berechtigte Interessen des Abgebildeten verletzt werden (§ 23 Abs. 2 KUG).
13
Maßgebend für die Frage, ob es sich um ein Bildnis aus dem Bereich der Zeitgeschichte handelt, ist der Begriff des Zeitgeschehens. Dieser Begriff darf nicht zu eng verstanden werden. Im Hinblick auf den Informationsbedarf der Öffentlichkeit umfasst er nicht nur Vorgänge von historisch-politischer Bedeutung , sondern ganz allgemein das Zeitgeschehen, also alle Fragen von allgemeinem gesellschaftlichem Interesse. Er wird mithin vom Interesse der Öffentlichkeit bestimmt. Auch durch unterhaltende Beiträge kann Meinungsbildung stattfinden; solche Beiträge können die Meinungsbildung unter Umständen sogar nachhaltiger anregen und beeinflussen als sachbezogene Informationen (vgl. Senat, Urteile vom 9. Dezember 2003 - VI ZR 373/02 - VersR 2004, 522, 523 - mit Anmerkung v. Gerlach JZ 2004, 625 - und vom 6. März 2007 - VI ZR 51/06 - aaO S. 957, 958; BVerfG, BVerfGE 101, 361, 389 f.; NJW 2006, 2836, 2837). Das Informationsinteresse besteht indes nicht schrankenlos. Vielmehr wird der Einbruch in die persönliche Sphäre des Abgebildeten durch den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit begrenzt, so dass eine Berichterstattung keineswegs immer zulässig ist. Wo konkret die Grenze für das berechtigte Informationsinteresse der Öffentlichkeit an der aktuellen Berichterstattung zu ziehen ist, lässt sich nur unter Berücksichtigung der jeweiligen Umstände des Einzelfalles entscheiden.
14
Zum Kern der Presse- und der Meinungsbildungsfreiheit gehört, dass die Presse in den gesetzlichen Grenzen einen ausreichenden Spielraum besitzt, innerhalb dessen sie nach ihren publizistischen Kriterien entscheiden kann, was sie des öffentlichen Interesses für wert hält, und dass sich im Meinungsbildungsprozess herausstellt, was eine Angelegenheit von öffentlichem Interesse ist (Senat, Urteile vom 15. November 2005 - VI ZR 286/04 - aaO, 275; vom 6. März 2007 - VI ZR 51/06 - aaO, 957 f.; BVerfG, BVerfGE 101, 361, 392; Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte (künftig: EGMR), Urteil vom 16. November 2004, Beschwerde-Nr. 53678/00, Karhuvaara und Iltalehti gegen Finnland, NJW 2006, 591, 592 f., §§ 38 ff.). Der EGMR hat in seinem Urteil vom 24. Juni 2004 (Beschwerde-Nr. 59320/00, von Hannover gegen Deutschland, NJW 2004, 2647, 2649 f., §§ 58, 60, 63) die Bedeutung der Pressefreiheit unter Hinweis auf Art. 10 EMRK hervorgehoben und ausgeführt, dass die Presse in einer demokratischen Gesellschaft eine wesentliche Rolle spiele und es ihre Aufgabe sei, Informationen und Ideen zu allen Fragen von Allgemeininteresse weiterzugeben. Das steht auch mit dem oben dargelegten Begriff der Zeitgeschichte in Einklang.
15
a) Die Vorschrift des § 23 Abs. 1 KUG nimmt nach Sinn und Zweck der Regelung und nach der Intention des Gesetzgebers in Ausnahme von dem Einwilligungserfordernis des § 22 KUG Rücksicht auf das Informationsinteresse der Allgemeinheit und auf die Pressefreiheit. Die Anwendung des § 23 Abs. 1 KUG erfordert hiernach eine Abwägung zwischen den Rechten der Abgebildeten nach Art. 8 Abs. 1 EMRK und Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG einerseits und den Rechten der Presse aus Art. 10 Abs. 1 EMRK und Art. 5 Abs. 1 GG andererseits. Die Grundrechte der Pressefreiheit (Art. 5 Abs. 1 GG) und des Schutzes der Persönlichkeit (Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG) sind ihrerseits nicht vorbehaltlos gewährleistet.
16
Die Pressefreiheit findet ihre Schranken nach Art. 5 Abs. 2 GG in den allgemeinen Gesetzen. Zu diesen zählen u.a. die §§ 22 f. KUG und auch Art. 8 EMRK. Die in §§ 22 ff. KUG enthaltenen Regelungen sowie die von Art. 10 EMRK verbürgte Äußerungsfreiheit beschränken zugleich als Bestandteile der verfassungsmäßigen Ordnung gemäß Art. 2 Abs. 1 GG den Persönlichkeits- schutz. Die Auslegung und Anwendung solcher Schrankenregelungen und ihre abwägende Zuordnung zueinander durch die Gerichte hat der interpretationsleitenden Bedeutung der von der Schrankenregelung bestimmten Grundrechtsposition Rechnung zu tragen sowie die entsprechenden Gewährleistungen der europäischen Menschenrechtskonvention zu berücksichtigen. Hierbei ist zu beachten , dass bei der Bestimmung der Reichweite des durch Art. 8 Abs. 1 EMRK dem privaten Leben des Einzelnen gewährten Schutzes der situationsbezogene Umfang der berechtigten Privatheitserwartungen des Einzelnen zu berücksichtigen ist (vgl. BVerfG, Beschluss vom 21. August 2006 - 1 BvR 2606/04 u.a. - NJW 2006, 3406, 3408); auch kann die Gewährleistung des Art. 8 Abs. 1 EMRK einen Anspruch auf Schutz durch die staatlichen Gerichte vor Veröffentlichung von Bildnissen des Einzelnen aus seinem Alltagsleben einschließen (vgl. EGMR, Urteil vom 24. Juni 2004, Beschwerde-Nr. 59320/00, von Hannover gegen Deutschland, §§ 50 ff., aaO, 2648). Über die Reichweite dieses Schutzes ist im konkreten Fall durch Berücksichtigung der von Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG und Art. 10 Abs. 1 EMRK gewährleisteten Äußerungsfreiheit und ihrer in Art. 10 Abs. 2 EMRK geregelten Schranken ebenfalls im Wege der Abwägung zu entscheiden (vgl. EGMR, Beschluss vom 14. Juni 2005, BeschwerdeNr. 14991/02, Minelli gegen Schweiz; Urteil vom 17. Oktober 2006, Beschwerde -Nr. 71678/01, Gourguenidze gegen Georgien, §§ 38 ff.).
17
Das Grundrecht auf Schutz der Persönlichkeit unterliegt der Schrankenregelung des Art. 2 Abs. 1 Halbs. 2 GG. Schranken sind neben den Grundrechten wie Art. 5 Abs. 1 GG insbesondere die Vorschriften über die Veröffentlichung fotografischer Abbildungen von Personen in §§ 22 ff. KUG mit dem erwähnten abgestuften Schutzkonzept, das sowohl dem Schutzbedürfnis der abgebildeten Person wie den von den Medien wahrgenommenen Informationsinteressen der Allgemeinheit Rechnung trägt (vgl. BVerfG, BVerfGE 35, 202, 224 f.; 101, 361, 387; Beschluss vom 26. Februar 2008 - 1 BvR 1606/07 u.a. - aaO, 1795). Daneben beschränkt die in Art. 10 EMRK verbürgte Freiheit der Äußerung und Verbreitung sowie des Empfangs von Meinungen unter Einschluss von Informationen den Schutz der Persönlichkeit. Der Schutz des Art. 10 Abs. 1 EMRK schließt insbesondere auch die Veröffentlichung von Fotoaufnahmen zur Bebilderung der Medienberichterstattung ein (vgl. BVerfG, Beschluss vom 26. Februar 2008 - 1 BvR 1606/07 u.a. - aaO, 1795; EGMR, Urteile vom 14. Dezember 2006, Beschwerde-Nr. 10520/02, Verlagsgruppe News GmbH gegen Österreich Nr. 2, § 29; vom 24. Juni 2004, Beschwerde-Nr. 59320/00, von Hannover gegen Deutschland, § 59, aaO, 2649). Über die Zulässigkeit von Beschränkungen dieses Rechts durch Maßnahmen der staatlichen Gerichte zum Schutz des Privatlebens des Abgebildeten ist nach der Rechtsprechung des EGMR gleichfalls im Wege einer Abwägung mit dem in Art. 8 EMRK verbürgten Anspruch auf Achtung des Privatlebens zu entscheiden (vgl. BVerfG, Beschluss vom 26. Februar 2008 - 1 BvR 1606/07 u.a. - aaO, 1795; EGMR, Urteil vom 17. Oktober 2006, Beschwerde-Nr. 71678/01, Gourguenidze gegen Georgien, § 37 f. m.w.N.). Bei der Abwägung mit kollidierenden Rechtsgütern unter Berücksichtigung der von Art. 5 Abs. 1 GG verbürgten Vermutung für die Zulässigkeit einer Berichterstattung der Presse, die zur Bildung der öffentlichen Meinung beitragen soll (vgl. BVerfGE 20, 162, 177; Beschluss vom 26. Februar 2008 - 1 BvR 1606/07 u.a. - aaO, 1796), ist der von Art. 10 Abs. 1 EMRK verbürgten Äußerungsfreiheit ein besonderes Gewicht dort beizumessen, wo die Berichterstattung der Presse einen Beitrag zu Fragen von allgemeinem Interesse leistet (vgl. BVerfG, Beschluss vom 26. Februar 2008 - 1 BvR 1606/07 u.a. - aaO, 1796; EGMR, Urteil vom 16. November 2004, Beschwerde -Nr. 53678/00, Karhuvaara und Iltalehti gegen Finnland, § 40; Urteil vom 1. März 2007, Beschwerde-Nr. 510/04, Tønsbergs Blad u.a. gegen Norwegen , § 82).
18
Die Garantie der Pressefreiheit dient nicht allein den subjektiven Rechten der Presse, sondern in gleicher Weise auch dem Schutz des Prozesses öffentlicher Meinungsbildung und damit der Meinungsbildungsfreiheit der Bürger. Äußerungen in der und durch die Presse wollen in der Regel zur Bildung der öffentlichen Meinung beitragen und haben daher zunächst die Vermutung der Zulässigkeit für sich, auch wenn sie die Rechtssphäre anderer berühren (vgl. BVerfG, BVerfGE 20, 162, 177; 66, 116, 133; 77, 346, 354). Nach der Rechtsprechung des EGMR besteht nur wenig Spielraum, die Gewährleistung des Art. 10 Abs. 1 EMRK zurücktreten zu lassen, falls eine Medienberichterstattung einen Bezug zu einer Sachdebatte von allgemeinem Interesse aufweist (vgl. EGMR, Urteile vom 22. Oktober 2007, Beschwerde-Nr. 21279/02 u.a., Lindon u.a. gegen Frankreich, § 45; vom 17. Dezember 2004, BeschwerdeNr. 49017/99, Pedersen und Baadsgaard gegen Dänemark, § 68 f.). Art. 5 Abs. 1 GG gebietet allerdings nicht, generell zu unterstellen, dass mit jeder visuellen Darstellung aus dem Privat- und Alltagsleben prominenter Personen ein Beitrag zur Meinungsbildung verbunden sei, der es für sich allein rechtfertigte, die Belange des Persönlichkeitsschutzes zurückzustellen.
19
b) Nach diesen Grundsätzen wird die Reichweite des Schutzes des Rechts am eigenen Bild davon beeinflusst, ob eine Information in die breite Öffentlichkeit der Massenmedien überführt wird und damit nicht auf einen engen Personenkreis begrenzt bleibt. Andererseits wird das Gewicht der das Persönlichkeitsrecht gegebenenfalls beschränkenden Pressefreiheit davon beeinflusst, ob die Berichterstattung eine Angelegenheit betrifft, welche die Öffentlichkeit wesentlich berührt (vgl. BVerfG, BVerfGE 7, 198, 212; Beschluss vom 24. Januar 2006 - 1 BvR 2602/05 - NJW 2006, 1865; EGMR, Urteil vom 17. Oktober 2006, Beschwerde-Nr. 71678/01, Gourguenidze gegen Georgien, § 55). Mit der Entscheidung, ein Bild einer Person abzudrucken und in den Kontext eines bestimmten Berichts zu rücken, nutzen die Medien ihre grundrechtlich geschützte Befugnis, selbst zu entscheiden, was sie für berichtenswert halten. Dabei haben sie jedoch den Persönlichkeitsschutz Betroffener zu berücksichtigen.
20
Wie das Bundesverfassungsgericht in seinem Beschluss vom 26. Februar 2008 (- 1 BvR 1606/07 u.a. - aaO, 1796) dargelegt hat, können prominente Personen der Allgemeinheit Möglichkeiten der Orientierung bei eigenen Lebensentwürfen bieten sowie Leitbild- oder Kontrastfunktionen erfüllen. Auch die Normalität ihres Alltagslebens kann der Meinungsbildung zu Fragen von allgemeinem Interesse dienen (so bereits BVerfGE 101, 361, 391). Das gilt auch für unterhaltende Beiträge als einen wesentlichen Bestandteil der Medienbetätigung , der durch die Pressefreiheit geschützt wird, zumal der publizistische und wirtschaftliche Erfolg der Presse auf unterhaltende Inhalte und entsprechende Abbildungen angewiesen sein kann und die Bedeutung visueller Darstellungen beträchtlich zugenommen hat. Hiernach gilt die Pressefreiheit auch für unterhaltende Beiträge über das Privat- oder Alltagsleben von Prominenten und ihres sozialen Umfelds einschließlich ihnen nahestehender Personen. Allerdings bedarf es gerade bei unterhaltenden Inhalten in besonderem Maß der abwägenden Berücksichtigung der kollidierenden Rechtspositionen der Betroffenen.
21
Für die Abwägung zwischen der Pressefreiheit und dem Persönlichkeitsrecht des Betroffenen ist von maßgeblicher Bedeutung, ob die Presse im konkreten Fall eine Angelegenheit von öffentlichem Interesse ernsthaft und sachbezogen erörtert, damit den Informationsanspruch des Publikums erfüllt und zur Bildung der öffentlichen Meinung beiträgt oder ob sie lediglich die Neugier der Leser nach privaten Angelegenheiten prominenter Personen befriedigt (vgl. BVerfG, BVerfGE 34, 269, 283; 101, 361, 391).
22
Insoweit hat das BVerfG (Beschluss vom 26. Februar 2008 - 1 BvR 1606/07 u.a. - aaO, 1796) hervorgehoben, dass das Selbstbestimmungsrecht der Presse nicht auch die Entscheidung erfasst, wie das Informationsinteresse zu gewichten ist, sondern diese Gewichtung zum Zweck der Abwägung mit gegenläufigen Interessen der Betroffenen vielmehr im Fall eines Rechtsstreits den Gerichten obliegt. Diese haben allerdings im Hinblick auf das Zensurverbot des Art. 5 Abs. 1 Satz 3 GG von einer inhaltlichen Bewertung - etwa als wertvoll oder wertlos, seriös oder unseriös o.ä. - abzusehen und sind auf die Prüfung beschränkt, in welchem Ausmaß der Bericht einen Beitrag für die öffentliche Meinungsbildung erbringen kann.
23
c) Der Informationswert einer Bildberichterstattung ist, soweit das Bild nicht schon als solches eine für die öffentliche Meinungsbildung bedeutsame Aussage enthält, im Kontext der dazugehörenden Wortberichterstattung zu ermitteln. Bilder können Wortberichte ergänzen und dabei der Erweiterung des Aussagegehalts dienen, etwa die Authentizität des Geschilderten unterstreichen. Auch können beigefügte Bilder der an dem berichteten Geschehen beteiligten Personen die Aufmerksamkeit des Lesers für den Wortbericht wecken (vgl. Senat, BGHZ 158, 218, 223; Urteil vom 19. Oktober 2004 - VI ZR 292/03 - NJW 2005, 594, 595 f.). Beschränkt sich der begleitende Bericht allerdings darauf , lediglich einen Anlass für die Abbildung prominenter Personen zu schaffen, ohne dass die Berichterstattung einen Beitrag zur öffentlichen Meinungsbildung erkennen lässt (vgl. hierzu das Urteil des erkennenden Senats vom heutigen Tag - VI ZR 243/06), ist es nicht angezeigt, dem Veröffentlichungsinteresse den Vorrang vor dem Persönlichkeitsschutz einzuräumen.
24
d) Daneben sind bei einer Bildberichterstattung für die Gewichtung der Belange des Persönlichkeitsschutzes auch der Anlass und die Umstände zu berücksichtigen, unter denen die Aufnahme entstanden ist, etwa unter Ausnut- zung von Heimlichkeit oder beharrlicher Nachstellung. Auch ist bedeutsam, in welcher Situation der Betroffene erfasst und wie er dargestellt wird. Die Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts wiegt schwerer, wenn die visuelle Darstellung durch Ausbreitung von üblicherweise öffentlicher Erörterung entzogenen Einzelheiten des privaten Lebens thematisch die Privatsphäre berührt oder wenn der Betroffene nach den Umständen typischer Weise die berechtigte Erwartung haben durfte, nicht in den Medien abgebildet zu werden. Das kann nicht nur bei einer durch räumliche Privatheit geprägten Situation, sondern außerhalb örtlicher Abgeschiedenheit auch in Momenten der Entspannung oder des Sich-Gehen-Lassens außerhalb der Einbindung in die Pflichten des Berufs und des Alltags der Fall sein.
25
2. a) Diese Grundsätze sind auf die Klägerin anzuwenden, da sie, wie das Bundesverfassungsgericht in seinem Beschluss vom 26. Februar 2008 (- 1 BvR 1606/07 u.a. - aaO, 1800) ausgeführt hat, auch nach der Einschätzung des EGMR als Person des öffentlichen Interesses anzusehen ist ("personnage public / public figure" in Abgrenzung zur "personnalité politique / politician" einerseits und "personne ordinaire / ordinary person" andererseits, vgl. EGMR, Urteile vom 11. Januar 2005, Beschwerde-Nr. 50774/99, Sciacca gegen Italien, §§ 27 ff.; vom 17. Oktober 2006 - Beschwerde-Nr. 71678/01, Gourguenidze gegen Georgien, § 55). Diese Einstufung hat nach den Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts zur Folge, dass über eine solche Person in größerem Umfang berichtet werden darf als über andere Personen, wenn die Information einen hinreichenden Nachrichtenwert mit Orientierungsfunktion im Hinblick auf eine die Allgemeinheit interessierende Sachdebatte hat und die Abwägung keine schwerwiegenden Interessen des Betroffenen ergibt, die einer Veröffentlichung entgegenstehen.
26
b) Für den Streitfall führt das zu folgender Abwägung:
27
Die beanstandete Aufnahme ist ohne Einwilligung der Klägerin veröffentlicht worden. Die Bildberichterstattung als solche betrifft keine Angelegenheit, welche die Öffentlichkeit wesentlich berührt (vgl. EGMR, Urteil vom 17. Oktober 2006 - Beschwerde-Nr. 71678/01, Gourguenidze gegen Georgien, § 55). Die Aufnahme zeigt nach ihrer Überschrift die Klägerin zusammen mit ihrem Ehemann in der Öffentlichkeit "in Urlaubslaune", ohne dass der Abbildung allein ein weitergehender Inhalt oder Anhaltspunkte für einen erhöhten Schutzbedarf der Klägerin zu entnehmen wären. Es ist auch von der Beklagten nicht geltend gemacht oder sonst ersichtlich, dass die Aufnahme, welche nicht über die Abbildung eines Ausschnitts aus der Normalität des Alltagslebens im Urlaub der prominenten Klägerin hinausgeht, aus sich heraus der Meinungsbildung zu Fragen von allgemeinem Interesse dienen könnte.
28
c) Gleichwohl führt der in der beanstandeten Veröffentlichung einer Aufnahme der Klägerin "in Urlaubslaune" enthaltene Eingriff der Beklagten in die Privatsphäre unter den Umständen des Streitfalls nicht dazu, dass das Recht des beklagten Presseverlags auf Meinungsäußerung und Meinungsbildung zurücktreten müsste.
29
Die Aufnahme der Klägerin und ihres Ehemannes bebildert eine Wortberichterstattung , welche sich hauptsächlich damit befasst, dass dem Ehemann eine Ferienvilla in Lamu/Kenia gehört, wie diese gelegen und wie sie ausgestattet ist. Der - von der Klägerin nicht angegriffene - Artikel teilt mit, dass die Villa, in welcher die Klägerin und ihr Ehemann lediglich einmal im Jahr Urlaub machten , für 1.000 Dollar/Tag gemietet werden könne, Bedienungspersonal inbegriffen.
30
Neben weiteren Einzelheiten enthält der Bericht den hervorgehobenen Hinweis, "Auch die Reichen und Schönen sind sparsam. Viele vermieten ihre Villen an zahlende Gäste". Zusätzlich werden einige Hollywoodstars und Angehörige von Adelshäusern genannt, die "einen Hang zu ökonomischem Denken entwickelt" hätten und ebenfalls ihre Feriendomizile vermieteten, wenn sie diese nicht selbst nutzten. Hierdurch werden den Lesern der Zeitschrift Informationen über veränderte Verhaltensweisen einer kleinen Schicht von reichen Prominenten gegeben, die im Zentrum öffentlicher Aufmerksamkeit stehen und von daher Leitbild- oder Kontrastfunktionen für große Teile der Bevölkerung haben können. Wie das Bundesverfassungsgericht (Beschluss vom 26. Februar 2008 - 1 BvR 1606/07 - aaO, 1800 f.) dargelegt hat, kann die geschilderte Verhaltensweise in einer demokratischen Gesellschaft Anlass zu einer die Allgemeinheit interessierenden Sachdebatte geben und es grundsätzlich auch rechtfertigen , den in dem Beitrag erwähnten prominenten Vermieter des Anwesens und die Klägerin als seine Ehefrau in einem kontextgerechten Bild darzustellen. Eine solche Bedeutung des Beitrags liegt schon deshalb nahe, weil die entsprechende Stoßrichtung des Berichts mit Fettdruck und durch die zentrale Anordnung der beiden Kernsätze ("Auch die Reichen und Schönen sind sparsam. Viele vermieten ihre Villen an zahlende Gäste") im Druck besonders herausgestellt und im Fließtext wiederholt wird. Wie das Bundesverfassungsgericht aaO ausgeführt hat, kann ein derartiger Bericht Anlass für sozialkritische Überlegungen der Leser auch einer solchen Zeitschrift sein und damit eine die Allgemeinheit interessierende Sachdebatte über das ökonomische Denken derjenigen "Reichen und Schönen" anstoßen, die eine Ferienvilla für 1.000 Dollar/Tag einschließlich Personal vermieten oder mieten können, wobei auch die Möglichkeit besteht, dass die Leser über den Sinn einer solchen Mitteilung in dieser Zeitschrift nachdenken sowie als mündige Bürger ihr eigenes Konsumverhalten überdenken. Insoweit reicht bereits die Möglichkeit aus, dass der Beitrag der Meinungsbildung zu Fragen von allgemeinem Interesse dienen kann (vgl. BVerfG, Beschluss vom 26. Februar 2008, aaO; EGMR, Urteile vom 16. November 2004, Beschwerde-Nr. 53678/00, Karhuvaara und Iltalehti gegen Finnland , § 40; vom 1. März 2007, Beschwerde-Nr. 510/04, Tønsbergs Blad u.a. gegen Norwegen, § 82). Da mithin durch die Wortberichterstattung Anlass für eine die Allgemeinheit interessierende Sachdebatte geschaffen werden kann, ist ihre Bebilderung durch die (einzige) Aufnahme der Klägerin nicht zu beanstanden. Diese Abbildung ist für sich genommen nicht beeinträchtigend. Die Klägerin hat auch nicht geltend gemacht, dass sie etwa heimlich oder in belästigender Weise zustande gekommen sei, und auch keine anderen Gesichtspunkte vorgetragen, die im Rahmen des abgestuften Schutzkonzepts einer Veröffentlichung entgegenstehen könnten, auch wenn diese ohne ihre Einwilligung erfolgt ist. Dies gilt nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (vgl. BVerfG, Beschluss vom 26. Februar 2008 - 1 BvR 1606/07 u.a. - aaO, 1796 f.), auch dann, wenn die Aufnahme aus anderem Anlass entstanden ist.
31
Die Revision der Klägerin ist daher mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.
Müller Greiner Wellner
Pauge Stöhr
Vorinstanzen:
LG Hamburg, Entscheidung vom 01.07.2005 - 324 O 869/04 -
OLG Hamburg, Entscheidung vom 31.01.2006 - 7 U 82/05 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR 243/06 Verkündet am:
1. Juli 2008
Holmes,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Zur Frage der Zulässigkeit einer Bildberichterstattung ohne Einwilligung der abgebildeten
Prominenten in einer Situation aus ihrem privaten Alltag (hier:
"Shopping mit Putzfrau auf Mallorca").
BGH, Urteil vom 1. Juli 2008 - VI ZR 243/06 - KG
LG Berlin
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 1. Juli 2008 durch die Vizepräsidentin Dr. Müller, den Richter Wellner, die
Richterin Diederichsen und die Richter Stöhr und Zoll

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 9. Zivilsenats des Kammergerichts vom 7. November 2006 unter Zurückweisung der weitergehenden Revision teilweise aufgehoben. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung und unter Abweisung der Klage im Übrigen teilweise abgeändert: Die Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes von bis zu 250.000 €, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, letzteres zu vollziehen an einem der Vorstandsmitglieder , zu unterlassen, das in "Bild der Frau" Nr. 33 vom 15. August 2005 auf Seite 49 veröffentlichte Foto erneut - wie geschehen - zu veröffentlichen. Die Klägerin hat die Kosten des ersten Rechtszuges zu tragen. Die Kosten des Berufungsverfahrens werden gegeneinander aufgehoben. Von den Gerichtskosten des Revisionsverfahrens trägt die Klägerin 3/8 und die Beklagte 5/8. Die außergerichtlichen Kosten des Revisionsverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Klägerin ist eine bekannte deutsche Fernsehjournalistin. Die Beklagte veröffentlichte in der von ihr verlegten Zeitschrift ein Foto, welches die Klägerin mit ihrer Putzfrau beim Einkaufen in Puerto Andratx auf Mallorca zeigt. Foto und dazugehöriger Text befanden sich auf einer bebilderten Seite mit der Überschrift "Was jetzt los ist auf Mallorca". Das Bild ist mit dem Begleittext versehen: "ARD-Talkerin … beim Shopping mit ihrer Putzfrau im Fischerdorf Puerto Andratx. Ihre Finca liegt romantisch zwischen Mandelbäumen am Rande von Andratx."
2
Auf entsprechenden Antrag der Klägerin hat das Landgericht die Beklagte verurteilt, zu unterlassen, "Bildnisse aus dem privaten Alltag der Klägerin zu veröffentlichen und/oder zu verbreiten und/oder veröffentlichen und/oder verbreiten zu lassen, wie in "Bild der Frau" Nr. 33 vom 15. August 2005 auf der Seite 49 geschehen."
3
Die gegen diese Verurteilung gerichtete Berufung der Beklagten hat das Kammergericht teilweise für begründet erachtet und die Beklagte nunmehr unter Klageabweisung im Übrigen - entsprechend einem von der Klägerin in der Berufungsinstanz gestellten (ersten) Hilfsantrag - dazu verurteilt, es zu unterlassen , "Fotos der Klägerin zu veröffentlichen wie in "Bild der Frau" Nr. 33 vom 15. August 2005 auf Seite 49 geschehen." Mit ihrer - vom Berufungsgericht zugelassenen - Revision verfolgt die Beklagte ihr Begehren weiter, soweit das Berufungsgericht zu ihrem Nachteil entschieden hat. Die Klägerin hat ihre Revision zurückgenommen.

Entscheidungsgründe:

I.

4
Das Berufungsgericht ist der Auffassung, der erste Hilfsantrag, mit dem die Klägerin es der Beklagten untersagen lassen wolle, "Fotos der Klägerin zu veröffentlichen wie in "Bild der Frau" Nr. 33 vom 15. August 2005 auf Seite 49 geschehen", sei zulässig und begründet. Der Antrag ziele auf eine Verurteilung der Beklagten entsprechend der "Kerntheorie", wonach ein Betroffener nicht nur eine exakte Wiederholung der Verletzungshandlung verbieten lassen könne, sondern auch einen künftigen wesensgleichen Eingriff, der von der konkreten Verletzungsform geringfügig abweiche. Charakteristisch sei im vorliegenden Fall, dass die Klägerin bei Besorgungen bzw. beim Flanieren auf Mallorca - sei es mit oder ohne Begleitung - abgebildet worden sei, ohne dass dem Bild ein zusätzlicher Nachrichtenwert hinsichtlich der Klägerin zukomme. Bei einer Abwägung im Rahmen der §§ 22, 23 KUG müsse - insbesondere unter Berücksichtigung der Entscheidungen des EGMR und des Bundesverfassungsgerichts - das Recht der Beklagten auf freie Berichterstattung gegenüber dem Persönlichkeitsrecht der Klägerin zurücktreten.

II.

5
Die Revision der Beklagten hat teilweise Erfolg, soweit sie sich gegen die Verurteilung der Beklagten nach dem ersten Hilfsantrag der Klägerin wendet.
6
1. Das Berufungsgericht hat das mit dem ersten Hilfsantrag begehrte Verbot, "Fotos der Klägerin zu veröffentlichen, wie in "Bild der Frau" Nr. 33 vom 15. August 2005 auf S. 49 geschehen", zutreffend dahin ausgelegt, dass dieser Antrag auf eine Verurteilung der Beklagten entsprechend der vorgenannten "Kerntheorie" zielt und damit hinreichend bestimmt ist im Sinne des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO.
7
2. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist der Hilfsantrag in dieser Form jedoch unbegründet, weil der Klägerin ein so weitgehender Unterlassungsanspruch aus einer entsprechenden Anwendung der §§ 1004 Abs. 1 Satz 2, 823 Abs. 1, Abs. 2 BGB i.V.m. §§ 22, 23 KUG, Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG nicht zusteht. Wie der erkennende Senat zwischenzeitlich entschieden hat, lässt sich die im Wettbewerbsrecht entwickelte "Kerntheorie" auf das Recht der Bildberichterstattung nicht übertragen (vgl. Senatsurteile vom 13. November 2007 - VI ZR 265/06 - VersR 2008, 552 und - VI ZR 269/06 - NJW 2008, 1593).
8
a) Der Senat hat in seiner neueren Rechtsprechung zur Zulässigkeit von Bildveröffentlichungen (vgl. Senatsurteile vom 6. März 2007 - VI ZR 13/06 - VersR 2007, 697 und - VI ZR 51/06 - VersR 2007, 957; vom 19. Juni 2007 - VI ZR 12/06 - VersR 2007, 1135 und vom 3. Juli 2007 - VI ZR 164/06 - VersR 2007, 1283) den in der Entscheidung des EGMR vom 24. Juni 2004 (von Hannover gegen Bundesrepublik Deutschland - NJW 2004, 2647 ff.) geäußerten Bedenken Rechnung getragen und zugleich klargestellt, dass es für die Zulässigkeit einer Bildveröffentlichung in jedem Einzelfall einer Abwägung zwischen dem Informationsinteresse der Öffentlichkeit und dem Interesse des Abgebildeten an dem Schutz seiner Privatsphäre bedarf, wobei die begleitende Wortberichterstattung eine wesentliche Rolle spielen kann.
9
b) Eine solche Interessenabwägung kann jedoch nicht in Bezug auf Bilder vorgenommen werden, die noch gar nicht bekannt sind und bei denen insbesondere offen bleibt, in welchem Kontext sie veröffentlicht werden (vgl. Senatsurteil BGHZ 158, 218, 224 ff.). Die entsprechenden Möglichkeiten sind derart vielgestaltig, dass sie mit einer "vorbeugenden" Unterlassungsklage selbst dann nicht erfasst werden können, wenn man diese auf "kerngleiche" Verletzungshandlungen beschränken wollte. Eine vorweggenommene Abwägung, die sich mehr oder weniger nur auf Vermutungen stützen könnte, und die im konkreten Verletzungsfall im Vollstreckungsverfahren nachgeholt werden müsste, verbietet sich schon im Hinblick auf die Bedeutung der betroffenen Grundrechte.
10
3. Die Klage ist jedoch begründet, soweit sich die Klägerin mit einem weiteren Hilfsantrag in der Berufungsinstanz gegen eine Wiederholung der konkreten Bildveröffentlichung gewandt hat. Da die Beklagte in ihrer Berufungsbegründung erklärt hat, sich an ihre vorgerichtlich abgegebene Unterlassungsverpflichtungserklärung nicht mehr gebunden zu fühlen, kann diesbezüglich eine Wiederholungsgefahr nicht verneint werden.
11
a) Der erkennende Senat hat bereits in mehreren neueren Entscheidungen das abgestufte Schutzkonzept der §§ 22, 23 KUG bei Bildveröffentlichungen von "Prominenten" unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des EGMR (insbes. Entscheidung vom 24. Juni 2004 - von Hannover gegen Bundesrepublik Deutschland - aaO) erläutert (vgl. etwa Urteile vom 19. Oktober 2004 - VI ZR 292/03 - VersR 2005, 84 ff.; vom 15. November 2005 - VI ZR 286/04 - VersR 2006, 274 ff.; vom 6. März 2007 - VI ZR 51/06 - VersR 2007, 957 ff. und vom 3. Juli 2007 - VI ZR 164/06 - VersR 2007, 1283 ff.). Verfassungsrechtliche Beanstandungen haben sich insoweit nicht ergeben (vgl. BVerfG, Beschluss vom 26. Februar 2008 - 1 BvR 1606/07 u.a. - NJW 2008, 1793 ff.).
12
aa) Nach diesem abgestuften Schutzkonzept dürfen Bildnisse einer Person grundsätzlich nur mit Einwilligung des Abgebildeten verbreitet werden (§ 22 KUG); hiervon macht § 23 Abs. 1 KUG eine Ausnahme, wenn es sich um Bildnisse aus dem Bereich der Zeitgeschichte handelt. Auch bei Personen, die un- ter dem Blickwinkel des zeitgeschichtlichen Ereignisses im Sinn des § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG an sich ohne ihre Einwilligung die Verbreitung ihres Bildnisses dulden müssten, ist eine Verbreitung der Abbildung unabhängig davon, ob sie sich an Orten der Abgeschiedenheit aufgehalten haben, aber dann nicht zulässig, wenn hierdurch berechtigte Interessen des Abgebildeten verletzt werden (§ 23 Abs. 2 KUG).
13
bb) Maßgebend für die Frage, ob es sich um ein Bildnis aus dem Bereich der Zeitgeschichte handelt, ist der Begriff des Zeitgeschehens. Dieser Begriff darf nicht zu eng verstanden werden. Im Hinblick auf den Informationsbedarf der Öffentlichkeit umfasst er nicht nur Vorgänge von historisch-politischer Bedeutung , sondern ganz allgemein das Zeitgeschehen, also alle Fragen von allgemeinem gesellschaftlichem Interesse. Er wird mithin vom Interesse der Öffentlichkeit bestimmt. Auch durch unterhaltende Beiträge kann Meinungsbildung stattfinden; solche Beiträge können die Meinungsbildung unter Umständen sogar nachhaltiger anregen und beeinflussen als sachbezogene Informationen (vgl. Senat, Urteile vom 9. Dezember 2003 - VI ZR 373/02 - VersR 2004, 522, 523 - mit Anmerkung v. Gerlach JZ 2004, 625 - und vom 6. März 2007 - VI ZR 51/06 - aaO S. 957, 958; BVerfG, BVerfGE 101, 361, 389 f.; NJW 2006, 2836, 2837). Das Informationsinteresse besteht indes nicht schrankenlos. Vielmehr wird der Einbruch in die persönliche Sphäre des Abgebildeten durch den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit begrenzt, so dass eine Berichterstattung keineswegs immer zulässig ist. Wo konkret die Grenze für das berechtigte Informationsinteresse der Öffentlichkeit an der aktuellen Berichterstattung zu ziehen ist, lässt sich nur unter Berücksichtigung der jeweiligen Umstände des Einzelfalles entscheiden.
14
cc) Zum Kern der Presse- und der Meinungsbildungsfreiheit gehört, dass die Presse in den gesetzlichen Grenzen einen ausreichenden Spielraum be- sitzt, innerhalb dessen sie nach ihren publizistischen Kriterien entscheiden kann, was sie des öffentlichen Interesses für wert hält, und dass sich im Meinungsbildungsprozess herausstellt, was eine Angelegenheit von öffentlichem Interesse ist (Senat, Urteile vom 15. November 2005 - VI ZR 286/04 - aaO, 275; vom 6. März 2007 - VI ZR 51/06 - aaO, 957 f.; BVerfG, BVerfGE 101, 361, 392; EGMR, Urteil vom 16. November 2004, Beschwerde-Nr. 53678/00, Karhuvaara und Iltalehti gegen Finnland, NJW 2006, 591, 592 f., §§ 38 ff.). Der EGMR hat in seinem Urteil vom 24. Juni 2004 (Beschwerde-Nr. 59320/00, von Hannover gegen Deutschland, aaO, §§ 58, 60, 63) die Bedeutung der Pressefreiheit unter Hinweis auf Art. 10 EMRK hervorgehoben und ausgeführt, dass die Presse in einer demokratischen Gesellschaft eine wesentliche Rolle spiele und es ihre Aufgabe sei, Informationen und Ideen zu allen Fragen von Allgemeininteresse weiterzugeben. Das steht auch mit dem oben dargelegten Begriff der Zeitgeschichte in Einklang.
15
dd) Die Vorschrift des § 23 Abs. 1 KUG nimmt nach Sinn und Zweck der Regelung und nach der Intention des Gesetzgebers in Ausnahme von dem Einwilligungserfordernis des § 22 KUG Rücksicht auf das Informationsinteresse der Allgemeinheit und auf die Pressefreiheit. Die Anwendung des § 23 Abs. 1 KUG erfordert hiernach eine Abwägung zwischen den Rechten der Abgebildeten nach Art. 8 Abs. 1 EMRK und Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG einerseits und den Rechten der Presse aus Art. 10 Abs. 1 EMRK und Art. 5 Abs. 1 GG andererseits. Die Grundrechte der Pressefreiheit (Art. 5 Abs. 1 GG) und des Schutzes der Persönlichkeit (Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG) sind ihrerseits nicht vorbehaltlos gewährleistet.
16
Die Pressefreiheit findet ihre Schranken nach Art. 5 Abs. 2 GG in den allgemeinen Gesetzen. Zu diesen zählen u.a. die §§ 22 f. KUG und auch Art. 8 EMRK. Die in §§ 22 f. KUG enthaltenen Regelungen sowie die von Art. 10 EMRK verbürgte Äußerungsfreiheit beschränken zugleich als Bestandteile der verfassungsmäßigen Ordnung gemäß Art. 2 Abs. 1 GG den Persönlichkeitsschutz. Die Auslegung und Anwendung solcher Schrankenregelungen und ihre abwägende Zuordnung zueinander durch die Gerichte hat der interpretationsleitenden Bedeutung der von der Schrankenregelung bestimmten Grundrechtsposition Rechnung zu tragen sowie die entsprechenden Gewährleistungen der europäischen Menschenrechtskonvention zu berücksichtigen. Hierbei ist zu beachten , dass bei der Bestimmung der Reichweite des durch Art. 8 Abs. 1 EMRK dem privaten Leben des Einzelnen gewährten Schutzes der situationsbezogene Umfang der berechtigten Privatheitserwartungen des Einzelnen zu berücksichtigen ist (vgl. BVerfG, Beschluss vom 21. August 2006 - 1 BvR 2606/04 u.a. - NJW 2006, 3406, 3408); auch kann die Gewährleistung des Art. 8 Abs. 1 EMRK einen Anspruch auf Schutz durch die staatlichen Gerichte vor Veröffentlichung von Bildnissen des Einzelnen aus seinem Alltagsleben einschließen (vgl. EGMR, Urteil vom 24. Juni 2004, Beschwerde-Nr. 59320/00, von Hannover gegen Deutschland, §§ 50 ff., aaO, 2648). Über die Reichweite dieses Schutzes ist im konkreten Fall durch Berücksichtigung der von Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG und Art. 10 Abs. 1 EMRK gewährleisteten Äußerungsfreiheit und ihrer in Art. 10 Abs. 2 EMRK geregelten Schranken ebenfalls im Wege der Abwägung zu entscheiden (vgl. EGMR, Beschluss vom 14. Juni 2005, BeschwerdeNr. 14991/02, Minelli gegen Schweiz; Urteil vom 17. Oktober 2006, Beschwerde -Nr. 71678/01, Gourguenidze gegen Georgien, §§ 38 ff.).
17
Das Grundrecht auf Schutz der Persönlichkeit unterliegt der Schrankenregelung des Art. 2 Abs. 1 Halbs. 2 GG. Schranken sind neben den Grundrechten wie Art. 5 Abs. 1 GG insbesondere die Vorschriften über die Veröffentlichung fotografischer Abbildungen von Personen in §§ 22 ff. KUG mit dem erwähnten abgestuften Schutzkonzept, das sowohl dem Schutzbedürfnis der abgebildeten Person wie den von den Medien wahrgenommenen Informationsin- teressen der Allgemeinheit Rechnung trägt (vgl. BVerfG, BVerfGE 35, 202, 224 f.; 101, 361, 387; Beschluss vom 26. Februar 2008 - 1 BvR 1606/07 u.a. - aaO, 1795). Daneben beschränkt die in Art. 10 EMRK verbürgte Freiheit der Äußerung und Verbreitung sowie des Empfangs von Meinungen unter Einschluss von Informationen den Schutz der Persönlichkeit. Der Schutz des Art. 10 Abs. 1 EMRK schließt insbesondere auch die Veröffentlichung von Fotoaufnahmen zur Bebilderung der Medienberichterstattung ein (vgl. BVerfG, Beschluss vom 26. Februar 2008 - 1 BvR 1606/07 u.a. - aaO, 1795; EGMR, Urteile vom 14. Dezember 2006, Beschwerde-Nr. 10520/02, Verlagsgruppe News GmbH gegen Österreich Nr. 2, § 29; vom 24. Juni 2004, Beschwerde-Nr. 59320/00, von Hannover gegen Deutschland, § 59, aaO, 2649). Über die Zulässigkeit von Beschränkungen dieses Rechts durch Maßnahmen der staatlichen Gerichte zum Schutz des Privatlebens des Abgebildeten ist nach der Rechtsprechung des EGMR gleichfalls im Wege einer Abwägung mit dem in Art. 8 EMRK verbürgten Anspruch auf Achtung des Privatlebens zu entscheiden (vgl. BVerfG, Beschluss vom 26. Februar 2008 - 1 BvR 1606/07 u.a. - aaO, 1795; EGMR, Urteil vom 17. Oktober 2006, Beschwerde-Nr. 71678/01, Gourguenidze gegen Georgien, § 37 f. m.w.N.). Bei der Abwägung mit kollidierenden Rechtsgütern unter Berücksichtigung der von Art. 5 Abs. 1 GG verbürgten Vermutung für die Zulässigkeit einer Berichterstattung der Presse, die zur Bildung der öffentlichen Meinung beitragen soll (vgl. BVerfGE 20, 162, 177; Beschluss vom 26. Februar 2008 - 1 BvR 1606/07 u.a. - aaO, 1796), ist der von Art. 10 Abs. 1 EMRK verbürgten Äußerungsfreiheit ein besonderes Gewicht dort beizumessen, wo die Berichterstattung der Presse einen Beitrag zu Fragen von allgemeinem Interesse leistet (vgl. BVerfG, Beschluss vom 26. Februar 2008 - 1 BvR 1606/07 u.a. - aaO, 1796; EGMR, Urteil vom 16. November 2004, Beschwerde -Nr. 53678/00, Karhuvaara und Iltalehti gegen Finnland, § 40; Urteil vom 1. März 2007, Beschwerde-Nr. 510/04, Tønsbergs Blad u.a. gegen Norwegen , § 82).
18
Die Garantie der Pressefreiheit dient nicht allein den subjektiven Rechten der Presse, sondern in gleicher Weise auch dem Schutz des Prozesses öffentlicher Meinungsbildung und damit der Meinungsbildungsfreiheit der Bürger. Äußerungen in der und durch die Presse wollen in der Regel zur Bildung der öffentlichen Meinung beitragen und haben daher zunächst die Vermutung der Zulässigkeit für sich, auch wenn sie die Rechtssphäre anderer berühren (vgl. BVerfG, BVerfGE 20, 162, 177; 66, 116, 133; 77, 346, 354). Nach der Rechtsprechung des EGMR besteht nur wenig Spielraum, die Gewährleistung des Art. 10 Abs. 1 EMRK zurücktreten zu lassen, falls eine Medienberichterstattung einen Bezug zu einer Sachdebatte von allgemeinem Interesse aufweist (vgl. EGMR, Urteile vom 22. Oktober 2007, Beschwerde-Nr. 21279/02 u.a., Lindon u.a. gegen Frankreich, § 45; vom 17. Dezember 2004, BeschwerdeNr. 49017/99, Pedersen und Baadsgaard gegen Dänemark, § 68 f.). Art. 5 Abs. 1 GG gebietet allerdings nicht, generell zu unterstellen, dass mit jeder visuellen Darstellung aus dem Privat- und Alltagsleben prominenter Personen ein Beitrag zur Meinungsbildung verbunden sei, der es für sich allein rechtfertigte, die Belange des Persönlichkeitsschutzes zurückzustellen.
19
ee) Nach diesen Grundsätzen wird die Reichweite des Schutzes des Rechts am eigenen Bild davon beeinflusst, ob eine Information in die breite Öffentlichkeit der Massenmedien überführt wird und damit nicht auf einen engen Personenkreis begrenzt bleibt. Andererseits wird das Gewicht der das Persönlichkeitsrecht gegebenenfalls beschränkenden Pressefreiheit davon beeinflusst, ob die Berichterstattung eine Angelegenheit betrifft, welche die Öffentlichkeit wesentlich berührt (vgl. BVerfG, BVerfGE 7, 198, 212; Beschluss vom 24. Januar 2006 - 1 BvR 2602/05 - NJW 2006, 1865; EGMR, Urteil vom 17. Oktober 2006, Beschwerde-Nr. 71678/01, Gourguenidze gegen Georgien, § 55). Mit der Entscheidung, ein Bild einer Person abzudrucken und in den Kontext eines bestimmten Berichts zu rücken, nutzen die Medien ihre grundrechtlich geschützte Befugnis, selbst zu entscheiden, was sie für berichtenswert halten. Dabei haben sie jedoch den Persönlichkeitsschutz Betroffener zu berücksichtigen.
20
Wie das Bundesverfassungsgericht in seinem Beschluss vom 26. Februar 2008 (- 1 BvR 1606/07 u.a. - aaO, 1796) dargelegt hat, können prominente Personen der Allgemeinheit Möglichkeiten der Orientierung bei eigenen Lebensentwürfen bieten sowie Leitbild- oder Kontrastfunktionen erfüllen. Auch die Normalität ihres Alltagslebens kann der Meinungsbildung zu Fragen von allgemeinem Interesse dienen (so bereits BVerfGE 101, 361, 391). Das gilt auch für unterhaltende Beiträge als einen wesentlichen Bestandteil der Medienbetätigung , der durch die Pressefreiheit geschützt wird, zumal der publizistische und wirtschaftliche Erfolg der Presse auf unterhaltende Inhalte und entsprechende Abbildungen angewiesen sein kann und die Bedeutung visueller Darstellungen beträchtlich zugenommen hat. Hiernach gilt die Pressefreiheit auch für unterhaltende Beiträge über das Privat- oder Alltagsleben von Prominenten und ihres sozialen Umfelds einschließlich ihnen nahestehender Personen. Allerdings bedarf es gerade bei unterhaltenden Inhalten in besonderem Maß der abwägenden Berücksichtigung der kollidierenden Rechtspositionen der Betroffenen.
21
Für die Abwägung zwischen der Pressefreiheit und dem Persönlichkeitsrecht des Betroffenen ist von maßgeblicher Bedeutung, ob die Presse im konkreten Fall eine Angelegenheit von öffentlichem Interesse ernsthaft und sachbezogen erörtert, damit den Informationsanspruch des Publikums erfüllt und zur Bildung der öffentlichen Meinung beiträgt oder ob sie lediglich die Neugier der Leser nach privaten Angelegenheiten prominenter Personen befriedigt (vgl. BVerfG, BVerfGE 34, 269, 283; 101, 361, 391).
22
Insoweit hat das BVerfG (Beschluss vom 26. Februar 2008 - 1 BvR 1606/07 u.a. - aaO, 1796) hervorgehoben, dass das Selbstbestimmungsrecht der Presse nicht auch die Entscheidung erfasst, wie das Informationsinteresse zu gewichten ist, sondern diese Gewichtung zum Zweck der Abwägung mit gegenläufigen Interessen der Betroffenen vielmehr im Fall eines Rechtsstreits den Gerichten obliegt. Diese haben allerdings im Hinblick auf das Zensurverbot des Art. 5 Abs. 1 Satz 3 GG von einer inhaltlichen Bewertung - etwa als wertvoll oder wertlos, seriös oder unseriös o.ä. - abzusehen und sind auf die Prüfung beschränkt, in welchem Ausmaß der Bericht einen Beitrag für die öffentliche Meinungsbildung erbringen kann.
23
ff) Der Informationswert einer Bildberichterstattung ist, soweit das Bild nicht schon als solches eine für die öffentliche Meinungsbildung bedeutsame Aussage enthält, im Kontext der dazugehörenden Wortberichterstattung zu ermitteln. Bilder können Wortberichte ergänzen und dabei der Erweiterung des Aussagegehalts dienen, etwa die Authentizität des Geschilderten unterstreichen. Auch können beigefügte Bilder der an dem berichteten Geschehen beteiligten Personen die Aufmerksamkeit des Lesers für den Wortbericht wecken (vgl. Senat, BGHZ 158, 218, 223; Urteil vom 19. Oktober 2004 - VI ZR 292/03 - NJW 2005, 594, 595 f.). Beschränkt sich der begleitende Bericht allerdings darauf , lediglich einen Anlass für die Abbildung prominenter Personen zu schaffen, ohne dass die Berichterstattung einen Beitrag zur öffentlichen Meinungsbildung erkennen lässt, ist es nicht angezeigt, dem Veröffentlichungsinteresse den Vorrang vor dem Persönlichkeitsschutz einzuräumen.
24
gg) Daneben sind bei einer Bildberichterstattung für die Gewichtung der Belange des Persönlichkeitsschutzes auch der Anlass und die Umstände zu berücksichtigen, unter denen die Aufnahme entstanden ist, etwa unter Ausnutzung von Heimlichkeit oder beharrlicher Nachstellung. Auch ist bedeutsam, in welcher Situation der Betroffene erfasst und wie er dargestellt wird. Die Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts wiegt schwerer, wenn die visuelle Darstellung durch Ausbreitung von üblicherweise öffentlicher Erörterung entzogenen Einzelheiten des privaten Lebens thematisch die Privatsphäre berührt oder wenn der Betroffene nach den Umständen typischer Weise die berechtigte Erwartung haben durfte, nicht in den Medien abgebildet zu werden. Das kann nicht nur bei einer durch räumliche Privatheit geprägten Situation, sondern außerhalb örtlicher Abgeschiedenheit auch in Momenten der Entspannung oder des Sich-Gehen-Lassens außerhalb der Einbindung in die Pflichten des Berufs und des Alltags der Fall sein.
25
b) Diese Grundsätze sind auf die Klägerin anzuwenden, da sie aufgrund ihrer langjährigen Tätigkeit als Nachrichtensprecherin, Fernsehjournalistin und -moderatorin als Person des öffentlichen Interesses anzusehen ist (vgl. zur Abgrenzung zwischen "personnage public / public figure", "personnalité politique / politician" und "personne ordinaire / ordinary person": EGMR, Urteile vom 11. Januar 2005, Beschwerde-Nr. 50774/99, Sciacca gegen Italien, §§ 27 ff.; vom 17. Oktober 2006 - Beschwerde-Nr. 71678/01, Gourguenidze gegen Georgien , § 57). Diese Einstufung hat nach den Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts zur Folge, dass über eine solche Person in größerem Umfang berichtet werden darf als über andere Personen, wenn die Information einen hinreichenden Nachrichtenwert mit Orientierungsfunktion im Hinblick auf eine die Allgemeinheit interessierende Sachdebatte hat und die Abwägung keine schwerwiegenden Interessen des Betroffenen ergibt, die einer Veröffentlichung entgegenstehen.
26
c) Im Streitfall führen diese Grundsätze zu folgender Abwägung:
27
Das beanstandete Bild zeigt - worauf der Begleittext selbst hinweist - die Klägerin in einer (völlig) belanglosen Situation beim "Shopping" mit ihrer Putzfrau im Fischerdorf Puerto Andratx auf Mallorca. Das beanstandete Bild ist Teil eines Berichts über "Was jetzt los ist auf Mallorca", in dem jeweils unter Beifügung von Fotografien über die Anwesenheit sog. Prominenter, u.a. der Klägerin, auf der Insel berichtet wird. Der Nachrichtenwert der Berichterstattung hat keinerlei Orientierungsfunktion im Hinblick auf eine die Allgemeinheit interessierende Sachdebatte, sondern beschränkt sich lediglich auf die Information, dass sich die Klägerin zurzeit auf Mallorca aufhalte, wo sie ein Ferienhaus besitze, und dort - wie viele andere Menschen auch - mitunter auch in Begleitung einkaufen gehe. Eine solche Berichterstattung, die nur der Befriedigung des Unterhaltungsinteresses bestimmter Leser dient, mag zwar möglicherweise - worauf es im Streitfall allerdings nicht ankommt - als reine Wortberichterstattung zulässig sein. Sie rechtfertigt es jedoch nicht, dass die Klägerin einen Eingriff in ihr Persönlichkeitsrecht durch Veröffentlichung eines Bildes in dieser zu ihrer Privatsphäre gehörenden Situation ohne ihre Einwilligung nach § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG hinnehmen muss. Insoweit ergibt die gebotene Abwägung zwischen dem Persönlichkeitsrecht der Klägerin und der Pressefreiheit der Beklagten, dass letztere zurückzutreten hat. Hieran vermag auch der Hinweis der Revision nichts zu ändern, dass die Klägerin bei anderen Gelegenheiten der Öffentlichkeit über die Presse Einblicke in ihr Privatleben gewährt habe (vgl. zu einem insoweit anders gelagerten Fall Senatsurteil vom 19. Oktober 2004 - VI ZR 292/03 - aaO mit Nichtannahmebeschluss des BVerfG VersR 2007, 849).

