Bundesgerichtshof Urteil, 19. Juli 2011 - VI ZR 217/10

bei uns veröffentlicht am19.07.2011
vorgehend
Landgericht Waldshut-Tiengen, 1 O 36/06, 26.11.2009
Oberlandesgericht Karlsruhe, 13 U 233/09, 03.08.2010

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR 217/10
Verkündet am:
19. Juli 2011
Holmes
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
EGBGB Art. 4, 40 Abs. 1, 41 Abs. 2 Nr. 1

a) Die Haftung des Staates und des Amtsträgers für nicht-hoheitliches Handeln
unterliegt - soweit es um unerlaubte Handlungen geht - dem allgemeinen
Deliktsstatut.

b) Die Frage, ob eine Tätigkeit kollisionsrechtlich als hoheitlich oder nichthoheitlich
zu qualifizieren ist, bestimmt sich grundsätzlich nach der
Rechtsordnung, die die Kollisionsnorm aufgestellt hat, d.h. für nicht der
Rom II-Verordnung unterliegende Fälle nach dem am Gerichtsort geltenden
Recht.

c) Die Beziehungen zwischen einem deutschen Patienten und dem in einem
Schweizer Spital beschäftigten und den Patienten behandelnden Arzt
können auch dann, wenn zwischen ihnen kein vertragliches Rechtsver-
hältnis besteht, maßgeblich durch das zwischen dem Spitalträger und dem
Patienten bestehende ärztliche Behandlungsverhältnis geprägt sein mit
der Folge, dass gemäß Art. 41 Abs. 2 Nr. 1 EGBGB Schweizer Recht zur
Anwendung kommt.

d) Im Fall der akzessorischen Anknüpfung an eine besondere Beziehung
zwischen den Beteiligten gemäß Art. 41 Abs. 2 Nr. 1 EGBGB ist eine
Rück- oder Weiterverweisung nach dem Sinn der Verweisung ausgeschlossen
(Art. 4 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 EGBGB).
BGH, Urteil vom 19. Juli 2011 - VI ZR 217/10 - OLG Karlsruhe
LG Waldshut-Tiengen
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 19. Juli 2011 durch den Vorsitzenden Richter Galke, die Richter Wellner,
Pauge und Stöhr und die Richterin von Pentz

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 13. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 3. August 2010 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen. Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Kläger nimmt den beklagten Arzt wegen unzureichender Aufklärung über die mit einer Medikamenteneinnahme verbundenen Risiken auf Ersatz materiellen und immateriellen Schadens in Anspruch.
2
Am 13. Juli 2004 stellte sich der in Deutschland wohnhafte Kläger in dem von dem Schweizer Kanton Basel-Stadt betriebenen Universitätsspital zur ambulanten Behandlung einer chronischen Hepatitis C-Erkrankung vor. Die Personalien des Klägers wurden in das Computersystem des Spitals aufgenommen und ein mit der Bezeichnung "Kantonsspital Basel" versehenes Deckblatt der Krankenakte erstellt. Die ersten Gespräche und Untersuchungen erfolgten am 13. und 15. Juli 2004 durch Prof. Dr. B.. Am 26. Juli 2004 übernahm der beim Spital beschäftigte Beklagte die weitere Behandlung. Er verordnete dem Kläger eine medikamentöse Therapie in Form von Tabletten und Eigeninjektionen über eine Dauer von 24 Wochen, die - nach Erstinjektion im Universitätsspital am 30. Juli 2004 - am Wohnort des Klägers unter begleitender Kontrolle seines Hausarztes stattfand. Die Rechnungen für die Behandlung wurden von dem Universitätsspital Basel erstellt und von dem Kläger bezahlt. Im November 2004 brach der Kläger die Therapie ab.
3
Der Kläger, der gemäß Art. 40 Abs. 1 Satz 2 EGBGB die Anwendung deutschen Rechts als des Rechts des Erfolgsortes gewählt hat, macht geltend, bei ihm seien schwere Nebenwirkungen der Medikamente aufgetreten, über die er nicht ausreichend aufgeklärt worden sei und die zu seiner Arbeitsunfähigkeit geführt hätten.
4
Das Landgericht hat mit Zwischenurteil vom 10. Juli 2006 seine internationale Zuständigkeit bejaht. Die hiergegen gerichteten Rechtsmittel des Beklagten hatten keinen Erfolg (vgl. Senatsurteil vom 27. Mai 2008 - VI ZR 69/07, BGHZ 176, 342). Mit Urteil vom 26. November 2009 hat das Landgericht die Klage als derzeit unbegründet abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat die Berufung des Beklagten mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Klage als (endgültig) unbegründet abgewiesen wird. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe:

I.

5
Nach Auffassung des Berufungsgerichts, dessen Urteil in VersR 2011, 542 veröffentlicht ist, kann der Kläger nicht gemäß Art. 40 Abs. 1 Satz 2 EGBGB die Anwendung deutschen Rechts als des Rechts des Erfolgsortes verlangen. Denn der Sachverhalt weise eine wesentlich engere Verbindung zum Schweizer Recht auf (Art. 41 Abs. 2 Nr. 1 EGBGB). Der Kläger habe unstreitig mit dem Spital einen Behandlungsvertrag abgeschlossen, in dessen Ausführung er vom Beklagten behandelt worden sei und der eine besondere rechtliche oder tatsächliche Beziehung zwischen den Beteiligten begründe. Der Behandlungsvertrag unterliege nach Art. 27, 28 EGBGB Schweizer Recht. Die akzessorische Anknüpfung des Deliktsstatuts an das Vertragsstatut scheitere nicht daran, dass der Beklagte nicht Vertragspartei geworden sei. Wenn der Behandlungsvertrag mit dem Krankenhaus oder Spital geschlossen werde, müsse sich die deliktische Haftung für ärztliches Handeln im Rahmen des Behandlungsverhältnisses , wozu auch die Aufklärung durch den Arzt gehöre, nach der Rechtsordnung richten, die auch für den Behandlungsvertrag gelte. Erst eine solche Anknüpfung sorge dafür, dass die Interessen des Beklagten beachtet und unangemessene Ergebnisse vermieden würden, weil bei Anwendung einer anderen als der Schweizer Rechtsordnung die dort bestehenden Haftungsprivilegien keine Wirkung entfalten könnten. Das zwischen dem Kanton Basel-Stadt und dem Kläger bestehende Schuldverhältnis habe auch schon vor der behaupteten Aufklärungspflichtverletzung bestanden. Denn der Behandlungsvertrag sei konkludent mit Beginn der Behandlung des Klägers im Kantonsspital am 13. Juli 2004 zustande gekommen, während die Verordnung der Medikamente erst nach einer Reihe von Untersuchungen am 26. Juli 2004 erfolgt sei. Auch der erforderliche sachliche Zusammenhang zwischen der schuldrechtlichen Sonderbeziehung und dem Schadensereignis sei gegeben. Er sei derartigen Behandlungsverträgen immanent, da die aus dem Behandlungsvertrag folgende Aufklärungspflicht durch den behandelnden Arzt zu erfüllen sei. Eine eventuelle Vertragsverletzung sei grundsätzlich auch als deliktisches Handeln des Arztes zu qualifizieren. Auch habe der tatsächliche Schwerpunkt der ärztlichen Behandlung in der Schweiz gelegen, nachdem sich der Beklagte in ein staatliches Spital in der Schweiz begeben habe und dort von "beamteten" Ärzten behandelt worden sei. Bei Unterwerfung der Haftung eines "beamteten" Schweizer Arztes unter das deutsche Deliktsrecht sei die Souveränität des Schweizer Staates berührt. Zwar komme das sogenannte Amtsstaatsprinzip, wonach ein Staat das hoheitliche Handeln eines anderen Staats nicht seiner eigenen Hoheitsgewalt unterwerfen dürfe, beim Handeln "beamteter" Ärzte in staatlichen Krankenanstalten nicht zur Anwendung, weil es sich dabei nicht um die Ausübung hoheitlicher Rechte handele; jedoch spreche auch der hinter diesem Prinzip stehende Gesichtspunkt für eine akzessorische Anknüpfung.
6
Nach dem danach anzuwendenden Schweizer Recht sei der Beklagte von jeder Haftung frei. Er gehöre zu dem Personal im Sinne des § 1 Abs. 1 des Haftungsgesetzes, dem gegenüber der geschädigten Person nach § 3 Abs. 2 des Haftungsgesetzes kein Anspruch zustehe. Eine privatärztliche Tätigkeit des Beklagten, wie in § 9 des Spitalgesetzes normiert, behaupte der Kläger nicht; sie stünde auch im Widerspruch zur Abrechnung der Leistungen durch das Spital. Unerheblich sei, ob der Kläger als Privatpatient behandelt worden sei.

II.