III.

28
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus §§ 91 Abs. 1, 92 Abs. 1, 565, 516 Abs. 3 ZPO. Müller Wellner Diederichsen Stöhr Zoll
Vorinstanzen:
LG Berlin, Entscheidung vom 22.06.2006 - 27 O 1126/05 -
KG Berlin, Entscheidung vom 07.11.2006 - 9 U 148/06 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR 67/08 Verkündet am:
1. Juli 2008
Holmes
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Abs. 2
Kann ein Bericht über die Vermietung der Ferienvilla einer Person des öffentlichen
Interesses Anlass für sozialkritische Überlegungen der Leser geben,
kann die Bebilderung dieses Berichts mit einem Foto des Eigentümers und seiner
Ehefrau auch ohne deren Einwilligung zulässig sein.
BGH, Urteil vom 1. Juli 2008 - VI ZR 67/08 - Hanseatisches OLG Hamburg
LG Hamburg
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 1. Juli 2008 durch die Vizepräsidentin Dr. Müller und die Richter
Dr. Greiner, Wellner, Pauge und Stöhr

für Recht erkannt:
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des 7. Zivilsenats des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg vom 31. Januar 2006 wird zurückgewiesen. Die Klägerin hat die Kosten der Revisionsverfahren zu tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Klägerin ist eine Schwester des regierenden Fürsten von Monaco. Die Beklagte verlegt die Zeitschrift "7 Tage". In der Ausgabe Nr.13/02 dieser Zeitschrift vom 20. März 2002 wurde berichtet, dass die Klägerin und ihr Ehemann ihre auf der Insel Lamu/Kenia gelegene Villa vermieten. Der Artikel ist unter der farblich hervorgehobenen Doppelzeile "In Prinzessin Carolines Bett schlafen Kein unerfüllbarer Wunsch!" überschrieben mit "Caroline und Ernst August vermieten ihre Traum-Villa".
2
Im Text, der um den als Block hervorgehobenen Satz "Auch die Reichen und Schönen sind sparsam. Viele vermieten ihre Villen an zahlende Gäste" platziert ist, wird u.a. ausgeführt:
3
"Längst haben auch die Reichen einen Hang zu ökonomischem Denken entwickelt. Warum ein Schloss, ein Haus einfach leer stehen lassen, wenn man selbst nicht anwesend ist? Besser, es an zahlende Gäste zu vermieten. Hollywood -Star Robert Redford, Lord Mountbatten, Cousin von Prinz Charles, Prinzgemahl Henrik von Dänemark tun es und - ja, auch Prinzessin Caroline und ihr Mann Prinz Ernst August.
4
Nur einmal im Jahr steuert das Ehepaar die Insel Lamu in Kenia an, ein Besitz, der seit mehr als zwanzig Jahren dem Welfen-Chef gehört."
5
Es folgt eine Beschreibung des Anwesens, seiner Lage und seiner Inneneinrichtung. Der Artikel fährt dann fort:
6
"Allerdings gibt es bei diesem 'privaten Gästehaus' einen 'kleinen' Haken: Trotz seiner Schlichtheit hat es einen stolzen Preis: Ein Tag in der Villa ... kostet 1.000 Dollar", wobei das Personal im Preis inbegriffen sei.
7
Illustriert ist der Bericht u.a. mit der beanstandeten Aufnahme, welche die Klägerin und ihren Ehemann in Urlaubskleidung auf einer öffentlichen Straße zusammen mit anderen Menschen zeigt.
8
Die Klägerin verlangt von der Beklagten, es zu unterlassen, diese Aufnahme erneut zu veröffentlichen. Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht dieses Urteil aufgehoben und die Klage abgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision begehrt die Klägerin, die Berufung der Beklagten gegen das erstinstanzliche Urteil zurückzuweisen. Der erkennende Senat hat mit Urteil vom 6. März 2007 das Berufungsurteil aufgehoben und die Berufung zurückgewiesen. Auf die Verfassungsbeschwerde der Beklagten hat der Erste Senat des Bundesverfassungsgerichts mit Beschluss vom 26. Februar 2008 ausgesprochen , dass das Urteil des Landgerichts und die Entscheidung des erkennenden Senats die Beklagte in ihrem Grundrecht aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG verletzen, und unter Aufhebung des Urteils des erkennenden Senats die Sache zur erneuten Entscheidung an den Bundesgerichtshof zurückverwiesen.

Entscheidungsgründe:

I.

9
Nach Auffassung des Berufungsgerichts hat die Beklagte nicht rechtswidrig in das Recht der Klägerin am eigenen Bild eingegriffen. Die Klägerin müsse als Person des öffentlichen Lebens hinnehmen, dass Aufnahmen, die sie im Rahmen eines Auftretens in der Öffentlichkeit abbildeten, auch ohne ihre Einwilligung verbreitet würden. Eine Person des öffentlichen Lebens, die sich - wie die Klägerin - im Urlaub auf offener Straße aufhalte, müsse mit einer gewissen Aufmerksamkeit rechnen und könne nicht davon ausgehen, von den Medien unbeobachtet zu bleiben. Dem öffentlichen Informationsinteresse sei deshalb der Vorrang einzuräumen. Die Bildveröffentlichung sei nicht zu beanstanden.

II.

10
Das Berufungsurteil hält nach den Grundsätzen der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 26. Februar 2008 (- 1 BvR 1606/07 u.a. - NJW 2008, 1793 ff.) revisionsrechtlicher Überprüfung im Ergebnis stand. Der Text des von den Parteien nicht beanstandeten Artikels, den die angegriffene Aufnahme bebildert hat, gestattete die Veröffentlichung des Bildnisses der Klägerin auch ohne deren Einwilligung.
11
1. Allerdings kann der Ansicht des Berufungsgerichts, die Klägerin habe auch ohne Einwilligung hinzunehmen, dass die streitgegenständliche Aufnahme verbreitet werde, in dieser Allgemeinheit nicht gefolgt werden. Diese Auffassung wird nicht in jeder Hinsicht dem abgestuften Schutzkonzept gerecht, das die Rechtsprechung aus §§ 22, 23 KUG entwickelt hat. Der erkennende Senat hat dieses Schutzkonzept in mehreren neuen Entscheidungen erläutert (vgl. etwa Urteile vom 19. Oktober 2004 - VI ZR 292/03 - VersR 2005, 84 ff.; vom 15. November 2005 - VI ZR 286/04 - VersR 2006, 274 ff.; vom 6. März 2007 - VI ZR 51/06 - VersR 2007, 957 ff.; vom 3. Juli 2007 - VI ZR 164/06 - VersR 2007, 1283 ff.). Verfassungsrechtliche Beanstandungen haben sich insoweit nicht ergeben (vgl. BVerfG, Beschluss vom 26. Februar 2008 - 1 BvR 1606/07 u.a. - NJW 2008, 1793 ff.).
12
Nach diesem abgestuften Schutzkonzept dürfen Bildnisse einer Person grundsätzlich nur mit Einwilligung des Abgebildeten verbreitet werden (§ 22 KUG); hiervon macht § 23 Abs. 1 KUG eine Ausnahme, wenn es sich um Bildnisse aus dem Bereich der Zeitgeschichte handelt. Auch bei Personen, die unter dem Blickwinkel des zeitgeschichtlichen Ereignisses im Sinn des § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG an sich ohne ihre Einwilligung die Verbreitung ihres Bildnisses dulden müssten, ist eine Verbreitung der Abbildung unabhängig davon, ob sie sich an Orten der Abgeschiedenheit aufgehalten haben, aber dann nicht zulässig, wenn hierdurch berechtigte Interessen des Abgebildeten verletzt werden (§ 23 Abs. 2 KUG).
13
Maßgebend für die Frage, ob es sich um ein Bildnis aus dem Bereich der Zeitgeschichte handelt, ist der Begriff des Zeitgeschehens. Dieser Begriff darf nicht zu eng verstanden werden. Im Hinblick auf den Informationsbedarf der Öffentlichkeit umfasst er nicht nur Vorgänge von historisch-politischer Bedeutung , sondern ganz allgemein das Zeitgeschehen, also alle Fragen von allgemeinem gesellschaftlichem Interesse. Er wird mithin vom Interesse der Öffentlichkeit bestimmt. Auch durch unterhaltende Beiträge kann Meinungsbildung stattfinden; solche Beiträge können die Meinungsbildung unter Umständen sogar nachhaltiger anregen und beeinflussen als sachbezogene Informationen (vgl. Senat, Urteile vom 9. Dezember 2003 - VI ZR 373/02 - VersR 2004, 522, 523 - mit Anmerkung v. Gerlach JZ 2004, 625 - und vom 6. März 2007 - VI ZR 51/06 - aaO S. 957, 958; BVerfG, BVerfGE 101, 361, 389 f.; NJW 2006, 2836, 2837). Das Informationsinteresse besteht indes nicht schrankenlos. Vielmehr wird der Einbruch in die persönliche Sphäre des Abgebildeten durch den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit begrenzt, so dass eine Berichterstattung keineswegs immer zulässig ist. Wo konkret die Grenze für das berechtigte Informationsinteresse der Öffentlichkeit an der aktuellen Berichterstattung zu ziehen ist, lässt sich nur unter Berücksichtigung der jeweiligen Umstände des Einzelfalles entscheiden.
14
Zum Kern der Presse- und der Meinungsbildungsfreiheit gehört, dass die Presse in den gesetzlichen Grenzen einen ausreichenden Spielraum besitzt, innerhalb dessen sie nach ihren publizistischen Kriterien entscheiden kann, was sie des öffentlichen Interesses für wert hält, und dass sich im Meinungsbildungsprozess herausstellt, was eine Angelegenheit von öffentlichem Interesse ist (Senat, Urteile vom 15. November 2005 - VI ZR 286/04 - aaO, 275; vom 6. März 2007 - VI ZR 51/06 - aaO, 957 f.; BVerfG, BVerfGE 101, 361, 392; Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte (künftig: EGMR), Urteil vom 16. November 2004, Beschwerde-Nr. 53678/00, Karhuvaara und Iltalehti gegen Finnland, NJW 2006, 591, 592 f., §§ 38 ff.). Der EGMR hat in seinem Urteil vom 24. Juni 2004 (Beschwerde-Nr. 59320/00, von Hannover gegen Deutschland, NJW 2004, 2647, 2649 f., §§ 58, 60, 63) die Bedeutung der Pressefreiheit unter Hinweis auf Art. 10 EMRK hervorgehoben und ausgeführt, dass die Presse in einer demokratischen Gesellschaft eine wesentliche Rolle spiele und es ihre Aufgabe sei, Informationen und Ideen zu allen Fragen von Allgemeininteresse weiterzugeben. Das steht auch mit dem oben dargelegten Begriff der Zeitgeschichte in Einklang.
15
a) Die Vorschrift des § 23 Abs. 1 KUG nimmt nach Sinn und Zweck der Regelung und nach der Intention des Gesetzgebers in Ausnahme von dem Einwilligungserfordernis des § 22 KUG Rücksicht auf das Informationsinteresse der Allgemeinheit und auf die Pressefreiheit. Die Anwendung des § 23 Abs. 1 KUG erfordert hiernach eine Abwägung zwischen den Rechten der Abgebildeten nach Art. 8 Abs. 1 EMRK und Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG einerseits und den Rechten der Presse aus Art. 10 Abs. 1 EMRK und Art. 5 Abs. 1 GG andererseits. Die Grundrechte der Pressefreiheit (Art. 5 Abs. 1 GG) und des Schutzes der Persönlichkeit (Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG) sind ihrerseits nicht vorbehaltlos gewährleistet.
16
Die Pressefreiheit findet ihre Schranken nach Art. 5 Abs. 2 GG in den allgemeinen Gesetzen. Zu diesen zählen u.a. die §§ 22 f. KUG und auch Art. 8 EMRK. Die in §§ 22 ff. KUG enthaltenen Regelungen sowie die von Art. 10 EMRK verbürgte Äußerungsfreiheit beschränken zugleich als Bestandteile der verfassungsmäßigen Ordnung gemäß Art. 2 Abs. 1 GG den Persönlichkeits- schutz. Die Auslegung und Anwendung solcher Schrankenregelungen und ihre abwägende Zuordnung zueinander durch die Gerichte hat der interpretationsleitenden Bedeutung der von der Schrankenregelung bestimmten Grundrechtsposition Rechnung zu tragen sowie die entsprechenden Gewährleistungen der europäischen Menschenrechtskonvention zu berücksichtigen. Hierbei ist zu beachten , dass bei der Bestimmung der Reichweite des durch Art. 8 Abs. 1 EMRK dem privaten Leben des Einzelnen gewährten Schutzes der situationsbezogene Umfang der berechtigten Privatheitserwartungen des Einzelnen zu berücksichtigen ist (vgl. BVerfG, Beschluss vom 21. August 2006 - 1 BvR 2606/04 u.a. - NJW 2006, 3406, 3408); auch kann die Gewährleistung des Art. 8 Abs. 1 EMRK einen Anspruch auf Schutz durch die staatlichen Gerichte vor Veröffentlichung von Bildnissen des Einzelnen aus seinem Alltagsleben einschließen (vgl. EGMR, Urteil vom 24. Juni 2004, Beschwerde-Nr. 59320/00, von Hannover gegen Deutschland, §§ 50 ff., aaO, 2648). Über die Reichweite dieses Schutzes ist im konkreten Fall durch Berücksichtigung der von Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG und Art. 10 Abs. 1 EMRK gewährleisteten Äußerungsfreiheit und ihrer in Art. 10 Abs. 2 EMRK geregelten Schranken ebenfalls im Wege der Abwägung zu entscheiden (vgl. EGMR, Beschluss vom 14. Juni 2005, BeschwerdeNr. 14991/02, Minelli gegen Schweiz; Urteil vom 17. Oktober 2006, Beschwerde -Nr. 71678/01, Gourguenidze gegen Georgien, §§ 38 ff.).
17
Das Grundrecht auf Schutz der Persönlichkeit unterliegt der Schrankenregelung des Art. 2 Abs. 1 Halbs. 2 GG. Schranken sind neben den Grundrechten wie Art. 5 Abs. 1 GG insbesondere die Vorschriften über die Veröffentlichung fotografischer Abbildungen von Personen in §§ 22 ff. KUG mit dem erwähnten abgestuften Schutzkonzept, das sowohl dem Schutzbedürfnis der abgebildeten Person wie den von den Medien wahrgenommenen Informationsinteressen der Allgemeinheit Rechnung trägt (vgl. BVerfG, BVerfGE 35, 202, 224 f.; 101, 361, 387; Beschluss vom 26. Februar 2008 - 1 BvR 1606/07 u.a. - aaO, 1795). Daneben beschränkt die in Art. 10 EMRK verbürgte Freiheit der Äußerung und Verbreitung sowie des Empfangs von Meinungen unter Einschluss von Informationen den Schutz der Persönlichkeit. Der Schutz des Art. 10 Abs. 1 EMRK schließt insbesondere auch die Veröffentlichung von Fotoaufnahmen zur Bebilderung der Medienberichterstattung ein (vgl. BVerfG, Beschluss vom 26. Februar 2008 - 1 BvR 1606/07 u.a. - aaO, 1795; EGMR, Urteile vom 14. Dezember 2006, Beschwerde-Nr. 10520/02, Verlagsgruppe News GmbH gegen Österreich Nr. 2, § 29; vom 24. Juni 2004, Beschwerde-Nr. 59320/00, von Hannover gegen Deutschland, § 59, aaO, 2649). Über die Zulässigkeit von Beschränkungen dieses Rechts durch Maßnahmen der staatlichen Gerichte zum Schutz des Privatlebens des Abgebildeten ist nach der Rechtsprechung des EGMR gleichfalls im Wege einer Abwägung mit dem in Art. 8 EMRK verbürgten Anspruch auf Achtung des Privatlebens zu entscheiden (vgl. BVerfG, Beschluss vom 26. Februar 2008 - 1 BvR 1606/07 u.a. - aaO, 1795; EGMR, Urteil vom 17. Oktober 2006, Beschwerde-Nr. 71678/01, Gourguenidze gegen Georgien, § 37 f. m.w.N.). Bei der Abwägung mit kollidierenden Rechtsgütern unter Berücksichtigung der von Art. 5 Abs. 1 GG verbürgten Vermutung für die Zulässigkeit einer Berichterstattung der Presse, die zur Bildung der öffentlichen Meinung beitragen soll (vgl. BVerfGE 20, 162, 177; Beschluss vom 26. Februar 2008 - 1 BvR 1606/07 u.a. - aaO, 1796), ist der von Art. 10 Abs. 1 EMRK verbürgten Äußerungsfreiheit ein besonderes Gewicht dort beizumessen, wo die Berichterstattung der Presse einen Beitrag zu Fragen von allgemeinem Interesse leistet (vgl. BVerfG, Beschluss vom 26. Februar 2008 - 1 BvR 1606/07 u.a. - aaO, 1796; EGMR, Urteil vom 16. November 2004, Beschwerde -Nr. 53678/00, Karhuvaara und Iltalehti gegen Finnland, § 40; Urteil vom 1. März 2007, Beschwerde-Nr. 510/04, Tønsbergs Blad u.a. gegen Norwegen , § 82).
18
Die Garantie der Pressefreiheit dient nicht allein den subjektiven Rechten der Presse, sondern in gleicher Weise auch dem Schutz des Prozesses öffentlicher Meinungsbildung und damit der Meinungsbildungsfreiheit der Bürger. Äußerungen in der und durch die Presse wollen in der Regel zur Bildung der öffentlichen Meinung beitragen und haben daher zunächst die Vermutung der Zulässigkeit für sich, auch wenn sie die Rechtssphäre anderer berühren (vgl. BVerfG, BVerfGE 20, 162, 177; 66, 116, 133; 77, 346, 354). Nach der Rechtsprechung des EGMR besteht nur wenig Spielraum, die Gewährleistung des Art. 10 Abs. 1 EMRK zurücktreten zu lassen, falls eine Medienberichterstattung einen Bezug zu einer Sachdebatte von allgemeinem Interesse aufweist (vgl. EGMR, Urteile vom 22. Oktober 2007, Beschwerde-Nr. 21279/02 u.a., Lindon u.a. gegen Frankreich, § 45; vom 17. Dezember 2004, BeschwerdeNr. 49017/99, Pedersen und Baadsgaard gegen Dänemark, § 68 f.). Art. 5 Abs. 1 GG gebietet allerdings nicht, generell zu unterstellen, dass mit jeder visuellen Darstellung aus dem Privat- und Alltagsleben prominenter Personen ein Beitrag zur Meinungsbildung verbunden sei, der es für sich allein rechtfertigte, die Belange des Persönlichkeitsschutzes zurückzustellen.
19
b) Nach diesen Grundsätzen wird die Reichweite des Schutzes des Rechts am eigenen Bild davon beeinflusst, ob eine Information in die breite Öffentlichkeit der Massenmedien überführt wird und damit nicht auf einen engen Personenkreis begrenzt bleibt. Andererseits wird das Gewicht der das Persönlichkeitsrecht gegebenenfalls beschränkenden Pressefreiheit davon beeinflusst, ob die Berichterstattung eine Angelegenheit betrifft, welche die Öffentlichkeit wesentlich berührt (vgl. BVerfG, BVerfGE 7, 198, 212; Beschluss vom 24. Januar 2006 - 1 BvR 2602/05 - NJW 2006, 1865; EGMR, Urteil vom 17. Oktober 2006, Beschwerde-Nr. 71678/01, Gourguenidze gegen Georgien, § 55). Mit der Entscheidung, ein Bild einer Person abzudrucken und in den Kontext eines bestimmten Berichts zu rücken, nutzen die Medien ihre grundrechtlich geschützte Befugnis, selbst zu entscheiden, was sie für berichtenswert halten. Dabei haben sie jedoch den Persönlichkeitsschutz Betroffener zu berücksichtigen.
20
Wie das Bundesverfassungsgericht in seinem Beschluss vom 26. Februar 2008 (- 1 BvR 1606/07 u.a. - aaO, 1796) dargelegt hat, können prominente Personen der Allgemeinheit Möglichkeiten der Orientierung bei eigenen Lebensentwürfen bieten sowie Leitbild- oder Kontrastfunktionen erfüllen. Auch die Normalität ihres Alltagslebens kann der Meinungsbildung zu Fragen von allgemeinem Interesse dienen (so bereits BVerfGE 101, 361, 391). Das gilt auch für unterhaltende Beiträge als einen wesentlichen Bestandteil der Medienbetätigung , der durch die Pressefreiheit geschützt wird, zumal der publizistische und wirtschaftliche Erfolg der Presse auf unterhaltende Inhalte und entsprechende Abbildungen angewiesen sein kann und die Bedeutung visueller Darstellungen beträchtlich zugenommen hat. Hiernach gilt die Pressefreiheit auch für unterhaltende Beiträge über das Privat- oder Alltagsleben von Prominenten und ihres sozialen Umfelds einschließlich ihnen nahestehender Personen. Allerdings bedarf es gerade bei unterhaltenden Inhalten in besonderem Maß der abwägenden Berücksichtigung der kollidierenden Rechtspositionen der Betroffenen.
21
Für die Abwägung zwischen der Pressefreiheit und dem Persönlichkeitsrecht des Betroffenen ist von maßgeblicher Bedeutung, ob die Presse im konkreten Fall eine Angelegenheit von öffentlichem Interesse ernsthaft und sachbezogen erörtert, damit den Informationsanspruch des Publikums erfüllt und zur Bildung der öffentlichen Meinung beiträgt oder ob sie lediglich die Neugier der Leser nach privaten Angelegenheiten prominenter Personen befriedigt (vgl. BVerfG, BVerfGE 34, 269, 283; 101, 361, 391).
22
Insoweit hat das BVerfG (Beschluss vom 26. Februar 2008 - 1 BvR 1606/07 u.a. - aaO, 1796) hervorgehoben, dass das Selbstbestimmungsrecht der Presse nicht auch die Entscheidung erfasst, wie das Informationsinteresse zu gewichten ist, sondern diese Gewichtung zum Zweck der Abwägung mit gegenläufigen Interessen der Betroffenen vielmehr im Fall eines Rechtsstreits den Gerichten obliegt. Diese haben allerdings im Hinblick auf das Zensurverbot des Art. 5 Abs. 1 Satz 3 GG von einer inhaltlichen Bewertung - etwa als wertvoll oder wertlos, seriös oder unseriös o.ä. - abzusehen und sind auf die Prüfung beschränkt, in welchem Ausmaß der Bericht einen Beitrag für die öffentliche Meinungsbildung erbringen kann.
23
c) Der Informationswert einer Bildberichterstattung ist, soweit das Bild nicht schon als solches eine für die öffentliche Meinungsbildung bedeutsame Aussage enthält, im Kontext der dazugehörenden Wortberichterstattung zu ermitteln. Bilder können Wortberichte ergänzen und dabei der Erweiterung des Aussagegehalts dienen, etwa die Authentizität des Geschilderten unterstreichen. Auch können beigefügte Bilder der an dem berichteten Geschehen beteiligten Personen die Aufmerksamkeit des Lesers für den Wortbericht wecken (vgl. Senat, BGHZ 158, 218, 223; Urteil vom 19. Oktober 2004 - VI ZR 292/03 - NJW 2005, 594, 595 f.). Beschränkt sich der begleitende Bericht allerdings darauf , lediglich einen Anlass für die Abbildung prominenter Personen zu schaffen, ohne dass die Berichterstattung einen Beitrag zur öffentlichen Meinungsbildung erkennen lässt (vgl. hierzu das Urteil des erkennenden Senats vom heutigen Tag - VI ZR 243/06), ist es nicht angezeigt, dem Veröffentlichungsinteresse den Vorrang vor dem Persönlichkeitsschutz einzuräumen.
24
d) Daneben sind bei einer Bildberichterstattung für die Gewichtung der Belange des Persönlichkeitsschutzes auch der Anlass und die Umstände zu berücksichtigen, unter denen die Aufnahme entstanden ist, etwa unter Ausnut- zung von Heimlichkeit oder beharrlicher Nachstellung. Auch ist bedeutsam, in welcher Situation der Betroffene erfasst und wie er dargestellt wird. Die Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts wiegt schwerer, wenn die visuelle Darstellung durch Ausbreitung von üblicherweise öffentlicher Erörterung entzogenen Einzelheiten des privaten Lebens thematisch die Privatsphäre berührt oder wenn der Betroffene nach den Umständen typischer Weise die berechtigte Erwartung haben durfte, nicht in den Medien abgebildet zu werden. Das kann nicht nur bei einer durch räumliche Privatheit geprägten Situation, sondern außerhalb örtlicher Abgeschiedenheit auch in Momenten der Entspannung oder des Sich-Gehen-Lassens außerhalb der Einbindung in die Pflichten des Berufs und des Alltags der Fall sein.
25
2. a) Diese Grundsätze sind auf die Klägerin anzuwenden, da sie, wie das Bundesverfassungsgericht in seinem Beschluss vom 26. Februar 2008 (- 1 BvR 1606/07 u.a. - aaO, 1800) ausgeführt hat, auch nach der Einschätzung des EGMR als Person des öffentlichen Interesses anzusehen ist ("personnage public / public figure" in Abgrenzung zur "personnalité politique / politician" einerseits und "personne ordinaire / ordinary person" andererseits, vgl. EGMR, Urteile vom 11. Januar 2005, Beschwerde-Nr. 50774/99, Sciacca gegen Italien, §§ 27 ff.; vom 17. Oktober 2006 - Beschwerde-Nr. 71678/01, Gourguenidze gegen Georgien, § 55). Diese Einstufung hat nach den Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts zur Folge, dass über eine solche Person in größerem Umfang berichtet werden darf als über andere Personen, wenn die Information einen hinreichenden Nachrichtenwert mit Orientierungsfunktion im Hinblick auf eine die Allgemeinheit interessierende Sachdebatte hat und die Abwägung keine schwerwiegenden Interessen des Betroffenen ergibt, die einer Veröffentlichung entgegenstehen.
26
b) Für den Streitfall führt das zu folgender Abwägung:
27
Die beanstandete Aufnahme ist ohne Einwilligung der Klägerin veröffentlicht worden. Die Bildberichterstattung als solche betrifft keine Angelegenheit, welche die Öffentlichkeit wesentlich berührt (vgl. EGMR, Urteil vom 17. Oktober 2006 - Beschwerde-Nr. 71678/01, Gourguenidze gegen Georgien, § 55). Die Aufnahme zeigt nach ihrer Überschrift die Klägerin zusammen mit ihrem Ehemann in der Öffentlichkeit "in Urlaubslaune", ohne dass der Abbildung allein ein weitergehender Inhalt oder Anhaltspunkte für einen erhöhten Schutzbedarf der Klägerin zu entnehmen wären. Es ist auch von der Beklagten nicht geltend gemacht oder sonst ersichtlich, dass die Aufnahme, welche nicht über die Abbildung eines Ausschnitts aus der Normalität des Alltagslebens im Urlaub der prominenten Klägerin hinausgeht, aus sich heraus der Meinungsbildung zu Fragen von allgemeinem Interesse dienen könnte.
28
c) Gleichwohl führt der in der beanstandeten Veröffentlichung einer Aufnahme der Klägerin "in Urlaubslaune" enthaltene Eingriff der Beklagten in die Privatsphäre unter den Umständen des Streitfalls nicht dazu, dass das Recht des beklagten Presseverlags auf Meinungsäußerung und Meinungsbildung zurücktreten müsste.
29
Die Aufnahme der Klägerin und ihres Ehemannes bebildert eine Wortberichterstattung , welche sich hauptsächlich damit befasst, dass dem Ehemann eine Ferienvilla in Lamu/Kenia gehört, wie diese gelegen und wie sie ausgestattet ist. Der - von der Klägerin nicht angegriffene - Artikel teilt mit, dass die Villa, in welcher die Klägerin und ihr Ehemann lediglich einmal im Jahr Urlaub machten , für 1.000 Dollar/Tag gemietet werden könne, Bedienungspersonal inbegriffen.
30
Neben weiteren Einzelheiten enthält der Bericht den hervorgehobenen Hinweis, "Auch die Reichen und Schönen sind sparsam. Viele vermieten ihre Villen an zahlende Gäste". Zusätzlich werden einige Hollywoodstars und Angehörige von Adelshäusern genannt, die "einen Hang zu ökonomischem Denken entwickelt" hätten und ebenfalls ihre Feriendomizile vermieteten, wenn sie diese nicht selbst nutzten. Hierdurch werden den Lesern der Zeitschrift Informationen über veränderte Verhaltensweisen einer kleinen Schicht von reichen Prominenten gegeben, die im Zentrum öffentlicher Aufmerksamkeit stehen und von daher Leitbild- oder Kontrastfunktionen für große Teile der Bevölkerung haben können. Wie das Bundesverfassungsgericht (Beschluss vom 26. Februar 2008 - 1 BvR 1606/07 - aaO, 1800 f.) dargelegt hat, kann die geschilderte Verhaltensweise in einer demokratischen Gesellschaft Anlass zu einer die Allgemeinheit interessierenden Sachdebatte geben und es grundsätzlich auch rechtfertigen , den in dem Beitrag erwähnten prominenten Vermieter des Anwesens und die Klägerin als seine Ehefrau in einem kontextgerechten Bild darzustellen. Eine solche Bedeutung des Beitrags liegt schon deshalb nahe, weil die entsprechende Stoßrichtung des Berichts mit Fettdruck und durch die zentrale Anordnung der beiden Kernsätze ("Auch die Reichen und Schönen sind sparsam. Viele vermieten ihre Villen an zahlende Gäste") im Druck besonders herausgestellt und im Fließtext wiederholt wird. Wie das Bundesverfassungsgericht aaO ausgeführt hat, kann ein derartiger Bericht Anlass für sozialkritische Überlegungen der Leser auch einer solchen Zeitschrift sein und damit eine die Allgemeinheit interessierende Sachdebatte über das ökonomische Denken derjenigen "Reichen und Schönen" anstoßen, die eine Ferienvilla für 1.000 Dollar/Tag einschließlich Personal vermieten oder mieten können, wobei auch die Möglichkeit besteht, dass die Leser über den Sinn einer solchen Mitteilung in dieser Zeitschrift nachdenken sowie als mündige Bürger ihr eigenes Konsumverhalten überdenken. Insoweit reicht bereits die Möglichkeit aus, dass der Beitrag der Meinungsbildung zu Fragen von allgemeinem Interesse dienen kann (vgl. BVerfG, Beschluss vom 26. Februar 2008, aaO; EGMR, Urteile vom 16. November 2004, Beschwerde-Nr. 53678/00, Karhuvaara und Iltalehti gegen Finnland , § 40; vom 1. März 2007, Beschwerde-Nr. 510/04, Tønsbergs Blad u.a. gegen Norwegen, § 82). Da mithin durch die Wortberichterstattung Anlass für eine die Allgemeinheit interessierende Sachdebatte geschaffen werden kann, ist ihre Bebilderung durch die (einzige) Aufnahme der Klägerin nicht zu beanstanden. Diese Abbildung ist für sich genommen nicht beeinträchtigend. Die Klägerin hat auch nicht geltend gemacht, dass sie etwa heimlich oder in belästigender Weise zustande gekommen sei, und auch keine anderen Gesichtspunkte vorgetragen, die im Rahmen des abgestuften Schutzkonzepts einer Veröffentlichung entgegenstehen könnten, auch wenn diese ohne ihre Einwilligung erfolgt ist. Dies gilt nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (vgl. BVerfG, Beschluss vom 26. Februar 2008 - 1 BvR 1606/07 u.a. - aaO, 1796 f.), auch dann, wenn die Aufnahme aus anderem Anlass entstanden ist.
31
Die Revision der Klägerin ist daher mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.
Müller Greiner Wellner
Pauge Stöhr
Vorinstanzen:
LG Hamburg, Entscheidung vom 01.07.2005 - 324 O 869/04 -
OLG Hamburg, Entscheidung vom 31.01.2006 - 7 U 82/05 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR 307/07 Verkündet am:
28. Oktober 2008
Holmes,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
Eine Bildberichterstattung über den Strafvollzug bei einem bekannten Filmschauspieler
kann auch ohne dessen Einwilligung durch ein Bedürfnis nach demokratischer
Kontrolle der Strafvollstreckungsbehörden gestattet sein.
BGH, Urteil vom 28. Oktober 2008 - VI ZR 307/07 - KG Berlin
LG Berlin
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 28. Oktober 2008 durch die Vizepräsidentin Dr. Müller und die Richter
Dr. Greiner, Wellner, Stöhr und Zoll

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 9. Zivilsenats des Kammergerichts Berlin vom 4. Dezember 2007 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Kläger ist Schauspieler und Moderator. Er wurde im November 2004 rechtskräftig wegen Betrugs zu einer Freiheitsstrafe von 2 Jahren und 10 Monaten verurteilt. Die Beklagte verlegt die "Bild"-Zeitung. In der Ausgabe dieser Zeitung vom 11. November 2005 wurde auf Seite 3 unter der Überschrift "Hier schlendert K. S. in die Freiheit" berichtet, dass der Kläger die Haftanstalt schon zwei Wochen nach Haftantritt für einen Tag wieder verlassen habe, um seine Familie zu besuchen. Der Artikel wurde eingeleitet mit dem fett gedruckten Satz "Hallo Knacki, warum bist du nicht mehr im Gefängnis?"; er hatte folgenden Wortlaut:
2
"Gestern, 11.39 Uhr vor der Haftanstalt H. Mit einer Reisetasche in der Hand verlässt TV-Star K. S. (45, "Hallo Robbie") das Gefängnis. Dabei sitzt der Schauspieler erst seit zwei Wochen seine Haftstrafe (2 Jahre 10 Monate) ab. Warum darf er den Knast verlassen? Ein Justizsprecher: 'Nach einer Prüfung hat er sich als geeignet für den Offenen Vollzug erwiesen. Als erste Lockerungsmaßnahme haben wir ihm deshalb Ausgang erteilt. Das wird gemacht, damit ein Häftling zum Beispiel seine sozialen Bindungen aufrecht erhalten kann.' Nach Bild-Informationen besuchte S. seine Ehefrau und seinen Sohn, führte auch Job-Gespräche. Die gute Nachricht für S. Das ZDF will ab nächsten April eine neue Staffel der Erfolgs-Serie 'Hallo Robbie' (durchschnittlich fast 5 Mio. Zuschauer) drehen. Ein ZDF-Sprecher: 'Wenn es die Umstände für Herrn S. zulassen, planen wir mit ihm in der Hauptrolle.' Voraussetzung dafür : S. muss Freigänger werden, dürfte dann tagsüber für das ZDF drehen. So weit ist es aber noch nicht: Gestern Abend musste S. wieder zurück ins Gefängnis. Sein Ausgang galt nur bis 17.30 Uhr."
3
Illustriert ist der in der Sache zutreffende Artikel mit zwei Aufnahmen des Klägers, die ihn mit einer Reisetasche auf der Straße gehend und beim Einsteigen in ein Auto zeigen und mit der Bildunterschrift "Knast-Ausgang für TV-Star K. S. (45): Mit einer Reisetasche verlässt er das Gefängnis in H." versehen sind. Die Fotos sind am 10. November 2005 vor der Haftanstalt in der beschriebenen Situation entstanden.
4
Der Kläger begehrte in den vorhergehenden Instanzen von der Beklagten die Unterlassung der Veröffentlichung von ihn abbildenden Fotos wie in der "Bild"-Zeitung vom 11. November 2005 geschehen. Er ist der Auffassung, der Abdruck der Fotos stelle einen rechtswidrigen Eingriff in sein allgemeines Persönlichkeitsrecht dar. Gegen die Wortberichterstattung wendet er sich nicht. Die Beklagte beruft sich auf die Pressefreiheit und hält die Veröffentlichung der Fo- tos wegen des berechtigten Informationsinteresses der Öffentlichkeit für zulässig.
5
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Kammergericht dieses Urteil aufgehoben und die Klage abgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision begehrt der Kläger die Aufhebung des klagabweisenden Berufungsurteils und die Wiederherstellung des Urteils des Landgerichts mit der Maßgabe, dass der Beklagten lediglich untersagt werden soll, die auf Seite 3 der "Bild"-Zeitung vom 11. November 2005 veröffentlichen Fotos, die den Kläger zeigen, erneut zu veröffentlichen.

Entscheidungsgründe:

I.

6
Das Berufungsgericht verneint einen Unterlassungsanspruch des Klägers , da die Beklagte nicht rechtswidrig in das Recht des Klägers am eigenen Bild eingegriffen habe. Zwar habe keine Einwilligung des Klägers in die Veröffentlichung der Fotos vorgelegen, diese stellten jedoch Bildnisse aus dem Bereich der Zeitgeschichte gemäß § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG dar. Berechtigte Interessen des Klägers nach § 23 Abs. 2 KUG würden durch den Abdruck nicht verletzt. Angesichts des öffentlichen Berichterstattungsinteresses müsse das Recht des Klägers auf Privatheit im Alltag zurücktreten, die Privatsphäre des Klägers sei durch die Veröffentlichung ohnehin nicht betroffen. Die Bildberichterstattung sei rechtmäßig, da ihr im Zusammenhang mit der Wortberichterstattung Informationswert zukomme. Der Kläger habe in der Vergangenheit selbst das Interesse der Öffentlichkeit geweckt, die Fotos stellten ihn nicht ungünstig dar, sie seien nicht unter den Kläger besonders belastenden Umständen entstanden. Auch der Gesichtspunkt der Resozialisierung führe nicht dazu, dass das öffentliche Berichterstattungsinteresse zurückstehen müsse.

II.

7
Die zulässigerweise auf das Verbot erneuter Veröffentlichung der auf Seite 3 der "Bild"-Zeitung vom 11. November 2005 veröffentlichten Aufnahmen des Klägers beschränkte Revision (BGH, Urteile vom 28. September 1989 - IX ZR 180/88 - WM 1989, 1873, 1875; vom 28. Februar 1991 - I ZR 94/89 - MDR 1991, 1160 f.) hat keinen Erfolg. Die vom Kläger nicht angegriffene Wortberichterstattung durfte mit den streitgegenständlichen Fotos bebildert werden.
8
1. Das Berufungsgericht hat in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des erkennenden Senats die Zulässigkeit der Bildveröffentlichung nach dem abgestuften Schutzkonzept der §§ 22, 23 KUG beurteilt (vgl. Senat, Urteile vom 19. Oktober 2004 - VI ZR 292/03 - VersR 2005, 84; vom 15. November 2005 - VI ZR 286/04 - VersR 2006, 274; vom 6. März 2007 - VI ZR 13/06 - VersR 2007, 697; vom 6. März 2007 - VI ZR 51/06 - VersR 2007, 957; vom 19. Juni 2007 - VI ZR 12/06 - VersR 2007, 1135; vom 3. Juli 2007 - VI ZR 164/06 - VersR 2007, 1283; vom 14. Oktober 2008 - VI ZR 271/06 -, - VI ZR 272/06 -, - VI ZR 256/06 - und - VI ZR 260/06 -, sämtlich z.V.b.), das sowohl verfassungsrechtlichen Vorgaben (vgl. BVerfGE 101, 361, 386 f.; BVerfG, NJW 2001, 1921, 1923; NJW 2006, 2835 f.; NJW 2008, 1793, 1795, 1798), als auch der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (künftig: EGMR) entspricht (vgl. EGMR, NJW 2004, 2647, 2648 f. von Hannover gegen Deutschland und NJW 2006, 591, 592 Karhuvaara und Iltalehti gegen Finnland).
9
Revisionsrechtlich nicht zu beanstanden ist der Ausgangspunkt des Berufungsurteils , dass der Kläger nicht in die Veröffentlichung der Aufnahmen eingewilligt hat. Bei den von der Beklagten abgedruckten Fotos handelt es sich aber - wie das Berufungsgericht im Ergebnis zutreffend feststellt - um Bildnisse aus dem Bereich der Zeitgeschichte gemäß § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG, die auch ohne Einwilligung des Abgebildeten verbreitet werden dürfen, weil ihrer Veröffentlichung kein berechtigtes Interesse des Klägers im Sinne von § 23 Abs. 2 KUG entgegensteht.
10
2. Das Berufungsgericht hat zwar, was die Revision mit Recht beanstandet , bei der Beurteilung, ob Bildnisse aus dem Bereich der Zeitgeschichte vorliegen , keine Abwägung zwischen den Rechten des Abgebildeten aus Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG, Art. 8 Abs. 1 EMRK und den Rechten der Presse aus Art. 5 Abs. 1 GG, Art. 10 Abs. 1 EMRK vorgenommen. Eine solche Abwägung ist schon bei der Prüfung des § 23 Abs. 1 KUG durchzuführen, weil diese Vorschrift nach Sinn und Zweck der Regelung und nach der Intention des Gesetzgebers in Ausnahme von dem Einwilligungserfordernis des § 22 KUG Rücksicht auf das Informationsinteresse der Öffentlichkeit und auf die Rechte der Presse nimmt. Dabei ist der Beurteilung ein normativer Maßstab zu Grunde zu legen, welcher der Pressefreiheit und zugleich dem Schutz der Persönlichkeit und ihrer Privatsphäre ausreichend Rechnung trägt (Senat, Urteile vom 6. März 2007 - VI ZR 51/06 - VersR 2007, 957, 958 m.w.N. und vom 19. Juni 2007 - VI ZR 12/06 - VersR 2007, 1135, 1136).
11
3. Das angefochtene Urteil hält jedoch den Angriffen der Revision im Ergebnis stand. Die erforderliche Abwägung kann der erkennende Senat selbst vornehmen, da keine weiteren Tatsachenfeststellungen erforderlich sind.
12
a) Der Kläger ist aufgrund seiner langjährigen Tätigkeit als Schauspieler und Moderator als Person des öffentlichen Interesses anzusehen (vgl. zur Abgrenzung zwischen "personnage public"/"public figure" einerseits im Unterschied zur "personnalité politique"/"politician" und "personne ordinaire"/"ordinary person" andererseits EGMR, Urteile vom 11. Januar 2005, Beschwerde Nr. 50774/99, Sciacca gegen Italien §§ 27 ff.; vom 17. Oktober 2006, Beschwerde Nr. 71678/01, Gourguenidze gegen Georgien § 55). Diese Einstufung hat nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des EGMR zur Folge, dass über eine solche Person in größerem Umfang berichtet werden darf als über andere Personen, wenn die Information einen hinreichenden Nachrichtenwert mit Orientierungsfunktion im Hinblick auf eine die Allgemeinheit interessierende Sachdebatte hat und die Abwägung keine schwerwiegenden Interessen des Betroffenen ergibt, die einer Veröffentlichung entgegenstehen (BVerfG, NJW 2008, 1793, 1796, 1800; EGMR, Urteile vom 11. Januar 2005, Beschwerde Nr. 50774/99, Sciacca gegen Italien §§ 27 ff. und vom 17. Oktober 2006, Beschwerde Nr. 71678/01, Gourguenidze gegen Georgien § 57).
13
Maßgebend für die Frage, ob es sich bei den veröffentlichten Fotos um Bildnisse aus dem Bereich der Zeitgeschichte gemäß § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG handelt, ist das Zeitgeschehen. Dieses ist vom Informationsinteresse der Öffentlichkeit her zu bestimmen und umfasst nicht nur Vorgänge von historischpolitischer Bedeutung oder spektakuläre und ungewöhnliche Vorkommnisse, sondern ganz allgemein alle Fragen von allgemeinem gesellschaftlichem Interesse. Auch durch unterhaltende Beiträge kann Meinungsbildung stattfinden; solche Beiträge können die Meinungsbildung unter Umständen sogar nachhaltiger anregen und beeinflussen als sachbezogene Informationen (vgl. Senat, Urteile vom 9. Dezember 2003 - VI ZR 373/02 - VersR 2004, 522, 523 - mit Anmerkung v. Gerlach JZ 2004, 625 - und vom 6. März 2007 - VI ZR 51/06 - VersR 2007, 957, 958; BVerfGE 101, 361, 389 f.; BVerfG, NJW 2001, 1921, 1923; BVerfG, NJW 2006, 2836, 2837; BVerfG, NJW 2008, 1793, 1799). Selbst die Normalität des Alltagslebens prominenter Personen darf der Öffentlichkeit vor Augen geführt werden, wenn dies der Meinungsbildung zu Fragen von allgemeinem Interesse dienen kann (BVerfG, NJW 2008, 1793, 1796).
14
Das Informationsinteresse der Öffentlichkeit besteht jedoch nicht schrankenlos. Der Einbruch in die persönliche Sphäre des Abgebildeten wird durch den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit begrenzt, so dass eine Berichterstattung keineswegs immer zulässig ist. Nicht alles, wofür sich die Menschen aus Langeweile, Neugier und Sensationslust interessieren, rechtfertigt dessen visuelle Darstellung in der breiten Medienöffentlichkeit. Wo konkret die Grenze für das berechtigte Informationsinteresse der Öffentlichkeit an der aktuellen Berichterstattung zu ziehen ist, lässt sich nur unter Berücksichtigung der jeweiligen Umstände des Einzelfalls entscheiden (Senat, Urteil vom 19. Juni 2007 - VI ZR 12/06 - VersR 2007, 1135, 1136).
15
Dabei gehört es zum Kern der Pressefreiheit, dass die Presse innerhalb der gesetzlichen Grenzen einen ausreichenden Spielraum besitzt, in dem sie nach ihren publizistischen Kriterien entscheiden kann, was öffentliches Interesse beansprucht (Senat, Urteile vom 15. November 2005 - VI ZR 286/04 - VersR 2006, 274, 275; vom 6. März 2007 - VI ZR 51/06 - VersR 2007, 957, 958; BVerfGE 101, 361, 392; BVerfG, NJW 2008, 1793, 1794; vgl. EGMR, NJW 2006, 591, 592 Karhuvaara und Iltalehti gegen Finnland). Dazu zählt auch die Entscheidung, ob und wie ein Presseerzeugnis bebildert wird (BVerfGE 101, 361, 389; BVerfG, NJW 2008, 1793, 1794; EGMR, NJW 2004, 2647, 2649 von Hannover gegen Deutschland; Urteil vom 14. Dezember 2006, Beschwerde Nr. 10520/02, Verlagsgruppe News GmbH gegen Österreich Nr. 2 § 29). Bildaussagen nehmen an dem verfassungsrechtlichen Schutz des Berichts teil, dessen Bebilderung sie dienen (BVerfG, NJW 2008, 1793, 1794). Eine solche Personalisierung bildet ein wichtiges publizistisches Mittel zur Erregung von Aufmerksamkeit (BVerfGE 101, 361, 390). Sie weckt vielfach erst das Interesse an Problemen und begründet den Wunsch nach Sachinformationen (BVerfG, NJW 2008, 1793, 1797). Prominente Personen stehen überdies für bestimmte Wertvorstellungen und Lebenshaltungen. Sie werden zu Kristallisationspunkten für Zustimmung oder Ablehnung und erfüllen Leitbild- oder Kontrastfunktion. Darin hat das öffentliche Interesse an den verschiedensten Lebensbezügen solcher Personen seinen Grund (BVerfGE 101, 361, 390; BVerfG, NJW 2008, 1793, 1796).
16
b) Mit der Entscheidung, die Fotos des Klägers abzudrucken und in den Kontext der Wortberichterstattung zu rücken, hat die Beklagte ihre grundrechtlich geschützte Befugnis ausgeübt, selbst nach publizistischen Kriterien zu entscheiden , was sie für berichtenswert hält. Diese Freiheit kann durch die Wertung der Revision, die Beklagte habe zu Unrecht ein Interesse des "Durchschnittslesers" an der Berichterstattung angenommen, nicht in Frage gestellt werden.
17
Die Presse- und Informationsfreiheit ist mit dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht desjenigen abzuwägen, in dessen Privatsphäre die Presse unter namentlicher Nennung und Abbildung eingreift. Durch Abwägung der betroffenen Rechtsgüter ist zu ermitteln, ob das Informationsinteresse der Öffentlichkeit den Eingriff in die Privatsphäre nach Art und Reichweite gestattet und ob dieser in angemessenem Verhältnis zur Bedeutung der Berichterstattung steht (vgl. BVerfGE 35, 202, 221). Das Selbstbestimmungsrecht der Presse umfasst nicht auch die Entscheidung, wie das Informationsinteresse zu gewichten ist; diese Gewichtung zum Zweck der Abwägung mit gegenläufigen Interessen der Betroffenen obliegt im Fall eines Rechtsstreits vielmehr den Gerichten (BVerfG, NJW 2008, 1793, 1796). Diese haben dabei die folgenden Gesichtspunkte zu beachten:
18
aa) Es muss eine Interessenabwägung stattfinden zwischen dem Informationsinteresse der Öffentlichkeit einerseits und dem Interesse des Abgebildeten an dem Schutz seiner Privatsphäre andererseits. Die Bedeutung des Informationswerts der Berichterstattung für die Interessenabwägung hat der erkennende Senat schon in früheren Entscheidungen hervorgehoben (Senat, Urteile vom 9. Dezember 2003 - VI ZR 373/02 - VersR 2004, 522, 523 m.w.N.; vom 6. März 2007 - VI ZR 51/06 - VersR 2007, 957, 958; vom 19. Juni 2007 - VI ZR 12/06 - VersR 2007, 1135, 1137; vom 14. Oktober 2008 - VI ZR 271/06 -, - VI ZR 272/06 -, - VI ZR 256/06 - und - VI ZR 260/06 -, sämtlich z.V.b.). Je größer der Informationswert für die Öffentlichkeit ist, desto mehr muss das Schutzinteresse dessen, über den informiert wird, hinter den Informationsbelangen der Öffentlichkeit zurücktreten. Umgekehrt wiegt aber auch der Schutz der Persönlichkeit des Betroffenen desto schwerer, je geringer der Informationswert für die Allgemeinheit ist (vgl. BVerfGE 34, 269, 283; Senat, BGHZ 131, 332, 342 f. m.w.N.). Das schließt es freilich nicht aus, dass je nach Lage des Falles für den Informationswert einer Berichterstattung auch der Bekanntheitsgrad des Betroffenen von Bedeutung sein kann (Senat, Urteile vom 15. November 2005 - VI ZR 286/04 - VersR 2006, 274, 275; vom 19. Juni 2007 - VI ZR 12/06 - VersR 2007, 1135, 1137; vgl. BVerfGE 101, 361, 391).
19
Kommt es mithin für die Abwägung maßgeblich auf den Informationswert der Abbildung an, kann, wenn - wie im Streitfall - die beanstandeten Abbildungen im Zusammenhang mit einer Wortberichterstattung verbreitet worden sind, bei der Beurteilung die zugehörige Wortberichterstattung nicht unberücksichtigt bleiben (BVerfG, NJW 2008, 1793, 1796; so auch EGMR, NJW 2004, 2647, 2650 von Hannover gegen Deutschland; Senat, BGHZ 158, 218, 223; Urteile vom 28. September 2004 - VI ZR 305/03 - VersR 2005, 83; vom 6. März 2007 - VI ZR 13/06 - VersR 2007, 697, 699 und - VI ZR 51/06 - VersR 2007, 957, 959; vom 3. Juli 2007 - VI ZR 164/06 - VersR 2007, 1283, 1284; vom 14. Oktober 2008 - VI ZR 271/06 -, - VI ZR 272/06 -, - VI ZR 256/06 - und - VI ZR 269/06 -, sämtlich z.V.b.).
20
bb) Bei der Abwägung ist zu beachten, dass die Garantie der Pressefreiheit nicht allein der Presse, sondern in gleicher Weise dem Schutz des Prozesses öffentlicher Meinungsbildung und damit der Meinungsbildungsfreiheit der Bürger dient. Auch nach der Rechtsprechung des EGMR besteht nur wenig Spielraum, die Gewährleistung des Art. 10 Abs. 1 EMRK zurücktreten zu lassen , falls eine Medienberichterstattung einen Bezug zu einer Sachdebatte von allgemeinem Interesse aufweist (vgl. EGMR, NJW 2006, 1645, 1647 f. Pedersen u. Baadsgaard gegen Dänemark; EGMR, Große Kammer, Urteil vom 22. Oktober 2007, Beschwerde Nr. 21279/02 u.a., Lindon u.a. gegen Frankreich , § 45). Dies gilt auch dann, wenn diese Berichterstattung Fotos des Betroffenen beinhaltet, sofern es sich dabei um eine Person des öffentlichen Lebens ("public figure" im Gegensatz zu "ordinary person") handelt (EGMR, Urteil vom 14. Dezember 2006, Beschwerde Nr. 10520/02, Verlagsgruppe News GmbH gegen Österreich Nr. 2 § 40). Denn eine freie Presse hat die Aufgabe, Informationen und Ideen über alle Fragen von öffentlichem Interesse zu vermitteln , Fragen, welche die Rechtspflege betreffen, eingeschlossen, darf dabei aber bestimmte Grenzen nicht überschreiten. Wäre dies nicht so, könnte die Presse nicht ihre bedeutsame Rolle eines "öffentlichen Wachhundes" spielen (EGMR, NJW 2006, 1645, 1648 Pedersen u. Baadsgaard gegen Dänemark). Diese bedeutsame Funktion der Presse kann auch berührt sein, wenn die Berichterstattung eine Verfehlung ohne engeren Bezug zum politischen Leben zum Gegenstand hat (vgl. BVerfG, NJW 2006, 2835, 2836; EGMR, Urteil vom 25. April 2006, Beschwerde Nr. 77551/01, Dammann gegen Schweiz § 54, Ur- teil vom 24. November 2005, Beschwerde Nr. 53886/00, Tourancheau und July gegen Frankreich § 66).
21
cc) Art. 5 Abs. 1 GG gebietet allerdings nicht generell zu unterstellen, dass mit jeder visuellen Darstellung aus dem Privat- und Alltagsleben prominenter Personen ein Beitrag zur Meinungsbildung verbunden sei, der es für sich allein rechtfertigte, die Belange des Persönlichkeitsschutzes zurückzustellen. Bei der Abwägung spielt eine entscheidende Rolle, ob die Presse eine neue und wahre Information von allgemeinem Interesse für die öffentliche Meinungsbildung ernsthaft und sachbezogen erörtert und damit einen Beitrag zu irgendeiner Diskussion von allgemeinem Interesse für Staat und Gesellschaft leistet oder ob der Informationswert für die Öffentlichkeit wesentlich in der Unterhaltung ohne gesellschaftliche Relevanz besteht. Im letzten Fall besteht kein berücksichtigenswertes Informationsinteresse der Öffentlichkeit, das eine Bildveröffentlichung entgegen dem Willen des Abgebildeten erlaubte (Senat, Urteil vom 19. Juni 2007 - VI ZR 12/06 - VersR 2007, 1135, 1137; vgl. BVerfGE 7, 198, 212; BVerfGE 101, 361, 391; BVerfG, NJW 2006, 3406, 3407; EGMR, Urteil vom 17. Oktober 2006, Beschwerde Nr. 71678/01, Gourguenidze gegen Georgien, §§ 60 f.).
22
dd) Betrifft die für die Abwägung zu berücksichtigende Wortberichterstattung eine bereits abgeurteilte Straftat des Abgebildeten, kommt es für die Abwägung mit dem beeinträchtigten Persönlichkeitsrecht neben Art und Weise der Darstellung auch auf Natur und Schwere der Tat und die Person des Täters an (vgl. Senat, Urteil vom 15. November 2005 - VI ZR 286/04 - VersR 2006, 274, 275; BVerfGE 35, 202, 232; BVerfG, NVwZ 2008, 306, 307) sowie darauf, wie lange die Tat bereits zurückliegt und ob ein aktueller Anlass für die Berichterstattung besteht (BVerfG, NVwZ 2008, 306, 307). Dies entspricht auch der Rechtsprechung des EGMR (EGMR, Urteil vom 7. Dezember 2006, Beschwer- de Nr. 35841/02, Österreichischer Rundfunk gegen Österreich § 68). Der Einbruch in die persönliche Sphäre darf nicht weiter gehen, als die Befriedigung des Informationsinteresses dies erfordert (BVerfGE 35, 202, 232), er muss in angemessenem Verhältnis zur Schwere des Fehlverhaltens stehen (BVerfG, NVwZ 2008, 306, 307).
23
Mit zeitlicher Distanz zur Straftat und zum Strafverfahren gewinnt das Recht des Täters "allein gelassen zu werden" und vor einer Reaktualisierung seiner Verfehlung verschont zu bleiben, zunehmende Bedeutung (BVerfGE 35, 202, 233; BVerfG, NJW 2006, 2835; NVwZ 2008, 306, 307). Für die tagesaktuelle Berichterstattung über Straftaten verdient jedoch das Informationsinteresse im Allgemeinen den Vorrang (BVerfGE 35, 202, 231 f.; BVerfG, NVwZ 2008, 306, 307). Dabei reicht aber nicht jeder aus publizistischer Sicht nachvollziehbare Anlass für eine Berichterstattung über den Betroffenen als Rechtfertigung für die Offenlegung einer Vorstrafe aus. Je schwerwiegender das Persönlichkeitsrecht des Betroffenen beeinträchtigt wird, umso dringlicher muss das Informationsinteresse sein, dessen Befriedigung die Berichterstattung dient (BVerfG, NJW-RR 2007, 1191, 1193; BVerfG, NVwZ 2008, 306, 307 m.w.N.). Entscheidend ist, ob die betreffende Berichterstattung eine erhebliche neue oder zusätzliche Beeinträchtigung des Täters zu bewirken geeignet ist (BVerfGE 35, 202, 234) und die Wiedereingliederung des Täters in die Gesellschaft dadurch wesentlich erschwert zu werden droht (BVerfGE 35, 202, 236; BVerfG, NJW 2000, 1859, 1860).
24
ee) Für die Gewichtung der Belange des Persönlichkeitsschutzes bei der Bildberichterstattung sind zudem die Umstände der Gewinnung der Abbildung, etwa durch Ausnutzung von Heimlichkeit oder beharrliche Nachstellung, zu bedenken sowie, in welcher Situation der Betroffene erfasst und wie er dargestellt wird. Das Gewicht der mit der Abbildung verbundenen Beeinträchtigungen des Persönlichkeitsrechts ist erhöht, wenn die visuelle Darstellung durch Ausbreitung von üblicherweise der öffentlichen Erörterung entzogenen Einzelheiten thematisch die Privatsphäre berührt. Gleiches gilt, wenn der Betroffene typischerweise die berechtigte Erwartung haben durfte, nicht in den Medien abgebildet zu werden oder die Medienberichterstattung den Betroffenen in Momenten der Entspannung oder des Sich-Gehen-Lassens außerhalb der Einbindung in die Pflichten des Berufs und Alltags erfasst (vgl. BVerfG, NJW 2008, 1793, 1797).
25
4. Diese Grundsätze führen im Streitfall zu folgender Abwägung:
26
a) Der Ansicht der Revision, es liege keine Berichterstattung über ein zeitgeschichtliches Ereignis vor, kann nicht beigepflichtet werden.
27
aa) Zwar können die beanstandeten Aufnahmen, die den Kläger mit einer Reisetasche auf offener Strasse gehend und beim Einsteigen in einen Pkw zeigen, für sich keinen besonderen Informationswert beanspruchen. Sie zeigen den Kläger allerdings nicht - wie die Revision meint - lediglich, wie er sich privat in seiner Freizeit bewegt. Ihr Informationsgehalt ist vielmehr nach der ständigen Rechtsprechung des Senats in Zusammenschau mit der sie begleitenden Wortberichterstattung , die der Kläger nicht beanstandet, zu bewerten (vgl. BGHZ 158, 218, 223; Urteile vom 28. September 2004 - VI ZR 305/03 - VersR 2005, 83; vom 6. März 2007 - VI ZR 13/06 - VersR 2007, 697, 699 und - VI ZR 51/06 - VersR 2007, 957, 959; vom 3. Juli 2007 - VI ZR 164/06 - VersR 2007, 1283, 1284; vom 14. Oktober 2008 - VI ZR 271/06 -, - VI ZR 272/06 -, - VI ZR 256/06 - und - VI ZR 269/06 -, sämtlich z.V.b.).
28
bb) Die Wortberichterstattung befasst sich unter knappem Hinweis auf die Verurteilung des Klägers zu einer unbedingten Freiheitsstrafe mit dem Ablauf des Strafvollzugs, insbesondere der Tatsache, dass dem Kläger bereits zwei Wochen nach Haftantritt Freigang gewährt und seine Unterbringung im offenen Vollzug genehmigt worden sei. Dies stellt ein berichtenswertes Ereignis des Zeitgeschehens dar.
29
Der Strafvollzug gehört wie das Strafverfahren zum Zeitgeschehen in dem oben dargelegten Sinn (vgl. BVerfGE 35, 202, 230). Der berichtete Vorgang ist auch kein alltägliches, lediglich unter dem Gesichtspunkt der Person des Klägers berichtenswertes Ereignis (vgl. BVerfG, NJW 2006, 2835; OLG Hamburg, AfP 2006, 257 f.). Selbst wenn die Unterbringung im offenen Vollzug nach der gesetzlichen Regelung des § 10 StVollzG im Strafvollzug der Regelfall sein soll, bildet er nicht nur in der Wahrnehmung der Öffentlichkeit, sondern auch in der Praxis tatsächlich die Ausnahme (Calliess/Müller-Dietz, Strafvollzugsgesetz , 11. Aufl., § 10 Rn. 1a; Feest/Lesting, StVollzG, 5. Aufl., § 10 Rn. 6). Schon deshalb besteht in Zusammenschau mit der Prominenz der Person , die von dieser Ausnahme betroffen ist, ein Informationsinteresse der Öffentlichkeit.
30
Die Abläufe im Strafvollzug sind zudem der öffentlichen Verwaltung zugeordnet , also einem Bereich, in dem die Presse ihre wichtige Funktion als "öffentlicher Wachhund" wahrnimmt (vgl. EGMR Große Kammer, NJW 2004, 1645, 1648 Pedersen u. Baadsgaard/Dänemark § 71 und Urteil vom 24. November 2005, Beschwerde Nr. 53886/00, Tourancheau und July gegen Frankreich § 66). Wird einem Prominenten, der zu einer erheblichen Freiheitsstrafe verurteilt ist, schon alsbald nach Haftantritt die Unterbringung im offenen Vollzug genehmigt und Ausgang gewährt, ist dieser Vorgang wegen des faktischen Ausnahmecharakters des offenen Vollzugs geeignet, ein besonderes Interesse und womöglich sogar Misstrauen zu erwecken. Im Hinblick auf eine etwaige Sonderbehandlung Prominenter im Strafvollzug stellt sich der Vorgang deshalb auch unter dem Aspekt der "Wachhundfunktion" der Presse als berichtenswer- tes Ereignis dar. An dieser Beurteilung ändert nichts, dass die Abläufe gesetzmäßig waren und in der Presse auch so dargestellt wurden. Auf den vom Berufungsgericht in seiner Beurteilung unzutreffend herangezogenen Aspekt des späten Haftantritts, der - wie die Revision zu Recht einwendet - nicht Gegenstand der Berichterstattung ist, kommt es insoweit nicht an.
31
An der bildlichen Darstellung gerade des Klägers bestand ein durch ein echtes Informationsbedürfnis hervorgerufenes Interesse der Allgemeinheit. Die Bildberichterstattung ist auch nicht deshalb unzulässig (vgl. OLG Frankfurt, GRUR 1991, 49 f.), weil mit der Person des Klägers etwa beispielhaft ein Beitrag über die Strafvollzugspraxis illustriert wurde. Die Berichterstattung befasst sich vielmehr konkret mit der Person des Klägers im Strafvollzug und mit der Frage, ob er als Prominenter eine Sonderbehandlung erfahre.
32
b) Die Abwägung der widerstreitenden Rechtspositionen lässt kein Überwiegen des Persönllichkeitsrechts des Klägers erkennen.
33
aa) Zwar stellt die identifizierende Bildberichterstattung über eine Verurteilung und den Strafvollzug ebenso wie über eine Straftat oder ein Strafverfahren einen erheblichen Eingriff in die Persönlichkeitssphäre des Betroffenen dar, da auch hierdurch sein Fehlverhalten öffentlich bekannt gemacht und seine Person in den Augen des Publikums negativ qualifiziert wird (vgl. BVerfGE 35, 202, 226; BVerfG, NJW 1993, 1463, 1464; NJW 2006, 2835). Der Kläger hat jedoch keinen Anspruch darauf, dass nach rechtskräftigem Urteil über Verurteilung und Strafverbüßung geschwiegen wird. Wer den Rechtsfrieden bricht, durch diese Tat und ihre Folgen Mitmenschen oder Rechtsgüter der Gemeinschaft angreift oder verletzt, muss grundsätzlich dulden, dass das von ihm selbst durch seine Tat hervorgerufene Interesse der Öffentlichkeit an Information auf den dafür üblichen Wegen befriedigt wird (BVerfGE 35, 202, 231 f.). Der Kläger hat durch die Begehung der gravierenden Straftat den Bereich privater Betätigung verlassen und sich selbst zum Gegenstand des Informationsbedürfnisses der Öffentlichkeit gemacht (vgl. Senat, Urteil vom 15. November 2005 - VI ZR 286/04 - VersR 2006, 274, 276).
34
bb) Die Wortberichterstattung enthält einen gewichtigen Informationswert. Der Schwerpunkt der in der Sache zutreffenden Wortberichterstattung liegt in der Diskussion der Frage, weshalb der Kläger die Justizvollzugsanstalt bereits zwei Wochen nach Inhaftierung verlassen konnte. Daran besteht nicht nur wegen der Schwere der Tat und der Person des Klägers, sondern insbesondere wegen des legitimen demokratischen Bedürfnisses nach Kontrolle der Strafvollstreckungsbehörden ein erhebliches Informationsinteresse der Allgemeinheit. Hinzu kommt, dass nach der zutreffenden Berichterstattung der Kläger seine Karriere als Schauspieler auch während der Haftverbüßung weiter verfolgen wollte und ein Informationsinteresse der Leser nicht nur hieran, sondern auch an der Frage, wie dies trotz Inhaftierung möglich sei, gegeben ist.
35
cc) Die Bildberichterstattung ist auch kein unverhältnismäßiger Eingriff.
36
Die mit den Aufnahmen visualisierte Wortberichterstattung setzt sich sachlich mit der Gesetzmäßigkeit der Genehmigung von Ausgang und offenem Vollzug auseinander und enthält weder Informationen über die bereits abgeurteilte Straftat noch gewährt sie Einblicke in Einzelheiten des Privatlebens des Klägers. Sie ist keine bloße Unterhaltung der Leserschaft zur Befriedigung von Neugier, sondern kann zur öffentlichen Diskussion über den offenen Strafvollzug beitragen.
37
Angesichts der Schwere der Tat und der Person des Betroffenen war die Genehmigung des offenen Vollzugs ausreichender Anlass für eine Berichterstattung über Verurteilung und Haftantritt. Die Presse durfte hier ihre Funktion als "Wachhund" wahrnehmen und die Öffentlichkeit über das Geschehen und dessen Vorgeschichte angemessen informieren. Dieses tagesaktuelle Informationsinteresse ging über den von der abgeurteilten Straftat vormals geschaffenen Berichterstattungsanlass hinaus (vgl. BVerfG, NVwZ 2008, 306, 307; OLG Köln, NJW 1987, 1418) und stand in engem Zusammenhang mit der Tat, an die sie erinnern durfte (vgl. OLG Frankfurt, OLGR Frankfurt 2001, 309 juris Rn. 13; OLG Hamburg, NJW-RR 1994, 1439, 1441).
38
Die Berichterstattung unter namentlicher Nennung des Klägers war durch den Zweck der Berichterstattung unabweisbar geboten und überschreitet die Grenze der Verhältnismäßigkeit nicht. Durch eine anonymisierte Berichterstattung hätte die Presse das konkrete Informationsinteresse an der Frage, ob der Kläger als Prominenter im Strafvollzug bevorzugt werde, nicht befriedigen und insoweit ihre meinungsbildenden Aufgaben nicht erfüllen können (vgl. Senat, Urteil vom 21. November 2006 - VI ZR 259/05 - NJW-RR 2007, 619, 620).
39
Die Veröffentlichung der Fotos bewirkte keinen weiter gehenden Eingriff in das Persönlichkeitsrecht des Klägers als die - nicht beanstandete - Wortberichterstattung. Der Kläger ist als Prominenter - anders als Strafgefangene sonst - weithin im Bild bekannt (vgl. EGMR, Urteil vom 11. Januar 2005, Beschwerde Nr. 50774/99, Sciacca gegen Italien § 29). Die Bilder sind - wovon auch die Revision ausgeht - bei dem berichteten Ereignis entstanden. Die Veröffentlichung kontextbezogener Fotos ist als Visualisierung des berichteten Ereignisses nach der Rechtsprechung des BVerfG regelmäßig zulässig (BVerfG, NJW 2001, 1921, 1925). Die verwendeten Aufnahmen beeinträchtigen den Kläger nicht stärker als kontextneutrale Portraitaufnahmen. Zwar zeigen sie den Kläger in Alltagskleidung beim Gang auf der Straße und beim Einsteigen in ein Auto. Sie haben jedoch keinen eigenständigen Verletzungseffekt, stellen den Kläger nicht ungünstig dar und stammen nicht aus seiner Intimsphäre. Überdies geben sie über die Wortberichterstattung hinaus keine Einzelheiten aus dem Leben des Klägers preis und berühren nicht den Kernbereich seines Privatlebens. Als kontextbezogene Aufnahmen wecken sie ganz besonders das Interesse der Leser an der im Bericht enthaltenen Information und unterstreichen mehr als ein kontextneutrales Bild die Authentizität des Berichts (vgl. BVerfG, NJW 2008, 1793, 1797).
40
dd) Das Berufungsgericht hat bei seiner Abwägung auch nicht Resozialisierungsgesichtspunkte zu gering gewichtet. Die Bildveröffentlichung mag für den Kläger lästig und peinlich gewesen sein. Das Berufungsgericht hat jedoch ohne Rechtsfehler eine erhebliche Belastung, Stigmatisierung, Ausgrenzung oder gar Prangerwirkung verneint (vgl. BVerfGE 35, 202, 237; BVerfG, NJW 2000, 1859, 1860; vgl. auch Senat, Urteil vom 15. November 2005 - VI ZR 286/04 - VersR 2006, 274, 275). Die Bildberichterstattung ist nicht geeignet, eine erhebliche neue oder zusätzliche Beeinträchtigung des Täters zu bewirken (BVerfGE 35, 202, 234). Über das erst ein Jahr zurückliegende Strafverfahren war umfangreich in der Presse berichtet worden, wobei auch der Kläger sich mehrfach selbst zu Wort gemeldet hat. Diese Berichterstattung war der Öffentlichkeit noch gegenwärtig (vgl. BVerfG, NVwZ 2008, 306, 307). Die Resozialisierung des Klägers ist durch die Abbildungen nicht gefährdet. Zwar können die möglichen Folgen eines Berichts für die freie Entfaltung der Persönlichkeit gravierend sein (BVerfG, NJW 2000, 1859, 1860). Vortrag dazu, dass die Berichterstattung über den Ablauf des Strafvollzugs eine bisher nicht vorhandene Ablehnung gegenüber dem Kläger hervorrufen, eine vorhandene Abwehrhaltung oder Missachtung verstärken, eine erreichte innere Stabilisierung des Klägers durch die erneute Konfrontation mit der Tat zerstören oder die Chance des Klägers , sich wieder in die freie Gesellschaft einzugliedern, beeinträchtigen könnte (vgl. BVerfGE 35, 202, 236 f.; BVerfG, NJW 2000, 1859, 1860), legt die Revision nicht dar.
41
ee) Die Abwägung führt schließlich nicht deshalb zu einem anderen Ergebnis , weil das Vorgehen der Reporter seit dem Haftantritt eine erhebliche Belästigung dargestellt haben mag. Zwar können für die Gewichtung der Belange des Persönlichkeitsschutzes auch die Umstände der Gewinnung der Abbildung, etwa durch beharrliche Nachstellung, bedeutsam sein (vgl. BVerfG, NJW 2008, 1793, 1797; EGMR, NJW 2004, 2647, 2650 von Hannover gegen Deutschland), doch ist es aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden, wenn das Berufungsgericht keine Auswirkungen der Belästigungen auf die Fertigung der hier streitgegenständlichen Fotos feststellt und meint, dass der Kläger angesichts des erheblichen Informationsinteresses der Öffentlichkeit die Anwesenheit von Fotografen vor der JVA bei Antritt des ersten Ausgangs hinnehmen musste.

III.

42
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Müller Greiner Wellner Stöhr Zoll
Vorinstanzen:
LG Berlin, Entscheidung vom 23.01.2007 - 27 O 1035/06 -
KG Berlin, Entscheidung vom 04.12.2007 - 9 U 21/07 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR 272/06 Verkündet am:
14. Oktober 2008
Böhringer-Mangold,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
GG Art. 5 Abs. 1, 2 Abs. 1; EMRK Art. 8, 10; KUG §§ 22, 23 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2
Zur Privatsphäre auch einer Person des öffentlichen Interesses gehört grundsätzlich
die eigene Erkrankung; Ausnahmen können bei einem besonderen Personenkreis
wie beispielsweise wichtigen Politikern, Wirtschaftsführern oder Staatsoberhäuptern
bestehen.
BGH, Urteil vom 14. Oktober 2008 - VI ZR 272/06 - Hanseatisches OLG Hamburg
LG Hamburg
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 14. Oktober 2008 durch die Vizepräsidentin Dr. Müller, den Richter
Dr. Greiner, die Richterin Diederichsen und die Richter Pauge und Zoll

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 7. Zivilsenats des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg vom 21. November 2006 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Kläger begehrt mit seiner Klage Unterlassung der erneuten Veröffentlichung eines Fotos, welches im Rahmen eines Beitrags mit der Überschrift "Caroline - was wird jetzt aus ihr? Sie weinte am Grab ihres Vaters. Sie weint am Bett ihres Mannes. Und Monaco macht sich Sorgen um sie" in der von der Beklagten verlegten Zeitschrift NEUE REVUE Nr. 17/05 vom 20. April 2005 erschienen ist. Auf dem Bild sitzen der Kläger und seine Ehefrau auf der Terrasse eines Hotels vor mehreren leeren Gläsern am Tisch. Sie hebt eine Flasche an. Die Bildnebenschrift lautet: "2003, Zürs am Arlberg, Sonnenterrasse, ca. 13 Uhr. Die Gläser sind leer. Caroline prüft, ob in der Flasche noch Wein ist." Der mit der Aufnahme eingeleitete Bericht befasst sich damit, dass der Kläger "wie im Rausch" lebe. Eine Überschrift in Fettdruck lautet: "Weißwein in der Strandbar. Rotwein im Sporthotel. Und zur Entgiftung nach Meran". Der Kläger sei mit seiner Frau vor fünf Jahren in einer Entgiftungsklinik P. an der Mosel gewesen. Seine lebensgefährliche Bauchspeicheldrüsenentzündung habe zur Krankenhauseinweisung geführt und zur Folge, dass er nie wieder trinken dürfe. Hervorgehoben ist: "Ärzte warnen: Kein Tropfen Alkohol mehr für Prinz Ernst August, sonst ..."
2
Die Klage hatte in beiden Tatsacheninstanzen Erfolg. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihr Ziel einer Klageabweisung weiter.

Entscheidungsgründe:

I.

3
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seines Urteils im Wesentlichen ausgeführt, dem Kläger stehe ein Anspruch aus §§ 823 Abs. 2, 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB in Verbindung mit §§ 22, 23 KUG zu. Es könne unterstellt werden, dass der Kläger die Veröffentlichung eines neutralen oder kontextkonformen Bildes auch ohne Einwilligung hinnehmen müsse, weil seine schwere Erkrankung, die Anlass für die Veröffentlichung gewesen sei, als zeitgeschichtliches Ereignis anzusehen sei. Auch sei er Begleiter seiner Ehefrau, einer so genannten absoluten Person der Zeitgeschichte gewesen. Die Veröffentlichung verletze jedoch die schutzwürdige Privatsphäre des Klägers (§ 23 Abs. 2 KUG).
4
Bei der Frage, in welchem Umfang einer in der Öffentlichkeit stehenden Person Schutz vor der Veröffentlichung von Bildnissen zuzubilligen sei, sei abzuwägen zwischen dem Persönlichkeitsrecht des Betroffenen einerseits und dem Informationsinteresse der Allgemeinheit sowie der Pressefreiheit auf der anderen Seite. Dabei sei insbesondere der Schutzumfang von Art. 8 EMRK in der Bestimmung durch die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (künftig: EGMR) vom 24. Juni 2004 zu beachten. Vorliegend sei davon auszugehen, dass sich der Kläger nicht an einem belebten Ort unter vielen Menschen aufgehalten habe, als das beanstandete Bild aufgenommen worden sei. Auf dem Foto seien außer dem Kläger und seiner Ehefrau keine weiteren Personen zu sehen. Ob auf der Aufnahme, aus der das veröffentlichte Bild ausgeschnitten worden sei, eine weitere Person abgebildet sei, sei nicht sicher zu erkennen; sie lasse jedenfalls nicht den Schluss zu, der Kläger habe sich an einem belebten Ort unter vielen Personen befunden. Dass der Tisch des Ehepaars von der öffentlichen Straße aus einsehbar sei, sei nicht substantiiert vorgetragen und auch nur von Bedeutung, wenn sich auf dieser Straße viele Menschen aufhielten. Die Beklagte habe im Einzelnen vortragen müssen, wie die Sichtverhältnisse bei Entstehung der Aufnahme gewesen seien.
5
Bei Beachtung der vom EGMR in der genannten Entscheidung aufgestellten Grundsätze für die Abwägung der gegensätzlichen Interessen greife die Veröffentlichung der Aufnahme rechtswidrig in das Recht des Klägers am eigenen Bild ein. Ein Unterhaltungsinteresse der Leser der Zeitschrift NEUE REVUE an Leben, Feriengestaltung und Konsumverhalten des Klägers und seiner Ehefrau rechtfertige nicht die erhebliche Einschränkung des Klägers, wenn er in offensichtlich privaten Lebensbereichen abseits der breiten Öffentlichkeit die Erstellung und Veröffentlichung von Fotos ohne seine Einwilligung hinnehmen müsste. Anderes ergebe sich nicht daraus, dass sich der bebilderte Bericht mit der lebensgefährlichen Erkrankung des Klägers befasse.
6
Die Wortberichterstattung sei möglicherweise mit Rücksicht auf das nach der Veröffentlichung der beanstandeten Aufnahme vom Kläger der in Österreich erscheinenden "Kleine Zeitung" zu seiner Erkrankung und zu seinem Alkohol- konsum gegebene Interview gerechtfertigt. Das schließe jedoch nicht die beanstandete Aufnahme ein, die unter Eingriff in die Privatsphäre entstanden sei. Die Abwägung der widerstreitenden Interessen führe zu einem Vorrang des Privatsphärenschutzes. Das Interview führe auch nicht dazu, dass der Kläger den Schutz seiner Privatsphäre in Bezug auf eine Berichterstattung über in der Vergangenheit liegende private Treffen verloren oder in entsprechende Bildveröffentlichungen eingewilligt habe.

II.

7
Diese Beurteilung des Berufungsgerichts hält revisionsrechtlicher Nachprüfung im Ergebnis stand.
8
1. Der erkennende Senat hat nach Erlass des Berufungsurteils in mehreren Entscheidungen zum abgestuften Schutzkonzept der §§ 22, 23 KUG bei Bildveröffentlichungen von "Prominenten" unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des EGMR und des Bundesverfassungsgerichts Stellung genommen (vgl. Senat, BGHZ 174, 262 ff.; Urteile vom 19. Oktober 2004 - VI ZR 292/03 - VersR 2005, 84 ff.; vom 15. November 2005 - VI ZR 286/04 - VersR 2006, 274 ff.; vom 6. März 2007 - VI ZR 13/06 - VersR 2007, 697, 698 f. und - VI ZR 51/06 - NJW 2007, 1977 ff.; vom 19. Juni 2007 - VI ZR 12/06 - VersR 2007, 1135 ff.; vom 3. Juli 2007 - VI ZR 164/06 - VersR 2007, 1283 ff.; vom 13. November 2007 - VI ZR 269/06 - NJW 2008, 1593 ff.; vom 24. Juni 2008 - VI ZR 156/06 - VersR 2008, 1268 ff.; vom 1. Juli 2008 - VI ZR 67/08 - WRP 2008, 1367 ff. und - VI ZR 243/06 - WRP 2008, 1363 ff.). Verfassungsrechtliche Beanstandungen haben sich insoweit nicht ergeben (vgl. BVerfG, Beschluss vom 26. Februar 2008 - 1 BvR 1602/07 u.a. - NJW 2008, 1793 ff.).
9
Nach diesem abgestuften Schutzkonzept dürfen Bildnisse einer Person grundsätzlich nur mit Einwilligung des Abgebildeten verbreitet werden (§ 22 KUG); hiervon macht § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG eine Ausnahme, wenn es sich um Bildnisse aus dem Bereich der Zeitgeschichte handelt. Auch bei Personen, die unter dem Blickwinkel des zeitgeschichtlichen Ereignisses im Sinn des § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG an sich ohne ihre Einwilligung die Verbreitung ihres Bildnisses dulden müssten, ist die Verbreitung einer Abbildung aber dann nicht zulässig , wenn hierdurch berechtigte Interessen des Abgebildeten verletzt werden (§ 23 Abs. 2 KUG).
10
Maßgebend für die Frage, ob es sich um ein Bildnis aus dem Bereich der Zeitgeschichte handelt, ist der Begriff des Zeitgeschehens. Dieser Begriff darf nicht zu eng verstanden werden. Im Hinblick auf den Informationsbedarf der Öffentlichkeit umfasst er nicht nur Vorgänge von historisch-politischer Bedeutung , sondern ganz allgemein das Zeitgeschehen, also alle Fragen von allgemeinem gesellschaftlichem Interesse. Er wird mithin vom Interesse der Öffentlichkeit bestimmt. Das Informationsinteresse besteht indes nicht schrankenlos. Vielmehr wird der Einbruch in die persönliche Sphäre des Abgebildeten durch den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit begrenzt, so dass eine Berichterstattung keineswegs immer zulässig ist. Wo konkret die Grenze für das berechtigte Informationsinteresse der Öffentlichkeit an der aktuellen Berichterstattung zu ziehen ist, lässt sich nur unter Berücksichtigung der jeweiligen Umstände des Einzelfalls entscheiden.
11
Zum Kern der Presse- und der Meinungsbildungsfreiheit gehört, dass die Presse in den gesetzlichen Grenzen einen ausreichenden Spielraum besitzt, innerhalb dessen sie nach ihren publizistischen Kriterien entscheiden kann, was sie des öffentlichen Interesses für wert hält, und dass sich im Meinungsbildungsprozess herausstellt, was eine Angelegenheit von öffentlichem Interesse ist (vgl. Senat, Urteile vom 15. November 2005 - VI ZR 286/04 - aaO, 275; vom 6. März 2007 - VI ZR 51/06 - aaO, 1979 f.; BVerfG, BVerfGE 101, 361, 392). Auch der EGMR hat in seinem Urteil vom 24. Juni 2004 (NJW 2004, 2647, 2649 f., §§ 58, 60, 63) die Bedeutung der Pressefreiheit unter Hinweis auf Art. 10 EMRK hervorgehoben und ausgeführt, dass die Presse in einer demokratischen Gesellschaft eine wesentliche Rolle spiele und es ihre Aufgabe sei, Informationen und Ideen zu allen Fragen von Allgemeininteresse weiterzugeben. Das steht mit dem oben dargelegten Begriff der Zeitgeschichte in Einklang.
12
a) Die Anwendung des § 23 Abs. 1 KUG erfordert hiernach eine Abwägung zwischen den Rechten der Abgebildeten nach Art. 8 Abs. 1 EMRK, Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG einerseits und den Rechten der Presse aus Art. 10 Abs. 1 EMRK, Art. 5 Abs. 1 GG andererseits. Die Grundrechte der Pressefreiheit (Art. 5 Abs. 1 GG) und des Schutzes der Persönlichkeit (Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG) sind ihrerseits nicht vorbehaltlos gewährleistet und werden von §§ 22 f. KUG sowie Art. 8 und 10 EMRK beeinflusst, wie der Senat schon mehrfach näher ausgeführt hat (vgl. Urteile vom 1. Juli 2008 - VI ZR 67/08 - aaO und - VI ZR 243/06 - aaO).
13
b) Die Reichweite des Schutzes des Rechts am eigenen Bild wird davon beeinflusst, ob eine Information in die breite Öffentlichkeit der Massenmedien überführt wird und damit nicht auf einen engen Personenkreis begrenzt bleibt. Andererseits wird das Gewicht der das Persönlichkeitsrecht gegebenenfalls beschränkenden Pressefreiheit davon beeinflusst, ob die Berichterstattung eine Angelegenheit betrifft, welche die Öffentlichkeit wesentlich berührt (vgl. BVerfG, BVerfGE 7, 198, 212; NJW 2006, 1865; EGMR, Urteil vom 17. Oktober 2006, Beschwerde-Nr. 71678/01, Gourguenidze gegen Georgien, § 55). Mit der Entscheidung , ein Bild einer Person abzudrucken und in den Kontext eines be- stimmten Berichts zu rücken, nutzen die Medien ihre grundrechtlich geschützte Befugnis, selbst zu entscheiden, was sie für berichtenswert halten. Dabei haben sie jedoch den Persönlichkeitsschutz Betroffener zu berücksichtigen.
14
Wie das Bundesverfassungsgericht in seinem Beschluss vom 26. Februar 2008 (- 1 BvR 1602/07 u.a. - aaO, 1796) dargelegt hat, können prominente Personen der Allgemeinheit Möglichkeiten der Orientierung bei eigenen Lebensentwürfen bieten sowie Leitbild- oder Kontrastfunktionen erfüllen. Auch die Normalität ihres Alltagslebens kann der Meinungsbildung zu Fragen von allgemeinem Interesse dienen (so bereits BVerfG, BVerfGE 101, 361, 390 f.). Das gilt auch für die Bebilderung unterhaltender Beiträge als einen wesentlichen Bestandteil der Medienbetätigung, der durch die Pressefreiheit geschützt wird, zumal der publizistische und wirtschaftliche Erfolg der Presse auf unterhaltende Inhalte und entsprechende Abbildungen angewiesen sein kann und die Bedeutung visueller Darstellungen beträchtlich zugenommen hat. Hiernach gilt die Pressefreiheit auch für unterhaltende Beiträge über das Privatoder Alltagsleben von Prominenten und ihres sozialen Umfelds einschließlich ihnen nahestehender Personen. Allerdings bedarf es gerade bei unterhaltenden Inhalten der begleitenden Texte in besonderem Maß einer abwägenden Berücksichtigung der kollidierenden Rechtspositionen der Betroffenen.
15
Für die Abwägung zwischen der Pressefreiheit und dem Persönlichkeitsrecht des Betroffenen ist von maßgeblicher Bedeutung, ob die Presse im konkreten Fall eine Angelegenheit von öffentlichem Interesse ernsthaft und sachbezogen erörtert, damit den Informationsanspruch des Publikums erfüllt und zur Bildung der öffentlichen Meinung beiträgt oder ob sie lediglich die Neugier der Leser nach privaten Angelegenheiten prominenter Personen befriedigt (vgl. BVerfG, BVerfGE 34, 269, 283; 101, 361, 391). Insoweit hat das Bundesverfassungsgericht im Beschluss vom 26. Februar 2008 aaO hervorgehoben, dass das Selbstbestimmungsrecht der Presse nicht auch die Entscheidung umfasst, wie das Informationsinteresse zu gewichten ist, sondern diese Gewichtung zum Zweck der Abwägung mit gegenläufigen Interessen der Betroffenen vielmehr im Fall eines Rechtsstreits den Gerichten obliegt. Diese haben allerdings im Hinblick auf das Zensurverbot des Art. 5 Abs. 1 Satz 3 GG von einer inhaltlichen Bewertung - etwa als wertvoll oder wertlos, seriös oder unseriös o.ä. - abzusehen und sind auf die Prüfung beschränkt, in welchem Ausmaß der Bericht einen Beitrag für die öffentliche Meinungsbildung erbringen kann.
16
c) Der Informationswert einer Bildberichterstattung ist, soweit das Bild nicht schon als solches eine für die öffentliche Meinungsbildung bedeutsame Aussage enthält, im Kontext der dazugehörenden Wortberichterstattung zu ermitteln (vgl. Senat, BGHZ 158, 218, 223; Urteil vom 19. Oktober 2004 - VI ZR 292/03 - VersR 2005, 84, 85 f.). Beschränkt sich der begleitende Bericht allerdings darauf, lediglich einen Anlass für die Abbildung prominenter Personen zu schaffen, ohne dass die Berichterstattung einen Beitrag zur öffentlichen Meinungsbildung erkennen lässt (vgl. hierzu das Urteil des erkennenden Senats vom 1. Juli 2008 - VI ZR 243/06 - aaO, 1366), ist es nicht angezeigt, dem Veröffentlichungsinteresse den Vorrang vor dem Persönlichkeitsschutz einzuräumen.
17
d) Daneben sind bei einer Bildberichterstattung für die Gewichtung der Belange des Persönlichkeitsschutzes auch der Anlass und die zur Darlegungslast der Presse stehenden Umstände (vgl. BVerfG, Beschluss vom 26. Februar 2008 - 1 BvR 1602/07 u.a. - aaO) zu berücksichtigen, unter denen die Aufnahme entstanden ist, etwa unter Ausnutzung von Heimlichkeit oder beharrlicher Nachstellung. Auch ist bedeutsam, in welcher Situation der Betroffene erfasst und wie er dargestellt wird. Die Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts wiegt schwerer, wenn die visuelle Darstellung durch Ausbreitung von üblicherweise öffentlicher Erörterung entzogenen Einzelheiten des privaten Lebens thematisch die Privatsphäre berührt oder wenn der Betroffene nach den Umständen typischer Weise die berechtigte Erwartung haben durfte, nicht in den Medien abgebildet zu werden. Das kann nicht nur bei einer durch räumliche Privatheit geprägten Situation, sondern außerhalb örtlicher Abgeschiedenheit auch in Momenten der Entspannung oder des Sich-Gehen-Lassens außerhalb der Einbindung in die Pflichten des Berufs und des Alltags der Fall sein.
18
2. a) Diese Grundsätze sind auf Abbildungen des Klägers anzuwenden, da er als Person des öffentlichen Interesses anzusehen ist ("personnage public / public figure" in Abgrenzung zur "personnalité politique / politician" einerseits und "personne ordinaire / ordinary person" andererseits, vgl. EGMR, Urteile vom 11. Januar 2005, Beschwerde-Nr. 50774/99, Sciacca gegen Italien, §§ 27 ff. und vom 17. Oktober 2006 - Beschwerde-Nr. 71678/01, Gourguenidze gegen Georgien, § 57). Diese Einstufung hat nach den Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts zur Folge, dass über eine solche Person in größerem Umfang berichtet werden darf als über andere Personen, wenn die Information einen hinreichenden Nachrichtenwert mit Orientierungsfunktion im Hinblick auf eine die Allgemeinheit interessierende Sachdebatte hat und in die Abwägung keine schwerwiegenden Interessen des Betroffenen einzustellen sind, die einer Veröffentlichung entgegenstehen.
19
b) Für den Streitfall führt das zu folgender Abwägung:
20
aa) Das von der Beklagten veröffentlichte Foto zeigt den Kläger mit seiner Ehefrau laut Bildnebenschrift im Jahre 2003 auf einer Sonnenterrasse in Zürs am Arlberg. Das Bild ist unstreitig während des Erholungsaufenthalts der Eheleute entstanden, der auch bei "Prominenten" zum grundsätzlich geschützten Kernbereich der Privatsphäre gehört. Die begleitende Wortberichterstattung betrifft darüber hinaus die schwere Erkrankung des Klägers an einer Entzün- dung der Bauchspeicheldrüse und lässt anklingen, dass diese durch übermäßigen Alkoholgenuss verursacht sein kann. Sie hat damit jedoch auch bei großzügigem Verständnis keinen Bezug zu einem zeitgeschichtlichen Ereignis, sondern befasst sich ausschließlich mit der Privatsphäre des Klägers. Zu dieser gehört - was allerdings bei einem besonderen Personenkreis wie beispielsweise wichtigen Politikern, Wirtschaftsführern oder Staatsoberhäuptern anders sein kann (vgl. Senat, Urteil vom 6. März 2007 - VI ZR 51/06 - aaO, 1980) - die eigene Erkrankung (vgl. Senat, Urteil vom 5. Dezember 1995 - VI ZR 332/94 - VersR 1996, 339, 340; BVerfGE 32, 373, 379 f.; 101, 361, 382). Selbst wenn unter dem Blickpunkt gesundheitlicher Schäden durch Alkoholmissbrauch ein Informationsinteresse der Öffentlichkeit am Zusammenhang zwischen diesem und Erkrankungen der Bauchspeicheldrüse bejaht werden könnte, steht hier der beanstandeten Veröffentlichung das Interesse des Klägers am Schutz der eigenen Privatsphäre entgegen, zu der auch - mit den oben erwähnten Ausnahmen - der Gesundheitszustand gehört, also sein Interesse am Schutz privater Vorgänge, die einfach - wie das Bundesverfassungsgericht formuliert hat (NJW 2008, 39, 44) - nichts in der Öffentlichkeit zu suchen haben. Daran vermag nach Auffassung des erkennenden Senats auch der Bekanntheitsgrad des Klägers nichts zu ändern, weil es bei seinem Gesundheitszustand um eine höchstpersönliche Angelegenheit geht und nicht ersichtlich ist, weshalb dieser im konkreten Fall von Interesse für die Öffentlichkeit sein könnte (zu möglichen Ausnahmen vgl. Senat, BGHZ 171, 275, 286 f.). Auch der gleichzeitige Tod des Schwiegervaters des Klägers ändert hieran nichts.
21
Bei dieser Sachlage haben die Rechte der Presse aus Art. 10 EMRK, Art. 5 Abs. 1 GG im Streitfall hinter den Schutz des Persönlichkeitsrechts des Klägers (Art. 8 EMRK, Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG) zurückzutreten.
22
bb) Entgegen der Ansicht der Revision ändert sich an diesem Ergebnis nichts dadurch, dass der Kläger sich nach seiner lebensgefährlichen Erkrankung im April 2005, also geraume Zeit nach Entstehen der beanstandeten Aufnahme und zwei Tage nach Erscheinen des mit dieser bebilderten Artikels in Interviews zu seiner Erkrankung geäußert hat.
23
Zwar kann man sich im Allgemeinen nicht auf ein Recht zur Privatheit hinsichtlich solcher Tatsachen berufen, die man selbst der Öffentlichkeit preisgegeben hat (BVerfG, BVerfGE 101, 361, 385; Senat, Urteile vom 9. Dezember 2003 - VI ZR 373/02 - VersR 2004, 522, 524 und - VI ZR 404/02 - VersR 2004, 525, 526). Der Schutz der Privatsphäre vor öffentlicher Kenntnisnahme entfällt nämlich, soweit sich jemand selbst damit einverstanden zeigt, dass bestimmte, gewöhnlich als privat geltende Angelegenheiten öffentlich gemacht werden; die Erwartung, dass die Öffentlichkeit die Angelegenheiten oder Verhaltensweisen in einem Bereich mit Rückzugsfunktion nur begrenzt oder nicht zur Kenntnis nimmt, muss situationsübergreifend und konsistent zum Ausdruck gebracht werden (BVerfG, BVerfGE 101, 361, 385; Senat, Urteil vom 19. Oktober 2004 - VI ZR 292/03 - VersR 2005, 84, 85 f.). Dies gilt insbesondere für den Bildnisschutz bei Anwendung der §§ 22, 23 KUG.
24
Das beanstandete Foto stammt indes aus einer Zeit, zu der der Kläger seine Privatsphäre noch nicht preisgegeben hatte und in der seine Veröffentlichung mangels eines berechtigten Informationsinteresses als rechtswidrig anzusehen war. Wer - möglicherweise unter dem tatsächlichen Druck einer bereits erfolgten Berichterstattung - an die Öffentlichkeit tritt, muss nicht hinnehmen, dass eine weitere Berichterstattung über ihn mit Fotos bebildert wird, die der Öffentlichkeit zunächst nur unter Verletzung des Persönlichkeitsrechts zugänglich gemacht werden konnten. Insoweit kann ein überwiegendes Informationsinteresse der Öffentlichkeit nicht bejaht werden. Diesem Interesse kann ausrei- chend dadurch Rechnung getragen werden, dass zulässig zu veröffentlichendes Bildmaterial verwendet wird (vgl. Senat, Urteil vom 19. Oktober 2004 - VI ZR 292/03 - VersR 2005, 84, 86).
25
3. Nach allem ist die Revision der Beklagten mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen. Müller Greiner Diederichsen Pauge Zoll
Vorinstanzen:
LG Hamburg, Entscheidung vom 31.03.2006 - 324 O 463/05 -
OLG Hamburg, Entscheidung vom 21.11.2006 - 7 U 58/06 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR 67/08 Verkündet am:
1. Juli 2008
Holmes
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Abs. 2
Kann ein Bericht über die Vermietung der Ferienvilla einer Person des öffentlichen
Interesses Anlass für sozialkritische Überlegungen der Leser geben,
kann die Bebilderung dieses Berichts mit einem Foto des Eigentümers und seiner
Ehefrau auch ohne deren Einwilligung zulässig sein.
BGH, Urteil vom 1. Juli 2008 - VI ZR 67/08 - Hanseatisches OLG Hamburg
LG Hamburg
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 1. Juli 2008 durch die Vizepräsidentin Dr. Müller und die Richter
Dr. Greiner, Wellner, Pauge und Stöhr

für Recht erkannt:
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des 7. Zivilsenats des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg vom 31. Januar 2006 wird zurückgewiesen. Die Klägerin hat die Kosten der Revisionsverfahren zu tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Klägerin ist eine Schwester des regierenden Fürsten von Monaco. Die Beklagte verlegt die Zeitschrift "7 Tage". In der Ausgabe Nr.13/02 dieser Zeitschrift vom 20. März 2002 wurde berichtet, dass die Klägerin und ihr Ehemann ihre auf der Insel Lamu/Kenia gelegene Villa vermieten. Der Artikel ist unter der farblich hervorgehobenen Doppelzeile "In Prinzessin Carolines Bett schlafen Kein unerfüllbarer Wunsch!" überschrieben mit "Caroline und Ernst August vermieten ihre Traum-Villa".
2
Im Text, der um den als Block hervorgehobenen Satz "Auch die Reichen und Schönen sind sparsam. Viele vermieten ihre Villen an zahlende Gäste" platziert ist, wird u.a. ausgeführt:
3
"Längst haben auch die Reichen einen Hang zu ökonomischem Denken entwickelt. Warum ein Schloss, ein Haus einfach leer stehen lassen, wenn man selbst nicht anwesend ist? Besser, es an zahlende Gäste zu vermieten. Hollywood -Star Robert Redford, Lord Mountbatten, Cousin von Prinz Charles, Prinzgemahl Henrik von Dänemark tun es und - ja, auch Prinzessin Caroline und ihr Mann Prinz Ernst August.
4
Nur einmal im Jahr steuert das Ehepaar die Insel Lamu in Kenia an, ein Besitz, der seit mehr als zwanzig Jahren dem Welfen-Chef gehört."
5
Es folgt eine Beschreibung des Anwesens, seiner Lage und seiner Inneneinrichtung. Der Artikel fährt dann fort:
6
"Allerdings gibt es bei diesem 'privaten Gästehaus' einen 'kleinen' Haken: Trotz seiner Schlichtheit hat es einen stolzen Preis: Ein Tag in der Villa ... kostet 1.000 Dollar", wobei das Personal im Preis inbegriffen sei.
7
Illustriert ist der Bericht u.a. mit der beanstandeten Aufnahme, welche die Klägerin und ihren Ehemann in Urlaubskleidung auf einer öffentlichen Straße zusammen mit anderen Menschen zeigt.
8
Die Klägerin verlangt von der Beklagten, es zu unterlassen, diese Aufnahme erneut zu veröffentlichen. Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht dieses Urteil aufgehoben und die Klage abgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision begehrt die Klägerin, die Berufung der Beklagten gegen das erstinstanzliche Urteil zurückzuweisen. Der erkennende Senat hat mit Urteil vom 6. März 2007 das Berufungsurteil aufgehoben und die Berufung zurückgewiesen. Auf die Verfassungsbeschwerde der Beklagten hat der Erste Senat des Bundesverfassungsgerichts mit Beschluss vom 26. Februar 2008 ausgesprochen , dass das Urteil des Landgerichts und die Entscheidung des erkennenden Senats die Beklagte in ihrem Grundrecht aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG verletzen, und unter Aufhebung des Urteils des erkennenden Senats die Sache zur erneuten Entscheidung an den Bundesgerichtshof zurückverwiesen.