7
Diese Erwägungen halten einer revisionsrechtlichen Überprüfung stand.
8
1. Das Berufungsgericht hat zu Recht angenommen, dass die vom Kläger geltend gemachten Ansprüche nach Schweizer Recht zu beurteilen sind.
9
a) Dieses Ergebnis folgt - wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat - allerdings nicht aus dem Grundsatz der kollisionsrechtlichen Sonderanknüpfung von Amtshaftungsansprüchen.
10
aa) Nach der ganz überwiegenden Meinung in der Rechtsprechung und Literatur unterliegt die außervertragliche Haftung des Staates und anderer öffentlich -rechtlicher Körperschaften gegenüber Privaten im Bereich des hoheitlichen Handelns nicht dem Deliktsstatut, sondern - vorbehaltlich staatsvertraglicher Sonderregelungen - dem Recht des Amtsstaates (vgl. BT-Drucks. 14/343 S. 10; BGH, Urteil vom 26. Juni 2003 - III ZR 245/98, BGHZ 155, 279, 282 - Dístomo; OLG Köln, VersR 2000, 590, 591 und NJW 2005, 2860, 2861 f.; LG Rostock, NJ 1995, 489, 490 und IPRax 1996, 125, 126; Staudinger/von Hoffmann , BGB (2001), Art. 40 EGBGB Rn. 109; MünchKommBGB/Junker, 5. Aufl., Art. 4 VO (EG) 864/2007 Rn. 64, 74; jurisPK-BGB/Wurmnest, 5. Aufl., Art. 40 EGBGB Rn. 84; Spickhoff in Bamberger/Roth, BeckOK, Art. 40 EGBGB Rn. 9 (Stand: Januar 2008); AnwK-BGB/Wagner, Art. 40 EGBGB Rn. 90; Palandt/ Thorn, BGB, 70. Aufl., Art. 40 EGBGB Rn. 11; von Hoffmann/Thorn, Internationales Privatrecht, 9. Aufl., § 11 Rn. 44; Kropholler, Internationales Privatrecht, 6. Aufl., S. 534; Mueller, Das Internationale Amtshaftungsrecht, 1991, S. 163 f.; Hess, Staatenimmunität bei Distanzdelikten, 1992, S. 18; Schurig, JZ 1982, 385, 387 f.; Dutta, AöR 133 (2008), 191, 207 ff.; Vogeler, VersR 2011, 588, 594 f.; kritisch: Halfmeier, RabelsZ 68 (2004), 653, 672 ff.; vgl. auch BGH, Urteil vom 10. November 1977 - III ZR 79/75, VersR 1978, 231, 233 - insoweit in BGHZ 70, 7 nicht abgedruckt sowie für nach dem 11. Januar 2009 eingetretene Schadensereignisse: Art. 1 Abs. 1 Satz 2 der Verordnung (EG) Nr. 864/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates über das auf außervertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht - Rom II-VO). Dies folgt aus dem völkerrechtlichen Grundsatz der Staatensouveränität, der staatliche Immunität für staatliches Handeln festlegt und dem auch in kollisionsrechtlicher Hinsicht Geltung verschafft werden muss. Wegen der Gleichheit der Staaten darf kein Staat das hoheitliche Handeln eines anderen Staates seiner Gesetzgebung, Gerichtsbarkeit oder Vollstreckung unterwerfen (vgl. OLG Köln, VersR 2000, 590, 591; Vogeler, aaO; Staudinger/von Hoffmann, aaO; von Hoffmann/Thorn, aaO; MünchKommBGB/Junker, aaO Rn. 75; jurisPK-BGB/Wurmnest, aaO, Rn. 85; Spickhoff in Bamberger/Roth, aaO; Geimer, Internationales Zivilprozessrecht, 6. Aufl., Rn. 371 ff.; a.A. Soergel/Lüderitz, BGB, 12. Aufl., Art. 38 EGBGB Rn. 69; Binder, RabelsZ 20 (1955), 401, 483; Schurig, aaO; Dutta, aaO; von Hein, YPIL 3 (2001) 185, 208 ff.: engste Verbindung des amtshaftungsrechtlichen Sachverhalts zum Recht des Amtsstaats bzw. Ordnungsinteresse des handelnden Staates). Das Amtshaftungsstatut gilt auch für die persönliche Haftung des Amtsträgers für hoheitliches Handeln (vgl. BT-Drucks. 14/343 S. 10; LG Rostock, NJ 1995, 489, 490 und IPRax 1996, 125, 126; Staudinger/von Hoffmann, aaO, Rn. 112; MünchKommBGB/Junker, aaO Rn. 76; jurisPKBGB /Wurmnest, aaO Rn. 85; von Hoffmann/Thorn, aaO; AnwK-BGB/Wagner, aaO; Palandt/Thorn, aaO; Kropholler, aaO S. 534; Mueller, aaO S. 169; vgl. auch Erwägungsgrund 9 Rom II-VO).
11
Demgegenüber richtet sich sowohl die Haftung des Staates als auch die des Amtsträgers für nicht-hoheitliches Tätigwerden - soweit es um unerlaubte Handlungen geht - nach dem allgemeinen Deliktsstatut (vgl. Staudinger/ von Hoffmann, aaO Rn. 110, 112; MünchKommBGB/Junker, 4. Aufl., Art. 40 EGBGB Rn. 196; MünchKommBGB/Junker, 5. Aufl., Art. 4 VO (EG) 864/2007 Rn. 66; AnwK-BGB/Wagner, aaO; Kropholler, aaO S. 535; Schurig, aaO S. 390; für eine Sonderanknüpfung auch bei nicht-hoheitlichem Handeln: Binder, aaO, 401, 483; Kegel/Schurig, Internationales Privatrecht, 9. Aufl., S. 739 f.). Dieses wäre im Streitfall den Art. 40 ff. EGBGB zu entnehmen. Die Verordnung (EG) Nr. 864/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates über das auf außervertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht (Rom II-VO) ist nicht anwendbar , da das schadensbegründende Ereignis vor dem 11. Januar 2009 eingetreten ist (vgl. Art. 31, 32 Rom II-VO).
12
bb) Die Frage, ob eine Tätigkeit kollisionsrechtlich als hoheitlich oder nicht-hoheitlich zu qualifizieren ist, bestimmt sich grundsätzlich nach der Rechtsordnung, die die Kollisionsnorm aufgestellt hat, d.h. für nicht der Rom IIVerordnung unterliegende Fälle nach dem am Gerichtsort geltenden, hier also deutschem Recht ("lex fori" - vgl. Senatsurteil vom 23. März 2010 - VI ZR 57/09, VersR 2010, 910 Rn. 12; BGH, Urteile vom 19. Dezember 1958 - IV ZR 87/58, BGHZ 29, 137, 139; vom 22. März 1967 - IV ZR 148/65, BGHZ 47, 324; vom 28. Februar 1996 - XII ZR 181/93, FamRZ 1996, 601, 604; Beschluss vom 12. Juli 1965 - IV ZB 497/64, BGHZ 44, 121, 124; Kropholler, aaO, § 16 I; Palandt /Thorn, aaO, Einleitung vor Art. 3 EGBGB Rn. 27 f., jeweils mwN; Dutta, aaO S. 206; von Hein, aaO S. 205; a.A. Mansel, IPRax 1987, 210, 214). Dabei ist zu berücksichtigen, dass Beweggrund der kollisionsrechtlichen Sonderanknüpfung von Amtshaftungsansprüchen der völkerrechtliche Grundsatz der (relativen) Staatenimmunität ist, so dass die in diesem Zusammenhang zur Abgrenzung hoheitlichen Verhaltens ("acta iure imperii") von nicht-hoheitlicher Tätigkeit ("acta iure gestionis") entwickelten Rechtsgrundsätze heranzuziehen sind (vgl. Staudinger/von Hoffmann, aaO Rn. 111; MünchKommBGB/Junker, 4. Aufl., Art. 40 EGBGB Rn. 196; Vogeler, aaO S. 594 f.). Für die Unterscheidung maßgebend ist die Natur des jeweils zu beurteilenden staatlichen Handelns oder des streitigen Rechtsverhältnisses; als hoheitlich gilt nur ein Verhalten , das nicht auch von einer Privatperson vorgenommen werden kann (vgl. BVerfGE 16, 27, 62 f.; 46, 342, 366; 64, 1, 42 f.; BVerfG NJW 2006, 2542 Rn. 18; Senatsurteil vom 26. September 1978 - VI ZR 267/76, NJW 1979, 1101; BAGE 113, 327, 33; Staudinger/von Hoffmann, aaO Rn. 111; MünchKomm BGB/Junker, 4. Aufl., Art. 40 EGBGB Rn. 196; Vogeler, aaO S. 594 f.; von Schönfeld, NJW 1986, 2980, 2984; Kronke, IPRax 1991, 141, 142; MünchKomm -ZPO/Zimmermann, 3. Aufl., § 20 GVG Rn. 12; Kissel/Mayer, GVG, 6. Aufl., § 20 Rn. 4; Zöller/Lückemann, ZPO, 28. Aufl., § 20 GVG Rn. 4; Hess, aaO S. 39 f.; vgl. auch EuGH, Urteil vom 21. April 1993 - C 172/91 - Sonntag, Slg. 1993, I-1963 Rn. 21 ff. zu Art. 1 Abs. 1 Satz 1 des Brüsseler Übereinkommens vom 27. September 1968 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen sowie Art. 2 Nr. 2 des Übereinkommens der Vereinten Nationen über die Immunität der Staaten und ihres Vermögens von der Gerichtsbarkeit vom 2. Dezember 2004, A/RES/59/38).
13
cc) Nach diesen Grundsätzen beurteilt sich die Haftung des Beklagten nach dem den Art. 40 ff. EGBGB zu entnehmenden Deliktsstatut. Für eine Anknüpfung an das Recht des Amtsstaates ist kein Raum, da das nach Auffassung des Klägers haftungsauslösende Verhalten des Beklagten - die unzureichende Aufklärung im Rahmen der ärztlichen Behandlung des Klägers durch den Beklagten - kollisionsrechtlich als nicht-hoheitlich zu qualifizieren ist. Der Beklagte ist nicht in Ausübung ihm zustehender Hoheitsgewalt, sondern wie eine Privatperson tätig geworden. Er hat die gleichen Aufgaben wahrgenommen wie ein in einem privaten Spital angestellter Arzt. Auf den Umstand, dass die ärztliche Behandlung von Patienten in einem Kantonsspital nach Schweizer Recht grundsätzlich als hoheitliche Tätigkeit anzusehen ist (vgl. Schweizerisches Bundesgericht, BGE 111 II 149 E. 3b S. 151; 115 Ib 175 E. 2 S. 179; Urteil 4C.378/1999 vom 23. November 2004 E. 2), kommt es im vorliegenden Zusammenhang nicht an.
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b) Die Maßgeblichkeit Schweizer Rechts ergibt sich aber - wie das Berufungsgericht zutreffend angenommen hat - aus Art. 41 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 EGBGB.
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aa) Art. 41 EGBGB verdrängt als Ausnahmebestimmung in besonders gelagerten Fällen die allgemein gehaltenen Anknüpfungsregeln der Art. 38 bis 40 Abs. 2 EGBGB - mithin auch das vom Kläger in Anspruch genommene Wahlrecht des Verletzten aus Art. 40 Abs. 1 S. 2 EGBGB - und beruft ein anderes Recht zur Anwendung, mit dem der zu beurteilende Sachverhalt eine wesentlich engere Verbindung aufweist (vgl. Staudinger/von Hoffmann, aaO, Art. 41 EGBGB Rn. 2; MünchKommBGB/Junker, 4. Aufl., Art. 41 EGBGB Rn. 2; Palandt/Heldrich, BGB, 67. Aufl., Art. 41 EGBGB Rn. 3; jurisPK-BGB/Wurmnest , Art. 41 EGBGB Rn. 10; Kreuzer, RabelsZ 65 (2001), 383, 433). Die Bestimmung trägt dem Umstand Rechnung, dass allgemein formulierte Kollisionsnormen im Einzelfall das von ihnen angestrebte Ziel der Anknüpfung an den Schwerpunkt der Rechtsbeziehung verfehlen, und entspricht dem Gedanken der kollisionsrechtlichen Gerechtigkeit, wonach möglichst der gesamte Lebenssachverhalt einer einheitlichen Rechtsordnung zu unterstellen und nicht in verschiedene Rechtsbeziehungen, die jeweils unterschiedlichen Rechtsordnungen unterstehen, aufzusplittern ist (vgl. Staudinger/von Hoffmann, aaO Rn. 2, 9 mwN; jurisPK-BGB/Wurmnest, Art. 41 EGBGB Rn. 10; Kreuzer, aaO, S. 432 ff.; Kropholler, aaO, § 53 IV 4.; von Hoffmann/Thorn, aaO, § 11 Rn. 40). Voraussetzung für die Anwendung der Bestimmung ist, dass der zu beurteilende Lebenssachverhalt bei Berücksichtigung der Gesamtumstände mit der normalerweise zur Anwendung berufenen Rechtsordnung in geringem, mit einer anderen Rechtsordnung jedoch in wesentlich engerem Zusammenhang steht (vgl. BT-Drucks. 14/343 S. 13). Gemäß Art. 41 Abs. 2 Nr. 1 EGBGB kann sich eine wesentlich engere Verbindung zu einem anderen Recht aus einer besonderen rechtlichen oder tatsächlichen Beziehung zwischen den Beteiligten im Zusammenhang mit dem (außervertraglichen) Schuldverhältnis ergeben (akzessorische Anknüpfung). Die Sonderbeziehung muss bereits zum Zeitpunkt des haftungsbegründenen Ereignisses bestehen und mit dem haftungsrechtlich rele- vanten Geschehen in sachlichem Zusammenhang stehen (vgl. BT-Drucks. 14/343 S. 13; Senatsurteil vom 23. März 2010 - VI ZR 57/09, VersR 2010, 910 Rn. 13; Staudinger/von Hoffmann, aaO, Art. 41 EGBGB Rn. 11; MünchKommBGB /Junker, 4. Aufl., Art. 41 EGBGB, Rn. 21; jurisPK-BGB/Wurmnest, aaO Rn. 11; Kreuzer, aaO, S. 433 f.).
16
bb) Diese Voraussetzungen sind im Streitfall erfüllt. Der vorliegend zu beurteilende Lebenssachverhalt steht bei Berücksichtigung sämtlicher Umstände mit der gemäß Art. 40 Abs. 1 Satz 2 EGBGB zur Anwendung berufenen deutschen Rechtsordnung in geringem, mit der Schweizer Rechtsordnung jedoch in wesentlich engerem Zusammenhang. Auch wenn zwischen den Parteien kein vertragliches Rechtsverhältnis bestand, sind ihre Beziehungen zueinander maßgeblich durch das zwischen dem Kanton Basel-Stadt als Träger des Universitätsspitals und dem Kläger bestehende und in der Schweizer Rechtsordnung verwurzelte ärztliche Behandlungsverhältnis geprägt (vgl. zu einer ähnlichen Konstellation vor Inkrafttreten des Art. 41 EGBGB: Senatsurteil vom 13. März 1984 - VI ZR 23/82, BGHZ 90, 294, 297; vgl. auch Staudinger /von Hoffmann, aaO, Rn. 17 f.). Wie das Berufungsgericht zutreffend angenommen hat, begründete dieses Behandlungsverhältnis, aufgrund dessen der Beklagte den Kläger ärztlich behandelte, eine enge tatsächliche Beziehung zwischen den Parteien, die im Zeitpunkt der angeblich unzureichenden Aufklärung über die mit der Medikamenteneinnahme verbundenen Risiken schonbestand und in einem sachlichen Zusammenhang mit dem haftungsbegründenden Ereignis steht. Diese Beziehung kann kollisionsrechtlich keine andere Beurteilung erfahren als das ihr zugrunde liegende und sie prägende Behandlungsverhältnis (so auch Vogeler, aaO S. 596; Rumetsch, MedR 2011, 289, 290).
17
(1) Nach den nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts begab sich der Kläger aus freien Stücken in die Schweiz, um sich in dem Universitätsspital Basel ärztlich behandeln zu lassen. Zu diesem Zweck begründete er ein ärztliches Behandlungsverhältnis mit dem Kanton Basel-Stadt als Träger des Spitals und ließ sich im Spital umfassend untersuchen, beraten und die erste Injektion verabreichen. Die erbrachten ärztlichen Leistungen vergütete er durch Zahlung an das Spital. Der beim Spital beschäftigte Beklagte war einer der behandelnden Ärzte und mit der Erfüllung der dem Kanton aufgrund des mit dem Kläger bestehenden Behandlungsverhältnisses obliegenden Pflichten betraut. Er hatte hierbei die im Kanton Basel-Stadt. geltenden Verhaltenspflichten und Standesregeln zu beachten (vgl. Rumetsch, aaO, 290; Deutsch in Festschrift Ferid, 1978, S. 117, 122, 134 f.). Der behauptete Aufklärungsfehler unterlief dem Beklagten im inneren sachlichen Zusammenhang mit der Erfüllung der sowohl den Kanton aufgrund des Behandlungsverhältnisses mit dem Kläger als auch ihn als behandelnden Arzt treffenden Pflichten.
18
(2) Das zwischen dem Kanton Basel-Stadt und dem Kläger bestehende ärztliche Behandlungsverhältnis unterliegt gemäß Art. 28 EGBGB dem Schweizer Recht.
19
(a) Das Behandlungsverhältnis ist kollisionsrechtlich als vertragliches Schuldverhältnis im Sinne der Art. 27 ff. EGBGB zu qualifizieren. Bei der Auslegung der Art. 27 - 37 EGBGB ist zu berücksichtigen, dass diese Bestimmungen mit Ausnahme von Art. 29a EGBGB auf dem Übereinkommen über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht vom 19. Juni 1980 (BGBl. II 1986 S. 810) beruhen (Art. 36 EGBGB). Der Begriff der vertraglichen Schuldverhältnisse im Sinne der Art. 27 ff. EGBGB ist deshalb übereinkommensautonom zu bestimmen; als Ausgangspunkt kann dabei der im internationalen Verfahrensrecht für die Eingrenzung vertraglicher Streitigkeiten im Rahmen der Erfüllungsortzuständigkeit (Art. 5 Nr. 1 EuGVÜ/EuGVVO) entwickelte Vertragsbegriff herangezogen werden (vgl. MünchKommBGB/Martiny, 4. Aufl., Vorbemerkung zu Art. 27 EGBGB Rn. 19 und Art. 36 EGBGB Rn. 15). Danach kommt es darauf an, ob von einer Partei eine freiwillige Verpflichtung übernommen wurde (vgl. EuGH, Urteil vom 20. Januar 2005 - Rs. C-27/02, Slg. 2005, I-481, Engler, Rn. 50 f. mwN; MünchKommBGB/Martiny, 4. Aufl., Vorbemerkung zu Art. 27 EGBGB Rn. 19). Diese Voraussetzung ist vorliegend erfüllt, da der Kläger die ärztliche Behandlung im Universitätsspital Basel freiwillig in Anspruch genommen und sich zur Zahlung einer Vergütung verpflichtet hat.
20
(b) Mangels einer Rechtswahl im Sinne des Art. 27 EGBGB beurteilt sich das Behandlungsverhältnis gemäß Art. 28 EGBGB nach dem Recht der Schweiz. Nach Abs. 1 Satz 1 dieser Bestimmung unterliegt ein Vertrag mangels einer Rechtswahl dem Recht des Staates, mit dem er die engsten Verbindungen aufweist. Gemäß Abs. 2 wird vermutet, dass der Vertrag die engsten Verbindungen mit dem Staat aufweist, in dem die Partei, die die charakteristische Leistung zu erbringen hat, ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat. Beim Dienstvertrag , zu dem auch der Arztvertrag gehört, erbringt die charakteristische Leistung im Sinne von Art. 28 Abs. 2 EGBGB grundsätzlich der Dienstverpflichtete (vgl. BGH, Urteil vom 17. November 1994 - III ZR 70/93, BGHZ 128, 41, 48; MünchKommBGB /Martiny, aaO, Art. 28 Rn. 203, 210; Staudinger/Magnus, aaO, Art. 28 EGBGB Rn. 258; Kegel/Schurig, aaO, § 18 I 1d; Palandt/Heldrich, aaO, Art. 28 EGBGB Rn. 14 mwN; Ferrari in Ferrari/Kieninger/Mankowski, Internationales Vertragsrecht, 2007, Art. 28 EGBGB Rn. 77; Deutsch, aaO S. 121 f.; Hübner/Linden, VersR 1998, 793, 794; Stumpf MedR 1998, 546; Fischer in Festschrift Laufs, 2006, S. 781 f.; Kropholler, aaO § 52 III 3). Dies ist vorliegend der Schweizer Kanton Basel-Stadt, der als Träger des Universitätsspitals Basel die ärztliche Behandlung des Klägers übernommen hatte. Die Vermutung des Art. 28 Abs. 2 EGBGB ist auch nicht widerlegt. Vielmehr belegen die unter (1) aufgezeigten Gesichtspunkte, dass der Schwerpunkt der zwischen dem Kläger und dem Kanton bestehenden Rechtsbeziehung in der Schweiz liegt. Eine andere Beurteilung ist entgegen der Auffassung der Revision nicht deshalb geboten , weil sich der Kläger auf Empfehlung seines Hausarztes zur ärztlichen Behandlung in der Schweiz begeben hatte und dieser die dort eingeleitete Therapie durch Blutbildkontrollen begleitend überwacht hatte. Diese Umstände prägen die Rechtsbeziehung zwischen dem Kläger und dem Kanton nicht. Sie treten in der gebotenen Gesamtbetrachtung hinter den in die Schweiz weisenden Gesichtspunkten zurück.
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(c) Da Art. 28 EGBGB gemäß Art. 35 EGBGB nur die Sachnormen der jeweiligen Rechtsordnung beruft, kommt es auf die Frage, ob das Schweizer Recht die Verweisung annimmt oder eine Rück- oder Weiterverweisung (renvoi) ausspricht, nicht an.
22
cc) Keiner Entscheidung bedarf auch die Frage, ob das gemäß Art. 41 Abs. 2 Nr. 1 EGBGB zur Beurteilung des vorliegend geltend gemachten deliktischen Schadensersatzanspruchs berufene Schweizer Recht die Verweisung annimmt. Denn im Fall der akzessorischen Anknüpfung an eine besondere Beziehung zwischen den Beteiligten gemäß Art. 41 Abs. 2 Nr. 1 EGBGB ist eine Rück- oder Weiterverweisung nach dem Sinn der Verweisung ausgeschlossen (Art. 4 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 EGBGB). Andernfalls würde die mit der akzessorischen Anknüpfung bezweckte einheitliche materiell-rechtliche Beurteilung eines Lebenssachverhalts vereitelt (BT-Drucks. 14/343 S. 8; von Bar/Mankowski , Internationales Privatrecht, 2. Aufl., § 7 Rn. 228; Staudinger/Hausmann, aaO, Art. 4 EGBGB Rn. 94 f.; von Hein, ZVglRWiss 99 (2000), 251, 274, 277; MünchKommBGB/Sonnenberger, 5. Aufl., Art. 4 EGBGB Rn. 28; AnwK-BGB/ Freitag, Art. 4 EGBGB Rn. 18; jurisPK-BGB/Wurmnest, Art. 41 Rn. 8; Palandt /Heldrich, 67. Aufl., Art. 41 EGBGB Rn. 2; Erman/Hohloch, BGB, 12. Aufl., Art. 4 EGBGB Rn. 18; Kreuzer, aaO, S. 431; Spickhoff, NJW 1999, 2209, 2212; Vogeler, aaO, S. 597; von Hoffmann/Thorn, aaO, § 11 Rn. 61; Kropholler, aaO, § 24 II 2. d; a.A. bei akzessorischer Anknüpfung an eine tatsächliche Beziehung : Dörner in Festschrift Stoll, 2001, S. 491, 500).
23
2. Die Revision wendet sich auch ohne Erfolg gegen die Beurteilung des Berufungsgerichts, nach dem anzuwendenden Schweizer Recht sei der Beklagte von jeder Haftung frei.
24
a) Nach dem im Streitfall anwendbaren § 545 Abs. 1 ZPO in der bis 31. August 2009 geltenden Fassung (vgl. Art. 111 Abs. 1 Satz 1, Art. 112 Abs. 1 Halbsatz 1 des FGG-Reformgesetzes vom 17. Dezember 2008 (BGBl. I S. 2586)) kann die Revision nicht darauf gestützt werden, dass die zu überprüfende Entscheidung auf der Verletzung ausländischen Rechts beruhe (vgl. zu § 545 ZPO in der ab 1. September 2009 geltenden Fassung: BGH, Urteil vom 12. November 2009 - Xa ZR 76/07, NJW 2010, 1070 Rn. 21 mwN; Musielak /Ball, ZPO, 8. Aufl., § 545 Rn. 7). Vielmehr sind die Feststellungen des Berufungsgerichts über das Bestehen und den Inhalt sowie die Auslegung und Anwendung von ausländischen Gesetzen für das Revisionsgericht bindend (§ 560 ZPO). Der revisionsrechtlichen Überprüfung unterliegt auf eine entsprechende Verfahrensrüge in diesem Zusammenhang lediglich, ob der Tatrichter gegen seine Verpflichtung verstoßen hat, das für die Entscheidung eines Rechtsstreits maßgebende ausländische Recht zu ermitteln (§ 293 ZPO, vgl. BGH, Urteile vom 30. April 1992 - IX ZR 233/90, BGHZ 118, 151, 162 ff.; vom 12. November 2003 - VIII ZR 268/02, NJW-RR 2004, 308, 310; vom 21. November 2008 - V ZR 35/08, NJW-RR 2009, 311 Rn. 10, jeweils mwN; Musielak/Ball, aaO Rn. 9 ff.). Diese Rügemöglichkeit ist jedoch nicht unbeschränkt. Sie ist nicht gegeben, wenn mit ihr in Wirklichkeit die Nachprüfung irrevisiblen ausländischen Rechts bezweckt wird (BGH, Urteil vom 30. April 1992 - IX ZR 233/90, aaO).
25
b) Nach diesen Grundsätzen ist dem Senat dieÜberprüfung der Fragen verwehrt, ob die ambulante Behandlung privatversicherter ausländischer Staatsbürger - wie das Berufungsgericht angenommen hat - in den Anwendungsbereich des § 3 des Gesetzes des Kantons Basel-Stadt über die Haftung des Staates und seines Personals vom 17. November 1999 (Haftungsgesetz) fällt, der Beklagte gegenüber dem Kläger gemäß § 3 Abs. 1 Haftungsgesetz in Ausübung einer amtlichen Tätigkeit gehandelt und ob er deshalb nach Abs. 2 dieser Bestimmung von der Haftung freigestellt ist. Die Revision wendet sich insoweit lediglich in unbeachtlicher Weise gegen die der revisionsrechtlichen Überprüfung entzogene Anwendung und Auslegung ausländischen Rechts.
26
Ebenso scheitert die Revision aber auch mit ihrer Rüge aus § 286 ZPO. Soweit es um Fragen geht, die nach nicht revisiblem Recht zu entscheiden sind, kann eine derartige Verfahrensrüge nur dann erhoben werden, wenn vom Standpunkt der Auslegung aus, die das Berufungsgericht selbst dem ausländischen Recht gibt, die Urteilsbegründung nach § 286 ZPO zu beanstanden ist, wenn also das Berufungsgericht ein Vorbringen, einen Beweisantrag oder das Ergebnis einer Beweisaufnahme übersehen hat, obwohl es von dem Rechtsstandpunkt aus, den es für das nicht revisible Recht eingenommen hat, beachtlich war (vgl. BGH, Urteile vom 30. April 1957 - V ZR 75/56, BGHZ 24, 159, 164; vom 8. November 1951 - IV ZR 10/51, BGHZ 3, 343, 346 f. mwN; vom 1. April 1987 - IVb ZR 40/86, NJW 1988, 636, 637). Diese Voraussetzungen sind hier nicht gegeben. Die Revision zeigt kein entsprechendes, in den Tatsacheninstanzen übergangenes Vorbringen auf.
27
3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Galke Wellner Pauge Stöhr von Pentz
Vorinstanzen:
LG Waldshut-Tiengen, Entscheidung vom 26.11.2009 - 1 O 36/06 -
OLG Karlsruhe in Freiburg, Entscheidung vom 03.08.2010 - 13 U 233/09 -

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Urteil, 19. Juli 2011 - VI ZR 217/10

Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Urteil, 19. Juli 2011 - VI ZR 217/10

Referenzen - Gesetze

Zivilprozessordnung - ZPO | § 97 Rechtsmittelkosten


(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

Zivilprozessordnung - ZPO | § 286 Freie Beweiswürdigung


(1) Das Gericht hat unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei.
Bundesgerichtshof Urteil, 19. Juli 2011 - VI ZR 217/10 zitiert 10 §§.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 97 Rechtsmittelkosten


(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

Zivilprozessordnung - ZPO | § 286 Freie Beweiswürdigung


(1) Das Gericht hat unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 545 Revisionsgründe


(1) Die Revision kann nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Verletzung des Rechts beruht. (2) Die Revision kann nicht darauf gestützt werden, dass das Gericht des ersten Rechtszuges seine Zuständigkeit zu Unrecht angenommen

Zivilprozessordnung - ZPO | § 560 Nicht revisible Gesetze


Die Entscheidung des Berufungsgerichts über das Bestehen und den Inhalt von Gesetzen, auf deren Verletzung die Revision nach § 545 nicht gestützt werden kann, ist für die auf die Revision ergehende Entscheidung maßgebend.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 293 Fremdes Recht; Gewohnheitsrecht; Statuten


Das in einem anderen Staat geltende Recht, die Gewohnheitsrechte und Statuten bedürfen des Beweises nur insofern, als sie dem Gericht unbekannt sind. Bei Ermittlung dieser Rechtsnormen ist das Gericht auf die von den Parteien beigebrachten Nachweise

Referenzen - Urteile

Bundesgerichtshof Urteil, 19. Juli 2011 - VI ZR 217/10 zitiert oder wird zitiert von 6 Urteil(en).

Bundesgerichtshof Urteil, 19. Juli 2011 - VI ZR 217/10 zitiert 4 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesgerichtshof Urteil, 27. Mai 2008 - VI ZR 69/07

bei uns veröffentlicht am 27.05.2008

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL VI ZR 69/07 Verkündet am: 27. Mai 2008 Holmes, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: ja BGHR:

Bundesgerichtshof Urteil, 23. März 2010 - VI ZR 57/09

bei uns veröffentlicht am 23.03.2010

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL VI ZR 57/09 Verkündet am: 23. März 2010 Holmes, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR:

Bundesgerichtshof Urteil, 26. Juni 2003 - III ZR 245/98

bei uns veröffentlicht am 26.06.2003

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL III ZR 245/98 Verkündet am: 26. Juni 2003 F r e i t a g Justizamtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: ja BGHR: ja ZPO § 32

Bundesgerichtshof Urteil, 21. Nov. 2008 - V ZR 35/08

bei uns veröffentlicht am 21.11.2008

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL V ZR 35/08 Verkündet am: 21. November 2008 Lesniak Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja ZPO § 545 Auch nach
2 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Bundesgerichtshof Urteil, 19. Juli 2011 - VI ZR 217/10.

Bundesgerichtshof Urteil, 01. März 2016 - VI ZR 437/14

bei uns veröffentlicht am 01.03.2016

Tenor Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 7. Zivilsenats des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts vom 2. Oktober 2014 aufgehoben.

Bundesgerichtshof Urteil, 07. Juli 2015 - VI ZR 372/14

bei uns veröffentlicht am 07.07.2015

t BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL VI ZR 372/14 Verkündet am: 7. Juli 2015 Böhringer-Mangold Justizamtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: n

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR 69/07 Verkündet am:
27. Mai 2008
Holmes,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
LugÜ Art. 5 Nr. 3
Verschreibt ein Arzt in der Schweiz einem in Deutschland wohnhaften Patienten Medikamente
, die am Wohnort des Patienten zu schweren Nebenwirkungen führen, über
die der Arzt den Patienten nicht aufgeklärt hat, so ergibt sich die internationale
Zuständigkeit der deutschen Gerichte für eine auf deliktische Ansprüche gestützte
Klage aus Art. 5 Nr. 3 LugÜ, weil der Erfolgsort in Deutschland liegt. Denn eine ärztliche
Heilbehandlung, die - mangels ausreichender Aufklärung - ohne wirksame Einwilligung
des Patienten erfolgt, führt nur dann zur Haftung des Arztes, wenn sie einen
Gesundheitsschaden des Patienten zur Folge hat.
BGH, Urteil vom 27. Mai 2008 - VI ZR 69/07 - OLG Karlsruhe
LG Waldshut-Tiengen
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 27. Mai 2008 durch die Vizepräsidentin Dr. Müller, den Richter Wellner, die
Richterin Diederichsen und die Richter Stöhr und Zoll

für Recht erkannt:
Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des 13. Zivilsenats in Freiburg i. Br. des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 9. Februar 2007 wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Parteien streiten über die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte für eine Arzthaftungsklage.
2
Der in Deutschland wohnhafte Kläger begab sich am 27. Juli 2004 in ein Kantonsspital in der Schweiz. Der beklagte Arzt diagnostizierte eine chronische Hepatitiserkrankung und empfahl eine Therapie mit zwei Medikamenten. Diese sollte sich der Kläger für sechs Monate bei wöchentlichen Kontrollen seines Hausarztes selbst verabreichen, davon eines durch Injektion mit einer Spritze, was im Rahmen einer Einweisung am 30. Juli 2004 auch einmalig im Kantonsspital geschah. Ende November 2004 brach der Kläger die Therapie ab.
3
Er behauptet, die Einnahme der Medikamente habe zu schweren Nebenwirkungen geführt, über die er vom Beklagten nicht aufgeklärt worden sei, und verlangt deshalb - gestützt auf § 823 BGB - Schmerzensgeld und Schadensersatz.
4
Das Landgericht hat in einem Zwischenurteil seine internationale Zuständigkeit bejaht. Die Berufung des Beklagten blieb ohne Erfolg. Mit der vom Berufungsgericht wegen grundsätzlicher Bedeutung (§ 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO) zugelassenen Revision macht er weiterhin die Unzuständigkeit deutscher Gerichte geltend.

Entscheidungsgründe:

I.

5
Das Berufungsgericht (OLGR Karlsruhe 2007, 453) meint, die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte ergebe sich aus Art. 5 Nr. 3 des Luganer Übereinkommens. Der Erfolgsort liege in Deutschland, weil dort in das geschützte Rechtsgut, nämlich Gesundheit und körperliche Unversehrtheit, eingegriffen worden sei, denn die Medikamenteneinnahme sei planmäßig über einen längeren Zeitraum am Wohnsitz des Klägers erfolgt. Die Klage knüpfe nicht an einen Vertrag an, da die schädigende Einnahme der Medikamente ohne Aufklärung eine Körperverletzung darstelle. Art. 5 Nr. 3 sei auch dann anwendbar, wenn deliktische Ansprüche mit vertraglichen konkurrierten, und werde nicht von Art. 5 Nr. 1 verdrängt.

II.