Entscheidungsgründe:

I.

9
Nach Auffassung des Berufungsgerichts hat die Beklagte nicht rechtswidrig in das Recht der Klägerin am eigenen Bild eingegriffen. Die Klägerin müsse als Person des öffentlichen Lebens hinnehmen, dass Aufnahmen, die sie im Rahmen eines Auftretens in der Öffentlichkeit abbildeten, auch ohne ihre Einwilligung verbreitet würden. Eine Person des öffentlichen Lebens, die sich - wie die Klägerin - im Urlaub auf offener Straße aufhalte, müsse mit einer gewissen Aufmerksamkeit rechnen und könne nicht davon ausgehen, von den Medien unbeobachtet zu bleiben. Dem öffentlichen Informationsinteresse sei deshalb der Vorrang einzuräumen. Die Bildveröffentlichung sei nicht zu beanstanden.

II.

10
Das Berufungsurteil hält nach den Grundsätzen der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 26. Februar 2008 (- 1 BvR 1606/07 u.a. - NJW 2008, 1793 ff.) revisionsrechtlicher Überprüfung im Ergebnis stand. Der Text des von den Parteien nicht beanstandeten Artikels, den die angegriffene Aufnahme bebildert hat, gestattete die Veröffentlichung des Bildnisses der Klägerin auch ohne deren Einwilligung.
11
1. Allerdings kann der Ansicht des Berufungsgerichts, die Klägerin habe auch ohne Einwilligung hinzunehmen, dass die streitgegenständliche Aufnahme verbreitet werde, in dieser Allgemeinheit nicht gefolgt werden. Diese Auffassung wird nicht in jeder Hinsicht dem abgestuften Schutzkonzept gerecht, das die Rechtsprechung aus §§ 22, 23 KUG entwickelt hat. Der erkennende Senat hat dieses Schutzkonzept in mehreren neuen Entscheidungen erläutert (vgl. etwa Urteile vom 19. Oktober 2004 - VI ZR 292/03 - VersR 2005, 84 ff.; vom 15. November 2005 - VI ZR 286/04 - VersR 2006, 274 ff.; vom 6. März 2007 - VI ZR 51/06 - VersR 2007, 957 ff.; vom 3. Juli 2007 - VI ZR 164/06 - VersR 2007, 1283 ff.). Verfassungsrechtliche Beanstandungen haben sich insoweit nicht ergeben (vgl. BVerfG, Beschluss vom 26. Februar 2008 - 1 BvR 1606/07 u.a. - NJW 2008, 1793 ff.).
12
Nach diesem abgestuften Schutzkonzept dürfen Bildnisse einer Person grundsätzlich nur mit Einwilligung des Abgebildeten verbreitet werden (§ 22 KUG); hiervon macht § 23 Abs. 1 KUG eine Ausnahme, wenn es sich um Bildnisse aus dem Bereich der Zeitgeschichte handelt. Auch bei Personen, die unter dem Blickwinkel des zeitgeschichtlichen Ereignisses im Sinn des § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG an sich ohne ihre Einwilligung die Verbreitung ihres Bildnisses dulden müssten, ist eine Verbreitung der Abbildung unabhängig davon, ob sie sich an Orten der Abgeschiedenheit aufgehalten haben, aber dann nicht zulässig, wenn hierdurch berechtigte Interessen des Abgebildeten verletzt werden (§ 23 Abs. 2 KUG).
13
Maßgebend für die Frage, ob es sich um ein Bildnis aus dem Bereich der Zeitgeschichte handelt, ist der Begriff des Zeitgeschehens. Dieser Begriff darf nicht zu eng verstanden werden. Im Hinblick auf den Informationsbedarf der Öffentlichkeit umfasst er nicht nur Vorgänge von historisch-politischer Bedeutung , sondern ganz allgemein das Zeitgeschehen, also alle Fragen von allgemeinem gesellschaftlichem Interesse. Er wird mithin vom Interesse der Öffentlichkeit bestimmt. Auch durch unterhaltende Beiträge kann Meinungsbildung stattfinden; solche Beiträge können die Meinungsbildung unter Umständen sogar nachhaltiger anregen und beeinflussen als sachbezogene Informationen (vgl. Senat, Urteile vom 9. Dezember 2003 - VI ZR 373/02 - VersR 2004, 522, 523 - mit Anmerkung v. Gerlach JZ 2004, 625 - und vom 6. März 2007 - VI ZR 51/06 - aaO S. 957, 958; BVerfG, BVerfGE 101, 361, 389 f.; NJW 2006, 2836, 2837). Das Informationsinteresse besteht indes nicht schrankenlos. Vielmehr wird der Einbruch in die persönliche Sphäre des Abgebildeten durch den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit begrenzt, so dass eine Berichterstattung keineswegs immer zulässig ist. Wo konkret die Grenze für das berechtigte Informationsinteresse der Öffentlichkeit an der aktuellen Berichterstattung zu ziehen ist, lässt sich nur unter Berücksichtigung der jeweiligen Umstände des Einzelfalles entscheiden.
14
Zum Kern der Presse- und der Meinungsbildungsfreiheit gehört, dass die Presse in den gesetzlichen Grenzen einen ausreichenden Spielraum besitzt, innerhalb dessen sie nach ihren publizistischen Kriterien entscheiden kann, was sie des öffentlichen Interesses für wert hält, und dass sich im Meinungsbildungsprozess herausstellt, was eine Angelegenheit von öffentlichem Interesse ist (Senat, Urteile vom 15. November 2005 - VI ZR 286/04 - aaO, 275; vom 6. März 2007 - VI ZR 51/06 - aaO, 957 f.; BVerfG, BVerfGE 101, 361, 392; Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte (künftig: EGMR), Urteil vom 16. November 2004, Beschwerde-Nr. 53678/00, Karhuvaara und Iltalehti gegen Finnland, NJW 2006, 591, 592 f., §§ 38 ff.). Der EGMR hat in seinem Urteil vom 24. Juni 2004 (Beschwerde-Nr. 59320/00, von Hannover gegen Deutschland, NJW 2004, 2647, 2649 f., §§ 58, 60, 63) die Bedeutung der Pressefreiheit unter Hinweis auf Art. 10 EMRK hervorgehoben und ausgeführt, dass die Presse in einer demokratischen Gesellschaft eine wesentliche Rolle spiele und es ihre Aufgabe sei, Informationen und Ideen zu allen Fragen von Allgemeininteresse weiterzugeben. Das steht auch mit dem oben dargelegten Begriff der Zeitgeschichte in Einklang.
15
a) Die Vorschrift des § 23 Abs. 1 KUG nimmt nach Sinn und Zweck der Regelung und nach der Intention des Gesetzgebers in Ausnahme von dem Einwilligungserfordernis des § 22 KUG Rücksicht auf das Informationsinteresse der Allgemeinheit und auf die Pressefreiheit. Die Anwendung des § 23 Abs. 1 KUG erfordert hiernach eine Abwägung zwischen den Rechten der Abgebildeten nach Art. 8 Abs. 1 EMRK und Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG einerseits und den Rechten der Presse aus Art. 10 Abs. 1 EMRK und Art. 5 Abs. 1 GG andererseits. Die Grundrechte der Pressefreiheit (Art. 5 Abs. 1 GG) und des Schutzes der Persönlichkeit (Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG) sind ihrerseits nicht vorbehaltlos gewährleistet.
16
Die Pressefreiheit findet ihre Schranken nach Art. 5 Abs. 2 GG in den allgemeinen Gesetzen. Zu diesen zählen u.a. die §§ 22 f. KUG und auch Art. 8 EMRK. Die in §§ 22 ff. KUG enthaltenen Regelungen sowie die von Art. 10 EMRK verbürgte Äußerungsfreiheit beschränken zugleich als Bestandteile der verfassungsmäßigen Ordnung gemäß Art. 2 Abs. 1 GG den Persönlichkeits- schutz. Die Auslegung und Anwendung solcher Schrankenregelungen und ihre abwägende Zuordnung zueinander durch die Gerichte hat der interpretationsleitenden Bedeutung der von der Schrankenregelung bestimmten Grundrechtsposition Rechnung zu tragen sowie die entsprechenden Gewährleistungen der europäischen Menschenrechtskonvention zu berücksichtigen. Hierbei ist zu beachten , dass bei der Bestimmung der Reichweite des durch Art. 8 Abs. 1 EMRK dem privaten Leben des Einzelnen gewährten Schutzes der situationsbezogene Umfang der berechtigten Privatheitserwartungen des Einzelnen zu berücksichtigen ist (vgl. BVerfG, Beschluss vom 21. August 2006 - 1 BvR 2606/04 u.a. - NJW 2006, 3406, 3408); auch kann die Gewährleistung des Art. 8 Abs. 1 EMRK einen Anspruch auf Schutz durch die staatlichen Gerichte vor Veröffentlichung von Bildnissen des Einzelnen aus seinem Alltagsleben einschließen (vgl. EGMR, Urteil vom 24. Juni 2004, Beschwerde-Nr. 59320/00, von Hannover gegen Deutschland, §§ 50 ff., aaO, 2648). Über die Reichweite dieses Schutzes ist im konkreten Fall durch Berücksichtigung der von Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG und Art. 10 Abs. 1 EMRK gewährleisteten Äußerungsfreiheit und ihrer in Art. 10 Abs. 2 EMRK geregelten Schranken ebenfalls im Wege der Abwägung zu entscheiden (vgl. EGMR, Beschluss vom 14. Juni 2005, BeschwerdeNr. 14991/02, Minelli gegen Schweiz; Urteil vom 17. Oktober 2006, Beschwerde -Nr. 71678/01, Gourguenidze gegen Georgien, §§ 38 ff.).
17
Das Grundrecht auf Schutz der Persönlichkeit unterliegt der Schrankenregelung des Art. 2 Abs. 1 Halbs. 2 GG. Schranken sind neben den Grundrechten wie Art. 5 Abs. 1 GG insbesondere die Vorschriften über die Veröffentlichung fotografischer Abbildungen von Personen in §§ 22 ff. KUG mit dem erwähnten abgestuften Schutzkonzept, das sowohl dem Schutzbedürfnis der abgebildeten Person wie den von den Medien wahrgenommenen Informationsinteressen der Allgemeinheit Rechnung trägt (vgl. BVerfG, BVerfGE 35, 202, 224 f.; 101, 361, 387; Beschluss vom 26. Februar 2008 - 1 BvR 1606/07 u.a. - aaO, 1795). Daneben beschränkt die in Art. 10 EMRK verbürgte Freiheit der Äußerung und Verbreitung sowie des Empfangs von Meinungen unter Einschluss von Informationen den Schutz der Persönlichkeit. Der Schutz des Art. 10 Abs. 1 EMRK schließt insbesondere auch die Veröffentlichung von Fotoaufnahmen zur Bebilderung der Medienberichterstattung ein (vgl. BVerfG, Beschluss vom 26. Februar 2008 - 1 BvR 1606/07 u.a. - aaO, 1795; EGMR, Urteile vom 14. Dezember 2006, Beschwerde-Nr. 10520/02, Verlagsgruppe News GmbH gegen Österreich Nr. 2, § 29; vom 24. Juni 2004, Beschwerde-Nr. 59320/00, von Hannover gegen Deutschland, § 59, aaO, 2649). Über die Zulässigkeit von Beschränkungen dieses Rechts durch Maßnahmen der staatlichen Gerichte zum Schutz des Privatlebens des Abgebildeten ist nach der Rechtsprechung des EGMR gleichfalls im Wege einer Abwägung mit dem in Art. 8 EMRK verbürgten Anspruch auf Achtung des Privatlebens zu entscheiden (vgl. BVerfG, Beschluss vom 26. Februar 2008 - 1 BvR 1606/07 u.a. - aaO, 1795; EGMR, Urteil vom 17. Oktober 2006, Beschwerde-Nr. 71678/01, Gourguenidze gegen Georgien, § 37 f. m.w.N.). Bei der Abwägung mit kollidierenden Rechtsgütern unter Berücksichtigung der von Art. 5 Abs. 1 GG verbürgten Vermutung für die Zulässigkeit einer Berichterstattung der Presse, die zur Bildung der öffentlichen Meinung beitragen soll (vgl. BVerfGE 20, 162, 177; Beschluss vom 26. Februar 2008 - 1 BvR 1606/07 u.a. - aaO, 1796), ist der von Art. 10 Abs. 1 EMRK verbürgten Äußerungsfreiheit ein besonderes Gewicht dort beizumessen, wo die Berichterstattung der Presse einen Beitrag zu Fragen von allgemeinem Interesse leistet (vgl. BVerfG, Beschluss vom 26. Februar 2008 - 1 BvR 1606/07 u.a. - aaO, 1796; EGMR, Urteil vom 16. November 2004, Beschwerde -Nr. 53678/00, Karhuvaara und Iltalehti gegen Finnland, § 40; Urteil vom 1. März 2007, Beschwerde-Nr. 510/04, Tønsbergs Blad u.a. gegen Norwegen , § 82).
18
Die Garantie der Pressefreiheit dient nicht allein den subjektiven Rechten der Presse, sondern in gleicher Weise auch dem Schutz des Prozesses öffentlicher Meinungsbildung und damit der Meinungsbildungsfreiheit der Bürger. Äußerungen in der und durch die Presse wollen in der Regel zur Bildung der öffentlichen Meinung beitragen und haben daher zunächst die Vermutung der Zulässigkeit für sich, auch wenn sie die Rechtssphäre anderer berühren (vgl. BVerfG, BVerfGE 20, 162, 177; 66, 116, 133; 77, 346, 354). Nach der Rechtsprechung des EGMR besteht nur wenig Spielraum, die Gewährleistung des Art. 10 Abs. 1 EMRK zurücktreten zu lassen, falls eine Medienberichterstattung einen Bezug zu einer Sachdebatte von allgemeinem Interesse aufweist (vgl. EGMR, Urteile vom 22. Oktober 2007, Beschwerde-Nr. 21279/02 u.a., Lindon u.a. gegen Frankreich, § 45; vom 17. Dezember 2004, BeschwerdeNr. 49017/99, Pedersen und Baadsgaard gegen Dänemark, § 68 f.). Art. 5 Abs. 1 GG gebietet allerdings nicht, generell zu unterstellen, dass mit jeder visuellen Darstellung aus dem Privat- und Alltagsleben prominenter Personen ein Beitrag zur Meinungsbildung verbunden sei, der es für sich allein rechtfertigte, die Belange des Persönlichkeitsschutzes zurückzustellen.
19
b) Nach diesen Grundsätzen wird die Reichweite des Schutzes des Rechts am eigenen Bild davon beeinflusst, ob eine Information in die breite Öffentlichkeit der Massenmedien überführt wird und damit nicht auf einen engen Personenkreis begrenzt bleibt. Andererseits wird das Gewicht der das Persönlichkeitsrecht gegebenenfalls beschränkenden Pressefreiheit davon beeinflusst, ob die Berichterstattung eine Angelegenheit betrifft, welche die Öffentlichkeit wesentlich berührt (vgl. BVerfG, BVerfGE 7, 198, 212; Beschluss vom 24. Januar 2006 - 1 BvR 2602/05 - NJW 2006, 1865; EGMR, Urteil vom 17. Oktober 2006, Beschwerde-Nr. 71678/01, Gourguenidze gegen Georgien, § 55). Mit der Entscheidung, ein Bild einer Person abzudrucken und in den Kontext eines bestimmten Berichts zu rücken, nutzen die Medien ihre grundrechtlich geschützte Befugnis, selbst zu entscheiden, was sie für berichtenswert halten. Dabei haben sie jedoch den Persönlichkeitsschutz Betroffener zu berücksichtigen.
20
Wie das Bundesverfassungsgericht in seinem Beschluss vom 26. Februar 2008 (- 1 BvR 1606/07 u.a. - aaO, 1796) dargelegt hat, können prominente Personen der Allgemeinheit Möglichkeiten der Orientierung bei eigenen Lebensentwürfen bieten sowie Leitbild- oder Kontrastfunktionen erfüllen. Auch die Normalität ihres Alltagslebens kann der Meinungsbildung zu Fragen von allgemeinem Interesse dienen (so bereits BVerfGE 101, 361, 391). Das gilt auch für unterhaltende Beiträge als einen wesentlichen Bestandteil der Medienbetätigung , der durch die Pressefreiheit geschützt wird, zumal der publizistische und wirtschaftliche Erfolg der Presse auf unterhaltende Inhalte und entsprechende Abbildungen angewiesen sein kann und die Bedeutung visueller Darstellungen beträchtlich zugenommen hat. Hiernach gilt die Pressefreiheit auch für unterhaltende Beiträge über das Privat- oder Alltagsleben von Prominenten und ihres sozialen Umfelds einschließlich ihnen nahestehender Personen. Allerdings bedarf es gerade bei unterhaltenden Inhalten in besonderem Maß der abwägenden Berücksichtigung der kollidierenden Rechtspositionen der Betroffenen.
21
Für die Abwägung zwischen der Pressefreiheit und dem Persönlichkeitsrecht des Betroffenen ist von maßgeblicher Bedeutung, ob die Presse im konkreten Fall eine Angelegenheit von öffentlichem Interesse ernsthaft und sachbezogen erörtert, damit den Informationsanspruch des Publikums erfüllt und zur Bildung der öffentlichen Meinung beiträgt oder ob sie lediglich die Neugier der Leser nach privaten Angelegenheiten prominenter Personen befriedigt (vgl. BVerfG, BVerfGE 34, 269, 283; 101, 361, 391).
22
Insoweit hat das BVerfG (Beschluss vom 26. Februar 2008 - 1 BvR 1606/07 u.a. - aaO, 1796) hervorgehoben, dass das Selbstbestimmungsrecht der Presse nicht auch die Entscheidung erfasst, wie das Informationsinteresse zu gewichten ist, sondern diese Gewichtung zum Zweck der Abwägung mit gegenläufigen Interessen der Betroffenen vielmehr im Fall eines Rechtsstreits den Gerichten obliegt. Diese haben allerdings im Hinblick auf das Zensurverbot des Art. 5 Abs. 1 Satz 3 GG von einer inhaltlichen Bewertung - etwa als wertvoll oder wertlos, seriös oder unseriös o.ä. - abzusehen und sind auf die Prüfung beschränkt, in welchem Ausmaß der Bericht einen Beitrag für die öffentliche Meinungsbildung erbringen kann.
23
c) Der Informationswert einer Bildberichterstattung ist, soweit das Bild nicht schon als solches eine für die öffentliche Meinungsbildung bedeutsame Aussage enthält, im Kontext der dazugehörenden Wortberichterstattung zu ermitteln. Bilder können Wortberichte ergänzen und dabei der Erweiterung des Aussagegehalts dienen, etwa die Authentizität des Geschilderten unterstreichen. Auch können beigefügte Bilder der an dem berichteten Geschehen beteiligten Personen die Aufmerksamkeit des Lesers für den Wortbericht wecken (vgl. Senat, BGHZ 158, 218, 223; Urteil vom 19. Oktober 2004 - VI ZR 292/03 - NJW 2005, 594, 595 f.). Beschränkt sich der begleitende Bericht allerdings darauf , lediglich einen Anlass für die Abbildung prominenter Personen zu schaffen, ohne dass die Berichterstattung einen Beitrag zur öffentlichen Meinungsbildung erkennen lässt (vgl. hierzu das Urteil des erkennenden Senats vom heutigen Tag - VI ZR 243/06), ist es nicht angezeigt, dem Veröffentlichungsinteresse den Vorrang vor dem Persönlichkeitsschutz einzuräumen.
24
d) Daneben sind bei einer Bildberichterstattung für die Gewichtung der Belange des Persönlichkeitsschutzes auch der Anlass und die Umstände zu berücksichtigen, unter denen die Aufnahme entstanden ist, etwa unter Ausnut- zung von Heimlichkeit oder beharrlicher Nachstellung. Auch ist bedeutsam, in welcher Situation der Betroffene erfasst und wie er dargestellt wird. Die Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts wiegt schwerer, wenn die visuelle Darstellung durch Ausbreitung von üblicherweise öffentlicher Erörterung entzogenen Einzelheiten des privaten Lebens thematisch die Privatsphäre berührt oder wenn der Betroffene nach den Umständen typischer Weise die berechtigte Erwartung haben durfte, nicht in den Medien abgebildet zu werden. Das kann nicht nur bei einer durch räumliche Privatheit geprägten Situation, sondern außerhalb örtlicher Abgeschiedenheit auch in Momenten der Entspannung oder des Sich-Gehen-Lassens außerhalb der Einbindung in die Pflichten des Berufs und des Alltags der Fall sein.
25
2. a) Diese Grundsätze sind auf die Klägerin anzuwenden, da sie, wie das Bundesverfassungsgericht in seinem Beschluss vom 26. Februar 2008 (- 1 BvR 1606/07 u.a. - aaO, 1800) ausgeführt hat, auch nach der Einschätzung des EGMR als Person des öffentlichen Interesses anzusehen ist ("personnage public / public figure" in Abgrenzung zur "personnalité politique / politician" einerseits und "personne ordinaire / ordinary person" andererseits, vgl. EGMR, Urteile vom 11. Januar 2005, Beschwerde-Nr. 50774/99, Sciacca gegen Italien, §§ 27 ff.; vom 17. Oktober 2006 - Beschwerde-Nr. 71678/01, Gourguenidze gegen Georgien, § 55). Diese Einstufung hat nach den Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts zur Folge, dass über eine solche Person in größerem Umfang berichtet werden darf als über andere Personen, wenn die Information einen hinreichenden Nachrichtenwert mit Orientierungsfunktion im Hinblick auf eine die Allgemeinheit interessierende Sachdebatte hat und die Abwägung keine schwerwiegenden Interessen des Betroffenen ergibt, die einer Veröffentlichung entgegenstehen.
26
b) Für den Streitfall führt das zu folgender Abwägung:
27
Die beanstandete Aufnahme ist ohne Einwilligung der Klägerin veröffentlicht worden. Die Bildberichterstattung als solche betrifft keine Angelegenheit, welche die Öffentlichkeit wesentlich berührt (vgl. EGMR, Urteil vom 17. Oktober 2006 - Beschwerde-Nr. 71678/01, Gourguenidze gegen Georgien, § 55). Die Aufnahme zeigt nach ihrer Überschrift die Klägerin zusammen mit ihrem Ehemann in der Öffentlichkeit "in Urlaubslaune", ohne dass der Abbildung allein ein weitergehender Inhalt oder Anhaltspunkte für einen erhöhten Schutzbedarf der Klägerin zu entnehmen wären. Es ist auch von der Beklagten nicht geltend gemacht oder sonst ersichtlich, dass die Aufnahme, welche nicht über die Abbildung eines Ausschnitts aus der Normalität des Alltagslebens im Urlaub der prominenten Klägerin hinausgeht, aus sich heraus der Meinungsbildung zu Fragen von allgemeinem Interesse dienen könnte.
28
c) Gleichwohl führt der in der beanstandeten Veröffentlichung einer Aufnahme der Klägerin "in Urlaubslaune" enthaltene Eingriff der Beklagten in die Privatsphäre unter den Umständen des Streitfalls nicht dazu, dass das Recht des beklagten Presseverlags auf Meinungsäußerung und Meinungsbildung zurücktreten müsste.
29
Die Aufnahme der Klägerin und ihres Ehemannes bebildert eine Wortberichterstattung , welche sich hauptsächlich damit befasst, dass dem Ehemann eine Ferienvilla in Lamu/Kenia gehört, wie diese gelegen und wie sie ausgestattet ist. Der - von der Klägerin nicht angegriffene - Artikel teilt mit, dass die Villa, in welcher die Klägerin und ihr Ehemann lediglich einmal im Jahr Urlaub machten , für 1.000 Dollar/Tag gemietet werden könne, Bedienungspersonal inbegriffen.
30
Neben weiteren Einzelheiten enthält der Bericht den hervorgehobenen Hinweis, "Auch die Reichen und Schönen sind sparsam. Viele vermieten ihre Villen an zahlende Gäste". Zusätzlich werden einige Hollywoodstars und Angehörige von Adelshäusern genannt, die "einen Hang zu ökonomischem Denken entwickelt" hätten und ebenfalls ihre Feriendomizile vermieteten, wenn sie diese nicht selbst nutzten. Hierdurch werden den Lesern der Zeitschrift Informationen über veränderte Verhaltensweisen einer kleinen Schicht von reichen Prominenten gegeben, die im Zentrum öffentlicher Aufmerksamkeit stehen und von daher Leitbild- oder Kontrastfunktionen für große Teile der Bevölkerung haben können. Wie das Bundesverfassungsgericht (Beschluss vom 26. Februar 2008 - 1 BvR 1606/07 - aaO, 1800 f.) dargelegt hat, kann die geschilderte Verhaltensweise in einer demokratischen Gesellschaft Anlass zu einer die Allgemeinheit interessierenden Sachdebatte geben und es grundsätzlich auch rechtfertigen , den in dem Beitrag erwähnten prominenten Vermieter des Anwesens und die Klägerin als seine Ehefrau in einem kontextgerechten Bild darzustellen. Eine solche Bedeutung des Beitrags liegt schon deshalb nahe, weil die entsprechende Stoßrichtung des Berichts mit Fettdruck und durch die zentrale Anordnung der beiden Kernsätze ("Auch die Reichen und Schönen sind sparsam. Viele vermieten ihre Villen an zahlende Gäste") im Druck besonders herausgestellt und im Fließtext wiederholt wird. Wie das Bundesverfassungsgericht aaO ausgeführt hat, kann ein derartiger Bericht Anlass für sozialkritische Überlegungen der Leser auch einer solchen Zeitschrift sein und damit eine die Allgemeinheit interessierende Sachdebatte über das ökonomische Denken derjenigen "Reichen und Schönen" anstoßen, die eine Ferienvilla für 1.000 Dollar/Tag einschließlich Personal vermieten oder mieten können, wobei auch die Möglichkeit besteht, dass die Leser über den Sinn einer solchen Mitteilung in dieser Zeitschrift nachdenken sowie als mündige Bürger ihr eigenes Konsumverhalten überdenken. Insoweit reicht bereits die Möglichkeit aus, dass der Beitrag der Meinungsbildung zu Fragen von allgemeinem Interesse dienen kann (vgl. BVerfG, Beschluss vom 26. Februar 2008, aaO; EGMR, Urteile vom 16. November 2004, Beschwerde-Nr. 53678/00, Karhuvaara und Iltalehti gegen Finnland , § 40; vom 1. März 2007, Beschwerde-Nr. 510/04, Tønsbergs Blad u.a. gegen Norwegen, § 82). Da mithin durch die Wortberichterstattung Anlass für eine die Allgemeinheit interessierende Sachdebatte geschaffen werden kann, ist ihre Bebilderung durch die (einzige) Aufnahme der Klägerin nicht zu beanstanden. Diese Abbildung ist für sich genommen nicht beeinträchtigend. Die Klägerin hat auch nicht geltend gemacht, dass sie etwa heimlich oder in belästigender Weise zustande gekommen sei, und auch keine anderen Gesichtspunkte vorgetragen, die im Rahmen des abgestuften Schutzkonzepts einer Veröffentlichung entgegenstehen könnten, auch wenn diese ohne ihre Einwilligung erfolgt ist. Dies gilt nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (vgl. BVerfG, Beschluss vom 26. Februar 2008 - 1 BvR 1606/07 u.a. - aaO, 1796 f.), auch dann, wenn die Aufnahme aus anderem Anlass entstanden ist.
31
Die Revision der Klägerin ist daher mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.
Müller Greiner Wellner
Pauge Stöhr
Vorinstanzen:
LG Hamburg, Entscheidung vom 01.07.2005 - 324 O 869/04 -
OLG Hamburg, Entscheidung vom 31.01.2006 - 7 U 82/05 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR 243/06 Verkündet am:
1. Juli 2008
Holmes,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Zur Frage der Zulässigkeit einer Bildberichterstattung ohne Einwilligung der abgebildeten
Prominenten in einer Situation aus ihrem privaten Alltag (hier:
"Shopping mit Putzfrau auf Mallorca").
BGH, Urteil vom 1. Juli 2008 - VI ZR 243/06 - KG
LG Berlin
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 1. Juli 2008 durch die Vizepräsidentin Dr. Müller, den Richter Wellner, die
Richterin Diederichsen und die Richter Stöhr und Zoll

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 9. Zivilsenats des Kammergerichts vom 7. November 2006 unter Zurückweisung der weitergehenden Revision teilweise aufgehoben. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung und unter Abweisung der Klage im Übrigen teilweise abgeändert: Die Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes von bis zu 250.000 €, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, letzteres zu vollziehen an einem der Vorstandsmitglieder , zu unterlassen, das in "Bild der Frau" Nr. 33 vom 15. August 2005 auf Seite 49 veröffentlichte Foto erneut - wie geschehen - zu veröffentlichen. Die Klägerin hat die Kosten des ersten Rechtszuges zu tragen. Die Kosten des Berufungsverfahrens werden gegeneinander aufgehoben. Von den Gerichtskosten des Revisionsverfahrens trägt die Klägerin 3/8 und die Beklagte 5/8. Die außergerichtlichen Kosten des Revisionsverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Klägerin ist eine bekannte deutsche Fernsehjournalistin. Die Beklagte veröffentlichte in der von ihr verlegten Zeitschrift ein Foto, welches die Klägerin mit ihrer Putzfrau beim Einkaufen in Puerto Andratx auf Mallorca zeigt. Foto und dazugehöriger Text befanden sich auf einer bebilderten Seite mit der Überschrift "Was jetzt los ist auf Mallorca". Das Bild ist mit dem Begleittext versehen: "ARD-Talkerin … beim Shopping mit ihrer Putzfrau im Fischerdorf Puerto Andratx. Ihre Finca liegt romantisch zwischen Mandelbäumen am Rande von Andratx."
2
Auf entsprechenden Antrag der Klägerin hat das Landgericht die Beklagte verurteilt, zu unterlassen, "Bildnisse aus dem privaten Alltag der Klägerin zu veröffentlichen und/oder zu verbreiten und/oder veröffentlichen und/oder verbreiten zu lassen, wie in "Bild der Frau" Nr. 33 vom 15. August 2005 auf der Seite 49 geschehen."
3
Die gegen diese Verurteilung gerichtete Berufung der Beklagten hat das Kammergericht teilweise für begründet erachtet und die Beklagte nunmehr unter Klageabweisung im Übrigen - entsprechend einem von der Klägerin in der Berufungsinstanz gestellten (ersten) Hilfsantrag - dazu verurteilt, es zu unterlassen , "Fotos der Klägerin zu veröffentlichen wie in "Bild der Frau" Nr. 33 vom 15. August 2005 auf Seite 49 geschehen." Mit ihrer - vom Berufungsgericht zugelassenen - Revision verfolgt die Beklagte ihr Begehren weiter, soweit das Berufungsgericht zu ihrem Nachteil entschieden hat. Die Klägerin hat ihre Revision zurückgenommen.

Entscheidungsgründe:

I.

4
Das Berufungsgericht ist der Auffassung, der erste Hilfsantrag, mit dem die Klägerin es der Beklagten untersagen lassen wolle, "Fotos der Klägerin zu veröffentlichen wie in "Bild der Frau" Nr. 33 vom 15. August 2005 auf Seite 49 geschehen", sei zulässig und begründet. Der Antrag ziele auf eine Verurteilung der Beklagten entsprechend der "Kerntheorie", wonach ein Betroffener nicht nur eine exakte Wiederholung der Verletzungshandlung verbieten lassen könne, sondern auch einen künftigen wesensgleichen Eingriff, der von der konkreten Verletzungsform geringfügig abweiche. Charakteristisch sei im vorliegenden Fall, dass die Klägerin bei Besorgungen bzw. beim Flanieren auf Mallorca - sei es mit oder ohne Begleitung - abgebildet worden sei, ohne dass dem Bild ein zusätzlicher Nachrichtenwert hinsichtlich der Klägerin zukomme. Bei einer Abwägung im Rahmen der §§ 22, 23 KUG müsse - insbesondere unter Berücksichtigung der Entscheidungen des EGMR und des Bundesverfassungsgerichts - das Recht der Beklagten auf freie Berichterstattung gegenüber dem Persönlichkeitsrecht der Klägerin zurücktreten.

II.

5
Die Revision der Beklagten hat teilweise Erfolg, soweit sie sich gegen die Verurteilung der Beklagten nach dem ersten Hilfsantrag der Klägerin wendet.
6
1. Das Berufungsgericht hat das mit dem ersten Hilfsantrag begehrte Verbot, "Fotos der Klägerin zu veröffentlichen, wie in "Bild der Frau" Nr. 33 vom 15. August 2005 auf S. 49 geschehen", zutreffend dahin ausgelegt, dass dieser Antrag auf eine Verurteilung der Beklagten entsprechend der vorgenannten "Kerntheorie" zielt und damit hinreichend bestimmt ist im Sinne des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO.
7
2. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist der Hilfsantrag in dieser Form jedoch unbegründet, weil der Klägerin ein so weitgehender Unterlassungsanspruch aus einer entsprechenden Anwendung der §§ 1004 Abs. 1 Satz 2, 823 Abs. 1, Abs. 2 BGB i.V.m. §§ 22, 23 KUG, Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG nicht zusteht. Wie der erkennende Senat zwischenzeitlich entschieden hat, lässt sich die im Wettbewerbsrecht entwickelte "Kerntheorie" auf das Recht der Bildberichterstattung nicht übertragen (vgl. Senatsurteile vom 13. November 2007 - VI ZR 265/06 - VersR 2008, 552 und - VI ZR 269/06 - NJW 2008, 1593).
8
a) Der Senat hat in seiner neueren Rechtsprechung zur Zulässigkeit von Bildveröffentlichungen (vgl. Senatsurteile vom 6. März 2007 - VI ZR 13/06 - VersR 2007, 697 und - VI ZR 51/06 - VersR 2007, 957; vom 19. Juni 2007 - VI ZR 12/06 - VersR 2007, 1135 und vom 3. Juli 2007 - VI ZR 164/06 - VersR 2007, 1283) den in der Entscheidung des EGMR vom 24. Juni 2004 (von Hannover gegen Bundesrepublik Deutschland - NJW 2004, 2647 ff.) geäußerten Bedenken Rechnung getragen und zugleich klargestellt, dass es für die Zulässigkeit einer Bildveröffentlichung in jedem Einzelfall einer Abwägung zwischen dem Informationsinteresse der Öffentlichkeit und dem Interesse des Abgebildeten an dem Schutz seiner Privatsphäre bedarf, wobei die begleitende Wortberichterstattung eine wesentliche Rolle spielen kann.
9
b) Eine solche Interessenabwägung kann jedoch nicht in Bezug auf Bilder vorgenommen werden, die noch gar nicht bekannt sind und bei denen insbesondere offen bleibt, in welchem Kontext sie veröffentlicht werden (vgl. Senatsurteil BGHZ 158, 218, 224 ff.). Die entsprechenden Möglichkeiten sind derart vielgestaltig, dass sie mit einer "vorbeugenden" Unterlassungsklage selbst dann nicht erfasst werden können, wenn man diese auf "kerngleiche" Verletzungshandlungen beschränken wollte. Eine vorweggenommene Abwägung, die sich mehr oder weniger nur auf Vermutungen stützen könnte, und die im konkreten Verletzungsfall im Vollstreckungsverfahren nachgeholt werden müsste, verbietet sich schon im Hinblick auf die Bedeutung der betroffenen Grundrechte.
10
3. Die Klage ist jedoch begründet, soweit sich die Klägerin mit einem weiteren Hilfsantrag in der Berufungsinstanz gegen eine Wiederholung der konkreten Bildveröffentlichung gewandt hat. Da die Beklagte in ihrer Berufungsbegründung erklärt hat, sich an ihre vorgerichtlich abgegebene Unterlassungsverpflichtungserklärung nicht mehr gebunden zu fühlen, kann diesbezüglich eine Wiederholungsgefahr nicht verneint werden.
11
a) Der erkennende Senat hat bereits in mehreren neueren Entscheidungen das abgestufte Schutzkonzept der §§ 22, 23 KUG bei Bildveröffentlichungen von "Prominenten" unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des EGMR (insbes. Entscheidung vom 24. Juni 2004 - von Hannover gegen Bundesrepublik Deutschland - aaO) erläutert (vgl. etwa Urteile vom 19. Oktober 2004 - VI ZR 292/03 - VersR 2005, 84 ff.; vom 15. November 2005 - VI ZR 286/04 - VersR 2006, 274 ff.; vom 6. März 2007 - VI ZR 51/06 - VersR 2007, 957 ff. und vom 3. Juli 2007 - VI ZR 164/06 - VersR 2007, 1283 ff.). Verfassungsrechtliche Beanstandungen haben sich insoweit nicht ergeben (vgl. BVerfG, Beschluss vom 26. Februar 2008 - 1 BvR 1606/07 u.a. - NJW 2008, 1793 ff.).
12
aa) Nach diesem abgestuften Schutzkonzept dürfen Bildnisse einer Person grundsätzlich nur mit Einwilligung des Abgebildeten verbreitet werden (§ 22 KUG); hiervon macht § 23 Abs. 1 KUG eine Ausnahme, wenn es sich um Bildnisse aus dem Bereich der Zeitgeschichte handelt. Auch bei Personen, die un- ter dem Blickwinkel des zeitgeschichtlichen Ereignisses im Sinn des § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG an sich ohne ihre Einwilligung die Verbreitung ihres Bildnisses dulden müssten, ist eine Verbreitung der Abbildung unabhängig davon, ob sie sich an Orten der Abgeschiedenheit aufgehalten haben, aber dann nicht zulässig, wenn hierdurch berechtigte Interessen des Abgebildeten verletzt werden (§ 23 Abs. 2 KUG).
13
bb) Maßgebend für die Frage, ob es sich um ein Bildnis aus dem Bereich der Zeitgeschichte handelt, ist der Begriff des Zeitgeschehens. Dieser Begriff darf nicht zu eng verstanden werden. Im Hinblick auf den Informationsbedarf der Öffentlichkeit umfasst er nicht nur Vorgänge von historisch-politischer Bedeutung , sondern ganz allgemein das Zeitgeschehen, also alle Fragen von allgemeinem gesellschaftlichem Interesse. Er wird mithin vom Interesse der Öffentlichkeit bestimmt. Auch durch unterhaltende Beiträge kann Meinungsbildung stattfinden; solche Beiträge können die Meinungsbildung unter Umständen sogar nachhaltiger anregen und beeinflussen als sachbezogene Informationen (vgl. Senat, Urteile vom 9. Dezember 2003 - VI ZR 373/02 - VersR 2004, 522, 523 - mit Anmerkung v. Gerlach JZ 2004, 625 - und vom 6. März 2007 - VI ZR 51/06 - aaO S. 957, 958; BVerfG, BVerfGE 101, 361, 389 f.; NJW 2006, 2836, 2837). Das Informationsinteresse besteht indes nicht schrankenlos. Vielmehr wird der Einbruch in die persönliche Sphäre des Abgebildeten durch den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit begrenzt, so dass eine Berichterstattung keineswegs immer zulässig ist. Wo konkret die Grenze für das berechtigte Informationsinteresse der Öffentlichkeit an der aktuellen Berichterstattung zu ziehen ist, lässt sich nur unter Berücksichtigung der jeweiligen Umstände des Einzelfalles entscheiden.
14
cc) Zum Kern der Presse- und der Meinungsbildungsfreiheit gehört, dass die Presse in den gesetzlichen Grenzen einen ausreichenden Spielraum be- sitzt, innerhalb dessen sie nach ihren publizistischen Kriterien entscheiden kann, was sie des öffentlichen Interesses für wert hält, und dass sich im Meinungsbildungsprozess herausstellt, was eine Angelegenheit von öffentlichem Interesse ist (Senat, Urteile vom 15. November 2005 - VI ZR 286/04 - aaO, 275; vom 6. März 2007 - VI ZR 51/06 - aaO, 957 f.; BVerfG, BVerfGE 101, 361, 392; EGMR, Urteil vom 16. November 2004, Beschwerde-Nr. 53678/00, Karhuvaara und Iltalehti gegen Finnland, NJW 2006, 591, 592 f., §§ 38 ff.). Der EGMR hat in seinem Urteil vom 24. Juni 2004 (Beschwerde-Nr. 59320/00, von Hannover gegen Deutschland, aaO, §§ 58, 60, 63) die Bedeutung der Pressefreiheit unter Hinweis auf Art. 10 EMRK hervorgehoben und ausgeführt, dass die Presse in einer demokratischen Gesellschaft eine wesentliche Rolle spiele und es ihre Aufgabe sei, Informationen und Ideen zu allen Fragen von Allgemeininteresse weiterzugeben. Das steht auch mit dem oben dargelegten Begriff der Zeitgeschichte in Einklang.
15
dd) Die Vorschrift des § 23 Abs. 1 KUG nimmt nach Sinn und Zweck der Regelung und nach der Intention des Gesetzgebers in Ausnahme von dem Einwilligungserfordernis des § 22 KUG Rücksicht auf das Informationsinteresse der Allgemeinheit und auf die Pressefreiheit. Die Anwendung des § 23 Abs. 1 KUG erfordert hiernach eine Abwägung zwischen den Rechten der Abgebildeten nach Art. 8 Abs. 1 EMRK und Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG einerseits und den Rechten der Presse aus Art. 10 Abs. 1 EMRK und Art. 5 Abs. 1 GG andererseits. Die Grundrechte der Pressefreiheit (Art. 5 Abs. 1 GG) und des Schutzes der Persönlichkeit (Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG) sind ihrerseits nicht vorbehaltlos gewährleistet.
16
Die Pressefreiheit findet ihre Schranken nach Art. 5 Abs. 2 GG in den allgemeinen Gesetzen. Zu diesen zählen u.a. die §§ 22 f. KUG und auch Art. 8 EMRK. Die in §§ 22 f. KUG enthaltenen Regelungen sowie die von Art. 10 EMRK verbürgte Äußerungsfreiheit beschränken zugleich als Bestandteile der verfassungsmäßigen Ordnung gemäß Art. 2 Abs. 1 GG den Persönlichkeitsschutz. Die Auslegung und Anwendung solcher Schrankenregelungen und ihre abwägende Zuordnung zueinander durch die Gerichte hat der interpretationsleitenden Bedeutung der von der Schrankenregelung bestimmten Grundrechtsposition Rechnung zu tragen sowie die entsprechenden Gewährleistungen der europäischen Menschenrechtskonvention zu berücksichtigen. Hierbei ist zu beachten , dass bei der Bestimmung der Reichweite des durch Art. 8 Abs. 1 EMRK dem privaten Leben des Einzelnen gewährten Schutzes der situationsbezogene Umfang der berechtigten Privatheitserwartungen des Einzelnen zu berücksichtigen ist (vgl. BVerfG, Beschluss vom 21. August 2006 - 1 BvR 2606/04 u.a. - NJW 2006, 3406, 3408); auch kann die Gewährleistung des Art. 8 Abs. 1 EMRK einen Anspruch auf Schutz durch die staatlichen Gerichte vor Veröffentlichung von Bildnissen des Einzelnen aus seinem Alltagsleben einschließen (vgl. EGMR, Urteil vom 24. Juni 2004, Beschwerde-Nr. 59320/00, von Hannover gegen Deutschland, §§ 50 ff., aaO, 2648). Über die Reichweite dieses Schutzes ist im konkreten Fall durch Berücksichtigung der von Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG und Art. 10 Abs. 1 EMRK gewährleisteten Äußerungsfreiheit und ihrer in Art. 10 Abs. 2 EMRK geregelten Schranken ebenfalls im Wege der Abwägung zu entscheiden (vgl. EGMR, Beschluss vom 14. Juni 2005, BeschwerdeNr. 14991/02, Minelli gegen Schweiz; Urteil vom 17. Oktober 2006, Beschwerde -Nr. 71678/01, Gourguenidze gegen Georgien, §§ 38 ff.).
17
Das Grundrecht auf Schutz der Persönlichkeit unterliegt der Schrankenregelung des Art. 2 Abs. 1 Halbs. 2 GG. Schranken sind neben den Grundrechten wie Art. 5 Abs. 1 GG insbesondere die Vorschriften über die Veröffentlichung fotografischer Abbildungen von Personen in §§ 22 ff. KUG mit dem erwähnten abgestuften Schutzkonzept, das sowohl dem Schutzbedürfnis der abgebildeten Person wie den von den Medien wahrgenommenen Informationsin- teressen der Allgemeinheit Rechnung trägt (vgl. BVerfG, BVerfGE 35, 202, 224 f.; 101, 361, 387; Beschluss vom 26. Februar 2008 - 1 BvR 1606/07 u.a. - aaO, 1795). Daneben beschränkt die in Art. 10 EMRK verbürgte Freiheit der Äußerung und Verbreitung sowie des Empfangs von Meinungen unter Einschluss von Informationen den Schutz der Persönlichkeit. Der Schutz des Art. 10 Abs. 1 EMRK schließt insbesondere auch die Veröffentlichung von Fotoaufnahmen zur Bebilderung der Medienberichterstattung ein (vgl. BVerfG, Beschluss vom 26. Februar 2008 - 1 BvR 1606/07 u.a. - aaO, 1795; EGMR, Urteile vom 14. Dezember 2006, Beschwerde-Nr. 10520/02, Verlagsgruppe News GmbH gegen Österreich Nr. 2, § 29; vom 24. Juni 2004, Beschwerde-Nr. 59320/00, von Hannover gegen Deutschland, § 59, aaO, 2649). Über die Zulässigkeit von Beschränkungen dieses Rechts durch Maßnahmen der staatlichen Gerichte zum Schutz des Privatlebens des Abgebildeten ist nach der Rechtsprechung des EGMR gleichfalls im Wege einer Abwägung mit dem in Art. 8 EMRK verbürgten Anspruch auf Achtung des Privatlebens zu entscheiden (vgl. BVerfG, Beschluss vom 26. Februar 2008 - 1 BvR 1606/07 u.a. - aaO, 1795; EGMR, Urteil vom 17. Oktober 2006, Beschwerde-Nr. 71678/01, Gourguenidze gegen Georgien, § 37 f. m.w.N.). Bei der Abwägung mit kollidierenden Rechtsgütern unter Berücksichtigung der von Art. 5 Abs. 1 GG verbürgten Vermutung für die Zulässigkeit einer Berichterstattung der Presse, die zur Bildung der öffentlichen Meinung beitragen soll (vgl. BVerfGE 20, 162, 177; Beschluss vom 26. Februar 2008 - 1 BvR 1606/07 u.a. - aaO, 1796), ist der von Art. 10 Abs. 1 EMRK verbürgten Äußerungsfreiheit ein besonderes Gewicht dort beizumessen, wo die Berichterstattung der Presse einen Beitrag zu Fragen von allgemeinem Interesse leistet (vgl. BVerfG, Beschluss vom 26. Februar 2008 - 1 BvR 1606/07 u.a. - aaO, 1796; EGMR, Urteil vom 16. November 2004, Beschwerde -Nr. 53678/00, Karhuvaara und Iltalehti gegen Finnland, § 40; Urteil vom 1. März 2007, Beschwerde-Nr. 510/04, Tønsbergs Blad u.a. gegen Norwegen , § 82).
18
Die Garantie der Pressefreiheit dient nicht allein den subjektiven Rechten der Presse, sondern in gleicher Weise auch dem Schutz des Prozesses öffentlicher Meinungsbildung und damit der Meinungsbildungsfreiheit der Bürger. Äußerungen in der und durch die Presse wollen in der Regel zur Bildung der öffentlichen Meinung beitragen und haben daher zunächst die Vermutung der Zulässigkeit für sich, auch wenn sie die Rechtssphäre anderer berühren (vgl. BVerfG, BVerfGE 20, 162, 177; 66, 116, 133; 77, 346, 354). Nach der Rechtsprechung des EGMR besteht nur wenig Spielraum, die Gewährleistung des Art. 10 Abs. 1 EMRK zurücktreten zu lassen, falls eine Medienberichterstattung einen Bezug zu einer Sachdebatte von allgemeinem Interesse aufweist (vgl. EGMR, Urteile vom 22. Oktober 2007, Beschwerde-Nr. 21279/02 u.a., Lindon u.a. gegen Frankreich, § 45; vom 17. Dezember 2004, BeschwerdeNr. 49017/99, Pedersen und Baadsgaard gegen Dänemark, § 68 f.). Art. 5 Abs. 1 GG gebietet allerdings nicht, generell zu unterstellen, dass mit jeder visuellen Darstellung aus dem Privat- und Alltagsleben prominenter Personen ein Beitrag zur Meinungsbildung verbunden sei, der es für sich allein rechtfertigte, die Belange des Persönlichkeitsschutzes zurückzustellen.
19
ee) Nach diesen Grundsätzen wird die Reichweite des Schutzes des Rechts am eigenen Bild davon beeinflusst, ob eine Information in die breite Öffentlichkeit der Massenmedien überführt wird und damit nicht auf einen engen Personenkreis begrenzt bleibt. Andererseits wird das Gewicht der das Persönlichkeitsrecht gegebenenfalls beschränkenden Pressefreiheit davon beeinflusst, ob die Berichterstattung eine Angelegenheit betrifft, welche die Öffentlichkeit wesentlich berührt (vgl. BVerfG, BVerfGE 7, 198, 212; Beschluss vom 24. Januar 2006 - 1 BvR 2602/05 - NJW 2006, 1865; EGMR, Urteil vom 17. Oktober 2006, Beschwerde-Nr. 71678/01, Gourguenidze gegen Georgien, § 55). Mit der Entscheidung, ein Bild einer Person abzudrucken und in den Kontext eines bestimmten Berichts zu rücken, nutzen die Medien ihre grundrechtlich geschützte Befugnis, selbst zu entscheiden, was sie für berichtenswert halten. Dabei haben sie jedoch den Persönlichkeitsschutz Betroffener zu berücksichtigen.
20
Wie das Bundesverfassungsgericht in seinem Beschluss vom 26. Februar 2008 (- 1 BvR 1606/07 u.a. - aaO, 1796) dargelegt hat, können prominente Personen der Allgemeinheit Möglichkeiten der Orientierung bei eigenen Lebensentwürfen bieten sowie Leitbild- oder Kontrastfunktionen erfüllen. Auch die Normalität ihres Alltagslebens kann der Meinungsbildung zu Fragen von allgemeinem Interesse dienen (so bereits BVerfGE 101, 361, 391). Das gilt auch für unterhaltende Beiträge als einen wesentlichen Bestandteil der Medienbetätigung , der durch die Pressefreiheit geschützt wird, zumal der publizistische und wirtschaftliche Erfolg der Presse auf unterhaltende Inhalte und entsprechende Abbildungen angewiesen sein kann und die Bedeutung visueller Darstellungen beträchtlich zugenommen hat. Hiernach gilt die Pressefreiheit auch für unterhaltende Beiträge über das Privat- oder Alltagsleben von Prominenten und ihres sozialen Umfelds einschließlich ihnen nahestehender Personen. Allerdings bedarf es gerade bei unterhaltenden Inhalten in besonderem Maß der abwägenden Berücksichtigung der kollidierenden Rechtspositionen der Betroffenen.
21
Für die Abwägung zwischen der Pressefreiheit und dem Persönlichkeitsrecht des Betroffenen ist von maßgeblicher Bedeutung, ob die Presse im konkreten Fall eine Angelegenheit von öffentlichem Interesse ernsthaft und sachbezogen erörtert, damit den Informationsanspruch des Publikums erfüllt und zur Bildung der öffentlichen Meinung beiträgt oder ob sie lediglich die Neugier der Leser nach privaten Angelegenheiten prominenter Personen befriedigt (vgl. BVerfG, BVerfGE 34, 269, 283; 101, 361, 391).
22
Insoweit hat das BVerfG (Beschluss vom 26. Februar 2008 - 1 BvR 1606/07 u.a. - aaO, 1796) hervorgehoben, dass das Selbstbestimmungsrecht der Presse nicht auch die Entscheidung erfasst, wie das Informationsinteresse zu gewichten ist, sondern diese Gewichtung zum Zweck der Abwägung mit gegenläufigen Interessen der Betroffenen vielmehr im Fall eines Rechtsstreits den Gerichten obliegt. Diese haben allerdings im Hinblick auf das Zensurverbot des Art. 5 Abs. 1 Satz 3 GG von einer inhaltlichen Bewertung - etwa als wertvoll oder wertlos, seriös oder unseriös o.ä. - abzusehen und sind auf die Prüfung beschränkt, in welchem Ausmaß der Bericht einen Beitrag für die öffentliche Meinungsbildung erbringen kann.
23
ff) Der Informationswert einer Bildberichterstattung ist, soweit das Bild nicht schon als solches eine für die öffentliche Meinungsbildung bedeutsame Aussage enthält, im Kontext der dazugehörenden Wortberichterstattung zu ermitteln. Bilder können Wortberichte ergänzen und dabei der Erweiterung des Aussagegehalts dienen, etwa die Authentizität des Geschilderten unterstreichen. Auch können beigefügte Bilder der an dem berichteten Geschehen beteiligten Personen die Aufmerksamkeit des Lesers für den Wortbericht wecken (vgl. Senat, BGHZ 158, 218, 223; Urteil vom 19. Oktober 2004 - VI ZR 292/03 - NJW 2005, 594, 595 f.). Beschränkt sich der begleitende Bericht allerdings darauf , lediglich einen Anlass für die Abbildung prominenter Personen zu schaffen, ohne dass die Berichterstattung einen Beitrag zur öffentlichen Meinungsbildung erkennen lässt, ist es nicht angezeigt, dem Veröffentlichungsinteresse den Vorrang vor dem Persönlichkeitsschutz einzuräumen.
24
gg) Daneben sind bei einer Bildberichterstattung für die Gewichtung der Belange des Persönlichkeitsschutzes auch der Anlass und die Umstände zu berücksichtigen, unter denen die Aufnahme entstanden ist, etwa unter Ausnutzung von Heimlichkeit oder beharrlicher Nachstellung. Auch ist bedeutsam, in welcher Situation der Betroffene erfasst und wie er dargestellt wird. Die Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts wiegt schwerer, wenn die visuelle Darstellung durch Ausbreitung von üblicherweise öffentlicher Erörterung entzogenen Einzelheiten des privaten Lebens thematisch die Privatsphäre berührt oder wenn der Betroffene nach den Umständen typischer Weise die berechtigte Erwartung haben durfte, nicht in den Medien abgebildet zu werden. Das kann nicht nur bei einer durch räumliche Privatheit geprägten Situation, sondern außerhalb örtlicher Abgeschiedenheit auch in Momenten der Entspannung oder des Sich-Gehen-Lassens außerhalb der Einbindung in die Pflichten des Berufs und des Alltags der Fall sein.
25
b) Diese Grundsätze sind auf die Klägerin anzuwenden, da sie aufgrund ihrer langjährigen Tätigkeit als Nachrichtensprecherin, Fernsehjournalistin und -moderatorin als Person des öffentlichen Interesses anzusehen ist (vgl. zur Abgrenzung zwischen "personnage public / public figure", "personnalité politique / politician" und "personne ordinaire / ordinary person": EGMR, Urteile vom 11. Januar 2005, Beschwerde-Nr. 50774/99, Sciacca gegen Italien, §§ 27 ff.; vom 17. Oktober 2006 - Beschwerde-Nr. 71678/01, Gourguenidze gegen Georgien , § 57). Diese Einstufung hat nach den Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts zur Folge, dass über eine solche Person in größerem Umfang berichtet werden darf als über andere Personen, wenn die Information einen hinreichenden Nachrichtenwert mit Orientierungsfunktion im Hinblick auf eine die Allgemeinheit interessierende Sachdebatte hat und die Abwägung keine schwerwiegenden Interessen des Betroffenen ergibt, die einer Veröffentlichung entgegenstehen.
26
c) Im Streitfall führen diese Grundsätze zu folgender Abwägung:
27
Das beanstandete Bild zeigt - worauf der Begleittext selbst hinweist - die Klägerin in einer (völlig) belanglosen Situation beim "Shopping" mit ihrer Putzfrau im Fischerdorf Puerto Andratx auf Mallorca. Das beanstandete Bild ist Teil eines Berichts über "Was jetzt los ist auf Mallorca", in dem jeweils unter Beifügung von Fotografien über die Anwesenheit sog. Prominenter, u.a. der Klägerin, auf der Insel berichtet wird. Der Nachrichtenwert der Berichterstattung hat keinerlei Orientierungsfunktion im Hinblick auf eine die Allgemeinheit interessierende Sachdebatte, sondern beschränkt sich lediglich auf die Information, dass sich die Klägerin zurzeit auf Mallorca aufhalte, wo sie ein Ferienhaus besitze, und dort - wie viele andere Menschen auch - mitunter auch in Begleitung einkaufen gehe. Eine solche Berichterstattung, die nur der Befriedigung des Unterhaltungsinteresses bestimmter Leser dient, mag zwar möglicherweise - worauf es im Streitfall allerdings nicht ankommt - als reine Wortberichterstattung zulässig sein. Sie rechtfertigt es jedoch nicht, dass die Klägerin einen Eingriff in ihr Persönlichkeitsrecht durch Veröffentlichung eines Bildes in dieser zu ihrer Privatsphäre gehörenden Situation ohne ihre Einwilligung nach § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG hinnehmen muss. Insoweit ergibt die gebotene Abwägung zwischen dem Persönlichkeitsrecht der Klägerin und der Pressefreiheit der Beklagten, dass letztere zurückzutreten hat. Hieran vermag auch der Hinweis der Revision nichts zu ändern, dass die Klägerin bei anderen Gelegenheiten der Öffentlichkeit über die Presse Einblicke in ihr Privatleben gewährt habe (vgl. zu einem insoweit anders gelagerten Fall Senatsurteil vom 19. Oktober 2004 - VI ZR 292/03 - aaO mit Nichtannahmebeschluss des BVerfG VersR 2007, 849).