6
Die Revision hat keinen Erfolg. Die deutschen Gerichte sind international zuständig gemäß Art. 5 Nr. 3 des Übereinkommens über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen, geschlossen in Lugano am 16. September 1988 (BGBl 1994 II 2658 ff., 3772; künftig: LugÜ), weil mit dem Rechtsstreit Ansprüche aus unerlaubter Handlung geltend gemacht werden.
7
Das LugÜ ist in der Bundesrepublik Deutschland als dem Wohnsitzstaat des Klägers am 1. März 1995 und in der Schweiz als dem Wohnsitzstaat des Beklagten am 1. Januar 1992 in Kraft getreten (BGBl 1995 II 221). Es findet im Streitfall gemäß Art. 54 b Abs. 2 a, 1. Fall LugÜ Anwendung.
8
Nach Art. 2 Abs. 1 LugÜ können Personen, die ihren Wohnsitz im Hoheitsgebiet eines Vertragsstaates haben, grundsätzlich nur vor den Gerichten dieses Staates verklagt werden. Die Gerichte eines anderen Vertragsstaates sind gemäß Art. 3 LugÜ international zuständig, soweit das Übereinkommen Ausnahmen regelt. Eine solche stellt Art. 5 Nr. 3 LugÜ dar, der bestimmt, dass eine Person, die ihren Wohnsitz in dem Hoheitsgebiet eines Vertragsstaats hat, in einem anderen Vertragsstaat verklagt werden kann, wenn eine unerlaubte Handlung oder eine Handlung, die einer unerlaubten Handlung gleichgestellt ist, oder wenn Ansprüche aus einer solchen Handlung den Gegenstand des Verfahrens bilden, vor dem Gericht des Ortes, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist.
9
1. Diese Vorschrift ist in der für den Streitfall maßgebenden Fassung des LugÜ von den deutschen Gerichten auszulegen. Eine Auslegungszuständigkeit des Europäischen Gerichtshofs besteht nicht (EuGH, Gutachten vom 7. Februar 2006 - C-1/03 - Slg. 2006 I, 1145, Rn. 19). Dies stellt die Revision auch nicht in Abrede.
10
2. Das Berufungsgericht hat zu Recht angenommen, dass Gegenstand des Verfahrens eine unerlaubte Handlung im Sinne von Art. 5 Nr. 3 LugÜ ist.
11
a) Dies ergibt sich zwar nicht schon daraus, dass der Kläger seinen Anspruch auf § 823 BGB stützt. Vielmehr sind die im LugÜ verwendeten Begriffe, die nach innerstaatlichem Recht der Vertragsstaaten eine unterschiedliche Bedeutung haben können, grundsätzlich autonom auszulegen (vgl. EuGH, Urteil vom 3. Juli 1997 - Rs. C-269/95 - Slg. 1997 I, 3767, Rn. 12 - Benincasa). Das gilt nach der Rechtsprechung des EuGH zum nahezu wortgleichen Art. 5 Nr. 3 EuGVÜ auch für den Begriff "unerlaubte Handlung", der sich nicht als bloße Verweisung auf das innerstaatliche Recht verstehen lässt. Indessen bezieht sich hiernach der Begriff der unerlaubten Handlung auf alle Klagen, mit denen eine Schadenshaftung des Beklagten geltend gemacht wird und die nicht an einen "Vertrag" im Sinne von Art. 5 Nr. 1 EuGVÜ anknüpfen, wobei der Begriff "Vertrag" ebenfalls autonom zu verstehen ist und eine freiwillig gegenüber einer anderen Person eingegangene Verpflichtung meint (EuGH, Urteile vom 17. September 2002 - Rs. C-334/00 - Slg. 2002 I, 7357, Rn. 19 ff. - Tacconi; vom 20. Januar 2005 - Rs. C-27/02 - Slg. 2005 I, 481, Rn. 29 - Engler). Zuständigkeitsbegründende Tatsachen muss grundsätzlich der Kläger beibringen und jedenfalls schlüssig behaupten (EuGH, Urteil vom 3. Juli 1997 - Rs. C-269/95 - aaO, Rn. 29 f.).
12
b) Das ist im Streitfall geschehen. Der Kläger macht eine Schadenshaftung geltend, denn er verlangt Schadensersatz und Schmerzensgeld wegen eines Körperschadens, den er durch die ärztliche Behandlung des Beklagten erlitten habe, weil die von diesem verordneten Medikamente zu starken Nebenwirkungen und gesundheitlichen Beeinträchtigungen geführt hätten. Seine Klage knüpft schon deshalb nicht an einen Vertrag an, weil er nicht vorträgt, ob er einen Vertrag abgeschlossen hat und gegebenenfalls mit wem. Seine Klage knüpft vielmehr an eine unerlaubte Handlung an, weil er dem Beklagten eine Körperverletzung vorwirft (vgl. Lohse, Das Verhältnis von Vertrag und Delikt, S. 214). Dabei moniert er eine unzureichende ärztliche Aufklärung, also den Verstoß gegen eine Pflicht, die eine ärztliche Berufspflicht darstellt und entgegen der Auffassung der Revision nicht "immer auf vertraglicher Grundlage" besteht (vgl. Senatsurteile BGHZ 162, 320, 323 f.; 172, 1 ff. = VersR 2007, 995, 998; vom 10. Juli 1954 - VI ZR 45/54 - NJW 1956, 1106, 1107 und vom 17. April 2007 - VI ZR 108/06 - VersR 2007, 999 f.).
13
c) Die Revision erkennt selbst, dass sich die Klage nicht auf Vertrag stützt, meint aber, allein die bestehende Möglichkeit einer Anspruchskonkurrenz begründe den Vorrang des Vertragsgerichtsstandes, auch wenn die Klage ausschließlich auf Delikt gestützt werde. Diese Auffassung findet indes in der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs keine Stütze (vgl. EuGH, Urteile vom 27. September 1988, Rs. 189/87 - Slg. 1988, 5565, Rn. 19 f. Kalfelis; vom 27. Oktober 1998, Rs. C-51/97 - Slg. 1998 I, 6511 ff. - Reunion; vom 17. September 2002, Rs. C-334/00 - aaO - Tacconi und vom 20. Januar 2005, Rs. C-27/02 - Slg. 2005 I, 481 - Engler). Soweit die Revision aus den Schlussanträgen des Generalanwalts in der Rechtssache Kalfelis (Rs. 189/87 - Slg. 1988, 5565, 5573; zustimmend Lohse, aaO, S. 25 ff.; ähnlich OLG München WM 1989, 602, 606) Gegenteiliges folgern will, kann dem nicht gefolgt werden. Der Europäische Gerichtshof hat nicht in diesem Sinn entschieden, sondern den Deliktsgerichtsstand auch dann für gegeben erachtet, wenn konkurrierende vertragliche Ansprüche geltend gemacht werden. Das muss erst recht gelten, wenn die Klage - wie im Streitfall - ausschließlich auf deliktische Ansprüche ge- stützt ist (vgl. auch BGH, Urteil vom 7. Dezember 2004 - IX ZR 366/03 - NJWRR 2005, 581, 584 m.w.N.).
14
Die Revision sieht auch selbst, dass der Europäische Gerichtshof in der Rechtssache Kalfelis von der Möglichkeit einer Zuständigkeitsspaltung für Ansprüche vertraglicher und außervertraglicher Art ausgegangen ist. Soweit sie gleichwohl meint, dass hierdurch im Falle der Anspruchsgrundlagenkonkurrenz nur eine Annexkompetenz für vertragliche Ansprüche im Gerichtsstand des Art. 5 Nr. 3 LugÜ verneint, aber nicht ausdrücklich zur Frage Stellung genommen werde, ob Art. 5 Nr. 3 von Art. 5 Nr. 1 LugÜ verdrängt werde, kann dem nicht gefolgt werden.
15
3. "Ort, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist" im Sinne von Art. 5 Nr. 3 LugÜ ist vorliegend der Wohnort des Klägers.
16
a) Insoweit besteht eine Wahlmöglichkeit zwischen dem Handlungs- und dem Erfolgsort (vgl. EuGH, Urteil vom 10. Juni 2004 - Rs. C-168/02 - Slg. 2004 I, 6009, Rn. 16 - Kronhofer), doch kommt im Streitfall nur der Erfolgsort in Betracht. Erfolgsort ist derjenige Ort, an dem die Verletzung des primär geschützten Rechtsguts eintritt. Allerdings erfasst er nicht jeden Ort, an dem die nachteiligen Folgen eines Umstands spürbar werden, der bereits einen - tatsächlich an einem anderen Ort entstandenen - Schaden verursacht hat.
17
b) Bei einer Medikamententherapie, die in der Schweiz verordnet und über die dort angeblich fehlerhaft aufgeklärt wurde, liegt der Erfolgsort in Deutschland, wenn das Medikament - wie zwischen Arzt und Patient besprochen - dort eingenommen wurde und die Nebenwirkungen dort auftraten (vgl. Uhl, Internationale Zuständigkeit gemäß Art. 5 Nr. 3 des Brüsseler und Lugano -Übereinkommens, S. 217 ff.; Sänger, Der Internist 1998, M 221, M 222; Schlosser, RIW 1988, 987, 989; ähnlich für Diagnosefehler Bäune, Zeitschrift für Orthopädie 2005, 12 ff.).
18
Der Auffassung der Revision, bei Verletzung der ärztlichen Aufklärungspflicht sei Erfolgsort nicht der Ort, an dem die Gesundheitsschäden eingetreten sind, sondern der Ort, an dem der Patient sich befand, als die Aufklärungspflicht verletzt wurde, überzeugt nicht. Die Revision will sich darauf stützen, dass die "Primärverletzung" in einem Eingriff in das Selbstbestimmungsrecht bzw. die Entscheidungsfreiheit des Patienten zu sehen sei. Dabei verkennt sie jedoch, dass Art. 5 Nr. 3 LugÜ als Erfolgsort denjenigen Ort ansieht, an dem der Schaden (erstmals) eingetreten ist. Insoweit räumt auch die Revision ein, dass ein die Haftung auslösender Schaden bei einer Verletzung der ärztlichen Aufklärungspflicht erst dann eintritt, wenn die Behandlung zu einer Beeinträchtigung der Gesundheit führt. Diese Betrachtungsweise entspricht sowohl Wortlaut und Sinn des Art. 5 Nr. 3 LugÜ als auch der ständigen Rechtsprechung des erkennenden Senats (vgl. nur die Senatsurteile BGHZ 162, 320, 323 f.; 172, 1 ff., aaO; vom 17. April 2007 - VI ZR 108/06 - aaO, jeweils m.w.N.).
19
Der gelegentlich vertretenen Auffassung, wonach eine ärztliche Heilbehandlung ohne rechtfertigende Einwilligung in erster Linie eine Verletzung des Persönlichkeitsrechts darstelle und deshalb auch ohne einen vom Arzt verursachten Gesundheitsschaden zu einer Haftung führe (vgl. OLG Jena, VersR 1998, 586, 588 m.w.N.; zur Problematik vgl. MünchKomm-BGB/Wagner, 4. Aufl., § 823 Rn. 662, 748, m.w.N.), vermag der erkennende Senat nicht zu folgen. Diese Auffassung, die eine Haftung bereits aus der bloßen Verletzung der Aufklärungspflicht herleitet, auch wenn kein Gesundheitsschaden eintritt, würde zu einer uferlosen Haftung der Ärzte führen, die auch bei der gebotenen Berücksichtigung der Interessen der Patienten nicht vertretbar wäre.
20
Vielmehr ist eine ärztliche Heilbehandlung ohne wirksame Einwilligung des Patienten - die eine ausreichende Aufklärung voraussetzt - zwar rechtswidrig (vgl. Senatsurteil vom 17. April 2007 - VI ZR 108/06 - aaO, m.w.N.), doch führt sie zur Haftung des Arztes nur, wenn sie einen Gesundheitsschaden des Patienten zur Folge hat. Maßgeblich für den Erfolgsort ist deshalb, an welchem Ort der Gesundheitsschaden eintritt.

III.

21
Die Revision muss danach mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückgewiesen werden. Müller Wellner Diederichsen Stöhr Zoll
Vorinstanzen:
LG Waldshut-Tiengen, Entscheidung vom 10.07.2006 - 1 O 36/06 -
OLG Karlsruhe in Freiburg, Entscheidung vom 09.02.2007 - 13 U 132/06 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
III ZR 245/98
Verkündet am:
26. Juni 2003
F r e i t a g
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
Die Anerkennung des Urteils eines griechischen Gerichts, durch das die Bundesrepublik Deutschland
wegen Kriegsverbrechen der deutschen Wehrmacht in Griechenland im Zweiten Weltkrieg zur
Zahlung von Schadensersatz an verletzte griechische Staatsangehörige verurteilt wurde, ist ausgeschlossen
, weil ein solches Urteil dem völkerrechlichen Grundsatz der Staatenimmunität widerspricht.
LondSchAbk v. 27.2.1953 (BGBl. II S. 331)
Die "Zurückstellung der Prüfung" der in Art. 5 Abs. 2 des Londoner Schuldenabkommmens bezeichneten
Forderungen hat mit dem Inkrafttreten des Vertrages vom 12. September 1990 über die
abschließende Regelung in bezug auf Deutschland (Zwei-plus-Vier-Vertrag) geendet.
Haager Landkriegsordnung (HLKO) Art. 2, 3
Nach der im Zweiten Weltkrieg gegebenen Rechtslage standen im Falle von Verletzungen des
Kriegsvölkerrechts etwaige Schadensersatzansprüche gegen den verantwortlichen fremden Staat
nicht einzelnen geschädigten Personen, sondern nur deren Heimatstaat zu.
BGB § 839 Fk; WRV Art. 131
Jedenfalls nach dem Verständnis des deutschen Amtshaftungsrechts in der Zeit bis zum Ende des
Zweiten Weltkriegs waren dem Staat zurechenbare militärische Handlungen während des Krieges
im Ausland von dem Amtshaftungstatbestand des § 839 BGB i.V.m. Art. 131 WRV ausgenommen.
BGH, Urteil vom 26. Juni 2003 - III ZR 245/98 - OLG Köln
LG Bonn
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 12. Juni 2003 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Rinne und die Richter
Dr. Wurm, Streck, Schlick und Dörr

für Recht erkannt:
Das Versäumnisurteil vom 14. Oktober 1999 wird aufrechterhalten. Die Kläger haben die weiteren Kosten des Revisionsrechtszuges zu tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand


Die Kläger sind griechische Staatsangehörige. Ihre Eltern wurden am 10. Juni 1944 im damals besetzten Griechenland von Angehörigen einer in die deutsche Wehrmacht eingegliederten SS-Einheit nach einer vorausgegangenen bewaffneten Auseinandersetzung mit Partisanen im Zuge einer gegen das Dorf Distomo (Böotien) gerichteten "Sühnemaßnahme" erschossen, zusammen mit weiteren 300 an den Partisanenkämpfen unbeteiligten Dorfbewohnern - überwiegend Frauen und Kindern - sowie zwölf gefangengenommenen Partisanen. Das Dorf wurde niedergebrannt.
Die Kläger nehmen die beklagte Bundesrepublik Deutschland aus übergegangenem Recht (wegen Zerstörung des elterlichen Hauses nebst Inventar
und Warenbestand des von ihren Eltern geführten Einzelhandelsgeschäfts) und aus eigenem Recht (wegen gesundheitlicher Schäden und Nachteile in der beruflichen Ausbildung und in ihrem Fortkommen) im Wege einer Feststellungsklage auf Schadensersatz, hilfsweise auf Entschädigung in Anspruch.
Landgericht und Oberlandesgericht haben die Klage abgewiesen. Mit der - zugelassenen - Revision verfolgen die Kläger ihre Ansprüche weiter.
In der ersten Revisionsverhandlung sind die Kläger nicht erschienen. Es ist Versäumnisurteil gegen sie ergangen, gegen das sie rechtzeitig Einspruch eingelegt haben.
In einem in Griechenland von der Präfektur Böotien unter anderem auch in Vertretung der Kläger geführten Schadensersatzprozeß wegen des DistomoMassakers gegen die Bundesrepublik Deutschland hat die Zivilkammer des Landgerichts Livadeia durch Versäumnisurteil vom 30. Oktober 1997 unter anderem den Klägern des vorliegenden Prozesses näher bezifferte Zahlungsansprüche zuerkannt. Den von der Bundesrepublik Deutschland gestellten Antrag auf Kassation dieses Urteils hat das Plenum des griechischen Areopag durch Urteil vom 4. Mai 2000 zurückgewiesen. Die Vollstreckung aus diesem Urteil in Vermögen der Beklagten in Griechenland ist gescheitert, weil Griechenland nicht die nach dortigem Recht erforderliche Genehmigung erteilt hat.

Entscheidungsgründe


Das Versäumnisurteil vom 14. Oktober 1999 ist aufrechtzuerhalten, denn die - insgesamt zulässige - Revision der Kläger gegen das klagabweisende Urteil des Berufungsgerichts ist nicht begründet.

A.


Zutreffend hat das Berufungsgericht die auf Feststellung einer Ersatzbzw. Entschädigungspflicht der Beklagten gerichtete Klage als zulässig angesehen.
Zu Unrecht meint die Beklagte, ein Feststellungsinteresse der Kläger im Sinne des § 256 Abs. 1 ZPO sei zu verneinen, weil sie auf Leistung klagen könnten und dies für sie zumutbar sei (vgl. Zöller/Greger ZPO 23. Aufl. § 256 Rn. 7a m.w.N.). Indessen besteht keine allgemeine Subsidiarität der Feststellungs - gegenüber der Leistungsklage. Erstere ist trotz der Möglichkeit, Leistungsklage zu erheben, zulässig, wenn sie unter dem Gesichtspunkt der Prozeßwirtschaftlichkeit zu einer sinnvollen und sachgemäßen Erledigung der aufgetretenen Streitpunkte führt (vgl. BGH, Urteil vom 10. Mai 1978 - VIII ZR 166/77 - NJW 1978, 1520, 1521; Senatsurteil vom 9. Juni 1983 - III ZR 74/82 - NJW 1984, 1118, 1119). Das ist in der Regel anzunehmen, wenn es sich, wie hier, bei der beklagten Partei um eine öffentliche Körperschaft handelt, so daß zu erwarten ist, daß sie sich auch einem eventuellen Feststellungsurteil beugen wird (Senatsurteil vom 9. Juni 1983 aaO). Soweit die Beklagte dem entgegenhält , sie werde sich einem etwaigen Feststellungsurteil im Sinne der Klage nicht einfach beugen können, weil es zur Höhe der geltend gemachten Schadens - bzw. Entschädigungspositionen weiteren Streit geben werde, ist nicht ersichtlich, daß letzteres zu einem weiteren Prozeß (einer Leistungsklage der Kläger) führen müßte.

B.


Die Klage ist jedoch, wie das Berufungsgericht zu Recht ausgesprochen hat, unbegründet. Die von den Klägern geltend gemachten Schadensersatzbzw. Entschädigungsansprüche gegen die Beklagte bestehen nicht.

I.


Einer Zurückweisung der Revision (Abweisung der Klage) im vorliegenden Rechtsstreit steht nicht schon die materielle Rechtskraft des Urteils des Landgerichts Livadeia vom 30. Oktober 1997 - im Sinne des Verbots einer abweichenden Entscheidung (vgl. BGH, Urteile vom 20. März 1964 - V ZR 34/62 - NJW 1964, 1626 und vom 26. November 1986 - IVb ZR 90/85 - NJW 1987, 1146) - entgegen, soweit dieses bestimmten Schadensersatzansprüchen der Kläger stattgegeben hat und die Parteien und Streitgegenstände des vorliegenden Prozesses und jenes Rechtsstreits in Griechenland in dem betreffenden Umfang identisch sind. Eine inhaltliche Bindung an die ausländische Entscheidung kommt nur in Betracht, wenn und soweit diese von deutschen Gerichten anzuerkennen ist. Daran fehlt es hier.
1. Die Frage, ob das (rechtskräftige) Urteil des Landgerichts Livadeia anzuerkennen ist, richtet sich nicht nach dem Brüsseler Übereinkommen über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (EuGVÜ). Denn zu den Zivil- und Handelssachen, in denen dieses multilaterale Abkommen gemäß Art. 1 Abs. 1 Satz 1 EuGVÜ anzuwenden ist, gehört - bei einer vertragsautonomen Qualifikation dieses Be-
griffes - nicht der Schadensersatzanspruch gegen einen Hoheitsträger, der in Ausübung hoheitlicher Befugnisse gehandelt hat (vgl. EuGH, Urteil vom 21. April 1993 - Rs. C-172/91 - IPRax 1994, 37 m. Anm. Heß aaO S. 10; Kropholler Europäisches Zivilprozeßrecht 6. Aufl. [1998] Art. 1 EuGVÜ Rn. 8).
2. Auch eine Anerkennung des griechischen Urteils auf der Grundlage des Vertrages zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich Griechenland über die gegenseitige Anerkennung und Vollstreckung von gerichtlichen Entscheidungen, Vergleichen und öffentlichen Urkunden in Zivilund Handelssachen vom 4. November 1961 (BGBl. 1963 II S. 109) oder auf der Grundlage von § 328 ZPO kommt im Ergebnis nicht in Betracht. Auf nähere Einzelheiten braucht insoweit nicht eingegangen zu werden.
Voraussetzung der Anerkennung des Urteils des Landgerichts Livadeia ist nämlich sowohl nach dem deutsch-griechischen Vertrag vom 4. November 1961 als auch nach § 328 ZPO, daß der dortige Streitgegenstand überhaupt der - von der Bundesrepublik Deutschland in Abrede gestellten - Gerichtsbarkeit des griechischen Staates unterlag. Das wird zwar in den maßgeblichen Vorschriften nicht ausdrücklich ausgesprochen, ergibt sich aber zumindest mittelbar aus dem Erfordernis der internationalen Zuständigkeit des ausländischen Gerichts (vgl. § 328 Abs. 1 Nr. 1 ZPO einerseits, Art. 3 Nr. 3 des deutsch-griechischen Abkommens vom 4. November 1961 andererseits) und aus dem Gesichtspunkt des (deutschen) ordre public (§ 328 Abs. 1 Nr. 4 ZPO; Art. 3 Nr. 1 des Abkommens vom 4. November 1961). Diese Anerkennungsvoraussetzung ist nicht erfüllt.

a) Nach dem völkerrechtlichen Grundsatz der (begrenzten) Staatenimmunität kann ein Staat Befreiung von der Gerichtsbarkeit - schon im Erkenntnisverfahren - eines fremden Staats beanspruchen, soweit es um die Beurteilung seines hoheitlichen Verhaltens ("acta iure imperii") geht, während ein Staat nicht gehalten ist, einem fremden Staat in einem gegen diesen gerichteten Erkenntnisverfahren, das über dessen nicht-hoheitliches Verhalten ("acta iure gestionis") befindet, Befreiung von der Gerichtsbarkeit zu gewähren (vgl. BVerfGE 16, 27; 46, 342; Gloria, in: Ipsen, Völkerrecht 4. Aufl. [1999] § 26 Rn. 16 ff; von der Beklagten vorgelegtes Gutachten Tomuschat/McCaffrey v. 24. Oktober 2000, S. 6 ff, 8, 14). Aus dieser herkömmlichen Sicht war Gegenstand des Prozesses vor dem Landgericht Livadeia ein hoheitliches Handeln deutscher Streitkräfte im besetzten Griechenland während des Zweiten Weltkriegs. Dies gilt auf den ersten Blick, wenn man (lex fori des Anerkennungsstaats ) deutsches Recht zugrunde legt, aber grundsätzlich auch nach griechischem Recht, in dem hoheitliches und nicht hoheitliches Handeln ähnlich wie im deutschen Recht unterschieden wird. Soweit das Landgericht Livadeia in seinem Urteil vom 30. Oktober 1997 eine Qualifizierung des in Rede stehenden Kriegsverbrechens (im Kern nur wegen der Schwere des Rechtsverstoßes) als hoheitliches Handeln verneint hat, ist dies methodisch nicht überzeugend.

b) Demgegenüber gibt es in neuerer Zeit Bestrebungen, den Grundsatz der Staatenimmunität noch enger zu fassen und diese bei Verstößen gegen zwingende Normen des Völkerrechts ("ius cogens") nicht anzuerkennen (s. die Darstellungen von Wirth, Jura 2000, 70, 72 ff; Ambos JZ 1999, 16, 21 ff). Das ist jedoch nach überwiegender Meinung nicht geltendes Völkerrecht (vgl. Heß, Staatenimmunität bei Distanzdelikten [1992] S. 292 f; Kämmerer, Kriegsrepres-
salie oder Kriegsverbrechen ? ArchVölkerR Bd. 37 [1999] S. 307 f; Rensmann IPRax 1998, 44, 47; Seidl-Hohenveldern IPRax 1996, 52, 53 f; Scheffler, Die Bewältigung hoheitlich begangenen Unrechts durch fremde Zivilgerichte [1997], 87 f; a.A. Kokott, Festschrift Rudolf Bernhardt [1995], 135, 148 f); der Immunitätsvorbehalt liefe sonst auch weitgehend leer (vgl. Reimann IPRax 1995, 123, 127).
Ein anderer Ansatz für eine (weitere) Einschränkung des Grundsatzes der Staatenimmunität ergibt sich aus neueren Konventionen beziehungsweise Konventionsentwürfen, etwa dem Europäischen Übereinkommen vom 16. Mai 1972 (BGBl. II 34), dem allerdings Griechenland bisher nicht beigetreten ist. Nach Art. 11 dieses Europäischen Übereinkommens kann ein Vertragsstaat vor einem Gericht eines anderen Vertragsstaats Immunität nicht beanspruchen, wenn das Verfahren den Ersatz eines Personen- oder Sachschadens betrifft, das schädigende Ereignis im Gerichtsstaat eingetreten ist und der Schädiger sich bei Eintritt des Ereignisses in diesem Staat aufgehalten hat. Dem Wortlaut nach wären hiervon schadensstiftende Handlungen im Gerichtsstaat unabhängig davon betroffen, ob es sich um "acta iure imperii" handelte oder nicht (vgl. Geiger NJW 1987, 1124, 1125; Heß aaO S. 293). Andererseits geht der Ursprung dieser Regelung eher in die Richtung der Bewältigung von Vorfällen, die mit den hier streitgegenständlichen Handlungen nichts zu tun haben (z.B. Verkehrsunfälle bei Dienstfahrten ausländischer Diplomaten; vgl. Heß aaO; Gutachten Tomuschat/McCaffrey S. 24). Jedenfalls besagt Art. 31 des Übereinkommens vom 16. Mai 1972 ausdrücklich, daß dieses nicht die Immunität oder Vorrechte berührt, die ein Vertragsstaat für alle Handlungen oder Unterlassungen genießt, "die von seinen Streitkräften oder im Zusammenhang mit diesen im Hoheitsgebiet eines anderen Vertragsstaats begangen werden".
Schließlich ist die rückwirkende Anwendung einer "Deliktsklausel" der in Rede stehenden Art bedenklich (vgl. Gutachten Tomuschat/McCaffrey S. 32).

c) Es sprechen danach weiterhin die überwiegenden Gesichtspunkte gegen die Annahme, bei Regeln wie Art. 11 des Europäischen Übereinkommens vom 16. Mai 1972 handele es sich um mittlerweile geltendes Völkergewohnheitsrecht (vgl. Heß IPRax 1994, 10, 14; zweifelnd Geimer, Internationales Zivilprozeßrecht 3. Aufl. [1997] Rn. 626c; ablehnend Steinberger, State Immunity , in: R. Bernhardt, Encyclopedia of Public International Law 10. Lieferung S. 439). Jedenfalls wird eine militärische Aktion der hier in Rede stehenden Art während eines Krieges hiervon nicht erfaßt, schon gar nicht mit "Rückwirkung" für den Zweiten Weltkrieg.

d) Der Senat ist an der Beurteilung, daß die Beklagte sich gegenüber der Inanspruchnahme vor einem griechischen Gericht wegen des DistomoMassakers im Zweiten Weltkrieg auf die Staatenimmunität berufen konnte, nicht durch Art. 100 Abs. 2 GG gehindert. Nach dieser Vorschrift hat das Gericht eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts einzuholen, wenn zweifelhaft ist, ob eine Regel des Völkerrechts Bestandteil des Bundesrechts ist (Art. 25 GG), also auch dann, wenn zweifelhaft ist, ob eine Regel des Völkerrechts , die die dargestellten prozessualen Auswirkungen hätte, überhaupt existiert.
Solche möglicherweise ursprünglich vorhandenen (objektiven) Zweifel, ob die hier erörterte Völkerrechtsregel existiert, sind indessen jedenfalls durch die nachfolgenden höchstrichterlichen Entscheidungen beseitigt worden:
Das Oberste Sondergericht Griechenlands hat am 17. September 2002 auf eine Vorlage des Areopag in einem anderen Rechtsstreit wegen gleichgelagerter Ansprüche gegen die Bundesrepublik Deutschland entschieden,
"daß es nach dem gegenwärtigen Entwicklungsstand des Völkerrechts nach wie vor eine allgemein anerkannte Norm dieses Rechts gibt, nach der es unzulässig ist, einen Staat vor dem Gericht eines anderen Staates auf Schadensersatz wegen irgendeines im Hoheitsgebiet des Gerichtsstaats verübten Delikts, an dem in irgendeiner Weise (Art) Streitkräfte des beklagten Landes beteiligt waren, zu verklagen, und zwar sowohl im Kriegs- als auch im Friedensfall", wodurch auch der gegenteilige Ausspruch des Plenums des Areopag vom 4. Mai 2000 betreffend den Prozeß der Kläger vor dem Landgericht Livadeia, was die allgemeine völkerrechtliche Beurteilung durch die Gerichte in Griechenland angeht, als "überholt" anzusehen ist.
Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat mit Beschluß vom 12. Dezember 2002 die Beschwerde der im Prozeß vor dem Landgericht Livadeia obsiegenden Kläger dagegen, daß Griechenland die nach der griechischen Zivilprozeßordnung erforderliche Genehmigung zur Zwangsvollstrekkung aus dem Urteil in in Griechenland belegenes Vermögen der Bundesrepublik Deutschland verweigerte (was im Vollstreckungsverfahren die griechischen Gerichte bestätigten), für unzulässig erklärt und zur Begründung ausgeführt, er sehe es nicht für erwiesen an,
"... daß es zum jetzigen Zeitpunkt eine Akzeptanz im Völkerrecht gäbe, wonach Staaten in bezug auf Schadensersatzklagen wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit , die in einem anderen Staat geltend gemacht werden, nicht mehr zur Immunität berech-
tigt sein sollten (s. Al-Adsani ./. Vereinigtes Königreich [sc. Nr. 35763/97 EGMR 2001 - XI], ebd., Rn. 66). Demnach könne von der griechischen Regierung nicht verlangt werden, die Regel der Staatenimmunität gegen ihren Willen zu durchbrechen. Dies treffe jedenfalls auf den gegenwärtigen Stand im Völkerrecht zu, wie der Gerichtshof in der vorbezeichneten Rechtssache Al-Adsani erkannt hat, was aber eine Weiterentwicklung des Völkergewohnheitsrechts in der Zukunft nicht ausschließt". Beide Erkenntnisse stehen im Einklang mit der Sicht des Senats.