III.

28
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus §§ 91 Abs. 1, 92 Abs. 1, 565, 516 Abs. 3 ZPO. Müller Wellner Diederichsen Stöhr Zoll
Vorinstanzen:
LG Berlin, Entscheidung vom 22.06.2006 - 27 O 1126/05 -
KG Berlin, Entscheidung vom 07.11.2006 - 9 U 148/06 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR 272/06 Verkündet am:
14. Oktober 2008
Böhringer-Mangold,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
GG Art. 5 Abs. 1, 2 Abs. 1; EMRK Art. 8, 10; KUG §§ 22, 23 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2
Zur Privatsphäre auch einer Person des öffentlichen Interesses gehört grundsätzlich
die eigene Erkrankung; Ausnahmen können bei einem besonderen Personenkreis
wie beispielsweise wichtigen Politikern, Wirtschaftsführern oder Staatsoberhäuptern
bestehen.
BGH, Urteil vom 14. Oktober 2008 - VI ZR 272/06 - Hanseatisches OLG Hamburg
LG Hamburg
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 14. Oktober 2008 durch die Vizepräsidentin Dr. Müller, den Richter
Dr. Greiner, die Richterin Diederichsen und die Richter Pauge und Zoll

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 7. Zivilsenats des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg vom 21. November 2006 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Kläger begehrt mit seiner Klage Unterlassung der erneuten Veröffentlichung eines Fotos, welches im Rahmen eines Beitrags mit der Überschrift "Caroline - was wird jetzt aus ihr? Sie weinte am Grab ihres Vaters. Sie weint am Bett ihres Mannes. Und Monaco macht sich Sorgen um sie" in der von der Beklagten verlegten Zeitschrift NEUE REVUE Nr. 17/05 vom 20. April 2005 erschienen ist. Auf dem Bild sitzen der Kläger und seine Ehefrau auf der Terrasse eines Hotels vor mehreren leeren Gläsern am Tisch. Sie hebt eine Flasche an. Die Bildnebenschrift lautet: "2003, Zürs am Arlberg, Sonnenterrasse, ca. 13 Uhr. Die Gläser sind leer. Caroline prüft, ob in der Flasche noch Wein ist." Der mit der Aufnahme eingeleitete Bericht befasst sich damit, dass der Kläger "wie im Rausch" lebe. Eine Überschrift in Fettdruck lautet: "Weißwein in der Strandbar. Rotwein im Sporthotel. Und zur Entgiftung nach Meran". Der Kläger sei mit seiner Frau vor fünf Jahren in einer Entgiftungsklinik P. an der Mosel gewesen. Seine lebensgefährliche Bauchspeicheldrüsenentzündung habe zur Krankenhauseinweisung geführt und zur Folge, dass er nie wieder trinken dürfe. Hervorgehoben ist: "Ärzte warnen: Kein Tropfen Alkohol mehr für Prinz Ernst August, sonst ..."
2
Die Klage hatte in beiden Tatsacheninstanzen Erfolg. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihr Ziel einer Klageabweisung weiter.

Entscheidungsgründe:

I.

3
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seines Urteils im Wesentlichen ausgeführt, dem Kläger stehe ein Anspruch aus §§ 823 Abs. 2, 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB in Verbindung mit §§ 22, 23 KUG zu. Es könne unterstellt werden, dass der Kläger die Veröffentlichung eines neutralen oder kontextkonformen Bildes auch ohne Einwilligung hinnehmen müsse, weil seine schwere Erkrankung, die Anlass für die Veröffentlichung gewesen sei, als zeitgeschichtliches Ereignis anzusehen sei. Auch sei er Begleiter seiner Ehefrau, einer so genannten absoluten Person der Zeitgeschichte gewesen. Die Veröffentlichung verletze jedoch die schutzwürdige Privatsphäre des Klägers (§ 23 Abs. 2 KUG).
4
Bei der Frage, in welchem Umfang einer in der Öffentlichkeit stehenden Person Schutz vor der Veröffentlichung von Bildnissen zuzubilligen sei, sei abzuwägen zwischen dem Persönlichkeitsrecht des Betroffenen einerseits und dem Informationsinteresse der Allgemeinheit sowie der Pressefreiheit auf der anderen Seite. Dabei sei insbesondere der Schutzumfang von Art. 8 EMRK in der Bestimmung durch die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (künftig: EGMR) vom 24. Juni 2004 zu beachten. Vorliegend sei davon auszugehen, dass sich der Kläger nicht an einem belebten Ort unter vielen Menschen aufgehalten habe, als das beanstandete Bild aufgenommen worden sei. Auf dem Foto seien außer dem Kläger und seiner Ehefrau keine weiteren Personen zu sehen. Ob auf der Aufnahme, aus der das veröffentlichte Bild ausgeschnitten worden sei, eine weitere Person abgebildet sei, sei nicht sicher zu erkennen; sie lasse jedenfalls nicht den Schluss zu, der Kläger habe sich an einem belebten Ort unter vielen Personen befunden. Dass der Tisch des Ehepaars von der öffentlichen Straße aus einsehbar sei, sei nicht substantiiert vorgetragen und auch nur von Bedeutung, wenn sich auf dieser Straße viele Menschen aufhielten. Die Beklagte habe im Einzelnen vortragen müssen, wie die Sichtverhältnisse bei Entstehung der Aufnahme gewesen seien.
5
Bei Beachtung der vom EGMR in der genannten Entscheidung aufgestellten Grundsätze für die Abwägung der gegensätzlichen Interessen greife die Veröffentlichung der Aufnahme rechtswidrig in das Recht des Klägers am eigenen Bild ein. Ein Unterhaltungsinteresse der Leser der Zeitschrift NEUE REVUE an Leben, Feriengestaltung und Konsumverhalten des Klägers und seiner Ehefrau rechtfertige nicht die erhebliche Einschränkung des Klägers, wenn er in offensichtlich privaten Lebensbereichen abseits der breiten Öffentlichkeit die Erstellung und Veröffentlichung von Fotos ohne seine Einwilligung hinnehmen müsste. Anderes ergebe sich nicht daraus, dass sich der bebilderte Bericht mit der lebensgefährlichen Erkrankung des Klägers befasse.
6
Die Wortberichterstattung sei möglicherweise mit Rücksicht auf das nach der Veröffentlichung der beanstandeten Aufnahme vom Kläger der in Österreich erscheinenden "Kleine Zeitung" zu seiner Erkrankung und zu seinem Alkohol- konsum gegebene Interview gerechtfertigt. Das schließe jedoch nicht die beanstandete Aufnahme ein, die unter Eingriff in die Privatsphäre entstanden sei. Die Abwägung der widerstreitenden Interessen führe zu einem Vorrang des Privatsphärenschutzes. Das Interview führe auch nicht dazu, dass der Kläger den Schutz seiner Privatsphäre in Bezug auf eine Berichterstattung über in der Vergangenheit liegende private Treffen verloren oder in entsprechende Bildveröffentlichungen eingewilligt habe.

II.

7
Diese Beurteilung des Berufungsgerichts hält revisionsrechtlicher Nachprüfung im Ergebnis stand.
8
1. Der erkennende Senat hat nach Erlass des Berufungsurteils in mehreren Entscheidungen zum abgestuften Schutzkonzept der §§ 22, 23 KUG bei Bildveröffentlichungen von "Prominenten" unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des EGMR und des Bundesverfassungsgerichts Stellung genommen (vgl. Senat, BGHZ 174, 262 ff.; Urteile vom 19. Oktober 2004 - VI ZR 292/03 - VersR 2005, 84 ff.; vom 15. November 2005 - VI ZR 286/04 - VersR 2006, 274 ff.; vom 6. März 2007 - VI ZR 13/06 - VersR 2007, 697, 698 f. und - VI ZR 51/06 - NJW 2007, 1977 ff.; vom 19. Juni 2007 - VI ZR 12/06 - VersR 2007, 1135 ff.; vom 3. Juli 2007 - VI ZR 164/06 - VersR 2007, 1283 ff.; vom 13. November 2007 - VI ZR 269/06 - NJW 2008, 1593 ff.; vom 24. Juni 2008 - VI ZR 156/06 - VersR 2008, 1268 ff.; vom 1. Juli 2008 - VI ZR 67/08 - WRP 2008, 1367 ff. und - VI ZR 243/06 - WRP 2008, 1363 ff.). Verfassungsrechtliche Beanstandungen haben sich insoweit nicht ergeben (vgl. BVerfG, Beschluss vom 26. Februar 2008 - 1 BvR 1602/07 u.a. - NJW 2008, 1793 ff.).
9
Nach diesem abgestuften Schutzkonzept dürfen Bildnisse einer Person grundsätzlich nur mit Einwilligung des Abgebildeten verbreitet werden (§ 22 KUG); hiervon macht § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG eine Ausnahme, wenn es sich um Bildnisse aus dem Bereich der Zeitgeschichte handelt. Auch bei Personen, die unter dem Blickwinkel des zeitgeschichtlichen Ereignisses im Sinn des § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG an sich ohne ihre Einwilligung die Verbreitung ihres Bildnisses dulden müssten, ist die Verbreitung einer Abbildung aber dann nicht zulässig , wenn hierdurch berechtigte Interessen des Abgebildeten verletzt werden (§ 23 Abs. 2 KUG).
10
Maßgebend für die Frage, ob es sich um ein Bildnis aus dem Bereich der Zeitgeschichte handelt, ist der Begriff des Zeitgeschehens. Dieser Begriff darf nicht zu eng verstanden werden. Im Hinblick auf den Informationsbedarf der Öffentlichkeit umfasst er nicht nur Vorgänge von historisch-politischer Bedeutung , sondern ganz allgemein das Zeitgeschehen, also alle Fragen von allgemeinem gesellschaftlichem Interesse. Er wird mithin vom Interesse der Öffentlichkeit bestimmt. Das Informationsinteresse besteht indes nicht schrankenlos. Vielmehr wird der Einbruch in die persönliche Sphäre des Abgebildeten durch den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit begrenzt, so dass eine Berichterstattung keineswegs immer zulässig ist. Wo konkret die Grenze für das berechtigte Informationsinteresse der Öffentlichkeit an der aktuellen Berichterstattung zu ziehen ist, lässt sich nur unter Berücksichtigung der jeweiligen Umstände des Einzelfalls entscheiden.
11
Zum Kern der Presse- und der Meinungsbildungsfreiheit gehört, dass die Presse in den gesetzlichen Grenzen einen ausreichenden Spielraum besitzt, innerhalb dessen sie nach ihren publizistischen Kriterien entscheiden kann, was sie des öffentlichen Interesses für wert hält, und dass sich im Meinungsbildungsprozess herausstellt, was eine Angelegenheit von öffentlichem Interesse ist (vgl. Senat, Urteile vom 15. November 2005 - VI ZR 286/04 - aaO, 275; vom 6. März 2007 - VI ZR 51/06 - aaO, 1979 f.; BVerfG, BVerfGE 101, 361, 392). Auch der EGMR hat in seinem Urteil vom 24. Juni 2004 (NJW 2004, 2647, 2649 f., §§ 58, 60, 63) die Bedeutung der Pressefreiheit unter Hinweis auf Art. 10 EMRK hervorgehoben und ausgeführt, dass die Presse in einer demokratischen Gesellschaft eine wesentliche Rolle spiele und es ihre Aufgabe sei, Informationen und Ideen zu allen Fragen von Allgemeininteresse weiterzugeben. Das steht mit dem oben dargelegten Begriff der Zeitgeschichte in Einklang.
12
a) Die Anwendung des § 23 Abs. 1 KUG erfordert hiernach eine Abwägung zwischen den Rechten der Abgebildeten nach Art. 8 Abs. 1 EMRK, Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG einerseits und den Rechten der Presse aus Art. 10 Abs. 1 EMRK, Art. 5 Abs. 1 GG andererseits. Die Grundrechte der Pressefreiheit (Art. 5 Abs. 1 GG) und des Schutzes der Persönlichkeit (Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG) sind ihrerseits nicht vorbehaltlos gewährleistet und werden von §§ 22 f. KUG sowie Art. 8 und 10 EMRK beeinflusst, wie der Senat schon mehrfach näher ausgeführt hat (vgl. Urteile vom 1. Juli 2008 - VI ZR 67/08 - aaO und - VI ZR 243/06 - aaO).
13
b) Die Reichweite des Schutzes des Rechts am eigenen Bild wird davon beeinflusst, ob eine Information in die breite Öffentlichkeit der Massenmedien überführt wird und damit nicht auf einen engen Personenkreis begrenzt bleibt. Andererseits wird das Gewicht der das Persönlichkeitsrecht gegebenenfalls beschränkenden Pressefreiheit davon beeinflusst, ob die Berichterstattung eine Angelegenheit betrifft, welche die Öffentlichkeit wesentlich berührt (vgl. BVerfG, BVerfGE 7, 198, 212; NJW 2006, 1865; EGMR, Urteil vom 17. Oktober 2006, Beschwerde-Nr. 71678/01, Gourguenidze gegen Georgien, § 55). Mit der Entscheidung , ein Bild einer Person abzudrucken und in den Kontext eines be- stimmten Berichts zu rücken, nutzen die Medien ihre grundrechtlich geschützte Befugnis, selbst zu entscheiden, was sie für berichtenswert halten. Dabei haben sie jedoch den Persönlichkeitsschutz Betroffener zu berücksichtigen.
14
Wie das Bundesverfassungsgericht in seinem Beschluss vom 26. Februar 2008 (- 1 BvR 1602/07 u.a. - aaO, 1796) dargelegt hat, können prominente Personen der Allgemeinheit Möglichkeiten der Orientierung bei eigenen Lebensentwürfen bieten sowie Leitbild- oder Kontrastfunktionen erfüllen. Auch die Normalität ihres Alltagslebens kann der Meinungsbildung zu Fragen von allgemeinem Interesse dienen (so bereits BVerfG, BVerfGE 101, 361, 390 f.). Das gilt auch für die Bebilderung unterhaltender Beiträge als einen wesentlichen Bestandteil der Medienbetätigung, der durch die Pressefreiheit geschützt wird, zumal der publizistische und wirtschaftliche Erfolg der Presse auf unterhaltende Inhalte und entsprechende Abbildungen angewiesen sein kann und die Bedeutung visueller Darstellungen beträchtlich zugenommen hat. Hiernach gilt die Pressefreiheit auch für unterhaltende Beiträge über das Privatoder Alltagsleben von Prominenten und ihres sozialen Umfelds einschließlich ihnen nahestehender Personen. Allerdings bedarf es gerade bei unterhaltenden Inhalten der begleitenden Texte in besonderem Maß einer abwägenden Berücksichtigung der kollidierenden Rechtspositionen der Betroffenen.
15
Für die Abwägung zwischen der Pressefreiheit und dem Persönlichkeitsrecht des Betroffenen ist von maßgeblicher Bedeutung, ob die Presse im konkreten Fall eine Angelegenheit von öffentlichem Interesse ernsthaft und sachbezogen erörtert, damit den Informationsanspruch des Publikums erfüllt und zur Bildung der öffentlichen Meinung beiträgt oder ob sie lediglich die Neugier der Leser nach privaten Angelegenheiten prominenter Personen befriedigt (vgl. BVerfG, BVerfGE 34, 269, 283; 101, 361, 391). Insoweit hat das Bundesverfassungsgericht im Beschluss vom 26. Februar 2008 aaO hervorgehoben, dass das Selbstbestimmungsrecht der Presse nicht auch die Entscheidung umfasst, wie das Informationsinteresse zu gewichten ist, sondern diese Gewichtung zum Zweck der Abwägung mit gegenläufigen Interessen der Betroffenen vielmehr im Fall eines Rechtsstreits den Gerichten obliegt. Diese haben allerdings im Hinblick auf das Zensurverbot des Art. 5 Abs. 1 Satz 3 GG von einer inhaltlichen Bewertung - etwa als wertvoll oder wertlos, seriös oder unseriös o.ä. - abzusehen und sind auf die Prüfung beschränkt, in welchem Ausmaß der Bericht einen Beitrag für die öffentliche Meinungsbildung erbringen kann.
16
c) Der Informationswert einer Bildberichterstattung ist, soweit das Bild nicht schon als solches eine für die öffentliche Meinungsbildung bedeutsame Aussage enthält, im Kontext der dazugehörenden Wortberichterstattung zu ermitteln (vgl. Senat, BGHZ 158, 218, 223; Urteil vom 19. Oktober 2004 - VI ZR 292/03 - VersR 2005, 84, 85 f.). Beschränkt sich der begleitende Bericht allerdings darauf, lediglich einen Anlass für die Abbildung prominenter Personen zu schaffen, ohne dass die Berichterstattung einen Beitrag zur öffentlichen Meinungsbildung erkennen lässt (vgl. hierzu das Urteil des erkennenden Senats vom 1. Juli 2008 - VI ZR 243/06 - aaO, 1366), ist es nicht angezeigt, dem Veröffentlichungsinteresse den Vorrang vor dem Persönlichkeitsschutz einzuräumen.
17
d) Daneben sind bei einer Bildberichterstattung für die Gewichtung der Belange des Persönlichkeitsschutzes auch der Anlass und die zur Darlegungslast der Presse stehenden Umstände (vgl. BVerfG, Beschluss vom 26. Februar 2008 - 1 BvR 1602/07 u.a. - aaO) zu berücksichtigen, unter denen die Aufnahme entstanden ist, etwa unter Ausnutzung von Heimlichkeit oder beharrlicher Nachstellung. Auch ist bedeutsam, in welcher Situation der Betroffene erfasst und wie er dargestellt wird. Die Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts wiegt schwerer, wenn die visuelle Darstellung durch Ausbreitung von üblicherweise öffentlicher Erörterung entzogenen Einzelheiten des privaten Lebens thematisch die Privatsphäre berührt oder wenn der Betroffene nach den Umständen typischer Weise die berechtigte Erwartung haben durfte, nicht in den Medien abgebildet zu werden. Das kann nicht nur bei einer durch räumliche Privatheit geprägten Situation, sondern außerhalb örtlicher Abgeschiedenheit auch in Momenten der Entspannung oder des Sich-Gehen-Lassens außerhalb der Einbindung in die Pflichten des Berufs und des Alltags der Fall sein.
18
2. a) Diese Grundsätze sind auf Abbildungen des Klägers anzuwenden, da er als Person des öffentlichen Interesses anzusehen ist ("personnage public / public figure" in Abgrenzung zur "personnalité politique / politician" einerseits und "personne ordinaire / ordinary person" andererseits, vgl. EGMR, Urteile vom 11. Januar 2005, Beschwerde-Nr. 50774/99, Sciacca gegen Italien, §§ 27 ff. und vom 17. Oktober 2006 - Beschwerde-Nr. 71678/01, Gourguenidze gegen Georgien, § 57). Diese Einstufung hat nach den Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts zur Folge, dass über eine solche Person in größerem Umfang berichtet werden darf als über andere Personen, wenn die Information einen hinreichenden Nachrichtenwert mit Orientierungsfunktion im Hinblick auf eine die Allgemeinheit interessierende Sachdebatte hat und in die Abwägung keine schwerwiegenden Interessen des Betroffenen einzustellen sind, die einer Veröffentlichung entgegenstehen.
19
b) Für den Streitfall führt das zu folgender Abwägung:
20
aa) Das von der Beklagten veröffentlichte Foto zeigt den Kläger mit seiner Ehefrau laut Bildnebenschrift im Jahre 2003 auf einer Sonnenterrasse in Zürs am Arlberg. Das Bild ist unstreitig während des Erholungsaufenthalts der Eheleute entstanden, der auch bei "Prominenten" zum grundsätzlich geschützten Kernbereich der Privatsphäre gehört. Die begleitende Wortberichterstattung betrifft darüber hinaus die schwere Erkrankung des Klägers an einer Entzün- dung der Bauchspeicheldrüse und lässt anklingen, dass diese durch übermäßigen Alkoholgenuss verursacht sein kann. Sie hat damit jedoch auch bei großzügigem Verständnis keinen Bezug zu einem zeitgeschichtlichen Ereignis, sondern befasst sich ausschließlich mit der Privatsphäre des Klägers. Zu dieser gehört - was allerdings bei einem besonderen Personenkreis wie beispielsweise wichtigen Politikern, Wirtschaftsführern oder Staatsoberhäuptern anders sein kann (vgl. Senat, Urteil vom 6. März 2007 - VI ZR 51/06 - aaO, 1980) - die eigene Erkrankung (vgl. Senat, Urteil vom 5. Dezember 1995 - VI ZR 332/94 - VersR 1996, 339, 340; BVerfGE 32, 373, 379 f.; 101, 361, 382). Selbst wenn unter dem Blickpunkt gesundheitlicher Schäden durch Alkoholmissbrauch ein Informationsinteresse der Öffentlichkeit am Zusammenhang zwischen diesem und Erkrankungen der Bauchspeicheldrüse bejaht werden könnte, steht hier der beanstandeten Veröffentlichung das Interesse des Klägers am Schutz der eigenen Privatsphäre entgegen, zu der auch - mit den oben erwähnten Ausnahmen - der Gesundheitszustand gehört, also sein Interesse am Schutz privater Vorgänge, die einfach - wie das Bundesverfassungsgericht formuliert hat (NJW 2008, 39, 44) - nichts in der Öffentlichkeit zu suchen haben. Daran vermag nach Auffassung des erkennenden Senats auch der Bekanntheitsgrad des Klägers nichts zu ändern, weil es bei seinem Gesundheitszustand um eine höchstpersönliche Angelegenheit geht und nicht ersichtlich ist, weshalb dieser im konkreten Fall von Interesse für die Öffentlichkeit sein könnte (zu möglichen Ausnahmen vgl. Senat, BGHZ 171, 275, 286 f.). Auch der gleichzeitige Tod des Schwiegervaters des Klägers ändert hieran nichts.
21
Bei dieser Sachlage haben die Rechte der Presse aus Art. 10 EMRK, Art. 5 Abs. 1 GG im Streitfall hinter den Schutz des Persönlichkeitsrechts des Klägers (Art. 8 EMRK, Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG) zurückzutreten.
22
bb) Entgegen der Ansicht der Revision ändert sich an diesem Ergebnis nichts dadurch, dass der Kläger sich nach seiner lebensgefährlichen Erkrankung im April 2005, also geraume Zeit nach Entstehen der beanstandeten Aufnahme und zwei Tage nach Erscheinen des mit dieser bebilderten Artikels in Interviews zu seiner Erkrankung geäußert hat.
23
Zwar kann man sich im Allgemeinen nicht auf ein Recht zur Privatheit hinsichtlich solcher Tatsachen berufen, die man selbst der Öffentlichkeit preisgegeben hat (BVerfG, BVerfGE 101, 361, 385; Senat, Urteile vom 9. Dezember 2003 - VI ZR 373/02 - VersR 2004, 522, 524 und - VI ZR 404/02 - VersR 2004, 525, 526). Der Schutz der Privatsphäre vor öffentlicher Kenntnisnahme entfällt nämlich, soweit sich jemand selbst damit einverstanden zeigt, dass bestimmte, gewöhnlich als privat geltende Angelegenheiten öffentlich gemacht werden; die Erwartung, dass die Öffentlichkeit die Angelegenheiten oder Verhaltensweisen in einem Bereich mit Rückzugsfunktion nur begrenzt oder nicht zur Kenntnis nimmt, muss situationsübergreifend und konsistent zum Ausdruck gebracht werden (BVerfG, BVerfGE 101, 361, 385; Senat, Urteil vom 19. Oktober 2004 - VI ZR 292/03 - VersR 2005, 84, 85 f.). Dies gilt insbesondere für den Bildnisschutz bei Anwendung der §§ 22, 23 KUG.
24
Das beanstandete Foto stammt indes aus einer Zeit, zu der der Kläger seine Privatsphäre noch nicht preisgegeben hatte und in der seine Veröffentlichung mangels eines berechtigten Informationsinteresses als rechtswidrig anzusehen war. Wer - möglicherweise unter dem tatsächlichen Druck einer bereits erfolgten Berichterstattung - an die Öffentlichkeit tritt, muss nicht hinnehmen, dass eine weitere Berichterstattung über ihn mit Fotos bebildert wird, die der Öffentlichkeit zunächst nur unter Verletzung des Persönlichkeitsrechts zugänglich gemacht werden konnten. Insoweit kann ein überwiegendes Informationsinteresse der Öffentlichkeit nicht bejaht werden. Diesem Interesse kann ausrei- chend dadurch Rechnung getragen werden, dass zulässig zu veröffentlichendes Bildmaterial verwendet wird (vgl. Senat, Urteil vom 19. Oktober 2004 - VI ZR 292/03 - VersR 2005, 84, 86).
25
3. Nach allem ist die Revision der Beklagten mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen. Müller Greiner Diederichsen Pauge Zoll
Vorinstanzen:
LG Hamburg, Entscheidung vom 31.03.2006 - 324 O 463/05 -
OLG Hamburg, Entscheidung vom 21.11.2006 - 7 U 58/06 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR 243/06 Verkündet am:
1. Juli 2008
Holmes,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Zur Frage der Zulässigkeit einer Bildberichterstattung ohne Einwilligung der abgebildeten
Prominenten in einer Situation aus ihrem privaten Alltag (hier:
"Shopping mit Putzfrau auf Mallorca").
BGH, Urteil vom 1. Juli 2008 - VI ZR 243/06 - KG
LG Berlin
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 1. Juli 2008 durch die Vizepräsidentin Dr. Müller, den Richter Wellner, die
Richterin Diederichsen und die Richter Stöhr und Zoll

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 9. Zivilsenats des Kammergerichts vom 7. November 2006 unter Zurückweisung der weitergehenden Revision teilweise aufgehoben. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung und unter Abweisung der Klage im Übrigen teilweise abgeändert: Die Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes von bis zu 250.000 €, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, letzteres zu vollziehen an einem der Vorstandsmitglieder , zu unterlassen, das in "Bild der Frau" Nr. 33 vom 15. August 2005 auf Seite 49 veröffentlichte Foto erneut - wie geschehen - zu veröffentlichen. Die Klägerin hat die Kosten des ersten Rechtszuges zu tragen. Die Kosten des Berufungsverfahrens werden gegeneinander aufgehoben. Von den Gerichtskosten des Revisionsverfahrens trägt die Klägerin 3/8 und die Beklagte 5/8. Die außergerichtlichen Kosten des Revisionsverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Klägerin ist eine bekannte deutsche Fernsehjournalistin. Die Beklagte veröffentlichte in der von ihr verlegten Zeitschrift ein Foto, welches die Klägerin mit ihrer Putzfrau beim Einkaufen in Puerto Andratx auf Mallorca zeigt. Foto und dazugehöriger Text befanden sich auf einer bebilderten Seite mit der Überschrift "Was jetzt los ist auf Mallorca". Das Bild ist mit dem Begleittext versehen: "ARD-Talkerin … beim Shopping mit ihrer Putzfrau im Fischerdorf Puerto Andratx. Ihre Finca liegt romantisch zwischen Mandelbäumen am Rande von Andratx."
2
Auf entsprechenden Antrag der Klägerin hat das Landgericht die Beklagte verurteilt, zu unterlassen, "Bildnisse aus dem privaten Alltag der Klägerin zu veröffentlichen und/oder zu verbreiten und/oder veröffentlichen und/oder verbreiten zu lassen, wie in "Bild der Frau" Nr. 33 vom 15. August 2005 auf der Seite 49 geschehen."
3
Die gegen diese Verurteilung gerichtete Berufung der Beklagten hat das Kammergericht teilweise für begründet erachtet und die Beklagte nunmehr unter Klageabweisung im Übrigen - entsprechend einem von der Klägerin in der Berufungsinstanz gestellten (ersten) Hilfsantrag - dazu verurteilt, es zu unterlassen , "Fotos der Klägerin zu veröffentlichen wie in "Bild der Frau" Nr. 33 vom 15. August 2005 auf Seite 49 geschehen." Mit ihrer - vom Berufungsgericht zugelassenen - Revision verfolgt die Beklagte ihr Begehren weiter, soweit das Berufungsgericht zu ihrem Nachteil entschieden hat. Die Klägerin hat ihre Revision zurückgenommen.

Entscheidungsgründe:

I.

4
Das Berufungsgericht ist der Auffassung, der erste Hilfsantrag, mit dem die Klägerin es der Beklagten untersagen lassen wolle, "Fotos der Klägerin zu veröffentlichen wie in "Bild der Frau" Nr. 33 vom 15. August 2005 auf Seite 49 geschehen", sei zulässig und begründet. Der Antrag ziele auf eine Verurteilung der Beklagten entsprechend der "Kerntheorie", wonach ein Betroffener nicht nur eine exakte Wiederholung der Verletzungshandlung verbieten lassen könne, sondern auch einen künftigen wesensgleichen Eingriff, der von der konkreten Verletzungsform geringfügig abweiche. Charakteristisch sei im vorliegenden Fall, dass die Klägerin bei Besorgungen bzw. beim Flanieren auf Mallorca - sei es mit oder ohne Begleitung - abgebildet worden sei, ohne dass dem Bild ein zusätzlicher Nachrichtenwert hinsichtlich der Klägerin zukomme. Bei einer Abwägung im Rahmen der §§ 22, 23 KUG müsse - insbesondere unter Berücksichtigung der Entscheidungen des EGMR und des Bundesverfassungsgerichts - das Recht der Beklagten auf freie Berichterstattung gegenüber dem Persönlichkeitsrecht der Klägerin zurücktreten.

II.

5
Die Revision der Beklagten hat teilweise Erfolg, soweit sie sich gegen die Verurteilung der Beklagten nach dem ersten Hilfsantrag der Klägerin wendet.
6
1. Das Berufungsgericht hat das mit dem ersten Hilfsantrag begehrte Verbot, "Fotos der Klägerin zu veröffentlichen, wie in "Bild der Frau" Nr. 33 vom 15. August 2005 auf S. 49 geschehen", zutreffend dahin ausgelegt, dass dieser Antrag auf eine Verurteilung der Beklagten entsprechend der vorgenannten "Kerntheorie" zielt und damit hinreichend bestimmt ist im Sinne des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO.
7
2. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist der Hilfsantrag in dieser Form jedoch unbegründet, weil der Klägerin ein so weitgehender Unterlassungsanspruch aus einer entsprechenden Anwendung der §§ 1004 Abs. 1 Satz 2, 823 Abs. 1, Abs. 2 BGB i.V.m. §§ 22, 23 KUG, Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG nicht zusteht. Wie der erkennende Senat zwischenzeitlich entschieden hat, lässt sich die im Wettbewerbsrecht entwickelte "Kerntheorie" auf das Recht der Bildberichterstattung nicht übertragen (vgl. Senatsurteile vom 13. November 2007 - VI ZR 265/06 - VersR 2008, 552 und - VI ZR 269/06 - NJW 2008, 1593).
8
a) Der Senat hat in seiner neueren Rechtsprechung zur Zulässigkeit von Bildveröffentlichungen (vgl. Senatsurteile vom 6. März 2007 - VI ZR 13/06 - VersR 2007, 697 und - VI ZR 51/06 - VersR 2007, 957; vom 19. Juni 2007 - VI ZR 12/06 - VersR 2007, 1135 und vom 3. Juli 2007 - VI ZR 164/06 - VersR 2007, 1283) den in der Entscheidung des EGMR vom 24. Juni 2004 (von Hannover gegen Bundesrepublik Deutschland - NJW 2004, 2647 ff.) geäußerten Bedenken Rechnung getragen und zugleich klargestellt, dass es für die Zulässigkeit einer Bildveröffentlichung in jedem Einzelfall einer Abwägung zwischen dem Informationsinteresse der Öffentlichkeit und dem Interesse des Abgebildeten an dem Schutz seiner Privatsphäre bedarf, wobei die begleitende Wortberichterstattung eine wesentliche Rolle spielen kann.
9
b) Eine solche Interessenabwägung kann jedoch nicht in Bezug auf Bilder vorgenommen werden, die noch gar nicht bekannt sind und bei denen insbesondere offen bleibt, in welchem Kontext sie veröffentlicht werden (vgl. Senatsurteil BGHZ 158, 218, 224 ff.). Die entsprechenden Möglichkeiten sind derart vielgestaltig, dass sie mit einer "vorbeugenden" Unterlassungsklage selbst dann nicht erfasst werden können, wenn man diese auf "kerngleiche" Verletzungshandlungen beschränken wollte. Eine vorweggenommene Abwägung, die sich mehr oder weniger nur auf Vermutungen stützen könnte, und die im konkreten Verletzungsfall im Vollstreckungsverfahren nachgeholt werden müsste, verbietet sich schon im Hinblick auf die Bedeutung der betroffenen Grundrechte.
10
3. Die Klage ist jedoch begründet, soweit sich die Klägerin mit einem weiteren Hilfsantrag in der Berufungsinstanz gegen eine Wiederholung der konkreten Bildveröffentlichung gewandt hat. Da die Beklagte in ihrer Berufungsbegründung erklärt hat, sich an ihre vorgerichtlich abgegebene Unterlassungsverpflichtungserklärung nicht mehr gebunden zu fühlen, kann diesbezüglich eine Wiederholungsgefahr nicht verneint werden.
11
a) Der erkennende Senat hat bereits in mehreren neueren Entscheidungen das abgestufte Schutzkonzept der §§ 22, 23 KUG bei Bildveröffentlichungen von "Prominenten" unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des EGMR (insbes. Entscheidung vom 24. Juni 2004 - von Hannover gegen Bundesrepublik Deutschland - aaO) erläutert (vgl. etwa Urteile vom 19. Oktober 2004 - VI ZR 292/03 - VersR 2005, 84 ff.; vom 15. November 2005 - VI ZR 286/04 - VersR 2006, 274 ff.; vom 6. März 2007 - VI ZR 51/06 - VersR 2007, 957 ff. und vom 3. Juli 2007 - VI ZR 164/06 - VersR 2007, 1283 ff.). Verfassungsrechtliche Beanstandungen haben sich insoweit nicht ergeben (vgl. BVerfG, Beschluss vom 26. Februar 2008 - 1 BvR 1606/07 u.a. - NJW 2008, 1793 ff.).
12
aa) Nach diesem abgestuften Schutzkonzept dürfen Bildnisse einer Person grundsätzlich nur mit Einwilligung des Abgebildeten verbreitet werden (§ 22 KUG); hiervon macht § 23 Abs. 1 KUG eine Ausnahme, wenn es sich um Bildnisse aus dem Bereich der Zeitgeschichte handelt. Auch bei Personen, die un- ter dem Blickwinkel des zeitgeschichtlichen Ereignisses im Sinn des § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG an sich ohne ihre Einwilligung die Verbreitung ihres Bildnisses dulden müssten, ist eine Verbreitung der Abbildung unabhängig davon, ob sie sich an Orten der Abgeschiedenheit aufgehalten haben, aber dann nicht zulässig, wenn hierdurch berechtigte Interessen des Abgebildeten verletzt werden (§ 23 Abs. 2 KUG).
13
bb) Maßgebend für die Frage, ob es sich um ein Bildnis aus dem Bereich der Zeitgeschichte handelt, ist der Begriff des Zeitgeschehens. Dieser Begriff darf nicht zu eng verstanden werden. Im Hinblick auf den Informationsbedarf der Öffentlichkeit umfasst er nicht nur Vorgänge von historisch-politischer Bedeutung , sondern ganz allgemein das Zeitgeschehen, also alle Fragen von allgemeinem gesellschaftlichem Interesse. Er wird mithin vom Interesse der Öffentlichkeit bestimmt. Auch durch unterhaltende Beiträge kann Meinungsbildung stattfinden; solche Beiträge können die Meinungsbildung unter Umständen sogar nachhaltiger anregen und beeinflussen als sachbezogene Informationen (vgl. Senat, Urteile vom 9. Dezember 2003 - VI ZR 373/02 - VersR 2004, 522, 523 - mit Anmerkung v. Gerlach JZ 2004, 625 - und vom 6. März 2007 - VI ZR 51/06 - aaO S. 957, 958; BVerfG, BVerfGE 101, 361, 389 f.; NJW 2006, 2836, 2837). Das Informationsinteresse besteht indes nicht schrankenlos. Vielmehr wird der Einbruch in die persönliche Sphäre des Abgebildeten durch den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit begrenzt, so dass eine Berichterstattung keineswegs immer zulässig ist. Wo konkret die Grenze für das berechtigte Informationsinteresse der Öffentlichkeit an der aktuellen Berichterstattung zu ziehen ist, lässt sich nur unter Berücksichtigung der jeweiligen Umstände des Einzelfalles entscheiden.
14
cc) Zum Kern der Presse- und der Meinungsbildungsfreiheit gehört, dass die Presse in den gesetzlichen Grenzen einen ausreichenden Spielraum be- sitzt, innerhalb dessen sie nach ihren publizistischen Kriterien entscheiden kann, was sie des öffentlichen Interesses für wert hält, und dass sich im Meinungsbildungsprozess herausstellt, was eine Angelegenheit von öffentlichem Interesse ist (Senat, Urteile vom 15. November 2005 - VI ZR 286/04 - aaO, 275; vom 6. März 2007 - VI ZR 51/06 - aaO, 957 f.; BVerfG, BVerfGE 101, 361, 392; EGMR, Urteil vom 16. November 2004, Beschwerde-Nr. 53678/00, Karhuvaara und Iltalehti gegen Finnland, NJW 2006, 591, 592 f., §§ 38 ff.). Der EGMR hat in seinem Urteil vom 24. Juni 2004 (Beschwerde-Nr. 59320/00, von Hannover gegen Deutschland, aaO, §§ 58, 60, 63) die Bedeutung der Pressefreiheit unter Hinweis auf Art. 10 EMRK hervorgehoben und ausgeführt, dass die Presse in einer demokratischen Gesellschaft eine wesentliche Rolle spiele und es ihre Aufgabe sei, Informationen und Ideen zu allen Fragen von Allgemeininteresse weiterzugeben. Das steht auch mit dem oben dargelegten Begriff der Zeitgeschichte in Einklang.
15
dd) Die Vorschrift des § 23 Abs. 1 KUG nimmt nach Sinn und Zweck der Regelung und nach der Intention des Gesetzgebers in Ausnahme von dem Einwilligungserfordernis des § 22 KUG Rücksicht auf das Informationsinteresse der Allgemeinheit und auf die Pressefreiheit. Die Anwendung des § 23 Abs. 1 KUG erfordert hiernach eine Abwägung zwischen den Rechten der Abgebildeten nach Art. 8 Abs. 1 EMRK und Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG einerseits und den Rechten der Presse aus Art. 10 Abs. 1 EMRK und Art. 5 Abs. 1 GG andererseits. Die Grundrechte der Pressefreiheit (Art. 5 Abs. 1 GG) und des Schutzes der Persönlichkeit (Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG) sind ihrerseits nicht vorbehaltlos gewährleistet.
16
Die Pressefreiheit findet ihre Schranken nach Art. 5 Abs. 2 GG in den allgemeinen Gesetzen. Zu diesen zählen u.a. die §§ 22 f. KUG und auch Art. 8 EMRK. Die in §§ 22 f. KUG enthaltenen Regelungen sowie die von Art. 10 EMRK verbürgte Äußerungsfreiheit beschränken zugleich als Bestandteile der verfassungsmäßigen Ordnung gemäß Art. 2 Abs. 1 GG den Persönlichkeitsschutz. Die Auslegung und Anwendung solcher Schrankenregelungen und ihre abwägende Zuordnung zueinander durch die Gerichte hat der interpretationsleitenden Bedeutung der von der Schrankenregelung bestimmten Grundrechtsposition Rechnung zu tragen sowie die entsprechenden Gewährleistungen der europäischen Menschenrechtskonvention zu berücksichtigen. Hierbei ist zu beachten , dass bei der Bestimmung der Reichweite des durch Art. 8 Abs. 1 EMRK dem privaten Leben des Einzelnen gewährten Schutzes der situationsbezogene Umfang der berechtigten Privatheitserwartungen des Einzelnen zu berücksichtigen ist (vgl. BVerfG, Beschluss vom 21. August 2006 - 1 BvR 2606/04 u.a. - NJW 2006, 3406, 3408); auch kann die Gewährleistung des Art. 8 Abs. 1 EMRK einen Anspruch auf Schutz durch die staatlichen Gerichte vor Veröffentlichung von Bildnissen des Einzelnen aus seinem Alltagsleben einschließen (vgl. EGMR, Urteil vom 24. Juni 2004, Beschwerde-Nr. 59320/00, von Hannover gegen Deutschland, §§ 50 ff., aaO, 2648). Über die Reichweite dieses Schutzes ist im konkreten Fall durch Berücksichtigung der von Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG und Art. 10 Abs. 1 EMRK gewährleisteten Äußerungsfreiheit und ihrer in Art. 10 Abs. 2 EMRK geregelten Schranken ebenfalls im Wege der Abwägung zu entscheiden (vgl. EGMR, Beschluss vom 14. Juni 2005, BeschwerdeNr. 14991/02, Minelli gegen Schweiz; Urteil vom 17. Oktober 2006, Beschwerde -Nr. 71678/01, Gourguenidze gegen Georgien, §§ 38 ff.).
17
Das Grundrecht auf Schutz der Persönlichkeit unterliegt der Schrankenregelung des Art. 2 Abs. 1 Halbs. 2 GG. Schranken sind neben den Grundrechten wie Art. 5 Abs. 1 GG insbesondere die Vorschriften über die Veröffentlichung fotografischer Abbildungen von Personen in §§ 22 ff. KUG mit dem erwähnten abgestuften Schutzkonzept, das sowohl dem Schutzbedürfnis der abgebildeten Person wie den von den Medien wahrgenommenen Informationsin- teressen der Allgemeinheit Rechnung trägt (vgl. BVerfG, BVerfGE 35, 202, 224 f.; 101, 361, 387; Beschluss vom 26. Februar 2008 - 1 BvR 1606/07 u.a. - aaO, 1795). Daneben beschränkt die in Art. 10 EMRK verbürgte Freiheit der Äußerung und Verbreitung sowie des Empfangs von Meinungen unter Einschluss von Informationen den Schutz der Persönlichkeit. Der Schutz des Art. 10 Abs. 1 EMRK schließt insbesondere auch die Veröffentlichung von Fotoaufnahmen zur Bebilderung der Medienberichterstattung ein (vgl. BVerfG, Beschluss vom 26. Februar 2008 - 1 BvR 1606/07 u.a. - aaO, 1795; EGMR, Urteile vom 14. Dezember 2006, Beschwerde-Nr. 10520/02, Verlagsgruppe News GmbH gegen Österreich Nr. 2, § 29; vom 24. Juni 2004, Beschwerde-Nr. 59320/00, von Hannover gegen Deutschland, § 59, aaO, 2649). Über die Zulässigkeit von Beschränkungen dieses Rechts durch Maßnahmen der staatlichen Gerichte zum Schutz des Privatlebens des Abgebildeten ist nach der Rechtsprechung des EGMR gleichfalls im Wege einer Abwägung mit dem in Art. 8 EMRK verbürgten Anspruch auf Achtung des Privatlebens zu entscheiden (vgl. BVerfG, Beschluss vom 26. Februar 2008 - 1 BvR 1606/07 u.a. - aaO, 1795; EGMR, Urteil vom 17. Oktober 2006, Beschwerde-Nr. 71678/01, Gourguenidze gegen Georgien, § 37 f. m.w.N.). Bei der Abwägung mit kollidierenden Rechtsgütern unter Berücksichtigung der von Art. 5 Abs. 1 GG verbürgten Vermutung für die Zulässigkeit einer Berichterstattung der Presse, die zur Bildung der öffentlichen Meinung beitragen soll (vgl. BVerfGE 20, 162, 177; Beschluss vom 26. Februar 2008 - 1 BvR 1606/07 u.a. - aaO, 1796), ist der von Art. 10 Abs. 1 EMRK verbürgten Äußerungsfreiheit ein besonderes Gewicht dort beizumessen, wo die Berichterstattung der Presse einen Beitrag zu Fragen von allgemeinem Interesse leistet (vgl. BVerfG, Beschluss vom 26. Februar 2008 - 1 BvR 1606/07 u.a. - aaO, 1796; EGMR, Urteil vom 16. November 2004, Beschwerde -Nr. 53678/00, Karhuvaara und Iltalehti gegen Finnland, § 40; Urteil vom 1. März 2007, Beschwerde-Nr. 510/04, Tønsbergs Blad u.a. gegen Norwegen , § 82).
18
Die Garantie der Pressefreiheit dient nicht allein den subjektiven Rechten der Presse, sondern in gleicher Weise auch dem Schutz des Prozesses öffentlicher Meinungsbildung und damit der Meinungsbildungsfreiheit der Bürger. Äußerungen in der und durch die Presse wollen in der Regel zur Bildung der öffentlichen Meinung beitragen und haben daher zunächst die Vermutung der Zulässigkeit für sich, auch wenn sie die Rechtssphäre anderer berühren (vgl. BVerfG, BVerfGE 20, 162, 177; 66, 116, 133; 77, 346, 354). Nach der Rechtsprechung des EGMR besteht nur wenig Spielraum, die Gewährleistung des Art. 10 Abs. 1 EMRK zurücktreten zu lassen, falls eine Medienberichterstattung einen Bezug zu einer Sachdebatte von allgemeinem Interesse aufweist (vgl. EGMR, Urteile vom 22. Oktober 2007, Beschwerde-Nr. 21279/02 u.a., Lindon u.a. gegen Frankreich, § 45; vom 17. Dezember 2004, BeschwerdeNr. 49017/99, Pedersen und Baadsgaard gegen Dänemark, § 68 f.). Art. 5 Abs. 1 GG gebietet allerdings nicht, generell zu unterstellen, dass mit jeder visuellen Darstellung aus dem Privat- und Alltagsleben prominenter Personen ein Beitrag zur Meinungsbildung verbunden sei, der es für sich allein rechtfertigte, die Belange des Persönlichkeitsschutzes zurückzustellen.
19
ee) Nach diesen Grundsätzen wird die Reichweite des Schutzes des Rechts am eigenen Bild davon beeinflusst, ob eine Information in die breite Öffentlichkeit der Massenmedien überführt wird und damit nicht auf einen engen Personenkreis begrenzt bleibt. Andererseits wird das Gewicht der das Persönlichkeitsrecht gegebenenfalls beschränkenden Pressefreiheit davon beeinflusst, ob die Berichterstattung eine Angelegenheit betrifft, welche die Öffentlichkeit wesentlich berührt (vgl. BVerfG, BVerfGE 7, 198, 212; Beschluss vom 24. Januar 2006 - 1 BvR 2602/05 - NJW 2006, 1865; EGMR, Urteil vom 17. Oktober 2006, Beschwerde-Nr. 71678/01, Gourguenidze gegen Georgien, § 55). Mit der Entscheidung, ein Bild einer Person abzudrucken und in den Kontext eines bestimmten Berichts zu rücken, nutzen die Medien ihre grundrechtlich geschützte Befugnis, selbst zu entscheiden, was sie für berichtenswert halten. Dabei haben sie jedoch den Persönlichkeitsschutz Betroffener zu berücksichtigen.
20
Wie das Bundesverfassungsgericht in seinem Beschluss vom 26. Februar 2008 (- 1 BvR 1606/07 u.a. - aaO, 1796) dargelegt hat, können prominente Personen der Allgemeinheit Möglichkeiten der Orientierung bei eigenen Lebensentwürfen bieten sowie Leitbild- oder Kontrastfunktionen erfüllen. Auch die Normalität ihres Alltagslebens kann der Meinungsbildung zu Fragen von allgemeinem Interesse dienen (so bereits BVerfGE 101, 361, 391). Das gilt auch für unterhaltende Beiträge als einen wesentlichen Bestandteil der Medienbetätigung , der durch die Pressefreiheit geschützt wird, zumal der publizistische und wirtschaftliche Erfolg der Presse auf unterhaltende Inhalte und entsprechende Abbildungen angewiesen sein kann und die Bedeutung visueller Darstellungen beträchtlich zugenommen hat. Hiernach gilt die Pressefreiheit auch für unterhaltende Beiträge über das Privat- oder Alltagsleben von Prominenten und ihres sozialen Umfelds einschließlich ihnen nahestehender Personen. Allerdings bedarf es gerade bei unterhaltenden Inhalten in besonderem Maß der abwägenden Berücksichtigung der kollidierenden Rechtspositionen der Betroffenen.
21
Für die Abwägung zwischen der Pressefreiheit und dem Persönlichkeitsrecht des Betroffenen ist von maßgeblicher Bedeutung, ob die Presse im konkreten Fall eine Angelegenheit von öffentlichem Interesse ernsthaft und sachbezogen erörtert, damit den Informationsanspruch des Publikums erfüllt und zur Bildung der öffentlichen Meinung beiträgt oder ob sie lediglich die Neugier der Leser nach privaten Angelegenheiten prominenter Personen befriedigt (vgl. BVerfG, BVerfGE 34, 269, 283; 101, 361, 391).
22
Insoweit hat das BVerfG (Beschluss vom 26. Februar 2008 - 1 BvR 1606/07 u.a. - aaO, 1796) hervorgehoben, dass das Selbstbestimmungsrecht der Presse nicht auch die Entscheidung erfasst, wie das Informationsinteresse zu gewichten ist, sondern diese Gewichtung zum Zweck der Abwägung mit gegenläufigen Interessen der Betroffenen vielmehr im Fall eines Rechtsstreits den Gerichten obliegt. Diese haben allerdings im Hinblick auf das Zensurverbot des Art. 5 Abs. 1 Satz 3 GG von einer inhaltlichen Bewertung - etwa als wertvoll oder wertlos, seriös oder unseriös o.ä. - abzusehen und sind auf die Prüfung beschränkt, in welchem Ausmaß der Bericht einen Beitrag für die öffentliche Meinungsbildung erbringen kann.
23
ff) Der Informationswert einer Bildberichterstattung ist, soweit das Bild nicht schon als solches eine für die öffentliche Meinungsbildung bedeutsame Aussage enthält, im Kontext der dazugehörenden Wortberichterstattung zu ermitteln. Bilder können Wortberichte ergänzen und dabei der Erweiterung des Aussagegehalts dienen, etwa die Authentizität des Geschilderten unterstreichen. Auch können beigefügte Bilder der an dem berichteten Geschehen beteiligten Personen die Aufmerksamkeit des Lesers für den Wortbericht wecken (vgl. Senat, BGHZ 158, 218, 223; Urteil vom 19. Oktober 2004 - VI ZR 292/03 - NJW 2005, 594, 595 f.). Beschränkt sich der begleitende Bericht allerdings darauf , lediglich einen Anlass für die Abbildung prominenter Personen zu schaffen, ohne dass die Berichterstattung einen Beitrag zur öffentlichen Meinungsbildung erkennen lässt, ist es nicht angezeigt, dem Veröffentlichungsinteresse den Vorrang vor dem Persönlichkeitsschutz einzuräumen.
24
gg) Daneben sind bei einer Bildberichterstattung für die Gewichtung der Belange des Persönlichkeitsschutzes auch der Anlass und die Umstände zu berücksichtigen, unter denen die Aufnahme entstanden ist, etwa unter Ausnutzung von Heimlichkeit oder beharrlicher Nachstellung. Auch ist bedeutsam, in welcher Situation der Betroffene erfasst und wie er dargestellt wird. Die Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts wiegt schwerer, wenn die visuelle Darstellung durch Ausbreitung von üblicherweise öffentlicher Erörterung entzogenen Einzelheiten des privaten Lebens thematisch die Privatsphäre berührt oder wenn der Betroffene nach den Umständen typischer Weise die berechtigte Erwartung haben durfte, nicht in den Medien abgebildet zu werden. Das kann nicht nur bei einer durch räumliche Privatheit geprägten Situation, sondern außerhalb örtlicher Abgeschiedenheit auch in Momenten der Entspannung oder des Sich-Gehen-Lassens außerhalb der Einbindung in die Pflichten des Berufs und des Alltags der Fall sein.
25
b) Diese Grundsätze sind auf die Klägerin anzuwenden, da sie aufgrund ihrer langjährigen Tätigkeit als Nachrichtensprecherin, Fernsehjournalistin und -moderatorin als Person des öffentlichen Interesses anzusehen ist (vgl. zur Abgrenzung zwischen "personnage public / public figure", "personnalité politique / politician" und "personne ordinaire / ordinary person": EGMR, Urteile vom 11. Januar 2005, Beschwerde-Nr. 50774/99, Sciacca gegen Italien, §§ 27 ff.; vom 17. Oktober 2006 - Beschwerde-Nr. 71678/01, Gourguenidze gegen Georgien , § 57). Diese Einstufung hat nach den Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts zur Folge, dass über eine solche Person in größerem Umfang berichtet werden darf als über andere Personen, wenn die Information einen hinreichenden Nachrichtenwert mit Orientierungsfunktion im Hinblick auf eine die Allgemeinheit interessierende Sachdebatte hat und die Abwägung keine schwerwiegenden Interessen des Betroffenen ergibt, die einer Veröffentlichung entgegenstehen.
26
c) Im Streitfall führen diese Grundsätze zu folgender Abwägung:
27
Das beanstandete Bild zeigt - worauf der Begleittext selbst hinweist - die Klägerin in einer (völlig) belanglosen Situation beim "Shopping" mit ihrer Putzfrau im Fischerdorf Puerto Andratx auf Mallorca. Das beanstandete Bild ist Teil eines Berichts über "Was jetzt los ist auf Mallorca", in dem jeweils unter Beifügung von Fotografien über die Anwesenheit sog. Prominenter, u.a. der Klägerin, auf der Insel berichtet wird. Der Nachrichtenwert der Berichterstattung hat keinerlei Orientierungsfunktion im Hinblick auf eine die Allgemeinheit interessierende Sachdebatte, sondern beschränkt sich lediglich auf die Information, dass sich die Klägerin zurzeit auf Mallorca aufhalte, wo sie ein Ferienhaus besitze, und dort - wie viele andere Menschen auch - mitunter auch in Begleitung einkaufen gehe. Eine solche Berichterstattung, die nur der Befriedigung des Unterhaltungsinteresses bestimmter Leser dient, mag zwar möglicherweise - worauf es im Streitfall allerdings nicht ankommt - als reine Wortberichterstattung zulässig sein. Sie rechtfertigt es jedoch nicht, dass die Klägerin einen Eingriff in ihr Persönlichkeitsrecht durch Veröffentlichung eines Bildes in dieser zu ihrer Privatsphäre gehörenden Situation ohne ihre Einwilligung nach § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG hinnehmen muss. Insoweit ergibt die gebotene Abwägung zwischen dem Persönlichkeitsrecht der Klägerin und der Pressefreiheit der Beklagten, dass letztere zurückzutreten hat. Hieran vermag auch der Hinweis der Revision nichts zu ändern, dass die Klägerin bei anderen Gelegenheiten der Öffentlichkeit über die Presse Einblicke in ihr Privatleben gewährt habe (vgl. zu einem insoweit anders gelagerten Fall Senatsurteil vom 19. Oktober 2004 - VI ZR 292/03 - aaO mit Nichtannahmebeschluss des BVerfG VersR 2007, 849).

III.

28
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus §§ 91 Abs. 1, 92 Abs. 1, 565, 516 Abs. 3 ZPO. Müller Wellner Diederichsen Stöhr Zoll
Vorinstanzen:
LG Berlin, Entscheidung vom 22.06.2006 - 27 O 1126/05 -
KG Berlin, Entscheidung vom 07.11.2006 - 9 U 148/06 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR 373/02 Verkündet am:
9. Dezember 2003
Blum,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Grundsätzlich stellt es einen Eingriff in die Privatsphäre dar, wenn jemand unter
Überwindung bestehender Hindernisse oder mit geeigneten Hilfsmitteln (z.B. Teleobjektiv
, Leiter, Flugzeug) den räumlichen Lebensbereich eines anderen ausspäht.

b) Zu den Voraussetzungen unter denen Luftbildaufnahmen von Feriendomizilen
Prominenter ohne deren Zustimmung veröffentlicht werden dürfen.

c) Zur Haftung des "Störers" für eine mit einer Presseveröffentlichung verbundene
Rechtsverletzung.
BGH, Urteil vom 9. Dezember 2003 - VI ZR 373/02 - KG Berlin
LG Berlin
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 9. Dezember 2003 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Müller, den Richter
Dr. Greiner, die Richterin Diederichsen und die Richter Pauge und Zoll

für Recht erkannt:
Die Revisionen der Parteien gegen das Urteil des 9. Zivilsenats des Kammergerichts vom 1. Oktober 2002 werden zurückgewiesen. Die Kosten des Revisionsverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt von dem Beklagten Unterlassung der Veröffentlichung und/oder Verbreitung von Luftbildaufnahmen ihres Anwesens auf M. sowie einer Wegbeschreibung dorthin. Die Klägerin ist eine bekannte deutsche Fernsehjournalistin und Moderatorin. In zwei Büchern und drei Magazinen hat sie Bilder veröffentlicht, die die Außenanlagen ihrer Finca auf M. zeigen, die von ihr als Feriendomizil genutzt wird. Das Anwesen befindet sich abgelegen in hügeliger Landschaft in einem Naturschutzgebiet und ist ohne Wegbeschreibung schwer zu finden. Der Beklagte betreibt eine Presseagentur. Er verkauft u.a. Luftbildaufnahmen von Gebäuden und Grundstücken, die sogenannten Prominenten gehören oder von diesen bewohnt werden. Die Fotos nimmt der Beklagte von einem Hubschrauber aus auf. Für die Bilder wirbt er mit einer Bildermappe, die Luftbildaufnahmen entsprechender Grundstücke zeigt, denen eine Kurzbeschreibung der Örtlichkeit und der Gebäude sowie eine Wegbeschreibung mit einer Übersichtskarte von der Insel beigefügt ist. Auf der Karte ist die Lage der fotografierten Grundstücke durch Pfeile markiert. Die Mappe bietet der Beklagte auch über das Internet an. In ihr befinden sich zwei Luftbildaufnahmen von der Finca der Klägerin und den umliegenden Grundstücksbereichen mit namentlicher Zuordnung an die Klägerin. Die Redaktion der Fernsehzeitschrift "TV-M. " kaufte vom Beklagten eine der Aufnahmen und veröffentlichte sie mit einem Foto der Klägerin unter Nennung ihres Namens sowie mit der Wegbeschreibung und der markierten Übersichtskarte in ihrer Ausgabe Nr. 11/1999. Die Veröffentlichung war Teil eines als "Star Guide M. " und "Die geheimen Adressen der Stars" bezeichneten Artikels, in dem die Anwesen weiterer Prominenter gezeigt wurden.
Mit der auf Unterlassung der Veröffentlichung und Verbreitung der Luftbildaufnahmen unter Nennung ihres Namens und der Wegbeschreibung gerichteten Klage hatte die Klägerin vor dem Landgericht in vollem Umfang Erfolg. Auf die Berufung des Beklagten hat das Kammergericht das Urteil des Landgerichts teilweise abgeändert und die Klage auf Unterlassung der Veröffentlichung und/oder Verbreitung der Luftbildaufnahmen unter Nennung des Namens der Klägerin abgewiesen. Mit ihren zugelassenen Revisionen verfolgen beide Parteien ihr Begehren weiter, soweit sie in der Vorinstanz unterlegen sind.

Entscheidungsgründe:

I.

Nach Auffassung des Berufungsgerichts, kann die Klägerin nicht Unterlassung der Veröffentlichung und Verbreitung der Luftbildaufnahmen ihres Anwesens unter Nennung ihres Namens nach den §§ 823 Abs. 1, 1004 Abs. 1 BGB, Art. 1 Abs. 1 Satz 1, Art. 2 Abs. 1 GG verlangen. Zwar sei ein Eingriff in die Privatsphäre der Klägerin durch die Veröffentlichungen grundsätzlich gegeben. Die Privatsphäre sei nicht auf den vor Einblicken Dritter von vornherein verschlossenen inneren Teil der Wohnung beschränkt. Sie umfasse alle Grundstücksteile , die den räumlich-gegenständlichen Lebensmittelpunkt einer Person insgesamt ausmachten, sofern und soweit diese Bereiche üblicherweise oder durch bauliche oder landschaftliche Gegebenheiten von der Einsichtnahme durch Dritte ausgeschlossen seien. Denn nicht nur im Inneren einer Wohnung, sondern auch in sonstigen geschützten Grundstücksbereichen könne sich die Persönlichkeit des Grundstücksinhabers widerspiegeln. Die Veröffentlichung
von Fotografien eines Grundstücks unter Nennung des Eigentümers bzw. Bewohners greife deshalb jedenfalls dann in deren allgemeines Persönlichkeitsrecht ein, wenn die dadurch gewonnenen Einblicke in den privaten Bereich Dritten normalerweise verschlossen und nicht vom Willen der Betroffenen getragen seien. Niemand müsse es hinnehmen, daß seine Privatsphäre unter Überwindung bestehender Hindernisse mit entsprechenden Hilfsmitteln (z.B. Teleobjektiv, Leiter, Flugzeug) gleichsam "ausgespäht" werde. Die Feststellung eines Eingriffs in das allgemeine Persönlichkeitsrecht begründe allerdings für sich genommen noch nicht das Unterlassungsbegehren der Klägerin. Wegen der Eigenart des allgemeinen Persönlichkeitsrechts als Rahmenrecht sei seine Reichweite auf der Grundlage einer Güterabwägung im Einzelfall mit den schutzwürdigen Interessen der Gegenseite zu bestimmen. Diese Abwägung mit dem Recht des Beklagten auf freie Berichterstattung (Art. 5 Abs. 1 S. 1 und 2 GG) lasse letztlich den Eingriff rechtmäßig erscheinen. Zwar habe das Informationsinteresse der Öffentlichkeit an der hier in Rede stehenden Berichterstattung grundsätzlich nicht mehr Gewicht als das Persönlichkeitsrecht der Klägerin, da Ziel und Zweck einer solchen Berichterstattung geradezu auf einen Eingriff in die Privatsphäre gerichtet seien. Doch sei die Klägerin nicht schutzwürdig, weil sie selbst in dem Buch "Socke und Konsorten" Fotos von Teilbereichen der Außenanlagen der Finca veröffentlicht habe. Die Klägerin habe die durch das Buch, Interviews und weitere eigene Veröffentlichungen geweckte Neugier der Öffentlichkeit zum Teil befriedigt, indem sie Fotos von sich auf der Terrasse ihres Hauses, am Pool und im Garten veröffentlicht oder die Veröffentlichung - auch noch in jüngster Zeit - gestattet habe. Wer seine Privatsphäre in bestimmten Bereichen der Öffentlichkeit zugänglich mache, könne sich nicht gleichzeitig auf den von der Öffentlichkeit abgewandten Privatsphärenschutz berufen. Auch wenn die Klägerin nur Aufnahmen zur Veröffentlichung freigegeben habe, auf denen das Grundstück als solches nicht identifi-
zierbar sei, müsse sie sich entgegenhalten lassen, daß sie ihr Grundstück nicht konsequent von jeglicher Bildberichterstattung freigehalten habe. Hingegen habe der Beklagte die Veröffentlichung und Verbreitung der Wegbeschreibung zum Haus der Klägerin zu unterlassen. Hierdurch werde sie in ihrem allgemeinen Persönlichkeitsrecht in seiner Ausprägung als Recht auf informationelle Selbstbestimmung rechtswidrig verletzt (§§ 823 Abs. 1, 1004 Abs. 1 BGB, Art. 1 Abs. 1 Satz 1, 2 Abs. 1 GG). Das Recht auf Geheimhaltung der Privatadresse überwiege selbst bei absoluten Personen der Zeitgeschichte das Informationsinteresse der Öffentlichkeit. Dies gelte jedenfalls dann, wenn die Verbreitung der Privatadresse - hier in Form einer Wegbeschreibung - lediglich dem Zweck diene, den Betroffenen und seine räumlich gegenständliche Privatsphäre für die Öffentlichkeit erreichbar zu machen. Die Möglichkeit des Eindringens Dritter in den privaten Bereich der Klägerin sei bei derartigen Veröffentlichungen nicht von der Hand zu weisen und müsse nicht hingenommen werden. Im vorliegenden Fall habe die Zeitschrift "TV-M. " in ihrer Beschreibung die Leser sogar aufgefordert, die Grundstücke aufzusuchen, solange die Prominenten noch dort ansässig seien. Das müsse sich der Beklagte zurechnen lassen. Er hafte für die Veröffentlichung auch wenn er die Wegangabe lediglich dem recherchierenden Journalisten von "TV-M. " mitgeteilt habe, damit dieser in der Lage sei, das Grundstück aufzufinden. Mit der Weitergabe habe er an der Verbreitung und Veröffentlichung mitgewirkt. Die Klägerin müsse diese Rechtsverletzung auch nicht deshalb dulden, weil die Lage des Grundstücks allgemein bekannt sei und sie den Namen ihres Landhauses in ihren Veröffentlichungen publik gemacht habe. Es habe ganz offensichtlich einen anderen Stellenwert, ob einzelne Touristen durch individuelle Nachforschungen das Haus finden könnten oder ob es einer großen Öffentlichkeit der genauen Lage nach bekannt gemacht werde.

II.

Diese Überlegung halten revisionsrechtlicher Nachprüfung stand. A Revision der Klägerin Ein Anspruch der Klägerin gegen den Beklagten auf Unterlassung der Veröffentlichung bzw. Verbreitung der Luftbildaufnahmen unter Nennung ihres Namens ist nicht gegeben. 1. Das Berufungsgericht wertet das Verhalten des Beklagten zutreffend als einen Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht. Das von der Klägerin als Ruhe- und Erholungsort genutzte Anwesen war auch in seinem Außenbereich Teil des räumlichen Schutzbereichs ihrer Privatsphäre.
a) In Übereinstimmung mit der Auffassung des erkennenden Senats geht das Berufungsgericht davon aus, daß die Privatsphäre nicht an der Haustür endet, wenn sie auch zunächst den räumlich inneren Hausbereich umfaßt. Eine schützenswerte Privatsphäre besteht außerhalb des häuslichen Bereichs in gleicher Weise beispielsweise auch dann, wenn sich jemand in eine örtliche Abgeschiedenheit zurückgezogen hat, in der er objektiv erkennbar für sich allein sein will (dazu ausführlich BVerfGE 101, 361, 382 ff. unter cc; Senatsurteile, BGHZ 131, 332, 338 ff. und vom heutigen Tag - VI ZR 404/02). Danach ist ein umfriedetes Grundstück jedenfalls dann der Privatsphäre zuzurechnen, wenn es dem Nutzer die Möglichkeit gibt, frei von öffentlicher Beobachtung zu sein.
b) Der Schutz der Privatsphäre entfällt nicht bereits deshalb, weil Vorbeikommende aufgrund der landschaftlichen Gegebenheiten Grundstücksteile einsehen können. Bei einem umfriedeten Wohngrundstück
bleibt der typisch private Charakter für Dritte bereits durch dessen erkennbaren Nutzungszweck bestimmt. 2. Die Einordnung des Grundstücks als räumlicher Schutzbereich der Privatsphäre besagt aber noch nichts darüber, ob bzw. inwieweit dieser Bereich selbst - neben dem Grundrechtsträger - am Grundrechtsschutz teilhat. Es stellt sich vielmehr die Frage, ob die Veröffentlichung und Verbreitung der Fotografien des Anwesens als solchem unter namentlicher Zuweisung an die Klägerin in deren Privatsphäre eingreift.
a) Eine Persönlichkeitsrechtsverletzung wird regelmäßig nicht gegeben sein, wenn lediglich das Fotografieren der Außenansicht eines Grundstücks von einer allgemein zugänglichen Stelle aus und die Verbreitung dieser Fotos in Frage stehen, weil die Aufnahmen nur den ohnehin nach außen gewandten Bereich betreffen. Ob demgegenüber die Veröffentlichung von Fotos umfriedeter Außenanlagen gegen den Willen des Grundstücksbesitzers eine Persönlichkeitsverletzung darstellt, läßt sich nur unter Berücksichtigung der konkreten Umstände für den Einzelfall beantworten. So verliert der Bereich, der lediglich zur Privatsphäre wird, weil sich jemand an einen Ort zurückzieht, der zwar einer begrenzten Öffentlichkeit zugänglich ist, in der konkreten Situation aber zu einem Ort der Abgeschiedenheit wird (vgl. Senatsurteil BGHZ 131, aaO), die Eigenschaft der Privatheit wieder, wenn diese besondere Situation endet, indem sich z.B. die betreffende Person entfernt oder von sich aus den Zutritt der Öffentlichkeit gestattet. Anders hingegen ist der häusliche Bereich zu beurteilen , der stets eine Rückzugsmöglichkeit gewähren soll.
b) Unter den Umständen des Streitfalls ist ein Eingriff in die Privatsphäre der Klägerin zu bejahen, auch wenn die Fotografien lediglich das
Anwesen ohne Personen zeigen. Das Berufungsgericht hält im vorliegenden Fall zu Recht für ausschlaggebend, daß der Beklagte die Bilder aufgenommen hat, um sie unter Nennung des Namens der Klägerin gegen deren Willen zu veröffentlichen und zu verbreiten. Der Beklagte dringt dadurch in die von der Klägerin durch die Umfriedung ihres Grundstücks dort geschaffene Privatsphäre ein und beeinträchtigt außerdem ihr Recht auf Selbstbestimmung bei der Offenbarung ihrer persönlichen Lebensumstände (vgl. zum Recht auf informationelle Selbstbestimmung: Senatsurteil vom 13. November 1990 - VI ZR 104/90 - VersR 1991, 433, 434 sowie vom heutigen Tag - VI ZR 404/02). Dieses Recht schützt nicht nur vor einer überzogenen Ausforschung von personenbezogenen Daten durch den Staat, sondern es weist auch auf der Ebene bürgerlichrechtlicher Verhältnisse dem Schutzbedürfnis der Person einen entsprechend hohen Rang gegenüber Eingriffen zu, die sie gegen ihren Willen für die Öffentlichkeit "verfügbar" machen (vgl. BVerfGE 84, 192, 194 f.; Senat, Urteil vom 12. Juli 1994 - VI ZR 1/94 - VersR 1994, 1116, 1117).
c) Das ist unter den Umständen des Falles anzunehmen. Durch die Beiordnung des Namens wird die Anonymität des Anwesens aufgehoben. Die Abbildungen werden einer Person zugeordnet und gewinnen einen zusätzlichen Informationsgehalt. Hierdurch entsteht die Gefahr, daß das Grundstück in seiner Eignung als Rückzugsort für die Klägerin beeinträchtigt wird. Die Information gewährt außerdem einem breiten Publikum Einblicke in Lebensbereiche, die sonst allenfalls den Personen bekannt werden , die im Vorübergehen oder Vorüberfahren das Anwesen betrachten und zudem in Erfahrung gebracht haben, daß die Klägerin dort wohnt. Hinzu kommt, daß der Beklagte, der mit dem Hubschrauber aus frei gewählter Position heraus fotografiert, den zur Sicherung der Privatheit
des Anwesens angebrachten Sichtschutz durchbricht und sich damit gegen den Willen des Berechtigten in gewisser Weise Zugang verschafft. Grundsätzlich muß niemand hinnehmen, daß seine Privatsphäre gegen seinen Willen unter Überwindung bestehender Hindernisse oder mit geeigneten Hilfsmitteln (z.B. Teleobjektiv, Leiter, Flugzeug) gleichsam "ausgespäht" wird, um daraus ein Geschäft zu machen und die so gewonnenen Einblicke Dritten gegen Bezahlung zur Verfügung zu stellen. Mit Recht wertet das Berufungsgericht unter diesen Umständen das Verhalten des Beklagten als Eingriff in die Privatsphäre. 3. In rechtlich einwandfreier Sicht hat es das Berufungsgericht für geboten erachtet, über die Klage aufgrund einer Abwägung des nach Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG verfassungsrechtlich geschützten allgemeinen Persönlichkeitsrechts der Klägerin mit dem gemäß Art. 5 Abs. 1 GG ebenfalls Verfassungsrang genießenden Recht des Beklagten auf Pressefreiheit zu entscheiden. Denn wegen der Eigenart des Persönlichkeitsrechts als eines Rahmenrechts liegt seine Reichweite nicht absolut fest, sondern muß grundsätzlich erst durch eine Güterabwägung mit den schutzwürdigen Interessen der anderen Seite bestimmt werden. Die Abwägung ist im Rahmen der auslegungsfähigen Tatbestandsmerkmale der zivilrechtlichen Vorschriften vorzunehmen und hat die besonderen Umstände des Falles zu berücksichtigen (vgl. BVerfGE 34, 238, 245 ff.; 35, 202, 224; BVerfG NJW 1990, 1980 und BVerfG NJW 2000, 2189; Senatsurteile BGHZ 24, 72, 79 f.; 27, 284, 289 f.; 73, 120, 124; vom 10. März 1987 - VI ZR 244/85 - VersR 1987, 778, 779; vom 13. Oktober 1987 - VI ZR 83/87 - VersR 1988, 379, 381; vom 13. November 1990 - VI ZR 104/90 - VersR 1991, 433, 434 und vom 29. Juni 1999 - VI ZR 264/98 - VersR 1999, 1250, 1251 m.w.N.).

a) Das Berufungsgericht geht richtig davon aus, daß dem Schutz der Privatsphäre als einem verfassungsmäßig garantierten Grundrecht stets - und zwar auch im Privatrecht - besondere Bedeutung zukommt (vgl. BVerfGE 35, 202, 220; Senatsurteile, BGHZ 24, 200, 208 f.; 73, 120, 122 f.; 131, 332, 337; vom 26. Januar 1965 - VI ZR 204/63 - JZ 1965, 411, 413 - Gretna Green;) und dieses Recht jedermann, auch einer Person der Zeitgeschichte zusteht (vgl. BGHZ 131, 332, 338).
b) Es hat weiterhin zutreffend angenommen, daß der Beklagte im Rahmen des Grundrechts auf Pressefreiheit (Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG) handelt, die die institutionelle Eigenständigkeit der Presse von der Beschaffung der Information bis zur Verbreitung der Nachricht und der Meinung gewährleistet (vgl. BVerfGE 10, 118, 121; 66, 116, 133; Senatsurteil , BGHZ 151, 26, 31 m.w.N.). Auch wenn die vom Beklagten unterstützte Berichterstattung über die Anwesen sogenannter Prominenter in erster Linie das Bedürfnis einer mehr oder minder breiten Leserschicht nach oberflächlicher Unterhaltung befriedigt ist sie vom Grundrecht der Pressefreiheit grundsätzlich umfaßt (vgl. BVerfGE 101, 361, 389 ff.; hierzu Senat, Urteil vom 29. Juni 1999 - VI ZR 264/98 - VersR 1999, 1250, 1251). Denn die Pressefreiheit gilt für alle Presseveröffentlichungen ohne Rücksicht auf ihren Wert (vgl. BVerfGE 25, 296, 307; 66, 116, 134; 101, 361, 389 ff.; Senat, Urteil vom 13. November 1990 - VI ZR 104/90 - VersR 1991, 433, 435). Der Informationswert spielt allerdings bei der beiderseitigen Interessenabwägung durchaus eine Rolle. Je größer der Informationswert für die Öffentlichkeit ist, desto mehr muß das Schutzinteresse desjenigen, über den informiert wird hinter den Informationsbelangen der Öffentlichkeit zurücktreten. Umgekehrt wiegt aber auch der Schutz der Persönlichkeit des Betroffenen um so schwerer, je geringer der Informati-
onswert für die Allgemeinheit ist (vgl. BVerfGE 101, 361, 391; BVerfG NJW 2000, 2194, 2195; Senat, BGHZ 131, 332, 342 m.w.N.).
c) Zutreffend geht das Berufungsgericht davon aus, daß an derartigen Luftbildaufnahmen ein verbreitetes Interesse besteht, das von den Medien entsprechend befriedigt wird. Des weiteren stoßen Wort- und Bildberichterstattungen über die beliebte Ferieninsel M. auf beträchtliche Beachtung, weil zum einen die Insel selbst im Blickpunkt steht, zum anderen aber auch Personen mit hohem Bekanntheitsgrad und deren Lebensgewohnheiten und Wohnverhältnisse auf der Insel. Auch die Klägerin als prominente Fernsehjournalistin zieht das Interesse eines breiten Publikums auf sich. All das stellt die Revision nicht in Frage. Mag auch dieses Interesse nicht als besonders wertvoll zu qualifizieren sein und insbesondere keine für die Allgemeinheit wichtigen Belange betreffen, so kann doch das Bedürfnis nach seiner Befriedigung nicht von vornherein als unberechtigt aus dem Schutzbereich der für die freiheitlich-demokratische Grundordnung schlechthin konstituierenden Pressefreiheit ausgegrenzt werden. Gerade bei der Presse muß vielmehr die Notwendigkeit einer Einschränkung der Freiheit der Berichterstattung überzeugend nachgewiesen werden (BVerfGE 35, 202, 221; 101, 361, 389 f.; Senat, Urteil vom 29. Juni 1999 - VI ZR 264/98 - VersR 1999, 1250, 1251). Auch durch unterhaltende Beiträge findet nämlich Meinungsbildung statt, sie können diese unter Umständen sogar nachhaltiger anregen und beeinflussen als sachbezogene Informationen. Unterhaltung in der Presse ist aus diesem Grund, gemessen am Schutzziel der Pressefreiheit, nicht unbeachtlich oder gar wertlos (BVerfGE 101, 361, 389 f.).
d) Diesem Gesichtspunkt kommt bei der Abwägung der betroffenen Grundrechtspositionen wesentliche Bedeutung zu. Insgesamt führt die
Abwägung zu dem Ergebnis, daß unter den besonderen Umständen des Streitfalls das Grundrecht aus Art. 5 Abs. 1 S. 1 und 2 GG das Schutzinteresse der Klägerin überwiegt. Da weder der Kernbereich der Privatsphäre berührt noch ihr räumlich gegenständlicher Schutzbereich nachhaltig beeinträchtigt werden, ist die Intensität des Eingriffs in die Privatsphäre der Klägerin gering. Insoweit hat die Klägerin nicht vorgetragen, daß sie aufgrund der streitgegenständlichen Bildveröffentlichungen in der Nutzung ihres Anwesens gestört worden sei oder daß die Verbreitung der Information , sie nutze ein ansehnliches Feriendomizil auf M. , negative Auswirkungen nach sich gezogen hätte. Bei dieser Sachlage ist nicht ersichtlich , daß ihr berechtigtes Interesse an einer ungestörten Privatsphäre durch die fragliche Veröffentlichung in seiner Substanz verletzt würde. Zudem handelt es sich vom Gegenstand der Abbildung her nicht um einen Eingriff in den Kernbereich der Privatsphäre, sondern nur in deren Randzone. Typischerweise werden Dinge als privat eingestuft, deren öffentliche Erörterung oder Zurschaustellung als unschicklich gilt, deren Bekanntwerden als peinlich empfunden wird oder nachteilige Reaktionen der Umwelt auslöst und die jedenfalls nicht für die Öffentlichkeit bestimmt sind (vgl. hierzu BVerfGE 101, 361, 382 f.). Demgegenüber geht es vorliegend um Lichtbildaufnahmen, die keine Personen zeigen, sondern auf denen lediglich Gebäude und Grundstücksteile in denkbar unpersönlicher Weise abgebildet sind und die von daher einen hohen Grad von Abstraktheit aufweisen. Hinzu kommt, daß sie ein Auffinden des Grundstücks nicht ermöglichen , sondern es hierfür einer Wegbeschreibung bedarf (hierzu unten B.).
e) Liegt mithin schon von der Intensität her kein schwerwiegender Eingriff in das Persönlichkeitsrecht der Klägerin vor, so wird dieser noch dadurch herabgemindert, daß die Klägerin selbst durch eigene Veröffentli-
chungen einem breiten Publikum ihre Wohn- und Lebensverhältnisse auf M. bekannt gemacht hat. (1) Was der erkennende Senat insoweit im Parallelverfahren - VI ZR 404/02 - im Urteil vom heutigen Tag ausgeführt hat, muß auch für den vorliegenden Fall gelten. Die dortige Klägerin hatte eine umfangreiche Wort- und Bildberichterstattung in deutschen Zeitungen und Zeitschriften sowie in dem Buch "M. - Exclusiv" über ihr Feriendomizil auf der Insel und ihr Leben dort teilweise hingenommen und teilweise sogar gebilligt. Da die oben beschriebenen Luftbildaufnahmen in der Sache kaum noch Neues hinzufügten, führt die Abwägung zwischen den Grundrechten aus den Artt. 1 und 2 und aus Art. 5 GG dazu, letzterem den Vorrang zu geben. (2) Das gilt erst recht für den vorliegenden Fall, in dem die Klägerin selbst den Teil ihrer Privatsphäre, dessen Schutz sie mit der Klage einfordert , durch Veröffentlichungen einem breiten Publikum bekannt gemacht hat. Die Informationen, daß sie eine Finca auf M. als Feriendomizil nutzt, läßt sich dem von ihr verfaßten Buch "Socke und Konsorten" zu entnehmen, das auch Fotos von ihrer Person auf der Terrasse des Hauses , am Pool und im Garten enthält. Erfolglos rügt die Revision hierzu, das Berufungsgericht gehe ohne hinreichende tatsächliche Grundlage von entsprechenden Vorveröffentlichungen durch die Klägerin aus. Das Buch befindet sich bei den Akten und hat in der mündlichen Verhandlung zur Augenscheinseinnahme vorgelegen. Unter diesen Umständen liegt auf der Hand, daß auch in diesem Fall das Grundrecht aus Art. 5 GG den Vorrang gegenüber dem nur unwesentlich beeinträchtigten Persönlichkeitsrecht der Klägerin verdient (vgl. Senat, Urteil vom 29. Juni 1999 - VI ZR 264/98 - VersR 1999, 1250, 1251).
B. Revision des Beklagten Auch die Revision des Beklagten bleibt erfolglos. Das Berufungsgericht hat zu Recht einen Anspruch der Klägerin auf Unterlassung der Veröffentlichung bzw. Verbreitung der Wegbeschreibung zum Haus der Klägerin nach §§ 823 Abs. 1, 1004 Abs. 1 BGB, Art. 1 Abs. 1 Satz 1, 2 Abs. 1 GG gegen den Beklagten bejaht. 1. Durch die Veröffentlichung der Wegbeschreibung wird das Recht der Klägerin auf informationelle Selbstbestimmung als Ausprägung ihres Anspruches auf Schutz ihrer Privatsphäre verletzt (BVerfGE 65, 1, 41 ff.; 72, 155, 170; 78, 77, 84; Senatsurteile vom 13. November 1990 - VI ZR 104/90 - VersR 1991, 433, 434 und vom 12. Juli 1994 - VI ZR 1/94 - VersR 1994, 1116, 1117). Auch dieses Recht ist nicht schrankenlos gewährleistet. Der einzelne hat keine absolute , uneingeschränkte Herrschaft über "seine" Daten; denn er entfaltet seine Persönlichkeit innerhalb der sozialen Gemeinschaft. In dieser stellt die Information , auch soweit sie personenbezogen ist, einen Teil der sozialen Realität dar, der nicht ausschließlich dem Betroffenen allein zugeordnet werden kann. Über die Spannungslage zwischen Individuum und Gemeinschaft ist im Sinne der Gemeinschaftsbezogenheit und -gebundenheit der Person zu entscheiden (vgl. BVerfGE 65, 1, 43 ff.; 78, 77, 85 ff.; 84, 192, 195; Senat, Urteil vom 13. November 1990 - VI ZR 104/90 - VersR 1991, 433, 434). 2. Das Berufungsgericht hat zu Recht angenommen, daß der Beklagte durch die Weitergabe der Wegbeschreibung an die Zeitschrift "TV-M. " dazu beigetragen hat, einer breiten Öffentlichkeit die genaue Lage des Grundstücks bekannt und dieses damit für einen unbestimmten Personenkreis wesentlich leichter erreichbar zu machen.
Zwar greift nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats die Ver- öffentlichung von Namen, Adresse und Telefonnummer im Einzelfall nicht rechtswidrig in die Privatsphäre ein, sofern diese personenbezogenen Daten von jedem ohne Mühe aus allgemein zugänglichen Quellen, wie z.B. aus dem Telefonbuch, ersichtlich sind und daher keine "sensiblen" Daten darstellen (Senat , Urteil vom 13. November 1990 - VI ZR 104/90 - VersR 1991, 433, 434; siehe auch LG Hamburg, Urteil vom 29. September 1995 - 324 O 387/95 - AfP 1996, 185, 186). Im vorliegenden Fall ist diese Voraussetzung aber schon deshalb nicht erfüllt, weil es eine allgemein zugängliche Sammlung von Wegbeschreibungen nicht gibt und eine Wegbeschreibung weit über eine Adressenangabe, wie sie Telefonbücher enthalten können, hinausgeht. 3. Die Klägerin hat die Beeinträchtigung ihres Rechts auf informationelle Selbstbestimmung auch nicht aus Gründen des Gemeinwohls oder im Hinblick auf das allgemeine Informationsinteresse hinzunehmen. Zutreffend nimmt das Berufungsgericht an, daß die Veröffentlichung der Wegbeschreibung allein dem Zweck dient, die Klägerin für die Öffentlichkeit erreichbar zu machen. Die öffentliche Bekanntgabe der genauen Lage der Finca setzt die Klägerin aber gerade einer erhöhten Gefahr des Eindringens Dritter in ihren privaten Bereich aus. Die Revision des Beklagten wendet dagegen erfolglos ein, das Anwesen sei bereits durch das Anbringen eines Namensschildes und aufgrund der vermarktenden Mitteilung des Namens "Cassis" in den Büchern der Klägerin für die breite Öffentlichkeit identifizierbar gemacht worden. Von einer Veröffentlichung mit dem der Wegbeschreibung vergleichbaren Informationsgehalt durch die Klägerin kann nicht ausgegangen werden. Nach den von der Revision nicht
angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts ist den Auszügen aus den Büchern der Klägerin bzw. Presseveröffentlichungen von April 2002 die genaue Lage des Anwesens nicht so zu entnehmen, daß es möglich wäre, ohne weitere Recherchen das Grundstück aufzusuchen. 4. Ohne Erfolg wendet sich schließlich die Revision gegen die Rechtsauffassung des Berufungsgerichts, daß der Beklagte als Störer für die Veröffentlichung der Wegbeschreibung verantwortlich sei.
a) Selbst wenn die Redaktion mit der Veröffentlichung eigenmächtig gehandelt haben sollte, wurde durch die Weitergabe der Wegbeschreibung durch den Beklagten deren Veröffentlichung und damit die Beeinträchtigung des Rechts der Klägerin jedenfalls ermöglicht. Aufgrund der Gesamtumstände der Übermittlung an die Redaktion von "TV-M. " zusammen mit den Fotos der Finca zum Zwecke der Veröffentlichung war naheliegend, daß die Wegbeschreibung ebenfalls veröffentlicht werden würde. Es ist daher, so das Berufungsgericht zu Recht, unerheblich, daß der Beklagte - wie er behauptet - die genaue Wegangabe dem recherchierenden Journalisten von TV-M. lediglich zu dem Zweck mitgeteilt habe, damit dieser in der Lage sei, das Grundstück zu finden. Da der Beklagte keinerlei Vorkehrungen getroffen hat, die Veröffentlichung trotz bestehender Veröffentlichungsgefahr zu verhindern, war diese und die damit verbundene Rechtsbeeinträchtigung zu befürchten.
b) Sind an einer Beeinträchtigung - wie im vorliegenden Fall - mehrere Personen beteiligt, so kommt es für die Frage, ob ein Unterlassungsanspruch gegeben ist, grundsätzlich nicht auf Art und Umfang des Tatbeitrages oder auf das Interesse des einzelnen Beteiligten an der Verwirklichung der Störung an (vgl. Senatsurteile vom 3. Februar 1976 - VI ZR 23/72 - NJW 1976, 799, 800 m.w.N. und vom 27. Mai 1986 - VI ZR 169/85 - VersR 1986, 1075, 1076). Der
Unterlassungsanspruch wegen einer Presseveröffentlichung richtet sich zwar grundsätzlich gegen den Verleger der beanstandeten Veröffentlichung sowie gegen die verantwortlichen Redakteure (Senat, BGHZ 39, 124, 129 - Fernsehansagerin; BGH, Urteil vom 3. Februar 1994 - I ZR 321/91 - NJW-RR 1994, 872, 873). Als (Mit-)Störer haftet - grundsätzlich unabhängig von Art und Umfang seines eigenen Tatbeitrags - aber auch jeder, der in irgendeiner Weise willentlich und adäquat kausal an der Herbeiführung der rechtswidrigen Beeinträchtigung mitgewirkt hat, wobei als Mitwirkung auch die Unterstützung oder die Ausnutzung der Handlung eines eigenverantwortlich handelnden Dritten genügt, sofern der in Anspruch Genommene die rechtliche Möglichkeit zur Verhinderung dieser Handlung hatte. Dem negatorischen Unterlassungsbegehren steht auch nicht entgegen, daß dem in Anspruch genommenen die Kenntnis der die Tatbestandsmäßigkeit und die Rechtswidrigkeit begründenden Umstände fehlen. Ebenso ist Verschulden nicht erforderlich (vgl. Senat, Urteil vom 3. Februar 1976 - VI ZR 23/72 - NJW 1976, 799, 800; BGH, Urteil vom 3. Februar 1994 - I ZR 321/91 - NJW-RR 1994, 872, 873; BGH, Urteil vom 2. Mai 1991 - I ZR 227/89 - NJW-RR 1991, 1258, 1259).
c) Die Verantwortlichkeit des Beklagten scheitert danach entgegen der Auffassung der Revision nicht deshalb, weil ihm die Veröffentlichung haftungsrechtlich nicht zugerechnet werden könnte. Das Berufungsgericht hat zutreffend den adäquaten Zusammenhang zwischen der Weitergabe der Wegbeschreibung und deren Veröffentlichung bejaht. Letztere war nach dem gewöhnlichen Verlauf der Dinge naheliegend, nachdem der Beklagte gegen die zu befürchtende Veröffentlichung keine durchgreifenden Vorkehrungen, z.B. in Form einer ausdrücklichen vertraglichen Einzelvereinbarung, getroffen hat. Es ist schon zweifelhaft, ob der allgemeine Hinweis in der Broschüre, auf den sich der Beklagte beruft, daß der Nachdruck auch auszugsweise ohne schriftliche Genehmigung nicht gestattet sei, sich gegen den Kunden richtet, der aufgrund eines
Vertrages das Material vom Beklagten bekommt. Jedenfalls ist er - wie der vorliegende Fall zeigt - völlig ungeeignet, die Veröffentlichung zu verhindern.