II.


Hinsichtlich der vom Berufungsgericht in Betracht gezogenen Anspruchsgrundlagen für das Klagebegehren der Kläger ist zu unterscheiden, ob eine Einstandspflicht der Beklagten unter dem Gesichtspunkt einer selbständigen Nachkriegsverpflichtung der Bundesrepublik Deutschland in Betracht kommt oder eine Haftung der Bundesrepublik Deutschland für eine Schuld des zusammengebrochenen Deutschen Reichs aus dem Zweiten Weltkrieg - etwa unter dem Gesichtspunkt der Funktionsnachfolge (vgl. Art. 134 Abs. 4, 135a Abs. 1 Nr. 1 GG; BVerfGE 15, 126, 133 ff; Senatsurteile BGHZ 16, 184, 188 f; 36, 245, 248 f; Kreft in BGB-RGRK 12. Aufl. § 839 Rn. 67).
Eine Anspruchsgrundlage der zuerst genannten Art scheidet hier nach den rechtsfehlerfreien Ausführungen des Berufungsgerichts aus. Es hat mit Recht angenommen, daß das Bundesgesetz zur Entschädigung für Opfer der nationalsozialistischen Verfolgung (Bundesentschädigungsgesetz - BEG) vom 18. September 1953 (BGBl. I S. 1387) die vorliegenden Ansprüche der Kläger nicht abdeckt. Gemäß § 1 Abs. 1 BEG hat einen Anspruch nach diesem Gesetz nur derjenige, der in der Zeit vom 30. Januar 1933 bis zum 8. Mai 1945 (Verfolgungszeit ) wegen seiner gegen den Nationalsozialismus gerichteten politi-
schen Überzeugung, aus Gründen der Rasse, des Glaubens oder der Weltanschauung (Verfolgungsgründe) durch nationalsozialistische Gewaltmaßnahmen verfolgt worden ist und hierdurch Schaden an Leben, Körper, Gesundheit, Freiheit, Eigentum, Vermögen oder in seinem beruflichen und wirtschaftlichen Fortkommen erlitten hat (Verfolgter). Der Verfolgung wegen politischer Überzeugung gleichgestellt wird eine Verfolgung, die darauf beruht, daß der Verfolgte aufgrund eigener Gewissensentscheidung sich unter Gefährdung seiner Person aktiv gegen die Mißachtung der Menschenwürde oder gegen die sittlich , auch durch den Krieg, nicht gerechtfertigte Vernichtung von Menschenleben eingesetzt hat (§ 1 Abs. 2 BEG). Nationalsozialistische Gewaltmaßnahmen in diesem Sinne sind deshalb nur gegeben, wenn sie aus den genannten Verfolgungsgründen vorgenommen worden sind (§ 1 Abs. 3 Satz 1 BEG). Um Maßnahmen dieser Art handelte es sich nach den Feststellungen des Berufungsgerichts bei der Zerstörung des Dorfes Distomo und der Exekution ihrer Bewohner jedoch nicht. Die tatrichterliche Feststellung, Gründe der politischen Gegnerschaft oder der Rasse, des Glaubens oder der Weltanschauung hätten diesen Vorgängen nicht zugrunde gelegen, wird von der Revision nicht angegriffen.

III.


1. Das Berufungsgericht, das auch Schadensersatzansprüche gegen die Beklagte als Rechtsnachfolgerin des Deutschen Reichs verneint, hat sich nicht durch Art. 5 Abs. 2 des Abkommens über deutsche Auslandsschulden vom 27. Februar 1953 (BGBl. II 1953, 336; Londoner Schuldenabkommen - LondSchAbk) - dessen Anwendbarkeit im Streitfall es offengelassen hat - ge-
hindert gesehen, den Klageanspruch unter diesem Gesichtspunkt zu prüfen und die Klage insoweit endgültig abzuweisen. Das ist im Ergebnis richtig.

a) Durch Art. 5 Abs. 2 des Londoner Schuldenabkommens, das auch für das Königreich Griechenland Geltung erlangt hat (vgl. Bekanntmachung vom 4. Juli 1956, BGBl. II S. 864; in Kraft getreten am 21. April 1956) wurde "eine Prüfung der aus dem Zweiten Weltkrieg herrührenden Forderungen von Staaten , die sich mit Deutschland im Kriegszustand befanden oder deren Gebiet von Deutschland besetzt war, und von Staatsangehörigen dieser Staaten gegen das Reich und im Auftrage des Reichs handelnde Stellen oder Personen ... bis zur endgültigen Regelung der Reparationsfrage zurückgestellt". Das kam nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs in seiner rechtlichen Wirkung - bis zum Zustandekommen der vorgesehenen "Regelung" der Reparationsfrage - einem auf unbestimmte Zeit abgeschlossenen Stillhalteabkommen (Moratorium) gleich. Die genannten Forderungen waren also vorläufig gestundet und deshalb regelmäßig mangels Fälligkeit als zur Zeit unbegründet abzuweisen (BGHZ 16, 207, 211 f; 18, 22, 30; BGH, Urteile vom 26. Februar 1963 - VI ZR 85/62 - MDR 1963, 492 und vom 19. Juni 1973 - VI ZR 74/70 - NJW 1973, 1549, 1552). Das heißt, daß, soweit die Vorschrift des Art. 5 Abs. 2 LondSchAbk greift, die Klageforderung grundsätzlich sachlich nicht geprüft - also im Regelfall auch nicht endgültig abgewiesen - werden konnte (BGH, Urteile vom 26. Februar 1963 aaO und vom 19. Juni 1973 aaO).

b) Das Londoner Schuldenabkommen ist jedoch durch die abschließende Regelung in bezug auf Deutschland ("Zwei-plus-Vier-Vertrag" vom 12. September 1990, BGBl. II S. 1318; in Kraft seit dem 15. März 1991, BGBl. II S. 585) im Zusammenhang mit der Wiedervereinigung Deutschlands als Moratorium
gegenstandslos geworden. Der Senat folgt insoweit der obergerichtlichen Rechtsprechung (OVG Münster NJW 1998, 2302; OLG Stuttgart NJW 2000, 2680; OLG Hamm NJW 2000, 3577, 3579; KG KGReport 2000, 257,259 f) und der in diesem Punkt jedenfalls im Ergebnis einhelligen Fachliteratur (vgl. SeidlHohenveldern Völkerrecht 9. Aufl. Rn. 1871 ff; Blumenwitz NJW 1990, 3041, 3042; Dolzer NJW 2000, 2480, 2481; Eichhorn, Reparation als völkerrechtliche Deliktshaftung [1992], S. 144 ff; v. Goetze NJW 1990, 2161, 2168; Kämmerer ArchVölkerR Bd. 37 [1999], 283 ff, 312 ff, 315; Kempen, Die deutsch-polnische Grenze nach der Regelung des Zwei-plus-Vier-Vertrages [1997], 208 ff, 218 f; Paech KritJustiz 1999, 381, 391; Rauschning DVBl. 1990, 1275, 1279 f ; ders. JuS 1991, 977, 983; Weiß JA 1991, 56, 60). Der Zwei-plus-Vier-Vertrag mag zwar nicht als Friedensvertrag im herkömmlichen Sinne, der üblicherweise die Beendigung des Kriegszustandes, die Aufnahme friedlicher Beziehungen und eine umfassende Regelung der durch den Krieg entstandenen Rechtsfragen erfaßt, zu qualifizieren sein. Er hatte aber erklärtermaßen das Ziel, eine abschließende Regelung in bezug auf Deutschland herbeizuführen, und es wurde deutlich, daß es weitere (friedens-)vertragliche Regelungen über rechtliche Fragen im Zusammenhang mit dem Zweiten Weltkrieg nicht geben wird. Hieraus ergab sich auch, daß die Reparationsfrage in bezug auf Deutschland nach dem Willen der Vertragspartner nicht mehr vertraglich geregelt werden soll. Die Bundesregierung hat auch am 27. Oktober 1997 im Bundestag ausdrücklich die Erklärung abgegeben, daß es zwar wegen der bekannten Gegensätze der vier Hauptsiegermächte in der Nachkriegszeit nicht zu der im Londoner Schuldenabkommen vorgesehenen endgültigen Regelung der Reparationszahlungen gekommen sei, daß jedoch fünfzig Jahre nach Ende des Zweiten Weltkrieges "die Reparationsfrage obsolet" geworden sei und daß in diesem Verständnis die Bundesregierung den Vertrag über die abschließende Regelung in be-
zug auf Deutschland abgeschlossen habe (BT-Drucks.13/8840 S. 2; in diesem Sinne auch MdB Bosbach in der Plenardebatte des Bundestages am 6. Juli 2000, BT-Plenarprot. 14/114 S. 10755). Daran ist die Beklagte festzuhalten. Soweit sie im vorliegenden Prozeß darüber hinaus meint, der Zwei-plus-Vier- Vertrag schließe sämtliche unter Art. 5 Abs. 2 LondSchAbk fallenden Individualansprüche endgültig aus (vgl. auch Eichhorn aaO S. 144 f), hat dies allerdings , was die streitigen Ansprüche der Kläger angeht, keine Grundlage, weil - abgesehen davon, daß Griechenland nicht Vertragspartei war - nicht ersichtlich ist, woraus sich ein Verzicht dieses Staates auf individuelle Ansprüche zu Lasten seiner Angehörigen ergeben und seine Wirksamkeit herleiten soll. Schon in dem Vertrag vom 18. März 1960 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich Griechenland über Leistungen zugunsten griechischer Staatsangehöriger, die von nationalsozialistischen Verfolgungsmaßnahmen betroffen sind (BGBl. II S. 1597), aufgrund dessen die Beklagte an Griechenland 115 Millionen DM gezahlt hat, waren von der Erledigungsklausel in Art. III ausdrücklich "etwaige gesetzliche Ansprüche griechischer Staatsangehöriger" gegen die Bundesrepublik Deutschland ausgenommen worden.
2. Ausgehend davon, daß Art. 5 Abs. 2 LondSchAbk für den Klageanspruch zwar einschlägig war, aber dessen Prüfung jetzt nicht mehr hindert, kann dem Anspruch auch nicht - was das Berufungsgericht ebenfalls offenläßt - das Gesetz zur allgemeinen Regelung durch den Krieg und den Zusammenbruch des Deutschen Reiches entstandener Schäden (Allgemeines Kriegsfolgengesetz - AKG) vom 5. November 1957 (BGBl. I S. 1747) entgegenstehen, das das Erlöschen bestimmter Ansprüche unter anderem gegen das Deutsche Reich anordnet, jedoch ausspricht, daß das Londoner Schuldenabkommen durch dieses Gesetz nicht berührt wird (§ 101 AKG; dazu Féaux de la Croix,
AKG [1959], § 101 Anm. 3 f), d.h. daß Ansprüche, die dem Londoner Schuldenabkommen unterliegen, vom Allgemeinen Kriegsfolgengesetz nicht erfaßt werden (Kämmerer aaO S. 312 Fn. 127).
3. Schließlich wird der vorliegende Anspruch auch nicht durch den bereits erwähnten deutsch-griechischen Vertrag vom 18. März 1960 ausgeschlossen. Denn dieser Vertrag regelt nur die Folgen nationalsozialistischer Verfolgungsmaßnahmen und läßt etwaige gesetzliche Ansprüche griechischer Staatsangehöriger ausdrücklich unberührt.

IV.


Für die Beurteilung etwaiger Schadensersatz- oder Entschädigungsansprüche gegen das Deutsche Reich, für die die Bundesrepublik Deutschland gegebenenfalls haften müßte, kommt es auf die Rechtslage zu der Zeit, als die hier in Rede stehende Tat begangen wurde (1944), an. Denn es handelte sich bei solchen Schulden, auch wenn sie von der Bundesrepublik Deutschland zu erfüllen wären, immer nur um "Verbindlichkeiten des Reiches" (vgl. Art. 135a Abs. 1 Nr. 1 GG). Selbst auf der Grundlage der Identität des Bundes mit dem Reiche (vgl. BVerfGE 36, 1, 15 f; BGH, Beschluß vom 17. Dezember 1998 - IX ZB 59/97 - NJW-RR 1999, 1007) würde sich nicht eine Einstandspflicht der Bundesrepublik Deutschland für Reichsschulden wie für seit ihrer Entstehung neu begründete eigene Verbindlichkeiten ergeben (BVerfGE 15, 126, 145; zur Abgrenzung vgl. Senatsurteile BGHZ 29, 22 f; 36, 245, 247). Dies bedeutet insbesondere, daß hinsichtlich der gegen das Reich in Betracht kommenden Anspruchsgrundlagen rechtliche Fortentwicklungen bzw. veränderte Rechtsanschauungen - etwa im Lichte des heute geltenden Grundgesetzes oder von Änderungen des internationalen Rechts - außer Betracht bleiben müssen. Bei alledem versteht sich von selbst, daß bei der Ermittlung und Würdigung der maßgeblichen Rechtslage im Jahre 1944 nationalsozialistisches Gedankengut unberücksichtigt zu bleiben hat.
Jedenfalls aus diesem Blickwinkel ergibt sich, daß den Klägern aus dem Geschehen vom 10. Juni 1944 in Distomo keine Schadensersatz- oder Entschädigungsansprüche gegen das Deutsche Reich, für die die Bundesrepublik Deutschland einzustehen hätte, erwachsen sind.
1. Einen Schadensersatz- bzw. Entschädigungsanspruch der Kläger wegen eines völkerrechtlichen Delikts verneint das Berufungsgericht mit der Begründung , zwar handele es sich um ein Kriegsverbrechen, nach den überkommenen Grundsätzen des Völkerrechts stünden jedoch darauf gegründete Ersatzansprüche regelmäßig nicht der verletzten Person selbst zu, sondern nur ihrem Heimatstaat.

a) Diese Rechtsauffassung trifft jedenfalls für den hier zu beurteilenden Zeitpunkt zu (s. BVerfGE 94, 315, 329 f): Die traditionelle Konzeption des Völkerrechts als eines zwischenstaatlichen Rechts versteht den einzelnen nicht als Völkerrechtssubjekt, sondern gewährt ihm nur mittelbaren internationalen Schutz. Bei völkerrechtlichen Delikten durch Handlungen gegenüber fremden Staatsbürgern steht ein Anspruch nicht dem Betroffenen selbst, sondern nur seinem Heimatstaat zu. Der Staat macht im Wege des diplomatischen Schutzes sein eigenes Recht darauf geltend, daß das Völkerrecht in der Person seines Staatsangehörigen beachtet wird. Dieses Prinzip einer ausschließlichen Staatenberechtigung galt in den Jahren 1943 bis 1945 auch für die Verletzung von Menschenrechten. Der einzelne konnte grundsätzlich weder die Feststellung des Unrechts noch einen Unrechtsausgleich verlangen. Auch hatte er weder nach Völkerrecht noch in der Regel nach dem innerstaatlichen Recht des einzelnen Staates einen subjektiven, durchsetzbaren Anspruch darauf, daß sein Heimatstaat den diplomatischen Schutz ausübt. Dementsprechend finden nach Art. 2 des Abkommens betreffend die Gesetze und Gebräuche des Landkriegs vom 18. Oktober 1907 (Haager Landkriegsordnung - HLKO) deren Bestimmungen "nur zwischen den Vertragsmächten Anwendung", und gemäß Art. 3 HLKO ist gegebenenfalls "die Kriegspartei" (gegenüber der anderen Kriegspartei) zum Schadensersatz verpflichtet.

Wie das Bundesverfassungsgericht (aaO) weiter ausgeführt hat, gewährt das Völkerrecht erst in der neueren Entwicklung eines erweiterten Schutzes der Menschenrechte dem einzelnen ein eigenes Recht, berechtigt andere Völkerrechtssubjekte auf der Grundlage von Resolutionen des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen zur Intervention bei gravierenden Verstößen und entwickelt vertragliche Schutzsysteme, in denen der einzelne seinen Anspruch auch selbst verfolgen kann. Auf letzteres kann es indessen, wie gesagt, im Streitfall nicht ankommen.

b) Auch in Verbindung mit Art. 4 WRV ergab sich für die Kläger keine eigene (völkerrechtliche) Anspruchsposition. Zwar begründete diese Verfassungsbestimmung die "direkte Anwendung völkerrechtlicher Normen", auch zugunsten von Einzelpersonen, die damit unter Berufung auf das Völkerrecht gegebenenfalls Klageansprüche erheben konnten (Anschütz, Die Verfassung des Deutschen Reichs, 12. Aufl. S. 61). Das setzte aber voraus, daß das maßgebliche Völkerrecht seinem Inhalt nach eine Grundlage für solche Einzelansprüche bot. Das war bei Art. 3 HLKO, der insoweit allein als Anspruchsgrundlage in Betracht kam, nicht der Fall.

c) Die bisherige Sicht wird - bezogen auf den hier maßgeblichen Tatzeitpunkt - auch nicht durch die Ausführungen in dem von den Klägern vorgelegten Gutachten Fleiner (S. 23 f) über die fortschreitende Anerkennung der Völkerrechtssubjektivität von Individuen in Frage gestellt. Die Beurteilung des Berufungsgerichts, Art. 3 HLKO räume dem in seinen Rechten verletzten Individuum nicht die Befugnis ein, von einem Staat in einem gerichtsförmigen Verfahren Schadensersatz zu verlangen, wird hierdurch nicht entkräftet, auch nicht
durch die Qualifizierung, es handele sich um "individualisierte" Verbrechen (Fleiner S. 29), über die die betroffenen Staaten gar keine Abkommen schlie- ßen könnten; für eine derartige Sicht - im Jahre 1944 - gibt es keine Anhaltspunkte. Ebensowenig steht der herkömmlichen Beurteilung (nach Völkerrecht) - für den hier maßgeblichen Zeitpunkt - die Auffassung entgegen, es habe sich bei den hier zu beurteilenden Handlungen um zwar (auch) dem Kriegsvölkerrecht unterfallende, jedoch außerhalb des "Kriegsgeschehens" liegende Übergriffe gegen die Zivilbevölkerung im Sinne einer bloßen "Polizeiaktion" der Besatzungsmacht gehandelt (Gutachten Fleiner S. 19; vgl. auch Paech Krit. Justiz 1999, 380, 395 f). Das zweifelsfrei verbrecherische Massaker von Distomo geschah nach dem vorliegenden - unstreitigen - Sachverhalt, wonach es sich um die "Sühnemaßnahme" einer in die Wehrmacht eingegliederten SS-Einheit im Zusammenhang mit einer vorausgegangenen bewaffneten Auseinandersetzung mit Partisanen handelte, in Ausübung militärischer Gewalt auf besetztem feindlichen Gebiet, fällt also in einen von der Haager Landkriegsordnung unmittelbar erfaßten Bereich (vgl. Art. 42 ff, 46, 50 der Anlage zum Abkommen). Der Umstand, daß die wehrlose, an dem vorausgegangenen Kampfgeschehen unbeteiligte Zivilbevölkerung das Opfer war, ändert an diesen Zusammenhängen und der Würdigung, daß es sich um eine - wenn auch in jeder Hinsicht rechtswidrige - militärische Operation handelte, nichts. Mit dieser Beurteilung stimmt überein, daß auch das Griechische Oberste Sondergericht in seinem Urteil vom 17. September 2002 (s. oben I. 2. d.) vergleichbare andere Vorgänge im besetzten Griechenland als "Kriegshandlungen" bezeichnet und bewertet hat.
2. Jedenfalls im Ergebnis zutreffend hat das Berufungsgericht auch einen Schadensersatzanspruch der Kläger gegen das Deutsche Reich wegen Amtspflichtverletzung nach nationalem Recht - hier also gemäß den allgemeinen
kollisionsrechtlichen Regeln nach deutschem Staatshaftungsrecht (Kreuzer, in: MünchKomm/BGB 3. Aufl. Art. 38 EGBGB Rn. 277 m.w.N.) - verneint.
Für etwaige individuelle ("zivilrechtliche") Ersatzansprüche der verletzten Personen aus nationalem Recht ist und war allerdings neben einem völkerrechtlichen Anspruch ihres Heimatstaats gegen den Staat, dem das in Rede stehende Kriegsverbrechen zuzurechnen ist, durchaus Raum. Zwar wird von einem Teil der Literatur der Grundsatz der völkerrechtlichen Exklusivität in dem Sinne vertreten, daß individuelle Reparationsansprüche in den zwischenstaatlichen Reparationsansprüchen aufgehen (vgl. Granow, AÖR 77 [1951/52], 67, 72 f; Féaux de la Croix, NJW 1960, 2268, 2269; Eichhorn, Reparation als völkerrechtliche Deliktshaftung [1992], S. 78 f: "Absorption des Individualreparationsanspruches" ). Das Bundesverfassungsgericht hat jedoch ausgesprochen, daß es eine allgemeine Regel des Völkerrechts, wonach Ansprüche aus innerstaatlichem Recht, die auf Kriegsereignissen beruhen, nicht individuell durchsetzbar sind, sondern nur auf zwischenstaatlicher Ebene geltend gemacht werden können, nicht gibt (BVerfGE 94, 315, 330 ff). Eine solche allgemeine Regel mag, ohne daß dies näher untersucht zu werden braucht, auch für die Zeit des Zweiten Weltkriegs nicht nachweisbar sein.

a) Das Berufungsgericht verneint einen Schadensersatzanspruch nach § 839 BGB in Verbindung mit Art. 131 WRV mit folgender Begründung: Schadensersatz werde nach diesen Vorschriften nur geschuldet, wenn die im einzelnen verletzte Amtspflicht gerade auch gegenüber dem Geschädigten bestanden habe (sogenannte Drittbezogenheit der Amtspflicht; vgl. Ossenbühl, Staatshaftungsrecht 5. Aufl. S. 56 ff). Die Drittbezogenheit der Amtspflicht werde zwar nach allgemeiner Meinung gerade bei der Verletzung absoluter Rechte
bejaht. Der unmittelbar Verletzte könne deshalb in einem solchen Fall die Beseitigung der Unrechtsfolgen verlangen. Das gelte jedoch grundsätzlich nicht für Kriegsschäden, also für solche Nachteile und Verluste, die Nichtkombattanten an ihrer Person, ihrem Eigentum oder ihrem Vermögen durch Kriegsoder Besetzungshandlungen, namentlich durch die Anwendung bewaffneter Gewalt, erlitten. Der Krieg sei ein Ausnahmezustand des Völkerrechts. Sein Wesen bestehe im umfassenden Rückgriff auf die Gewalt, die nicht nur die Rechtsgüter eines Staates und seiner Bürger bedrohe, sondern auch zur Grundlage aller Beziehungen zwischen mehreren Staaten werde. In dem von Gewaltanwendung geprägten Zustand werde die bisher geltende Rechtsordnung weitgehend suspendiert und an die Stelle der suspendierten Vorschriften der normalerweise geltenden Rechtsordnung trete eine Ausnahmeordnung ("ius in bello"). In dieser Ausnahmeordnung hätten jene Normen keine Geltung, die im Rahmen der Friedensordnung bestimmten, unter welchen Voraussetzungen für die Verletzung von Amtspflichten gehaftet werde. Die Vorstellung, die kriegführenden Parteien hafteten den Millionen von Opfern und Geschädigten gegenüber nach Deliktsgrundsätzen, sei deshalb "dem Amtshaftungsrecht systemfremd"; es hätten vielmehr bei bewaffneten Auseinandersetzungen die Regelungen des internationalen Kriegsrechts zu gelten, die das Amtshaftungsrecht überlagerten.
Etwas anderes könnte allerdings gelten - erwägt das Berufungsgericht weiter -, wenn sich wie hier die handelnden Organe außerhalb des für die Kriegsführung geltenden Regelwerks stellten, namentlich, wenn die in der Haager Landkriegsordnung postulierten Handlungs- und Unterlassungspflichten verletzt würden. Die Frage sei, ob für diesen Fall nicht nur dem Staat, sondern auch dem einzelnen, der in seinen Rechten verletzt worden sei, ein An-
spruch auf Beseitigung der Unrechtsfolgen eingeräumt werde. Unter diesem Gesichtspunkt zieht das Berufungsgericht Art. 3 HLKO in Betracht, gelangt jedoch zu dem Ergebnis, diese Vorschrift gewähre nicht dem verletzten Individuum , sondern nur der betroffenen "Kriegspartei" ein subjektives Recht auf Schadensersatz.