III.

Nach alledem sind beide Revisionen zurückzuweisen. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 97 Abs. 1, 92 Abs. 1 ZPO.
Müller Greiner Diederichsen Pauge Zoll

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR 243/06 Verkündet am:
1. Juli 2008
Holmes,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Zur Frage der Zulässigkeit einer Bildberichterstattung ohne Einwilligung der abgebildeten
Prominenten in einer Situation aus ihrem privaten Alltag (hier:
"Shopping mit Putzfrau auf Mallorca").
BGH, Urteil vom 1. Juli 2008 - VI ZR 243/06 - KG
LG Berlin
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 1. Juli 2008 durch die Vizepräsidentin Dr. Müller, den Richter Wellner, die
Richterin Diederichsen und die Richter Stöhr und Zoll

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 9. Zivilsenats des Kammergerichts vom 7. November 2006 unter Zurückweisung der weitergehenden Revision teilweise aufgehoben. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung und unter Abweisung der Klage im Übrigen teilweise abgeändert: Die Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes von bis zu 250.000 €, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, letzteres zu vollziehen an einem der Vorstandsmitglieder , zu unterlassen, das in "Bild der Frau" Nr. 33 vom 15. August 2005 auf Seite 49 veröffentlichte Foto erneut - wie geschehen - zu veröffentlichen. Die Klägerin hat die Kosten des ersten Rechtszuges zu tragen. Die Kosten des Berufungsverfahrens werden gegeneinander aufgehoben. Von den Gerichtskosten des Revisionsverfahrens trägt die Klägerin 3/8 und die Beklagte 5/8. Die außergerichtlichen Kosten des Revisionsverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Klägerin ist eine bekannte deutsche Fernsehjournalistin. Die Beklagte veröffentlichte in der von ihr verlegten Zeitschrift ein Foto, welches die Klägerin mit ihrer Putzfrau beim Einkaufen in Puerto Andratx auf Mallorca zeigt. Foto und dazugehöriger Text befanden sich auf einer bebilderten Seite mit der Überschrift "Was jetzt los ist auf Mallorca". Das Bild ist mit dem Begleittext versehen: "ARD-Talkerin … beim Shopping mit ihrer Putzfrau im Fischerdorf Puerto Andratx. Ihre Finca liegt romantisch zwischen Mandelbäumen am Rande von Andratx."
2
Auf entsprechenden Antrag der Klägerin hat das Landgericht die Beklagte verurteilt, zu unterlassen, "Bildnisse aus dem privaten Alltag der Klägerin zu veröffentlichen und/oder zu verbreiten und/oder veröffentlichen und/oder verbreiten zu lassen, wie in "Bild der Frau" Nr. 33 vom 15. August 2005 auf der Seite 49 geschehen."
3
Die gegen diese Verurteilung gerichtete Berufung der Beklagten hat das Kammergericht teilweise für begründet erachtet und die Beklagte nunmehr unter Klageabweisung im Übrigen - entsprechend einem von der Klägerin in der Berufungsinstanz gestellten (ersten) Hilfsantrag - dazu verurteilt, es zu unterlassen , "Fotos der Klägerin zu veröffentlichen wie in "Bild der Frau" Nr. 33 vom 15. August 2005 auf Seite 49 geschehen." Mit ihrer - vom Berufungsgericht zugelassenen - Revision verfolgt die Beklagte ihr Begehren weiter, soweit das Berufungsgericht zu ihrem Nachteil entschieden hat. Die Klägerin hat ihre Revision zurückgenommen.

Entscheidungsgründe:

I.

4
Das Berufungsgericht ist der Auffassung, der erste Hilfsantrag, mit dem die Klägerin es der Beklagten untersagen lassen wolle, "Fotos der Klägerin zu veröffentlichen wie in "Bild der Frau" Nr. 33 vom 15. August 2005 auf Seite 49 geschehen", sei zulässig und begründet. Der Antrag ziele auf eine Verurteilung der Beklagten entsprechend der "Kerntheorie", wonach ein Betroffener nicht nur eine exakte Wiederholung der Verletzungshandlung verbieten lassen könne, sondern auch einen künftigen wesensgleichen Eingriff, der von der konkreten Verletzungsform geringfügig abweiche. Charakteristisch sei im vorliegenden Fall, dass die Klägerin bei Besorgungen bzw. beim Flanieren auf Mallorca - sei es mit oder ohne Begleitung - abgebildet worden sei, ohne dass dem Bild ein zusätzlicher Nachrichtenwert hinsichtlich der Klägerin zukomme. Bei einer Abwägung im Rahmen der §§ 22, 23 KUG müsse - insbesondere unter Berücksichtigung der Entscheidungen des EGMR und des Bundesverfassungsgerichts - das Recht der Beklagten auf freie Berichterstattung gegenüber dem Persönlichkeitsrecht der Klägerin zurücktreten.

II.

5
Die Revision der Beklagten hat teilweise Erfolg, soweit sie sich gegen die Verurteilung der Beklagten nach dem ersten Hilfsantrag der Klägerin wendet.
6
1. Das Berufungsgericht hat das mit dem ersten Hilfsantrag begehrte Verbot, "Fotos der Klägerin zu veröffentlichen, wie in "Bild der Frau" Nr. 33 vom 15. August 2005 auf S. 49 geschehen", zutreffend dahin ausgelegt, dass dieser Antrag auf eine Verurteilung der Beklagten entsprechend der vorgenannten "Kerntheorie" zielt und damit hinreichend bestimmt ist im Sinne des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO.
7
2. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist der Hilfsantrag in dieser Form jedoch unbegründet, weil der Klägerin ein so weitgehender Unterlassungsanspruch aus einer entsprechenden Anwendung der §§ 1004 Abs. 1 Satz 2, 823 Abs. 1, Abs. 2 BGB i.V.m. §§ 22, 23 KUG, Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG nicht zusteht. Wie der erkennende Senat zwischenzeitlich entschieden hat, lässt sich die im Wettbewerbsrecht entwickelte "Kerntheorie" auf das Recht der Bildberichterstattung nicht übertragen (vgl. Senatsurteile vom 13. November 2007 - VI ZR 265/06 - VersR 2008, 552 und - VI ZR 269/06 - NJW 2008, 1593).
8
a) Der Senat hat in seiner neueren Rechtsprechung zur Zulässigkeit von Bildveröffentlichungen (vgl. Senatsurteile vom 6. März 2007 - VI ZR 13/06 - VersR 2007, 697 und - VI ZR 51/06 - VersR 2007, 957; vom 19. Juni 2007 - VI ZR 12/06 - VersR 2007, 1135 und vom 3. Juli 2007 - VI ZR 164/06 - VersR 2007, 1283) den in der Entscheidung des EGMR vom 24. Juni 2004 (von Hannover gegen Bundesrepublik Deutschland - NJW 2004, 2647 ff.) geäußerten Bedenken Rechnung getragen und zugleich klargestellt, dass es für die Zulässigkeit einer Bildveröffentlichung in jedem Einzelfall einer Abwägung zwischen dem Informationsinteresse der Öffentlichkeit und dem Interesse des Abgebildeten an dem Schutz seiner Privatsphäre bedarf, wobei die begleitende Wortberichterstattung eine wesentliche Rolle spielen kann.
9
b) Eine solche Interessenabwägung kann jedoch nicht in Bezug auf Bilder vorgenommen werden, die noch gar nicht bekannt sind und bei denen insbesondere offen bleibt, in welchem Kontext sie veröffentlicht werden (vgl. Senatsurteil BGHZ 158, 218, 224 ff.). Die entsprechenden Möglichkeiten sind derart vielgestaltig, dass sie mit einer "vorbeugenden" Unterlassungsklage selbst dann nicht erfasst werden können, wenn man diese auf "kerngleiche" Verletzungshandlungen beschränken wollte. Eine vorweggenommene Abwägung, die sich mehr oder weniger nur auf Vermutungen stützen könnte, und die im konkreten Verletzungsfall im Vollstreckungsverfahren nachgeholt werden müsste, verbietet sich schon im Hinblick auf die Bedeutung der betroffenen Grundrechte.
10
3. Die Klage ist jedoch begründet, soweit sich die Klägerin mit einem weiteren Hilfsantrag in der Berufungsinstanz gegen eine Wiederholung der konkreten Bildveröffentlichung gewandt hat. Da die Beklagte in ihrer Berufungsbegründung erklärt hat, sich an ihre vorgerichtlich abgegebene Unterlassungsverpflichtungserklärung nicht mehr gebunden zu fühlen, kann diesbezüglich eine Wiederholungsgefahr nicht verneint werden.
11
a) Der erkennende Senat hat bereits in mehreren neueren Entscheidungen das abgestufte Schutzkonzept der §§ 22, 23 KUG bei Bildveröffentlichungen von "Prominenten" unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des EGMR (insbes. Entscheidung vom 24. Juni 2004 - von Hannover gegen Bundesrepublik Deutschland - aaO) erläutert (vgl. etwa Urteile vom 19. Oktober 2004 - VI ZR 292/03 - VersR 2005, 84 ff.; vom 15. November 2005 - VI ZR 286/04 - VersR 2006, 274 ff.; vom 6. März 2007 - VI ZR 51/06 - VersR 2007, 957 ff. und vom 3. Juli 2007 - VI ZR 164/06 - VersR 2007, 1283 ff.). Verfassungsrechtliche Beanstandungen haben sich insoweit nicht ergeben (vgl. BVerfG, Beschluss vom 26. Februar 2008 - 1 BvR 1606/07 u.a. - NJW 2008, 1793 ff.).
12
aa) Nach diesem abgestuften Schutzkonzept dürfen Bildnisse einer Person grundsätzlich nur mit Einwilligung des Abgebildeten verbreitet werden (§ 22 KUG); hiervon macht § 23 Abs. 1 KUG eine Ausnahme, wenn es sich um Bildnisse aus dem Bereich der Zeitgeschichte handelt. Auch bei Personen, die un- ter dem Blickwinkel des zeitgeschichtlichen Ereignisses im Sinn des § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG an sich ohne ihre Einwilligung die Verbreitung ihres Bildnisses dulden müssten, ist eine Verbreitung der Abbildung unabhängig davon, ob sie sich an Orten der Abgeschiedenheit aufgehalten haben, aber dann nicht zulässig, wenn hierdurch berechtigte Interessen des Abgebildeten verletzt werden (§ 23 Abs. 2 KUG).
13
bb) Maßgebend für die Frage, ob es sich um ein Bildnis aus dem Bereich der Zeitgeschichte handelt, ist der Begriff des Zeitgeschehens. Dieser Begriff darf nicht zu eng verstanden werden. Im Hinblick auf den Informationsbedarf der Öffentlichkeit umfasst er nicht nur Vorgänge von historisch-politischer Bedeutung , sondern ganz allgemein das Zeitgeschehen, also alle Fragen von allgemeinem gesellschaftlichem Interesse. Er wird mithin vom Interesse der Öffentlichkeit bestimmt. Auch durch unterhaltende Beiträge kann Meinungsbildung stattfinden; solche Beiträge können die Meinungsbildung unter Umständen sogar nachhaltiger anregen und beeinflussen als sachbezogene Informationen (vgl. Senat, Urteile vom 9. Dezember 2003 - VI ZR 373/02 - VersR 2004, 522, 523 - mit Anmerkung v. Gerlach JZ 2004, 625 - und vom 6. März 2007 - VI ZR 51/06 - aaO S. 957, 958; BVerfG, BVerfGE 101, 361, 389 f.; NJW 2006, 2836, 2837). Das Informationsinteresse besteht indes nicht schrankenlos. Vielmehr wird der Einbruch in die persönliche Sphäre des Abgebildeten durch den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit begrenzt, so dass eine Berichterstattung keineswegs immer zulässig ist. Wo konkret die Grenze für das berechtigte Informationsinteresse der Öffentlichkeit an der aktuellen Berichterstattung zu ziehen ist, lässt sich nur unter Berücksichtigung der jeweiligen Umstände des Einzelfalles entscheiden.
14
cc) Zum Kern der Presse- und der Meinungsbildungsfreiheit gehört, dass die Presse in den gesetzlichen Grenzen einen ausreichenden Spielraum be- sitzt, innerhalb dessen sie nach ihren publizistischen Kriterien entscheiden kann, was sie des öffentlichen Interesses für wert hält, und dass sich im Meinungsbildungsprozess herausstellt, was eine Angelegenheit von öffentlichem Interesse ist (Senat, Urteile vom 15. November 2005 - VI ZR 286/04 - aaO, 275; vom 6. März 2007 - VI ZR 51/06 - aaO, 957 f.; BVerfG, BVerfGE 101, 361, 392; EGMR, Urteil vom 16. November 2004, Beschwerde-Nr. 53678/00, Karhuvaara und Iltalehti gegen Finnland, NJW 2006, 591, 592 f., §§ 38 ff.). Der EGMR hat in seinem Urteil vom 24. Juni 2004 (Beschwerde-Nr. 59320/00, von Hannover gegen Deutschland, aaO, §§ 58, 60, 63) die Bedeutung der Pressefreiheit unter Hinweis auf Art. 10 EMRK hervorgehoben und ausgeführt, dass die Presse in einer demokratischen Gesellschaft eine wesentliche Rolle spiele und es ihre Aufgabe sei, Informationen und Ideen zu allen Fragen von Allgemeininteresse weiterzugeben. Das steht auch mit dem oben dargelegten Begriff der Zeitgeschichte in Einklang.
15
dd) Die Vorschrift des § 23 Abs. 1 KUG nimmt nach Sinn und Zweck der Regelung und nach der Intention des Gesetzgebers in Ausnahme von dem Einwilligungserfordernis des § 22 KUG Rücksicht auf das Informationsinteresse der Allgemeinheit und auf die Pressefreiheit. Die Anwendung des § 23 Abs. 1 KUG erfordert hiernach eine Abwägung zwischen den Rechten der Abgebildeten nach Art. 8 Abs. 1 EMRK und Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG einerseits und den Rechten der Presse aus Art. 10 Abs. 1 EMRK und Art. 5 Abs. 1 GG andererseits. Die Grundrechte der Pressefreiheit (Art. 5 Abs. 1 GG) und des Schutzes der Persönlichkeit (Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG) sind ihrerseits nicht vorbehaltlos gewährleistet.
16
Die Pressefreiheit findet ihre Schranken nach Art. 5 Abs. 2 GG in den allgemeinen Gesetzen. Zu diesen zählen u.a. die §§ 22 f. KUG und auch Art. 8 EMRK. Die in §§ 22 f. KUG enthaltenen Regelungen sowie die von Art. 10 EMRK verbürgte Äußerungsfreiheit beschränken zugleich als Bestandteile der verfassungsmäßigen Ordnung gemäß Art. 2 Abs. 1 GG den Persönlichkeitsschutz. Die Auslegung und Anwendung solcher Schrankenregelungen und ihre abwägende Zuordnung zueinander durch die Gerichte hat der interpretationsleitenden Bedeutung der von der Schrankenregelung bestimmten Grundrechtsposition Rechnung zu tragen sowie die entsprechenden Gewährleistungen der europäischen Menschenrechtskonvention zu berücksichtigen. Hierbei ist zu beachten , dass bei der Bestimmung der Reichweite des durch Art. 8 Abs. 1 EMRK dem privaten Leben des Einzelnen gewährten Schutzes der situationsbezogene Umfang der berechtigten Privatheitserwartungen des Einzelnen zu berücksichtigen ist (vgl. BVerfG, Beschluss vom 21. August 2006 - 1 BvR 2606/04 u.a. - NJW 2006, 3406, 3408); auch kann die Gewährleistung des Art. 8 Abs. 1 EMRK einen Anspruch auf Schutz durch die staatlichen Gerichte vor Veröffentlichung von Bildnissen des Einzelnen aus seinem Alltagsleben einschließen (vgl. EGMR, Urteil vom 24. Juni 2004, Beschwerde-Nr. 59320/00, von Hannover gegen Deutschland, §§ 50 ff., aaO, 2648). Über die Reichweite dieses Schutzes ist im konkreten Fall durch Berücksichtigung der von Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG und Art. 10 Abs. 1 EMRK gewährleisteten Äußerungsfreiheit und ihrer in Art. 10 Abs. 2 EMRK geregelten Schranken ebenfalls im Wege der Abwägung zu entscheiden (vgl. EGMR, Beschluss vom 14. Juni 2005, BeschwerdeNr. 14991/02, Minelli gegen Schweiz; Urteil vom 17. Oktober 2006, Beschwerde -Nr. 71678/01, Gourguenidze gegen Georgien, §§ 38 ff.).
17
Das Grundrecht auf Schutz der Persönlichkeit unterliegt der Schrankenregelung des Art. 2 Abs. 1 Halbs. 2 GG. Schranken sind neben den Grundrechten wie Art. 5 Abs. 1 GG insbesondere die Vorschriften über die Veröffentlichung fotografischer Abbildungen von Personen in §§ 22 ff. KUG mit dem erwähnten abgestuften Schutzkonzept, das sowohl dem Schutzbedürfnis der abgebildeten Person wie den von den Medien wahrgenommenen Informationsin- teressen der Allgemeinheit Rechnung trägt (vgl. BVerfG, BVerfGE 35, 202, 224 f.; 101, 361, 387; Beschluss vom 26. Februar 2008 - 1 BvR 1606/07 u.a. - aaO, 1795). Daneben beschränkt die in Art. 10 EMRK verbürgte Freiheit der Äußerung und Verbreitung sowie des Empfangs von Meinungen unter Einschluss von Informationen den Schutz der Persönlichkeit. Der Schutz des Art. 10 Abs. 1 EMRK schließt insbesondere auch die Veröffentlichung von Fotoaufnahmen zur Bebilderung der Medienberichterstattung ein (vgl. BVerfG, Beschluss vom 26. Februar 2008 - 1 BvR 1606/07 u.a. - aaO, 1795; EGMR, Urteile vom 14. Dezember 2006, Beschwerde-Nr. 10520/02, Verlagsgruppe News GmbH gegen Österreich Nr. 2, § 29; vom 24. Juni 2004, Beschwerde-Nr. 59320/00, von Hannover gegen Deutschland, § 59, aaO, 2649). Über die Zulässigkeit von Beschränkungen dieses Rechts durch Maßnahmen der staatlichen Gerichte zum Schutz des Privatlebens des Abgebildeten ist nach der Rechtsprechung des EGMR gleichfalls im Wege einer Abwägung mit dem in Art. 8 EMRK verbürgten Anspruch auf Achtung des Privatlebens zu entscheiden (vgl. BVerfG, Beschluss vom 26. Februar 2008 - 1 BvR 1606/07 u.a. - aaO, 1795; EGMR, Urteil vom 17. Oktober 2006, Beschwerde-Nr. 71678/01, Gourguenidze gegen Georgien, § 37 f. m.w.N.). Bei der Abwägung mit kollidierenden Rechtsgütern unter Berücksichtigung der von Art. 5 Abs. 1 GG verbürgten Vermutung für die Zulässigkeit einer Berichterstattung der Presse, die zur Bildung der öffentlichen Meinung beitragen soll (vgl. BVerfGE 20, 162, 177; Beschluss vom 26. Februar 2008 - 1 BvR 1606/07 u.a. - aaO, 1796), ist der von Art. 10 Abs. 1 EMRK verbürgten Äußerungsfreiheit ein besonderes Gewicht dort beizumessen, wo die Berichterstattung der Presse einen Beitrag zu Fragen von allgemeinem Interesse leistet (vgl. BVerfG, Beschluss vom 26. Februar 2008 - 1 BvR 1606/07 u.a. - aaO, 1796; EGMR, Urteil vom 16. November 2004, Beschwerde -Nr. 53678/00, Karhuvaara und Iltalehti gegen Finnland, § 40; Urteil vom 1. März 2007, Beschwerde-Nr. 510/04, Tønsbergs Blad u.a. gegen Norwegen , § 82).
18
Die Garantie der Pressefreiheit dient nicht allein den subjektiven Rechten der Presse, sondern in gleicher Weise auch dem Schutz des Prozesses öffentlicher Meinungsbildung und damit der Meinungsbildungsfreiheit der Bürger. Äußerungen in der und durch die Presse wollen in der Regel zur Bildung der öffentlichen Meinung beitragen und haben daher zunächst die Vermutung der Zulässigkeit für sich, auch wenn sie die Rechtssphäre anderer berühren (vgl. BVerfG, BVerfGE 20, 162, 177; 66, 116, 133; 77, 346, 354). Nach der Rechtsprechung des EGMR besteht nur wenig Spielraum, die Gewährleistung des Art. 10 Abs. 1 EMRK zurücktreten zu lassen, falls eine Medienberichterstattung einen Bezug zu einer Sachdebatte von allgemeinem Interesse aufweist (vgl. EGMR, Urteile vom 22. Oktober 2007, Beschwerde-Nr. 21279/02 u.a., Lindon u.a. gegen Frankreich, § 45; vom 17. Dezember 2004, BeschwerdeNr. 49017/99, Pedersen und Baadsgaard gegen Dänemark, § 68 f.). Art. 5 Abs. 1 GG gebietet allerdings nicht, generell zu unterstellen, dass mit jeder visuellen Darstellung aus dem Privat- und Alltagsleben prominenter Personen ein Beitrag zur Meinungsbildung verbunden sei, der es für sich allein rechtfertigte, die Belange des Persönlichkeitsschutzes zurückzustellen.
19
ee) Nach diesen Grundsätzen wird die Reichweite des Schutzes des Rechts am eigenen Bild davon beeinflusst, ob eine Information in die breite Öffentlichkeit der Massenmedien überführt wird und damit nicht auf einen engen Personenkreis begrenzt bleibt. Andererseits wird das Gewicht der das Persönlichkeitsrecht gegebenenfalls beschränkenden Pressefreiheit davon beeinflusst, ob die Berichterstattung eine Angelegenheit betrifft, welche die Öffentlichkeit wesentlich berührt (vgl. BVerfG, BVerfGE 7, 198, 212; Beschluss vom 24. Januar 2006 - 1 BvR 2602/05 - NJW 2006, 1865; EGMR, Urteil vom 17. Oktober 2006, Beschwerde-Nr. 71678/01, Gourguenidze gegen Georgien, § 55). Mit der Entscheidung, ein Bild einer Person abzudrucken und in den Kontext eines bestimmten Berichts zu rücken, nutzen die Medien ihre grundrechtlich geschützte Befugnis, selbst zu entscheiden, was sie für berichtenswert halten. Dabei haben sie jedoch den Persönlichkeitsschutz Betroffener zu berücksichtigen.
20
Wie das Bundesverfassungsgericht in seinem Beschluss vom 26. Februar 2008 (- 1 BvR 1606/07 u.a. - aaO, 1796) dargelegt hat, können prominente Personen der Allgemeinheit Möglichkeiten der Orientierung bei eigenen Lebensentwürfen bieten sowie Leitbild- oder Kontrastfunktionen erfüllen. Auch die Normalität ihres Alltagslebens kann der Meinungsbildung zu Fragen von allgemeinem Interesse dienen (so bereits BVerfGE 101, 361, 391). Das gilt auch für unterhaltende Beiträge als einen wesentlichen Bestandteil der Medienbetätigung , der durch die Pressefreiheit geschützt wird, zumal der publizistische und wirtschaftliche Erfolg der Presse auf unterhaltende Inhalte und entsprechende Abbildungen angewiesen sein kann und die Bedeutung visueller Darstellungen beträchtlich zugenommen hat. Hiernach gilt die Pressefreiheit auch für unterhaltende Beiträge über das Privat- oder Alltagsleben von Prominenten und ihres sozialen Umfelds einschließlich ihnen nahestehender Personen. Allerdings bedarf es gerade bei unterhaltenden Inhalten in besonderem Maß der abwägenden Berücksichtigung der kollidierenden Rechtspositionen der Betroffenen.
21
Für die Abwägung zwischen der Pressefreiheit und dem Persönlichkeitsrecht des Betroffenen ist von maßgeblicher Bedeutung, ob die Presse im konkreten Fall eine Angelegenheit von öffentlichem Interesse ernsthaft und sachbezogen erörtert, damit den Informationsanspruch des Publikums erfüllt und zur Bildung der öffentlichen Meinung beiträgt oder ob sie lediglich die Neugier der Leser nach privaten Angelegenheiten prominenter Personen befriedigt (vgl. BVerfG, BVerfGE 34, 269, 283; 101, 361, 391).
22
Insoweit hat das BVerfG (Beschluss vom 26. Februar 2008 - 1 BvR 1606/07 u.a. - aaO, 1796) hervorgehoben, dass das Selbstbestimmungsrecht der Presse nicht auch die Entscheidung erfasst, wie das Informationsinteresse zu gewichten ist, sondern diese Gewichtung zum Zweck der Abwägung mit gegenläufigen Interessen der Betroffenen vielmehr im Fall eines Rechtsstreits den Gerichten obliegt. Diese haben allerdings im Hinblick auf das Zensurverbot des Art. 5 Abs. 1 Satz 3 GG von einer inhaltlichen Bewertung - etwa als wertvoll oder wertlos, seriös oder unseriös o.ä. - abzusehen und sind auf die Prüfung beschränkt, in welchem Ausmaß der Bericht einen Beitrag für die öffentliche Meinungsbildung erbringen kann.
23
ff) Der Informationswert einer Bildberichterstattung ist, soweit das Bild nicht schon als solches eine für die öffentliche Meinungsbildung bedeutsame Aussage enthält, im Kontext der dazugehörenden Wortberichterstattung zu ermitteln. Bilder können Wortberichte ergänzen und dabei der Erweiterung des Aussagegehalts dienen, etwa die Authentizität des Geschilderten unterstreichen. Auch können beigefügte Bilder der an dem berichteten Geschehen beteiligten Personen die Aufmerksamkeit des Lesers für den Wortbericht wecken (vgl. Senat, BGHZ 158, 218, 223; Urteil vom 19. Oktober 2004 - VI ZR 292/03 - NJW 2005, 594, 595 f.). Beschränkt sich der begleitende Bericht allerdings darauf , lediglich einen Anlass für die Abbildung prominenter Personen zu schaffen, ohne dass die Berichterstattung einen Beitrag zur öffentlichen Meinungsbildung erkennen lässt, ist es nicht angezeigt, dem Veröffentlichungsinteresse den Vorrang vor dem Persönlichkeitsschutz einzuräumen.
24
gg) Daneben sind bei einer Bildberichterstattung für die Gewichtung der Belange des Persönlichkeitsschutzes auch der Anlass und die Umstände zu berücksichtigen, unter denen die Aufnahme entstanden ist, etwa unter Ausnutzung von Heimlichkeit oder beharrlicher Nachstellung. Auch ist bedeutsam, in welcher Situation der Betroffene erfasst und wie er dargestellt wird. Die Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts wiegt schwerer, wenn die visuelle Darstellung durch Ausbreitung von üblicherweise öffentlicher Erörterung entzogenen Einzelheiten des privaten Lebens thematisch die Privatsphäre berührt oder wenn der Betroffene nach den Umständen typischer Weise die berechtigte Erwartung haben durfte, nicht in den Medien abgebildet zu werden. Das kann nicht nur bei einer durch räumliche Privatheit geprägten Situation, sondern außerhalb örtlicher Abgeschiedenheit auch in Momenten der Entspannung oder des Sich-Gehen-Lassens außerhalb der Einbindung in die Pflichten des Berufs und des Alltags der Fall sein.
25
b) Diese Grundsätze sind auf die Klägerin anzuwenden, da sie aufgrund ihrer langjährigen Tätigkeit als Nachrichtensprecherin, Fernsehjournalistin und -moderatorin als Person des öffentlichen Interesses anzusehen ist (vgl. zur Abgrenzung zwischen "personnage public / public figure", "personnalité politique / politician" und "personne ordinaire / ordinary person": EGMR, Urteile vom 11. Januar 2005, Beschwerde-Nr. 50774/99, Sciacca gegen Italien, §§ 27 ff.; vom 17. Oktober 2006 - Beschwerde-Nr. 71678/01, Gourguenidze gegen Georgien , § 57). Diese Einstufung hat nach den Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts zur Folge, dass über eine solche Person in größerem Umfang berichtet werden darf als über andere Personen, wenn die Information einen hinreichenden Nachrichtenwert mit Orientierungsfunktion im Hinblick auf eine die Allgemeinheit interessierende Sachdebatte hat und die Abwägung keine schwerwiegenden Interessen des Betroffenen ergibt, die einer Veröffentlichung entgegenstehen.
26
c) Im Streitfall führen diese Grundsätze zu folgender Abwägung:
27
Das beanstandete Bild zeigt - worauf der Begleittext selbst hinweist - die Klägerin in einer (völlig) belanglosen Situation beim "Shopping" mit ihrer Putzfrau im Fischerdorf Puerto Andratx auf Mallorca. Das beanstandete Bild ist Teil eines Berichts über "Was jetzt los ist auf Mallorca", in dem jeweils unter Beifügung von Fotografien über die Anwesenheit sog. Prominenter, u.a. der Klägerin, auf der Insel berichtet wird. Der Nachrichtenwert der Berichterstattung hat keinerlei Orientierungsfunktion im Hinblick auf eine die Allgemeinheit interessierende Sachdebatte, sondern beschränkt sich lediglich auf die Information, dass sich die Klägerin zurzeit auf Mallorca aufhalte, wo sie ein Ferienhaus besitze, und dort - wie viele andere Menschen auch - mitunter auch in Begleitung einkaufen gehe. Eine solche Berichterstattung, die nur der Befriedigung des Unterhaltungsinteresses bestimmter Leser dient, mag zwar möglicherweise - worauf es im Streitfall allerdings nicht ankommt - als reine Wortberichterstattung zulässig sein. Sie rechtfertigt es jedoch nicht, dass die Klägerin einen Eingriff in ihr Persönlichkeitsrecht durch Veröffentlichung eines Bildes in dieser zu ihrer Privatsphäre gehörenden Situation ohne ihre Einwilligung nach § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG hinnehmen muss. Insoweit ergibt die gebotene Abwägung zwischen dem Persönlichkeitsrecht der Klägerin und der Pressefreiheit der Beklagten, dass letztere zurückzutreten hat. Hieran vermag auch der Hinweis der Revision nichts zu ändern, dass die Klägerin bei anderen Gelegenheiten der Öffentlichkeit über die Presse Einblicke in ihr Privatleben gewährt habe (vgl. zu einem insoweit anders gelagerten Fall Senatsurteil vom 19. Oktober 2004 - VI ZR 292/03 - aaO mit Nichtannahmebeschluss des BVerfG VersR 2007, 849).

III.

28
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus §§ 91 Abs. 1, 92 Abs. 1, 565, 516 Abs. 3 ZPO. Müller Wellner Diederichsen Stöhr Zoll
Vorinstanzen:
LG Berlin, Entscheidung vom 22.06.2006 - 27 O 1126/05 -
KG Berlin, Entscheidung vom 07.11.2006 - 9 U 148/06 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR 67/08 Verkündet am:
1. Juli 2008
Holmes
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Abs. 2
Kann ein Bericht über die Vermietung der Ferienvilla einer Person des öffentlichen
Interesses Anlass für sozialkritische Überlegungen der Leser geben,
kann die Bebilderung dieses Berichts mit einem Foto des Eigentümers und seiner
Ehefrau auch ohne deren Einwilligung zulässig sein.
BGH, Urteil vom 1. Juli 2008 - VI ZR 67/08 - Hanseatisches OLG Hamburg
LG Hamburg
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 1. Juli 2008 durch die Vizepräsidentin Dr. Müller und die Richter
Dr. Greiner, Wellner, Pauge und Stöhr

für Recht erkannt:
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des 7. Zivilsenats des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg vom 31. Januar 2006 wird zurückgewiesen. Die Klägerin hat die Kosten der Revisionsverfahren zu tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Klägerin ist eine Schwester des regierenden Fürsten von Monaco. Die Beklagte verlegt die Zeitschrift "7 Tage". In der Ausgabe Nr.13/02 dieser Zeitschrift vom 20. März 2002 wurde berichtet, dass die Klägerin und ihr Ehemann ihre auf der Insel Lamu/Kenia gelegene Villa vermieten. Der Artikel ist unter der farblich hervorgehobenen Doppelzeile "In Prinzessin Carolines Bett schlafen Kein unerfüllbarer Wunsch!" überschrieben mit "Caroline und Ernst August vermieten ihre Traum-Villa".
2
Im Text, der um den als Block hervorgehobenen Satz "Auch die Reichen und Schönen sind sparsam. Viele vermieten ihre Villen an zahlende Gäste" platziert ist, wird u.a. ausgeführt:
3
"Längst haben auch die Reichen einen Hang zu ökonomischem Denken entwickelt. Warum ein Schloss, ein Haus einfach leer stehen lassen, wenn man selbst nicht anwesend ist? Besser, es an zahlende Gäste zu vermieten. Hollywood -Star Robert Redford, Lord Mountbatten, Cousin von Prinz Charles, Prinzgemahl Henrik von Dänemark tun es und - ja, auch Prinzessin Caroline und ihr Mann Prinz Ernst August.
4
Nur einmal im Jahr steuert das Ehepaar die Insel Lamu in Kenia an, ein Besitz, der seit mehr als zwanzig Jahren dem Welfen-Chef gehört."
5
Es folgt eine Beschreibung des Anwesens, seiner Lage und seiner Inneneinrichtung. Der Artikel fährt dann fort:
6
"Allerdings gibt es bei diesem 'privaten Gästehaus' einen 'kleinen' Haken: Trotz seiner Schlichtheit hat es einen stolzen Preis: Ein Tag in der Villa ... kostet 1.000 Dollar", wobei das Personal im Preis inbegriffen sei.
7
Illustriert ist der Bericht u.a. mit der beanstandeten Aufnahme, welche die Klägerin und ihren Ehemann in Urlaubskleidung auf einer öffentlichen Straße zusammen mit anderen Menschen zeigt.
8
Die Klägerin verlangt von der Beklagten, es zu unterlassen, diese Aufnahme erneut zu veröffentlichen. Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht dieses Urteil aufgehoben und die Klage abgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision begehrt die Klägerin, die Berufung der Beklagten gegen das erstinstanzliche Urteil zurückzuweisen. Der erkennende Senat hat mit Urteil vom 6. März 2007 das Berufungsurteil aufgehoben und die Berufung zurückgewiesen. Auf die Verfassungsbeschwerde der Beklagten hat der Erste Senat des Bundesverfassungsgerichts mit Beschluss vom 26. Februar 2008 ausgesprochen , dass das Urteil des Landgerichts und die Entscheidung des erkennenden Senats die Beklagte in ihrem Grundrecht aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG verletzen, und unter Aufhebung des Urteils des erkennenden Senats die Sache zur erneuten Entscheidung an den Bundesgerichtshof zurückverwiesen.

Entscheidungsgründe:

I.

9
Nach Auffassung des Berufungsgerichts hat die Beklagte nicht rechtswidrig in das Recht der Klägerin am eigenen Bild eingegriffen. Die Klägerin müsse als Person des öffentlichen Lebens hinnehmen, dass Aufnahmen, die sie im Rahmen eines Auftretens in der Öffentlichkeit abbildeten, auch ohne ihre Einwilligung verbreitet würden. Eine Person des öffentlichen Lebens, die sich - wie die Klägerin - im Urlaub auf offener Straße aufhalte, müsse mit einer gewissen Aufmerksamkeit rechnen und könne nicht davon ausgehen, von den Medien unbeobachtet zu bleiben. Dem öffentlichen Informationsinteresse sei deshalb der Vorrang einzuräumen. Die Bildveröffentlichung sei nicht zu beanstanden.

II.

10
Das Berufungsurteil hält nach den Grundsätzen der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 26. Februar 2008 (- 1 BvR 1606/07 u.a. - NJW 2008, 1793 ff.) revisionsrechtlicher Überprüfung im Ergebnis stand. Der Text des von den Parteien nicht beanstandeten Artikels, den die angegriffene Aufnahme bebildert hat, gestattete die Veröffentlichung des Bildnisses der Klägerin auch ohne deren Einwilligung.
11
1. Allerdings kann der Ansicht des Berufungsgerichts, die Klägerin habe auch ohne Einwilligung hinzunehmen, dass die streitgegenständliche Aufnahme verbreitet werde, in dieser Allgemeinheit nicht gefolgt werden. Diese Auffassung wird nicht in jeder Hinsicht dem abgestuften Schutzkonzept gerecht, das die Rechtsprechung aus §§ 22, 23 KUG entwickelt hat. Der erkennende Senat hat dieses Schutzkonzept in mehreren neuen Entscheidungen erläutert (vgl. etwa Urteile vom 19. Oktober 2004 - VI ZR 292/03 - VersR 2005, 84 ff.; vom 15. November 2005 - VI ZR 286/04 - VersR 2006, 274 ff.; vom 6. März 2007 - VI ZR 51/06 - VersR 2007, 957 ff.; vom 3. Juli 2007 - VI ZR 164/06 - VersR 2007, 1283 ff.). Verfassungsrechtliche Beanstandungen haben sich insoweit nicht ergeben (vgl. BVerfG, Beschluss vom 26. Februar 2008 - 1 BvR 1606/07 u.a. - NJW 2008, 1793 ff.).
12
Nach diesem abgestuften Schutzkonzept dürfen Bildnisse einer Person grundsätzlich nur mit Einwilligung des Abgebildeten verbreitet werden (§ 22 KUG); hiervon macht § 23 Abs. 1 KUG eine Ausnahme, wenn es sich um Bildnisse aus dem Bereich der Zeitgeschichte handelt. Auch bei Personen, die unter dem Blickwinkel des zeitgeschichtlichen Ereignisses im Sinn des § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG an sich ohne ihre Einwilligung die Verbreitung ihres Bildnisses dulden müssten, ist eine Verbreitung der Abbildung unabhängig davon, ob sie sich an Orten der Abgeschiedenheit aufgehalten haben, aber dann nicht zulässig, wenn hierdurch berechtigte Interessen des Abgebildeten verletzt werden (§ 23 Abs. 2 KUG).
13
Maßgebend für die Frage, ob es sich um ein Bildnis aus dem Bereich der Zeitgeschichte handelt, ist der Begriff des Zeitgeschehens. Dieser Begriff darf nicht zu eng verstanden werden. Im Hinblick auf den Informationsbedarf der Öffentlichkeit umfasst er nicht nur Vorgänge von historisch-politischer Bedeutung , sondern ganz allgemein das Zeitgeschehen, also alle Fragen von allgemeinem gesellschaftlichem Interesse. Er wird mithin vom Interesse der Öffentlichkeit bestimmt. Auch durch unterhaltende Beiträge kann Meinungsbildung stattfinden; solche Beiträge können die Meinungsbildung unter Umständen sogar nachhaltiger anregen und beeinflussen als sachbezogene Informationen (vgl. Senat, Urteile vom 9. Dezember 2003 - VI ZR 373/02 - VersR 2004, 522, 523 - mit Anmerkung v. Gerlach JZ 2004, 625 - und vom 6. März 2007 - VI ZR 51/06 - aaO S. 957, 958; BVerfG, BVerfGE 101, 361, 389 f.; NJW 2006, 2836, 2837). Das Informationsinteresse besteht indes nicht schrankenlos. Vielmehr wird der Einbruch in die persönliche Sphäre des Abgebildeten durch den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit begrenzt, so dass eine Berichterstattung keineswegs immer zulässig ist. Wo konkret die Grenze für das berechtigte Informationsinteresse der Öffentlichkeit an der aktuellen Berichterstattung zu ziehen ist, lässt sich nur unter Berücksichtigung der jeweiligen Umstände des Einzelfalles entscheiden.
14
Zum Kern der Presse- und der Meinungsbildungsfreiheit gehört, dass die Presse in den gesetzlichen Grenzen einen ausreichenden Spielraum besitzt, innerhalb dessen sie nach ihren publizistischen Kriterien entscheiden kann, was sie des öffentlichen Interesses für wert hält, und dass sich im Meinungsbildungsprozess herausstellt, was eine Angelegenheit von öffentlichem Interesse ist (Senat, Urteile vom 15. November 2005 - VI ZR 286/04 - aaO, 275; vom 6. März 2007 - VI ZR 51/06 - aaO, 957 f.; BVerfG, BVerfGE 101, 361, 392; Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte (künftig: EGMR), Urteil vom 16. November 2004, Beschwerde-Nr. 53678/00, Karhuvaara und Iltalehti gegen Finnland, NJW 2006, 591, 592 f., §§ 38 ff.). Der EGMR hat in seinem Urteil vom 24. Juni 2004 (Beschwerde-Nr. 59320/00, von Hannover gegen Deutschland, NJW 2004, 2647, 2649 f., §§ 58, 60, 63) die Bedeutung der Pressefreiheit unter Hinweis auf Art. 10 EMRK hervorgehoben und ausgeführt, dass die Presse in einer demokratischen Gesellschaft eine wesentliche Rolle spiele und es ihre Aufgabe sei, Informationen und Ideen zu allen Fragen von Allgemeininteresse weiterzugeben. Das steht auch mit dem oben dargelegten Begriff der Zeitgeschichte in Einklang.
15
a) Die Vorschrift des § 23 Abs. 1 KUG nimmt nach Sinn und Zweck der Regelung und nach der Intention des Gesetzgebers in Ausnahme von dem Einwilligungserfordernis des § 22 KUG Rücksicht auf das Informationsinteresse der Allgemeinheit und auf die Pressefreiheit. Die Anwendung des § 23 Abs. 1 KUG erfordert hiernach eine Abwägung zwischen den Rechten der Abgebildeten nach Art. 8 Abs. 1 EMRK und Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG einerseits und den Rechten der Presse aus Art. 10 Abs. 1 EMRK und Art. 5 Abs. 1 GG andererseits. Die Grundrechte der Pressefreiheit (Art. 5 Abs. 1 GG) und des Schutzes der Persönlichkeit (Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG) sind ihrerseits nicht vorbehaltlos gewährleistet.
16
Die Pressefreiheit findet ihre Schranken nach Art. 5 Abs. 2 GG in den allgemeinen Gesetzen. Zu diesen zählen u.a. die §§ 22 f. KUG und auch Art. 8 EMRK. Die in §§ 22 ff. KUG enthaltenen Regelungen sowie die von Art. 10 EMRK verbürgte Äußerungsfreiheit beschränken zugleich als Bestandteile der verfassungsmäßigen Ordnung gemäß Art. 2 Abs. 1 GG den Persönlichkeits- schutz. Die Auslegung und Anwendung solcher Schrankenregelungen und ihre abwägende Zuordnung zueinander durch die Gerichte hat der interpretationsleitenden Bedeutung der von der Schrankenregelung bestimmten Grundrechtsposition Rechnung zu tragen sowie die entsprechenden Gewährleistungen der europäischen Menschenrechtskonvention zu berücksichtigen. Hierbei ist zu beachten , dass bei der Bestimmung der Reichweite des durch Art. 8 Abs. 1 EMRK dem privaten Leben des Einzelnen gewährten Schutzes der situationsbezogene Umfang der berechtigten Privatheitserwartungen des Einzelnen zu berücksichtigen ist (vgl. BVerfG, Beschluss vom 21. August 2006 - 1 BvR 2606/04 u.a. - NJW 2006, 3406, 3408); auch kann die Gewährleistung des Art. 8 Abs. 1 EMRK einen Anspruch auf Schutz durch die staatlichen Gerichte vor Veröffentlichung von Bildnissen des Einzelnen aus seinem Alltagsleben einschließen (vgl. EGMR, Urteil vom 24. Juni 2004, Beschwerde-Nr. 59320/00, von Hannover gegen Deutschland, §§ 50 ff., aaO, 2648). Über die Reichweite dieses Schutzes ist im konkreten Fall durch Berücksichtigung der von Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG und Art. 10 Abs. 1 EMRK gewährleisteten Äußerungsfreiheit und ihrer in Art. 10 Abs. 2 EMRK geregelten Schranken ebenfalls im Wege der Abwägung zu entscheiden (vgl. EGMR, Beschluss vom 14. Juni 2005, BeschwerdeNr. 14991/02, Minelli gegen Schweiz; Urteil vom 17. Oktober 2006, Beschwerde -Nr. 71678/01, Gourguenidze gegen Georgien, §§ 38 ff.).
17
Das Grundrecht auf Schutz der Persönlichkeit unterliegt der Schrankenregelung des Art. 2 Abs. 1 Halbs. 2 GG. Schranken sind neben den Grundrechten wie Art. 5 Abs. 1 GG insbesondere die Vorschriften über die Veröffentlichung fotografischer Abbildungen von Personen in §§ 22 ff. KUG mit dem erwähnten abgestuften Schutzkonzept, das sowohl dem Schutzbedürfnis der abgebildeten Person wie den von den Medien wahrgenommenen Informationsinteressen der Allgemeinheit Rechnung trägt (vgl. BVerfG, BVerfGE 35, 202, 224 f.; 101, 361, 387; Beschluss vom 26. Februar 2008 - 1 BvR 1606/07 u.a. - aaO, 1795). Daneben beschränkt die in Art. 10 EMRK verbürgte Freiheit der Äußerung und Verbreitung sowie des Empfangs von Meinungen unter Einschluss von Informationen den Schutz der Persönlichkeit. Der Schutz des Art. 10 Abs. 1 EMRK schließt insbesondere auch die Veröffentlichung von Fotoaufnahmen zur Bebilderung der Medienberichterstattung ein (vgl. BVerfG, Beschluss vom 26. Februar 2008 - 1 BvR 1606/07 u.a. - aaO, 1795; EGMR, Urteile vom 14. Dezember 2006, Beschwerde-Nr. 10520/02, Verlagsgruppe News GmbH gegen Österreich Nr. 2, § 29; vom 24. Juni 2004, Beschwerde-Nr. 59320/00, von Hannover gegen Deutschland, § 59, aaO, 2649). Über die Zulässigkeit von Beschränkungen dieses Rechts durch Maßnahmen der staatlichen Gerichte zum Schutz des Privatlebens des Abgebildeten ist nach der Rechtsprechung des EGMR gleichfalls im Wege einer Abwägung mit dem in Art. 8 EMRK verbürgten Anspruch auf Achtung des Privatlebens zu entscheiden (vgl. BVerfG, Beschluss vom 26. Februar 2008 - 1 BvR 1606/07 u.a. - aaO, 1795; EGMR, Urteil vom 17. Oktober 2006, Beschwerde-Nr. 71678/01, Gourguenidze gegen Georgien, § 37 f. m.w.N.). Bei der Abwägung mit kollidierenden Rechtsgütern unter Berücksichtigung der von Art. 5 Abs. 1 GG verbürgten Vermutung für die Zulässigkeit einer Berichterstattung der Presse, die zur Bildung der öffentlichen Meinung beitragen soll (vgl. BVerfGE 20, 162, 177; Beschluss vom 26. Februar 2008 - 1 BvR 1606/07 u.a. - aaO, 1796), ist der von Art. 10 Abs. 1 EMRK verbürgten Äußerungsfreiheit ein besonderes Gewicht dort beizumessen, wo die Berichterstattung der Presse einen Beitrag zu Fragen von allgemeinem Interesse leistet (vgl. BVerfG, Beschluss vom 26. Februar 2008 - 1 BvR 1606/07 u.a. - aaO, 1796; EGMR, Urteil vom 16. November 2004, Beschwerde -Nr. 53678/00, Karhuvaara und Iltalehti gegen Finnland, § 40; Urteil vom 1. März 2007, Beschwerde-Nr. 510/04, Tønsbergs Blad u.a. gegen Norwegen , § 82).
18
Die Garantie der Pressefreiheit dient nicht allein den subjektiven Rechten der Presse, sondern in gleicher Weise auch dem Schutz des Prozesses öffentlicher Meinungsbildung und damit der Meinungsbildungsfreiheit der Bürger. Äußerungen in der und durch die Presse wollen in der Regel zur Bildung der öffentlichen Meinung beitragen und haben daher zunächst die Vermutung der Zulässigkeit für sich, auch wenn sie die Rechtssphäre anderer berühren (vgl. BVerfG, BVerfGE 20, 162, 177; 66, 116, 133; 77, 346, 354). Nach der Rechtsprechung des EGMR besteht nur wenig Spielraum, die Gewährleistung des Art. 10 Abs. 1 EMRK zurücktreten zu lassen, falls eine Medienberichterstattung einen Bezug zu einer Sachdebatte von allgemeinem Interesse aufweist (vgl. EGMR, Urteile vom 22. Oktober 2007, Beschwerde-Nr. 21279/02 u.a., Lindon u.a. gegen Frankreich, § 45; vom 17. Dezember 2004, BeschwerdeNr. 49017/99, Pedersen und Baadsgaard gegen Dänemark, § 68 f.). Art. 5 Abs. 1 GG gebietet allerdings nicht, generell zu unterstellen, dass mit jeder visuellen Darstellung aus dem Privat- und Alltagsleben prominenter Personen ein Beitrag zur Meinungsbildung verbunden sei, der es für sich allein rechtfertigte, die Belange des Persönlichkeitsschutzes zurückzustellen.
19
b) Nach diesen Grundsätzen wird die Reichweite des Schutzes des Rechts am eigenen Bild davon beeinflusst, ob eine Information in die breite Öffentlichkeit der Massenmedien überführt wird und damit nicht auf einen engen Personenkreis begrenzt bleibt. Andererseits wird das Gewicht der das Persönlichkeitsrecht gegebenenfalls beschränkenden Pressefreiheit davon beeinflusst, ob die Berichterstattung eine Angelegenheit betrifft, welche die Öffentlichkeit wesentlich berührt (vgl. BVerfG, BVerfGE 7, 198, 212; Beschluss vom 24. Januar 2006 - 1 BvR 2602/05 - NJW 2006, 1865; EGMR, Urteil vom 17. Oktober 2006, Beschwerde-Nr. 71678/01, Gourguenidze gegen Georgien, § 55). Mit der Entscheidung, ein Bild einer Person abzudrucken und in den Kontext eines bestimmten Berichts zu rücken, nutzen die Medien ihre grundrechtlich geschützte Befugnis, selbst zu entscheiden, was sie für berichtenswert halten. Dabei haben sie jedoch den Persönlichkeitsschutz Betroffener zu berücksichtigen.
20
Wie das Bundesverfassungsgericht in seinem Beschluss vom 26. Februar 2008 (- 1 BvR 1606/07 u.a. - aaO, 1796) dargelegt hat, können prominente Personen der Allgemeinheit Möglichkeiten der Orientierung bei eigenen Lebensentwürfen bieten sowie Leitbild- oder Kontrastfunktionen erfüllen. Auch die Normalität ihres Alltagslebens kann der Meinungsbildung zu Fragen von allgemeinem Interesse dienen (so bereits BVerfGE 101, 361, 391). Das gilt auch für unterhaltende Beiträge als einen wesentlichen Bestandteil der Medienbetätigung , der durch die Pressefreiheit geschützt wird, zumal der publizistische und wirtschaftliche Erfolg der Presse auf unterhaltende Inhalte und entsprechende Abbildungen angewiesen sein kann und die Bedeutung visueller Darstellungen beträchtlich zugenommen hat. Hiernach gilt die Pressefreiheit auch für unterhaltende Beiträge über das Privat- oder Alltagsleben von Prominenten und ihres sozialen Umfelds einschließlich ihnen nahestehender Personen. Allerdings bedarf es gerade bei unterhaltenden Inhalten in besonderem Maß der abwägenden Berücksichtigung der kollidierenden Rechtspositionen der Betroffenen.
21
Für die Abwägung zwischen der Pressefreiheit und dem Persönlichkeitsrecht des Betroffenen ist von maßgeblicher Bedeutung, ob die Presse im konkreten Fall eine Angelegenheit von öffentlichem Interesse ernsthaft und sachbezogen erörtert, damit den Informationsanspruch des Publikums erfüllt und zur Bildung der öffentlichen Meinung beiträgt oder ob sie lediglich die Neugier der Leser nach privaten Angelegenheiten prominenter Personen befriedigt (vgl. BVerfG, BVerfGE 34, 269, 283; 101, 361, 391).
22
Insoweit hat das BVerfG (Beschluss vom 26. Februar 2008 - 1 BvR 1606/07 u.a. - aaO, 1796) hervorgehoben, dass das Selbstbestimmungsrecht der Presse nicht auch die Entscheidung erfasst, wie das Informationsinteresse zu gewichten ist, sondern diese Gewichtung zum Zweck der Abwägung mit gegenläufigen Interessen der Betroffenen vielmehr im Fall eines Rechtsstreits den Gerichten obliegt. Diese haben allerdings im Hinblick auf das Zensurverbot des Art. 5 Abs. 1 Satz 3 GG von einer inhaltlichen Bewertung - etwa als wertvoll oder wertlos, seriös oder unseriös o.ä. - abzusehen und sind auf die Prüfung beschränkt, in welchem Ausmaß der Bericht einen Beitrag für die öffentliche Meinungsbildung erbringen kann.
23
c) Der Informationswert einer Bildberichterstattung ist, soweit das Bild nicht schon als solches eine für die öffentliche Meinungsbildung bedeutsame Aussage enthält, im Kontext der dazugehörenden Wortberichterstattung zu ermitteln. Bilder können Wortberichte ergänzen und dabei der Erweiterung des Aussagegehalts dienen, etwa die Authentizität des Geschilderten unterstreichen. Auch können beigefügte Bilder der an dem berichteten Geschehen beteiligten Personen die Aufmerksamkeit des Lesers für den Wortbericht wecken (vgl. Senat, BGHZ 158, 218, 223; Urteil vom 19. Oktober 2004 - VI ZR 292/03 - NJW 2005, 594, 595 f.). Beschränkt sich der begleitende Bericht allerdings darauf , lediglich einen Anlass für die Abbildung prominenter Personen zu schaffen, ohne dass die Berichterstattung einen Beitrag zur öffentlichen Meinungsbildung erkennen lässt (vgl. hierzu das Urteil des erkennenden Senats vom heutigen Tag - VI ZR 243/06), ist es nicht angezeigt, dem Veröffentlichungsinteresse den Vorrang vor dem Persönlichkeitsschutz einzuräumen.
24
d) Daneben sind bei einer Bildberichterstattung für die Gewichtung der Belange des Persönlichkeitsschutzes auch der Anlass und die Umstände zu berücksichtigen, unter denen die Aufnahme entstanden ist, etwa unter Ausnut- zung von Heimlichkeit oder beharrlicher Nachstellung. Auch ist bedeutsam, in welcher Situation der Betroffene erfasst und wie er dargestellt wird. Die Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts wiegt schwerer, wenn die visuelle Darstellung durch Ausbreitung von üblicherweise öffentlicher Erörterung entzogenen Einzelheiten des privaten Lebens thematisch die Privatsphäre berührt oder wenn der Betroffene nach den Umständen typischer Weise die berechtigte Erwartung haben durfte, nicht in den Medien abgebildet zu werden. Das kann nicht nur bei einer durch räumliche Privatheit geprägten Situation, sondern außerhalb örtlicher Abgeschiedenheit auch in Momenten der Entspannung oder des Sich-Gehen-Lassens außerhalb der Einbindung in die Pflichten des Berufs und des Alltags der Fall sein.
25
2. a) Diese Grundsätze sind auf die Klägerin anzuwenden, da sie, wie das Bundesverfassungsgericht in seinem Beschluss vom 26. Februar 2008 (- 1 BvR 1606/07 u.a. - aaO, 1800) ausgeführt hat, auch nach der Einschätzung des EGMR als Person des öffentlichen Interesses anzusehen ist ("personnage public / public figure" in Abgrenzung zur "personnalité politique / politician" einerseits und "personne ordinaire / ordinary person" andererseits, vgl. EGMR, Urteile vom 11. Januar 2005, Beschwerde-Nr. 50774/99, Sciacca gegen Italien, §§ 27 ff.; vom 17. Oktober 2006 - Beschwerde-Nr. 71678/01, Gourguenidze gegen Georgien, § 55). Diese Einstufung hat nach den Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts zur Folge, dass über eine solche Person in größerem Umfang berichtet werden darf als über andere Personen, wenn die Information einen hinreichenden Nachrichtenwert mit Orientierungsfunktion im Hinblick auf eine die Allgemeinheit interessierende Sachdebatte hat und die Abwägung keine schwerwiegenden Interessen des Betroffenen ergibt, die einer Veröffentlichung entgegenstehen.
26
b) Für den Streitfall führt das zu folgender Abwägung:
27
Die beanstandete Aufnahme ist ohne Einwilligung der Klägerin veröffentlicht worden. Die Bildberichterstattung als solche betrifft keine Angelegenheit, welche die Öffentlichkeit wesentlich berührt (vgl. EGMR, Urteil vom 17. Oktober 2006 - Beschwerde-Nr. 71678/01, Gourguenidze gegen Georgien, § 55). Die Aufnahme zeigt nach ihrer Überschrift die Klägerin zusammen mit ihrem Ehemann in der Öffentlichkeit "in Urlaubslaune", ohne dass der Abbildung allein ein weitergehender Inhalt oder Anhaltspunkte für einen erhöhten Schutzbedarf der Klägerin zu entnehmen wären. Es ist auch von der Beklagten nicht geltend gemacht oder sonst ersichtlich, dass die Aufnahme, welche nicht über die Abbildung eines Ausschnitts aus der Normalität des Alltagslebens im Urlaub der prominenten Klägerin hinausgeht, aus sich heraus der Meinungsbildung zu Fragen von allgemeinem Interesse dienen könnte.
28
c) Gleichwohl führt der in der beanstandeten Veröffentlichung einer Aufnahme der Klägerin "in Urlaubslaune" enthaltene Eingriff der Beklagten in die Privatsphäre unter den Umständen des Streitfalls nicht dazu, dass das Recht des beklagten Presseverlags auf Meinungsäußerung und Meinungsbildung zurücktreten müsste.
29
Die Aufnahme der Klägerin und ihres Ehemannes bebildert eine Wortberichterstattung , welche sich hauptsächlich damit befasst, dass dem Ehemann eine Ferienvilla in Lamu/Kenia gehört, wie diese gelegen und wie sie ausgestattet ist. Der - von der Klägerin nicht angegriffene - Artikel teilt mit, dass die Villa, in welcher die Klägerin und ihr Ehemann lediglich einmal im Jahr Urlaub machten , für 1.000 Dollar/Tag gemietet werden könne, Bedienungspersonal inbegriffen.
30
Neben weiteren Einzelheiten enthält der Bericht den hervorgehobenen Hinweis, "Auch die Reichen und Schönen sind sparsam. Viele vermieten ihre Villen an zahlende Gäste". Zusätzlich werden einige Hollywoodstars und Angehörige von Adelshäusern genannt, die "einen Hang zu ökonomischem Denken entwickelt" hätten und ebenfalls ihre Feriendomizile vermieteten, wenn sie diese nicht selbst nutzten. Hierdurch werden den Lesern der Zeitschrift Informationen über veränderte Verhaltensweisen einer kleinen Schicht von reichen Prominenten gegeben, die im Zentrum öffentlicher Aufmerksamkeit stehen und von daher Leitbild- oder Kontrastfunktionen für große Teile der Bevölkerung haben können. Wie das Bundesverfassungsgericht (Beschluss vom 26. Februar 2008 - 1 BvR 1606/07 - aaO, 1800 f.) dargelegt hat, kann die geschilderte Verhaltensweise in einer demokratischen Gesellschaft Anlass zu einer die Allgemeinheit interessierenden Sachdebatte geben und es grundsätzlich auch rechtfertigen , den in dem Beitrag erwähnten prominenten Vermieter des Anwesens und die Klägerin als seine Ehefrau in einem kontextgerechten Bild darzustellen. Eine solche Bedeutung des Beitrags liegt schon deshalb nahe, weil die entsprechende Stoßrichtung des Berichts mit Fettdruck und durch die zentrale Anordnung der beiden Kernsätze ("Auch die Reichen und Schönen sind sparsam. Viele vermieten ihre Villen an zahlende Gäste") im Druck besonders herausgestellt und im Fließtext wiederholt wird. Wie das Bundesverfassungsgericht aaO ausgeführt hat, kann ein derartiger Bericht Anlass für sozialkritische Überlegungen der Leser auch einer solchen Zeitschrift sein und damit eine die Allgemeinheit interessierende Sachdebatte über das ökonomische Denken derjenigen "Reichen und Schönen" anstoßen, die eine Ferienvilla für 1.000 Dollar/Tag einschließlich Personal vermieten oder mieten können, wobei auch die Möglichkeit besteht, dass die Leser über den Sinn einer solchen Mitteilung in dieser Zeitschrift nachdenken sowie als mündige Bürger ihr eigenes Konsumverhalten überdenken. Insoweit reicht bereits die Möglichkeit aus, dass der Beitrag der Meinungsbildung zu Fragen von allgemeinem Interesse dienen kann (vgl. BVerfG, Beschluss vom 26. Februar 2008, aaO; EGMR, Urteile vom 16. November 2004, Beschwerde-Nr. 53678/00, Karhuvaara und Iltalehti gegen Finnland , § 40; vom 1. März 2007, Beschwerde-Nr. 510/04, Tønsbergs Blad u.a. gegen Norwegen, § 82). Da mithin durch die Wortberichterstattung Anlass für eine die Allgemeinheit interessierende Sachdebatte geschaffen werden kann, ist ihre Bebilderung durch die (einzige) Aufnahme der Klägerin nicht zu beanstanden. Diese Abbildung ist für sich genommen nicht beeinträchtigend. Die Klägerin hat auch nicht geltend gemacht, dass sie etwa heimlich oder in belästigender Weise zustande gekommen sei, und auch keine anderen Gesichtspunkte vorgetragen, die im Rahmen des abgestuften Schutzkonzepts einer Veröffentlichung entgegenstehen könnten, auch wenn diese ohne ihre Einwilligung erfolgt ist. Dies gilt nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (vgl. BVerfG, Beschluss vom 26. Februar 2008 - 1 BvR 1606/07 u.a. - aaO, 1796 f.), auch dann, wenn die Aufnahme aus anderem Anlass entstanden ist.
31
Die Revision der Klägerin ist daher mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.
Müller Greiner Wellner
Pauge Stöhr
Vorinstanzen:
LG Hamburg, Entscheidung vom 01.07.2005 - 324 O 869/04 -
OLG Hamburg, Entscheidung vom 31.01.2006 - 7 U 82/05 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR 75/08 Verkündet am:
17. Februar 2009
Holmes,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
KUG §§ 22, 23

a) Private Lebensvorgänge sind auch dann Teil der nach den §§ 22, 23 KUG
geschützten Privatsphäre, wenn sie im öffentlichen Raum stattfinden und
wenn die Abgebildeten einer breiteren Öffentlichkeit bekannt sind. Die Presse
darf deshalb über die neue Liebesbeziehung einer prominenten Person in
der Regel nicht ohne deren Einwilligung durch die Beifügung von Fotos berichten
, die die Partner zwar in der Öffentlichkeit, aber in erkennbar privaten
Situationen zeigen.

b) Die Selbstdarstellung privater Umstände durch Prominente gibt der Presse in
der Regel kein Recht, ohne die erforderliche Einwilligung Bilder aus deren
privatem Lebenskreis zu veröffentlichen, wenn der Veröffentlichung kein im
Rahmen der Abwägung zu berücksichtigendes ausreichendes Informationsinteresse
zukommt.
BGH, Urteil vom 17. Februar 2009 - VI ZR 75/08 - KG Berlin
LG Berlin
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 17. Februar 2009 durch die Vizepräsidentin Dr. Müller, die Richter Zoll und
Wellner, die Richterin Diederichsen und den Richter Stöhr

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 10. Zivilsenats des Kammergerichts vom 11. Februar 2008 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Im April 2006 veröffentlichte die von der Beklagten verlegte Zeitschrift "das neue" einen Artikel, der sich mit dem damaligen Zusammensein von Sabine Christiansen, der Klägerin, mit Norbert Medus, ihrem jetzigen Ehemann, in Paris befasst. Sowohl das Titelblatt der Zeitschrift als auch der Artikel im Innenteil sind mit Fotos bebildert, die beide Personen als Paar zeigen. Titelblatt und Artikel enthalten u. a. den Text: "So verliebt in Paris" und "Wetten, dass sie diesen Mann bald heiratet". Die Klägerin meint, die Veröffentlichung der Bilder verletze ihr allgemeines Persönlichkeitsrecht, und hat deshalb mit der Klage Unterlassung weiterer Veröffentlichungen verlangt.
2
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Berufungsgericht die Klage hinsichtlich eines zu weit gehenden Unterlassungsantrags teilweise abgewiesen, die weiter gehende Berufung hat es zurückgewiesen. Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf vollständige Klageabweisung weiter.

Entscheidungsgründe:

I.

3
Das Berufungsgericht hat ausgeführt, die Fotos, die die Abgebildeten bei ihrer privaten Freizeit in Paris zeigten und nur aufgrund fortlaufender Beobachtung durch Fotografen entstanden sein könnten, stellten einen Eingriff in den Kernbereich der Privatsphäre der Klägerin dar, den diese nicht hinnehmen müsse, zumal der Artikel wesentlich nur der Unterhaltung gedient habe und ohne erhebliche gesellschaftliche Relevanz gewesen sei. Dabei könne unterstellt werden, dass die den beanstandeten Bildern beigefügte Wortberichterstattung insoweit ein Ereignis von zeitgeschichtlicher Bedeutung betreffe, als Herr Medus als neuer Partner der Klägerin vorgestellt werde. Es könne davon ausgegangen werden, dass im Berichtszeitpunkt ein gesteigertes Interesse der Öffentlichkeit daran bestanden habe, dass es einen neuen Partner im Leben der Klägerin gab, die als Moderatorin in verschiedenen Fernsehsendungen einer breiten Öffentlichkeit bekannt geworden sei. Auch wenn man berücksichtige, dass die Klägerin für ihre journalistische Arbeit zahlreiche herausragende Auszeichnungen erhalten habe und ihr als erfolgreiche Frau, die im öffentlichen Leben eine Bedeutung im Meinungsbildungsprozess erlangt habe, eine Leitbildfunktion zukomme, dass ferner die Trennung der Klägerin von ihrem Ehemann im Jahr 2001 öffentliches Aufsehen erregt und die Klägerin selbst sich sowohl zu der Trennung als auch zu ihrer neuen Beziehung und einem etwaigen Umzug nach Paris öffentlich geäußert habe, stünden dem Berichterstattungsinte- resse aber jedenfalls berechtigte Interessen der Klägerin im Sinne von § 23 KUG entgegen.

II.

4
Diese Ausführungen halten den Angriffen der Revision stand.
5
1. Ohne Erfolg äußert die Revision Bedenken gegen die Fassung des Unterlassungsausspruchs, wie ihn das Berufungsgericht für begründet gehalten hat. Das Berufungsgericht hat die Beklagte verurteilt, es zu unterlassen, die Bildnisse der Klägerin aus "das neue" Nr. 15 vom 8. April 2006 auf der Titelseite und auf den Seiten 4 und 5 zu veröffentlichen und/oder zu verbreiten und/oder veröffentlichen und/oder verbreiten zu lassen. Dazu hat das Berufungsgericht ausgeführt, der Hauptantrag sei nach den Maßstäben der Rechtsprechung des erkennenden Senats zu weit gehend und daher unbegründet, der Hilfsantrag sei hingegen hinreichend bestimmt, Streitgegenstand sei die Bildnisveröffentlichung in dem konkreten Zusammenhang der beanstandeten Veröffentlichung. Damit ist ausreichend klar gestellt, dass der Unterlassungsausspruch, für dessen Vollstreckung das Prozessgericht zuständig ist (§ 890 ZPO), weder andere bei derselben Gelegenheit gemachte Bilder noch die Veröffentlichung der beanstandeten Bilder in einem anderen Zusammenhang betrifft. Die Rechtsprechung des erkennenden Senats zur Unbegründetheit zu weit gefasster Unterlassungsanträge (Senatsurteile BGHZ 158, 218, 224 ff.; 174, 262, 265 f.; vom 1. Juli 2008 - VI ZR 243/06 - VersR 2008, 1506, jeweils m.w.N.) ist deshalb im vorliegenden Fall nicht einschlägig.
6
2. Auch soweit die Revision das angefochtene Urteil in der Sache beanstandet , bleibt sie erfolglos. Das Berufungsgericht hat einen Unterlassungsanspruch ohne Rechtsfehler bejaht.
7
a) Nach § 22 Satz 1 KUG dürfen Bildnisse einer Person grundsätzlich nur mit deren Einwilligung verbreitet werden; hiervon besteht nach § 23 Abs. 1 KUG eine Ausnahme, wenn es sich um Bildnisse aus dem Bereich der Zeitgeschichte handelt (Senatsurteile BGHZ 158, 218, 222 f.; 171, 275, 278; vom 6. März 2007 - VI ZR 13/06 - VersR 2007, 697 ff.; vom 3. Juli 2007 - VI ZR 164/06 - VersR 2007, 1283 ff.). Diese Ausnahme gilt aber nicht für eine Verbreitung , durch die berechtigte Interessen des Abgebildeten verletzt werden (§ 23 Abs. 2 KUG). Auch bei Personen, die unter dem Blickwinkel des zeitgeschichtlichen Ereignisses im Sinn des § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG an sich ohne ihre Einwilligung die Verbreitung ihres Bildnisses dulden müssten, ist eine Verbreitung der Abbildung unabhängig davon, ob sie sich an Orten der Abgeschiedenheit aufgehalten haben, nicht zulässig, wenn hierdurch berechtigte Interessen des Abgebildeten verletzt werden, § 23 Abs. 2 KUG (vgl. zu diesem abgestuften Schutzkonzept Senatsurteile BGHZ 171, 275 ff.; vom 6. März 2007 - VI ZR 13/06 - aaO; vom 1. Juli 2008 - VI ZR 67/08 - VersR 2008, 1411, 1412 Rn. 12; vom 1. Juli 2008 - VI ZR 243/06 - VersR 2008, 1506 Rn. 12).
8
Bereits in seinem die Klägerin betreffenden Urteil vom 1. Juli 2008, in dem auch die rechtlichen Grundlagen für die vorzunehmende Abwägung ausführlich dargelegt sind, hat der erkennende Senat ausgeführt (VI ZR 243/06, aaO, S. 1508 Rn. 24 f.), die Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts wiege schwerer, wenn die visuelle Darstellung durch Ausbreitung von üblicherweise öffentlicher Erörterung entzogenen Einzelheiten des privaten Lebens thematisch die Privatsphäre berühre oder wenn der Betroffene nach den Umständen typischer Weise die berechtigte Erwartung haben dürfe, nicht in den Medien abgebildet zu werden; dies könne nicht nur bei einer durch räumliche Privatheit geprägten Situation örtlicher Abgeschiedenheit, sondern allgemein in Momenten der Entspannung oder des Sich-Gehen-Lassens außerhalb der Einbindung in die Pflichten des Berufs und des Alltags der Fall sein. Diese Grundsätze seien auch auf die Klägerin anzuwenden, die aufgrund ihrer langjährigen Tätigkeit als Nachrichtensprecherin, Fernsehjournalistin und -moderatorin als Person des öffentlichen Interesses anzusehen sei, so dass über sie in größerem Umfang berichtet werden dürfe als über andere Personen, wobei es auch in jenem Fall um die Bildberichterstattung ging.
9
b) Dem wird die Abwägung des Berufungsgerichts gerecht.
10
aa) Die beanstandeten Bilder wurden ohne Einwilligung der Klägerin veröffentlicht. Auch wenn über sie aus den dargelegten Gründen im Rahmen der Bildberichterstattung in größerem Umfang berichtet werden darf als über andere Personen, so doch nur, wenn die durch die Berichterstattung vermittelten Informationen einen hinreichenden Nachrichtenwert hinsichtlich einer die Allgemeinheit interessierenden Sachdebatte haben. Es kann auch unterstellt werden, dass im Hinblick auf den Bekanntheitsgrad der Klägerin das Eingehen einer neuen Beziehung als Vorgang von allgemeinem Interesse und als zeitgeschichtliches Ereignis anzusehen ist. Doch dürfen auch unter derartigen Umständen keine schwerwiegenden Interessen der Betroffenen bestehen, die einer Veröffentlichung und damit einer Abwägung zu Gunsten der Veröffentlichung entgegenstehen. Solche Interessen der Klägerin hat das Berufungsgericht zu Recht bejaht.
11
bb) Ersichtlich können die beanstandeten Fotos aus sich heraus nicht der Meinungsbildung zu Fragen von allgemeinem Interesse dienen. Die Klägerin und ihr Partner sind auf den Fotos als Liebespaar zu identifizieren und zwar in erkennbar privaten Situationen.
12
Dass es sich um Fotos aus dem privaten Lebensbereich handelt, ergibt sich aus den Abbildungen ohne Weiteres und weisen die den Bildern beigegebenen Texte auch ausdrücklich aus. Auf dem Titelfoto ist die Klägerin Arm in Arm mit ihrem Partner zu sehen. Im Begleittext heißt es: "So verliebt in Paris - Sabine Christiansen - Wetten, dass Sie diesen Mann bald heiratet?". Das Titelfoto und der dazugehörige Text kündigen den Artikel im Heftinnern mit den Worten an: "Nur in Das Neue! Die ersten Fotos!". Der Text im Heftinneren, der mit vier Abbildungen illustriert ist, trägt unter anderem den rot unterlegten Hinweis "Die 1. zärtlichen Fotos!". Auf dem ersten Foto ist die Klägerin in Begleitung ihres Partners vor einem Hauseingang zu sehen. In der Bildunterschrift heißt es: "Montagabend: Sabine Christiansen und Norbert Medus (mit ihrem Gepäck) an der Tür zu seiner Pariser Wohnung". Auf dem zweiten Foto ist zu sehen, wie der Partner die Klägerin möglicherweise bereits im Innern der Wohnung küsst. Im Begleittext heißt es: "Endlich wieder zusammen. Liebevoll zieht der Modemacher die Moderatorin in seine Arme. Sie schmiegt sich an ihn". Auf dem dritten Foto sind die Klägerin und ihr Partner zu sehen, wie sie Arm in Arm auf einem Bürgersteig spazieren gehen. In der Bildunterschrift heißt es: "L'amour pur - eng umschlungen geben sich Sabine Christiansen und Norbert Medus dem Zauber der Stadt der Liebe hin". Das vierte Foto zeigt die Klägerin, wie sie an der Seite ihres Partners, der seinen Arm um sie gelegt hat, durch die Stadt bummelt. Der Begleittext lautet: "Dienstagmorgen: das glückliche Paar auf dem Weg zu einem Immobilienmakler. Start zur Suche einer gemeinsamen Wohnung an der Seine".
13
Die Revision vermag nicht zu verdeutlichen, warum an der bebilderten Mitteilung dieser rein privaten Vorgänge ein Informationsinteresse bestanden haben könnte, das den Anspruch der Klägerin auf Schutz ihrer Persönlichkeit überwiegt. Auch die Verrichtung erkennbar privater Lebensvorgänge in der Öffentlichkeit ist Teil der geschützten Privatsphäre. Dabei ist nach Ansicht des erkennenden Senats nicht ausschlaggebend, ob der Betroffene gewärtigen muss, unter Beobachtung der Medien zu stehen. In der Öffentlichkeit bekannte Personen wie die Klägerin wissen, dass ihr Privatleben, insbesondere ihre privaten Beziehungen, stets von der Presse begleitet werden, und müssen auch damit rechnen, dass bei jeder sich bietenden Gelegenheit für die Berichterstattung verwendbare Fotos gemacht werden. Es würde indes eine erhebliche Einschränkung des Rechts auf freie Entfaltung der Persönlichkeit darstellen, wenn jeder, der einer breiteren Öffentlichkeit bekannt ist, sich in der Öffentlichkeit nicht unbefangen bewegen könnte, weil er auch bei privaten Gelegenheiten jederzeit widerspruchslos fotografiert und mit solchen Fotos zum Gegenstand einer Berichterstattung gemacht werden dürfte.
14
cc) Der Informationswert einer Bildberichterstattung ist, soweit das Bild nicht schon als solches eine für die öffentliche Meinungsbildung bedeutsame Aussage enthält, im Kontext der dazugehörenden Wortberichterstattung zu ermitteln. Bilder können Wortberichte ergänzen und dabei der Erweiterung des Aussagegehalts dienen, etwa die Authentizität des Geschilderten unterstreichen. Auch können beigefügte Bilder der an dem berichteten Geschehen beteiligten Personen die Aufmerksamkeit des Lesers für den Wortbericht wecken. Beschränkt sich der begleitende Bericht allerdings darauf, lediglich einen Anlass für die Abbildung prominenter Personen zu schaffen, ohne dass die Berichterstattung einen Beitrag zur öffentlichen Meinungsbildung erkennen lässt ist es nicht angezeigt, dem Veröffentlichungsinteresse den Vorrang vor dem Persönlichkeitsschutz einzuräumen (vgl. Senatsurteile BGHZ 158, 218, 223; 171, 275, 284; vom 6. März 2007 - VI ZR 13/06 - aaO; vom 1. Juli 2008 - VI ZR 67/08 - VersR 2008, 1411, 1414 Rn. 23; vom 1. Juli 2008 - VI ZR 243/06 - VersR 2008, 1506, 1508; so auch EGMR, NJW 2004, 2647, 2650 Rn. 64).
15
Im vorliegenden Fall dienten die beanstandeten Fotos nicht dazu, die Wortberichterstattung über ein zeitgeschichtliches Ereignis in zulässiger Weise zu illustrieren. Eine über die Wortberichterstattung hinaus gehende Information mit hinreichendem Nachrichtenwert zur Orientierung in einer die Allgemeinheit interessierenden Sachdebatte fehlt. Die Berichterstattung diente erkennbar dazu , die visuelle Neugier sowie das Unterhaltungsbedürfnis der Leserschaft zu befriedigen. Der Text auf dem Titelblatt und der Bericht im Innenteil befassen sich spekulativ mit der Liebesbeziehung der Abgebildeten und deren Absicht, die Ehe zu schließen. Berichtet wird, wie "verliebt" die Klägerin sei und dass sie "eng umschlungen" mit "ihrer neuen Liebe" durch "die Straßen an der Seine" schlendere, "ausgelassen wie ein junges Mädchen", "gelöst", "jung" und "strahlend" , dass diese Liebe mehr sei als eine Affäre, zwar erst seit drei Monaten "glühe", aber geschaffen sei "wie für die Ewigkeit".
16
Auch diese von der Klägerin nicht angegriffene Wortberichterstattung war nicht geeignet, ein berücksichtigungswertes Informationsinteresse der Öffentlichkeit zu befriedigen, das eine ergänzende Bildveröffentlichung ohne ernsthaften Aussagegehalt gegen den Willen der Abgebildeten erlauben könnte.
17
c) Den dagegen vorgebrachten Einwänden der Revision kann nicht gefolgt werden. Insbesondere lässt sich nichts daraus herleiten, dass die Klägerin ihr Privatleben, insbesondere auch ihre neue Beziehung, vor der Öffentlichkeit nicht geheim gehalten hat. Es mag sein, dass die Klägerin "Herrin der Inszenierung" ihres öffentlichen Erscheinungsbilds sein und der Presse eine "Hofberichterstattung" diktieren will. Dies gibt der Beklagten aber kein Recht, ohne die erforderliche Einwilligung Bilder aus dem privaten Lebenskreis der Klägerin zu veröffentlichen, wenn der Veröffentlichung kein im Rahmen der Abwägung zu berücksichtigendes ausreichendes Informationsinteresse zukommt. Das gilt auch dann, wenn man das Interesse breiter Kreise der Öffentlichkeit an den privaten Verhältnissen bekannter Personen nicht ausschließlich als durch Neugier , Sensationslust und Unterhaltungsbedürfnis geprägt ansieht. Insofern könnte über private Umstände auch durch Beifügung von genehmigten oder genehmigungsfrei verwendbaren Fotos informiert und auf diese Weise ein gerechtfertigtes Informationsinteresse der Öffentlichkeit ausreichend befriedigt werden, während einer Veröffentlichung nicht genehmigter Fotos unter den Umständen des Streitfalls das Recht der Klägerin am eigenen Bild entgegen steht. Das Interesse der Presse, darüber hinaus durch besonders zeitnah, aktuell oder gar sensationell erscheinende Fotos den Absatz ihrer Produkte zu fördern, hat hingegen keinen Bezug zu einem als berechtigt anzuerkennenden Informationsinteresse, hinter dem der Persönlichkeitsschutz zurücktreten muss. Der Vortrag der Revision dazu, in welchem Umfang die Klägerin ihre neue Beziehung und ihr sonstiges Privatleben in der Öffentlichkeit präsentiert hat, kann deshalb als zutreffend unterstellt werden. Zu einem abweichenden Abwägungsergebnis führt dies nicht.
18
d) Danach ergibt die gebotene Abwägung zwischen dem Persönlichkeitsrecht der Klägerin und der Berichterstattungsfreiheit der Beklagten, dass letztere zurückzutreten hat. Die Revision ist mithin zurückzuweisen.
Müller Zoll Wellner Diederichsen Stöhr
Vorinstanzen:
LG Berlin, Entscheidung vom 08.05.2007 - 27 O 85/07 -
KG Berlin, Entscheidung vom 11.02.2008 - 10 U 166/07 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR 232/08 Verkündet am:
23. Juni 2009
Holmes,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
BGB § 823 Abs. 1 (Ah); KUG §§ 22, 23
Zur Reichweite einer Unterlassungsverpflichtungserklärung, die ein Presseorgan im
Hinblick auf die rechtswidrige Verbreitung eines Prominentenfotos bei der Berichterstattung
gegenüber dem Betroffenen abgegeben hat.
BGH, Urteil vom 23. Juni 2009 - VI ZR 232/08 - OLG Hamburg
LG Hamburg
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 23. Juni 2009 durch die Vizepräsidentin Dr. Müller, den Richter Zoll, die
Richterin Diederichsen, den Richter Pauge und die Richterin von Pentz

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 7. Zivilsenats des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg vom 22. Juli 2008 aufgehoben. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 18. Januar 2008 - 324 O 450/07 - dahin abgeändert , dass die Klage hinsichtlich des Fotos Nummer 2 mit der Bildnebenschrift "So smart und elegant kennt man Andrea in Monaco" abgewiesen wird. Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz werden gegeneinander aufgehoben. Die Kosten der Rechtsmittelverfahren hat der Kläger zu tragen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Kläger ist der Sohn von Caroline Prinzessin von Hannover. Im März 2007 veröffentlichte die von der Beklagten herausgegebene Zeitschrift "Freizeit Revue" (Heft 13/07 vom 21. März 2007) einen Artikel, der sich mit dem Leben des Klägers in New York beschäftigt. Abgedruckt sind zwei Fotos, die jeweils den Kläger zeigen. Die Bildauf- bzw. Nebenschriften lauten: "Wilde Frisur: Andrea Casiraghi" und "So smart und elegant kennt man Andrea in Monaco". Auf das Verlangen des Klägers hat die Beklagte hinsichtlich beider Bilder eine vertragsstrafenbewehrte Unterlassungsverpflichtungserklärung abgegeben. Damit verpflichtet sie sich, es zu unterlassen, den Text des Artikels zu verbreiten. Hinsichtlich der Fotos verpflichtet sich die Beklagte, es zu unterlassen, "in diesem Zusammenhang die folgenden in "Freizeit Revue" Nr. 13/07 vom 21.3.2007 abgedruckten Fotos erneut zu veröffentlichen: 1. Das auf S. 3 links abgedruckte Foto, das u.a. Andrea Casiraghi mit Schal zeigte; 2. das auf S. 3 abgedruckte Foto, das Andrea Casiraghi mit Fliege zeigt."
2
Der Kläger hält diese Erklärung hinsichtlich der Fotos für unzureichend. Er hat deshalb die vorliegende Unterlassungsklage erhoben, mit der er ein generelles Veröffentlichungsverbot erstrebt.
3
Das Landgericht hat der Klage in vollem Umfang stattgegeben. Die Berufung der Beklagten, die sich nur gegen die Verurteilung hinsichtlich des Fotos Nummer 2 mit der Bildnebenschrift "So smart und elegant kennt man Andrea in Monaco" gerichtet hat, hat das Berufungsgericht zurückgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihr Begehren weiter.

Entscheidungsgründe:

I.

4
Das Berufungsgericht, dessen Urteil in AfP 2008, 623 veröffentlicht ist (ablehnend dazu Mann, AfP 2008, 566 ff.), hat ausgeführt:
5
Der Anspruch auf Unterlassung der erneuten Verbreitung des Bildnisses folge aus §§ 823 Abs. 2, 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB analog in Verbindung mit §§ 22, 23 KUG, denn die Verbreitung der angegriffenen Aufnahme verletze den Kläger in seinem Recht am eigenen Bild. Zwischen den Parteien bestehe kein .Streit darüber, dass der Gegenstand der Berichterstattung, deren Illustrierung die jetzt noch im Streit stehende Aufnahme gedient habe, nicht ein Ereignis aus dem Bereich der Zeitgeschichte im Sinne von § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG sei. Der Anspruch sei darauf gerichtet, die erneute Verbreitung des Bildnisses schlechthin zu unterlassen. Das ergebe sich aus dem in § 22 Satz 1 KUG ausgesprochenen Rechtssatz, wonach Bildnisse von Personen ohne deren Einwilligung grundsätzlich gar nicht verbreitet oder öffentlich zur Schau. gestellt werden dürften. So sei dies auch bislang von den Gerichten gehandhabt worden. Der Umfang des Unterlassungsanspruchs sei zwar beschränkt durch die konkrete Verletzungsform. Diese habe aber in der rechtswidrigen Veröffentlichung des angegriffenen Bildnisses gelegen, nicht etwa in der Gesamtveröffentlichung, von der das Bildnis nur einen Teil gebildet habe. Bei der Bestimmung des Anspruchsumfangs danach zu differenzieren, ob das jeweils angegriffene Bildnis als Illustration einer Textberichterstattung oder blank ohne eine solche verbreitet wurde, bestehe kein Anlass. Im Übrigen wäre die abgebildete Person, wollte man die Verletzung entgegen dem Gesetzeswortlaut nicht allein in der Verbreitung des Bildnisses, sondern in der Verbreitung des Bildnisses im Rahmen einer bestimmten Berichterstattung sehen, weitgehend schutzlos gestellt. Denn da jedenfalls in der Tagespresse kaum eine Berichterstattung wortgleich oder nahezu wortgleich wiederholt werde, würde ein Verbot, das darauf gerichtet wäre, das Bildnis erneut im Zusammenhang der konkret bezeichneten Berichterstattung zu verbreiten, weitgehend leer laufen, indem die abgebildete Person künftige Verbreitungen des Bildnisses durch den Schuldner in anderen Zusammenhängen nur jeweils im Erkenntnisverfahren, nicht aber in dem Ordnungsmittel vorsehenden Vollstreckungsverfahren verfolgen und somit nicht wirksam unterbinden könnte. Die von der Beklagten abgegebene Unterlassungsverpflichtungserklärung , in der sie sich habe verpflichten wollen, das angegriffene Bildnis erneut im Zusammenhang mit der konkret bezeichneten Berichterstattung zu veröffentlichen, sei daher jedenfalls zu eng gewesen, um die Wiederholungsgefahr beseitigen zu können. Der Kläger sei daher entsprechend § 266 BGB nicht gehalten gewesen, die Unterlassungsverpflichtungserklärung der Beklagten anzunehmen.

II.

6
Die dagegen gerichtete Revision hat Erfolg. Rechtsfehlerhaft nimmt das Berufungsgericht an, demjenigen, dessen Bildnis in rechtswidriger Weise verbreitet wurde, stehe generell gegen den Verbreiter ein Anspruch darauf zu, die erneute Verbreitung des Bildnisses schlechthin zu unterlassen, so dass im vorliegenden Fall die Wiederholungsgefahr durch die strafbewehrte Unterlassungsverpflichtungserklärung der Beklagten nicht beseitigt worden sei.
7
1. Nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats kann im Bereich der Bildberichterstattung weder mit einer "vorbeugenden" Unterlassungsklage über die konkrete Verletzungsform hinaus eine ähnliche oder "kerngleiche" Bildberichterstattung für die Zukunft noch die erneute Verbreitung eines Bildnis- ses - sofern die Verbreitung nicht schon an sich unzulässig ist, etwa weil die Intimsphäre tangiert wird - generell verboten werden (vgl. Senatsurteile BGHZ 158, 218, 225 f.; 174, 262, 266; 177, 119, 131; vom 13. November 2007 - VI ZR 269/06 - NJW 2008, 1593, 1594; vom 1. Juli 2008 - VI ZR 243/06 - VersR 2008, 1506; vom 17. Februar 2009 - VI ZR 75/08 - NJW 2009, 1502). Der Grund für diese Rechtsprechung liegt darin, dass es für die Zulässigkeit einer Bildveröf- fentlichung in jedem Einzelfall einer Abwägung zwischen dem Informationsinteresse der Öffentlichkeit und dem Interesse des Abgebildeten an dem Schutz seiner Privatsphäre bedarf. Eine solche Interessenabwägung kann jedoch weder in Bezug auf Bilder vorgenommen werden, die noch gar nicht bekannt sind und bei denen insbesondere offen bleibt, in welchem Kontext sie veröffentlicht werden, noch in Bezug auf bereits veröffentlichte Bilder, deren Veröffentlichung sich in einem anderen Kontext als der zu beanstandenden Berichterstattung als zulässig erweisen könnte. Für die Zulässigkeit der Verbreitung von Bildnissen kann die Wortberichterstattung, zu der sie veröffentlicht werden, eine bedeutende Rolle spielen. Soweit ein Bild nicht schon als solches eine für die öffentliche Meinungsbildung bedeutsame Aussage enthält, ist sein Informationswert im Kontext der dazu gehörenden Wortberichterstattung zu ermitteln (vgl. Senatsurteile BGHZ 158, 218, 223; 171, 275, 284; ferner BVerfGE 120, 180, 206).
8
2. Die Ausführungen des Berufungsgerichts und der Revisionserwiderung geben keinen Anlass, diesen Maßstab in Frage zu stellen.
9
a) Es kann davon ausgegangen werden, dass in früheren Fällen, in denen der erkennende Senat über die Zulässigkeit der Bildberichterstattung der Presse zu urteilen hatte, der Unterlassungsantrag ohne Einschränkung gestellt war. Es ist indes nicht erkennbar, dass in jenen Fällen die Reichweite des Antrags Gegenstand des Streits der Parteien in den Tatsacheninstanzen und im Revisionsverfahren war. Die Frage, ob und gegebenenfalls inwieweit sich ein solcher Unterlassungsausspruch trotz seiner unbedingten Formulierung auf die konkrete Verletzungsform bezieht, wenn er auf einer Abwägung zwischen dem Persönlichkeitsrecht des Abgebildeten und der Äußerungs- und Pressefreiheit beruht, muss hier nicht entschieden werden. Soweit die Antragstellung in früheren Fällen Gegenstand des Revisionsverfahrens war, hat der erkennende Senat geprüft, ob ein generelles Verbot der Verbreitung des Bildnisses deshalb ausgeschlossen ist, weil sich seine Veröffentlichung zukünftig in anderem Zusammenhang als zulässig erweisen könnte, was je nach Lage des Falles bejaht oder verneint worden ist (vgl. Senatsurteile BGHZ 158, 218, 224 ff.; 177, 119, 131; vom 28. September 2004 - VI ZR 302/03 - DSB 2004, Nr. 11, S. 17, - VI ZR 303/03 - AfP 2004, 533, 534 und - VI ZR 305/03 - VersR 2005, 83, 84). Eine Divergenz zwischen diesen Entscheidungen besteht entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts nicht.
10
b) Unrichtig ist die Auffassung des Berufungsgerichts, ein uneingeschränkter Anspruch des Klägers auf erneute Verbreitung des beanstandeten Bildes ergebe sich aus dem in § 22 Satz 1 KUG ausgesprochenen Rechtssatz. Die Argumentation des Berufungsgerichts beruht auf der These, die konkrete Verletzungsform liege alleine in der ohne Einwilligung des Abgebildeten erfolgten Verbreitung des Bildes, wobei kein Anlass bestehe, danach zu differenzieren , ob das Bild zur Illustration einer Wortberichterstattung oder ohne eine solche erfolge. Dies entspricht nicht der Rechtsprechung des erkennenden Senats zur Notwendigkeit einer Abwägung der widerstreitenden Grundrechte bei Anwendung der §§ 22, 23 KUG (vgl. Senatsurteil BGHZ 171, 275, 278 ff. und dazu BVerfGE 120, 180, 197 ff., jeweils m.w.N.).
11
c) Das Berufungsgericht meint, die abgebildete Person wäre weitgehend schutzlos gestellt, wollte man die Verletzung nicht allein in der Verbreitung des Bildnisses, sondern in der Verbreitung des Bildnisses im Rahmen einer be- stimmten Berichterstattung sehen. Da jedenfalls in der Tagespresse kaum eine Berichterstattung wortgleich oder nahezu wortgleich wiederholt werde, würde ein Verbot, das darauf gerichtet wäre, das Bildnis erneut im Zusammenhang der konkret bezeichneten Berichterstattung zu verbreiten, weitgehend leer laufen , indem die abgebildete Person künftige Verbreitungen des Bildnisses durch den Schuldner in anderen Zusammenhängen nur jeweils im Erkenntnisverfahren , nicht aber in dem Ordnungsmittel vorsehenden Vollstreckungsverfahren verfolgen und somit nicht wirksam unterbinden könnte. Dies überzeugt ebenso wenig wie die Überlegungen dazu, dass es schlechthin ausgeschlossen sei, einen Tenor zu finden, der das, was das beklagte Presseorgan zu unterlassen habe, ausreichend genau bezeichne. Ein auf die konkrete Verletzungsform beschränktes Unterlassungsgebot greift nicht nur dann, wenn der Presseartikel wortgleich wiederholt wird, sondern auch dann, wenn die darin enthaltenen Mitteilungen sinngemäß ganz oder teilweise Gegenstand einer erneuten Berichterstattung unter Beifügung des zu beanstandenden Fotos sind. Ob dies der Fall ist, hat das für die Vollstreckung nach § 890 ZPO zuständige Prozessgericht zu beurteilen. Dazu bedarf es keines in die Einzelheiten gehenden Urteilstenors des Vollstreckungstitels. Vielmehr reicht es aus, dass im Urteilstenor (oder auch in den Gründen) zum Ausdruck kommt, dass das Foto im Zusammenhang mit der erneuten Veröffentlichung der in der Ausgangsberichterstattung gebrachten Mitteilungen nicht erneut veröffentlicht werden darf. Die Reichweite des Verbots hat das Prozessgericht als Vollstreckungsorgan aufgrund des Urteilstenors und der Gründe des Vollstreckungstitels zu ermitteln.
12
3. Dem oben (unter 1) dargestellten Maßstab, nach dem auch zu beurteilen ist, ob eine Unterlassungsverpflichtungserklärung des Presseorgans die Wiederholungsgefahr bzw. schon das Rechtsschutzinteresse für eine Unterlassungsklage beseitigt, wird das Berufungsurteil nicht gerecht.
13
a) Mit der Unterlassungsverpflichtungserklärung hat sich die Beklagte dazu verpflichtet, das beanstandete Foto nicht mehr "im Zusammenhang" mit der Berichterstattung in "Freizeit Revue" Nr. 13/07 vom 21. März 2007, welche zuvor im Wortlaut wiedergegeben ist, zu veröffentlichen. Damit ist die Wiederholungsgefahr , bezogen auf die konkrete Verletzungsform, entfallen. Denn aus der Erklärung ergibt sich mit ausreichender Deutlichkeit, dass sich die Beklagte verpflichtet, eine erneute Veröffentlichung des Bildes im Zusammenhang mit der erneuten Veröffentlichung des Textes oder seiner einzelnen Bestandteile zu unterlassen. Die Auslegung der Erklärung dahin, dass sich die Unterlassungsverpflichtung nur auf eine erneute Veröffentlichung des identischen Gesamttextes beziehe, wie sie das Landgericht und die Revisionserwiderung für richtig halten, wäre erkennbar verfehlt. Sie wäre lebensfremd und eine Berufung der Beklagten auf ein solches Verständnis wäre ersichtlich treuwidrig. Dem Berufungsurteil ist auch nicht zu entnehmen, dass das Berufungsgericht dieser Auslegung folgt. Es führt insoweit zutreffend aus, dass eine Berichterstattung kaum je wortgleich oder nahezu wortgleich wiederholt wird. Sollte das Berufungsurteil dahin zu verstehen sein, dass das Berufungsgericht der Auslegung des Landgerichts folgt, wären jedenfalls allgemeine Auslegungsregeln, Denkgesetze und Erfahrungssätze verletzt.
14
b) Es ist nicht auszuschließen, dass das beanstandete Foto in anderem Kontext rechtmäßige Verwendung finden könnte. Ein Sachverhalt, in dem seine Veröffentlichung in jeglichem Zusammenhang unzulässig sein könnte, liegt ersichtlich nicht vor. Es handelt sich um ein kontextneutrales Porträtfoto (vgl. dazu BVerfG, NJW 2001, 1921, 1924 f.), das bei einer zukünftigen Berichterstattung über den Kläger möglicherweise rechtmäßig verwendet werden könnte. Die im Berufungsurteil geäußerten Zweifel, ob es sich tatsächlich um eine "neutrale Porträtaufnahme" handele, weil erkennbar sei, dass der Kläger einen Gesellschaftsanzug trage, sind unbegründet. Ein Gesellschaftsanzug kann bei zahl- reichen Gelegenheiten getragen werden. Dass das Foto den Bezug zu einem bestimmten gesellschaftlichen Ereignis erkennen lasse, ist weder festgestellt noch ersichtlich.

III.

15
Die Klage ist danach, soweit noch anhängig, abzuweisen. Da keine weiteren Feststellungen zu treffen sind, kann der erkennende Senat in der Sache selbst entscheiden (§ 563 Abs. 3 ZPO). Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 91 Abs. 1, 92 Abs. 1 ZPO. Müller Zoll Diederichsen Pauge von Pentz
Vorinstanzen:
LG Hamburg, Entscheidung vom 18.01.2008 - 324 O 450/07 -
OLG Hamburg, Entscheidung vom 22.07.2008 - 7 U 21/08 -