b) Diesen Ausführungen schließt sich der Senat jedenfalls im Ergebnis an. Nach dem Verständnis und Gesamtzusammenhang des zur Tatzeit (1944) geltenden deutschen Rechts waren die dem Deutschen Reich völkerrechtlich zurechenbaren militärischen Handlungen während des Kriegs im Ausland von dem - eine innerstaatliche Verantwortlichkeit des Staats auslösenden - Amtshaftungstatbestand des § 839 BGB i.V.m. Art. 131 WRV ausgenommen (zur Frage der Fortgeltung des Art. 131 WRV vgl. Staudinger/Wurm [2002] § 839 Rn. 8).
aa) Zwar sind die Tatbestandselemente des § 839 Abs. 1 BGB dem Wortlaut der Vorschrift nach sämtlich erfüllt: Bei der "Sühnemaßnahme" der deutschen SS-Einheit vom 10. Juni 1944 gegen das Dorf Distomo mit einer Massenexekution und der Zerstörung der Häuser handelte es sich um einen Akt der deutschen militärischen Besatzungsmacht, dessen hoheitliche Natur und Zurechnung unbeschadet dessen außer Frage steht, daß der verantwortliche Einheitsführer den Anweisungen der vorgesetzten Stellen zuwiderhandelte und sein Befehl zu dem Massaker ein Kriegsverbrechen darstellte. An dem Zusammenhang mit dem Kriegsgeschehen ändert, wie bereits ausgeführt, auch der Umstand nichts, daß es sich bei dem Massaker in Distomo um ein Verbrechen der SS handelte. Die beteiligte SS-Einheit war in die deutsche Wehrmacht eingegliedert. Angesichts der taktischen Zuordnung der Waffen-SS zu
den kämpfenden Truppen im allgemeinen und der konkreten Zusammenhänge - es waren Kämpfe mit Partisanen vorausgegangen - läßt sich dieses Geschehen amtshaftungsrechtlich vom Kriegsgeschehen insgesamt nicht abtrennen. Es bedarf auch keiner weiteren Ausführungen dazu, daß es - auch in der damaligen Zeit und im Krieg - zu den Amtspflichten eines deutschen Soldaten gehörte, sich nicht in völkerrechtswidriger, kriegsverbrecherischer Art und Weise an fremdem Leben und Eigentum zu vergreifen, wie es hier - vorsätzlich - geschehen ist. Diese Amtspflichten waren entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts auch bezogen auf die betroffenen Personen (Opfer) zwangsläufig im amtshaftungsrechtlichen Sinne "drittgerichtet".
bb) Gleichwohl ist davon auszugehen, daß nach dem damaligen Verständnis des Kriegsgeschehens im allgemeinen, des anerkannten (weitgehend als ausschließlich verstandenen) völkerrechtlichen Haftungssystems für Verstöße gegen die Regeln des Krieges und der überkommenen Regelung des Art. 131 WRV, wonach die Verantwortlichkeit des Staates für die Amtspflichtverletzungen seiner Beamten nur "grundsätzlich" gegeben war, eine Einstandspflicht des Staates nach innerstaatlichem Amtshaftungsrecht gegenüber durch Kriegshandlungen im Ausland geschädigten Ausländern nicht gegeben war.
(1) Wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat, wurde der Krieg als völkerrechtlicher Ausnahmezustand gesehen, der seinem Wesen nach auf Gewaltanwendung ausgerichtet ist und die im Frieden geltende Rechtsordnung weitgehend suspendiert. Die Verantwortlichkeit für den Beginn eines Kriegs und die Folgen der damit zwangsläufig verbundenen kollektiven Gewaltanwendung wie auch die Haftung für individuelle Kriegsverbrechen der zu den be-
waffneten Mächten gehörenden Personen wurde auf der Ebene der kriegsführenden Staaten geregelt bzw. als regelungsbedürftig angesehen. Dementsprechend haftet nach allgemeinem Völkerrecht der illegale Kriegseröffner für alle Schäden, die dem verletzten Staat aus dieser illegalen Kriegseröffnung erwachsen (vgl. Berber, Lehrbuch des Völkerrechts II. Bd. Kriegsrecht 2. Aufl. [1969] § 48 S. 238 f). Gleichermaßen hat die Kriegspartei, die bei der Kriegsführung anerkannte Grundsätze des Völkerrechts verletzt, dem betroffenen Staat für den aus dieser Verletzung entstehenden Schaden einzustehen; dies umfaßt die Haftung für die Handlungen aller zu der bewaffneten Macht gehörenden Personen, und zwar nicht nur, wenn diese Personen kompetenzmäßige Akte begehen, sondern auch dann, wenn sie ohne oder gegen Befehle handeln (vgl. Berber aaO S. 238). Aus dieser Sicht des Kriegs als eines in erster Linie kollektiven Gewaltakts, der als "Verhältnis von Staat zu Staat" aufgefaßt wurde (vgl. Gursky, AWD 1961, 12, 14 f; bezeichnend für diese Sicht ist auch die Darstellung von Féaux de la Croix, NJW 1960, 2268, 2269), lag - jedenfalls damals - die Vorstellung fern, ein kriegsführender Staat könne sich durch Delikte seiner bewaffneten Macht während des Kriegs im Ausland (auch) gegenüber den Opfern unmittelbar schadensersatzpflichtig machen. Selbst Kelsen (Unrecht und Unrechtsfolge im Völkerrecht, ZöR Bd. XII [1932], 481, 522 f), der bereits 1932 den Standpunkt vertreten hat, durch ein völkerrechtliches Unrecht könne rechtlich nicht nur ein Staat, sondern auch ein einzelner Mensch verletzt werden, hat es lediglich für möglich gehalten, daß diesem selbst eine Parteistellung vor einem internationalen Gericht gewährt werden könnte; zugleich stellt er jedoch fest, daß es nach geltendem Recht immer nur ein Staat sei, der die völkerrechtliche Unrechtsfolge zu realisieren habe.
(2) Das Ergebnis, daß es zumindest nach der damaligen Rechtsauffassung ausgeschlossen erscheint, daß das Deutsche Reich mit seinem nationalen Amtshaftungsrecht auch durch völkerrechtswidrige Kriegshandlungen deutscher Soldaten im Ausland verletzten ausländischen Personen individuelle Schadensersatzansprüche einräumen wollte, bestätigt sich vor dem Hintergrund des in § 7 des Gesetzes über die Haftung des Reiches für seine Beamten - Reichsbeamtenhaftungsgesetz (RBHG) - vom 22. Mai 1910 (RGBl. S. 798) geregelten Haftungsausschlusses.
Nach dieser Vorschrift stand den Angehörigen eines auswärtigen Staates ein Ersatzanspruch aufgrund dieses Gesetzes gegen das Deutsche Reich nur insoweit zu, als nach einer im Reichs-Gesetzblatt enthaltenen Bekanntmachung des Reichskanzlers durch die Gesetzgebung des ausländischen Staates oder durch Staatsvertrag die Gegenseitigkeit verbürgt war. Der Ausschluß der Staatshaftung gegenüber Ausländern in diesem Umfang, der für die Bundesrepublik Deutschland erst mit Wirkung vom 1. Juli 1992 geändert worden ist (Art. 6 des Gesetzes über dienstrechtliche Regelungen für Verwendungen im Ausland vom 28. Juli 1993 [BGBl. I S. 1394, 1398]) - allerdings seit der Geltung des Grundgesetzes und insbesondere nach dem Inkrafttreten des europäischen Gemeinschaftsrechts verfassungsrechtlich und rechtspolitisch umstritten ist (vgl. Ossenbühl aaO S. 98 ff m.w.N.; MünchKomm-Papier 3. Aufl. § 839 Rn. 340 ff) -, stand nach dem allgemeinen Verständnis des deutschen Staatshaftungsrechts bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs rechtlich außer Frage (vgl. RG JW 1926, 1332; RGZ 128, 238, 240; Anschütz aaO 14. Aufl. II. Hauptteil Art. 131 Anm. 14 S. 613; Delius, Die Beamtenhaftpflichtgesetze 4. Aufl. S. 23 f), zumal unter der Geltung der Weimarer Reichsverfassung die Verantwortlichkeit des Staats für amtspflichtwidriges Verhalten seiner Amtsträ-
ger zweifelsfrei und anerkanntermaßen unter einem Gesetzesvorbehalt für Ausnahmen - wenn auch in engen Grenzen - stand (Art. 131 WRV; hierzu Anschütz aaO Anm. 13 S. 612 f; zur Auslegung des heute geltenden Art. 34 GG vgl. Ossenbühl aaO S. 96 f; Papier aaO Rn. 332 jeweils m.w.N.). Andererseits war eine "Verbürgung der Gegenseitigkeit" - die im übrigen im Verhältnis zu Griechenland allgemein erst ab der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg gegeben war (vgl. Bekanntmachung vom 31. Mai 1957; BGBl. I S. 607) -, was die individualrechtliche Staatshaftung für die Auswirkungen von Kriegshandlungen im Ausland anging, schon im Hinblick auf die vorstehend erörterte einhellige völkerrechtliche "Bewältigung" der Haftungsfrage bei völkerrechtlichen Delikten im Krieg von vornherein nicht zu erwarten, d.h. praktisch ausgeschlossen.
(3) Vor diesem damaligen Hintergrund erscheint es erklärbar, daß das Deutsche Reich während des Zweiten Weltkrieges eine Reihe von Bestimmungen erließ, die ebenfalls - ohne daß es sich insoweit um spezifisch nationalsozialistisches Unrecht (vgl. BVerfGE 23, 98, 106; 54, 53, 68; BGHZ 16, 350, 353 f; 26, 91, 93) handelte - keinerlei Anhalt dafür bieten, daß nach dem maßgebenden Rechtsverständnis im Jahre 1944 eine Haftung des Deutschen Reiches für völkerrechtswidrige Kriegshandlungen seiner Truppen im Ausland gegenüber geschädigten Individualpersonen in Betracht kam.
(aa) Bezüglich der Kriegspersonenschäden sah die Verordnung über die Entschädigung von Personenschäden (Personenschädenverordnung - PersonenschädenVO ) vom 10. November 1940 (RGBl. I S. 1482) vor, daß deutsche Staatsangehörige wegen - im Reich oder außerhalb des Reichs (vgl. Däubler DJ 1943, 36, 38) - durch Kampfhandlungen erlittener Schäden an Leib oder Leben "Fürsorge und Versorgung" erhalten sollten. Zugleich griff die Perso-
nenschädenverordnung in das Schadensersatzrecht ein, indem sie unter anderem in § 10 vorschrieb, daß Ansprüche gegen das Reich nur nach Maßgabe dieser Verordnung bestünden. Dies wurde dahin verstanden, daß wegen eines im Ausland erlittenen Kriegsschadens eines deutschen Staatsangehörigen kein Schadensersatzanspruch gegen das Reich erhoben werden könne (Däubler aaO S. 38), was nahelegt, daß für Schadensersatzansprüche von Ausländern wegen Personenschäden durch im Ausland begangene deutsche Kriegshandlungen erst recht keine Grundlage gesehen werden konnte.
(bb) Bezüglich der Kriegssachschäden sah die Kriegssachschädenverordnung - KriegssachschädenVO - vom 30. November 1940 (RGBl. I S. 1547) Entschädigungsansprüche für Schäden aus Kampfhandlungen innerhalb des Gebiets des großdeutschen Reichs vor. Später wurde die Kriegssachschädenverordnung auf bestimmte, außerhalb des Reichsgebiets eingetretene Schäden ausgedehnt (Erste, Zweite, Dritte und Vierte Verordnung über die Ausdehnung der Kriegssachschädenverordnung auf außerhalb des Reichsgebiets eingetretene Schäden vom 18. April 1941, 18. Februar 1942, 7. Juli 1942 und 26. November 1942 [RGBl. 1941 I S. 215, RGBl. 1942 I S. 84, 446, 665]). Ausländer konnten - soweit überhaupt - nur mit Genehmigung der oberen Verwaltungsbehörde Anträge auf Ersatz von Kriegssachschäden stellen (§ 13 Abs. 2). Kehrseite der Regelung war, daß wegen eines unter den Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 Nr. 1 KriegssachschädenVO entstandenen Schadens - also aus Kampfhandlungen oder aus hiermit in unmittelbarem Zusammenhang stehenden militärischen Maßnahmen - gesetzliche Schadensersatzansprüche gegen das Reich nicht geltend gemacht werden konnten (§ 28 Abs. 2 KriegssachschädenVO ). Was Kriegssachschäden deutscher Staatsangehöriger außerhalb des Reiches anging, wurde von Däubler (aaO S. 38) allerdings der Standpunkt
vertreten, hier könne eine dem Zweck der Kriegssachschädenverordnung entsprechende Auslegung nicht zu einer Anwendung des § 28 Abs. 2 führen, vielmehr dürfe, da die Kriegssachschädenverordnung nach ihrer positiven Seite hin ausscheide, die negative Bestimmung des § 28 Abs. 2 nicht für sich allein angewendet werden. Für Sachschäden von Ausländern bei Kampfhandlungen im Ausland stellte er derartige Erwägungen indessen nicht an.
cc) Ob nach dem heutigen Amtshaftungsrecht der Bundesrepublik Deutschland im Lichte des Grundgesetzes und der Weiterentwicklungen im internationalen Recht ähnliches gelten würde oder ob etwa auch im Blick auf § 839 BGB i.V.m. Art. 34 GG der von Ossenbühl (aaO S. 126 f) zum Rechtsinstitut des allgemeinen Aufopferungsanspruchs geäußerte Gedanke ohne weiteres durchgriffe, dieser Anspruch sei nur für den "Normalfall" gedacht - staatliche Katastrophenfälle wie namentlich Kriege, könnten in ihren Auswirkungen nicht über den allgemeinen Aufopferungsanspruch entschädigungsrechtlich reguliert werden, sondern sie bedürften besonderer Ausgleichsnormen und Ausgleichsmaßstäbe, die in entsprechenden Gesetzen niederzulegen seien -, kann dahinstehen. Denn es geht, wie gesagt, im Streitfall um einen Amtshaftungsanspruch nach dem Recht des Deutschen Reichs (§ 839 BGB i.V.m. Art. 131 WRV), der nach allem verneint werden muß.
3. Schließlich hat das Berufungsgericht auch unter dem Gesichtspunkt eines (rechtswidrigen) enteignungsgleichen bzw. aufopferungsgleichen Eingriffs (vgl. hierzu Ossenbühl aaO S. 131 ff, 213 ff) eine Anspruchsgrundlage für das Begehren der Kläger rechtsfehlerfrei verneint. Dabei wäre aus der damaligen Sicht der Rechtsprechung (vgl. RGZ 140, 285) für die Heranziehung des Aufopferungsgedankens wohl schon deshalb kein Raum, weil schuldhaft rechts-
widrige Maßnahmen, die in Ausübung öffentlicher Gewalt getroffen waren, nach damaliger Ansicht lediglich einen Amtshaftungsanspruch auslösen konnten (vgl. Kreft in BGB-RGRK 12. Aufl. vor § 839 Rn. 8). Jedenfalls war der aus den §§ 74, 75 EinlALR hergeleitete Aufopferungsgedanke, der auch dem Rechtsin-
stitut des enteignungsgleichen Eingriffs zugrunde liegt, auf Maßnahmen der Verwaltung eingeengt, Kriegsschäden waren ausgeklammert (vgl. Ossenbühl aaO S. 126, 127, oben B. IV. 2. bb).
Rinne Wurm Streck Schlick Dörr
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a) Ob das der Klage zugrunde gelegte vom Kläger behauptete Geschehen als unerlaubte Handlung einzuordnen ist, richtet sich nach dem am Gerichtsstand geltenden Recht. Deutsches Recht ist sowohl nach den Regelungen in Art. 40 ff. EGBGB (in Kraft getreten zum 1. Juni 1999 durch Gesetz vom 21. Mai 1999, BGBl. I 1999 S. 1026) als auch nach dem zuvor geltenden deutschen Kollisionsrecht analog Art. 220 Abs. 1 EGBGB (BT-Drucks. 14/343 S. 7) anzuwenden. Auch die von Amts wegen zu beachtende Regelung in Art. 41 EGBGB führt nicht zur Anwendung des türkischen Rechts als des Heimatrechts der Beklagten.

(1) Die Revision kann nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Verletzung des Rechts beruht.

(2) Die Revision kann nicht darauf gestützt werden, dass das Gericht des ersten Rechtszuges seine Zuständigkeit zu Unrecht angenommen oder verneint hat.

Die Entscheidung des Berufungsgerichts über das Bestehen und den Inhalt von Gesetzen, auf deren Verletzung die Revision nach § 545 nicht gestützt werden kann, ist für die auf die Revision ergehende Entscheidung maßgebend.

Das in einem anderen Staat geltende Recht, die Gewohnheitsrechte und Statuten bedürfen des Beweises nur insofern, als sie dem Gericht unbekannt sind. Bei Ermittlung dieser Rechtsnormen ist das Gericht auf die von den Parteien beigebrachten Nachweise nicht beschränkt; es ist befugt, auch andere Erkenntnisquellen zu benutzen und zum Zwecke einer solchen Benutzung das Erforderliche anzuordnen.

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2. Allerdings unterliegt das Berufungsurteil nach allgemeinen Grundsätzen revisionsrechtlicher Nachprüfung insoweit, als es sich darum handelt, ob der Begriff des Gewohnheitsrechts verkannt oder das Berufungsgericht von unrichtigen Rechtsanschauungen über seine Entstehung ausgegangen ist (vgl. Senat, Urt. v. 25. November 1964, V ZR 165/62, Die Niedersächsische Gemeinde 1966, 196, 198 für die Observanz). Ferner kann eine Verletzung der nach § 293 ZPO bestehenden prozessrechtlichen Verpflichtung des Tatrichters, das Gewohnheitsrecht zu ermitteln, mit der Verfahrensrüge beanstandet werden (vgl. BGH, Urt. v. 24. April 1961, III ZR 11/60, VkBl 1961, 383, 384 sowie BGHZ 118, 151, 162 ff. für ausländisches Recht). Zudem ist in der Revisionsinstanz zu prüfen, ob das Berufungsgericht durch die Anwendung der nicht revisiblen Vorschriften revisibles Recht verletzt hat (vgl. Stein/Jonas/Grunsky, ZPO, 21. Aufl., § 562 Rdn. 3; Musielak/Ball, ZPO, 6. Aufl., § 560 Rdn. 4). Solche Rechtsfehler liegen indessen nicht vor.

(1) Das Gericht hat unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.

(2) An gesetzliche Beweisregeln ist das Gericht nur in den durch dieses Gesetz bezeichneten Fällen gebunden.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)